BT-Drucksache 16/1865

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/750, 16/1306, 16/1324, 16/1325, 16/1326, 16/1348 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) hier: Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern

Vom 20. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1865
16. Wahlperiode 20. 06. 2006

Änderungsantrag
der Abgeordneten Petra Pau, Sevim Dagdelen, Dr. Hakki Keskin, Roland Claus,
Ulla Jelpke, Jan Korte, Dr. Gesine Lötzsch, Kersten Naumann, Wolfgang Neskovic
und der Fraktion DIE LINKE.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/750, 16/1306, 16/1324, 16/1325, 16/1326, 16/1348 -–

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006
(Haushaltsgesetz 2006)

hier: Einzelplan 06
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern

Der Bundestag wolle beschließen:

Die im Titel 684 02 – Förderung der Integrationskurse von Zuwanderern – vor-
gesehene Kürzung des Haushaltsansatzes von 207,83 Mio. Euro im Jahr 2005
auf knapp 141 Mio. Euro für das Jahr 2006 wird revidiert und der ursprüngliche
Ansatz beibehalten.

Berlin, den 19. Juni 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Die vorgesehene Kürzung des Haushaltsansatzes 2006 im Bereich der Förde-

rung von Integrationskursen für Zuwanderinnen und Zuwanderer widerspricht
dem Ziel einer möglichst wirksamen Unterstützung und Umsetzung der gesetz-
lich vorgesehenen Integrationsmaßnahmen. Durch die Kürzung wird der von
vielen Seiten beklagte Ist-Zustand im Bereich der Integrationskurse verfestigt
und Qualitätsverbesserungen und eine Ausweitung des Kreises der Berechtigten
be- bzw. verhindert.

Drucksache 16/1865 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wer „Integration“ zur Zukunftsaufgabe mit wachsender politischer Bedeutung
erklärt, kann nicht zugleich die finanziellen Mittel in diesem Bereich kürzen.
Erforderlich sind stattdessen sofortige Maßnahmen zur Verbesserung des Inte-
grationskursangebots, beispielhaft:

● Ausweitung des Kreises der Teilnahmeberechtigten (etwa bei einer nicht nur
absehbar begrenzten Dauer des Aufenthalts, zumindest aber auf Menschen,
bei denen Abschiebungshindernisse festgestellt wurden, die nach einer Här-
tefallentscheidung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben oder die seit län-
gerem geduldet werden oder sich im Asylverfahren befinden);

● Erlass der Teilnahmegebühren, um vor allem Geringverdienenden und sozial
Schwachen die Teilnahme zu ermöglichen; Ausweitung von kostenlosen
Kinderbetreuungsmöglichkeiten;

● Verbesserung der Bezahlung der Kursträger, der Lehrkräfte und somit der
Qualität der Kurse (Erstattungsbeitrag von mindestens 3 Euro/Teilnehmer/
Teilnehmerin);

● Ausweitung des Umfangs der Stundenzahl (im Regelfall 900 Stunden) und
teilnahmespezifische Ausdifferenzierung der Kurse bzw. der Kursziele
(Kurse für Analphabeten, für Jugendliche, für Frauen Mütter, zur Berufsvor-
bereitung usw.); Verringerung der Kursgröße (auf z. B. maximal 15 Teilneh-
mer/Teilnehmerinnen).

Die Kürzung des Haushaltsansatzes um ca. 67 Mio. Euro wird seitens der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD damit begründet, dass die für 2005 vorgesehenen
Mittel in Höhe von 208 Mio. Euro nicht abgerufen worden seien. Es handele sich
somit lediglich um eine Anpassung an den tatsächlichen Bedarf (vgl. Beantwor-
tung von Fragen zum Kapitel 06 33 von Roland Claus, MdB, durch das Bundes-
ministerium des Innern vom 24. März 2006, Frage 1, und den Entschließungs-
antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD in der Sitzung des Innenausschus-
ses vom 10. Mai 2006 zu TOP 2a, Ausschussdrucksache 16(4)63, Punkt 1.).

