BT-Drucksache 16/11080

Fehlende Biomassenachhaltigkeitsverordnung zur Umsetzung der EEG-Novelle und Auswirkungen auf mittelständische Anlagenbetreiber

Vom 25. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11080
16. Wahlperiode 25. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Patrick Meinhardt,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Frank Schäffler, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Fehlende Biomassenachhaltigkeitsverordnung zur Umsetzung der EEG-Novelle
und Auswirkungen auf mittelständische Anlagenbetreiber

Das vom Deutschen Bundestag beschlossene „Gesetz für den Vorrang Erneuer-
barer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG)“, Bundestagsdrucksache
16/8148, wird am 1. Januar 2009 in Kraft treten und das geltende EEG (Fassung
2004) ablösen. Nach Auffassung der Bundesregierung zielen die vorgesehenen
Änderungen vornehmlich darauf ab, die Effektivität und die Effizienz des Ge-
setzes zu erhöhen.

Mit Blick auf den Bonus für nachwachsende Rohstoffe sieht die Gesetzesnovelle
eine Regelung vor, wonach Palmöl und Sojaöl nur dann als nachwachsende Roh-
stoffe gelten, sofern die Anforderungen einer „Biomassenachhaltigkeitsverord-
nung“ eingehalten werden. Die betreffende Verordnung ist noch nicht erlassen.
Das geltende EEG, das für Bestandsanlagen Grundlage der Investitionsentschei-
dung gewesen ist, sieht keine Regelungen bezüglich der einsetzbaren Biomasse
sowie auch keine vergleichbar weit reichende räumliche Beschränkung des Roh-
stoffbezugs auf Deutschland oder die EU vor. Von Anlagenbetreibern, welche
flüssige Biomasse einsetzen, wird dazu vorgetragen, dass die durch die fehlende
Biomassenachhaltigkeitsverordnung bewirkte faktische Beschränkung des
NaWaRo-Bonus auf Raps- und Sonnenblumenöl wegen der gegenwärtigen Preis-
relationen auf dem Weltmarkt einem kompletten Rohstoffentzug gleichkomme,
was zahlreiche Anlagen in die Unwirtschaftlichkeit und die Unternehmen in die
Insolvenz treibe. Die Situation wird dadurch verschärft, dass eine Größen-
beschränkung für die Vergütung von Anlagen eingeführt wird, die flüssige Bio-
masse nutzen, und dass auch bei Altanlagen modulare Anlagen hinsichtlich der
Vergütung wie eine einzige Anlage betrachtet werden – ohne dass es einen Ver-

trauensschutz für die getätigten Investitionen oder eine Übergangsregelung gibt.

Vertreter der so genannten Großen Koalition hatten im Rahmen der abschließen-
den Beratung des Gesetzentwurfs im federführenden Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit erklärt, sollte es nicht bis Herbst 2008 zu
einer entsprechenden Verordnung kommen, werde ein „Überleitungsverfahren
hinsichtlich eines anders gearteten Nachweises“ zur Anwendung kommen (Bun-
destagsdrucksache 16/9477, S. 19).

Drucksache 16/11080 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Auf welchem zeitlichen und inhaltlichen Vorbereitungsstand befindet sich
die im Gesetz vorgesehene Biomassenachhaltigkeitsverordnung, und bis
wann ist mit deren Erlass zu rechnen?

2. Welches sind die Gründe dafür, dass die Biomassenachhaltigkeitsverord-
nung bislang noch nicht erlassen worden ist?

3. In welchem normativen Rangverhältnis stehen die von der Bundesregie-
rung geplante Biomassenachhaltigkeitsverordnung und die auf europäi-
scher Ebene nach Verabschiedung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie
noch zu verabschiedende Nachhaltigkeitsverordnung?

4. Plant die Bundesregierung im Rahmen der Biomassenachhaltigkeitsverord-
nung den Erlass von Übergangsregelungen für Anlagen, die vor dem
1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind?

Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, wann sollen diese greifen?

5. Wenn eine Übergangsregelung vorgesehen ist, auf welche Verordnungs-
ermächtigung wird sich die Bundesregierung stützen, und wann, und wie
plant die Bundesregierung diese Ermächtigung ggf. zu nutzen?

6. Welchen Inhalt haben die von der Bundesregierung vorgesehenen Über-
gangsregelungen, insbesondere wie soll der Nachweis der nachhaltigen
Produktion der Biomasse im Sinne von § 64 Abs. 2 Nr. 1 EEG 2009 geführt
werden?

7. Ist der Bundesregierung näheres über die Haltung der Europäischen Kom-
mission zu der geplanten deutschen Biomassenachhaltigkeitsverordnung
bekannt, und wenn ja, wie lautet diese Haltung und wie ist sie der Bundes-
regierung übermittelt worden?

8. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Beratungsstand
über eine EU-Nachhaltigkeitsverordnung in Kommission und Ministerrat?

9. Wie viele Unternehmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung davon
betroffen sein, dass sie bestimmte flüssige Biomasse ab Januar 2009 nicht
mehr einsetzen können, weil die vorgesehene Biomassenachhaltigkeits-
verordnung immer noch nicht vorliegt?

10. Welche Konsequenzen entstehen den betroffenen Unternehmen, die z. B.
Palmöl einsetzen, bzgl. EEG-Vergütung, wenn zum 1. Januar 2009 keine
Biomassenachhaltigkeitsverordnung und keine Übergangsregelung in Kraft
ist?

11. Welche Handlungsoptionen sieht die Bundesregierung für eine Übergangs-
regelung im Hinblick auf Anlagen, welche vor dem 1. Januar 2009 in Be-
trieb genommen wurden?

12. Welche Auswirkung wird die von der Bundesregierung geplante Nachhal-
tigkeitsverordnung oder auch ihr nicht rechtzeitiges Inkrafttreten auf beste-
hende Lieferverträge der Unternehmen haben?

13. Wie schätzt die Bundesregierung eine Amtshaftung des Bundes für Verluste
von Unternehmen durch Nichtvorliegen der Biomassenachhaltigkeits-
verordnung ein?

14. Welche Regelungen sieht die von der Bundesregierung geplante Biomasse-
nachhaltigkeitsverordnung bzgl. des konkreten Nachweises einer Nachhal-
tigkeit der internationalen Lieferkette vor?

15. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um mit Lieferlän-

dern Systeme zur Überprüfung deutscher Nachhaltigkeitskriterien zu erar-
beiten?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11080

16. Hat die Bundesregierung konkrete Pläne, das die nachhaltige Biomassepro-
duktion in Entwicklungsländern durch die Finanzierung von Projekten oder
Zertifizierungssystemen aus den 120 Mio. Euro für Auslandsprojekte der
Klimaschutzinitiative zu unterstützen?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung bzgl. der Absage von
Investitionsprojekten aufgrund der Größenbeschränkung für Anlagen mit
flüssiger Biomasse sowie aufgrund der fehlenden Biomassenachhaltigkeits-
verordnung?

18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass insbesondere mittelstän-
dische Anlagenbetreiber durch die rechtliche Unsicherheit und die wirt-
schaftlichen Nachteile aufgrund der fehlenden Biomassenachhaltigkeits-
verordnung insolvenzgefährdet sind, während Großunternehmen der
Energiewirtschaft, die zunehmend im Bereich erneuerbarer Energien tätig
sind, diese staatlich bewirkten Einnahmeausfälle bzw. Kostensteigerungen
besser verkraften und dadurch ihre Marktposition ausbauen können?

Berlin, den 24. November 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.