BT-Drucksache 16/4084

Ehemalige Stasi-Mitarbeiter in obersten und oberen Bundesbehörden

Vom 17. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4084
16. Wahlperiode 17. 01. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Christoph Waitz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster),
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick
Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke,
Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Detlef Parr, Jörg Rohde,
Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Ehemalige Stasi-Mitarbeiter in obersten und oberen Bundesbehörden

Ende November 2006 wurde bekannt, dass bei der Bundesbeauftragten für die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokrati-
schen Republik (BStU) über 50 Personen beschäftigt sind, welche früher für
das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) als hauptamtliche oder inoffizielle
Mitarbeiter gearbeitet haben. In Reaktion auf die öffentliche Diskussion teilte
Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheits-
dienstes, mit, dass in den Polizeibehörden von Bund und neuen Ländern rund
1500 und beim Bundesgrenzschutz rund 300 ehemalige Stasi-Mitarbeiter be-
schäftigt seien.

Das Bürgerkomitee Leipzig e. V. zur Auflösung der Staatssicherheit (MfS) for-
derte, neben vielen weiteren Personen und Institutionen, daraufhin eine wissen-
schaftliche Untersuchung zur Entstehung und Entwicklung der Stasi-Unter-
lagen-Behörde.

Staatsminister Bernd Neumann, zu dessen Zuständigkeitsbereich die Stasi-
Unterlagen-Behörde (BStU) gehört, hat am 12. Dezember 2006 den ehemali-
gen Bundesverfassungsrichter, Prof. Dr. Hans H. Klein, beauftragt, zusammen

mit dem Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin eine un-
abhängige Untersuchung zur Klärung der Tätigkeit von ehemaligen Mitarbei-
tern des Staatssicherheitsdienstes der DDR in der Birthler-Behörde vorzuneh-
men.

Drucksache 16/4084 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit
(MfS) der DDR arbeiten in den einzelnen Bundesministerien sowie oberen
Bundesbehörden, und wie viele von ihnen üben eine leitende Tätigkeit aus
(Aufgliederung bitte nach Behörden, regional, nach Beamten und Ange-
stellten, nach Dienstgruppen sowie nach hauptamtlicher und inoffizieller
Tätigkeit)?

2. Werden die Dienststellenleiter über die frühere Tätigkeit ihrer Mitarbeiter
für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit informiert?

3. Gibt es besondere Maßnahmen zur Sicherung der korrekten Aufgaben-
wahrnehmung durch die ehemaligen Mitarbeiter des MfS in den Bundes-
ministerien sowie oberen Bundesbehörden im Hinblick auf deren ehema-
lige Tätigkeit?

4. Hat die Bundesregierung negative Erfahrungen mit dem Verhalten der in
den obersten und oberen Bundesbehörden beschäftigten früheren Mitarbei-
ter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit gemacht, die mit dieser ehe-
maligen Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang stehen?

5. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf wegen der früheren Beschäf-
tigung dieser Mitarbeiter beim MfS, und wenn ja, welche Maßnahmen be-
absichtigt die Bundesregierung zu ergreifen?

6. Wie viele ehemalige Mitarbeiter des DDR-Innenministeriums sind noch
für das Bundesinnenministerium tätig, wie viele davon hatten im DDR-
Innenministerium eine leitende Tätigkeit ausgeübt, und wie viele davon
üben heute eine leitende Tätigkeit aus?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Beschäftigung ehemaliger Mitarbei-
ter des DDR-Innenministeriums im Bundesministerium des Innern?

8. Wie hat sich die Zahl der bei der BStU beschäftigten ehemaligen haupt-
amtlichen und inoffiziellen Stasi-Mitarbeiter seit Gründung der Behörde
entwickelt (Aufgliederung bitte nach Jahren und nach Art der Tätigkeit)?

9. War die Bundesregierung zu jeder Zeit über die Tatsache und den Umfang
der Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter in Bundesministerien so-
wie oberen Bundesbehörden informiert?

10. Gab es Diskussionen innerhalb der Bundesregierung mit dem damaligen
Bundesbeauftragten Joachim Gauck darüber, angesichts der besonders
hohen Integritäts-Anforderungen der Behörde der BStU in dem Bereich
der Aufarbeitung des Stasi-Unrechtes keine ehemaligen MfS-Mitarbeiter
einzusetzen, und wenn ja, warum wurden dennoch MfS-Mitarbeiter bei der
BStU eingestellt?

11. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und inwieweit in der Behörde der
BStU von einzelnen Mitarbeitern die Aufarbeitung und Bereitstellung von
Akten behindert, Erkenntnisse aus den Akten verschleiert oder Stasi-Akten
vernichtet wurden, und wenn ja, welche Maßnahmen wurden gegen die be-
troffenen Mitarbeiter in jedem Einzelfall ergriffen?

12. Wann werden die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Untersuchungen
durch Prof. Dr. Hans H. Klein, und den Forschungsverbund SED-Staat der
Freien Universität Berlin vorliegen, und in welcher Weise und wann wer-
den sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4084

13. Beabsichtigt die Bundesregierung nach Vorlage des Untersuchungsberich-
tes Umsetzungen von einigen oder allen ehemaligen MfS-Mitarbeitern aus
dem Tätigkeitsbereich der BStU, oder wie will die Bundesregierung auf
andere Weise eine unabhängige und vertrauenswürdige Arbeit der BStU
gewährleisten?

14. Hält es die Bundesregierung über die bereits in Auftrag gegebene Unter-
suchung hinaus für geboten, die Geschichte der Behörde, ihren Aufbau und
die Arbeit der ersten 15 Jahre von unabhängigen Historikern untersuchen
zu lassen und dabei insbesondere herauszuarbeiten, welchen Einfluss ehe-
malige Stasi-Mitarbeiter und andere Funktionsträger und Sympathisanten
des SED-Regimes auf die Arbeit der Behörde, auf Dienstanweisungen,
Richtlinien etc. hatten und haben?

Berlin, den 17. Januar 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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