BT-Drucksache 16/421

Polizeieinsatz beim Castortransport

Vom 20. Januar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/421
16. Wahlperiode 20. 01. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dorothee Menzner, Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter,
Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Heidrun Bluhm, Roland Claus,
Lutz Heilmann, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dr. Kirsten Tackmann,
Dr. Ilja Seifert und der Fraktion DIE LINKE.

Polizeieinsatz beim Castortransport

Vom 19. bis 22. November 2005 fand ein Transport mit zwölf hochradioaktiven
Castorbehältern aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague
nach Gorleben ins dortige Zwischenlager statt. Er löste erhebliche Proteste bei
zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern aus, die vor Ort auf die Gefahren für
Mensch und Umwelt durch die Transporte und Lagerung hochradioaktiven
Atommülls hinwiesen. Der Transport des Strahlenmaterials stand unter dem
massiven Einsatz von Polizeikräften. Am 21. November 2005 erreichten die
Castoren nach vielen Protesten und Sitzblockaden mit einiger Verspätung die
Verladestation in Dannenberg. Von dort fuhr er nach rund neun Stunden ins Zwi-
schenlager, wo der Transport schließlich am Dienstag gegen 6 Uhr ankam.

Dabei gab es Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern, dass sie sich in ihrem De-
monstrationsrecht von Polizeikräften beeinträchtigt sahen und es in einzelnen
Fällen zu einem unverhältnismäßig harten Einsatz der Polizei gegenüber De-
monstranten kam. Hinzu kamen Befürchtungen bezüglich des Sicherheitskon-
zeptes für Castortransporte.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wurden durch die Sicherheitskräfte technische Mittel eingesetzt, um an
Informationen über Aktionen der Transportgegner zu gelangen, wenn ja,
welche?

2. Wurden technische Hilfsmittel durch die Sicherheitskräfte genutzt, um die
Kommunikation zwischen den Transportgegnern zu beeinträchtigen, wenn
ja, welche?

3. Nach welchen rechtlichen Vorschriften wird mit dem durch die Polizeikräfte
gewonnenen Bildmaterial von Demonstrationsteilnehmern und -teilnehme-
rinnen in der Region Dannenberg umgegangen?

4. Wie und wo wird das Bildmaterial für wie lange archiviert?
5. Welche Stellen sind mit der Auswertung des Bildmaterials befasst?

6. Wie viel Anzeigen gegen Polizeibeamte des Bundes und der Länder wurden
im Zuge des Castortransportes auf deutschem Gebiet aufgenommen?

7. Welche Gegenstände liegen diesen Anzeigen zu Grunde?

8. Wie viele Beamte des Bundes waren am Einsatz mittelbar und unmittelbar
beteiligt?

Drucksache 16/421 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9. Wie viele Beamte der Länder waren am Einsatz mittelbar und unmittelbar
beteiligt (bitte einzeln nach Ländern auflisten)?

10. Wie hoch waren die Kosten für den Polizeieinsatz (bitte nach Bund und den
einzelnen Ländern auflisten)?

11. Wie viele Beamte wurden im Zuge des Einsatzes verletzt (bitte Art und An-
zahl der Verletzungen auflisten)?

12. Wie viele Demonstranten wurden verletzt (bitte Art und Anzahl der Verlet-
zungen auflisten)?

13. Wie viele Festnahmen gab es im Zuge des Castortransportes?

14. Welche Begründungen liegen für die Festnahmen vor (bitte Gründe einzeln
auflisten)?

15. Befinden sich noch immer im Zuge des Castortransportes festgenommene
Personen in Polizeigewahrsam?

16. Wie viele Platzverweise wurden im Zuge des Castortransportes ausgespro-
chen?

17. Was geschah mit den im Zuge des Castortransportes durch Polizeibeamte
eingesammelten Zigarettenkippen, die von Demonstranten weggeworfen
wurden?

18. Haben die Einsatzleitungen der Polizei nach Kenntnis der Bundesregierung
bei den Castortransporten der letzten zehn Jahre Missachtungen der Eigen-
tumsrechte und/oder respektlose Behandlung von Kirchen, Friedhöfen und
Pfarrhäusern durch die Einsatzkräfte festgestellt, und wenn ja, in welchem
Umfang und durch welche Einsatzkräfte?

19. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung bezüglich der tätlichen
Übergriffe von Einsatzkräften auf eine Demonstration von Schülerinnen
und Schülern am 18. November 2005 in Lüchow vor?

20. Um welche Einheiten handelte es sich, und wie konnte es dazu kommen?

21. Welche Maßnahmen sollen ergriffen werden, um solche Auseinanderset-
zungen zukünftig zu verhindern?

22. In welchen Abständen wurden die Wärmeentwicklung und die Strahlung
der transportierten Behälter gemessen, und wie hoch waren jeweils die
Werte?

23. Welche Position bezieht die Bundesregierung zu den nach wie vor nicht er-
folgten praktischen Tests für den verwendeten Behältertyp HAW 20/28CG,
Typ B(U) gemäß IAEA-Richtlinie (Fallversuche, Erhitzungsprüfungen,
Wassertauchprüfungen etc.)?

24. Sind diese Tests bei den genannten Castorbehältern geplant, und wenn nein,
warum nicht beziehungsweise wenn ja, bis wann?

Berlin, den 16. Januar 2006

Dorothee Menzner
Hans-Kurt Hill
Eva Bulling-Schröter
Dr. Gesine Lötzsch
Dr. Dietmar Bartsch
Heidrun Bluhm
Roland Claus

Lutz Heilmann
Katrin Kunert
Michael Leutert
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Ilja Seifert
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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