BT-Drucksache 16/13615

Gestaltung des Deutschen Qualifikationsrahmens

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13615
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Antrag
der Abgeordneten Uwe Schummer, Stefan Müller (Erlangen), Michael Kretschmer,
Katherina Reiche (Potsdam), Helmut Brandt, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Hartwig Fischer (Göttingen), Eberhard Gienger, Monika Grütters, Anette Hübinger,
Hartmut Koschyk, Carsten Müller (Braunschweig), Dr. Norbert Röttgen, Marion
Seib, Marcus Weinberg, Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion
der CDU/CSU,
der Abgeordneten Willi Brase, Ulla Burchardt, Dieter Grasedieck, Klaus
Hagemann, Christel Humme, Dr. Uwe Küster, Ute Kumpf, Lothar Mark, Gesine
Multhaupt, Thomas Oppermann, René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Renate
Schmidt (Nürnberg), Heinz Schmitt (Landau), Swen Schulz (Spandau), Dr. Peter
Struck und der Fraktion der SPD,
der Abgeordneten Patrick Meinhardt, Uwe Barth, Cornelia Pieper, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Frank Schäffler, Dr. Max
Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker
Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion
der FDP
sowie der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Kai Gehring, Krista Sager, Ekin
Deligöz, Katrin Göring-Eckardt, Britta Haßelmann, Grietje Staffelt, Rainder
Steenblock, Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gestaltung des Deutschen Qualifikationsrahmens

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Europäische Rat hat im März 2000 in Lissabon das Ziel festgeschrieben,
Europa bis zum Jahr 2010 „zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wis-
sensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, einem Wirtschaftsraum, der
fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeits-
plätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“. Dem anschlie-
ßend legte der Europäische Rat 2002 in Barcelona die Vorgabe fest, dass die Sys-
teme der allgemeinen und beruflichen Bildung bis 2010 zu einer weltweiten

Drucksache 16/13615 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Qualitätsreferenz werden sollen. Zur Gestaltung eines europäischen Bildungs-
raumes gehören verschiedene Instrumente: ein Europäischer Qualifikationsrah-
men (EQR), ein europäisches Leistungspunktesystem in der beruflichen Bil-
dung (ECVET), der Europäische Qualitätsrahmen (EQARF) und der Europass.

Mit dem Antrag „Weiterentwicklung der europäischen Berufsbildungspolitik“
(Bundestagsdrucksache 16/2996) hat der Deutsche Bundestag die Bundesregie-
rung darin bestärkt, darauf hinzuwirken, dass bei der Entwicklung des EQR
beachtet wird, dass die Zuordnung von Qualifikationen zu den Niveaustufen Auf-
gabe der einzelnen Staaten ist. Auf diese Weise sind die Berücksichtigung unter-
schiedlicher nationaler Anforderungen und eine angemessene Einstufung deut-
scher Qualifikationen möglich. Der im April 2008 von der EU-Ebene verabschie-
dete EQR soll mit seinen acht Niveaustufen, die durch Deskriptoren auf der
Grundlage von Lernergebnissen qualitativ definiert werden, als Übersetzungs-
instrument zwischen den Bildungs- und Qualifikationssystemen der Mitglied-
staaten fungieren. Die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 23. April 2008 zur Errichtung des EQR legt den Mitgliedstaaten nahe, im
Einklang mit der nationalen Gesetzgebung und Praxis ggf. nationale Qualifi-
kationsrahmen zu erarbeiten, die nationalen Qualifikationssysteme bis 2010 in
Relation zu den Zielen des EQR zu setzen und bis 2012 ggf. alle neuen Qualifi-
kationsbescheinigungen mit einem Verweis auf den EQR auszustatten (DQR).

Ziel des DQR ist es, das deutsche Qualifikationssystem transparenter zu machen
und Verlässlichkeit, Durchlässigkeit sowie Qualitätssicherung zu unterstützen
und die sich dabei ergebenden Gleichwertigkeiten und Unterschiede von Quali-
fikationen sichtbarer zu machen. Neben dem Ziel der Förderung der europawei-
ten Mobilität von Lernenden und Beschäftigten soll der Qualifikationsrahmen
auch innerhalb des deutschen Bildungssystems als Übersetzungsinstrument die-
nen, um Qualifikationen besser einordnen zu können. Der DQR ist bildungs-
übergreifend ein wichtiges reformorientiertes Instrument zur Verbesserung der
Durchlässigkeit des Bildungssystems und der Gleichwertigkeit verschiedener
Bildungswege.

