BT-Drucksache 16/1874

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/750, 16/1324, 16/1325, 16/1326, 16/1348 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006)

Vom 20. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1874
16. Wahlperiode 20. 06. 2006

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Jürgen Koppelin, Ulrike Flach, Otto Fricke, Dr. Claudia
Winterstein, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr
(Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel
Happach-Kasan, Elke Hoff, Birgit Homburger, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb,
Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald
Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan
Mücke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max
Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz, Dr. Volker
Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/750, 16/1324, 16/1325, 16/1326, 16/1348 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006
(Haushaltsgesetz 2006)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit dem Haushalt 2006 wird die Widersprüchlichkeit der Koalition in der Haus-
haltspolitik dokumentiert. Gemäß der Koalitionsvereinbarung wollten Union
und SPD einen anderen Weg in der Haushaltspolitik gehen, als dies bei Rot-
Grün der Fall war. Die Konsolidierungspolitik sollte im Vordergrund stehen.
Hier versagt die Koalition mit einer Neuverschuldung von rd. 38,2 Mrd. Euro
auf ganzer Linie. Höhere Steuereinnahmen und ein höherer Bundesbankgewinn
gegenüber dem Jahr 2005 sowie eine deutlich verbesserte wirtschafts- und
arbeitsmarktpolitische Situation müssten zu einer deutlichen Reduzierung der
Neuverschuldung führen.

Der erste rot-schwarze Haushalt 2006 schafft nach sieben Jahren rot-grüner
Haushaltspolitik keine Wende. Er ist ein Produkt, das einer Großen Koalition
unwürdig ist und für 2006 keine Perspektive aufzeigt. Beispiellos ist dabei die
Abkehr der Union von ihren Forderungen und Aussagen vergangener Jahre. Ob

Drucksache 16/1874 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Verschuldungsproblematik, Vermögensverzehr, Forderungsverkäufe (Postpen-
sionsdeal): die Union macht das Gegenteil von dem, was sie noch bei den letzten
Haushaltsberatungen angeprangert hat.

Dabei könnten die Verschuldung unter Berücksichtigung neu zu treffender poli-
tischer Grundsatzentscheidungen um mehr als 14 Mrd. Euro zurückgeführt so-
wie das Staatsdefizit nach vier Jahren erstmals wieder eingehalten und deutlich
unterschritten werden.

Das Konzept der FDP sieht hierzu die Umsetzung des in rd. 500 Anträgen erar-
beiteten „Liberalen Sparbuchs“ mit einem Entlastungsvolumen von mehr als
8,3 Mrd. Euro sowie die Rücknahme der Genshagener Beschlüsse und damit des
schuldenfinanzierten 25-Mrd.-Euro-Ausgabenprogramms vor.

Jedoch ist der politische Wille zur Konsolidierung des Haushalts 2006 nicht vor-
handen. Es fehlt eine sinnstiftende Vision in der Finanzpolitik. Noch am Ende
des Jahres 2005 sind eine Reihe von Subventionen gestrichen worden, um dann
im Jahr 2006 mit einem schuldenfinanzierten 25-Mrd.-Euro-Ausgabenpro-
gramm neue Ausgaben und Steuersubventionen zu beschließen. Begründet
werden dies und die damit einhergehende höhere Neuverschuldung mit dem
Verweis, den Aufschwung in Deutschland nicht „kaputtsparen“ zu wollen.
Dabei zeigt sich die Widersinnigkeit politischen Handelns gerade in diesem
Kontext.

Mit einem schuldenfinanzierten 25-Mrd.-Euro-Ausgabenprogramm auf Wachs-
tumsimpulse zu setzen und den Aufschwung gleichzeitig nicht „kaputtsparen“
zu wollen, ist eine irreführende Leerformel. Sie suggeriert, ein Wirtschaftsauf-
schwung könne nur durch staatliche Ausgabenprogramme erreicht werden,
während die Haushaltskonsolidierung hingegen einen wirtschaftlichen Ab-
schwung verursache.

