BT-Drucksache 16/13296

zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/11826- Rechtsklarheit und Transparenz schaffen - Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften bundesrechtlich eindeutig normieren

Vom 4. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13296
16. Wahlperiode 04. 06. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Volker Beck (Köln), Birgitt
Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/11826 –

Rechtsklarheit und Transparenz schaffen – Öffentlichkeit von
Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften bundesrechtlich
eindeutig normieren

A. Problem

Die Antragsteller fordern den Deutschen Bundestag auf festzustellen, dass es
rechtlicher Klarstellungen bedürfe, um im Grundsatz die Öffentlichkeit von
Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften in privater Rechtsform und
von Gesellschaften mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung festzuschreiben.

Die Antragsteller äußern grundsätzliche Bedenken gegen die Wahrnehmung
kommunaler Selbstverwaltungsaufgaben in privatrechtlicher Gesellschaftsform
im Hinblick auf die politische Steuerungsfähigkeit der Kommunen sowie die
Folgen, wenn die Leistungserbringung zwar vollständig oder mehrheitlich in
kommunaler Hand verbleibe, der Kontrolle der Öffentlichkeit jedoch aufgrund
privatrechtlicher Vorschriften entzogen werde.

Auch wenn Kommunen im Einzelfall zu dem Ergebnis kämen, dass eine privat-
rechtliche Organisationsform für die kosteneffiziente Erbringung einer Leistung
vorteilhaft erscheine, dürfe die Organisationsform nicht das Wesen der Leistung
beeinflussen. Aufgaben der Daseinsvorsorge seien dem Gemeinwohl verpflich-
tet, nicht gewinnorientiert und würden aus öffentlichen Mitteln finanziert. Des-
halb hätten sich die Aufgabenträger hohen Anforderungen an die Transparenz
unternehmerischer Entscheidungen zu stellen.

Den Kern der Problematik bilde die Kollision von Gesellschaftsrecht und Kom-
munalrecht. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sei die
Bestellung eines Aufsichtsrates nicht zwingend, könne aber im Gesellschafts-
vertrag festgelegt werden. Im Falle des Bestehens eines solchen fakultativen

Aufsichtsrates erkläre § 52 Absatz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften
mit beschränkter Haftung (GmbHG) einige Vorschriften des Aktiengesetzes für
anwendbar. In Bezug auf den Aufsichtsrat normiere § 109 Absatz 1 des Aktien-
gesetzes (AktG) trotz der Formulierung als Sollvorschrift nach herrschender
Rechtsauffassung den zwingenden Grundsatz, dass Aufsichtsräte nichtöffentlich
tagten. Nicht eindeutig geregelt sei, ob dies auch im Rahmen einer GmbH zu
gelten habe. Auch hier komme die rechtswissenschaftliche Mehrheitsmeinung

Drucksache 16/13296 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

aber zu dem Schluss, dass der Rechtsgedanke des § 109 AktG auf Gesellschaf-
ten mit beschränkter Haftung im gleichen Maße anzuwenden sei und dazu führe,
dass der Aufsichtsrat einer GmbH zwingend nichtöffentlich tage. Zwar gebe es
auch eine gegenteilige Rechtsauffassung, wonach ein fehlender einschlägiger
Verweis in § 52 GmbHG auf § 109 AktG dazu führe, dass die Öffentlichkeit von
Aufsichtsräten in kommunalen GmbHs grundsätzlich in der Satzung geregelt
werden könne. Allein die Tatsache, dass in dieser gewichtigen Frage so wider-
sprüchliche Rechtsauffassungen bestünden und die Rechtsprechung der Ober-
verwaltungsgerichte uneinheitlich sei, belege jedoch die Notwendigkeit einer
rechtlichen Klarstellung.

Wegen des Vorrangs des Bundesrechts gemäß Artikel 31 des Grundgesetzes
müsse davon ausgegangen werden, dass die bundesrechtlichen Regelungen ei-
ner satzungsrechtlichen Festlegung der Öffentlichkeit entgegenstünden. Dieses
Hindernis für die Transparenz unternehmerischer Entscheidungen von kommu-
nalen Gesellschaften und Gesellschaften mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung
müsse beseitigt werden.

Deshalb solle der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern,

1. einen Vorschlag für eine Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaf-
ten mit beschränkter Haftung und des Aktiengesetzes vorzulegen, der im
Grundsatz die Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Ge-
sellschaften in privater Rechtsform und Gesellschaften in privater Rechts-
form mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung ermöglicht;

2. in diesem Vorschlag Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit dahin-
gehend zuzulassen, dass diese auf die jeweiligen Gemeinderatsmitglieder
und Medienvertreterinnen und -vertreter beschränkt werden kann;

3. in diesem Vorschlag eine Regelung zu treffen, nach der der Aufsichtsrat der
jeweiligen Gesellschaft die Nichtöffentlichkeit von Teilen oder einer ganzen
Aufsichtsratssitzung per Mehrheitsentscheid beschließen kann, soweit be-
gründete Erfordernisse des Gemeinwohls oder zwingende Unternehmens-
interessen dies rechtfertigen;

4. in diesem Vorschlag die Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitglie-
dern auf die Inhalte des nichtöffentlichen Teils von Aufsichtsratssitzungen zu
beschränken.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13296

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/11826 abzulehnen.

Berlin, den 27. Mai 2009

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Berlin, den 27. Mai 2009

Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter
am 27. Mai 2009 beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP beschlossen zu emp-
fehlen, den Antrag abzulehnen.

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter
Drucksache 16/13296 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Klaus Uwe Benneter,
Mechthild Dyckmans, Wolfgang Neskovic und Jerzy Montag

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/11826 in seiner 208. Sitzung am 5. März 2009 beraten
und an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung
sowie an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zur
Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage auf Drucksache 16/11826 in seiner 95. Sitzung am
27. Mai 2009 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP beschlossen zu empfehlen,
den Antrag abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 144. Sitzung

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