BT-Drucksache 16/13221

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD -16/12410- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)

Vom 27. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13221
16. Wahlperiode 27. 05. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 16/12410 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)

A. Problem

Die bislang geltenden Fiskalregelungen zur Begrenzung der Kreditaufnahme
haben nicht verhindern können, dass die Schuldenlast von Bund und Ländern in
der Vergangenheit stark angestiegen ist. Die Finanzbeziehungen von Bund und
Ländern bedürfen daher der Modernisierung. Bundestag und Bundesrat haben
deshalb am 15. Dezember 2006 beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur
Modernisierung der Bund-/Länder-Finanzbeziehungen einzusetzen. Den Vor-
schlägen der Kommission folgend wurden von den Fraktionen der CDU/CSU
und SPD der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes und der
Entwurf eines Begleitgesetzes mit den notwendigen Folgeregelungen auf ein-
fach-gesetzlicher Ebene eingebracht. Ziel der Grundgesetzänderungen im Be-
reich der Finanzverfassung ist es, im Einklang mit den Vorgaben des reformier-
ten europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes die institutionellen
Voraussetzungen für die Sicherung einer langfristigen Tragfähigkeit der Haus-
halte von Bund und Ländern zu verbessern.

In dem Gesetzentwurf wird im Wesentlichen für die Haushalte von Bund und
Ländern der verfassungsrechtliche Grundsatz eines ohne Einnahmen aus Kredi-
ten ausgeglichenen Haushalts festgeschrieben. Für den Bund ist diesem Grund-
satz Rechnung getragen, wenn das strukturelle Defizit 0,35 Prozent des Brutto-
inlandsproduktes nicht überschreitet. Für die Länder ist keine strukturelle
Verschuldung zulässig. Ausnahmen von diesem Grundsatz sollen nur zur Stabi-
lisierung der Konjunkturentwicklung sowie im Falle von Naturkatastrophen
oder bestimmten außergewöhnlichen Notsituationen unter jeweils spezifischen
Voraussetzungen möglich sein. Diese Neuregelungen sollen erstmals mit Wir-
kung für das Haushaltsjahr 2011 Anwendung finden; zwingend einzuhalten sind

sie vom Bund ab dem Jahr 2016 und von den Ländern ab dem Jahr 2020. Be-
stimmten Ländern mit besonders schwieriger Haushaltssituation soll die bun-
desstaatliche Gemeinschaft bis 2020 Konsolidierungshilfen gewähren können.

Ferner soll der Gesetzentwurf die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine
Bund-/Länder-Zusammenarbeit im Bereich der Informationstechnik sowie für
das Zusammenwirken von Bund und Ländern bei Leistungsausgleichen in der
öffentlichen Verwaltung schaffen.

Drucksache 16/13221 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs mit den vom Ausschuss beschlossenen Änderun-
gen, die der Bereinigung eines Redaktionsversehens dienen.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Kosten wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13221

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/12410 mit folgender Maßgabe, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

In Artikel 1 Nummer 4 wird Buchstabe e wie folgt gefasst:

‚e) Absatz 5 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird aufgehoben.

bb) Der bisherige Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im Zusammen-
hang mit den Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrags zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin
tragen Bund und Länder im Verhältnis 65 zu 35.“‘

Berlin, den 27. Mai 2009

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Volker Kröning
Berichterstatter

Dr. Volker Wissing
Berichterstatter

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung
der Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE. auf Aus-

ordneten der Fraktion FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
schussdrucksache 16(6)313 sowie mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung
der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Annahme des Entschließungsantrags der

Fraktion der FDP im Übrigen sowie der Änderungsantrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschuss-
drucksache 16(18)475 mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und eines Abgeordneten der Fraktion
Drucksache 16/13221 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Volker Kröning, Dr. Volker Wissing,
Wolfgang Neskovic und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/12410 in seiner 215. Sitzung am 27. März 2009 beraten
und an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung
sowie an den Innenausschuss, den Finanzausschuss, den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie den Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur
Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 98. Sit-
zung am 27. Mai 2009 beraten und empfiehlt dessen An-
nahme mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP.

Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
132. Sitzung am 27. Mai 2009 beraten und empfiehlt dessen
Annahme in der Fassung des Änderungsantrages auf Aus-
schussdrucksache 16(6)315 mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP sowie eines Abgeordneten
der Fraktion der SPD.

Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
100. Sitzung am 27. Mai 2009 beraten und empfiehlt dessen
Annahme mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Gesetzentwurf in seiner 95. Sitzung am 27. Mai 2009 bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Annahme des Änderungsantrags auf Aus-
schussdrucksache 16(6)315. Der Ausschuss empfiehlt ferner
die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung des Ände-
rungsantrags auf Ausschussdrucksache 16(6)315 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP.
Er empfiehlt darüber hinaus mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der Ausschuss für Gesundheit hat den Gesetzentwurf in
seiner 124. Sitzung am 27. Mai 2009 beraten und empfiehlt
dessen Annahme mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat den Gesetzentwurf in seiner 90. Sitzung am 27. Mai
2009 beraten und empfiehlt dessen Annahme in der Fassung
des Änderungsantrages auf Drucksache 16(6)315 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP.
Der Ausschuss empfiehlt ferner die Annahme des Ände-
rungsantrages der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf
Ausschussdrucksache 16(6)315 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Er empfiehlt überdies die
Ablehnung des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE.
auf Ausschussdrucksache 16(6)313 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-
men der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Annahme
der Entschließungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD auf Ausschussdrucksache 16(6)316 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktionen der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat den Gesetzentwurf in seiner 88. Sit-
zung am 27. Mai 2009 beraten und empfiehlt dessen An-
nahme in der Fassung des Änderungsantrags auf Ausschuss-
drucksache 16(6)315 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP. Er empfiehlt ferner, mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entschließungsantrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Ausschussdruck-
sache 16(6)316 anzunehmen sowie mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. auf Aus-
schussdrucksache 16(6)313 abzulehnen. Im Übrigen wur-
den der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 16(18)476 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und eines Abge-
Fraktionen CDU/CSU und SPD auf Ausschussdrucksache
16(6)316.

FDP gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und DIE LINKE. abgelehnt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13221

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksache
16/12410 in seiner 132. Sitzung am 25. März 2009 beraten
und beschlossen, zu der Vorlage eine öffentliche Anhörung
durchzuführen, die er in seiner 138. Sitzung am 4. Mai 2009
durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sach-
verständige teilgenommen:

Hinsichtlich der Ergebnisse der Anhörung wird auf das
Wortprotokoll der 138. Sitzung vom 4. Mai 2009 mit den an-
liegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 144. Sitzung
am 27. Mai 2009 abschließend beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
die Annahme der Gesetzentwurfs in geänderter Fassung
empfohlen.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, sie wolle – im Rechts-
ausschuss – nicht hinterfragen, ob das vorgelegte Konzept vor
dem Hintergrund der Finanzkrise und der damit verbundenen
Steuerausfälle gerechtfertigt sei. Sie wolle sich auch nicht zur
Stellungnahme von 200 Wissenschaftlern äußern, die vor der
sog. Schuldenbremse gewarnt hätten, und auch nichts dazu
sagen, dass der Zwangsfusion von Ländern der Boden berei-
tet werde. Ebenso enthalte sie sich der Stellungnahme zu der
Tatsache, dass der Bund nach dem Gesetzentwurf zum ersten
Mal einen Gesetzgebungsauftrag an die Länderparlamente
erteilen könne. Es sei verfassungsrechtlich höchst zweifel-
haft, ob dieser Auftrag für den Fall der Weigerung der Länder,
entsprechende Regelungen in ihre Haushaltsgesetze aufzu-
nehmen, über Artikel 84 des Grundgesetzes (GG) oder
Artikel 37 GG durchsetzbar sei. Auch die Verfassungsästhe-
tik, die der Bundestagspräsident völlig zu Recht ins Spiel ge-
bracht habe, sei nicht Gegenstand ihrer Äußerungen. Die
Festlegung konkreter Zahlen und Summen in Artikel 143d
GG-E sei ein skurriles Novum, wenn man sich vor Augen
halte, dass das Grundgesetz keine Grundbuchordnung sei,
sondern nur Rahmenbedingungen festlegen solle. Auch die
Ungleichbehandlung von Bund und Ländern sei nicht ihr
Thema, obwohl sich der Bund 0,35 Prozent des Brutto-
inlandsprodukts als Grenze der Kreditaufnahme genehmige
und den Ländern eine Grenze von 0 Prozent vorschreibe.

Sie wolle sich vielmehr zur Frage der Verfassungsmäßigkeit
der vorgesehenen Änderung vor dem Hintergrund des
Artikels 79 Abs. 3 GG und der dort enthaltenen Ewigkeits-
klausel äußern. Sie habe diese Verfassungsvorschrift im Par-
lament schon häufiger im Zusammenhang mit dem Sozial-
staatsprinzip erwähnt; sie betreffe aber auch die Frage der
Bundesstaatlichkeit. Es stelle sich die Frage, welche Bedeu-
tung die Möglichkeit der Kreditaufnahme für die Eigen-
ständigkeit der Länder habe. In Artikel 109 Absatz 1 GG
werde – was sich auch aus der Entstehungsgeschichte des
Grundgesetzes ergebe – ausdrücklich die Unabhängigkeit
und Selbständigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und
Ländern festgelegt. Das Bundesverfassungsgericht habe sich
zu dieser Frage in mehreren Entscheidungen geäußert. Zu er-
innern sei nur an die Entscheidung aus dem Jahre 1992 zum
Länderfinanzausgleich, in der es heiße, Sinn und Zweck der
finanzverfassungsrechtlichen Normen des Grundgesetzes be-
stünden darin, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass
die staatliche Selbständigkeit von Bund und Ländern real
werde. Ihre politische Autonomie sichere Eigenständigkeit
und Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung
und der Haushaltswirtschaft (Artikel 109 Absatz 1 GG).

