BT-Drucksache 16/11734

Steuervollzug effektiver machen

Vom 27. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11734
16. Wahlperiode 27. 01. 2009

Antrag
der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig
Thiele, Jens Ackermann, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam
Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald
Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Rainer Stinner, Dr. Daniel Volk, Dr. Claudia Winterstein,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Steuervollzug effektiver machen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Steuerverwaltung in Deutschland ist in vielen Bereichen wenig effektiv,
bürgerfern und in der Leistungsfähigkeit stark verbesserungsbedürftig. Grund
dafür ist auch der Steuerföderalismus, der zu Reibungsverlusten führt und auch
die internationale Handlungsfähigkeit des deutschen Fiskus schwächt. Die gro-
ßen Gemeinschaftssteuern (Umsatz-, Einkommen- und Körperschaftsteuern)
werden durch die Landesfinanzbehörden im Auftrag der Länder verwaltet. Das
im Grundgesetz festgeschriebene Weisungsrecht des Bundes hat der Gesetzge-
ber allerdings im Rahmen der Föderalismusreform dahingehend eingeschränkt,
dass Weisungen des Bundes nicht gegen eine Mehrheit der Länder ergehen kön-
nen. Damit wurde die bisherige Praxis jetzt auch gesetzlich festgeschrieben.

Ein Ärgernis ist auch die immer noch nicht harmonisierte Datenverarbeitung
beim Steuervollzug. Nachdem in den neunziger Jahren das Projekt FISCUS
gescheitert ist, wurde in § 20 Absatz 1 des Finanzverwaltungsgesetzes dem
Bund eingeräumt, dass er die Länder zum Einsatz bestimmter Programme für
die automatisierte Datenverarbeitung anweisen kann. Auch hier wurde wieder
festgelegt, dass diese Weisung nicht gegen eine Mehrheit der Länder ergehen

kann. Der Bund hat von seinem Weisungsrecht bisher keinen Gebrauch ge-
macht.

Nach § 19 Absatz 5 des Finanzverwaltungsgesetzes hat die Bundesbetriebsprü-
fung die Möglichkeit, die Prüfung von Betrieben zu verlangen, die die Länder
nicht prüfen. Auch von dieser Möglichkeit hat der Bund keinen Gebrauch ge-
macht.

Drucksache 16/11734 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Es zeigt sich, dass auch nach den von der Föderalismuskommission I vorge-
schlagenen und vom Gesetzgeber umgesetzten Änderungen wesentliche Verbes-
serungen beim Steuervollzug nicht erreicht worden sind.

Eine gleichmäßige und gerechte Anwendung des Steuerrechts setzt einen effek-
tiven Vollzug der Gesetze voraus. Das ist auch aus den genannten Gründen nicht
gewährleistet. Es ist daher wenig sinnvoll, ständig die rechtlichen und techni-
schen Vollzugsinstrumentarien der Verwaltung zu erweitern und gegenüber den
Steuerbürgern zu verschärfen. Alle Maßnahmen, die in diesem Sinne in den letz-
ten Jahren ergriffen wurden, z. B. die Einführung der Telefonüberwachung, die
Verschärfung der Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten der Finanzverwaltung
beim Umsatzsteuerbetrug, die Einführung der Umsatzsteuernachschau oder die
Beseitigung des Bankgeheimnisses durch die Einführung des Kontenabrufver-
fahrens sind bisher weitgehend wirkungslos geblieben. Das stellen die Koali-
tionsfraktionen der CDU/CSU und SPD in ihrem Antrag auf Bundestagsdruck-
sache 16/11389 genauso fest. Verbesserungen wird es erst geben, wenn ein
effektiver Vollzug des Steuerrechts gelingt. Nur dann sind auch Verbesserungen
bei der Bekämpfung des Steuerbetrugs zu erwarten.

Angesichts des schlechten Klimas zwischen Steuerverwaltung und Steuerbür-
gern ist es zudem dringend notwendig, das Steuerrecht zu vereinfachen und die
Belastung abzusenken, um Steuerwiderstand zu vermeiden und Steuerbetrug zu
verhindern. Hohe Steuersätze und ein unverständliches Steuersystem sind die
Ursachen dafür, dass Investitionen häufig eher unter dem Gesichtspunkt der
Steueroptimierung und weniger nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten getä-
tigt werden. Kapital wird immer noch ins vermeidlich niedriger besteuernde
Ausland verlagert, um auch hier Steuern zu sparen. Es bleibt abzuwarten, ob die
Einführung der Abgeltungsteuer daran etwas ändert. Auch der Anteil der
Schwarzarbeit an der Gesamtwirtschaftsleistung ist immer noch zu hoch.

II. Der Deutsche Bundestag beschließt:

1. Der Deutsche Bundestag hält eine stärkere Zentralisierung der Steuerverwal-
tung für unumgänglich, um einen effektiveren und damit wirtschaftlicheren
Vollzug zu gewährleisten.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, ein Konzept für
ein grundlegend vereinfachtes Ertragssteuerrecht mit einer maßvollen Steu-
erbelastung vorzulegen.

Berlin, den 27. Januar 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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