BT-Drucksache 16/1233

Zukunft von Fernverkehrsverbindungen in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Sachsen

Vom 7. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1233
16. Wahlperiode 07. 04. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Dorothee Menzner, Dr. Ilja Seifert,
Dr. Barbara Höll, Jörn Wunderlich, Katja Kipping, Michael Leutert, Dr. Axel Troost,
Monika Knoche, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Zukunft von Fernverkehrsverbindungen in der Bundesrepublik Deutschland,
insbesondere in Sachsen

Überregionale Angebote des Eisenbahn-Personenfernverkehrs auf dem Schie-
nennetz des Bundes sind für Industrie, Handwerk, Dienstleistungsbranchen und
nicht zuletzt für die Reisenden – die Menschen selbst – wichtig. Sie alle brau-
chen ein stetiges, disponierbares und auf lange Zeit angelegtes Fernverkehrs-
angebot.

Nach Ankündigung der Deutschen Bahn (Presse-Information vom 22. März
2006) soll in Westsachsen künftig der Personen-Fernverkehr der Deutschen
Bahn AG auf der Sachsen-Franken-Magistrale Dresden–Chemnitz–Nürnberg
eingestellt werden, obwohl die Region Westsachsen im Brennpunkt wichtiger
Fernstrecken des Schienenverkehrs liegt:

– Ostsachsen/Dresden–Bayern(–Baden-Württemberg),
– Berlin/Brandenburg–Leipzig–Bayern(–Baden-Württemberg) und
– Berlin/Brandenburg–Chemnitz–Bayern(–Baden-Württemberg).

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. In welchem Umfang nimmt die Bundesregierung, als Vertretung des Eigen-
tümers der Deutschen Bahn AG (DB AG), im Rahmen ihrer Verantwortung
für Aufgaben des Fernreiseverkehrs Einfluss auf die Entscheidungen des Un-
ternehmens DB AG, insbesondere hinsichtlich Planung, Einrichtung und
Ausgestaltung möglicher Verbindungen des Eisenbahn-Fernverkehrs?

2. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über Absichten der DB AG,
den Personenfernverkehr zwischen Chemnitz und Berlin – auf der letzten
aller Interregio-Linien der DB AG – zu beenden?

3. Inwiefern ist nach Ansicht der Bundesregierung mit der Abkopplung der
Region Südwestsachsen noch der Auftrag des Artikels 87e Abs. 4 des Grund-
gesetzes, im Fernverkehr dem Gemeinwohl dienende Verkehrsleistungen an-
zubieten, erfüllt, wonach der Bund gewährleistet, dass „dem Wohl der Allge-

meinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt
des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie deren Verkehrsan-
geboten auf dem Schienennetz … Rechnung getragen wird“.

4. Inwiefern stehen nach Ansicht der Bundesregierung die Pläne zur Schließung
von Fernverkehrsverbindungen im Einklang mit dem in der Bahnreform for-
mulierten Ziel, den Anteil des Schienenverkehrs am Gesamtverkehrsmarkt zu
steigern und zu mehr Kunden- und Verbraucherfreundlichkeit zu kommen?

Drucksache 16/1233 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, als Vertretung des Eigen-
tümers der DB AG, im Rahmen ihrer Verantwortung für Fernverkehrsauf-
gaben darauf hinzuwirken, auf absehbare Zeit – bitte Zeitpunkt nennen –
einen Fernverkehrsersatz für den Interregio-Verkehr Chemnitz–Berlin zu
schaffen, ohne den Fern-Reisenden zwischen Berlin und Chemnitz künftig
höhere Fahrpreise zuzumuten?

6. Wie bewertet die Bundesregierung verkehrspolitisch mögliche Alternativen
zur Einstellung des Fernverkehrs wie den Verzicht auf das Projekt Thürin-
gentunnel und die dazugehörige ICE-Neubaustrecke oder eine Führung von
IC-Zügen aus dem süddeutschen Raum über Chemnitz, Riesa nach Berlin?

7. Welche Schlussfolgerungen zieht die DB AG aus den bisher verfehlten Zielen
der Bahnreform, die in der Steigerung des Anteils des Schienenverkehrs am
Gesamtverkehrsmarkt, an einer Entlastung des Bundeshaushaltes und einem
Mehr an Kundenfreundlichkeit durch mehr Wettbewerb bestanden?

8. Was veranlasst die Bundesregierung zu glauben, dass die oben genannten
Probleme durch einen Verkauf an private Investoren bzw. den Börsengang
behoben werden?

9. Wie hoch beziffert die Bundesregierung die Kapitalrendite sowie die Um-
satzrendite der DB AG in den Jahren 2004 und 2005, und wie hoch müsste
die Umsatzrendite der DB AG (ohne Stinnes) sein, um eine marktübliche
Kapitalrendite von 10 Prozent zu erreichen?

10. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Rendite einzelner
Teilstrecken, speziell der Strecke Berlin–Nürnberg?

11. Rechnet die Bundesregierung damit, dass nach einem eventuellen Börsen-
gang der Bahn weitere Fernverkehrsverbindungen der DB AG eingestellt
werden?

12. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die beschäftigungs-
politischen Auswirkungen von Streckenschließungen in den Jahren 2004
bis 2007 (wenn möglich, bitte nach Regionen aufschlüsseln)?

13. Wie bewertet die Bundesregierung verkehrspolitisch die Entwicklung, dass
Fernverkehrsverbindungen der DB AG durch Nahverkehrsleistungen er-
setzt werden und der Bund zugleich eine Reduzierung der Regionalisie-
rungsmittel der Länder vorsieht, aus denen der Nahverkehr finanziert wird?

Berlin, den 7. April 2006

Sabine Zimmermann
Dorothee Menzner
Dr. Ilja Seifert
Dr. Barbara Höll
Jörn Wunderlich
Katja Kipping
Michael Leutert
Dr. Axel Troost
Monika Knoche
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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