BT-Drucksache 16/2140

Entwicklung der Neuen Rechten und ihr Gefahrenpotential für die freiheitlich-demokratische Grundordnung

Vom 30. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2140
16. Wahlperiode 30. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Monika Lazar, Katrin Göring-Eckardt, Volker Beck (Köln),
Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar von Neuforn, Wolfgang Wieland,
Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwicklung der Neuen Rechten und ihr Gefahrenpotential für die
freiheitlich-demokratische Grundordnung

Der Begriff „Neue Rechte“ ist unterschiedlich definiert worden. In der Wissen-
schaft gilt die „Neue Rechte“ als intellektuelle Strömung des Rechts-
extremismus bzw. Scharnier zwischen Wertkonservatismus und Rechtsextre-
mismus, deren Ziel es ist, die kulturelle Hegemonie in Deutschland zu erreichen.
Dabei grenzt sich die „Neue Rechte“ von den „traditionellen Rechten“ unter an-
derem über das Konzept des „Ethnopluralismus“ ab. Inhaltlich steht die „Neue
Rechte“ für Vorrang des Kollektivs vor dem Individuum, Nationalismus, Ableh-
nung gleicher Menschenrechte für alle und Verharmlosung des Nationalsozialis-
mus. Einige Konzepte der Neuen Rechten, wie das der so genannten national be-
freiten Zonen, haben sich im rechtsextremen Spektrum insgesamt durchsetzen
können. Eine Auseinandersetzung mit der Neuen Rechten zum Schutze der frei-
heitlich-demokratischen Grundordnung ist daher dringend geboten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was versteht die Bundesregierung unter dem Begriff „Neue Rechte“?

2. Inwieweit betrachtet die Bundesregierung den Ansatz des „Ethnopluralismus“
als verbindend für verschiedene politische Strömungen in diesem Sektor?

3. Wie grenzt sich aus Sicht der Bundesregierung die „Neue Rechte“ von den
„traditionellen Rechten“ ab, und welche Bezüge und Gemeinsamkeiten hat
die „Neue Rechte“ zu bereits bestehenden Organisationen im rechtsextremen
Spektrum?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Personen und Vereini-
gungen in diesem Spektrum?

Wie hoch schätzt sie die Bedeutung der Neuen Rechten im Bereich des
Rechtsextremismus ein?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der

Neuen Rechten in Deutschland und Europa?

Welche Vernetzungsbestrebungen mit ähnlichen Verbindungen in Europa
sind ihr bekannt?

6. Welche Zeitungen, Zeitschriften, Periodika und sonstigen Publikationen des
rechtsextremen Spektrums werden aus Sicht der Bundesregierung durch die
„Neue Rechte“ entscheidend geprägt?

Drucksache 16/2140 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

7. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Gründung, Werde-
gang, führende Personen, Leserschaft und finanzielle Entwicklung folgen-
der Publikationen: „Nation & Europa“, „Junge Freiheit“, „nation24.de“,
„Sezession“ und „Sleipnir“?

8. Sind die Inhalte dieser Publikationen im Einzelnen nach Ansicht der Bun-
desregierung mit den Werten und Normen des Grundgesetzes vereinbar?

Welche Publikationen und Internetdomains der Neuen Rechten werden
durch den Bundesverfassungsschutz beobachtet oder ausgewertet?

9. Welche medialen Angebote speziell für Jugendliche und welche Werbe-
strategien um neue Anhänger der Neuen Rechten sind der Bundesregierung
bekannt?

10. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Gründung, Werde-
gang, Schulungsveranstaltungen, führende Personen, Dozenten und Kurs-
teilnehmer sowie die finanzielle Entwicklung folgender Institutionen: Deut-
sches Kolleg, Thule-Seminar e. V., Institut für Staatspolitik (IfS), Deutsch-
Europäische Studiengesellschaft (DESG), Deutsche Akademie, Dresdner
Schule?

11. Sind nach Ansicht der Bundesregierung die von diesen Institutionen vermit-
telten Inhalte mit den Werten und Normen des Grundgesetzes vereinbar?

Welche dieser Institutionen werden durch den Bundesverfassungsschutz be-
obachtet?

Gibt es weitere, hier nicht genannte, Institutionen der Neuen Rechten, die
beobachtet werden?

12. Welche Organisationen, Seminare, Studieneinrichtungen bzw. Bildungszen-
tren zählt die Bundesregierung zur Neuen Rechten?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Rolle des IfS innerhalb der Neuen
Rechten?

Wie beurteilt die Bundesregierung die Versuche des IfS, gesellschaftliche
Diskussionen zu prägen?

14. Gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Strömung der Neuen
Rechten auch im Bereich von Universitäten und Fachhochschulen?

Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den „Natio-
naldemokratischen Hochschulbund“ (NHB)?

15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über verfassungsfeindliche
Bestrebungen bzw. rechtsextremistische Affinitäten studentischer Verbin-
dungen?

16. Welche studentischen Verbindungen beobachtet der Bundesverfassungs-
schutz?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Wechselwirkungen zwi-
schen studentischen Verbindungen, „traditionellen Rechten“ und den Neuen
Rechten?

18. a) Wie schätzt die Bundesregierung rechtsextremistische Einflüsse auf die
so genannte Gothic-Szene ein?

b) Welche Rolle spielt entsprechendes Gedankengut in dieser Jugendkultur
aus Sicht der Bundesregierung?

c) Wie viele und welche Bands werden zum rechtsextremistischen (bzw.
entsprechend beeinflussten) Teilbereich der Gothic-Szene gerechnet?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/2140

d) Sind der Bundesregierung Periodika bekannt, die an die Gothic-Szene
gerichtet sind und rechtsextremistische Ideologieelemente enthalten?

e) Welches Gedankengut taucht in den Texten der Bands bzw. in entspre-
chenden Veröffentlichungen auf?

f) Gibt es regionale Schwerpunkte?

g) Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, dass von der Neuen Rechten der
Versuch unternommen wird, gezielt Einfluss auf diese Jugendkultur zu
gewinnen?

19. a) Sind der Bundesregierung weitere Bestrebungen der Neuen Rechten in
Bezug auf jugendliche Subkulturen bekannt?

b) Wenn ja, welche Bestrebungen und in welchem Unfang?

c) Welche anderen Musikszenen außerhalb jugendlicher Subkulturen wer-
den von der Neuen Rechten als Plattform benutzt oder gezielt infiltriert?

20. Wie schätzt die Bundesregierung die von der Neuen Rechten ausgehende Ge-
fahr für die Demokratie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung
ein?

21. Was unternimmt die Bundesregierung, um die „Neue Rechte“ an der Errei-
chung ihres Ziels einer kulturellen und politischen Hegemonie zu hindern?

Berlin, den 29. Juni 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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