BT-Drucksache 16/1156

Zwangsheirat wirksam bekämpfen - Opfer stärken und schützen - Gleichstellung durch Integration und Bildung fördern

Vom 5. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1156
16. Wahlperiode 05. 04. 2006

Antrag
der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Otto Fricke, Ina Lenke, Miriam Gruß, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Dr. Heinrich L. Kolb, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer
Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Martin
Zeil, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Zwangsheirat wirksam bekämpfen – Opfer stärken und schützen –
Gleichstellung durch Integration und Bildung fördern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Recht auf Eheschließung und auf freie Wahl des Ehegatten ist ein Grund-
und Menschenrecht, das sich aus Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG),
Artikel 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie zahl-
reichen Menschenrechtsübereinkommen wie etwa Artikel 23 Abs. 3 des Inter-
nationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 16 Abs. 1 lit. a
und b CEDAW (Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form der
Diskriminierung von Frauen) und Artikel 16 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte von 1948 ergibt. In Deutschland wurde mit dem 37. Straf-
rechtsänderungsgesetz § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuches (StGB)
mit Wirkung zum 19. Februar 2005 dahin gehend ergänzt, dass die erzwungene
Verheiratung einen besonders schweren Fall der Nötigung darstellt; der Straf-
rahmen liegt bei einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Über das Ausmaß der Zwangsheirat gibt es deutschlandweit kaum gesicherte
Daten. Eine Befragung des Berliner Senats bei ca. 200 Einrichtungen wie
Jugendämtern, Schulen und Projekten des Migrations-, Anti-Gewalt- und

Jugendbereichs ergab für das Jahr 2004 ca. 300 Fälle von Zwangsverheiratung
und knapp 30 Fälle von Zwangsverlobung.

Nach Angaben der Berliner Kriseneinrichtung Papatya, wonach in den Jahren
2002 bis 2004 40 Prozent, 38 Prozent bzw. 52 Prozent der dort Schutz suchen-
den Frauen und Mädchen von Zwangsheirat bedroht oder betroffen waren, lag
der Anteil der Minderjährigen bei 60 Prozent, 50 Prozent bzw. 44 Prozent (nach

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Schubert/Moebius, ZRP 2006, 33, 34). Der Bericht der Fachkommission
Zwangsheirat der Landesregierung Baden-Württemberg „Zwangsverheiratung
ächten, Opferrechte stärken, Opferschutz gewährleisten, Prävention und Dialog
ausbauen“ vom Januar 2006 weist aus, dass knapp 18 Prozent der Betroffenen
Minderjährige sind und dass 12 Prozent der Betroffenen 18 Jahre alt sind. In
einem Fall ist eine Siebenjährige von Zwangsheirat bedroht. Eine Studie von
UNICEF hat ergeben, dass weltweit jedes Jahr Millionen von Mädchen bereits
vor oder kurz nach ihrer Pubertät verheiratet werden. Unter den Betroffenen
finden sich vor allem Mädchen und junge Frauen türkischer Herkunft und Kur-
dinnen, die die größte Migrantengruppe in Deutschland bilden. Betroffenen
sind aber auch Mädchen und Frauen mit Herkunft aus dem Libanon, Marokko,
Tunesien, Albanien, dem Iran und Indien. Bekannt sind ferner Fälle aus Süd-
italien und Griechenland. Eine Zwangsverheiratung kommt in unterschied-
lichen religiösen und ethnischen Gruppen vor und ist Ausdruck eines patriar-
chalischen traditionellen Familienverständnisses. Allerdings gibt es auch
männliche Jugendliche, die unter Druck zu einer Ehe gedrängt werden und da-
her der Unterstützung bedürfen. Für Jugendliche ist es oft schwierig, tradierte
Werte aus dem Herkunftsland wie Ehre, Männlichkeit, Freundschaft, Solidari-
tät oder bedingungslose Verteidigung der „Ehre“ der Familie mit Anforderun-
gen der westlichen Welt zu vereinen. Für Männer sind die Folgen von Zwangs-
verheiratung allerdings meist weniger dramatisch als für Frauen. Frauen wer-
den in jüngerem Alter als Männer verheiratet und haben daher weniger Chan-
cen, ihre Ausbildung abzuschließen oder sich in einem Beruf zu etablieren.
Hilfsorganisationen berichten, dass es zu Zwangsverheiratungen vorwiegend in
Familien kommt mit sozialen Problemen, einem gestörten Eltern-Kind-Verhält-
nis oder bei aufenthaltsrechtlichen Schwierigkeiten. Ein großer Teil der Mäd-
chen kommt aus Familien, in denen sie häusliche Gewalt erfahren haben.

