BT-Drucksache 16/1815

Europäischer Flüchtlingsfonds

Vom 14. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1815
16. Wahlperiode 14. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag,
Wolfgang Wieland und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Europäischer Flüchtlingsfonds

Im Jahr 2000 wurde der Europäische Flüchtlingsfonds (EFF) eingerichtet. Ziel
dessen ist es, die Mitgliedstaaten bei der Aufnahme, Integration und freiwilligen
Rückführung von Flüchtlingen, Vertriebenen und Asylbewerberinnen und -be-
werbern zu unterstützen.

Durch die Entscheidung des Rates 2004/904/EG vom 2. Dezember 2004 war die
Fortführung des EFF bis 2010 beschlossen worden (ABl. L 381 vom 28. Dezem-
ber 2004).

Die Deutschland zustehenden Mittel aus dem EFF werden beim Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) verwaltet.

Im Mai 2006 verabschiedete die EU-Kommission einen geänderten Vorschlag
über die Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008
bis 2013 innerhalb des geplanten Rahmenprogramms „Solidarität und Steuerung
der Migrationsströme“ (KOM (2005) 123/2 vom 24. Mai 2006). Danach sollen
die Mitgliedstaaten umfassende und gezielte finanzielle Unterstützung erhalten,
wenn sie

● Entscheidungsprozesse im gemeinsamen Europäischen Asylsystem durch
eine verstärkte praktische Zusammenarbeit verbessern wollen (vgl. hierzu
KOM (2006) 67 vom 17. Februar 2006);

● besondere Belastungen im Falle eines plötzlichen Massenzustroms von Asyl-
suchenden bewältigen müssen;

● nationale Neuansiedlungsmaßnahmen (sog. Resettlementprogramme) durch-
führen bzw. wenn im Rahmen regionaler Schutzprogramme der EU die Neu-
ansiedlung besonders schutzbedürftiger Personen (wie Minderjähriger und
gefährdeter Frauen) stärker gefördert werden soll (vgl. hierzu KOM (2005)
388 vom 1. September 2005) und

● wenn Personen, die internationalen Schutz genießen, von einem Mitglied-
staat in einen anderen transferiert werden.

Insgesamt soll dem EFF – dem Vorschlag der EU-Kommission zufolge – in den
Jahren 2008 bis 2013 628 Mio. Euro zur Verfügung stehen.
Auf seiner Sitzung am 26. Mai 2004 hatte es der Bundestagsausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe begrüßt, dass der EFF zumindest bis 2010
fortgeführt werden soll. Der Ausschuss befürwortete in diesem Zusammenhang,
dass künftig auch Resettlementprogramme durch den EFF gefördert werden sol-
len. Im Hinblick auf die künftige Mittelvergabe plädierte der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe dafür, insbesondere auch Projekte für
eine unabhängige Verfahrensberatung von Asylbewerberinnen und -bewerbern

Drucksache 16/1815 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

und Schutzsuchenden sowie Maßnahmen zur Förderung jugendlicher Flücht-
linge und zur Betreuung traumatisierter Flüchtlinge zu bewilligen. In diesem
Zusammenhang setzte sich der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe dafür ein, Integrationsmaßnahmen nach dem EFF nicht mehr wie bisher an
den Besitz oder die absehbare Erlangung einer unbefristeten Aufenthaltserlaub-
nis zu koppeln, sondern auch anerkannte Flüchtlinge oder Personen zu fördern,
bei denen menschenrechtliche Abschiebungshindernisse vorliegen.

In Deutschland ist derweil die 2. Runde zur Förderung von deutschen Projekten
im Rahmen EFF angelaufen. Für das Projektjahr 2005 wurden Deutschland ins-
gesamt 6,3 Mio. Euro als Fördergelder des EFF zugeteilt. Dies entspricht gegen-
über dem Projektjahr 2004 einem Rückgang um rund 20 Prozent. Gegenüber der
1. Förderrunde haben sich folgende Änderungen ergeben:

● Förderung von mehrjährigen Projekten (max. 36 Monate);

● Förderung von Maßnahmen übergreifenden Projekten;

● Einschränkung der Anerkennung von Sachleistungen (z. B. ehrenamtlicher
Tätigkeit) als Kofinanzierungsinstrument.

Nationale Regelangebote sind im Rahmen des EFF nicht förderungsfähig. Frag-
lich ist nun, inwieweit Integrationsangebote des Zuwanderungsgesetzes durch
EFF-Mittel unterstützt werden können. Zu klären ist in diesem Zusammenhang
auch, inwieweit Projekte für jüdische Zuwanderinnen und Zuwanderer nach In-
krafttreten des Zuwanderungsgesetzes über den EFF noch förderungsfähig sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Projekte wurden in den Projektjahren 2004 bis 2005 in welchem Um-
fang als Mehrjahres- und in welchem Umfang als Jahresprojekte gefördert?

2. Anträge welcher Trägerorganisationen wurden für die Projektjahre 2004 bis
2005 abgelehnt?

3. In welchem Umfang hat das BAMF es welchen Trägern für die Projektjahre
2004 bis 2005 zur Auflage gemacht, Kürzungen der Projektkosten vorzu-
nehmen (bitte in absoluten Zahlen, als auch im prozentualen Verhältnis zu der
beantragten Förderungssumme ausweisen)?

4. In welchem prozentualem Verhältnis wurden in den Projektjahren 2004 bis
2005 Projekte in den Bereichen Aufnahme, Integration, Rückkehr bzw. Maß-
nahmen übergreifende Projekte gefördert?