Dem ist jedoch das Schreiben des Präsidenten des Bundsamtes für Migration
und Flüchtlinge (BAMF), Dr. Schmid, an den Vorsitzenden des Innenausschus-
ses, Sebastian Edathy, vom 21. März 2006 (Ausschussdrucksache 16(4)41) ent-
gegenzuhalten. Aus seiner Prognose des Mittelabflusses zu Kapitel 06 33 (S. 2
der Anlage 2, Prognose) wird deutlich, dass der Kostenansatz von 140,83 Mio.
Euro auf der Grundlage der Erfahrungen aus dem Jahr 2006 sehr knapp gerech-
net ist und die eingeplanten Mittel auch nur dann bis Dezember 2006 reichen,
wenn ein Teilnehmer/innen-Rückgang aufgrund der „Ferienzeiten“ angenom-
men wird. Dies bedeutet aber zugleich, dass jede Verbesserung des kritisierten
Ist-Zustandes der Integrationskurse ein (weiteres) Überschreiten des Kostenan-
satzes zur Folge haben wird. Wenn in dem Entschließungsantrag der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD vom 10. Mai 2006 (Ausschussdrucksache 16(4)63)
formuliert wird, dass der Innenausschuss davon ausgehe, „dass die Umsetzung
weiterer Schritte bei der Optimierung der Integrationskurse auch noch im Jahre
2006 im Rahmen der vorgesehenen Haushaltsansätze möglich ist“, so wider-
spricht dies den Auskünften und Prognoseberechnungen der ausführenden
Behörde (vgl. noch einmal das Schreiben des Präsidenten des BAMF an den
Innenausschuss vom 31. März 2006, a. a. O.). Nicht einmal die in Punkt 2 des
Entschließungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD aufgeführten
Maßnahmen und ersten „Schritte zur Optimierung“ sind somit aufgrund des
jetzigen Haushaltsansatzes finanzierbar, wenn die Berechnungen des BAMF
stimmen.

In dem Schreiben des BAMF vom 31. März 2006 heißt es weiterhin (Anlage 1,
S. 1), dass der Stundensatz pro Teilnehmer (2,05 Euro) „politisch festgesetzt“

worden sei, d. h. nicht nach sachlichen Kriterien. Die Kritik der Träger, wonach
dieser Stundensatz für qualitativ hochwertige Kurse nicht ausreiche, ist offen-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1865

kundig berechtigt. Auch das Einwohner- und Integrationsamt Wiesbaden hat im
Rahmen des „Praktiker-Erfahrungsaustausches vom 30./31 März 2006“ darge-
legt, dass der Konkurrenzdruck unter den Trägern, die geringe Bezahlung und
der hohe bürokratische Aufwand zu Lasten der Qualität der Kurse gehe. Es ist
somit unausweichlich, dass mehr Geld für Integrationskurse zur Verfügung ge-
stellt wird.

Die Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e. V. (dvv), Prof. Dr.
Rita Süssmuth, der Vorsitzende des Verbandes, Oberbürgermeister Ernst Küch-
ler, und der Direktor, Ulrich Aengenvoort, stellen in ihrem Schreiben vom
31. März 2006 „Keine Kürzungen bei der Integrationsförderung“ fest:

„Eine effiziente und nachhaltige Integration ist nur dann möglich, wenn die
finanziellen Mittel für die Integrationskurse nicht gekürzt werden und zumin-
dest an dem Haushaltsansatz des Jahres 2005 (208 Millionen Euro) festgehalten
wird“.

Es bedarf einer Änderung des Haushaltsansatzes auch als politisches Signal an
die ausführenden Behörden und Lehrkräfte, um zu verdeutlichen, dass Geld für
die Aufgabe der Integration und für die unmittelbare Verbesserung bestehender
Angebote zur Verfügung gestellt wird.

„Integration“ darf zwar grundsätzlich nicht gleichgesetzt werden mit „Sprach-
erwerb“, jedoch ist die Bereitstellung eines umfassenden, weitgehend kosten-
losen und qualifizierten Angebots von Sprachkursen eine notwendige „Bring-
schuld“ der aufnehmenden Einwanderungsgesellschaft.

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