BT-Drucksache 16/11210

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD -16/10930, 16/11171, 16/11190- Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung"

Vom 3. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11210
16. Wahlperiode 03. 12. 2008

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick, Britta Haßelmann, Kerstin
Andreae, Dr. Thea Dückert, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Cornelia Behm,
Birgitt Bender, Ulrike Höfken, Anna Lührmann, Nicole Maisch, Irmingard
Schewe-Gerigk, Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD
– Drucksachen 16/10930, 16/11171, 16/11190 –

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des
Maßnahmenpakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung“

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der hier zu beratende Gesetzentwurf stellt nichts anderes als ein Sammel-
surium von zufällig ausgewählten steuerlichen Maßnahmen dar, mit dem die
Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD Handlungsfähigkeit in der Rezes-
sion vortäuschen wollen. Er zeugt aber eher von Hilflosigkeit und Torschluss-
panik anstatt von durchdachter Strategie. Die vom Bundesminister für Wirt-
schaft und Technologie, Michael Glos, öffentlich verbreitete Zahl von
angeblich 1 Million Arbeitsplätzen, die mit diesem Gesamtstückwerk gesichert
werden sollen (also einschließlich der nichtsteuerlichen Maßnahmen, die be-
reits offensichtlich im Bundeshaushalt 2009 eingebaut wurden), scheint dabei
frei erfunden, denn eine Erläuterung der Berechnungsgrundlagen, wie der Bun-
desminister für Wirtschaft und Technologie zu dieser Zahl kommt, ist er bis
heute schuldig geblieben.

Die Auswahl der Maßnahmen zeugt mehr von vorgezogenem Wahlkampfauf-
takt, mit dem die Wähler von CDU/CSU und SPD beglückt und für die „rich-
tige“ Wahlenentscheidung eingestimmt werden sollen. Die Maßnahmen an sich
können in bestimmter Hinsicht durchaus sinnvoll sein, taugen aber in der
Summe nicht als Maßnahmenpaket zur „Beschäftigungssicherung durch Wachs-
tumsstärkung“, wie dies eigentlich von dieser Regierungskoalition intendiert
war:
● Die Kfz-Steuerbefreiung für alle Neuwagen, die bis Mitte 2009 erstmals zu-
gelassen werden, ist ein umweltpolitischer Sündenfall, der Wirtschaft und
Umwelt mehr schadet als nützt. Spritschlucker, wie der Audi Q7 mit
Euro-5-Norm werden um insgesamt rund 3 700 Euro entlastet, während die
Entlastung spritsparender Autos nur wenige Hundert Euro beträgt. Da eine
Kfz-Steuerreform aufgeschoben wird, bleibt es dabei, dass Käufer von

Drucksache 16/11210 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Neufahrzeugen nicht wissen, was sie steuerlich in den nächsten Jahren er-
wartet.

● Die Erleichterung der Investitionsbedingungen durch die Wiedereinführung
der degressiven Abschreibung für Ausrüstungsgüter ist zu begrüßen, um ge-
zielt die Investitionsnachfrage zu stärken. Die große Koalition der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD hat sie erst im Rahmen der Unternehmensteuer-
reform ab 2008 abgeschafft, obwohl dies ganz offensichtlich eine
investitionsfeindliche Wirkung hatte und zum jetzigen Abschwung natürlich
beiträgt. Die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war von An-
fang an gegen die Abschaffung der degressiven Abschreibung auf Ausrüs-
tungsgüter. Die Unternehmen brauchen mehr Planungssicherheit in der mit-
tel- bis langfristigen Perspektive, um nachhaltig investieren zu können. Das
Hü und Hott der großen Koalition bremst eher die Investitionstätigkeit der
Wirtschaft anstatt sie zu beflügeln.

● Die geringfügige Ausweitung des Begünstigtenkreises für spezielle Ab-
schreibungsvergünstigungen für kleine und mittlere Unternehmen begüns-
tigt vor allem diejenigen, die einen hohen Gewinn erzielen und damit diese
Maßnahme am wenigsten nötig haben. Sinnvoller ist in jedem Fall die Auf-
stockung des Angebots der KfW Bankengruppe bei ihrem Beteiligungskapi-
tal, damit junge innovative Firmen einfacher Finanzierungen erhalten können.
Hierauf sowie auf den Ausbau von Mikrokrediten sollte der Fokus gelegt
werden.

