BT-Drucksache 16/12262

Anrechnung von Erträgen aus Solarstromanlagen nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) auf vorgezogene Altersrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung

Vom 16. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12262
16. Wahlperiode 16. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Karin Binder,
Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Inge Höger, Katja Kipping,
Elke Reinke, Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Anrechnung von Erträgen aus Solarstromanlagen nach dem
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf vorgezogene Altersrenten
in der gesetzlichen Rentenversicherung

§ 34 Absatz 2 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) regelt
die Höhe des erlaubten Hinzuverdienstes bei vorgezogenen Altersrenten. Als
Hinzuverdienst im Sinne dieser Regelung gilt „Arbeitsentgelt oder Arbeitsein-
kommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleich-
bares Einkommen“. Eine entsprechende, wortgleiche Regelung findet sich in
§ 96a Absatz 1 Satz 2 SGB VI für Renten wegen verminderter Erwerbsfähig-
keit.

Welche Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit für alle Sozialversicherungs-
zweige sozialversicherungsrechtlich relevant sind, regelt § 15 SGB IV. Dem-
nach sind Einkünfte aus dem Betrieb von Solarstromanlagen nach dem Erneuer-
bare-Energien-Gesetz nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des
Einkommenssteuerrechts Einkünfte aus Gewerbebetrieben oder aus selbststän-
diger Tätigkeit und somit voll anrechnungsfähige Beträge im Rahmen der Hin-
zuverdienstgrenze. Diese Regelung kann bei der Überschreitung der Hinzuver-
dienstgrenze vor Erreichen der Regelaltersrente von 65 Jahren dazu führen, dass
eine Rente wegen Alters lediglich als Teilrente nach § 34 Absatz 3 bzw. § 96
Absatz 2 gewährt wird.

Zwar unterliegen Einkünfte aus Kapitalerträgen, etwa aus Kapitallebensver-
sicherungen, oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oberhalb einer
Freigrenze von 600 Euro ebenfalls dem Einkommensteuerrecht, diese Ein-
künfte werden allerdings nicht im Rahmen der Hinzuverdienstgrenze bei einer
vorgezogenen Rente wegen Alters angerechnet.

Es stellt sich daher die Frage, ob Einkünfte aus Solarstromanlagen nach dem
EEG tatsächlich als Einkommen aus Gewerbebetrieben oder aus selbstständi-
ger Tätigkeit behandelt werden können bzw. sollten.

Für die Nichtanrechnung, also gegen die Auslegung der Rentenversicherung,

spricht auch ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-
Pfalz (L 4 R 288/08) vom 31. Oktober 2008. Zwar ging es in dem konkreten
Fall um eine Erwerbsminderungsrente, aber die gesetzliche Formulierung zur
Anrechnung von Erwerbseinkommen in § 96a SGB VI ist wortgleich mit der
bei vorzeitigem Rentenbezug. In dem Urteil stellte das LSG Rheinland-Pfalz
ausdrücklich klar, dass Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht das auf
eine Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnende Einkommen aus selbst-

Drucksache 16/12262 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
ständiger Erwerbstätigkeit mindern. Das Gericht argumentierte weiter, dass die
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit das wegen der Einschränkung der
Erwerbstätigkeit ausfallende Einkommen ersetzen soll. Aus diesem Grund
werde nicht jedes Einkommen, sondern nur solches aus einer Beschäftigung
oder einer selbstständigen Erwerbstätigkeit angerechnet. Es erscheint daher in
sich nicht schlüssig, dass einerseits der Betrieb einer Solarstromanlage Ein-
kommen aus Erwerbstätigkeit darstellen soll und andererseits sich diese Ein-
nahmen von Mieteinnahmen oder Kapitaleinkünften relevant unterscheiden
sollen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Einkünfte aus Anlagen, die nach dem
EEG förderungswürdig sind, als Einkünfte aus Gewerbebetrieben behandelt
werden und deshalb i. S. d. § 15 SGB IV voll anrechnungsfähige Beträge im
Rahmen der Hinzuverdienstgrenze im SGB VI sind?

2. Hält die Bundesregierung die bestehende Regelung vor dem Hintergrund der
Zielsetzung des EEG für sinnvoll (bitte begründen)?

3. In wie vielen Fällen wurde seit dem Inkrafttreten des EEG die Hinzuver-
dienstgrenze im SGB VI aufgrund von Einkünften aus Solarstromanlagen
überschritten, und gegen wie viele Bescheide wurde Widerspruch eingelegt?

4. Unterscheidet sich aus Sicht der Bundesregierung das Einkommen aus dem
Betrieb einer Solarstromanlage grundsätzlich von den Einnahmen aus Ver-
mietung und Verpachtung und rechtfertigt dieser Unterschied eine unter-
schiedliche Behandlung im Sinne der Hinzuverdienstgrenzen im SGB VI?

5. Ist es richtig, dass Einkommen aus einer Investition in erneuerbare Energie-
systeme beispielsweise über einen Ökofonds nicht zur Anrechnung führen
würde, während eine identische Investition mit einer identischen Rendite in
eine eigene Solarstromanlage sehr wohl als Einkommen angerechnet würde?

6. Stimmt die Bundesregierung der Tatsache zu, dass Einkünfte aus einer
Solarstromanlage anrechnungsfrei wären, wenn die Person mit vorgezoge-
ner Altersrente die Anlage auf eine andere Person überschreiben würde und
im Gegenzug regelmäßige Mietzahlungen in Höhe der Einnahmen der
Solarstromanlage für die genutzte Fläche beziehen würde (bitte begründen)?

7. Will die Bundesregierung auch in Zukunft an der derzeitigen gesetzlichen
Regelung festhalten?

Berlin, den 16. März 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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