BT-Drucksache 16/12205

Besteuerung der Kindertagespflege

Vom 9. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12205
16. Wahlperiode 09. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, Dr. Barbara Höll,
Katja Kipping, Katrin Kunert, Elke Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken),
Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Besteuerung der Kindertagespflege

Mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 müssen auch Tagesmütter
und Tagesväter, die vom Jugendamt oder von der Gemeinde bezahlt werden, die
Einkünfte aus ihrer Tagespflegetätigkeit versteuern. Bisher waren nur die Tages-
pflegepersonen steuerpflichtig, die das Geld für die Kinderbetreuung direkt von
den Familien erhielten. Des Weiteren wurde ab dem Jahr 2009 die Betriebsaus-
gabenpauschale erhöht: Sie liegt nun bei 300 Euro pro vollzeitbetreutem Kind
und pro Monat. Bisher konnten im Wege der Pauschalierung nur maximal
246 Euro als Betriebsausgaben abgezogen werden. Die Pauschale bezieht sich
auf eine Betreuungszeit von acht Stunden und mehr pro Kind und Tag. Bei
weniger Stunden verringert sie sich anteilig.

Es können alternativ auch die tatsächlichen Betriebskosten nachgewiesen wer-
den. In diesem Fall sollen alle Einzelbelege gesammelt und in einer Einzelauf-
stellung dem Finanzamt vorgelegt werden. Als Ausgaben kommen nach Infor-
mationen des Bundesministeriums der Finanzen beispielsweise in Betracht:
Mobiliar, Spiel- und Bastelmaterialien, Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Fach-
literatur, Weiterbildungskosten und Kommunikationskosten, etwa Telefon und
Internet. Auch die Miete und Betriebskosten für die zur Kinderbetreuung ge-
nutzten Räumlichkeiten zählen dazu. Kosten für die Freizeitgestaltung mit den
Kindern sowie Fahrtkosten können ebenfalls berücksichtigt werden. Bei Einzel-
nachweis der Betriebsausgaben ist der zusätzliche Abzug der Betriebsausgaben-
pauschale nicht zulässig.

Begründet wurde die steuerliche Gleichbehandlung aller Tagespflegepersonen
u. a. mit dem Ziel der Bundesregierung, das Berufsbild aufzuwerten und die
Altersvorsorge der in diesem Beruf Tätigen zu verbessern. Angesichts ihrer
tatsächlichen Auswirkungen erscheint dies jedoch fraglich.

Die steuerliche Gleichbehandlung aller Tagespflegepersonen hat bei den Betrof-
fenen zu einer erneuten und verschärften Diskussion über die Höhe ihrer Entloh-
nung geführt. In zahlreichen Landkreisen und Kommunen führte das gleichzeitig
zur erneuten Intensivierung der Debatte über Qualität und Preis der öffentlichen

Kindertagespflege und den großen Unterschieden in den Rahmenbedingungen
zwischen den Bundesländern und zwischen den einzelnen Kommunen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hat sich die Gesamtzahl der freien und durch das Jugendamt vermittelten
Tagespflegepersonen getrennt nach Bundesland während der vergangenen
fünf Jahre verändert?

Drucksache 16/12205 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Wie viele Kinder werden in der Regel durch eine Tagespflegeperson betreut,
und wie hat sich diese Zahl in den vergangenen fünf Jahren verändert (bitte
Angaben nach Bundesländern aufschlüsseln)?

3. Wie viele Kinder werden insgesamt von Tagespflegepersonen betreut, und
wie hat sich diese Zahl in den vergangenen fünf Jahren verändert (bitte nach
Bundesländern aufschlüsseln)?

4. Wie hoch sind die durchschnittlichen Einnahmen einer öffentlich vermittel-
ten Tagespflegeperson in den einzelnen Bundesländern?

5. Welche Bundesländer haben von ihrer Regelungskompetenz nach § 23
Absatz 2 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) Gebrauch
gemacht, und wie hoch sind die jeweiligen Beträge für Tagespflegeperso-
nen?

6. Gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, einen bundeseinheit-
lichen Mindestbetrag festzulegen (bitte begründen)?

7. In welchen Ländern und Kommunen gibt es nach Kenntnis der Bundes-
regierung Überlegungen, die Beträge für Tagespflegepersonen anzuheben?

8. Wie viele Tagespflegepersonen beziehen zusätzlich Leistungen wie Ar-
beitslosengeld I oder II oder aufstockende Leistungen (bitte nach Bundes-
ländern aufschlüsseln)?

9. Wie hoch ist die steuerliche Mehrbelastung von öffentlich bezahlten Tages-
pflegepersonen ab 2009 im Vergleich zum Vorjahr?

10. Wie begründet die Bundesregierung den in ihrem Rechenbeispiel genutzten
Beitrag von ca. drei Euro pro Stunde und Kind, und hält sie diesen für exis-
tenzsichernd und der Arbeitsleistung angemessen?

11. Wie wird der leicht erhöhte Pauschalbetrag von 300 Euro für Betriebskos-
ten hergeleitet?

Hält die Bundesregierung diesen Betrag für ausreichend (bitte begründen)?

12. Wie kann bei höheren Betriebsausgaben, die dann durch Einzelbelege nach-
zuweisen sind, der Verwaltungsaufwand für die Tagespflegepersonen mög-
lichst gering gehalten werden?

Wie schätzt die Bundesregierung diesen Verwaltungsaufwand ein (Stunden
pro Monat)?

13. Wie können Tagespflegepersonen Ausgaben z. B. für Nahrungsmittel (z. B.
Obst und Gemüse) aus dem Eigenanbau bzw. aus dem regionalen Kleinhan-
del, für die es in der Regel keine Quittung gibt, nachweisen und diese gel-
tend machen?

14. Wie wird die Arbeitsleistung in den Fällen finanziell berücksichtigt, wenn
von der Tagespflegeperson selbst gekocht wird?

15. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass Tagespflegepersonen
die Zahl der von ihnen betreuten Kinder reduzieren bzw. die Kinder nur
noch für weniger als acht Stunden täglich betreuen, um unter der Besteue-
rungsgrenze zu bleiben?

Wie kann dieser Gefahr entgegengewirkt werden?

16. Hält die Bundesregierung die steuerlichen Veränderungen für den richtigen
Weg, um das Berufsbild der Tagespflegeperson aufzuwerten (bitte begrün-
den)?

17. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Tagespflegepersonen

zu unterstützen, die Qualität der Arbeit zu verbessern und die Zahl der hier
Tätigen zu erhöhen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12205

18. Wie sind Tagespflegepersonen bei Krankheit und nach Ausscheiden aus
dem Arbeitsprozess durch Arbeitslosigkeit und bei Eintritt ins Rentenalter
sozial abgesichert?

Ergeben sich hier Veränderungen aus den in 2009 in Kraft getretenen Neu-
regelungen?

Berlin, den 9. März 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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