Eine Zwangsheirat liegt vor, wenn mindestens einer der zukünftigen Ehepartner
durch eine Drucksituation durch Eltern, Familie, Verlobte oder Schwiegereltern
zur Ehe gezwungen wird. Meistens sind Mädchen und Frauen die Opfer. Zu den
Druckmitteln zählen psychische und physische Gewalt, Nötigung, Einschrän-
kungen der Lebensfreiheit und des Bewegungsspielraums wie Einsperren oder
Entführen. Die stärkste Form der Disziplinierung sind die „Ehrenmorde“
(Schande-Morde). Druck wird nicht nur im Vorfeld der Eheschließung ausgeübt,
sondern setzt sich in der Ehe fort, nicht selten in Form von Vergewaltigungen. Bei
der Zwangsehe entsteht in der Regel eine absolute Abhängigkeit vom Ehemann.
Einschränkungen im Lebensstil, bei der Ausbildungs- und Berufswahl sind
häufig die Folge.

Im Rahmen der Zwangsverheiratung kann zwischen vier Formen unterschieden
werden:

● Die in Deutschland lebenden jungen Leute mit Migrationshintergrund wer-
den untereinander zwangsverheiratet.

● In Deutschland lebende Männer mit Migrationshintergrund heiraten Mäd-
chen und junge Frauen aus dem Herkunftsstaat (= „Importbräute“), die im
Rahmen des Ehegattennachzugs nach Deutschland einreisen.

● Mädchen und Jungen werden im Wege der „Ferien-Verheiratung“ in ihrem
Herkunftsland oder dem Herkunftsland ihrer Eltern, wo sie üblicherweise
die Ferien verbringen, verlobt und verheiratet, ohne vorher darüber infor-
miert zu sein, und müssen gegen ihren Willen im Ausland verbleiben („Hei-
ratsverschleppung“).

● Die in Deutschland mit gesichertem Aufenthaltsstatus lebende Frau wird
– häufig während eines Urlaubs in ihrem Herkunftsstaat – von ihrer eigenen

Familie einem noch im Ausland lebenden Landsmann – versprochen; die

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Frau ist ein Mittel zur legalen Einwanderung („Verheiratung für ein Einwan-
derungsticket“).

Von den Zwangsehen zu unterscheiden sind die arrangierten Ehen, bei denen
der Heiratsentschluss darauf basiert, dass die Heiratskandidatinnen und -kandi-
daten gemeinsam mit ihren Familien nach reiflicher Überlegung zu dem Ergeb-
nis übereinkommen, eine Ehe zu schließen, weil die Basis für eine glückliche
und stabile Ehe gegeben ist. Nach einer im Jahr 2005 erschienen Studie spra-
chen sich 77 Prozent junger Migrantinnen türkischer Herkunft gegen eine
arrangierte Ehe aus (Boos-Nünning/Karakasoglu, Zur Lebenssituation von
Mädchen und jungen Frauen mit Migrationshintergrund, 2005, 256, zitiert nach
Unterrichtung der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration,
Sechster Bericht über die Lage der Ausländer in Deutschland, Bundestags-
drucksache 15/5826, S. 166).