● Auch die Erhöhung des Steuerbonus für Handwerker ist zu begrüßen. Damit
wird die Nachfrage der privaten Haushalte nach Handwerksleistungen an-
geregt. Das sichert bestehende und schafft zusätzliche Arbeitsplätze. Zu be-
grüßen ist auch, dass die große Koalition das von der vorhergehenden
rot- grünen Regierungskoalition eingeführte Konzept des Abzugs von der
Steuerschuld anstatt von der Bemessungsgrundlage beibehält. Dies entlastet
private Haushalte in gleichmäßiger und gerechter Weise und schafft damit
die größtmögliche positive Wirkung. Darüber hinaus wird indirekt ein posi-
tiver Beitrag zur CO2-Gebäudesanierung geleistet.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

unverzüglich einen Gesetzentwurf zur CO2-Ausrichtung der Kfz-Steuer ent-
sprechend den Eckpunkten einzubringen, wie sie die Bundestagsfraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag vom März 2008 (Bundestags-
drucksache 16/8538) vorgelegt hat. Im Wesentlichen umfasst dieser folgende
Elemente:

● Fahrzeuge bis zu einem CO2-Ausstoß von 120 g/km sind für die Dauer von
vier Jahren steuerfrei zu stellen; diese Steuerbefreiung ist zum 1. Januar
2012 auf Fahrzeuge mit weniger als 100 g/km und zum 1. Januar 2015 auf
Fahrzeuge mit weniger als 80 g/km abzusenken.

● Der Kfz-Steuertarif für Benziner der Euro-Norm 4 soll so ausgestaltet wer-
den, dass bei einem CO2-Ausstoß zwischen 121 und 140 g/km jedes Gramm
CO2 mit 50 Cent besteuert wird. Jeweils 20 weitere Gramm werden mit dem
jeweils doppelten Steuersatz besteuert. Dies führt zu einem Steuersatz von
maximal 16 Euro für jedes Gramm oberhalb von 220 g CO2/km.

● Diese neue Kfz-Steuer ist ab dem 1. Januar 2009 für alle Neufahrzeuge ein-
zuführen.

Berlin, den 3. Dezember 2008
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11210

Begründung

Für PKW mit Erstzulassung ab dem Kabinettsbeschluss vom 5. November 2008
bis zum 30. Juni 2009 soll eine befristete Kfz-Steuerbefreiung für ein Jahr ein-
geführt werden, „um die Kaufzurückhaltung bis zur Klarheit über die Umstel-
lung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis aufzulösen“. Für Fahrzeuge, welche die
Euro-5- und Euro-6-Norm erfüllen, soll sich die maximale Kfz-Steuerbefreiung
auf zwei Jahre ab Erstzulassung verlängern. Die Kfz-Steuerbefreiung soll „in
jedem Fall“ am 31. Dezember 2010 enden.

Diese Maßnahme ist allerdings sowohl als konjunkturstimulierende Maßnahme
als auch hinsichtlich der umweltpolitischen Zielsetzung auch dieser Regie-
rungskoalition falsch. Denn es wird die Kfz-Steuer für alle Neufahrzeuge be-
fristet ausgesetzt. Also unabhängig davon, ob es sich um einen Smart handelt,
für den die Steuerbefreiung nur 135 Euro ausmacht, oder um einen spritschlu-
ckenden Geländewagen wie den Audi Q7, der damit in einem Jahr 1 850 Euro
Steuern spart.

Die ein Jahr länger zu befreienden Euro-5- und Euro-6-Fahrzeuge sind bisher
kaum auf dem Markt. Sie bringen auch nur Verbesserungen bei anderen Luft-
schadstoffen, nämlich den Partikelemissionen und Stickoxiden, nicht aber beim
Klimakiller CO2. Dieser ist von diesen Normen nicht erfasst.

Außerdem ist noch vollkommen unklar, wie die CO2-Steuerreform aussehen
wird, die nach Aussagen von CDU/CSU und SPD erst nach der Bundestags-
wahl in Kraft treten soll. Wird sie vernünftig gemacht, müssen Spritschlucker
deutlich mehr zahlen als nach der alten Regelung. Wer sich also jetzt ein Auto
kauft, um die Steuerbefreiung mitzunehmen, weiß nicht, was er in zwei oder
drei Jahren an Kfz-Steuer zahlen wird.

Deshalb soll die Kfz-Steuer voll auf den Bund übertragen werden, dem dann
sowohl die Ausgestaltung als auch das Aufkommen zustehen würde. Die Län-
der sollen dafür eine angemessene finanzielle Kompensation erhalten.

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