BT-Drucksache 16/3220

Arbeit der Arbeitsgruppe "Statusrechtliche Begleitmaßnahmen" des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge

Vom 31. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3220
16. Wahlperiode 31. 10. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, Irmingard
Schewe-Gerigk, Wolfgang Wieland und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Arbeit der Arbeitsgruppe „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“
des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge

Im Juni 2005 wurde durch das Bundesministerium des Innern (BMI) die Arbeits-
gruppe „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ (AG Status) eingerichtet (vgl.
Bericht vom Praktiker-Erfahrungsaustausch im Rahmen der Evaluierung des
Zuwanderungsgesetzes am 30. und 31. März 2006 im Bundesministerium des
Innern, S. 63 bis 67).

Die Arbeit der AG Status findet im Rahmen des Gemeinsamen Terrorismus-
abwehrzentrums statt. Die Federführung der AG Status liegt beim Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Ständige Teilnehmer der AG Status sind neben dem BAMF das Bundesamt für
den Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt sowie anlassbezogen invol-
vierte Bundes- und Landesbehörden.

Das wesentliche Ziel der AG Status besteht darin, bei Personen mit extremisti-
schem/terroristischem Hintergrund frühzeitig zu erkennen, ob

● ein Widerruf bzw. die Rücknahme einer Asyl-/Flüchtlingsanerkennung bzw.

● Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung sowie weitere ausländerrechtliche
Maßnahmen (z. B. Auflagen),

● Maßnahmen zur Überwachung nach § 54a AufenthG,

● Maßnahmen zur Verhinderung der (Wieder-)Einreise,

● Maßnahmen zur Verhinderung der Erteilung bzw. Widerruf oder Rück-
nahme einer Einbürgerung

angezeigt sind.

Zwischen Juni 2005 und März 2006 hat die AG Status in 80 Fällen die Arbeit
aufgenommen. Hiervon hatten 44 Fälle einen asylrechtlichen Hintergrund. Im
Rahmen der Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes wurde deutlich, dass die
AG Status aber in nicht einmal einem Drittel dieser Fälle tatsächlich aktiv ge-
worden ist:
● In 20 Fällen hat sie den Widerruf einer Asylanerkennung eingeleitet.

● In einem Fall wurde ein Asylberechtigter von Deutschland nach Griechen-
land überstellt (da dieser dort bereits zuvor einen Flüchtlingsstatus erhalten
hatte).

● Das BKA half bei der Identifizierung einer Person sowie bei der Beschaf-
fung von Reisepapieren.

Drucksache 16/3220 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

● Und schließlich bewirkte die AG Status, dass die Landesbehörden die Aus-
weisung von zwei Personen verfügten bzw. in einem anderen Fall auf eine
aus einem anderen Bundesland zuziehende Person aufmerksam wurden.

Das BAMF ist nicht nur auf Bundesebene bei der aufenthaltsrechtlichen Über-
prüfung von sog. Gefährdern aktiv. So ist das BAMF (über seine Außenstellen)
auch in der

AG BIRGiT (Bayern),

der Anti-Terrorismuskoordinierungsgruppe (Hamburg),

der Arbeitsgruppe zur Rückführung ausländischer Gefährder (Rheinland-Pfalz)
sowie

der Sicherheitskonferenz (Nordrhein-Westfalen)

vertreten (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Einzelfrage 15
der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache 16/2873, S. 9).

Als hilfreich hat sich – so das BAMF – erwiesen, dass die AG Status für den
Widerruf von Asylanerkennungen bzw. für die Empfehlung einer Auswei-
sungsverfügung Erkenntnisse von Sicherheitsbehörden verwenden kann – die
„nicht ausreichen, um einem Strafverfahren zum Erfolg zu verhelfen“.

Zur Verbesserung seiner Arbeit empfahl das BAMF – aufgrund der fehlenden
ausländerrechtlichen Zuständigkeit – den Ausbau der Koordinierungs- und
Servicefunktion der AG Status – zur „Sensibilisierung“ der Ausländerbehörden.

