BT-Drucksache 16/12935

Wettbewerb auf dem Gasmarkt

Vom 6. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12935
16. Wahlperiode 06. 05. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Marina Schuster,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Wettbewerb auf dem Gasmarkt

Nach der Rekordhöhe des Gaspreises 2008 zeichnen sich am Ende der Heiz-
saison 2009 deutliche Preissenkungen ab. Diese Senkungen sind aber nicht
Folge von zunehmendem Wettbewerb sondern sie beruhen auf der Kopplung
des Gaspreises an den Rohölpreis. In Bezugsverträgen sowohl auf der Import-
stufe als auch in Verträgen der Importeure mit den regionalen Weiterverteilern
ist die Öl-/Gaspreisbindung die dominierende Praxis. Für die Verbraucherinnen
und Verbraucher stellt sich die Frage, ob die Preissenkung zeitlich und von
ihrem Umfang her so weitergegeben wird, wie die Erhöhungen der Gaspreise
unter Berufung auf steigende Ölpreise in der Vergangenheit. In der Praxis ent-
halten zahlreiche Gaslieferverträge mit Endkunden Preisanpassungsklauseln,
die dem Gasversorger bei sinkendem Preisniveau das Recht einräumen zu
einem Zeitpunkt seiner Wahl die gesunkenen Bezugspreise an seine Kunden
weiterzugeben. Der Bundesgerichtshof hat diese Tatsache in einem Urteil vom
4. März 2008 als wesentlichen Grund dafür genannt, warum nach Auffassung
des Gerichts solche einseitigen Preisanpassungsrechte des Gasversorgers gegen
die Gebote von Treu und Glauben verstoßen und damit unwirksam sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung den derzeitigen Stand der Entwicklung
des deutschen Gasmarktes und des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt gene-

rell?

2. Welche Maßnahmen zur Verbesserung der wettbewerblichen Strukturen
(nicht der Preisaufsicht) des Gasmarktes hat die Bundesregierung in den vier
vergangenen Jahren getroffen, und welche weiteren Schritte sind zukünftig
geplant, um den Wettbewerb auf dem Gasmarkt weiter voranzubringen?

Drucksache 16/12935 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um sicherzustel-
len, dass sinkende Gasbezugspreise ebenso an die Endkunden weitergege-
ben werden, wie es in den vergangenen Jahren mit den gestiegenen Be-
zugskosten der Fall war?

4. Hält die Bundesregierung die Methodik der Gutachter der Studie der
Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes zu diesem Thema,
für wissenschaftlich solide?

Wenn ja, teilt die Bundesregierung die Ergebnisse des Gutachtens, die
deutschen Gasversorger gäben nur rund die Hälfte der möglichen Preissen-
kungen an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiter, und wenn ja,
welche Ursachen sieht die Bundesregierung dafür?

5. Sieht die Bundesregierung in den Ergebnissen der Studie ein Zeichen für
mangelnden Wettbewerb auf dem Gasmarkt?

6. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu den einzelnen in der oben
genannten Studie unter Punkt 7 aufgeführten Handlungsoptionen?

7. Wie stellt sich die Bundesregierung zu den Ergebnissen eines aktuellen
Rechtsgutachtens der Professoren Dr. Sigfried Klaue und Dr. Hans-Peter
Schwintowski der Berliner Humboldt-Universität, nach dem der im
Dezember 2007 in Kraft getretene § 29 des Gesetzes gegen Wettbewerbs-
beschränkungen den Wettbewerb behindert, da er einen rechtlichen Zwang
für jeden Anbieter auslöse, sich am billigsten Anbieter auszurichten und
damit im Ergebnis zur Gleichpreisigkeit im Markt führt?

8. Welche Hindernisse stehen nach Auffassung der Bundesregierung einem
börslich organisierten deutschlandweiten Spotmarkt für L- bzw. H-Gas
entgegen?

9. Falls keine Hindernisse bestehen, warum sind die Gasmärkte immer noch
regional zersplittert?

10. Wann ist mit der Vorlage einer geänderten Zugangsverordnung für das
Gasnetz durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
(BMWi) zu rechnen; welche Änderungen sind geplant und welche Wirkun-
gen erwartet sich die Bundesregierung davon?

11. Wann werden erste Ergebnisse der laufenden Sektoruntersuchung des Bun-
deskartellamts zu der deutschen Gasgroßhandelsstufe vorliegen?

12. Wie kann vor dem Hintergrund, dass ein großer deutscher Gasimporteur
seinen Kunden die Vereinbarung von Festpreisen zur Absicherung gegen
steigende Preise anbietet, die von der Bundesregierung positiv bewertete
Bindung des Gaspreises an Ölindizes in Gasimportverträgen weiter
Bestand haben, wenn sich der Importeur freiwillig der Möglichkeit begibt,
ölpreisbedingte Preissteigerungen im Einkauf an seine Kunden weiter ge-
ben zu können?

13. Welche Mengen an Biogas wurden 2008 in das deutsche Gasnetz einge-
speist?

14. Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Potential für Biogas bis 2015
ein?

15. Welche Herausforderungen sieht die Bundesregierung hinsichtlich des
Wettbewerbs auf dem europäischen Gasmarkt, und welche konkreten
Schritte wird die Bundesregierung ergreifen, um diesen Herausforderun-
gen zu begegnen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12935

16. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu dem russischen Vorschlag
einer Energie-Charta, wie sie der russische Präsident Dmitri Medwedjew
kürzlich vorgeschlagen hat, und welche Maßnahmen will die Bundesregie-
rung bezüglich der Energie-Charta ergreifen?

17. Welche Ergebnisse wird die vom BMWi eingesetzte Arbeitsgruppe zur
Gasversorgungssicherheit in die europäische Diskussion zu diesem Thema
einbringen?

18. Ist nach den Erkenntnissen der Bundesregierung der vertragliche Zugang
von Gashandelsunternehmen, die nicht über eigene Speicher verfügen, zu
Speicherkapazitäten und Speicherdienstleistungen im Markt zu Bedingun-
gen gegeben, die solchen Marktteilnehmern faire Chancen im Wettbewerb
mit integrierten Gasversorgungsunternehmen eröffnen?

19. Welchen Fortschritt haben die folgenden Initiativen auf europäischer
Ebene seit Anfang des Jahres gemacht und welche Maßnahmen hat die
Bundesregierung in diesem Zusammenhang seit Anfang des Jahres ergrif-
fen:

a) der Ausbau eines Geflechts von Energiebeziehungen durch gezielte Dia-
loge und Partnerschaften, um die Annäherung der Energiepolitiken,

b) der Abschluss eines Energiekapitels im Rahmen des Partnerschafts- und
Kopperationsfolgeabkommens (PKA) mit Russland,

c) die Weiterführung und Intensivierung des Dialogs mit wichtigen Produ-
zenten-, Transit- und Verbraucherländern mit Hilfe verschiedenster In-
strumente und Foren?

Berlin, den 5. Mai 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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