BT-Drucksache 16/11503

zu dem Antrag der Abgeordneten Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP, der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/10355- NSG-Ausnahmeregelung für Indien beschädigt das nukleare Nichtverbreitungsregime - Zustimmung der Bundesregierung ist Beleg einer falschen Abrüstungspolitik

Vom 19. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11503
16. Wahlperiode 19. 12. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer,
Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
sowie der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Kerstin Müller (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/10355 –

NSG-Ausnahmeregelung für Indien beschädigt das nukleare
Nichtverbreitungsregime – Zustimmung der Bundesregierung ist Beleg
einer falschen Abrüstungspolitik

A. Problem

Die Nuclear Suppliers Group (NSG), die Gruppe der 45 nuklearen Lieferstaaten,
ist ein integraler Bestandteil des nuklearen Nichtverbreitungsregimes. Die
Richtlinien der NSG für den Handel mit Nuklearmaterial verbieten den Handel
von Nukleartechnologie und nuklearem Brennstoff mit Staaten, die nicht Mit-
glied des Atomwaffensperrvertrages sind und deren sämtliche Atomanlagen
nicht unter dauerhafter Aufsicht der IAEO stehen. Diese Regelung betraf insbe-
sondere die Kernwaffenstaaten Indien, Pakistan und Israel.

Am 6. September 2008 hat die NSG unter deutschem Vorsitz und mit Zustim-
mung der Bundesregierung eine länderspezifische Ausnahmeregelung zur Auf-
nahme des Nuklearhandels mit Indien beschlossen. Die indische Ausnahmere-
gelung in der NSG war eine von mehreren Hürden für die Umsetzung eines
strategischen, nuklearen Handelsabkommens zwischen Washington und Neu
Delhi vom 2. März 2006. Während das US-indische Nuklearabkommen auch
weiterhin noch der Zustimmung des amerikanischen Kongresses bedarf, um
endgültig in Kraft treten zu können, ermöglicht die Entscheidung der NSG
schon heute anderen nuklearen Lieferstaaten wie Frankreich, Russland oder
auch Deutschland den Handel von Nuklearmaterial mit Neu Delhi. Der Inhalt
der NSG-Entscheidung ist damit maßgeblich für die Konditionen, unter denen
zukünftig der Handel mit Indien stattfinden wird. Unabhängig von allen inhalt-

lichen Ausgestaltungen markiert die NSG-Ausnahmeregelung einen bis dato
einmaligen Bruch mit den Traditionen der internationalen Nichtverbreitungspo-
litik. Erstmals erhält eine Atommacht Zugang zu externem Nuklearmaterial und
modernstem technologischem Know-how, die nicht Mitglied des Atomwaffen-
sperrvertrages ist.

Eine glaubwürdige und nachhaltige Annäherung Indiens an den internationalen
Nichtverbreitungs- und Abrüstungskonsens findet damit nicht statt. Die NSG-

Drucksache 16/11503 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entscheidung markiert deshalb einen fatalen Irrweg in der internationalen Nicht-
verbreitungspolitik. Die Bevorzugung Indiens ist in mehrfacher Hinsicht ein
gefährlicher Präzedenzfall. Es droht ein nuklearer Dammbruch. Israel und
Pakistan werden verstärkt versuchen, zu den gleichen Konditionen eine Auf-
hebung bestehender nuklearer Lieferbeschränkungen zu erreichen. Die Bemü-
hungen, den Iran mittels Sanktionen und Anreizen von der nuklearen Anreiche-
rung abzubringen, werden ins Leere laufen. Die Aufhebung des Handelsverbots
für Nuklearmaterial birgt die Gefahr eines konventionellen und nuklearen Wett-
rüstens – nicht nur zwischen Pakistan, Indien und China. Andere Staaten werden
versucht sein, ihre nationale Souveränität durch den Rückgriff auf Atomwaffen
zu sichern. Eine Aufhebung internationaler nuklearer Lieferbeschränkungen ge-
gen Indien kann nur dann im deutschen und europäischen Interesse liegen, wenn
Indien im Gegenzug überprüfbare, weitreichende, irreversible Verpflichtungen
zu nuklearer Transparenz sowie zur Abrüstung eingeht und sich verbindlich
globalen Nichtverbreitungsregeln und nuklearen Rüstungsbeschränkungen
unterwirft.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11503

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/10355 abzulehnen.

Berlin, den 17. Dezember 2008

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Eduard Lintner
Berichterstatter

Johannes Pflug
Berichterstatter

Dr. Werner Hoyer
Berichterstatter

Dr. Norman Paech
Berichterstatter

Jürgen Trittin
Berichterstatter

Drucksache 16/11503 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Berlin, den 17. Dezember 2

Eduard Lintner Johannes Pflug Dr. Werner Hoyer

Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter

Dr. Norman Paech
Berichterstatter

Jürgen Trittin
Berichterstatter
Auswärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie und dem Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union überwiesen.

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
16/10355 in seiner 64. Sitzung am 28. Mai 2008 zur gutacht-
lichen Stellungnahme an den Unterausschuss „Abrüstung,
Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“ überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden/gutacht-
lichen Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 80. Sitzung am 17. Dezember 2008 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag in seiner 75. Sitzung am 17. Dezember
2008 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung.

Der Unterausschuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und
Nichtverbreitung“ hat den Antrag in seiner 39. Sitzung am
17. Dezember 2008 gutachtlich beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen FDP und DIE LINKE. bei Ab-
wesenheit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung.

III. Beratung im Auswärtigen Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 77. Sit-
zung am 17. Dezember 2008 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

008
Bericht der Abgeordneten Eduard Lintner, Johannes Pflug, Dr. Werner Hoyer,
Dr. Norman Paech und Jürgen Trittin

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/10355 in seiner 179. Sitzung am 25. September 2008 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem

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