In seinem Referentenentwurf vom 3. Januar 2006 für ein „Gesetz zur Um-
setzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union“
hat das BMI daher vorgeschlagen, dem BAMF in § 75 Nr. 11 AufenthG-E die
Arbeit der AG Status auf Dauer zuzuweisen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Fälle sind derzeit in der AG Status anhängig?

2. In wie vielen Fällen hat die AG Status

a) den Widerruf bzw. die Rücknahme einer Asyl-/Flüchtlingsanerkennung
verfügt bzw.

b) Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung sowie weitere ausländerrecht-
liche Maßnahmen (z. B. Auflagen),

c) Maßnahmen zur Überwachung nach § 54a AufenthG,

d) Maßnahmen zur Verhinderung der (Wieder-)Einreise,

e) Maßnahmen zur Verhinderung bzw. den Widerruf oder die Rücknahme
von Einbürgerungen und

f) sonstige Maßnahmen

empfohlen bzw. initiiert (bitte aufschlüsseln)?

3. Wie viele dieser Entscheidungen (2. a bis f) sind inzwischen rechtskräftig
(bitte aufschlüsseln)?

4. Aus welchen Staaten stammen die Personen, denen das BAMF auf Vor-
schlag der AG Status die Asyl-/Flüchtlingsanerkennung widerrief bzw. bei
denen diese Anerkennung zurückgenommen wurde (bitte aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3220

5. Wie viele derjenigen Personen, denen das BAMF auf Vorschlag der
AG Status die Asyl-/Flüchtlingsanerkennung widerrief bzw. denen diese
Anerkennung zurückgenommen wurde,

erhielten einen subsidiären Schutzstatus oder

wurden (in welche Staaten) abgeschoben?

6. Findet die Arbeit der AG Status in den Räumlichkeiten des Gemeinsamen
Terrorismusabwehrzentrums in Berlin-Treptow statt?

Wenn nein, wo sonst?

7. Wie viele Vertreterinnen/Vertreter des

a) BAMF,

b) Bundesamtes für den Verfassungsschutz bzw.

c) Bundeskriminalamtes

arbeiten in der AG Status?

8. Welche anderen Bundes- und Landesbehörden haben an der Arbeit der
AG Status bislang mitgewirkt?

9. Werden im Zuge der Arbeit der AG Status auch personenbezogene Infor-
mationen erhoben, generiert, verarbeitet bzw. gespeichert?

Wenn ja:

a) Aus welchen Datenbeständen werden in der AG Status personenbezo-
gene Informationen zusammengeführt?

b) In welcher Datei werden diese Informationen abgelegt?

c) Wie groß ist der derzeitige Datenbestand?

d) Welche Behörde führt die Rechts- und Fachaufsicht über diesen Daten-
bestand?

e) Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt diese Verarbeitung personenbezo-
gener Informationen?

10. In welchen der AG Status vergleichbaren Gremien der Bundesländer (s. o.)
ist das BAMF mit jeweils wie vielen Personen vertreten?

11. Arbeiten auch andere Bundesbehörden in diesen Gremien der Bundes-
länder mit?

Wenn ja, welche Bundesbehörden sind in welchem Bundesland aktiv?

12. Gibt es inzwischen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zu den von
der AG Status verfügten/initiierten asyl- bzw. aufenthaltsrechtlichen Ent-
scheidungen, und wenn ja, welche?

13. Plant die Bundesregierung immer noch, dem BAMF über eine Änderung
des Aufenthaltsgesetzes die Arbeit der AG Status auf Dauer zuzuweisen,
und wenn ja, in welcher Form?

14. Welche zusätzlichen Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Ko-
ordinierungs- und Servicefunktion der AG Status künftig auszubauen?

Berlin, den 31. Oktober 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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