BT-Drucksache 16/1750

Stand der Endlagersuche sowie Strahlungswirkung atomtechnischer Anlagen und Materialien auf den Menschen

Vom 2. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1750
16. Wahlperiode 02. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Dr. Gesine
Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Heidrun Bluhm, Roland Claus, Katrin Kunert,
Michael Leutert, Dorothee Menzner, Dr. Ilja Seifert, Dr. Kirsten Tackmann
und der Fraktion DIE LINKE.

Stand der Endlagersuche sowie Strahlungswirkung atomtechnischer Anlagen
und Materialien auf den Menschen

Nach wie vor steht für die in Deutschland in Betrieb befindlichen Atomkraftwer-
ke und kerntechnischen Anlagen kein genehmigtes Endlager zur sicheren Ver-
wahrung radioaktiver Abfälle einschließlich hoch radioaktiver Brennelemente
zur Verfügung. Zum Schutz von Mensch und Umwelt ist vor dem Hintergrund
des Ausstiegsbeschlusses der zeitnahe Beginn eines Verfahrens zur Standortbe-
stimmung für eine derartige Lagerstätte zwingend erforderlich.

Beim Auslaufbetrieb von Atomkraftwerken, beim sicheren Transport strahlen-
der Stoffe und deren sicherer Zwischenlagerung und bei der Endlagerproblema-
tik weisen aktuelle Informationen jedoch darauf hin, dass ein verantwortungs-
voller Rückbau und eine sichere Endlagerung nicht gewährleistet werden
können.

In der Ausgabe der Zeitschrift „DER SPIEGEL“ vom 22. Mai 2006 wird auf
Aktivitäten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hingewiesen, die den Ablauf eines möglichen Suchverfahrens für ein
Endlager betreffen und die Auswahl des sichersten Standorts beeinflussen. Des
Weiteren sollen Anlagenbetreiber nach Informationen von Umweltschutzexper-
ten zunehmend Leiharbeiter einsetzen, was sich negativ auf die Gesundheit
dieser Personen auswirken und sich aufgrund von Qualifikationsmängeln nach-
teilig auf die Anlagensicherheit auswirken soll. Dies soll insbesondere den
Rückbau von Atomkraftwerken betreffen. Darüber hinaus wird nach Hinweis
einer Mitarbeiterin der Universität Bremen eine Untersuchung zu Strahlungs-
risiken von Transportbehältern gegenüber Menschen von Betreibern atomarer
Anlagen behindert.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann wird die Bundesregierung das so genannte Endlagersuchgesetz in den
Deutschen Bundestag einbringen?
2. Welche Einzelheiten haben die Gespräche zum Gegenstand, die das Bun-
desumweltministerium zurzeit mit der Energiewirtschaft bezüglich der End-
lagerproblematik führt (vgl. DER SPIEGEL vom 22. Mai 2006)?

3. In welcher Weise sollen Unternehmen, die gleichzeitig atomtechnische Anla-
gen betreiben und sich mehrfach öffentlich gegen einen Ausstieg aus der
Atomenergienutzung ausgesprochen haben, bei der Durchführung eines Ver-
fahren zur Endlagerbestimmung beteiligt werden?

Drucksache 16/1750 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. In welcher Weise wird der bestehende Atomkonsens von den Verhandlun-
gen berührt bzw. beeinflusst?

5. Prüft die Bundesregierungen Überlegungen bzw. ist es Gegenstand von Sze-
narien, wonach der Standort Gorleben für schwach und mittelstark strahlen-
de Abfälle genutzt werden soll statt für hoch radioaktive Stoffe, und wenn
ja, wie sehen diese Überlegungen bzw. Szenarien aus?

6. Zu welchen Anteilen sind befristet Beschäftigte und/oder Leiharbeiter bei
den einzelnen Betreibern von atomtechnischen Anlagen in Deutschland be-
schäftigt?

Gibt es Unterschiede in der Qualifikation gegenüber langfristig bzw. dauer-
haft Beschäftigten, und wenn ja, welche?

7. Gelten für befristet Beschäftigte, Leiharbeiter und Beschäftigte von Dienst-
leistern und Auftragsfirmen, die in atomtechnischen Anlagen einschließlich
Rückbau tätig sind bzw. mit Strahlenstoffen hantieren, andere Strahlungs-
grenzwerte als für fest bzw. unbefristet angestellte Beschäftigte, und wenn
ja, welche Unterscheidungen gibt es (bitte Darstellung der einzelnen Grenz-
werte, insbesondere der Jahresgrenzwerte, nach Berufsgruppe und Beschäf-
tigungsart)?

8. In welchem Zeitraum ist ein Erreichen der Jahresgrenzwerte für die einzel-
nen Beschäftigungsarten zulässig (bitte dargestellt in Tagen der nicht unter-
brochenen Beschäftigung)?

9. Welche Regeln gelten, wenn festgelegte Körpergrenzwerte erreicht sind,
wie werden sie überprüft, und wie viele Fälle sind der Bundesregierung für
die Jahre 2000 bis 2005 bekannt, bei denen Beschäftigte die Grenzwerte
überschritten haben?

10. Liegen der Bundesregierung für den Zeitraum 2000 bis jetzt Informationen
vor, ob ein Forschungsprojekt des Bundesamtes für Strahlenschutz oder der
Universität Bremen bezüglich der Untersuchung der Strahlungswirkung
von Castoren durch Unternehmen oder Personen behindert werden, die mit
dem Umgang der Behälter betraut sind, und wenn ja, welche Informationen
liegen vor?

11. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, dass einzelnen Personen,
die mit der wissenschaftlichen Untersuchung von Castorenstrahlung befasst
sind, der Zugang zu Betriebs- bzw. Lagergeländen verwehrt wird, auf denen
sich Castoren befinden, und wenn ja, in welcher Weise sind das Bundes-
ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit oder Fachbe-
hörden in dieser Angelegenheit tätig geworden?

12. Sind neue Behältertypen oder -varianten (Castoren) für Brennstäbe geplant
bzw. sind Genehmigungen für neue Typen oder Varianten beantragt worden
oder in der Genehmigung, und wenn ja, welcher Art sind die Behälter, was
ist der Grund für die Entwicklung und wie unterscheiden sie sich von den
bisherigen Typen oder Varianten?

Berlin, den 31. Mai 2006

Hans-Kurt Hill
Eva Bulling-Schröter
Lutz Heilmann
Dr. Gesine Lötzsch
Dr. Dietmar Bartsch
Heidrun Bluhm
Roland Claus

Katrin Kunert
Michael Leutert
Dorothee Menzner
Dr. Ilja Seifert
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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