BT-Drucksache 16/225

Menschenrechte in Usbekistan einfordern

Vom 14. Dezember 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 16/225
16. Wahlperiode 14. 12. 2005

Antrag
der Abgeordneten Burkhardt Müller-Sönksen, Florian Toncar, Dr. Werner Hoyer,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan,
Birgit Homburger, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Markus Löning,
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Rainer
Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Menschenrechte in Usbekistan einfordern

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Bei der Niederschlagung eines Aufstandes in Andidschan am 13. Mai 2005, bei
dem sich Bürger der usbekischen Provinzstadt gegen Rechtswillkür und Korrup-
tion der usbekischen Staatsmacht erhoben haben, wurden von Sicherheitskräften
des usbekischen Innenministeriums ohne Vorwarnung von Panzerwagen aus
Schüsse auf Tausende Demonstranten abgegeben. Mehrere hundert Andidscha-
ner – die Zahlen schwanken zwischen der offiziellen usbekischen Angabe von
187 und bis zu 700 – sind dabei ums Leben gekommen. Die usbekische Führung
begründet die gewaltsame Niederschlagung dieses Aufstandes damit, es habe
sich bei den Demonstranten um Terroristen und Umstürzler gehandelt.

Die genauen Hintergründe der Demonstration und ihrer gewaltsamen Nieder-
schlagung liegen bis heute im Dunkeln. Die Führung Usbekistans weigert sich
aber bislang, eine u. a. von den USA und der EU geforderte unabhängige
Untersuchung der Vorgänge von Andidschan am 13. Mai 2005 zuzulassen. Mitte
November 2005 wurden in Usbekistan 15 angeklagte Demonstrationsteilnehmer
vom 13. Mai 2005 wegen Terrorismus, religiösem Extremismus und Verfas-
sungsfeindschaft zu Haftstrafen zwischen 14 und 20 Jahren verurteilt. Internatio-

nale Beobachter und Menschenrechtsorganisationen kommen auf Grund des Ver-
laufs des als „Schauprozess“ bezeichneten Verfahrens zu dem Schluss, die vor-
liegenden Geständnisse der Angeklagten seien durch Folter erzwungen worden.

In der Folge der gewaltsamen Niederschlagung der Demonstration vom 13. Mai
2005 wurden in Usbekistan insgesamt von der Regierung die Maßnahmen gegen
demokratische Oppositionelle drastisch verschärft. So wurde die usbekische
Menschenrechtsaktivistin Elena Urlajewa wegen ihrer oppositionellen Aktivi-

Drucksache 16/225 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

täten im Sommer 2005 zwangsweise in ein psychiatrisches Krankenhaus einge-
liefert. Der Anführer der oppositionellen „Sonnenschein-Koalition“ in Usbekis-
tan, Sanjar Umarow, wurde Ende Oktober 2005 verhaftet. Internationale Beob-
achter halten das Vorgehen des Regimes gegen diese und andere Oppositionelle
und Menschenrechtsaktivisten für eindeutig politisch motiviert.

Internationale Organisationen wie die UNO, die OSZE und die NATO-Parla-
mentarier-Versammlung haben die usbekische Führung für das Vorgehen der
Sicherheitskräfte am 13. Mai 2005 scharf kritisiert und eine unabhängige Unter-
suchung der Vorfälle eingefordert. Die Europäische Union hat Mitte November
2005 gegen Usbekistan wegen der Niederschlagung der Unruhen in Andidschan
Sanktionen verhängt, die ein Einreiseverbot für 12 unmittelbar an den Vorfällen
von Andidschan beteiligten Personen und ein Waffenembargo umfassen. Das
Partnerschafts- und Kooperationsabkommen wurde ausgesetzt.

Der Deutsche Bundestag verurteilt das rücksichtslose Vorgehen der usbekischen
Sicherheitskräfte bei der Niederschlagung des Aufstandes in Adidschan am
13. Mai 2005 auf das schärfste. Der Deutsche Bundestag schließt sich den
Forderungen internationaler Organisationen nach einer unabhängigen Unter-
suchung dieser Vorgänge an. Er fordert die usbekische Führung auf, die Rechte
der Opposition in Usbekistan zu achten und die Menschenrechte im Sinne seiner
internationalen Verpflichtungen zu schützen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich nicht nur im multilateralen Rahmen, sondern auch bei der Gestaltung der
deutsch-usbekischen Beziehungen für eine unabhängige Aufklärung der Vor-
fälle vom 13. Mai 2005 in Andidschan und für die unbedingte Achtung der Men-
schenrechte durch die usbekische Regierung einzusetzen. Deutschland ist für die
usbekische Führung ein besonders wichtiger bilateraler Partner, deshalb kommt
gerade auf bilateraler Ebene menschenrechtspolitischem Druck auf die Führung
in Taschkent besondere Bedeutung zu. Bei der Einforderung der Menschen-
rechte darf es keine Doppelstandards geben. Menschenrechte sind unverkäuflich
und nicht rabattfähig.

Berlin, den 13. Dezember 2005

Burkhardt Müller-Sönksen
Florian Toncar
Dr. Werner Hoyer
Christian Ahrendt
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Edmund Peter Geisen
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Dr. Christel Happach-Kasan
Birgit Homburger
Michael Kauch

Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Markus Löning
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Marina Schuster
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Volker Wissing

Hellmut Königshaus Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion
Antrag
Menschenrechte in Usbekistan einfordern

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