BT-Drucksache 16/3056

Änderungspläne der Bundesregierung im Erb- und Pflichtteilsrecht

Vom 19. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3056
16. Wahlperiode 19. 10. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van
Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael
Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn),
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Änderungspläne der Bundesregierung im Erb- und Pflichtteilsrecht

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 19. April 2005
(Az.: 1 BvR 1644/00 und 1 BvR 188/03) den verfassungsrechtlichen Rahmen
für das Pflichtteilsrecht dargestellt. Das Pflichtteilsrecht der Kinder des Erb-
lassers ist danach ebenso Bestandteil der Erbrechtsgarantie des Artikels 14 Abs. 1
Satz 1 des Grundgesetzes (GG) wie die Testierfreiheit des Erblassers und das
Erwerbsrecht des Erben. Das Pflichtteilsrecht ist nach dem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts auch Ausdruck einer Familiensolidarität, die in
grundsätzlich unauflösbarer Weise zwischen dem Erblasser und seinen Kindern
besteht. Aus Artikel 6 Abs. 1 GG leitet das Bundesverfassungsgericht den
Schutz des Verhältnisses zwischen dem Erblasser und seinen Kindern als
lebenslange Gemeinschaft her. Innerhalb dieser Gemeinschaft seien sowohl die
Eltern wie auch die Kinder nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, für-
einander Verantwortung zu übernehmen. Aus dieser Verpflichtung heraus
rechtfertige sich die Sicherung einer ökonomischen Basis für das Kind aus dem
Vermögen des verstorbenen Elternteils auch über den Tod des Erblassers hin-
aus. In dieser Entscheidung zeigt das Bundesverfassungsgericht dem Gesetz-
geber auch verschiedene Möglichkeiten und Grenzen einer Neugestaltung des

Pflichtteilsrechts auf.

Die Fraktion der FDP hat bereits in der 15. Wahlperiode in einer Kleinen An-
frage (Überprüfung des Reformbedarfs im Pflichtteilsrecht, Bundestagsdruck-
sache 15/3768) Fragen nach Änderungen im Pflichtteilsrecht aufgeworfen. Die
Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, hat nun in der 16. Wahlperiode
angekündigt, punktuelle Änderungen im Erbrecht, insbesondere im Pflichtteils-

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recht, vorzubereiten (so auch in ihrer Rede zum 1. Deutschen Erbrechtstag am
23. März 2006, abrufbar über www.bmj.bund.de).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welches Bild von familiärer Verbundenheit legt die Bundesregierung den
Änderungen des Erb- und insbesondere des Pflichtteilsrechts zugrunde?

2. Bereitet die Bundesregierung Änderungen im Erb- und insbesondere im
Pflichtteilsrecht vor, und wenn ja, welche, und aus welchen Gründen?

3. Welchen Zeitplan hat die Bundesregierung für eine Änderung des Pflicht-
teilsrechts?

4. Wann wird hierzu ein Referentenentwurf vorgelegt?

5. Welche konkreten Änderungen soll die Pflichtteilsquote erfahren, und wie
werden diese Änderungen begründet?

6. Welche konkreten Änderungen bereitet die Bundesregierung derzeit hin-
sichtlich der Pflichtteilsentziehungsgründe vor, und wie werden diese
begründet?

7. Welche konkreten Änderungen strebt die Bundesregierung hinsichtlich der
Stundungsvorschrift des § 2331a BGB an, und wie werden diese Änderun-
gen begründet?

8. Welche konkreten Änderungen bereitet die Bundesregierung hinsichtlich
der Ausgleichspflichten vor, und wie werden diese Änderungen begründet?

9. Plant die Bundesregierung Änderungen der Vorschriften zur Pflichtteils-
ergänzung?

10. Wenn ja, welche sind dies, und wie werden sie begründet?

11. Wenn nein, warum nicht?

12. Welche Auswirkungen auf Zuwendungen an Stiftungen resultieren nach
Ansicht der Bundesregierung aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs
(BGH) vom 10. Dezember 2003 (Az.: IV ZR 249/02 – Dresdner Frauen-
kirche)?

13. Ergeben sich vergleichbare Auswirkungen auch auf andere gemeinnützige
Organisationen, und wenn ja, welche konkret?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, zu welchen Mittelabflüssen Forderungen
von Pflichtteilsberechtigten bei gemeinnützigen Organisationen seit dem
Urteil des BGH vom 10. Dezember 2003 (Az.: IV ZR 249/02 – Dresdner
Frauenkirche) geführt haben?

15. Sieht die Bundesregierung gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Pflicht-
teilsrecht hinsichtlich Zuwendungen und Spenden an Familienstiftungen?

16. Wenn ja, welchen konkreten Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung,
und wie begründet sie diesen?

17. Wenn nein, warum nicht?

18. Sieht die Bundesregierung gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Pflicht-
teilsrecht hinsichtlich Zuwendungen und Spenden an gemeinnützige Stif-
tungen?

19. Wenn ja, welchen konkreten Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung,
und wie begründet sie diesen?

20. Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3056

21. Wie bewertet die Bundesregierung das Spannungsfeld zwischen Pflicht-
teilsrecht (insbesondere hinsichtlich des Schutzes von Artikel 14 Abs. 1
und Artikel 6 GG) und Stiftungsrecht generell?

22. Sieht die Bundesregierung resultierend aus dem o. g. Urteil des BGH
anderweitigen gesetzgeberischen Handlungsbedarf?

23. Wenn ja, wo sieht sie diesen, und wie wird dieser begründet?

24. Wenn nein, warum nicht?

25. Welche Änderungen bereitet die Bundesregierung darüber hinaus im
Pflichtteilsrecht konkret vor, und wie werden diese begründet?

26. Wenn die Bundesregierung noch keine konkreten Änderungen des Erb-
und Pflichtteilsrechts vorbereitet, welche Änderungsmöglichkeiten werden
in den o. g. Themengebieten des Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergän-
zungsrechts konkret geprüft?

27. Hat die Bundesregierung im Vorfeld der Prüfungen von Änderungen des
Pflichtteilsrechts eine rechtstatsächliche Untersuchung zu den Vorstellun-
gen der Bevölkerung zum Erb- und Pflichtteilsrecht durchgeführt?

28. Wenn ja, mit welchen Ergebnissen, und wann werden diese Ergebnisse der
Öffentlichkeit vorgestellt?

29. Wenn nein, warum nicht?

30. Wenn nein, plant die Bundesregierung eine entsprechende rechtstatsäch-
liche Untersuchung, und welchen Zeitplan und Inhalt enthalten diese Pläne?

31. Wenn die Bundesregierung weder eine entsprechende rechtstatsächliche
Untersuchung durchführt, durchgeführt hat oder plant, welche Gründe hat
sie hierfür?

Berlin, den 19. Oktober 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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