BT-Drucksache 16/1102

Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Besteuerung von vorproportionierten Tabaksträngen

Vom 30. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1102
16. Wahlperiode 30. 03. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Ulrike Höfken, Kerstin Andreae, Dr. Harald Terpe,
Elisabeth Scharfenberg, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, Dr. Thea Dückert, Anja
Hajduk, Brigitte Pothmer, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick, Margareta Wolf
(Frankfurt) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Besteuerung
von vorproportionierten Tabaksträngen

Am 10. November 2005 verurteilte der Europäische Gerichtshof die Bundes-
republik Deutschland, die Besteuerung von vorproportionierten Tabaksträngen
entsprechend der EU-Richtlinie mit dem Steuersatz für Fertigzigaretten und
nicht mit dem verminderten Feinschnittsteuersatz vorzunehmen. Dem Verfahren
gingen ein Mahnschreiben der Europäischen Kommission vom 18. Oktober
2002 sowie eine mit Gründen versehene Stellungnahme der Europäischen Kom-
mission vom 11. Juli 2003 voraus, in dem die Bundesrepublik Deutschland auf-
gefordert wurde, binnen zwei Monaten die Vertragsverletzung abzustellen.

Die Bundesregierung hat den Herstellern vorproportionierten Tabaks eine Über-
gangsfrist bis 31. März 2006 gewährt, bis zu der die Besteuerung der Produktion
mit dem niedrigeren Feinschnittsteuersatz möglich ist. Der Abverkauf des bis
dahin produzierten, niedriger besteuerten vorproportionierten Tabaks (Sticks
bzw. Singles) ist nach diesem Zeitpunkt weiterhin möglich.

Neben den am stärksten verbreiteten vorproportionierten Tabaksträngen (Singles
bzw. Sticks – mit Aluminiumfolie ummantelter Tabak, der in eine leere Zigaret-
tenpapierhülse gedrückt wird) sind auch so genannte Rolls (Zigaretten, die statt
mit Papier mit einem Tabakblatt umwickelt sind) auf dem Markt.

Wir fragen die Bundesregierung:

Statistische Daten vorproportionierter Tabak

1. Wie hat sich absolut und prozentual die Zahl der Fertigzigaretten sowie die
Zahl der Zigaretten aus Feinschnitt (gesamt) und aus als Feinschnitt be-
steuerten vorproportionierten Tabaksträngen an den zu versteuernden Tabak-
warenarten in den Quartalen der Jahre 2002 bis 2006 entwickelt?

Mit welcher Annahme an Gramm Tabak pro Zigarette erfolgte die Umrech-
nung?
2. Wie hat sich absolut und prozentual das auf Fertigzigaretten, Feinschnitt (ge-
samt) und auf als Feinschnitt besteuerten vorproportionierten Tabaksträngen
entfallene Steueraufkommen in den Quartalen der Jahre 2002 bis 2006 ent-
wickelt?

Drucksache 16/1102 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Mögliche Steuermehreinahmen aus vorproportioniertem Tabak

3. a) Welche Steuermehreinahmen hätten in den Jahren 2002 bis 2006 erzielt
werden können, wenn (bei einer korrekten Anwendung der EU-Richt-
linie) vorproportionierte Tabakstränge als Fertigzigaretten statt als Fein-
schnitt besteuert worden wären?

b) Mit welcher Annahme an Gramm Tabak pro Zigarette erfolgte die Um-
rechnung durch das Bundesministerium der Finanzen?

c) Wie hoch wären die Steuermehreinnahmen gewesen, wenn bei der Be-
rechnung die Annahmen 0,4 g bzw. 0,75 g Tabak pro Zigarette (Angaben
auf Feinschnittpäckchen nach ISO-15592-3) getroffen worden wären?

Übergangsregelungen vorproportionierter Tabak

4. Warum hat die Bundesregierung eine fast fünfmonatige Übergangsfrist der
Produktion zu vermindertem Steuersatz sowie einen unbeschränkten Ab-
verkauf ermöglicht, obwohl der Ausgang des Gerichtsverfahrens vor dem
Europäischen Gerichtshof nach dem Plädoyer des Generalanwalts Francis J.
Jacobs vom 14. Juli 2005 zu vermuten war und sich die Hersteller bereits
darauf einstellen konnten?

5. Hat die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen, damit die Produktionsmen-
gen in den Monaten nach der Urteilsverkündung des Europäischen Ge-
richtshofs im Vergleich zu den Vormonaten nicht weiter gesteigert wurden?

Falls ja, welche waren dies?

Falls nein, warum wurden keine Maßnahmen ergriffen?

6. Warum hat die Bundesregierung nach der dritten Stufe der Tabaksteuerer-
höhungen vom 1. September 2005 im November 2005 eine Nachbesteue-
rung des vorportionierten Feinschnitts (Feinschnittzigaretten, Sticks) vorge-
nommen?

Welche zusätzlichen Einnahmen wurden hierdurch erzielt?

Zukünftige Entwicklung

7. Ist der Bundesregierung das in der Tabakzeitung vom 10. März 2006 ange-
kündigte neue Reemtsma-Produkt eines „innovativen Volumentabaks“, der
eine „clevere Alternative“ zum vorproportionierten Feinschnitt sei und ab
März 2006 in den Handel eingeführt würde, bekannt?

8. Kann die Bundesregierung Näheres zu diesem Produkt und der Frage ob
und warum dieses Produkt ihrer Ansicht nach als Fertigzigarette oder Fein-
schnitt zu besteuern ist, sagen?

Rolls

9. Warum gelten in Deutschland Rolls entgegen dem europäischen Recht als
Zigarillos, für die ein deutlich niedrigerer Steuersatz zu zahlen ist?

10. Wie hat sich absolut und prozentual die Zahl der so genannten Rolls an den
zu versteuernden Tabakwarenarten in den Quartalen der Jahre 2002 bis 2006
entwickelt?

11. Wie hat sich absolut und prozentual das auf die so genannten Rolls entfal-
lene Steueraufkommen in den Quartalen der Jahre 2002 bis 2006 ent-
wickelt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1102

12. Welche Steuermehreinahmen hätten in den Jahren 2002 bis 2006 erzielt
werden können, wenn entsprechend dem EU-Recht Rolls als Fertigzigaret-
ten statt als Zigarillos besteuert worden wären?

13. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Steuerausfälle durch die Nicht-
Regelung und Nicht-Besteuerung des Cannabiskonsums?

Berlin, den 30. März 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.