BT-Drucksache 16/10937

Auswirkungen des Bürokratieabbaus auf die Kommunen

Vom 12. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10937
16. Wahlperiode 12. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Schäffler, Birgit Homburger, Gisela Piltz, Jens
Ackermann, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike
Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-
Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-
Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Michael Link (Heilbronn), Dr. Erwin Lotter, Markus Löning, Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Marina Schuster,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Florian Toncar, Dr. Daniel Volk, Christoph
Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Auswirkungen des Bürokratieabbaus auf die Kommunen

Die kommunale Ebene klagt über zunehmende Bürokratielasten, die von Län-
dern, Bund und der europäischen Ebene den Kommunen aufgebürdet werden.
Deshalb muss die kommunale Ebene in den Bürokratieabbau einbezogen wer-
den. Diese Forderung wurde von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände
während einer Tagung des Bielefelder Kompetenzzentrums für Bürokratiekos-
tenabbau der Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) am 15. Oktober 2008 in
Berlin erhoben. Die Kommunen sehen sich danach in erheblichem Ausmaß In-
formationspflichten ausgesetzt. Die Gutachter der FHM schätzen die Zeit, die
benötigt wird, um solche kommunalfremden Pflichten gegenüber der EU, dem
Bund und den Ländern zu erfüllen, auf 10 Millionen Arbeitsstunden jährlich
(Frankfurter Allgemeine vom 16. Oktober 2008). Die daraus entstehenden Per-
sonalkosten werden von den Wissenschaftlern derzeit auf 400 Mio. Euro ge-
schätzt. Die FHM, die bereits für das „Erste Deutsche Handbuch für das Messen
und Reduzieren administrativer Belastungen für Unternehmen und Betriebe in
Deutschland“ verantwortlich zeichnete, stützte sich bei ihrer Prognose auf
Untersuchungen in den Städten Baden-Baden, Bünde, Freiburg und dem Land-
kreis Lippe.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Inwieweit berücksichtigt die Bundesregierung schon gegenwärtig die kom-
munale Ebene, so dass es zu keiner weiteren Belastung durch Bürokratie,
sondern zu einem Bürokratieabbau kommt?

Drucksache 16/10937 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Wann und in welcher Weise hat die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel,
beziehungsweise die Bundesregierung auf die in einem Schreiben vom
8. Januar 2007 an die Bundeskanzlerin geäußerte Bitte der Hauptgeschäfts-
führer der kommunalen Spitzenverbände reagiert, das Standardkosten-
Modell auch zum Nutzen der Kommunen anzuwenden?

3. Wie ist allgemein der Stand der Bürokratiekostenmessung in Bezug auf die
Verwaltung zu beurteilen, nachdem im vom Statistischen Bundesamt her-
ausgegebenen „Methodenhandbuch der Bundesregierung“ zur Einführung
des Standardkosten-Modells auf der Bundesebene vom August 2006, ange-
kündigt worden war, dass jedenfalls solche Informationspflichten der Ver-
waltung schnell gemessen werden sollten, bei denen bereits jetzt die Vermu-
tung einer außergewöhnlich hohen Belastung offensichtlich ist?

4. Welche Informationspflichten der Kommunen gegenüber dem Bund wur-
den in dieser Legislaturperiode eingeführt, abgeschafft oder geändert?

5. Inwieweit können weiterhin Informationspflichten durch Bundesrecht den
Kommunen auferlegt werden, obwohl seit dem 1. September 2006 das Ver-
bot des Artikels 84 Abs. 1 Satz 7 des Grundgesetzes (GG) gilt, wonach durch
Bundesgesetz den Gemeinden und Gemeindeverbänden keine Aufgaben
übertragen werden dürfen?

6. Sind nach dem 8. Dezember 2006, dem Tag, an dem der Bundespräsident,
Horst Köhler, den gesetzgebenden Körperschaften mitteilte, dass er das Ge-
setz zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation wegen Ver-
stoßes gegen Artikel 84 Abs. 1 Satz 7 GG nicht unterschreiben werde (vgl.
Bundestagsdrucksache 16/3866), Bundesgesetze oder Rechtsverordnungen
des Bundes ergangen, in denen Kommunen Informationspflichten im Sinne
des § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkont-
rollrates (NKRG) unmittelbar oder mittelbar übertragen worden sind oder
sind entsprechende Gesetzesvorlagen der Bundesregierung beim Deutschen
Bundestag eingebracht worden?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang ihren Gesetz-
entwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaft-
steuerreformgesetz – ErbStRG) vom 28. Januar 2008, in dem auch eine
Änderung der §§ 193, 196 des Baugesetzbuchs vorgesehen ist (Bundestags-
drucksache 16/7918, S. 22), die zu einer erheblichen Ausweitung kommu-
naler Berichtspflichten gegenüber dem Finanzamt führen würde?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die mit Mehrbelastungen konfron-
tierten Gutachterausschüsse sich in mehreren Bundesländern, so etwa in
Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, in kommunaler Träger-
schaft befinden?

9. Sieht die Bundesregierung in der vorgeschlagenen Regelung keinen Verstoß
gegen Artikel 84 Abs. 1 Satz 7 GG, und wie begründet sie ihre Auffassung?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich insbesondere Kommunen, auf
deren Gebiet sich zahlreiche besonders teure Grundstücke befinden, Sorgen
wegen der möglichen Mehraufwendungen für Personal machen, die wegen
der verstärkten Berichtspflichten gegenüber dem Finanzamt drohen zu ent-
stehen?

11. Wie viele Arbeitsstunden fallen nach Kenntnis der Bundesregierung jähr-
lich bei den Kommunen an, um Informationspflichten im Sinne des § 2
Abs. 1 NKRG gegenüber Bund und Ländern zu erfüllen?

12. Welche Kosten entstehen den Kommunen durch diese Informationspflich-
ten, und worauf stützt die Bundesregierung ihre Einschätzung?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10937

13. Plant die Bundesregierung den Abbau von Bürokratiekosten, die den Kom-
munen durch Bundesrecht entstehen?

14. Beabsichtigt die Bundesregierung, die vom Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie am 3. Juli 2007 veröffentlichte, später aber wieder
zurückgezogene Ausschreibung zum Thema „Standardkostenmodell – Er-
arbeitung eines wissenschaftlichen Konzepts zur Anwendung des SKM auf
kommunaler Ebene“ erneut auszuschreiben, und inwieweit würden in die-
sem Fall auch die Belange der Kommunen berücksichtigt werden?

15. Wann wird die Messung der Bürokratiekosten nach dem Standardkosten-
modell abgeschlossen sein, und wann wird die Bundesregierung den Deut-
schen Bundestag über das Ergebnis unterrichten?

16. Hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest, bis zum Jahr 2011 25 Prozent
der Bürokratiekosten abzubauen?

17. Hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest, bis zum Ende der Legislatur-
periode die Hälfte des geplanten Bürokratieabbaus (vgl. Frage 18) umzu-
setzen?

18. Wann wird die Bundesregierung ihren Jahresbericht 2008 zur Anwendung
des Standardkosten-Modells vorlegen?

Berlin, den 12. November 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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