BT-Drucksache 16/4115

Saisonarbeit und Bezug von Arbeitslosengeld II

Vom 19. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4115
16. Wahlperiode 19. 01. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Werner Dreibus, Dr. Kirsten Tackmann,
Dr. Barbara Höll, Kornelia Möller, Klaus Ernst, Ulla Lötzer, Katja Kipping und der
Fraktion DIE LINKE.

Saisonarbeit und Bezug von Arbeitslosengeld II

In diesem Winter drohen viele Saisonarbeiter in den Bezug von Arbeitslosen-
geld II zu fallen. Bis zum 31. Januar 2006 galt die Regelung, dass Saisonarbeits-
kräfte nach sechsmonatiger Arbeitszeit weitere sechs Monate Arbeitslosen-
geld I erhielten. Zum 1. Februar 2006 wurde dies mit dem Dritten Gesetz für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz III) geändert. Nun müssen
Arbeitnehmer innerhalb der letzten zwei Jahre Zeiten von insgesamt zwölf
Monaten nachweisen, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I zu erhalten.
Andernfalls erhalten sie nur Arbeitslosengeld II. Auf diese „Sicherungslücke“
haben Gewerkschaften hingewiesen, die Presse hat darüber berichtet.

Eine Ausnahme bildet die Baubranche, in der die Beschäftigten durch das Ge-
setz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung Saison-Kurzarbeitergeld erhal-
ten können. Während die alte Saisonarbeiterregelung bereits 2006 abgeschafft
wurde, will die Bundesregierung erst für November 2008 prüfen, ob der Gel-
tungsbereich des Gesetzes zur ganzjährigen Beschäftigung auf andere Saison-
arbeitsbranchen ausgeweitet werden soll.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind derzeit in Deutschland
in saisonal geprägten Branchen beschäftigt (bitte nach Branchen und einzel-
nen Bundesländern aufführen)?

2. Wie hoch war die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die bis
zum 31. Januar 2006 die Sonderregelung für Saisonarbeiter galt?

3. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass Saisonarbeitskräfte
mit der neuen Regelung in den Bezug von Arbeitslosengeld II fallen können?

4. Warum wurde auf eine Übergangsregelung für den Zeitraum 2006 bis 2008
verzichtet?

5. Fördert die derzeitige Regelung nach Ansicht der Bundesregierung die Aus-
breitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, also „das Risiko, dass ein Teil

der Beschäftigten sich in einer Folge von befristeten, gering qualifizierten
Jobs mit ungenügender sozialer Absicherung verfängt und so in eine gefähr-
dete Lage gerät“, wie EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla jüngst im Zu-
sammenhang mit dem neuen Grünbuch Arbeitsrecht bemängelte, und wenn
nein, wie begründet sie ihre Antwort?

6. Wie hat sich die Zahl der Saisonarbeitskräfte in den letzten zehn Jahren ent-
wickelt?

Drucksache 16/4115 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
7. Wie lange ist die durchschnittliche jährliche Beschäftigungsdauer von Sai-
sonarbeitskräften in Deutschland, wie hoch sind die durchschnittlichen Ar-
beitsverdienste (wenn möglich auch einzelne saisonal geprägte Branchen
aufführen)?

8. Welche saisonal geprägten Branchen mit wie viel Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer fallen derzeit unter den Geltungsbereich des Gesetzes zur
ganzjährigen Beschäftigung und welche nicht?

9. Welche Erfahrungen gibt es bisher mit dem Gesetz zur ganzjährigen Be-
schäftigung in der Baubranche?

10. Unter welchen Voraussetzungen kann der Geltungsbereich des Gesetzes zur
ganzjährigen Beschäftigung zeitiger als geplant (1. November 2008) auf
weitere Branchen übertragen werden?

11. Wie vertragen sich die Bemühungen der Bundesregierung einheimische Ar-
beitslose in saisonale Beschäftigung (z. B. durch die so genannte Eckpunk-
teregelung in der Landwirtschaft) zu vermitteln mit der oben aufgeführten
Problematik?

12. Wie erklärt sich die Bundesregierung, die in ihrer Bilanz zur Eckpunkte-
regelung 2006 aufgeführte mangelnde Motivation inländischer Saison-
arbeitskräfte und welche motivationsschaffenden Maßnahmen sollten dies-
bezüglich initiiert werden bzw. besteht hierbei überhaupt Handlungsbedarf?

13. Befürchtet die Bundesregierung durch die neuen Regelungen negative Fol-
gen für kleine und mittelständische Unternehmen, die auf Saisonarbeits-
kräfte angewiesen sind?

14. Inwiefern soll verhindert werden, dass Saisonarbeitskräfte, wenn sie nun für
einige Wochen ins ALG II gehen müssen, von dort aus auf andere Stellen
oder in Maßnahmen vermittelt werden und damit als eingearbeitete Fach-
kräfte in ihren bisherigen Saisonbetrieben im nächsten Jahr fehlen?

Berlin, den 19. Januar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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