Angesichts der zunehmend bekannt werdenden Fälle von Zwangsheirat und
den „Ehrenmorden“ (Schandemorden) als letzte Disziplinarmaßnahme der Fa-
milie ist es höchste Zeit, die Prävention und den Opferschutz auszubauen, die
zivilrechtliche Stellung von Zwangsverheirateten zu stärken und zu überprüfen,
ob eine umfassende strafrechtliche Verfolgung lückenlos gewährleistet ist. Ge-
genüber Zwangsehen und Straftaten kann es keine Toleranz unter dem Deck-
mantel der Multikulturalität geben. Der Wille zur Integration, der von Zu-
gewanderten zu erwarten ist, beinhaltet, die deutsche Sprache zu erlernen sowie
die Grundwerte unserer Verfassungs- und Rechtsordnung und das sich darauf
ergebende Gesellschaftssystem zu akzeptieren und zu leben. Zu diesen Grund-
werten gehört die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Die Geschlechter-
gleichstellung gilt uneingeschränkt für Migrantinnen und Migranten und darf
nicht mit dem Verweis auf andere Traditionen oder religiöse Besonderheiten
außer Kraft gesetzt werden. Es ist im Übrigen keineswegs zutreffend, dass im
Islam die Zwangsehe vorgesehen ist.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. ein schlüssiges Integrationskonzept für die hier seit Jahren lebenden Men-
schen mit Migrationshintergrund vorzulegen und insbesondere solche Maß-
nahmen zu fördern, die dazu beitragen, dass sowohl die Jugendlichen als
auch die in Deutschland lebenden Erwachsenen für einen Ausbildungs- bzw.
Arbeitsplatz qualifiziert werden und in das Erwerbsleben integriert werden;

2. bundesweit Daten zum Heiratsverhalten der hier lebenden Personen mit
Migrationshintergrund, zur Zahl der Imamehen, der Zwangsverheiratungen
von Jugendlichen – insbesondere von Minderjährigen –, zur Rolle von Ge-
walt, Vergewaltigung und häuslicher Gewalt bei Menschen mit Migrations-
hintergrund zu erheben;

3. eine klare Definition von Zwangsehe und arrangierter Ehe unter Einbezie-
hung objektiver Umstände, der Vorstellungen der Betroffenen sowie der
Werteordnung im Herkunftsstaat und in Deutschland vorzulegen;

4. die Anwendung des durch das 37. Strafrechtsänderungsgesetz eingeführten
Straftatbestands der Zwangsheirat als besonders schweren Fall der Nötigung
in § 240 Abs. IV Nr. 1 StGB zu evaluieren;

5. einen Gesetzentwurf nach Maßgabe folgender Eckpunkte vorzulegen:

a) Von einer Festsetzung des Nachzugsalters von Ehegatten auf 21 Jahre ist
abzusehen, da die Einführung einer Altersgrenze nicht dazu führen wird,
die Zwangsheirat zu unterbinden, und eine Altersgrenze bei selbstverant-
wortlich geschlossenen Ehen ebenfalls zu einer Wartezeit führen würde.

Drucksache 16/1156 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Die Antragsfrist von bisher einem Jahr zur Aufhebung der Ehe ist
deutlich zu verlängern. Es ist klarzustellen, dass die Zwangslage nicht
bereits mit der Eheschließung endet. Die Zwangslage besteht fort, so-
lange der zur Ehe gezwungene Ehegatte nach der Eheschließung durch
Ankündigung eines Übels veranlasst wird, von der Lösung des Ehe-
bandes abzusehen.

c) Die Regelungen der örtlichen Zuständigkeit bei Familiensachen sind
dahin gehend zu ändern, dass aus Gründen der Anonymität in familien-
gerichtlichen Verfahren eine vom Wohnort der Kinder unabhängige ört-
liche Zuständigkeit begründet werden kann.

