BT-Drucksache 16/12281

Einrichtung eines Jugendfreiwilligendienstes "kulturweit"

Vom 17. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12281
16. Wahlperiode 17. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Dr. Uschi Eid, Manuel Sarrazin, Ekin Deligöz,
Katrin Göring-Eckardt, Britta Haßelmann, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager,
Grietje Staffelt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einrichtung eines Jugendfreiwilligendienstes „kulturweit“

Junge Menschen zeichnen sich durch eine sehr hohe Engagementbereitschaft
aus. Freiwilligendienste bieten gerade ihnen vielfältige Möglichkeiten zu Bil-
dungserfahrungen und bürgerschaftlichem Engagement. Dabei geht die Nach-
frage der jungen Menschen weit über das bestehende Angebot an Freiwilligen-
dienstplätzen hinaus. Unterrepräsentiert sind bisher vor allem benachteiligte
Jugendliche aus einkommensarmen und bildungsfernen Elternhäusern.

Mehrere Bundesministerien haben in den vergangenen Jahren Freiwilligen-
dienste eingerichtet, die sehr unterschiedlich konzipiert sind. Der neue inter-
nationale kulturelle Freiwilligendienst „kulturweit“ soll jungen Menschen die
Möglichkeit geben, sich im Ausland für Kultur- und Bildungsarbeit zu engagie-
ren. Laut Presseberichten ist das Auswärtige Amt für diesen neuen Dienst
federführend, der wiederum den Freiwilligendienst „weltwärts“ des Bundesmi-
nisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ergän-
zen solle.

Mit dem „kulturweit“-Programm stellt sich erneut die Frage nach einer Ge-
samtkonzeption der Jugendfreiwilligendienste, die nicht zuletzt die sozialrecht-
lichen Rahmenbedingungen und die Sicherung der Qualität der Freiwilligen-
dienste betrifft.

Wir fragen die Bundesregierung:

A. Gesamtkonzeption der Jugendfreiwilligendienste

1. Inwiefern verfolgt die Bundesregierung ein Gesamtkonzept für die Freiwilli-
gendienste, worin besteht es und inwiefern erfolgt die Einrichtung eines
neuen Freiwilligendienstes „kulturweit“ im Rahmen eines solchen Konzep-
tes?

2. Inwiefern gewährleistet die Bundesregierung, dass alle Freiwilligendienste,
die sich besonders an Jugendliche richten, als Bildungsdienste konzipiert
sind (bitte nach Freiwilligendiensten aufschlüsseln)?
3. Betrachtet die Bundesregierung das Bundesministerium für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend weiterhin als federführend für die Freiwilligen-
dienste, und wenn ja, in welcher Weise kommt diese herausgehobene Ver-
antwortung in Bezug auf „weltwärts“, „kulturweit“ und die anderen Freiwil-
ligendienste zum Ausdruck?

Drucksache 16/12281 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Inwiefern hat die Bundesregierung die Einrichtung des Freiwilligendiens-
tes „kulturweit“ bzw. ein Gesamtkonzept für die deutschen Freiwilligen-
dienste mit bestehenden EU-Freiwilligendiensten abgestimmt, insbeson-
dere um Doppelstrukturen zu vermeiden?

5. Inwiefern erfolgt bei der Einrichtung neuer Freiwilligendienste sowie bei
der Evaluation und Weiterentwicklung der bestehenden Dienste eine inter-
ministerielle Abstimmung?

6. Ist in dieser Legislaturperiode die Einrichtung weiterer Freiwilligendienste,
die sich besonders an Jugendliche richten, geplant?

7. Gibt es Überlegungen bzw. Planungen im Bundesministerium des Innern,
ein Freiwilligendienstprogramm einzurichten, und wenn ja, worin bestehen
diese konkret?

8. Inwiefern plant die Bundesregierung, die Möglichkeiten eines Zivildienst-
ersatzes nach dem Zivildienstgesetz durch „kulturweit“ und andere Frei-
willigendienste auszuweiten?

9. Inwiefern sieht die Bundesregierung Änderungsnotwendigkeit bei § 14c des
Zivildienstgesetzes auch unter Berücksichtigung der vorliegenden kriti-
schen Bundesratsstellungnahme zum Zivildienstgesetz und der anlässlich
der entsprechenden Bundestagsanhörung geäußerten Vorschläge verschie-
dener Träger (vgl. u. a. Schreiben des Bundesarbeitskreises Freiwilliges
Soziales Jahr vom 3. November 2008)?

10. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Einrichtung eines neuen na-
tionalen Freiwilligendiensts nicht auf Kosten der EU-Freiwilligendienste
des Programms „Jugend in Aktion“ geschieht, deren Nachfrage das Ange-
bot bereits übersteigt?

B. Ziele und Rahmenbedingungen des Freiwilligendienstes „kulturweit“

11. Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung mit der Einrichtung des neuen
Freiwilligendienstes „kulturweit“?

12. Inwiefern basiert der neue Freiwilligendienst auf dem freiwilligen sozialen
Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, und welche Konse-
quenzen ergeben sich daraus für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer?

13. Inwiefern ist der neue Freiwilligendienst „kulturweit“ von dem entwick-
lungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ abzugrenzen?

14. Inwiefern sieht die Bundesregierung Vorteile für die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer dadurch, den neuen Freiwilligendienst „kulturweit“ im Rah-
men des Jugendfreiwilligendienstegesetzes anzubieten und nicht, wie beim
entwicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung „weltwärts“, als ein se-
parates Förderprogramm zu gestalten?