Eine Verfassungsgerichtsentscheidung zu dem von ihr ange-
sprochenen Problem des Artikels 79 Absatz 3 GG liege nicht

Prof. Dr. Lars P. Feld Ruprecht-Karls-Universität
Heidelberg, Alfred-Weber-Institute
for Economics

Prof. Dr. Clemens
Fuest

Universität Oxford, Vorsitzender
des Wissenschaftlichen Beirats
beim Bundesministerium der
Finanzen

Prof. Dr. Ulrich Häde Europa-Universität Viadrina, Lehr-
stuhl für Öffentliches Recht, insb.
Verwaltungsrecht, Finanzrecht und
Währungsrecht, Frankfurt (Oder)

Prof. Dr. Gustav A.
Horn

Institut für Makroökonomie und
Konjunkturforschung der Hans-
Böckler-Stiftung, Düsseldorf

Prof. Dr. Peter M.
Huber

Ludwig-Maximilians-Universität
München Lehrstuhl für Öffent-
liches Recht und Staatsphilosophie

Prof. Dr. Kai A.
Konrad

Wissenschaftszentrum Berlin für
Sozialforschung

Prof. Dr. Stefan
Korioth

Ludwig-Maximilians-Universität
München, Lehrstuhl für Öffent-
liches Recht und Kirchenrecht

Prof. Dipl.-Volkswirt
Dr. jur. Klaus Lange

Professor für Öffentliches Recht
und Verwaltungslehre, Fachbereich
Rechtswissenschaft der Justus-
Liebig-Universität Gießen

Prof. Dr. Thomas
Lenk

Direktor des Instituts für Finanzen
an der Universität Leipzig

Prof. Dr. Dr. h.c. Hans
Meyer

Humboldt-Universität zu Berlin,
Juristische Fakultät

Christian Mueller Zürcher Hochschule für
Angewandte Wissenschaften

Prof. Dr. Wolfgang
Renzsch

Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg, Institut für Politik-
wissenschaft

Prof. Dr. Christian
Seiler

Eberhard-Karls-Universität
Tübingen, Lehrstuhl für Staats- und
Verwaltungsrecht, Finanz- und
Steuerrecht

Prof. Dr. Thomas
Straubhaar

Hamburgisches WeltWirtschaftsIn-
stitut gemeinnützige GmbH,
Hamburg

Prof. Dr. Wolfgang
Wiegard

Universität Regensburg,Institut für
Volkswirtschaftslehre einschließ-
lich Ökonometrie

Prof. Dr. Joachim
Wieland, LL. M.

Deutsche Hochschule für
Verwaltungswissenschaften
vor, insofern handele es sich um verfassungsrechtliches Neu-
land. Prof. Dr. Christian Hillgruber habe aber im Grundge-

Lehrstuhl für Öffentliches Recht,
Finanz- und Steuerrecht, Speyer

Drucksache 16/13221 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

setzkommentar von Starck ausgeführt, Artikel 20 Absatz 1
GG konstituiere die Bundesrepublik Deutschland als Bun-
desstaat. Die Ewigkeitsgarantie des Artikels 79 Absatz 3 GG
schirme die Bundesstaatlichkeit in ihrer Grundsubstanz auch
gegen eine Verfassungsänderung ab. Artikel 109 Absatz 1
GG gewährleiste den Ländern im Besonderen die Selbstän-
digkeit der Haushaltswirtschaft. Zur Eigenstaatlichkeit der
Länder gehöre daher grundsätzlich auch ihre Haushaltsauto-
nomie. Prof. Dr. Helmut Siekmann erläutere im Grundge-
setzkommentar von Sachs, die inhaltlichen Budgetentschei-
dungen gehörten zum Kernbereich der Staatlichkeit der Län-
der und genössen den besonderen Schutz des Artikels 79
Absatz 3 GG.

Die Fraktion sei der Auffassung, die durch die Änderungen
des Grundgesetzes eingeführte sog. Schuldenbremse sei ver-
fassungswidrig. Der Gesetzgeber setze durch diese Rege-
lung verfassungswidriges Verfassungsrecht.

Sie stellte daher folgende Änderungsanträge:

Der Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grund-
gesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d) wird
wie folgt geändert:

Artikel I – Änderung des Grundgesetzes wird wie folgt geän-
dert:

a.) Die Nummern 2 – 7 werden aufgehoben.

b.) Nach Nummer 1 werden folgende Nummern angefügt:

„2. In Artikel 28 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Vor der Verabschiedung von Gesetzen oder Verord-
nungen, welche die Belange der Gemeinden oder Ge-
meindeverbände betreffen, sollen deren Spitzenver-
bände im Deutschen Bundestag angehört werden.“

„3. Artikel 91b Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a.) In Nummer 3 wird der abschließende Punkt
durch ein Semikolon ersetzt

b.) Nach Nummer 3 wird folgende Nummer 4 einge-
fügt:

„4. Beim Erhalt und dem Ausbau der allge-
meinbildenden Schulen und den Einrich-
tungen der frühkindlichen Erziehung.“

„4. Nach Artikel 91b wird folgender Artikel 91c einge-
fügt:

„Artikel 91c

Bund und Länder können zur Feststellung und För-
derung der Leistungsfähigkeit ihrer Verwaltungen
Vergleichsstudien durchführen und die Ergebnisse
veröffentlichen.“

„5. Artikel 104b Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen
für besonders bedeutsame Investitionen der Länder
und der Gemeinden (Gemeindeverbände) gewäh-
ren, soweit diese

1. zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaft-
lichen Gleichgewichts,

2. zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschafts-
kraft im Bundesgebiet,

4. zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Bil-
dungswesens.

erforderlich sind.“

„6. Nach Artikel 109 wird folgender Artikel 109a einge-
fügt:

„Artikel 109a

Der Bund hat die Aufgabe, durch gesetzgebe-
rische Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass für
Bund und Länder eine auskömmliche gesamtwirt-
schaftliche Steuerquote gewährleistet wird. Für Ge-
setze, die eine Senkung der Steuereinnahmen an
einer Stelle bezwecken, ist an anderer Stelle ein
steuerlicher Ausgleich zu erbringen.“

Begründung

Im Zentrum der Föderalismusreform II steht die Einführung
einer sogenannten „Schuldenbremse“ im Grundgesetz. Die
„Schuldenbremse“ wird gegen den Rat namhafter Wirt-
schaftswissenschaftler und Verfassungsjuristen und schwere
Bedenken aus dem Kreis der Länder eingeführt. Jedoch ist
bemerkenswert, dass auch Sachverständige der Föderalis-
muskommission, die der Einführung der Schuldenbremse zu-
stimmen, eine Reihe von Kritikpunkten faktisch bestätigen.

So erklärte Prof. Kai Konrad auf der gemeinsamen Anhö-
rung des Rechtsausschusses des Bundestags und des Haus-
haltsausschusses des Bundesrates am 4. 5. 2009, dass mit
der Einführung der Schuldenbremse eine Abkehr von einer
aktiven Konjunktur- und Investitionspolitik verbunden sei.
Die Professoren Lars Feld und Clemens Fuest brachten zum
Ausdruck, dass mit der Einführung der Schuldenbremse
neue Einsparungen vor allem für die finanzschwachen Län-
der verbunden sein werden.

Der Sachverständige Prof. Gustav Horn hat die „Schulden-
bremse“ auf der Anhörung vom 4. 5. 2009 aus volkswirt-
schaftlicher Sicht einer umfassenden Kritik unterzogen.
Zwar teile er das „Ziel, den Staatshaushalt zu konsolidie-
ren.“ Die „Schuldenbremse“ sei aber das falsche Mittel, um
dieses Ziel zu erreichen. Seine weiteren Kritikpunkte stellen
dem Schuldenbremsenmodell ein vernichtendes Zeugnis aus:

Die Trennung von strukturellen und konjunkturellen Schul-
den sei nicht exakt durchführbar. Das auf EU-Ebene ange-
wandte ähnliche Verfahren führe regelmäßig dazu, „dass das
strukturelle Defizit auch in konjunkturellen Schwächephasen
zunimmt, ohne dass sich sonst etwas an der Haushaltslage
ändert. In konjunkturellen Schwächephasen verengt sich al-
so der Spielraum der öffentlichen Haushalte, die Konjunktur
zu. fördern. “

„Wir haben durchgerechnet, was passiert wäre, wenn ein
ähnliches Modell wie das vorgeschlagene zwischen 2001
und 2004 in der Praxis angewendet worden wäre. Dann
wäre das Bruttoinlandsprodukt bis zu 2,5 Prozent niedriger
ausgefallen, und es wären Beschäftigungsverluste in einer
Größenordnung von 500 000 Arbeitsplätzen entstanden.“

Das Deutsche Institut für Urbanistik schätzt allein den In-
vestitionsbedarf im Bereich der kommunalen Infrastrukturen
auf 700 Mrd. Euro bis 2019. Dieser Bedarf ist mit einer
„Schuldenbremse“ nicht zu bewältigen. Die Föderalismus-
kommission hat die Einführung der „Schuldenbremse“ im-
3. zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums
oder

mer unter der Voraussetzung diskutiert, dass der Bund und
die Mehrheit der Bundesländer ihre Defizite zügig abbauen,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/13221

bis 2011 ausgeglichene Haushalte erreichen und auf abseh-
bare Zeit auf diesem Konsolidierungspfad bleiben. Diese
Rahmenbedingungen sind unter dem Druck der Wirtschafts-
krise völlig zusammengebrochen. Wenn die führenden Wirt-
schaftsforschungsinstitute erwarten, dass Deutschland die
Verschuldungsgrenze der EU von 3 Prozent nicht einhalten
kann, wie sollen Bund und Länder dann die noch schärferen
Regeln der Schuldenbremse einhalten? Für 2009 rechnet
Deutschland mit einem Haushaltsdefizit von 89 Milliarden
Euro, d. h. 3,7 Prozent des BIP. Im Jahr darauf sind es schon
132 Milliarden Euro bzw. 5,5 Prozent des BIP.

