BT-Drucksache 16/3648

Ausbildung der Polizeikräfte in Afghanistan forcieren

Vom 29. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3648
16. Wahlperiode 29. 11. 2006

Antrag
der Abgeordneten Birgit Homburger, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L.
Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Markus Löning, Horst
Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph
Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Ausbildung der Polizeikräfte in Afghanistan forcieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Aufbau eines funktionierenden Polizei-, Justiz- und Strafvollzugswesens
ist eine wesentliche Voraussetzung für die Herstellung der Sicherheit und Ord-
nung und damit die Herstellung stabiler Verhältnisse in Afghanistan. Ziel ist es,
dass die afghanische Regierung zunehmend ihre Eigenverantwortung wahr-
nehmen und perspektivisch selbst für die Sicherheit im Lande sorgen kann
(Afghan Ownership). Der Einsatz bewaffneter Streitkräfte in Afghanistan, zum
Beispiel im Rahmen der International Security Assistance Force (ISAF), an der
Deutschland als drittstärkster Truppensteller mit der Bundeswehr maßgeblich
beteiligt ist, darf nicht über Gebühr ausgedehnt werden.

Von zentraler Bedeutung für die Herstellung stabiler Verhältnisse in Afghanis-
tan ist der Aufbau einer funktionstüchtigen sowie den rechtsstaatlichen Grund-
sätzen verpflichteten Polizei. Der Deutsche Bundestag begrüßt deshalb den auf
der London-Konferenz im Februar 2006 durch die afghanische Regierung, die
Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft verabschiedeten

Afghanistan Compact. Dieser hat eine ethnisch ausgewogene, professionell und
funktional arbeitende Polizei in der Größenordnung von 62 000 Polizisten bis
zum Jahr 2010 zum Ziel. Deutschland hat sich für den Wiederaufbau der
Polizei verantwortlich erklärt und muss dieser Verpflichtung jetzt auch gerecht
werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Bekämpfung des
Terrorismus und des Drogenhandels.

Drucksache 16/3648 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Die Bundesregierung hat für den Wiederaufbau der Polizei seit dem Jahr 2002
70 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Zum Zweck der Ausbildung der afghani-
schen Polizei befinden sich gegenwärtig rund 40 deutsche Polizeibeamte in
Afghanistan. Ihr Mandat wurde im Dezember 2005 bis Ende 2006 verlängert.
Laut Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der
FDP „Ausbildung der Polizeikräfte in Afghanistan“ (Bundestagsdrucksache
16/2893) ist die Fortführung des Projektbüros Polizei zunächst „bis mindestens
Ende 2007 vorgesehen.“ Dieser zeitliche Rahmen gelte auch für die Ausbil-
dung.

Zudem stellte die Bundesregierung in der o. g. Antwort auf die Kleine Anfrage
fest: „Hilfsmittel, die vorwiegend zur Ausübung unmittelbaren Zwanges geeig-
net sind, so u. a. Tränengas und Gummigeschosse, werden […] nicht geliefert.“

Im Hinblick auf die Bezahlung der Polizisten liegen laut Bundesregierung nicht
aus allen Provinzen verlässliche Auskünfte vor. In Kabul und den evaluierten
Provinzen sei die Gehaltsauszahlung „größtenteils“ erfolgt. Dieser Zustand ist
höchst unbefriedigend, denn wenn die Polizisten keine regelmäßigen oder zu
niedrige Gehaltszahlungen erhalten, besteht die Gefahr der Anfälligkeit für
Korruption.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– sich eindeutig zu ihren internationalen Zusagen und dem Ziel des Wieder-
aufbaus einer funktionsfähigen Polizei in Afghanistan zu bekennen und die
dafür erforderlichen Mittel bereitzustellen; dies bedeutet auf jeden Fall eine
Aufstockung der Mittel;

– die Zahl der Polizeiausbilder ebenfalls aufzustocken;

– die Qualität der Ausbildung weiter zu verbessern;

– die bisher bestehenden Restriktionen beim Polizeiaufbau (u. a. keine Liefe-
rung von Tränengas) aufzuheben;

– für den Polizeiaufbau Zwischenziele zu setzen und deren Erreichung zu
überprüfen;

– in Gesprächen mit den Partnern auf den parallelen Aufbau eines funktionsfä-
higen Justiz- und Vollzugssystem durch die internationale Gemeinschaft
hinzuwirken;

– sich mit den anderen Partnern dafür einzusetzen, dass das Erscheinen der
periodischen Fortschrittsberichte des Joint Coordination and Monitoring
Board gemäß Annex III des Afghanistan Compact sichergestellt wird, um
die Fortschritte kontrollieren zu können und allen Beteiligten eine Evalua-
tion unter Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten zu ermöglichen;

– auf eine adäquate Besoldung der ausgebildeten Polizisten hinzuwirken und
darauf zu achten, dass der Sold die Polizisten auch erreicht und

– dem Deutschen Bundestag über die erzielten Fortschritte, insbesondere beim
Aufbau der Polizei in Afghanistan, regelmäßig zu berichten.

Berlin, den 28. November 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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