BT-Drucksache 16/13245

Sperrung von Webseiten mit kinderpornographischem Inhalt

Vom 27. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13245
16. Wahlperiode 27. 05. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christoph Waitz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Gisela Piltz,
Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike
Flach, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Birgit Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Erwin Lotter, Horst
Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Daniel Volk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Sperrung von Webseiten mit kinderpornographischem Inhalt

Am 17. April 2009 schloss die Bundesregierung mit mehreren Internetprovidern
einen Vertrag über die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischem
Inhalt. Am 5. Mai 2009 legten die Fraktionen der CDU/CSU und SPD dem
Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf zur „Bekämpfung der Kinderporno-
graphie in Kommunikationsnetzen“ (Bundestagsdrucksache 16/12850) zur Be-
ratung vor, mit dem durch eine Änderung des Telemediengesetzes die Sperrung
von kinderpornographischen Internetseiten auf eine gesetzliche Grundlage ge-
stellt werden soll. Am 12. Februar 2009 hatte sich bereits der Unterausschuss
Neue Medien des Deutschen Bundestages im Rahmen eines öffentlichen Sach-
verständigengesprächs mit den rechtlichen und technischen Möglichkeiten so-
wie Grenzen von Sperrungsverfügungen von Internetzugängen insbesondere zur
Verhinderung von Kinderpornographie im Internet beschäftigt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung zur Verbesserung der
internationalen Zusammenarbeit zur Verhinderung von Kinderpornographie
im Internet und zur Ergreifung der Straftäterinnen/Straftäter?
2. Wie bewertet die Bundesregierung Bestrebungen auf UN-Ebene, weltweit
die Bekämpfung der Kinderpornographie zu verbessern, und wie wirkt sie
daran mit?

3. In welchen Ländern werden die kinderpornographischen Inhalte ins Internet
gestellt, und wo stehen die Server, auf denen sich kinderpornographisches
Material befindet?

Drucksache 16/13245 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. In welchen Ländern steht Kinderpornographie bislang noch nicht unter
Strafe?

5. Welchen Einfluss übt die Bundesregierung auf Regierungen aus, die Kin-
derpornographie noch nicht verfolgen, und welche Begründung liegt dem
zugrunde?

6. Wie viele Server, auf denen sich kinderpornographische Inhalte befinden,
stehen in Ländern, in denen Kinderpornographie nicht unter Strafe steht?

7. Ist es zutreffend, dass sich der größte Teil der gefundenen Kinderporno-
graphie auf Servern in den USA befindet, und wie bewertet die Bundes-
regierung dies?

8. Wann hat die Bundesregierung mit der amerikanischen Administration Ge-
spräche über diese Thematik geführt, und zu welchem Ergebnis gelangten
diese?

9. Über welche wissenschaftlichen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung
im Zusammenhang mit der Verbreitung von Kinderpornographie, und wel-
che Erkenntnisse zieht die Bundesregierung aus diesen Untersuchungen?

10. In welchem Umfang plant die Bundesregierung die Vergabe einer wissen-
schaftlichen Studie über das Ausmaß und Wege der Verbreitung von Kin-
derpornographie in Internet und Wege zur effektiven Bekämpfung solcher
Inhalte?

11. Welche Sperrlisten anderer Länder hat die Bundesregierung untersucht?

12. Befanden sich darauf auch deutsche Angebote, und wenn ja, um wie viele
Angebote handelt es sich?

13. Wenn ja, wurden diese Angebote in Deutschland geschlossen, und wenn
nein, warum nicht?

14. Befanden sich darauf auch Angebote aus anderen europäischen Staaten,
und wenn ja, um wie viele Angebote handelt es sich?

15. Wenn ja, wurden diese Angebote in Deutschland geschlossen, und wenn
nein, warum nicht?

16. Welche Rolle spielen nach heutigen Erkenntnissen Filesharing-Netzwerke
und Internet-Chats bei der Verbreitung von Kinderpornographie?

17. Auf welche Datengrundlage stützt sich die Bundesregierung bei der Ein-
schätzung des kommerziellen Marktes für Kinderpornographie in Deutsch-
land?

18. Worauf stützt die Bundesregierung ihre Einschätzung, dass Zugangsblocka-
den die Produktion von Kinderpornographie und insbesondere den voran-
gegangenen Kindesmissbrauch mindern könnten?

19. Ist vorgesehen, einmal gesperrte Seiten nach Entfernung des kinderporno-
graphischen Materials wieder freizugeben, und wenn ja, welche Kriterien
werden für die Wiederfreigabe angelegt, wer führt die Überprüfung durch,
und wie schnell werden einmal gesperrte Seiten wieder entsperrt?

20. Wird es ein Widerspruchsverfahren oder ein anderes Rechtsmittelverfahren
gegen die fälschliche Sperrung von Internetseiten geben, und wie ist dieses
Verfahren ausgestaltet, insbesondere unter Berücksichtigung der Geheim-
heit der Sperrliste?

