BT-Drucksache 16/11945

Kernbereichsschutz bei technischen Überwachungsmaßnahmen

Vom 11. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11945
16. Wahlperiode 11. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Max
Stadler, Mechthild Dyckmans, Christian Ahrendt, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun
Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk, Dr. Volker Wissing,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Kernbereichsschutz bei technischen Überwachungsmaßnahmen

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2004
zur akustischen Wohnraumüberwachung (1 BvR 2378/98) und seither in stän-
diger Rechtsprechung festgestellt, dass es einen absolut unantastbaren Kern-
bereich privater Lebensgestaltung gibt, in den der Staat nicht eindringen darf.
Der Schutz des Kernbereichs kann dabei auch nicht gegen andere Rechtsgüter
abgewogen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat in genannter Entscheidung zur akustischen
Wohnraumüberwachung weiterhin verlangt, dass die Aufzeichnung des gespro-
chenen Worts in Wohnungen abgebrochen werden muss, sobald der Kern-
bereich berührt ist.

Sofern trotz dieser strikten Vorgaben dennoch in den Kernbereich eingegriffen
wurde, muss unverzüglich eine Löschung der erhobenen Daten erfolgen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie oft wurden im Jahr 2008 bei Maßnahmen zur akustischen Wohnraum-
überwachung gemäß § 100c der Strafprozessordnung (StPO) Äußerungen
erfasst, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind?
2. Bei wie vielen Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung gemäß
§ 100a StPO wurden im Jahr 2008 Erkenntnisse aus dem Kernbereich priva-
ter Lebensgestaltung, aufgeschlüsselt in Eingriffe auf Sprachkommunika-
tion, Briefkommunikation und elektronische Kommunikation, erfasst?

Drucksache 16/11945 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wie oft wurde im vergangenen Jahr bei welchen anderen Maßnahmen in den
absolut unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung durch welche
Behörden eingegriffen (z. B. Zollfahndungsdienstgesetz, Verfassungsschutz-
gesetz und andere Gesetze)?

4. Aus welchen Gründen kam es zu diesen unerlaubten Eingriffen?

5. Wie bewertet die Bundesregierung den effektiven Schutz des Kernbereichs
gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts?

6. Wie bewertet die Bundesregierung, dass durch automatische Aufzeichnun-
gen das Gebot des Grundgesetzes, erst gar nicht in den Kernbereich einzu-
greifen, ausgehebelt wird, indem Daten erst einmal erhoben und im Nach-
hinein angehört und ausgewertet werden, während der Eingriff schon durch
die Aufzeichnung vollzogen ist?

7. Welche Probleme technischer Art welcher Behörden sind der Bundesregie-
rung bezüglich der Löschung kernbereichsrelevanter Daten bekannt?

8. Welche Konsequenz in rechtlicher und technischer Hinsicht haben techni-
sche Probleme, die dazu führen, dass aus Überwachungsaufnahmen kern-
bereichsrelevante Daten nicht gelöscht werden können, für die gesamte Auf-
nahme?

Berlin, den 11. Februar 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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