5. In welchem prozentualem Verhältnis wurden in den Projektjahren 2004 bis
2005 welche Träger gefördert (bitte aufschlüsseln nach

● öffentliche Projektträger (Kommunen, Universitäten, usw.);

● Wohlfahrtsverbände (einschließlich Kirchen);

● unabhängige und gemeinnützige Initiativen;

● nicht-gemeinnützigen Träger;

● sonstige Träger)?

6. Inwieweit wurden/werden – entsprechend der Empfehlungen des Ausschus-
ses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages –
nunmehr auch Projekte

● für eine unabhängige Verfahrensberatung von Asylbewerberinnen und
-bewerbern und Schutzsuchenden;

● zur Förderung jugendlicher Flüchtlinge sowie
● zur Betreuung traumatisierter Flüchtlinge

bewilligt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1815

7. Inwieweit wird heute – entsprechend den Empfehlungen des Ausschusses
für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages – die
Bewilligung von Fördermaßnahmen nach dem EFF nicht mehr an den
Besitz (oder die absehbare Erlangung) einer unbefristeten Aufenthaltser-
laubnis gekoppelt, so dass jetzt auch anerkannte Flüchtlinge bzw. Personen
gefördert werden können, bei denen menschenrechtliche Abschiebungshin-
dernisse vorliegen?

8. Werden Integrationsangebote des Zuwanderungsgesetzes durch EFF-Mittel
unterstützt?

Wenn ja, welche Projekte wurden bzw. werden in welchem Umfang geför-
dert?

9. Konnten nach dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes Projekte zur
Förderung der Integration von jüdischen Zuwandererinnen und Zuwanderer
aus Mitteln des EFF fortgesetzt werden?

Wenn ja, welche Projekte wurden bzw. werden seither in welchem Umfang
gefördert?

Wenn nein, wie werden diese Projekte jetzt weiter fortgeführt bzw. finan-
ziert?

10. Wie setzt sich in den Projektjahren 2004 bis 2005 prozentual die nationale
Kofinanzierung der bewilligten Projekte in den einzelnen Maßnahmeberei-
chen (Aufnahme, Integration, Rückkehr sowie Maßnahmebereiche über-
greifende Projekte) zusammen?

11. Wie setzt sich in den Projektjahren 2004 bis 2005 prozentual die nationale
Kofinanzierung der abgelehnten Projekte zusammen?

12. In welchem Umfang und in welcher Form wurden in den Projektjahren 2004
bis 2005 Sachleistungen als Kofinanzierung anerkannt (bitte in absoluten
Zahlen ausweisen)?

13. Seit wann wird ehrenamtliche Tätigkeit durch das BAMF mit welcher Be-
gründung nicht mehr als anrechenbare Sachleistung anerkannt?

a) In welchem Umfang wurde in den Projektjahren 2004 bis 2005 seitens
welcher Projekte die Anrechnung ehrenamtlicher Arbeit als Kofinanzie-
rungsbeitrag beantragt?

b) Inwieweit steht die diesbezügliche Entscheidungspraxis in Widerspruch
zur Grundhaltung der Bundesregierung im Hinblick auf die allgemeine
Förderung des Ehrenamts (so heißt es z. B. im Koalitionsvertrag von
CDU, CSU und SPD, dass „ohne ein starkes ehrenamtliches Engagement
der Bürgerinnen und Bürger für unser Zusammenleben unsere Gesell-
schaft nicht existieren kann (…) Die zivilgesellschaftlichen Initiativen
(…) zur Integration von Migranten (…) werden wir unterstützen“)?

c) Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit sich Projektträger im
Rahmen des EFF ehrenamtliche Arbeit wieder als Kofinanzierungsbei-
trag anrechnen lassen können?

14. Wie viele Mittel wurden in den Projektjahren 2004 bis 2005 für „Ver-
brauchs- und Versorgungsgüter“ ausgegeben?

a) Wie hoch liegt dieser Anteil bei Projekten im Maßnahmebereich „Rück-
kehr“ und welche Ausgaben sind darunter gefasst?

b) Inwiefern sind diese Ausgaben aus öffentlichen Mitteln gegenfinanziert?

15. Wurden Ausgaben (z. B. Reisekosten, Rückkehrhilfen, Personalkosten) im

Ausland als förderfähige Kosten anerkannt, und wenn nein, warum nicht?

Drucksache 16/1815 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
16. Wie viele Personen sind beim BAMF insgesamt mit der Verwaltung von
EFF-Mitteln befasst?

17. Wie viele der Deutschland zustehenden EFF-Mittel werden durch die Mit-
telvergabe des BAMF in Anspruch genommen werden?

18. Welche Maßnahmen zum Bürokratieabbau hat das BAMF bei der Vergabe
von EFF-Mitteln in den letzten beiden Jahren unternommen?

19. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag der EU-Kommission,
Neuansiedlungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten durch den EFF zu unter-
stützen, so wie dies bereits im sog. Haager Programm der EU vorgeschlagen
worden ist?

20. Ist im Hinblick auf den Vorschlag der EU-Kommission, nunmehr auch die
verstärkte praktische Zusammenarbeit der Asylbehörden der Mitgliedstaaten
(also eine rein administrative Tätigkeit) über den EFF zu unterstützen, damit
zu rechnen, dass im Ergebnis weniger EFF-Mittel zur Förderung der Arbeit
von Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung stehen werden?

21. Wie sieht der derzeitige Zeitplan für den Abschluss der Beratungen über das
Kommissions-Programm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“
aus?

Berlin, den 14. Juni 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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