BT-Drucksache 16/11709

Bilanz des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes für das Jahr 2008

Vom 22. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11709
16. Wahlperiode 22. 01. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Monika Lazar,
Irmingard Schewe-Gerigk, Grietje Staffelt, Josef Philip Winkler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bilanz des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes für das Jahr 2008

Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) ist seit dem 1. Januar 2006 in
Kraft. Auf der Grundlage dieses Gesetzes hat jede Person das Recht, unabhängig
von ihrer persönlichen Betroffenheit ein Auskunfts- bzw. Akteneinsichtsrecht
wahrzunehmen. Auskunftspflichtig sind die Stellen des Bundes und sonstigen
Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben für den Bund leisten.

Auch im vergangenen Jahr 2008 hat sich wie in den beiden Jahren zuvor gezeigt,
dass es in der Praxis der Umsetzung des Gesetzes noch viele Hindernisse gibt.
Manche Verwaltungen nehmen das Gesetz ernst und setzen es mit den Fragestel-
lerinnen und Fragestellern kooperativ um. Andere wiederum hängen noch im-
mer an dem alten Modell einer obrigkeitlich geprägten und unkooperativen Ver-
waltung.

Bereits für die beiden vergangenen Jahre 2006 und 2007 legte die Bundesregie-
rung auf Kleine Anfragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die jeweils
neuesten Zahlen über gestellte und abgelehnte bzw. stattgegebene Anträge vor.
Inzwischen liegt auch der erste Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, für die Jahre 2006
und 2007 vor (Bundestagsdrucksache 16/8500).

Wenig geändert hat sich auch die bürokratische störrische Verweigerungshal-
tung gegenüber den Bürgerinnen und Bürger in Teilen der Bundesverwaltung.
Nach wie vor werden wichtige Anfragen unter dem Vorwand abgelehnt, Be-
triebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter seien gefährdet. Eine sorgfältige Prü-
fung der Stichhaltigkeit dieser Einlassung durch die Behörden findet oft nicht
statt. Die angebliche Gefährdung privater Geschäftsgeheimnisse wird stattdes-
sen gezielt den öffentlichen Stellen und den Antragstellern entgegengehalten,
um deren Anfrage ablehnen zu können.

Leider hat es die Bundesregierung auch im vergangenen Jahr 2008 wie in den
beiden Jahren zuvor versäumt, die Bürgerinnen und Bürger über ihre neuen
Rechte zu informieren. Das gilt auch für die Information über das Umwelt- und
das Verbraucherinformationsgesetz. Große Defizite gibt es auch bei der Vermitt-

lung der Gesetze in die Verwaltung hinein.

Nach drei Jahren lässt sich eine erste Bilanz ziehen. Das Gesetz und sein Vollzug
sind an einigen Stellen dringend reformbedürftig. Die Vorschläge für eine
Gesetzänderung hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen
Bundestag eingebracht (Bundestagsdrucksache 16/10880).

Drucksache 16/11709 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Anfragen auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes
wurden im Jahr 2008 an die Bundesministerien und die ihnen nachgeordne-
ten Behörden gestellt?

2. a) Wie vielen Anfragen wurde vollständig oder teilweise stattgegeben?

b) Wie viele Anfragen wurden abgelehnt?

c) In wie vielen Fällen wurde gegen eine Ablehnung der Anfrage Wider-
spruch eingelegt?

d) Wie viele IFG-Verfahren sind gegenwärtig vor den Verwaltungsgerichten
anhängig?

3. a) Welche Ablehnungsgründe wurden von den Behörden in wie vielen Fällen
zur Ablehnung des Informationsbegehrens herangezogen?

b) In wie vielen Verfahren wird von Seiten der Behörde in der Ablehnung des
Informationsbegehrens mit einer Gefährdung von Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnissen begründet?

c) In wie vielen Verfahren wird von Seiten der Behörde der Widerspruchs-
bescheid mit der Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
begründet?

4. a) In wie vielen Fällen wurde eine Gebühr für die Bearbeitung der Anfrage
erhoben, und in welcher Höhe beliefen sich die Gebühren?

b) In wie vielen Fällen wurde von den Behörden die Erstattung der Auslagen
verlangt, und in welcher Höhe beliefen sich die Auslagen?

c) In wie vielen Fällen wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, auf
eine Gebühr bzw. Auslagenerstattung zu verzichten?

d) In wie vielen Fällen wurde gegen den Kostenbescheid Widerspruch ein-
gelegt oder der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informa-
tionsfreiheit, Peter Schaar, angerufen?

