BT-Drucksache 16/3454

Arbeitsplatzabbau im Telekommunikationssektor

Vom 17. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3454
16. Wahlperiode 17. 11. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer,
Werner Dreibus, Heike Hänsel, Kornelia Möller, Dr. Axel Troost
und der Fraktion DIE LINKE.

Arbeitsplatzabbau im Telekommunikationssektor

In jüngster Zeit erscheinen regelmäßig neue Meldungen über einen anstehenden
Personalabbau bei der Deutschen Telekom AG: 45 000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter sollen in eine Servicegesellschaft überführt werden, wo sie nur rund
die Hälfte ihres bisherigen Einkommens beziehen und wo es keine Beschäf-
tigungsgarantie gibt (SZ 27. Oktober 2006). Schon länger steht fest, dass 32 000
Stellen bis zum Jahr 2008 ganz abgebaut werden sollen (FAZ 26. Oktober 2006).
Damit beschleunigt sich der Arbeitsplatzabbau im Vergleich zu den vergan-
genen Jahren: Laut Bundesnetzagentur sank die Mitarbeiterzahl der Telekom
AG im Inland von 2000 bis 2004 beständig. Die Bundesregierung schreibt
in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE.
(Bundestagsdrucksache 16/729), die Telekom habe im Zuge der Neustruktu-
rierung des Marktes Arbeitsplätze abgebaut, bei den Wettbewerbern seien
dagegen Arbeitsplätze entstanden. Allerdings bauen laut Bundesnetzagentur
auch die Konkurrenzunternehmen seit Jahren Arbeitsplätze ab, so dass die Zahl
der Beschäftigten auf dem Telekommunikationsdienstemarkt insgesamt in
Deutschland von 240 700 im Jahr 2000 auf 225 100 im Jahr 2004 sank. Auch die
betriebliche Ausbildung ist von Kürzungen bei der Telekom AG betroffen: Der
Konzern kündigte an, im kommenden Jahr nur 2 500 Ausbildungsplätze bereit-
zustellen, zuletzt waren es noch 4 000 gewesen. Damit sinkt die Ausbildungs-
quote von 8,3 auf 6,8 Prozent (dpa 9. November 2006). Gleichzeitig beklagt der
Branchenverband BITKOM, dass das Problem des Fachkräftemangels bei den
deutschen Unternehmen im Informations- und Kommunikationsbereich wieder
größer wird.

Trotz der Einsparungen auf der Arbeitnehmerseite plant die Telekom AG, die
Höhe der an die Aktionäre ausgezahlten Dividende für das laufende Geschäfts-
jahr auf dem Niveau des Vorjahres zu lassen (FAZ 11. August 2006). Im vergan-
gen Jahr war die Telekom-Dividende gemessen am Aktienkurs so hoch, wie bei
keinem anderen Dax-Unternehmen: Die Dividendenrendite betrug mehr als fünf
Prozent (FAZ 3. März 2006).

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Peter Struck kündigte im Zusammenhang

mit dem Personalabbau bei der Telekom an, der Bund werde über seinen Aktien-
Anteil Einfluss auf die Telekom AG nehmen um einen weiteren Stellenabbau zu
verhindern (FAZ 30. Oktober 2006).

Drucksache 16/3454 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in den Jahren 1989 bis
2006 beim Geschäftsbereich Fernmeldedienst bzw. beim Unternehmen
Telekom innerhalb der Deutschen Bundespost bzw. später beim Konzern
der Deutschen Telekom AG in Deutschland beschäftigt (bitte alle vorliegen-
den Zahlen darstellen und nach Jahren aufschlüsseln)?

2. Wie viele Arbeitsplätze will die Deutsche Telekom AG nach Informationen
der Bundesregierung in den kommenden Jahren in Deutschland abbauen
bzw. ausgliedern?

3. Wie hoch war der Gewinn der in Frage 1 erwähnten Unternehmen vor und
nach Steuern in den Jahren 1989 bis 2006 (bitte alle vorliegenden Zahlen
darstellen und nach Jahren aufschlüsseln)?

4. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in den Jahren 1998 bis
2006 bei den Konkurrenzunternehmen der Deutschen Telekom AG in
Deutschland beschäftigt (bitte alle vorliegenden Zahlen darstellen und nach
Jahren aufschlüsseln)?

5. Wie hoch war der Gewinn der in Frage 4 erwähnten Unternehmen vor und
nach Steuern in den Jahren 1989 bis 2006 (bitte alle vorliegenden Zahlen
darstellen und nach Jahren aufschlüsseln)?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Pläne der Deutschen Telekom AG,
die Dividende in 2007 auf dem Vorjahresniveau zu halten, während gleich-
zeitig Arbeitsplätze abgebaut und die Konditionen für Tausende von Be-
schäftigten verschlechtert werden?

7. Inwieweit waren vom bisherigen Arbeitsplatzabbau bei der Telekom AG
auch Qualifizierungsbereiche betroffen, die für die Erschließung und Auf-
wertung des Telekommunikationsnetzes in Deutschland förderlich und not-
wendig sind?

Welchen Anteil machte der Arbeitsplatzabbau in diesen Bereichen am ge-
samten Abbau aus?

8. In welchen Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnologien
sieht die Bundesregierung aktuell einen Fachkräftemangel, wie beurteilt sie
den Fachkräftemangel, und wie begründet die Bundesregierung ihre Ant-
wort?

9. Wie haben sich die Ausbildungsquote und die absolute Zahl der Auszu-
bildenden im Telekom-Konzern seit der Privatisierung entwickelt?

10. Wie haben sich diese Zahlen im gleichen Zeitraum bei den Wettbewerbern
entwickelt (bitte getrennt nach Telekom und Wettbewerbern sowie nach
Jahren aufschlüsseln)?

11. Für welche Ausbildungsberufe bietet die Telekom AG Ausbildungsplätze
an, und wie hat sich die Anzahl der Ausbildungsplätze für die jeweiligen
Ausbildungsberufe in den vergangenen 10 Jahren verändert (bitte nach Jah-
ren und Ausbildungsberufen aufschlüsseln)?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Pläne der Deutschen Telekom AG, in
den nächsten Jahren weniger Ausbildungsplätze anzubieten?

13. Wann und in welcher Form wird die Bundesregierung Einfluss auf die Deut-
sche Telekom nehmen, um weiteren Personalabbau zu verhindern, wie es
SPD-Fraktionschef Dr. Peter Struck ankündigte, und wie begründet die
Bundesregierung ihre Position?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3454

14. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass ihr Vertreter und der
Vertreter der KfW-Bankengruppe im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom
AG bei der Aufsichtsratsitzung am 5. Dezember 2006, bzw. auf der nächsten
diesbezüglichen Aufsichtsratsitzung, gegen eine Absenkung der Zahl an
Ausbildungsplätzen und gegen Einsparungen auf Arbeitnehmerseite stim-
men, und wie begründet die Bundesregierung ihre Position?

15. War es nach Ansicht der Bundesregierung bereits vor der Privatisierung der
Telekom bzw. der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte abseh-
bar, dass es in der Folge bei der Telekom AG bzw. in der Branche insgesamt
zu einem Arbeitsplatzabbau kommen würde, und wie begründet die Bun-
desregierung ihre Antwort?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, den Regulierungsauftrag
der Bundesnetzagentur (der ja auch Verbraucherschutzaspekte umfasst) aus-
zuweiten und künftig v. a. auch soziale Belange, wie die Anzahl der Arbeits-
plätze und die Qualität der Arbeitsverhältnisse bei der Regulierung zu be-
rücksichtigen, und wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung?

Berlin, den 16. November 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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