BT-Drucksache 16/3687

Erfahrungen mit den biometrischen Reisepässen

Vom 29. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3687
16. Wahlperiode 29. 11. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Ulrike Flach, Christian Ahrendt, Daniel Bahr
(Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Ina Lenke,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Erfahrungen mit den biometrischen Reisepässen

Seit mehr als einem Jahr – seit 1. November 2005 – sind die Reisepässe der Bun-
desrepublik Deutschland mit einem RFID-Chip ausgestattet, auf dem ein digita-
lisiertes Foto des Passinhabers gespeichert ist. In knapp einem Jahr – zum 1. No-
vember 2007 – sollen auch Fingerabdrücke digital auf den RFID-Chips
gespeichert werden.

In der Vergangenheit sind in der Bundesrepublik Deutschland aber auch in
vielen anderen Ländern immer wieder gravierende Sicherheitsmängel bei der
Sicherung der Daten auf den RFID-Chips vor unberechtigtem Zugriff bekannt
geworden. Die Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 legt gemeinsame Sicherheits-
merkmale einschließlich biometrischer Identifikatoren für Pässe der Mitglied-
staaten mit einer Gültigkeitsdauer von mehr als 12 Monaten fest. Aufgrund
dieser Verordnung ist die Europäische Kommission beauftragt, die technischen
Spezifikationen festzulegen, die für die Aufnahme biometrischer Daten erfor-
derlich sind. Bei Speicherung von Fingerabdrücken soll nach Ansicht der Euro-
päischen Kommission als zusätzliche Zugangskontrolle eine so genannte Ex-
tended Access Control ( EAC ) bzw. Public-Key-Infrastruktur installiert werden.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung mit der Funktionalität, der Stö-
rungsanfälligkeit und der Datensicherheit der deutschen elektronischen
Reisepässe gemacht, und wie beurteilt die Bundesregierung die zukünftige
Funktionalität, der Störungsanfälligkeit und Datensicherheit der deutschen
elektronischen Reisepässe?

Drucksache 16/3687 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Liegen Erfahrungen aus anderen Ländern wie Großbritannien, den Nieder-
landen, USA etc. vor, die sich verwerten lassen?

3. Welche Probleme gab es in der Vergangenheit speziell mit der Funktions-
tüchtigkeit der Software, und wie wurden diese gelöst?

4. Wie viele unberechtigte Zurückweisungen bei deutschen und ausländischen
Grenzkontrollen wegen defekten RFID-Chips in den Reisepässen sind der
Bundesregierung bekannt (bitte ggf. nach Ländern auflisten)?

5. Wie viele Grenzkontrollen sind inzwischen mit geeigneten Lesegeräten aus-
gestattet, wie viele nicht, und wie viele Lesegeräte befinden sich bereits im
aktiven Einsatz?

6. Welche anderen europäischen Länder haben in welchem Umfang bereits
Lesegeräte installiert und bringen diese bei der Grenzkontrolle zum Ein-
satz?

7. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie oft bei den Passkontrol-
len manuell die Identität des Passinhabers verifiziert werden musste, weil
der elektronische Reisepass diese Funktion nicht erfüllen konnte?

8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob die Abfertigung
an den Grenzkontrollen durch den Einsatz der RFID-Technologie auf den
Reisepässen in der täglichen Praxis beschleunigt werden konnte?

9. Wie lange dauert mit derzeit gewählten Geräten der Lesevorgang z. B. an
den Flughäfen Leipzig und München?

10. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor über mögliche Synergieef-
fekte durch Einsatz dieser Technologie auch bei der Flugzeugabfertigung
(Boarding) mit den Fluglinien und der Flughafen-Sicherheitskontrolle,
nicht nur der Bundespolizei?

11. Wenn nicht, wird die Bundesregierung entsprechende Untersuchungen in
Auftrag geben, um Erkenntnisse über die Vorteile der neuen Technologie zu
gewinnen?