Die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Petra Merkel und
Ortwin Runde sprechen in einer schriftlichen Stellungnah-
men vom März 2008 wörtlich von einer „Gefahr“, die mit
einer Schuldenbremse entsteht, wenn Einnahmeausfälle
nicht mehr durch Kredite ausgeglichen werden können und
so nur noch Ausgabenkürzungen im Sozial- und Jugendbe-
reich bleiben, um den Haushaltsausgleich zu erreichen. Sie
schreiben: „Institutionell dürfte die neue Schuldenregel
mehr als bislang den Druck erzeugen, ggf. entstehende Ein-
nahmeausfälle durch Ausgabenkürzungen im Arbeits- und
Sozialetat, bei der Jugendhilfe, bei Bildung und Forschung
zu finanzieren.“ Genau dieser Zwang wird jetzt aufgebaut,
und noch verschärft, weil mit dem vorliegenden Gesetzent-
wurf ein strukturelles Neuschuldungsverbot für die Bundes-
länder durchgesetzt werden soll. „Ein neues Schuldenregime
für Deutschland darf keine verschärfte Übernahme der EU-
Defizitregeln von Maastricht sein“, schreiben Merkel und
Runde im März 2008 und genau das wird mit dem vorliegen-
den Gesetzentwurf im Mai 2009 präsentiert. Zu erinnern ist
auch an eine Feststellung des Sachverständigenrates, der
ein generelles Verschuldungsverbot als „ökonomisch ähn-
lich unsinnig, wie Privatleuten oder Unternehmen die Kre-
ditaufnahme zu verbieten“, einschätzte.

Der Sachverständige Prof. Joachim Wieland sieht in der
„Schuldenbremse“ einen tiefen Eingriff in die Landes-
verfassungen. Der Bundesverfassungsrichter a. D. Hans-
Joachim Jentsch hält das Verfahren der Übertragung der
„Schuldenbremse“ auf die Länder für verfassungswidrig:
„Der Bund hat keine Regelungsbefugnis, eine konkrete Ver-
schuldungsgrenze einzuführen. Im Grundgesetz heißt es:
,Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selb-
ständig und voneinander unabhängig.‘ Das kann nicht ver-
ändert werden, weil es Ausdruck des Bundesstaatsprinzips
ist. (…) Zwar kann der Gesetzgeber eingreifen und Grund-
sätze aufstellen. Und die Länder sind nicht ganz frei; sie
haben Verhaltenspflichten. Die kann der Bund auch einfor-
dern, wenn sich ein Land nicht bundestreu verhält. Der
Bund darf aber keine ,Nulllinien‘ für alle Länder vorgeben
– auch nicht mit Zustimmung der Länder.“ (FAZ vom
9. 2. 2009). Die Vertreter der Länderparlamente in der
Föderalismuskommission haben mehrfach gegen dieses
Verfahren protestiert und ihre Rechtsposition in einem Gut-
achten von Prof. Hans Peter Schneider untermauert. Der
Landtag von Schleswig-Holstein hat daran anknüpfend die
Landesregierung aufgefordert, eine Verfassungsklage in
Karlsruhe zu prüfen.

Einzelbegründungen

zu Artikel 109a – „Steuersenkungsbremse“

Stabilisatoren. Diese müssen sich jedoch auch auf die Ein-
nahmeseite beziehen, d. h. zur Stabilisierung der Steuerein-
nahmen beitragen. Im Jahre 2008 belief sich die gesamtwirt-
schaftliche Steuerquote auf 22,6 Prozent. Der damalige
Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin hat der Föderalis-
muskommission am 2. März 2009 mitgeteilt, dass dies Quote
nicht wesentlich unterschritten werden dürfe, sollte das Ziel
ausgeglichener Haushalte „ernsthaft“ verfolgt werden.

zu Artikel 91b und 104b – „Aufhebung des Kooperationsver-
botes, Gemeinschaftsaufgabe Bildung“

Das Kooperationsverbot in Art 104b ist aufzuheben. Die
Einschränkung, dass der Bund, den Ländern Finanzhilfen
für bedeutsame Investitionen nur in Bereichen gewähren
kann, für die er die gesetzgeberische Zuständigkeit hat, ver-
hindert den erforderlichen Ausbau insbesondere der Kita-
und Ganztagsschulangebote. Die öffentlichen Bildungsaus-
gaben in Deutschland sind zu gering und können nur als Ge-
meinschaftsaufgabe bewältigt werden.

zu Artikel 28 – „Anhörungsrecht kommunale Spitzenver-
bände“

Vor der Beschlussfassung von Gesetzen oder Verordnungen,
welche die Belange der Gemeinden oder Gemeindeverbände
betreffen, sollen deren Spitzenverbände im Deutschen Bun-
destag angehört werden. Die Einführung eines kommunalen
Anhörungsrechtes im Gesetzgebungsverfahren des Bundes
in Artikel 28 GG Absatz 2 ist eine bereits seit 1973 erhobene
Forderung der Kommunalen Spitzenverbände. Sie soll
sicherstellen, dass die Kommunen bei allen Gesetzen, die un-
mittelbar ihre Belange berühren, verbindlich beteiligt wer-
den. Durch diese festgeschriebene und damit einklagbare
Beteiligung würde nicht nur Sachverstand aus der Praxis in
den Gesetzgebungsprozess einfließen, sondern dies würde
wesentlich zur Qualifizierung von Gesetzen beitragen. Zu-
dem erwerben die Kommunen im Gesetzesvollzug eigene Ex-
pertisen und fundierten Sachverstand über die Praxistaug-
lichkeit der Gesetze.

Die Änderungsanträge wurden mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
abgelehnt.

