BT-Drucksache 16/2671

Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes präziser gestalten

Vom 21. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2671
16. Wahlperiode 21. 09. 2006

Antrag
der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Ernst Burgbacher, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr
(Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Birgit Homburger, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina
Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Horst
Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank
Schäffler, Marina Schuster, Dr. Rainer Stinner, Florian Toncar, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes präziser gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Evaluierungspflichten werden im Zusammenhang mit der Einführung neuer
sicherheitsbehördlicher Kompetenzen zunehmend gesetzlich verankert. Das
erste Gesetz, in das neben einer Befristung und Berichtspflicht eine ausdrück-
liche Regelung zur Evaluierung aufgenommen worden ist, ist das Gesetz zur
Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Mit Inkrafttreten des Terroris-
musbekämpfungsgesetzes zum 1. Januar 2002 sind den Sicherheitsdiensten in
Reaktion auf die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001 und die
veränderte Bedrohungslage durch den international agierenden Terrorismus
neue Befugnisse übertragen worden, die in die Schutzbereiche des Brief-, Post-
und Fernmeldegeheimnisses bzw. in das Recht auf informationelle Selbstbe-
stimmung eingreifen. Den Nachrichtendiensten stehen seit Anfang 2002 Aus-
kunftsrechte gegenüber Banken, Postdienstleistern, Luftfahrtunternehmen und
Telekommunikationsunternehmen sowie die Befugnis zum Einsatz des IMSI-
Catchers zu.
Artikel 22 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes sieht ausdrücklich vor, dass
diese Neuregelungen vor Ablauf der Befristung zu evaluieren sind. Zudem muss
das zuständige Bundesministerium im Abstand von höchstens 6 Monate das Par-
lamentarische Kontrollgremium über die Realisierung der neuen Befugnisse un-
terrichten. Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet seinerseits dem
Deutschen Bundestag jährlich sowie nach Ablauf von 3 Jahren zusammen-

Drucksache 16/2671 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
fassend zum Zwecke der Evaluierung einen Bericht über Durchführung, Art,
Umfang und Anordnungsgründe der Maßnahmen.

Der von der Bundesregierung am 11. Mai 2005 beschlossene Evaluierungsbe-
richt zum Terrorismusbekämpfungsgesetz ist im Innenausschuss des Deutschen
Bundestages am 1. Juni 2005 beraten worden und bezieht sich auf Angaben bis
zum Auswertungsstichtag 31. Dezember 2004. Der Schwerpunkt des Evaluie-
rungsberichtes der Bundesregierung liegt darin, die Häufigkeit des Einsatzes
einer Befugnis zu beschreiben und beispielhaft darzulegen, inwieweit mit den
neuen Befugnissen relevante Informationen gewonnen werden können. Die Be-
troffenheit von Bürgern in Grundrechten wird auf der Zahl derer erfasst, auf die
sich ein Auskunftsersuchen richtet. Zudem wird an einigen Punkten auch erläu-
tert, wie bestimmte Tatbestandsmerkmale der Ermächtigungen in der Praxis an-
gewandt werden.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsge-
setzes umfasst keine Vorgaben zu Trägern, Kriterien, Verfahren oder Methoden
der Evaluierung.

Evaluation hat die Funktion der Kontrolle auf die tatsächlichen Gegebenheiten
und Entwicklungen, die den Einschätzungen und Prognosen entsprechen, die
der Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Gesetz zu Grunde
gelegt hat. Sie hat auch die Funktion, die unter grundrechtlichen Aspekten rele-
vanten Wirkungen zu beobachten und zu beurteilen, die das jeweils geschaffene
Gesetz selbst entfaltet. Die Kriterien der Eignung der Maßnahme und deren
Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit sind von primärer Bedeutung. Daraus
ergeben sich auch Anforderungen an die Gestaltung von Trägern und Verfahren
der Evaluation.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den Evaluierungsbericht zum Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar
2002 zu überarbeiten und unter Berücksichtigung der Kriterien des Übermaß-
verbots in den Deutschen Bundestag neu einzubringen. Der neue Evaluie-
rungsbericht soll auch den Zeitraum nach dem 31. Dezember 2004 erfassen
und in Zusammenarbeit mit externem Sachverstand, wie zum Beispiel wis-
senschaftlichen Instituten, erarbeitet werden. Zudem soll die Einbringung vor
der parlamentarischen Beratung weiterer Gesetze zur Bekämpfung des Ter-
rorismus erfolgen;

2. gesetzliche Regelungen zu schaffen, die die Evaluierung von Sicherheitsge-
setzen präziser gestalten. Die Evaluierung muss sich an den Kriterien der Ge-
eignetheit der Maßnahmen und deren Erforderlichkeit und Verhältnismäßig-
keit orientieren. In einem effektiven Evaluierungsprozess müssen Methode,
Kriterien und Träger der Evaluation konkret bestimmt sein.

Berlin, den 21. September 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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