d) Es ist sicherzustellen, dass Opfern einer erwiesenen Zwangsheirat im
Rahmen der Anwendung des § 31 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes
auch ohne zweijährigen Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft ein
eigenständiges Aufenthaltsrecht eingeräumt wird, um zu vermeiden, dass
die Opfer von Zwangsheirat (die sog. Importbräute) bei Rückkehr in den
durch patriarchalische Strukturen und soziale Kontrolle geprägten Hei-
matort Diskriminierungen und gravierenden Anfechtungen bis hin zur
Bedrohung von Leib und Leben ausgesetzt werden.

e) Das Recht auf Wiederkehr in § 37 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes für
Ausländer, die als Minderjährige rechtmäßig ihren gewöhnlichen Aufent-
halt im Bundesgebiet hatten, ist bei Nachweis der Zwangsheirat auch
Opfern von Zwangsheirat zu gewähren, da die Betroffenen oft unver-
schuldet nicht in der Lage sind, die in Absatz 1 genannten Voraussetzun-
gen wie einen achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt oder die Sicherung
des Lebensunterhalts zu erfüllen.

f) § 51 des Aufenthaltsgesetzes ist dahin gehend zu ergänzen, dass der Auf-
enthaltstitel auch dann nicht erlischt, wenn es sich aufgrund der Heirats-
verschleppung um eine fremdbestimmte Ausreise handelte.

g) Grundsätzlich ist als Folge der Aufhebung der Ehe die entsprechende
Anwendung der Regelung des nachehelichen Unterhalts bei Scheidung
vorzusehen; der Unterhaltsanspruch besteht unabhängig davon, ob der
zur Zahlung verpflichtete Ehegatte selbst gedroht hat oder die Drohung
mit seinem Wissen erfolgte. Zu Unterhaltszahlungen kann nicht ver-
pflichtet werden, wer selbst zur Eheschließung gezwungen wurde.

h) Das gesetzliche Erbrecht derjenigen Personen auszuschließen, die die
Drohung zur Eheschließung selbst ausübten oder von der Drohung wuss-
ten; dies soll nicht gelten, wenn zur Zeit des Erbfalls die Aufhebbarkeit
der Ehe nicht mehr hätte geltend gemacht werden können.

i) Durch eine Änderung der namensrechtlichen Vorschriften muss für die
betroffenen Frauen eine Möglichkeit eröffnet werden, bei drohender
Gewalt zu ihrem Schutz einen anderen Namen annehmen zu können;

6. im Rahmen von strafrechtlichen Verfahren das Opfer- und Zeugenbetreu-
ungsangebot für Opfer von Zwangsheirat und die Zeugenschutzprogramme
auszubauen sowie die Aufklärungs- und Informationsangebote über Opfer-
und Zeugenschutzmaßnahmen zu intensivieren und gemeinsam mit den Län-
dern auf ein koordinierendes Vorgehen von Strafverfolgungsbehörden, Aus-
länderbehörden und Fachberatungsstellen hinzuwirken mit dem Ziel, durch
eine gezielte Betreuung des Opfers die Aussagebereitschaft zu erhöhen;

7. eine bundesweit einheitliche Telefonhotline mit einer leicht zu merkenden
Nummer einzurichten, an die sich von Menschenhandel, Zwangsheirat, Ver-

gewaltigung und häuslicher Gewalt Betroffene auch in den Hauptherkunfts-
sprachen der hier lebenden Migrantinnen und Migranten kostenfrei wenden

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/1156

können; hierbei sollte sichergestellt werden, dass die Telefonnummer nicht
auf der Telefonrechnung erscheint, dass Abhörsicherheit gewährleistet ist
und dass keine Vorratsdatenspeicherung erfolgt;

8. gemeinsam mit den Bundesländern darauf hinzuwirken, eine ausreichende
Zahl von Frauenhäusern, sonstiger sicherer Unterkünfte sowie Zufluchts-
möglichkeiten für die Betroffenen – insbesondere für Minderjährige –
sicherzustellen und für Betroffene Beratungs- und sonstige Unterstützungs-
leistungen vorzusehen;

