BT-Drucksache 16/11947

Finanzpolitische Bewertung von Credit Default Swaps

Vom 11. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11947
16. Wahlperiode 11. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Schäffler, Florian Toncar, Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Dr. Werner
Hoyer, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Gisela Piltz, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Daniel Volk, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Finanzpolitische Bewertung von Credit Default Swaps

Kreditderivate wie Credit Default Swaps (CDS) dienen der Ausdifferenzierung
und Vertiefung des Finanzsektors. Im Kern ermöglichen derartige Lösungen
eine Trennung der mit einem Kredit verbundenen Risiken von der zugrunde
liegenden Kreditbeziehung. Ausfallrisiken werden dadurch zu einem handel-
baren Gut, was aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten tendenziell zu einer
breiten Risikoverteilung und gleichzeitiger Kreditvolumenausweitung führen
kann. Aus Sicht des Sicherungsnehmers haben CDS-Lösungen einen versiche-
rungstechnischen Charakter.

Die Deutsche Bundesbank hat bereits 2004 auf den ambivalenten Charakter von
CDS-Lösungen hingewiesen. Derartige Instrumente können die Absorptions-
fähigkeit des internationalen Finanzsystems stärken, aber auch neue Markt-
risiken begründen. Als vorausschauende Bankenaufsicht hat die Deutsche Bun-
desbank eine laufende Beobachtung des Marktes für den Kreditrisikotransfer
empfohlen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Maßnahmen zur im Monatsbericht Dezember 2004 seitens der
Deutschen Bundesbank als unverzichtbar angesehenen Beaufsichtigung des
Marktes für den Kreditrisikotransfer hat die deutsche Bankenaufsicht seit-

dem realisiert?

2. Wie hat sich das Marktvolumen für CDS-Lösungen in den vergangenen fünf
Jahren in der Bundesrepublik Deutschland – deutsches Unternehmen entwe-
der Sicherungsgeber oder -nehmer –, in der Europäischen Union sowie welt-
weit entwickelt?

Drucksache 16/11947 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Wie haben sich CDS-Prämien in der Europäischen Union durchschnittlich
seit Juli 2007 entwickelt (wenn möglich Verlauf nach Risikoklassen ange-
ben)?

4. Wie haben sich die Volumina der Ausgleichszahlungen in der Euro-
päischen Union im gleichen Zeitraum als Folge eines Kreditereignisses – in
der Regel Zahlungsverzug oder -ausfall; Antrag auf Insolvenz; Restruktu-
rierung von Verbindlichkeiten – entwickelt (wenn möglich Verlauf nach
Risikoklassen angeben)?

5. In welchem Volumen erfolgten Ausgleichszahlungen im Kontext der drei
durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ausge-
sprochenen Moratorien gegen die Weserbank AG, die Lehman Brothers
Bankhaus AG sowie die Kaupthing Bank hf?

6. In welchem Umfang hat die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur
GmbH CDS-Lösungen jeweils emittiert respektive erworben?

7. In welchem Umfang hat die KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau CDS-
Lösungen in den letzten fünf Jahren jeweils emittiert respektive erworben?

8. In welchem Umfang hat die Deutsche Bundesbank CDS-Lösungen in den
letzten fünf Jahren jeweils emittiert respektive erworben?

9. Welchen Anteil haben öffentlich-rechtlich Unternehmen am Gesamtvolu-
men des deutschen Marktes für den Kreditrisikotransfer, jeweils als Siche-
rungsgeber und -nehmer?

10. Haben aus Sicht der Bundesregierung CDS-Lösungen seit Juli 2007 ten-
denziell eher stabilisierende oder eher destabilisierende Effekte auf den
Finanzsektor in der Europäischen Union entfaltet?

11. Sieht die Bundesregierung bezüglich des Marktes für den Kreditrisiko-
transfer einen regulatorischen Handlungsbedarf, und wenn ja, welchen?

12. Hat die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission eine
offizielle Position zur Regulierung des Marktes für den Kreditrisikotransfer
abgegeben, und wie lautet diese im Detail (gegebenenfalls Originalformu-
lierung im Anhang angeben)?

13. In welchen Sitzungen des Ecofin respektive des Europäischen Rates war
eine mögliche Regulierung des Marktes für den Kreditrisikotransfer Ge-
genstand der Diskussionen, und was waren gegebenenfalls die wesent-
lichen Ergebnisse?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Option einer gesetzlich vorgeschrie-
benen europäischen Clearing-Stelle, und welche Institution sollte aus wel-
chen Gründen dieses Clearing verantworten?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Option, auch Institutionen außerhalb
der Europäischen Union als mögliche zentrale Clearing-Stelle im Kontext
möglicher gesetzlicher Vorschriften zuzulassen?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Clearing-Stelle, die lediglich jede
Transaktion zur Erreichung von Markttransparenz registriert, im Vergleich
zu einer solchen Institution, die zusätzlich das Gegenparteirisiko über-
nimmt?

17. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass eine Clearing-Stelle, gleich
welcher Ausgestaltung, zu einer Erhöhung der Transaktionskosten und/
oder zu einer Reduktion der maßgeschneiderten Flexibilität von CDS-
Lösungen führt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11947

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Option, CDS-Lösungen zukünftig
anders mit Eigenmitteln zu unterlegen als derzeit unter Basel II, und welche
derartigen Maßnahmen befürwortet die Bundesregierung?

19. In welchem Umfang kann der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung ge-
genwärtig als Sicherungsgeber unter Nutzung von Credit Default Swaps
auftreten?

20. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen eine stärkere Nutzung
des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung als Sicherungsgeber?

Berlin, den 11. Februar 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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