Die Fraktion der FDP hielt das Ergebnis der umfangreichen
Kommissionsarbeit für enttäuschend und die Verfassungsän-
derung nicht für gelungen. Von Anfang an habe sie die Auf-
fassung vertreten, man hätte sich nicht nur einem Teilbereich
des Auftrags zuwenden, sondern den Gesamtkomplex bear-
beiten müssen. Es sei nämlich nicht nur um eine
Schuldenbegrenzung, sondern um eine Neuordnung der
Bund-Länder-Finanzbeziehungen gegangen. Auch der Vor-
sitzende der Föderalismusreform II, Abgeordneter Dr. Peter
Struck, habe zu Beginn der Kommissionsarbeit betont, alles
hänge mit allem zusammen. Die Fraktion vertrete weiterhin
diese Auffassung. Dass die Begrenzung des Gegenstandes
ein Fehler gewesen sei, verdeutliche auch die jüngste Äuße-
rung des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias
Platzeck, man könne nicht die Neuverschuldung begrenzen,
wenn nicht auf der anderen Seite neue Gestaltungsmöglich-
keiten eröffnet würden. Dies sei auch die Auffassung der
Angesichts der anwachsenden Staatsverschuldung bedarf
das Grundgesetz in der Tat neuer haushaltswirtschaftlicher

Fraktion. Es sei nicht sinnvoll, Gestaltungsspielräume einzu-
schränken und nicht zugleich die Frage nach der Finanzauto-

Drucksache 16/13221 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nomie der Länder zu stellen und zu lösen. Auch der Bund-
Länder-Finanzausgleich hätte neu geordnet werden müssen,
zumal die gefundenen Regelungen erst ab dem Jahr 2020
greifen sollten und die Regelung des Finanzausgleichs im
Jahre 2019 auslaufe. Die von der Fraktion unterbreiteten
Vorschläge hätten aber keinen Eingang in den Abschlussbe-
richt gefunden. Dass das als kleinster gemeinsamer Nenner
gefundene Ergebnis immer wieder hinterfragt werde, zeige,
dass es auf sehr wackligen Beinen stehe.

Die Sachverständigenanhörung habe weitere Schwächen,
auch im Hinblick auf die Formulierung der Gesetzestexte,
aufgezeigt. Es sei bedauerlich, dass das Ergebnis der Kom-
missionsarbeit nun in ein hektisches Gesetzgebungsverfah-
ren gemündet sei. Die Fraktion habe eine sorgfältigere For-
mulierung – etwa die Vermeidung von Doppelungen –
gewünscht, die auch von den Sachverständigen angemahnt
worden sei. Das Ergebnis enthalte zudem auch Wider-
sprüche zum Ergebnis der Arbeit der Föderalismusreform I,
die deren Arbeit und die letzte Verfassungsänderung auf dem
Gebiet des Föderalismus in Frage stellten.

Zu den Ausführungen der Fraktion DIE LINKE. zu Artikel 79
Abs. 3 GG, die sie nicht teile, sei darauf hinzuweisen, dass
viele Sachverständige eine andere Auffassung vertreten hät-
ten.

Es sei enttäuschend gewesen zu erfahren, dass der nun ge-
fundene, schwierige Kompromiss nicht das Ergebnis der
Reform darstellen werde, weil die Länder beabsichtigten, im
Bundesrat zu Änderungen zu gelangen. Die Fraktion habe
dem Kommissionsergebnis seinerzeit mit Skepsis zuge-
stimmt, werde den jetzt absehbaren Weg aber nicht mehr
wohlwollend begleiten.

Die Fraktion der SPD habe sich bereits davon geschlichen,
als es darum gegangen sei, die Reform des Bund-Länder-
Finanzausgleichs und der Neuordnung der Bund-Länder-
Finanzbeziehungen in Angriff zu nehmen. Nun stelle sie
auch einen zentralen Punkt des Kompromisses, nämlich die
Frage der Nullverschuldung in den Ländern, wieder zur Dis-
position und schleiche sich auch hier wieder aus der Verant-
wortung. Bereits im Gesetzgebungsverfahren und in der
Föderalismuskommission habe die Fraktion der SPD in die-
ser Frage keine einheitliche Meinung vertreten.

Die Fraktion der FDP lehne eine erneute Erörterung der
zentralen Punkte ab und sei stets für eine konsequente Be-
grenzung der Neuverschuldung eingetreten. Einer Aufwei-
chung des gefundenen Kompromisses werde sie den Weg
nicht ebnen. Auch im Hinblick auf die mangelhafte Formu-
lierung der Vorschriften könne sie dem Gesetzentwurf nicht
zustimmen. Sie habe sich einen Paradigmenwechsel ge-
wünscht und müsse nun sehen, dass der große Auftrag ein
kosmetisches Ergebnis hervorgebracht habe, das auch noch
zahlreiche Schönheitsfehler aufweise. Viel Zeit sei in unnö-
tigen Sitzungen und ergebnislosen Beratungen vertan wor-
den. Sie habe immer darauf hingewiesen, dass es problema-
tisch sei, in einem Wahljahr und unter den Bedingungen
einer großen Koalition eine derart fundamentale Verfas-
sungsfrage diskutieren zu müssen. Weil der Entwurf nicht
mehr in Ruhe, geordnet, couragiert und sachorientiert erör-

