BT-Drucksache 16/13369

Verbot des Vereins "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" prüfen

Vom 17. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13369
16. Wahlperiode 17. 06. 2009

Antrag
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto
Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Peter Haustein,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dr. h. c. Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk
Niebel, Cornelia Pieper, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Carl-
Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Verbot des Vereins „Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und
deren Angehörige“ prüfen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige
e. V. (HNG) ist bundesweit aktiv und besteht seit 1979 mit dem Ziel, inhaftierte
Rechtsextremisten ideologisch und materiell zu betreuen und eine Resozialisie-
rung in die Zivilgesellschaft zu verhindern. Geführt wird die Organisation seit
1991 von der bekannten Mainzer Rechtsextremistin Ursula Müller.

Dem Verein kommt in erster Linie eine Rolle als Integrations- und Vernetzungs-
faktor in der rechtsextremistischen Szene zu. Er sorgt an unauffälliger aber
gefährlicher Stelle für eine nachhaltige Stabilität. Die Gefangenen bekommen
Literatur mit rechtsextremistischen Inhalten und können über die HNG Kon-
takte zu anderen Rechtsextremisten pflegen. Damit soll sichergestellt werden,
dass sich die Inhaftierten während der Haft nicht von der Neonaziszene los-
sagen. Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass die Aktivitäten der HNG den
staatlichen Bemühungen um einen Ausstieg von Rechtsextremen aus der Szene
zuwiderlaufen.

Die HNG führt eine jährliche Hauptversammlung durch. Daneben finden keine
weiteren Veranstaltungen statt. Die Mitgliederzahl der HNG stieg in den letzten

12 Jahren um die Hälfte. Während im Jahr 1997 noch 400 Personen Mitglieder
waren, sind es derzeit rund 600 Mitglieder (Antwort der Bundesregierung auf
die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 16/13118).
Dabei bestehen auch häufig Doppelmitgliedschaften in der HNG und der NPD.

Das Zentralorgan der HNG sind die „Nachrichten der HNG“, die monatlich mit
einer Auflage von rund 600 Stück an Mitglieder kostenlos abgegeben werden.
Eine feste Rubrik innerhalb dieser Zeitschrift ist die Veröffentlichung einer Liste
von inhaftierten Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland zum Zwecke der
Kontaktaufnahme. Der in jeder Ausgabe abgedruckten „Gefangenenliste“ ist ein

Drucksache 16/13369 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Foto von Rudolf Heß als Symbolfigur des „politisch Gefangenen“ vorangestellt.
Er gilt als Leitfigur der HNG und findet als „Märtyrer des Friedens“ und „Träger
der geschändeten Wahrheit in Deutschland und überall in der Welt“ huldigende
Erwähnung (Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2008, Seite 100). Zudem
werden regelmäßig Leserbriefe von Inhaftierten veröffentlicht und Verurteilun-
gen wegen rechtsextremistisch motivierter Straftaten in Frage gestellt.

Dadurch soll besonders der Eindruck vermittelt werden, dass Propagandadelikte
wie z. B. das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisa-
tionen oder gar Volksverhetzung nicht strafwürdig seien. Verurteilte Straftäter
bekommen hierdurch suggeriert, dass diese Taten eine nicht zu rechtfertigende
staatliche Unterdrückung darstellten. Dies führt zur Verminderung des Un-
rechtsbewusstseins hinsichtlich der rechtsextremistisch motivierten Straftaten
unter den verurteilten aber auch potenziellen Tätern.

Für den Eintrag im Vereinsregister hatte die HNG in der Satzung ihre eigentliche
Gesinnung hinter einem karitativen Anstrich versteckt: „Die HNG verfolgt aus-
schließlich und unmittelbar karitative Zwecke, indem sie nationale politische
Gefangene und deren Angehörige im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden
Mittel unterstützt.“ In der Praxis bedeutet dies beispielsweise die Betreuung der
inhaftierten Neonazis, die an dem Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in
Rostock-Lichtenhagen 1992 beteiligt waren. Ein weiterer Rechtsextremist, der
von der HNG betreut wird, ist Kay Diesner, der wegen des Mordes an einem
Polizisten 1997 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. In der August-Ausgabe
2008 der „Nachrichten der HNG“ ist ein mehrseitiger Artikel zu Diesner abge-
druckt, „einem der bekanntesten politischen Häftlinge […], den das BRD-
System seit über elf Jahren in Haft hält“. Darin heißt es, trotz der Aussichts-
losigkeit auf ein Ende der „Folterhaft“ habe Diesner aber seinen „Glauben an ein
freies nationales Deutschland“ nicht verloren und hoffe „ungebeugt“ auf „eine
große Wende für Volk und Heimatland“. Der Artikel endet mit der Aufforde-
rung, Diesner die „verdiente“ und „nötige“ Unterstützung zukommen zu lassen
(Verfassungsschutzbericht Schleswig-Holstein 2008, Seite 46). Nach Ansicht
des Landesamtes für Verfassungsschutz Schleswig-Holstein verdeutlicht diese
Vorgehensweise beispielhaft die sich in den Veröffentlichungen der HNG wie-
derholende Botschaft „Ziel ist der Systemwechsel“.

Der Gründer der Aussteigerorganistation EXIT-Deutschland Bernd Wagner be-
zeichnet die HNG als Sammelbecken für Kader verbotener Naziorganisationen.
Er ist der Ansicht, wenn es recht sei, die Heimattreue Deutsche Jugend und das
Collegium Humanum zu verbieten, sei es nur billig, wenn der Bundesminister
des Innern auch die HNG, eine der wichtigsten nationalsozialistischen Organi-
sationen in Deutschland, verböte (siehe „Nachdenken über die HNG“ der ZDK
Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH – EXIT-Deutschland vom 24. April
2009, Bernd Wagner).

II. Der Deutsche Bundestag verurteilt die Bestrebungen der HNG, rechtsex-
treme Häftlinge an der Resozialisierung zu hindern und sieht dies als gezielten
Versuch an, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu erschüttern und
fordert deshalb die Bundesregierung auf,

– zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen eines Vereinsverbots im Fall
der HNG erfüllt sind und bei Feststellung eines positiven Ergebnisses ein ent-
sprechendes Vereinsverbot auszusprechen;

– den Deutschen Bundestag unverzüglich über die Ergebnisse dieser Prüfung
zu unterrichten.

Berlin, den 16. Juni 2009
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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