BT-Drucksache 16/11814

Integrierte Versorgung

Vom 29. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11814
16. Wahlperiode 29. 01. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert
und der Fraktion DIE LINKE.

Integrierte Versorgung

Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-
Modernisierungsgesetz (GMG) wurde von den damals im Deutschen Bundes-
tag vertretenen PDS-Abgeordneten abgelehnt. Mit Unterstützung von SPD,
CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trat es zum 1. Januar 2004 in
Kraft. Es war im Kern ein Gesetz zur Kürzung von Leistungen und zur Er-
höhung von Zuzahlungen. Dieses Gesetz enthielt aber auch eine Regelung, die
differenzierter zu beurteilen ist, die Integrierte Versorgung.

Die Integrierte Versorgung ist der Versuch durch eine fach- und sektorenüber-
greifende Versorgung, starre Strukturen im Gesundheitssystem zu beenden. Da-
mit sollte im günstigsten Fall eine gleichzeitig bessere und günstigere Versor-
gung gewährleistet werden.

Prinzipiell wurde diese Möglichkeit schon ab dem Jahr 2000 gesetzlich eröff-
net. Der Erfolg war aber bescheiden, auch wegen des Genehmigungsvorbehalts
der Kassenärztlichen Vereinigungen. Um Anreize für diese Selektivverträge zu
schaffen, wurde mit dem GMG 2004 eine Anschubfinanzierung vorgesehen.
Durch diese Anschubfinanzierung (jeweils 1 Prozent der ambulanten und sta-
tionären Gesamtvergütung) müssen diejenigen Leistungserbringer einen Ab-
schlag hinnehmen, die keine Verträge zur Integrierten Versorgung abgeschlos-
sen haben. Die Leistungserbringer, die Integierte-Versorgungs-Verträge mit den
Krankenkassen haben, können extrabudgetäre Erlöse erzielen. Seit dieser An-
reizregelung wurden immer mehr Verträge abgeschlossen.

Ab 1. Januar 2009 fällt die Anschubfinanzierung weg. Es ist zu erwarten, dass
nicht nur das zahlenmäßige Wachstum der Verträge zur Integrierten Versorgung
mit dem Wegfall dieses Anreizes 2009 ein Ende findet, sondern dass ein Groß-
teil der Verträge wegfällt.

Von Seiten der Krankenkassen wird gefordert, dass sowohl im Bereich der Inte-
grierten Versorgung (§ 140a ff. des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – SGB V)
als auch bei der hausarztzentrierten Versorgung (§§ 73b und 73c SGB V) eine
gesetzliche Klarstellung erforderlich sei, um eine zukünftige Doppelfinanzie-
rung von Leistungen im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung zu ver-

meiden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Verträge zur Integrierten Versorgung existieren derzeit – aufgelistet
nach Kassenart?

Drucksache 16/11814 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Wie viele Verträge zur Integrierten Versorgung existieren derzeit – aufge-
listet nach Bundesländern?

3. Wie viele Verträge, die bis Juli 2008 existierten, sind bislang bereits wieder
gekündigt worden – aufgelistet nach Kassenart?

4. Wie viele Verträge sind bislang bereits wieder gekündigt worden – auf-
gelistet nach Bundesländern?

5. Welche Verträge sind besonders betroffen von Kündigungen – aufgelistet
je nach Anzahl der beteiligten Krankenkassen und Anzahl und Art der be-
teiligten Leistungserbringer?

6. Gibt es Untersuchungen dazu, durch welche Art von Verträgen tatsächlich
eine Integration verschiedener Leistungsbereiche stattgefunden hat, und
bei welcher Art von Verträgen es in erster Linie um Mitnahmeeffekte ging?

7. Lag es im vorrangigen Interesse der Bundesregierung, mit der Ermög-
lichung solcher Verträge die Versorgung der Patienten zu verbessern?

8. Lag es im vorrangigen Interesse der Bundesregierung, mit der Ermög-
lichung solcher Verträge Einsparmöglichkeiten für Gelder der gesetzlichen
Krankenversicherung zu erschließen?

9. Wer beurteilt die wirtschaftliche Effizienz der Verträge der Integrierten
Versorgung verglichen mit der klassischen Regelversorgung?

Gibt es dazu eine Evaluation der Bundesregierung?

10. Wer beurteilt aus Patientensicht die Qualitätsunterschiede der klassischen
Regelversorgung und der Integrierten Versorgung?

Gibt es dazu eine Evaluation der Bundesregierung?

11. Ist es möglich, dass bei einer Prüfung herauskäme, dass ein Vertrag zur
Integrierten Versorgung zwar betriebswirtschaftlich unsinnig ist, aber aus
Patientensicht eine Verbesserung der Versorgung darstellt?

12. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Verträge, die zwar aus Sicht des
Patienten sinnvoll sind, sich aber betriebswirtschaftlich nicht rechnen, auch
nach Ende der Anschubfinanzierung erhalten bleiben?

13. Teilt die Bundesregierung die o. g. Auffassung der Krankenkassen, wonach
eine zukünftige Doppelfinanzierung von Leistungen nach § 140a ff. SGB V
sowie §§ 73b, 73c SGB V auf dem Weg einer gesetzgeberischen Klarstel-
lung vermieden werden müsse?

Falls nein, weshalb nicht?

Falls ja, was plant die Bundesregierung?

Berlin, den 28. Januar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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