Ein in sich schlüssiges, der ökonomischen Vernunft gehorchendes, finanz- und
wirtschaftspolitisches Konzept ist nicht zu erkennen. Für den Haushalt 2006
bleibt festzuhalten:

1. Der Haushalt 2006 zementiert den Weg in die Schuldenfalle. Mit 38,2 Mrd.
Euro liegt die Neuverschuldung im Jahr 2006 um 7 Mrd. Euro höher als beim
Haushaltsabschluss 2005. Dies ist ein Armutszeugnis und keine Erfolgsstory
angesichts wesentlich verbesserter gesamtwirtschaftlicher Eckdaten und Ein-
nahmeerlösen von 17 Mrd. Euro aufgrund von Einmaleffekten.

2. Der Bundeshaushalt 2006 dokumentiert die Kraft- und Mutlosigkeit der Bun-
desregierung hinsichtlich der Beseitigung der Haushaltsprobleme. Anstelle
eines nachhaltigen Konsolidierungspakets beschließt sie ein 25-Mrd.-Euro-
Ausgabenprogramm und verschärft damit sowohl in 2006 als auch in der mit-
telfristigen Finanzplanung die Haushaltssituation.

3. Der Bundeshaushalt 2006 ist verfassungswidrig und setzt absichtsvoll den
Verfassungsbruch der letzten vier Jahre fort. Angesichts einer konjunkturel-
len Erholung und eines erwarteten Wirtschaftswachstums von 1,6 Prozent
(Bundesregierung) kann der Verfassungsbruch nicht mit einer Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gerechtfertigt werden. Die Ausnah-
meregelung des Artikels 115 des Grundgesetzes (GG) wird zur Regel unter
SPD-Finanzministern.

4. Die Bundesregierung legt zum fünften Mal einen Haushalt vor, der in erheb-
lichem Maße zu einem erneuten Verstoß Deutschlands gegen die Maastricht-
Kriterien beiträgt, obwohl bei steigenden Steuereinnahmen die Lücke durch
entschlossene Sparanstrengungen ohne weiteres zu schließen wäre.

5. Trotz vollmundiger Sparversprechungen steigen die Bundesausgaben im
Zeitraum 2006 bis 2009 von 261,6 Mrd. Euro um 13,7 Mrd. Euro auf 275,3
Mrd. Euro an. Von einem Sparhaushalt kann keine Rede sein.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1874

6. Es besteht ein eklatantes Missverhältnis zwischen der Schuldenreduzierung
und den Steuereinnahmen. Von 2006 bis 2009 soll die Neuverschuldung um
18,3 Mrd. Euro sinken, die Steuereinnahmen steigen jedoch um 28,8 Mrd.
Euro. Die Ausgabendynamik ist weiterhin ungebremst.

7. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts hat die Bundesregierung völlig aus
den Augen verloren. Die Schuldenlast, die unsere Kinder und Enkel zu tragen
haben, steigt weiter an.

8. Der Investitionsverfall findet in der mittelfristigen Finanzplanung seine Fort-
setzung. Die Investitonsquote sinkt von 8,9 Prozent auf 8,5 Prozent im Jahr
2009.

Die Koalition der Regierungsfraktionen der CDU/CSU und SPD verkennt, dass
eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und die Einhaltung der gesetzli-
chen Regelungen kein Selbstzweck sind; Konsolidierung ist ein Programm für
die Zukunftsfähigkeit eines Staates. Hierzu wie zur Beseitigung der strukturel-
len Wachstums- und Beschäftigungsprobleme leistet der Haushalt 2006 keinen
positiven Beitrag.

Entscheidend ist eine Doppelstrategie aus Konsolidieren und Reformieren, um
die dringend benötigten konjunkturellen Impulse zu setzen und Deutschland auf
einen dauerhaft höheren Wachstumspfad zu führen. Die Konsolidierung öffent-
licher Haushalte ist eine Bedingung für mehr Wachstum. Jedoch ohne mehr
Wachstum und mehr Beschäftigung führen sämtliche Konsolidierungsbemü-
hungen in eine Sackgasse. Daher darf mit dem Haushalt 2006 kein weiteres Jahr
verschenkt werden.

II. Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:

1. Umsetzung des „Liberalen Sparbuchs“ mit einem Entlastungsvolumen von
mehr als 8,3 Mrd. Euro;

2. Rücknahme der Genshagener Beschlüsse und damit des schuldenfinanzierten
25-Mrd.-Euro-Ausgabenprogramms (4 Jahre).

Berlin, den 19. Juni 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.