12. Inwieweit werden die Sicherheitsstandards der RFID-Chips vor unberech-
tigtem Aus- und Mitlesen vor Implementierung der Fingerabdrücke erhöht
werden?

Soll sich dabei allein an den europäischen Vorgaben orientiert werden oder
werden ggf. darüber hinaus gehende Sicherheitsvorrichtungen vorgesehen,
wenn ja, welche?

13. Plant die Bundesregierung, bei Aushändigung des Reisepasses zukünftig ei-
ne – zurzeit ungefähr 35 Cent teure – Schutzhülle oder andere zusätzliche
optionale Schutzvorrichtungen mit anzubieten, welche das Auslesen des auf
dem elektronischen Reisepass befindlichen RFID-Chips verhindert, wenn
nein, warum nicht?

14. Werden die elektronischen Reisepässe auch zukünftig zehn Jahre gültig
sein?

15. Wird in Zukunft die Möglichkeit bestehen, die Sicherheitsvorkehrungen für
die RFID-Chips durch Softwareupgrades auch während der Gültigkeits-
periode zu verbessern?

Wenn nein, wie plant die Bundesregierung, der zwangsläufigen Veraltung
der Sicherheitssysteme der elektronischen Reisepässe zu begegnen?

16. Soweit auch zukünftig der Chip nach dem Beschreiben geschlossen wird:
Was passiert bei Adressänderung, Namensänderung etc.?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3687

17. Plant die Bundesregierung die biometrischen Daten der Ausweispapiere
auch außerhalb der auf dem elektronischen Pass bzw. auf dem elektro-
nischen Personalausweis befindlichen RFID-Chips zu speichern, wenn ja,
in welcher Form und zu welchem Zweck?

18. Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, die einmal gewonnenen bio-
metrischen Daten der Reisepässe auch bei der Verbrechensbekämpfung ein-
zusetzen?

19. Inwieweit wird die Bundesregierung die Bevölkerung darüber aufklären,
dass die digitale Erfassung der biometrischen Daten jedes Einzelnen für die
Zukunft ein nicht kontrollierbares Risiko mit sich bringt, dass die einmal ge-
speicherten Daten unberechtigt zur Erstellung von umfassenden Bewe-
gungsprofilen des Passinhabers sowie zum Identitätsdiebstahl benutzt wer-
den können?

20. Wie plant die Bundesregierung dem Risiko zu begegnen, dass Terroristen
gezielt das RFID-Signal der deutschen Reisepässe ausnutzen, um einen
Sprengkörper in der Nähe eines deutschen Opfers detonieren zu lassen?

21. Wann wird feststehen, welche Gebühren der Bürger für den veränderten
Reisepass aufbringen muss, und wie hoch werden diese Gebühren nach heu-
tigem Erkenntnisstand sein?

22. Wie sieht die aktuelle Kostenkalkulation für den elektronischen Reisepass
aus (bitte die einzelnen Kostenpositionen auflisten)?

23. Wird der Bürger wie bei den aufwändigeren, passgerechten Fotos, welche
in der Praxis zumeist durch Fotografen erstellt werden müssen, zusätzlich
Kosten für externe Dienstleistungen bei der Aufnahme der biometrischen
Daten aufbringen müssen?

24. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung mit der Qualität der einge-
reichten Fotos gemacht?

25. Wie steht die Bundesregierung zu der Einführung einer Qualitätskontroll-
software bei der Fotoerstellung?

26. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung der Schulung für das
Personal in den kommunalen Meldestellen im Umgang mit den neuen Rei-
sepässen?

27. Wie hoch sind die bisherigen Kosten für die Schulung von Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern in den Kommunen?

28. Welche Forschungsprojekte im Zusammenhang mit biometrischen Identifi-
kationssystemen plant die Bundesregierung im Rahmen des Programms zu
Sicherheitsforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung?

29. Welche Forschungsprojekte im Zusammenhang mit biometrischen Identifi-
kationssystemen sind der Bundesregierung hinsichtlich des 7. Forschungs-
rahmenprogramms der EU bekannt?

Berlin, den 29. November 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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