21. Plant die Bundesregierung eine Entschädigung für den Fall der fälschlichen
Sperrung einer Seite, und in welcher Höhe?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13245

22. Warum ist nach Auffassung der Bundesregierung der Bund – und nicht wie
für Sperrungen nach dem Mediendienstestaatsvertrag die Länder – für die
Sperrung kinderpornographischer Inhalte im Internet zuständig?

23. Warum wurde der Vertrag zwischen dem Bundeskriminalamt (BKA) und
mehreren Internetprovidern, der am 17. April 2009 unterschrieben wurde,
nicht veröffentlicht?

24. Welchen Zweck erfüllt dieser Vertrag, wenn das „Gesetz zur Bekämpfung
der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ in Kraft getreten ist?

25. Welche Kriterien werden angelegt, um den Erfolg zu bemessen, und welche
Zielvorgaben gibt es, vor dem Hintergrund, dass gemäß dem Statement von
Telekom-Chef René Obermann die Verträge zum Access Blocking bis 2010
befristet und nur im Erfolgsfall fortgesetzt werden sollen?

26. Welche Kriterien werden nach dem überarbeiteten Telemediengesetz für die
Sperrung einer Webseite angelegt, und wie soll in Fällen verfahren werden,
in denen eine zweifelsfreie Zuordnung nicht ohne weiteres möglich ist?

27. Ist das BKA verpflichtet, die zuständigen Strafverfolgungsbehörden am
Serverstandort und die betroffenen Host-Provider zu informieren, bevor der
Server, auf dem sich kinderpornographische Inhalte befinden, gesperrt wird,
und welche Begründung liegt dem zugrunde?

28. Wie beurteilt die Bundesregierung die abuse-Policies der Host-Provider in
Deutschland, Europa und anderen Staaten, und wie weit nutzen das BKA
bzw. andere Sicherheitsbehörden diese Möglichkeiten?

29. Ist die Befürchtung begründet, dass die durch eine Stopp-Seite leicht wahr-
nehmbare Sperrung kinderpornographischer Inhalte zur Löschung von be-
lastenden Beweismitteln führen könne und dadurch die Ermittlungsarbeit
der Strafverfolgungsbehörden erschwert werden könnte, und welche Be-
gründung liegt dieser Auffassung zugrunde?

30. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass Anbieter und In-
teressenten von Kinderpornographie die Sperren für sich ausnutzen, um zu
ermitteln, ob sie sich bereits im Fokus von Ermittlungen befinden, und wel-
che Begründung liegt dem zugrunde?

31. In welchen Fällen kann das BKA auf die personenbezogenen Daten zugrei-
fen, die bei den Access-Providern gemäß Absatz 5 des geplanten § 184b des
Telemediengesetzes (TMG) gespeichert werden?

32. Warum können nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung auch auf
„.de“ endende Seiten gesperrt werden?

33. Wie will die Bundesregierung die Geheimhaltung der Sperrliste des BKA
garantieren, wenn es bereits jetzt möglich ist, diese Sperrliste durch regel-
mäßige Abfrage der zur Sperrung eingesetzten DNS-Server (DNS = Do-
maine Name System) zu ermitteln?

34. Wie könnte eine solche Abfrage in Deutschland technisch unterbunden wer-
den, und was plant die Bundesregierung diesbezüglich?

35. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass die deutsche geheime Sperrliste
veröffentlicht werden könnte, so wie dies bei den ursprünglich geheimen
Sperrlisten z. B. aus Finnland, Dänemark oder Australien geschehen ist, wie
will sie eine solche Veröffentlichung verhindern, und welche Auswirkun-
gen hätte eine solche Veröffentlichung?

36. Wie sollen personenbezogene Daten, die bei den Providern gespeichert
werden, an das BKA übermittelt werden?
37. Wird ein Echtzeitzugriff auf diese Daten möglich sein?

Drucksache 16/13245 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
38. Aufgrund welcher Erkenntnisse bewertet die Bundesregierung, wie mehr-
fach von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
Ursula von der Leyen, vorgetragen, die Sperrlisten anderer Länder als er-
folgreich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie zugleich darauf hin-
weist, dass die Zahl kinderpornographischer Angebote ständig ansteige?

39. Wie bewertet die Bundesregierung die verschiedentlich vorgetragene Kritik
an der Aussagekraft von Zugriffszahlen auf Stopp-Seiten im Hinblick auf
automatisierte Aufrufe durch Suchmaschinen o. Ä.?

40. Sieht die Bundesregierung die Gefahr einer mittelbaren Beeinträchtigung
der Informationsfreiheit darin, dass Internetnutzerinnen/-nutzer aus Furcht,
auf eine Stopp-Seite zu gelangen und mithin in Verdacht einer Straftat zu
kommen, künftig ihnen unbekannte Links nicht mehr aufrufen werden?

Berlin, den 27. Mai 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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