BT-Drucksache 16/3076

Verschlechterung von Beihilfe für eingetragene Lebenspartnerschaft

Vom 20. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3076
16. Wahlperiode 20. 10. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar
von Neuforn, Hans-Christian Ströbele, Josef Philip Winkler und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verschlechterung von Beihilfe für eingetragene Lebenspartnerschaft

Das Bundesministerium des Innern hat am 18. September 2006 auf die schriftliche
Frage, ob die Bundesregierung die Auffassung teile, dass aufgrund des Allge-
meinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und des Soldatinnen- und Soldaten-
Gleichbehandlungsgesetzes (SoldGG) in eingetragener Lebenspartnerschaft le-
bende Beamte und Richter des Bundes sowie Soldaten Anspruch auf Beihilfe für
ihre Lebenspartner haben, geantwortet (Bundestagsdrucksache 16/2692), dass
aus dem AGG ein solcher Rechtsanspruch auf Beihilfe nicht abgeleitet werden
könne und das Gesetz zur Änderung des Bundesdisziplinargesetzes, des Bundes-
beamtengesetzes und weiterer Gesetze (Bundestagsdrucksache 16/2253) eine
solche Rechtsposition daher gar nicht entziehen könne.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat demgegenüber
vorgetragen:

„Aufgrund des am 18. August 2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbe-
handlungsgesetzes (AGG) und des Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehand-
lungsgesetzes (SoldGG) haben nun auch die verpartnerten Beamten und
Richter des Bundes sowie die verpartnerten Soldaten Anspruch auf Beihilfe für
ihre Lebenspartner, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind.

Das gibt der Absicht der Koalition, Lebenspartner nicht in den neuen § 79a BBG
einzubeziehen, ein anderes Gewicht. Bisher sind alle Beteiligten davon aus-
gegangen, dass dadurch lediglich die Gleichstellung bei der Beihilfe weiter
aufgeschoben wird. Durch die Gleichbehandlungsgesetze hat sich die Situation
verändert. Wenn jetzt der neue § 79a BBG unverändert Gesetz werden würde,
würde dadurch den Betroffenen eine Rechtsposition wieder entzogen, die der
Gesetzgeber ihnen gerade erst gewährt hat. Das wäre eine neue, schwerwiegende
Diskriminierung, die so sicher nicht beabsichtigt war.

Dass nun auch verpartnerte Beamte und Richter des Bundes sowie die Soldaten
Anspruch auf Beihilfe für ihre Partner haben, ergibt sich aus Folgendem: § 24
AGG bestimmt, dass die Vorschriften des Gleichbehandlungsgesetzes für Beam-
te und Richter ,unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtstellung entspre-

chend‘ gelten. Für Soldaten gilt Gleiches aufgrund des SoldGG. Dadurch werden
zwar diskriminierende Vorschriften in anderen Gesetzen, wie z. B. die Vorschrif-
ten über den Familienzuschlag im Bundesbeamtengesetz und über die Hinter-
bliebenenpension im Beamtenversorgungsgesetz, nicht außer Kraft gesetzt. Das
Gleichbehandlungsgebot gilt nur für das Handeln der Verwaltung gegenüber Be-
amten, Richtern und Soldaten, wie z. B. für ihre Einstellung, ihre Beförderung
und ihre Entlassung. Davon wird bei den Bundesbeamten aber auch die Gewäh-

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rung der Beihilfe erfasst. Denn die Beihilfe für Bundesbeamte ist nicht in einem
Gesetz oder einer Verordnung, sondern nur in einer ,Allgemeinen Verwaltungs-
vorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Beihilfevor-
schriften – BhV)‘ geregelt. Die Verwaltungsvorschrift soll die Umsetzung des
§ 79 BBG konkretisieren, der bestimmt, dass ‚der Dienstherr … im Rahmen des
Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie,
auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses zu sorgen hat‘.

Bei der Ausführung dieser Verwaltungsvorschrift muss die Bundesverwaltung
das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Identität in § 24 AGG bzw.
im SoldGG beachten. Wenn sie bei Lebenspartnern von Beamten, Richtern und
Soldaten die Gewährung der Beihilfe ablehnt, stellt das … eine verbotene mittel-
bare Diskriminierung wegen der sexuellen Identität dieser Beamten, Richter und
Soldaten dar. Nach der Rechtsprechung des EuGH muss in solchen Fällen nach
oben angepasst werden (vgl. z. B. EuGH, Urt. v. 20. März 2003 – C 187/00 – Rs.
Kutz-Bauer, Rz. 68 ff.; Slg. 2003, I-2741; NZA 2003, 506).

Verpartnerten Beamten und Richtern des Bundes und verpartnerten Soldaten
steht deshalb für ihre Partner dieselbe Beihilfe zu wie ihren verheirateten Kolle-
gen.“

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass aufgrund des AGG und des
SoldGG Beamte, Richter und Soldaten, die in eingetragener Lebenspartner-
schaft leben, Anspruch auf Beihilfe für ihren Lebenspartner haben können?

2. Falls nein, welche rechtlich fundierte Begründung setzt die Bundesregierung
der Rechtsansicht des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland ent-
gegen?

3. Soll nach dem im Gesetzentwurf vorgesehenen § 79a BBG ein Beihilfean-
spruch nur für Ehepartner, nicht dagegen für eingetragene Lebenspartner be-
stehen?

4. Falls ja, womit begründet die Bundesregierung die unterschiedliche Behand-
lung von homosexuellen Lebenspartnern gegenüber heterosexuellen Ehepart-
nern?

5. Falls ja, womit begründet die Bundesregierung die Schlechterstellung von
Beamten in eingetragener Lebenspartnerschaft gegenüber gesetzlich Sozial-
versicherten in eingetragener Lebenspartnerschaft?

Ist dieser Verstoß gegen das beamtenrechtliche Alimentationsprinzip als Tür-
öffner für weitere Verschlechterungen im Beamtenrecht durch die Bundes-
regierung zu sehen?

Welche weiteren Verschlechterungen für Beamte gegenüber sozialversiche-
rungspflichtigen Beschäftigten erwägt die Bundesregierung?

Berlin, den 20. Oktober 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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