BT-Drucksache 16/10950

Rechtsextremes Netzwerk in Europa

Vom 12. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10950
16. Wahlperiode 12. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Jens Ackermann, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Dr. Christel Happach-Kasan, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Frank Schäffler, Dr. Konrad
Schily, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk,
Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Rechtsextremes Netzwerk in Europa

Treffen rechtsnationaler Parteien, Vereinigungen und Gruppen in Europa finden
derzeit grenzüberschreitend vermehrt statt; dies dient dem Ausbau des rechts-
extremen Netzwerkes.

Gründe dafür sind vor allem die in Umlauf gebrachten Thesen von einer Islami-
sierung und Überfremdung Europas, die die einzelnen Gruppierungen einen. Es
gibt aber auch insgesamt eine anhaltende Abkehr von der klassischen Skinhead-
Subkultur in der Bundesrepublik Deutschland und dem europäischen Ausland.

So fand im September 2008 ein Anti-Islamisierungskongress statt, der vom Pro-
testverein „Bürgerbewegung pro Köln e. V.“ organisiert wurde und bei dem
Rechtspopulisten aus dem europäischen Raum zusammenfanden. Obgleich
1 000 Teilnehmer angekündigt wurden, kamen kaum mehr als 200 Sympathisan-
ten zusammen. Ihr gemeinsames Ziel über den Anti-Islamisierungskongress
hinaus ist ein Bündnis gegen die Islamisierung Europas. Bei dem Kongress sollte
eine gemeinsame Liste für die Europawahl 2009 aufgestellt werden. Langfristig
planen die europäischen Rechtsextremisten eine „Internationale der Nationalen“.

Die Stiftung „Kontinent Europa“ ist ein Zirkel von europäischen Rechtsintel-
lektuellen mit Verbindungen zum Rechtsextremismus. Sie sind insbesondere an

einer Vernetzung der „Neuen Rechten“ in Europa interessiert. Als offizielles
Ziel gilt die Unterstützung von Forschungsprojekten. Stiftungsgründer ist der
Schwede Patrick Brinkmann, der intensive Kontakte zur NPD pflegt und als eine
Führungsfigur im internationalen Rechtsextremismus gilt. Die Stiftungsmit-
glieder vertreten eine ethnopluralistische Position, wonach Menschen anderer
Herkunft aus den eigenen Nationen verbannt werden sollen. Sie grenzen sich
von den dem Nationalsozialismus verhafteten Rechten ab und streben einen

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völkischen Nationalismus an. In der Amerikanisierung der europäischen Völker
sehen sie die größte Gefahr. Zudem geht aus dem „Stockholmer Manifest“ her-
vor, dass die verschiedenen Völker Europas zusammenhalten müssten, um sich
vor dem arabischen, asiatischen und afrikanischen Kulturkreis zu schützen. Vor
allem Deutsche tummeln sich in der schwedischen Stiftung. Viele davon kennen
sich gut aus der „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP), die der Verfassungs-
schutz als „größte rechtsextremistische Kulturvereinigung“ bezeichnet (Verfas-
sungsschutzbericht 2007, S. 128).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung
über die Aktivitäten der Stiftung „Kontinent Europa“?

2. Wie schätzt die Bundesregierung die von der Stiftung „Kontinent Europa“
ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Bun-
desrepublik Deutschland und Europa ein?

3. Welche konkreten Verbindungen, z. B. gemeinsame Veranstaltungen oder
Projekte, und personellen Verknüpfungen bestehen zwischen der Stiftung
„Kontinent Europa“ und der NPD sowie anderen rechtsextremistischen
Organisationen?

4. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung
über die Aktivitäten der „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP)?

5. Seit wann wird die „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) vom Verfas-
sungsschutz beobachtet, und wie wird die von diesem Verein ausgehende
Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Bundesrepublik
Deutschland und Europa beurteilt?

6. Bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen der „Gesellschaft
für freie Publizistik“ (GfP) und anderen rechtsextremistischen Körperschaf-
ten und Vereinigungen Verbindungen, und wenn ja, welche?

7. Sind der Bundesregierung die Abreden hinsichtlich etwaiger Pläne bzw.
Zusammenarbeit bekannt, die bei dem Anti-Islamisierungskongress im
September 2008 in Köln von den daran beteiligten Rechtsextremisten
getroffen wurden, und wenn ja, welchen Inhalt haben sie?

8. Welche weiteren europäischen Zusammenschlüsse rechtsextremer Vereine,
Parteien bzw. Gruppierungen sind der Bundesregierung bekannt, und wel-
che Ziele verfolgen sie jeweils?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die jeweiligen Zusammenschlüsse von
Rechtsextremisten auf europäischer Ebene im Hinblick auf das Gefahren-
potenzial für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Bundesrepublik
Deutschland und Europa?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung des rechtsextremen
Netzwerkes innerhalb von Europa?

11. Bewirkt diese Entwicklung nach Einschätzung der Bundesregierung lang-
fristig eine Wandlung in der klassischen rechtsextremen Szene in der Bun-
desrepublik Deutschland?

Berlin, den 12. November 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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