BT-Drucksache 16/11490

Sicherstellung der Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher in ambulanten sozialpsychiatrischen Strukturen

Vom 19. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11490
16. Wahlperiode 19. 12. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe,
Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, Markus Kurth, Christine Scheel,
Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sicherstellung der Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher in
ambulanten sozialpsychiatrischen Strukturen

Die Sozialpsychiatrievereinbarung trat zum 1. Juli 1994 in Kraft. Sie verfolgt
das Ziel, eine kontinuierliche, ambulante, qualifizierte sozialpsychiatrische Be-
handlung von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten und eine Alternative
zur stationären Versorgung zur Verfügung zu stellen. Zentral ist dabei eine in-
terdisziplinäre Zusammenarbeit medizinischer, psychologischer, pädagogischer
und sozialer Berufsgruppen.

Die Sozialpsychiatrievereinbarung wird von den meisten gesetzlichen Kran-
kenkassen als wichtiger Bestandteil der Versorgung psychisch kranker Kinder
und Jugendlicher bewertet. Zum Teil wird jedoch in Frage gestellt, ob die damit
verbundene komplexe Behandlung originäre Aufgabe der gesetzlichen Kran-
kenversicherungen sei.

Die Sozialpsychiatrievereinbarungen wurden von den Ersatzkassen bundesweit
und einigen Primärkassen regional zum Jahresende 2008 gekündigt. Zwischen
Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband wurde
Ende November 2008 eine Übergangsregelung bis zum 31. März 2009 verabre-
det und Verhandlungen über eine Anschlussregelung, der gesetzliche Kranken-
kassen beitreten können, angekündigt.

Im Januar 2009 sollen die Verhandlungen über diese Anschlussvereinbarung
(Anlage zum Bundesmantelvertrag), die ab 1. April 2009 gelten soll, beginnen.
Nach Aussagen Beteiligter sei es im Moment offen, welche Kassen diesem Vor-
schlag beitreten. Dieser Zustand entziehe den sozialpsychiatrischen Praxen die
Planungsgrundlage für die Zeit nach dem 31. März 2009, so dass diese sich ge-
zwungen sähen, ihre Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen jetzt zum Ende des 1. Quartals
2009 zu kündigen, um dem Risiko nicht refinanzierbarer Personalkosten zu ent-
gehen. Befürchtet wird, dass damit die seit 1994 ausgebauten sozialpsychia-
trischen Strukturen für psychisch kranke Kinder und Jugendliche zusammen-
brechen würden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Kinder- und Jugendpsychiater/Jugendpsychiaterinnen praktizieren
in Deutschland in der ambulanten Versorgung?

2. Wie viele Kinder- und Jugendpsychiater/Jugendpsychiaterinnen praktizieren
dabei in sozialpsychiatrischen Praxen?

Drucksache 16/11490 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wie viele psychisch kranke Kinder und Jugendliche werden pro Jahr von
Kinder- und Jugendpsychiatern/Jugendpsychiaterinnen insgesamt, wie viele
davon in sozialpsychiatrischen Praxen und wie viele andererseits durch Psy-
chotherapeuten/Psychotherapeutinnen behandelt?

4. In welchen Bundesländern gibt es zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen
und Krankenkassen Sozialpsychiatrievereinbarungen?

5. In welchen Bundesländern gibt es entsprechende Vereinbarungen, die über
die zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und GKV-Spitzenver-
band abgeschlossene, bis zum 31. März 2009 geltende Übergangsregelung
hinausgehen?

6. Wie stellt sich die Bundesregierung die zukünftige Versorgung psychisch
kranker Kinder und Jugendlicher in sozialpsychiatrischen Strukturen vor?

Geht die Bundesregierung davon aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen
sich umfassend an der Anschlussvereinbarung zur Sozialpsychiatrieverein-
barung beteiligen?

Welche Schritte plant die Bundesregierung, falls dies nicht der Fall sein
sollte?

7. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer einheitlichen bundes-
weiten Regelung?

Falls nein, weshalb nicht?

Falls ja, sind dafür Veränderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch
(SGB V) notwendig?

Falls ja, welche, und wann gedenkt die Bundesregierung diese in Angriff zu
nehmen?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Auslegung des § 43a SGB V seitens
einer Krankenkasse in Baden-Württemberg, dass nur die Honorierung der
Diagnostik unter die Regelung des SGB V falle und die gesetzlichen Kran-
kenkassen keine therapeutischen sozialpsychiatrischen Maßnahmen zu finan-
zieren hätten?

Ist aus Sicht der Bundesregierung eine Änderung des § 43a SGB V sinnvoll
oder notwendig?

Falls ja, in welcher Form?

Falls nein, weshalb nicht?

Berlin, den 18. Dezember 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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