15. Inwiefern sieht die Bundesregierung Vorteile für die durchführenden Orga-
nisationen dadurch, den neuen Freiwilligendienst „kulturweit“ im Rahmen
des Jugendfreiwilligendienstegesetzes anzubieten und nicht, wie beim ent-
wicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung „weltwärts“, als ein separa-
tes Förderprogramm zu gestalten?

16. Inwiefern rückt die Bundesregierung bei der Einrichtung von „kulturweit“
vom bisherigen zivilgesellschaftlichen Trägerprinzip ab, und welche Kon-
sequenzen ergeben sich hieraus aus Sicht der Bundesregierung für die

etablierten Trägerorganisationen von Freiwilligendiensten?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12281

17. Hat das Auswärtige Amt bei der Vorbereitung des neuen Freiwilligendiens-
tes die Kompetenz und Erfahrung verschiedener Organisationen und Ver-
bände der kulturellen Kinder- und Jugendarbeit bzw. -bildung berücksich-
tigt und eingebunden, und wenn ja, wie und mit welchem Ergebnis?

18. Wer ist mit der Koordinierung und Durchführung des Programms beauf-
tragt, und welche Kosten entstehen dadurch im Einzelnen?

19. Nach welchen Kriterien werden Träger des Freiwilligendienstes „kultur-
weit“ zugelassen, und wie erfolgt die Zulassung?

20. In welcher Weise ist die Zusammenarbeit mit den Trägern geregelt?

21. Inwiefern findet eine Zusammenarbeit mit den Mittlerorganisationen aus-
wärtiger Kultur- und Bildungspolitik statt?

22. In welchen Einsatzstellen können die jungen Menschen den Freiwilligen-
dienst „kulturweit“ ausüben, und nach welchen Kriterien werden diese Ein-
satzstellen ausgewählt?

23. Inwiefern werden die Einsatzstellen im Rahmen des neuen Freiwilligen-
dienstes „kulturweit“ finanziell unterstützt?

24. In welchen Ländern können die jungen Menschen den Freiwilligendienst
ausüben, und in welcher Form werden mit diesen Ländern Vereinbarungen
bezüglich des Einsatzes von Freiwilligen getroffen?

25. Nach welchen Kriterien und auf welcher rechtlichen Grundlage werden
Vereinbarungen mit den Einsatzstellen und den Freiwilligen getroffen?

26. Welche Altersbeschränkungen sind für den Dienst vorgesehen, und wie be-
gründen sich diese insbesondere im Vergleich zu den anderen Freiwilligen-
diensten?

27. Welche Zielgruppen möchte die Bundesregierung mit dem neuen Freiwilli-
gendienst ansprechen, und welche Kriterien müssen Bewerberinnen und
Bewerber für den Freiwilligendienst erfüllen?

28. Wie werden die Freiwilligen ausgewählt, und inwiefern wird sichergestellt,
dass hier keine Benachteiligung erfolgt?

29. Inwiefern sind Fremdsprachkenntnisse Bedingung für eine Entsendung und
womit ist dies im Einzelnen begründet?

30. Inwiefern sind Deutschkenntnisse Bedingung für eine Entsendung, und
womit ist dies begründet?

31. Inwiefern wird die Beteiligung benachteiligter, bildungsferner Gruppen
sowie von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in dem Programm
„kulturweit“ berücksichtigt?

32. In welcher Form werden die Informationen für Interessentinnen und Interes-
senten am Freiwilligendienst bereitgestellt, und inwiefern sind diese an
bestimmte Zielgruppen gerichtet?

33. Inwiefern werden im Freiwilligendienst „kulturweit“ für die Freiwilligen
Sozial- und Rentenversicherungsbeiträge übernommen, und wie begründet
die Bundesregierung hierbei Unterschiede zu anderen Freiwilligendiens-
ten?

34. Inwiefern werden durch die gesetzliche Sozialversicherung eventuell aus-
gelöste aufenthaltsrechtliche Probleme im Gastland im Vorfeld geregelt,
und welche präventiven Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zum
Schutze der Freiwilligen in diesem Punkt zu ergreifen?

Drucksache 16/12281 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
35. Wie viele Freiwillige sollen in den nächsten Jahren im Rahmen von „kul-
turweit“ entsandt werden, und inwiefern passen sich die erwarteten Teil-
nehmerzahlen ein in eine mögliche Strategie der Bundesregierung im Be-
reich der Freiwilligendienste?

36. Inwiefern werden die Freiwilligen im Rahmen von „kulturweit“ bei der Be-
schaffung eines Visums und wenn notwendig einer Aufenthaltsgenehmi-
gung unterstützt, und inwiefern werden hier Konsequenzen aus negativen
Erfahrungen im Rahmen des Programms „weltwärts“ gezogen?

37. Inwiefern werden die Freiwilligen im Verlauf des Freiwilligendienstes
„kulturweit“ bei eventuell auftretenden Problemen unterstützt und ihre
Interessen vertreten?

38. Inwiefern stellt die Bundesregierung die pädagogische Begleitung der Frei-
willigen von „kulturweit“ im Ausland durch die Einsatzstelle sicher?

39. Inwiefern sollen die Lernergebnisse nach dem Freiwilligendienst in nach-
weisbarer Form anerkannt werden?

40. Inwiefern werden zurückgekehrte Freiwillige von „kulturweit“ bei der Re-
integration in Deutschland unterstützt, und inwiefern sind Projekte zur
Rückkehrerarbeit geplant?

41. Mit welchen Gesamtkosten rechnet die Bundesregierung für die Durchfüh-
rung von „kulturweit“ pro Jahr?

Wie setzen sich diese zusammen (bitte aufschlüsseln)?

Berlin, den 16. März 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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