5. Wie viele Widersprüche und Klagen wurden gegen die Ablehnung eines In-
formationsbegehrens erhoben, und wie sind diese – soweit sie abgeschlossen
sind – ausgegangen?

6. a) Wie oft wurde im Jahr 2008 der Bundesbeauftragte für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, von den Antragstellern im Zu-
sammenhang mit einer Ablehnung angerufen, und welche Ergebnisse
hatte diese Einschaltung des Bundesbeauftragten?

b) In welchem Umfang wurden für den Bundesbeauftragten für den Daten-
schutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, Mittel bereitgestellt, um
die neue gesetzliche Aufgabenzuweisung als Bundesbeauftragter für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit bewältigen zu können, und
wurde die Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Deutschen
Bundestages (Bundestagsdrucksache 15/5606) endlich umgesetzt?

7. Welche Bundesministerien und nachgeordneten Behörden sind bislang den
Veröffentlichungspflichten nach § 11 IFG nicht nachgekommen, und warum
nicht?

8. a) Auf welchen Internetpräsenzen aller Bundesministerien und der ihnen
nachgeordneten Behörden findet sich mittlerweile auf der Einstiegsseite
ein Hinweis auf die bestehende Fragemöglichkeit nach dem IFG?

b) Wie viele „Klicks“ sind auf denjenigen Internetseiten notwendig, die keinen

Hinweis auf das IFG auf der „Einstiegsseite“ enthalten, um zu einem ent-
sprechenden Hinweis auf die Fragemöglichkeit nach dem IFG zu gelangen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11709

c) Wie bewertet die Bundesregierung den unter Frage 8a und 8b dargestell-
ten Sachverhalt?

d) Sieht die Bundesregierung Änderungsbedarf hinsichtlich der Art und
Weise sowie des Mitteleinsatzes, um die Bürgerinnen und Bürger ver-
stärkt auf die Möglichkeiten des IFG hinzuweisen?

Wenn ja, welchen?

Wenn nein, warum nicht?

e) Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung seit Inkrafttreten des
Gesetzes, insbesondere im vergangenen Jahr, tatsächlich unternommen,
um innerhalb der Behörden des Bundes, aber auch in Bezug auf die
breite Öffentlichkeit, die Bürgerinnen und Bürger besser über das IFG zu
informieren?

f) Wurde eine Werbekampagne für die Nutzung des IFG durchgeführt, oder
wird über eine solche Maßnahme nachgedacht?

Wenn nein, warum nicht?

9. a) Sieht die Bundesregierung den in der Wissenschaft diskutierten Bedarf
eines Informationsgesetzbuches, in dem eine umfassende Regelung für
das gesamte Informationsrecht erfolgt?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Wenn ja, gibt es hier bereits entsprechende Vorbereitungen seitens der
Bundesregierung?

d) Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, verbesserte Transparenz-
regelungen in den einzelnen Gesetzen festzuschreiben, und wenn nein,
warum nicht?

10. Sieht die Bundesregierung gesetzgeberischen Änderungsbedarf beim Infor-
mationsfreiheitsgesetz, und wenn nein, wie begründet sie ihre Position?

11. Welchen Stellenwert hat nach Einschätzung der Bundesregierung bei der
Ablehnung des Informationsantrags die angebliche Gefährdung von Be-
triebs- und Geschäftsgeheimnissen?

a) Ist das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der am häufigsten vorgebrach-
ten Ablehnungsgrund im Informationsfreiheitsgesetz schlechthin, und

b) was sind die weiteren Hauptgründe für die Ablehnung des Antrags?

12. Gibt es Überlegungen innerhalb der Bundesregierung, im Zuge einer
Rechtsvereinheitlichung das Umweltinformationsgesetz (UIG) und das In-
formationsgesetz zusammenzufassen, und teilt sie die Auffassung, dass die
europarechtlich geprägten Regelungen des UIG insgesamt zu einem höhe-
ren Niveau der Transparenz führen würden?

13. Hat die Bundesregierung die Absicht, gegenüber dem Parlament eine Stel-
lungnahme zum ersten Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, abzugeben?

a) Wenn ja, wann ist mit dieser Stellungnahme zu rechnen?

b) Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung?

Berlin, den 21. Januar 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.