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus, der
Rechtsausschuss sei seiner Funktion als Garant eines verant-
wortungsvollen Umgangs mit der Verfassung nicht nachge-
kommen; er hätte in Ausübung dieser Funktion die an dem
vorgeschlagenen Gesetzestext geübte Kritik berücksichtigen
müssen. Der zur Abstimmung gestellte Text stehe im Wider-
spruch zu anderen Artikeln der Verfassung sowie zu den Ver-
fassungsänderungen im Rahmen der Föderalismusreform I.
Dabei hätten essentielle Verbesserungen – insbesondere auf
Grundlage von Berichterstattergesprächen, zu denen die
Koalitionsfraktionen nie eingeladen hätten – vorgenommen
werden können. Eine solche echte Befassung des Parlaments
und insbesondere des Rechtsausschusses sei indes von vorn-
herein mit dem Hinweis auf die bereits im Vorfeld der parla-
mentarischen Beratungen gefundenen Kompromisse verhin-
dert worden. Die Frage, ob es der Regelung aller Einzelhei-
ten in der Verfassung bedürfe, sei nicht nur in ästhetischer
Hinsicht bedeutsam. Man teile die Ansicht des Bundestags-
präsidenten, der im Hinblick auf den Gesetzentwurf den Be-
griff der „Unmaßstäblichkeit“ verwende. Der Gesetzentwurf
enthalte daher sowohl in verfassungsrechtlicher als auch in
inhaltlicher Hinsicht nicht die bestmöglichen Regelungen.

Zu kritisieren sei darüber hinaus die künftig unterschiedliche
Behandlung von Bund und Ländern bei der Verschuldung.
Dem Bund werde eine konjunkturunabhängige jährliche
Verschuldung ohne hinreichende Begründung erlaubt, wäh-
rend dies den Ländern versagt werde.

Obwohl ernsthaft diskutiert worden sei, was die unterschied-
liche Behandlung von Bund und Ländern für die Haushalte
und Selbständigkeit der Kommunen bedeute, habe sich die
Koalition diesem Problem in der Debatte nicht gestellt. Die
vorgesehene finanzrechtliche Ausstattung der Länder berge
die Gefahr, dass die Verschuldung auf die kommunale Ebene
abgewälzt werde.

Schließlich bleibe es eine „offene Wunde“, dass die Rege-
lungen auf den Gebieten Bildung und Forschung in finanz-
politischer Hinsicht zu keinen Verbesserungen führten, ob-
wohl immer wieder beteuert werde, dass die Erzielung von
Fortschritten in diesen Politikfeldern zu den wichtigsten und
größten bundesstaatlichen Zukunftsaufgaben gehöre.

Wegen der Mängel der Regelungen in ihrem Inhalt und ihrer
Ausgestaltung werde die Fraktion dem Gesetzentwurf nicht
zustimmen.

Die Fraktion der SPD erläuterte, an der Verfassungsmäßig-
keit der vorgeschlagenen Verfassungsänderungen könne
kein Zweifel bestehen. Artikel 79 Absatz 3 GG werde nicht
verletzt. Dies habe sich bei den Erörterungen dieser Frage
in der Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-
Finanzbeziehungen sowie den anschließenden parlamentari-
schen Beratungen einschließlich der Sachverständigenanhö-
rung des Rechtsausschusses ebenso so deutlich gezeigt wie
nach der verfassungsrechtlichen Prüfung der vorgeschlage-
nen Verfassungsänderungen in den beteiligten Bundes-
ministerien der Finanzen, des Inneren und der Justiz. Gerade
wegen der verfassungsrechtlichen Fragen sei es richtig ge-
wesen, dem Rechtsausschuss die Federführung bei den Aus-
schussberatungen zu übertragen.

Nicht nachvollziehbar sei, dass die Fraktion der FDP sich bei

tert werden könne, werde sich die Fraktion ihrer Stimme ent-
halten.

der Abstimmung nunmehr enthalten wolle. Da sie bislang
stets ihre Zustimmung zu dem Gesetzespaket signalisiert

Fraktion der SPD in Frage gestellt, sei nicht haltbar. Sie
selbst strebe nämlich keine Änderung der vereinbarten Ver-
schuldungsgrenze für die Länder im Gesetzentwurf an. Man
habe lediglich signalisiert, dass man solchen Wünschen ge-
genüber, sollten sie im weiteren Gesetzgebungsverfahren
von Seiten des Bundesrates vorgebracht werden, offen ge-
genüberstehe. Dies sei als legitime Wahrnehmung von Län-
derinteressen im Gesetzgebungsverfahren zu akzeptieren,
ändere aber nichts an der Position der Fraktion der SPD im
Deutschen Bundestag. Innerhalb der SPD, wie in allen ande-
ren Parteien auch, würden Teile der Föderalismusreform aus
der Perspektive der Bundesebene anders wahrgenommen als
aus Ländersicht. Diese Meinungsunterschiede und die damit
verbundenen Sachfragen – wie etwa die nach dem Sinn des
sog. Kooperationsverbotes insbesondere in Bildungsangele-
genheiten – müssten daher in den Parteien ausgetragen wer-
den.

