BT-Drucksache 16/10645

Steuerliche Abzugsfähigkeit von Schulgeld

Vom 15. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10645
16. Wahlperiode 15. 10. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Patrick Meinhardt, Uwe Barth, Cornelia Pieper, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van
Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen,
Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Dr. Hellmut Königshaus, Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link
(Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Gisela Piltz,
Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Florian
Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid
Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Steuerliche Abzugsfähigkeit von Schulgeld

Das Bundesministerium der Finanzen hatte im ursprünglichen Entwurf des Jah-
ressteuergesetzes 2009 vorgeschlagen, ab 2008 den Sonderausgabenabzug für
Schulgeldzahlungen an EG-/EWR-ausländische Privatschulen auszuweiten,
sofern diese Schulen zu einem in der Bundesrepublik Deutschland anerkannten
allgemeinbildenden Schulabschluss führen. Gleichzeitig sollte der steuerlich
wirksame Höchstbetrag zusätzlich zur bereits bestehenden prozentualen Be-
grenzung auf 3 000 Euro eingeschränkt und in den kommenden Jahren gänzlich
abgeschmolzen werden.

Das Vorhaben des Bundesministeriums der Finanzen, Familien mit Kindern an
Freien Schulen mit durchschnittlich 178 Euro jährlich zusätzlich zu belasten
(vgl. Antwort des parlamentarischen Staatssekretärs Karl Diller auf die schrift-
lichen Fragen 20 und 21 auf Bundestagsdrucksache 16/9210 des Abgeordneten
Patrick Meinhardt), konnte abgewendet werden – allerdings hält die Koalition
daran fest, den Zugang zu Freien Schulen durch eine Verschärfung der steuer-
rechtlichen Regelungen zu erschweren. Offenbar ist es auch nicht länger im
Interesse der Regierung, den Besuch von beruflichen Schulen in freier Träger-
schaft steuerlich geltend machen zu können. Dies dürfte zu erheblichen und
schmerzhaften Einschränkungen für die Betroffenen führen.
Derzeit werden unterschiedliche Ansätze zur Neuregelung der steuerlichen Ab-
setzbarkeit des Schulgeldes diskutiert. Ob und inwieweit diese Überlegungen
auf einer fundierten Datenbasis und verlässlichem Zahlenmaterial aufbauen ist
höchst umstritten. Doch ohne eine ausreichende Kenntnis der Sachlage stellen
derartige Vorstöße der Bundesregierung die freie Schulwahl für Eltern und die
Existenz nichtstaatlicher Bildungseinrichtungen in Frage.

Drucksache 16/10645 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Mit welcher Intention hat die Bundesregierung eine Änderung der Regelun-
gen hinsichtlich der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Schulgeld vorgenom-
men bzw. beabsichtigt sie, dies zu tun?

2. In welcher Höhe wären Mehrausgaben im Zuge einer Ausweitung des
Sonderausgabenabzugs für Schulgeldzahlungen auf Privatschulen im EG-/
EWR-Ausland auf den Staat zugekommen, wenn es zu keiner Änderung der
bestehenden Regelungen gekommen wäre?

3. Worauf beruhen diese Schätzungen?

Wie viele Schülerinnen und Schüler befinden sich derzeit an schulgeld-
pflichtigen Privatschulen im EG-/EWR-Ausland?

4. Wie hoch sind die durchschnittlichen Schulgeldsätze (abzüglich Kosten für
Betreuung, Beherbergung und Verpflegung) an schulgeldpflichtigen Privat-
schulen im EG-/EWR-Ausland?

5. Wie verteilen sich die Schulgeldsätze der unterschiedlichen Kostenstufen

a) bis 1 000 Euro/Jahr,

b) 1 000 Euro bis 2 000 Euro/Jahr,

c) 2 000 Euro bis 3 000 Euro/Jahr,

d) 3 000 Euro bis 5 000 Euro/Jahr,

e) 5 000 Euro bis 7 000 Euro/Jahr,

f) 7 000 Euro bis 10 000 Euro/Jahr,

g) 10 000 Euro bis 15 000 Euro/Jahr,

h) ab 15 000 Euro/Jahr

auf die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler an schulgeldpflichtigen
Privatschulen im EG-/EWR-Ausland?

6. Welche Folgewirkung würde die Begrenzung des steuerlich wirksamen
Höchstbetrags auf

a) 2 000 Euro mit einem abzugsfähigen Prozentsatz von 30 Prozent,

b) 2 000 Euro mit einem abzugsfähigen Prozentsatz von 50 Prozent,

c) 3 000 Euro mit einem abzugsfähigen Prozentsatz von 30 Prozent,

d) 3 000 Euro mit einem abzugsfähigen Prozentsatz von 50 Prozent,

e) einen abzugsfähigen Prozentsatz von 30 Prozent bzw. 50 Prozent ohne
Höchstgrenze

für Familien mit Kindern an schulgeldpflichtigen Privatschulen innerhalb
der Bundesrepublik Deutschland und im EG-/EWR-Ausland haben (bitte
getrennt angeben)?

7. Wie viele Familien wären aufgrund der Neuregelung einer höheren finan-
ziellen Belastung unterworfen?

In welcher Höhe?

Wie teilt sich die Belastung auf die unterschiedlichen Beitragssegmente auf?

8. Wie viele Familien würden von einer derartigen Neuregelung profitieren?

In welcher Weise?

9. Wie hoch wird die finanzielle Entlastung des Bundeshaushalts durch die Im-

plementierung der jeweiligen Neuregelung veranschlagt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10645

10. Inwiefern wären sog. Mehrzahler-Eltern (z. B. an Waldorfschulen) durch
eine derartige Neuregelung betroffen und das solidarische Prinzip der Las-
tenverteilung in Abhängigkeit vom Familieneinkommen, das an diesen
Schulen praktiziert wird, gefährdet?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Bedenken der International Schools,
wonach mit der Begrenzung der Abzugsfähigkeit des Schulgeldes die Exis-
tenz der Einrichtungen massiv gefährdet sei?

Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Angebot der Internatio-
nal Schools bei?

Sieht die Bundesregierung hier einen Sondertatbestand?

12. Wird die Bundesregierung Ausnahmetatbestände für Privatschulen einräu-
men, die ohne staatliche Zuwendungen auskommen müssen?

13. Wird die Bundesregierung die steuerliche Abzugsfähigkeit von Schulgeld
für Berufsschulen in freier Trägerschaft wieder zulassen?

In welchem Umfang soll dies künftig möglich sein?

14. Wie hoch wäre die zusätzliche finanzielle Belastung für die Bundesländer,
wenn die derzeitigen Schülerinnen und Schüler auf nichtstaatlichen Schu-
len im allgemeinbildenden und beruflichen Bereich künftig auf das Ange-
bot der staatlich getragenen Bildungseinrichtungen zurückgreifen müssten?

15. Sind in der Phase von Neugründungen von Schulen in freier Trägerschaft
Ausnahmetatbestände geplant?

Welche?

Berlin, den 15. Oktober 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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