BT-Drucksache 16/1095

Zeitplan für den Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich

Vom 30. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1095
16. Wahlperiode 30. 03. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Spieth, Dr. Martina Bunge, Klaus Ernst,
Inge Höger-Neuling, Monika Knoche, Dr. Ilja Seifert und der Fraktion DIE LINKE.

Zeitplan für den Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich

Der in der gesetzlichen Krankenversicherung 1994 eingeführte Risikostruktur-
ausgleich (RSA) ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Umsetzung des
Versorgungsauftrags der Krankenkassen und für einen funktionsfähigen Kassen-
wettbewerb. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom
18. Juli 2005 ausdrücklich bestätigt. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht
auch festgestellt, dass „die unscharfe Abbildung des Gesundheitszustands der
Versicherten im gegenwärtigen RSA … die Erreichung der … gesetzlichen
Hauptziele (gefährdet) … Dadurch werden … Tendenzen zur Risikoselektion be-
günstigt“ (Rz. 188). Dabei scheint das Bundesverfassungsgericht offensichtlich
davon ausgegangen zu sein, dass der RSA – wie vom Gesetzgeber festgelegt –
ab dem Jahre 2007 „auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indi-
katoren, Indikatorengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen
dieser Merkmale“ die Morbidität unmittelbar berücksichtige (§ 268 Abs. 1
SGB V). Im § 268 Abs. 2 SGB V ist hierzu festgehalten: „Das Bundesministe-
rium für Gesundheit regelt bis zum 30. Juni 2004 durch Rechtsverordnung nach
§ 266 Abs. 7 mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Umsetzung der
Vorgaben nach Absatz 1.“ In dem im Auftrag der Bundesregierung erstellten und
der Bundesregierung seit 2004 vorliegenden wissenschaftlichen Gutachten
„Klassifikationsmodelle für Versicherte im Risikostrukturausgleich“ werden
Vorschläge zur Umsetzung des Morbi-RSA unterbreitet.

Im Koalitionsvertrag ist unter dem Punkt 7.2.2. vereinbart: „Zwingende Voraus-
setzung einer stärker wettbewerblichen Orientierung der Krankenversicherung
ist die Vereinfachung und Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs, so
dass die Zielgenauigkeit erhöht und die Morbiditätsrisiken besser abgebildet
werden. Geeignete Kriterien dazu werden gemeinsam entwickelt. Hierzu ist eine
ausreichende Datenbasis zu schaffen. Die bisher vorgelegten Vorschläge zur Be-
rücksichtigung der Morbiditätsrisiken werden gemeinsam überprüft.“

Die Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit, die bis zum
30. Juni 2004 zu erlassen war, liegt bis heute nicht vor. Angesichts der vom Bun-
desverfassungsgericht hervorgehobenen Bedeutung des Risikostrukturaus-
gleichs für einen funktionsfähigen Solidarausgleich zwischen Gesunden und

Kranken und einen funktionsfähigen Wettbewerb zwischen den Krankenkassen
ergeben sich zur Umsetzung des Gesetzes folgende Fragen:

Drucksache 16/1095 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie sieht der Zeitplan der Bundesregierung zur Einführung eines Morbidi-
tätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) aus?

2. Ab wann ist mit der nach dem Gesetz bis zum 30. Juni 2004 fälligen Rechts-
verordnung zum Morbi-RSA zu rechnen?

3. Teilt die Bundesregierung die in Fachkreisen geäußerte Befürchtung, dass
eine Umsetzung des Morbi-RSA selbst mit einjähriger Verzögerung zum
1. Januar 2008 nur dann möglich ist, wenn die Rechtsverordnung hierzu un-
verzüglich vorgelegt wird?

4. Welche der in dem im oben erwähnten Gutachten genannten Kriterien und
Klassifikationsmodelle beabsichtigt die Bundesregierung für den Morbi-
RSA heranzuziehen?

5. Ist vorgesehen, in strukturierte Behandlungsprogramme (DMP) einge-
schriebene Versicherte in einem Morbi-RSA weiterhin besonders zu be-
rücksichtigen?

6. Für wie hoch hält die Bundesregierung den administrativen Aufwand für die
Durchführung des Morbi-RSA?

7. Wie wird sich der von der Bundesregierung vorgesehene Morbi-RSA auf
den Wettbewerb zwischen den Kassen, vor allem auf die Anreize zu mehr
Wirtschaftlichkeit und besserer Versorgungsqualität auswirken?

8. Wie wird sich der von der Bundesregierung vorgesehene Morbi-RSA auf
die medizinische Versorgung der chronisch Kranken auswirken?

9. Gibt es Überlegungen, die Private Krankenversicherung in den RSA oder
einen ähnlichen Solidarausgleich mit einzubinden?

10. In welcher Form ist die gesetzliche Krankenversicherung in die Vorberei-
tungen des Morbi-RSA eingebunden?

Berlin, den 28. März 2006

Frank Spieth
Dr. Martina Bunge
Klaus Ernst
Inge Höger-Neuling
Monika Knoche
Dr. Ilja Seifert
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.