Die Fraktion der CDU/CSU hob die Bedeutung der vorge-
sehen Verfassungsänderungen für die Generationengerech-
tigkeit und die Nachhaltigkeit hervor. Die seit Ende der
sechziger Jahre geltenden Regelungen des Haushaltsgrund-
sätzegesetzes hätten die massive Verschuldung des Bundes
und der Länder auf Kosten künftiger Generationen nicht ver-
hindern können. Mit den Änderungen des Grundgesetzes
solle diesem Trend nunmehr Einhalt geboten werden.

Verfassungsrechtliche Bedenken habe die Fraktion des
CDU/CSU nicht. Bereits nach geltendem Verfassungsrecht
mache das Grundgesetz den Ländern zahlreiche Vorgaben,
deren Verfassungsmäßigkeit außer Frage stehe. So könne der
Bund bereits jetzt bei einer Störung des gesamtwirtschaft-
lichen Gleichgewichts die Kreditaufnahme der Länder durch
einfaches Bundesgesetz einschränken und die Länder unter
bestimmten Voraussetzungen verpflichten, Rücklagen bei
der Deutschen Bundesbank zu bilden. Die damit verbunde-
nen Einschnitte in die Haushaltsautonomie der Länder seien
einschneidender als die in der geplanten Verfassungsände-
rung vorgesehenen Vorgaben für die Länder. Im Übrigen hät-
ten die Länder in der Kommission zur Modernisierung der
Bund-/Länder-Finanzbeziehungen die Möglichkeit gehabt,
ein eigenes Steuererhebungsrecht zu fordern. um damit ihre
Haushaltsautonomie zu stärken. Dies hätten die Länder aber
nicht getan.

Zugegebenermaßen seien auch weiterreichende Regelungen
der Bund-/Länder-Finanzbeziehungen, wie sie die Fraktion
der FDP angesprochen habe, denkbar gewesen. Diese hätten
sich jedoch derzeit nicht durchsetzen lassen. Eine ausrei-
chende Mehrheit dafür sei auch in absehbarer Zeit nicht zu
erwarten. Angesichts der herausragenden Bedeutung des
Ziels der Schuldenverringerung sei es daher richtig, dem Ge-
setzentwurf zuzustimmen. Die vielfach vorgebrachte Kritik
an der textlichen Gestaltung der Verfassungsänderungen ver-
kenne, dass sich die Rahmenbedingungen seit der Verab-
schiedung des Grundgesetzes vor 60 Jahren grundlegend ge-

detailliertere und präzisere Regelungen als sie das Grundge-
setz ursprünglich vorgesehen habe.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD stellten folgenden
Entschließungsantrag:

„Der Bundestag wolle beschließen:

Die Straßeninfrastruktur Deutschlands ist von herausragen-
der Bedeutung für die Raumplanung, Wirtschaftsentwick-
lung und Gestaltung der Lebensräume seiner Bürgerinnen
und Bürger.

Bund und einige Länder stimmen darin überein, dass es
einen erheblichen Anteil von Bundesstraßen gibt, deren
überregionale Bedeutung wegen Änderungen der Verkehrs-
ströme, neuen Infrastrukturen oder Verkehrsbeziehungen
weggefallen ist.

Der Bund will diese Straßen nicht länger als Bundesstraßen
im Wege der Auftragsverwaltung in seiner Baulast tragen.
Einige Länder wiederum haben ein Interesse an der Über-
nahme solcher Straßen in eigene Trägerschaft.

Bund und Länder werden sich nach Beendigung der Arbei-
ten in der Föderalismusreform II zeitnah um eine einver-
nehmliche Lösung hinsichtlich der einzelnen Strecken, de-
ren Abstufungszeitpunkt und der sonstigen Abstufungs- und
Kompensationsmodalitäten bemühen. Dazu teilt das Bun-
desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung den
Verkehrsministerien der Länder noch vor Ende des Kalen-
derjahres schriftlich und für den Bund verbindlich mit, wel-
che Straßen(abschnitte) ihre Bedeutung soweit verloren ha-
ben, dass ihre Einstufung als Bundesstraßen nicht mehr zu
rechtfertigen ist.“

Der Antrag wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenenthaltung der
Fraktionen FDP und DIE LINKE. angenommen.

IV. Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss vorge-
schlagenen Änderungen begründet. Soweit der Ausschuss
die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt,
wird auf dessen Begründung in Drucksache 16/12410 ver-
wiesen.

Bei der vom Ausschuss vorgeschlagenen Änderung handelt
es sich um die Behebung eines Redaktionsversehens bei der
Abfassung des Änderungsbefehls gemäß den Vorschlägen
der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Moder-
nisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Da der bis-
herige Artikel 109 Absatz 5 Satz 1 in den neuen Absatz 2
überführt wird, ist dieser in Absatz 5 zu streichen und Satz 2
ist entsprechend den Empfehlungen der Kommission neu zu
fassen.

Berlin, den 27. Mai 2009
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/13221

habe, sei dies nunmehr eine Flucht aus der Verantwortung.
Der Vorwurf, der gefundene Kompromiss werde von der

ändert hätten. Dies gelte auch für die Finanzbeziehungen des
Bundes und der Länder. Diese erforderten heute sehr viel
Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Volker Kröning
Berichterstatter

Dr. Volker Wissing
Berichterstatter

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

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