Zur Umsetzung des nationalen Qualifikationsrahmens in Deutschland wurde be-
reits im Januar 2007 eine Bund-Länder-Koordinierungsgruppe eingesetzt. Um
weitere relevante Akteure – Einrichtungen der Hochschulbildung und der beruf-
lichen Bildung, Sozialpartner und Experten – in den Erarbeitungsprozess einzu-
beziehen, wurde im Juni 2007 der Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen
(AK DQR) gegründet. Der gemeinsam entwickelte Diskussionsvorschlag eines
„Deutschen Qualifikationsrahmens für Lebenslanges Lernen“ wurde im Februar
2009 vorgelegt. Er dient als Grundlage für die nächste Erarbeitungsphase.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt:

1. die Empfehlungen des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April
2008 zur Errichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für Lebenslan-
ges Lernen, hier besonders die Empfehlungen an die Mitgliedstaaten;

2. die Verwendung des Europäischen Qualifikationsrahmen als Referenzinstru-
ment, um die Qualifikationsniveaus verschiedener Qualifikationssysteme zu
vergleichen und sowohl das Lebenslange Lernen und die Chancengleichheit
in der wissensbasierten Gesellschaft als auch die weitere Integration des
europäischen Arbeitsmarktes zu fördern, wobei die Vielfalt der nationalen
Bildungssysteme zu respektieren ist;

3. die Einsetzung einer Bund-Länder-Koordinierungsgruppe sowie die Bildung
und Zusammensetzung des Arbeitskreises „Deutscher Qualifikationsrah-
men“ zur Entwicklung eines nationalen Qualifikationsrahmens in Deutsch-

land. Auf diese Weise werden alle relevanten Akteure – Einrichtungen der
Hochschulbildung und der beruflichen Bildung, Sozialpartner und Experten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13615

aus Wissenschaft und Praxis – in den Prozess mit einbezogen. Grundlage der
kooperativen Zusammenarbeit im Arbeitskreis ist das Konsensprinzip unter
den vertretenen Akteuren;

4. den von der Bund-Länder-Koordinierungsgruppe und vom Arbeitskreis
Deutscher Qualifikationsrahmen verabschiedeten Diskussionsvorschlag
eines DQR für Lebenslanges Lernen;

5. die Entschließung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufs-
bildung (BIBB) zur Gestaltung des Deutschen Qualifikationsrahmens vom
18. Dezember 2008;

6. die bereits mit der erfolgreichen Einführung des Europasses verbesserte
Transparenz zwischen den europäischen Bildungsabschlüssen;

7. dass die Bundesregierung Initiativen ergriffen hat, dass Staaten, die eine
vergleichbare Berufsausbildung haben, zusammenwirken, um der dualen
Berufsausbildung in einem Europäischen Bildungsraum einen höheren Stel-
lenwert zu geben.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. bei der Ausgestaltung des Deutschen Qualifikationsrahmens darauf zu ach-
ten, dass bei der Zuordnung der Qualifikationen des deutschen Bildungswe-
sens zu den Niveaustufen des DQR grundsätzlich jedes Qualifikationsniveau
auf verschiedenen Bildungswegen erreichbar sein kann und auch Formen des
informellen Lernens hinreichend berücksichtigt werden können;

2. den mit den Beteiligten des Arbeitskreises DQR abgestimmten Diskussions-
vorschlag eines DQR für lebenslanges Lernen auf seine Anwendbarkeit und
Aussagekraft innerhalb einer zeitlich begrenzten Erarbeitungsphase zu über-
prüfen;

3. den Deutschen Qualifikationsrahmen aufgrund seiner Bedeutung für das Bil-
dungs- und Beschäftigungssystem bereichsübergreifend anzulegen;

4. bei der Zuordnung von Qualifikationen darauf zu achten, dass die im Rahmen
von berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen sowie Einstiegsqualifizie-
rungen erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten hinreichend berücksichtigt
werden;

5. in einer Erarbeitungsphase in den Bereichen Metall und Elektro, Informa-
tionstechnologie sowie Handel und Gesundheit die Stufen eins bis acht aus-
zugestalten und allen Niveaustufen Qualifikationen aus diesen Bereichen zu-
zuordnen. Die Ergebnisse der Erarbeitungsphase sind einer intensiven und
fachlich umfassenden Begutachtung besonders hinsichtlich der Handhabbar-
keit des DQR für die Bildungspraxis, den Nutzer und der Bildungspolitik zu
unterziehen. Die Einführung des DQR ist wissenschaftlich zu begleiten und
zu evaluieren;

6. den Deutschen Bundestag zeitnah über die Ergebnisses des vom Bundesmi-
nisterium für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz in
Auftrag gegebene Rechtsgutachten zum Deutschen Qualifikationsrahmen zu
unterrichten.

Berlin, den 1. Juli 2009

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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