9. sich für ausreichende Angebote der Aus-, Fort- und Weiterbildung der in
Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund einzusetzen,
entsprechende gezielte Programme zu entwickeln und insbesondere für
Mädchen und Frauen modularisierte Angebote zu entwickeln, die mit der
Familienarbeit vereinbar sind;

10. zu prüfen, wie die Teilnahme von Frauen an Integrationskursen etwa durch
das Angebot einer Kinderbetreuung oder Abendkurse gefördert werden
kann, und dafür Sorge zu tragen, dass in den Integrationskursen im Rahmen
der Vermittlung der Grundwerte der Bundesrepublik Deutschland deutlich
auf die Bedeutung der Gleichstellung von Mann und Frau hingewiesen
wird;

11. die Teilnahme von Frauen an den integrationskursergänzenden (vorlaufen-
den) Maßnahmen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Frauen-
kurse) zu fördern, gleichwohl aber auch spezielle Kurse für Männer zu
ähnlichen Fragen anzubieten;

12. bei allen Integrationsprogrammen dafür Sorge zu tragen, dass insbesondere
auch die Männer und männlichen Jugendlichen in ihren Rollen als Ehe-
gatten, Väter, Söhne oder Brüder in die Präventionsarbeit einbezogen wer-
den und sich mit dem traditionellen Ehrbegriff ihres Landes auseinanderset-
zen. Zu diesem Zweck sollen insbesondere im Rahmen der Bundeszentrale
für politische Bildung entsprechende Materialien und Fortbildungsangebote
für Lehrkräfte und Schulsozialarbeit entwickelt und bereitgestellt werden;

13. zur Unterstützung der Erziehungs- und Bildungskompetenz der Eltern zu-
sammen mit den Ländern und Kommunen ein umfassendes Erwachsenen-
bildungskonzept insbesondere für Eltern mit Migrationshintergrund,
Elternkurse und Elternbriefe in den Sprachen der Hauptherkunftsstaaten zu
erarbeiten und gemeinsam mit den Ländern Modellprojekte zur Stärkung
der Erziehungskompetenz zu fördern;

14. gemeinsam mit den Ländern und den Migrantenorganisationen Informa-
tionsmaterial, Handlungsleitfäden, Internetangebote und Angebote der
Schulung von Erzieherinnen und Erziehern, Lehrkräften, Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe, von Sozialämtern, Polizei,
Justiz, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Ausländerbehörden, für
Frauenärzte, Hebammen und Krankenhauspersonal zum Thema Zwangs-
heirat zu erstellen und für die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungs-
angeboten zu werben;

15. in Zusammenarbeit mit den Ländern und den religiösen Migrantenorgani-
sationen Aufklärungskampagnen zum Thema Zwangsheirat in der Öffent-
lichkeit, insbesondere in Schulen, durchzuführen und zu finanzieren und
hierbei die Eltern der Jugendlichen einzubeziehen;

16. gemeinsam mit den Bundesländern, den Kultur- und Moscheevereinen,
Imamen, Migrantenorganisationen, den konsularischen Vertretungen und

den in Deutschland verbreiteten ausländischen Medien weitere Maß-
nahmen gegen Zwangsheirat zu erarbeiten;

Drucksache 16/1156 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

17. gemeinsam mit den Bundesländern insbesondere die Jugendämter für die
mit der Zwangsheirat verbundenen Probleme gerade für Mädchen und
junge Frauen sensibilisieren, damit diesen jungen Menschen ein auf ihre
Problemlagen abgestimmtes Angebot im Rahmen der Beratung und
Erziehungshilfe, insbesondere der Unterbringung, zur Verfügung gestellt
werden kann.

Berlin, den 4. April 2006

Sibylle Laurischk
Otto Fricke
Ina Lenke
Miriam Gruß
Jens Ackermann
Dr. Karl Addicks
Christian Ahrendt
Uwe Barth
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Edmund Peter Geisen
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Burkhardt Müller-Sönksen
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Marina Schuster
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Claudia Winterstein
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