BT-Drucksache 15/999

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren der Justiz (1. Justizbeschleunigungsgesetz)

Vom 20. Mai 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/999
15. Wahlperiode 20. 05. 2003

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, Dr. Jürgen Gehb,
Tanja Gönner, Dr. Wolfgang Götzer, Ute Granold, Michael Grosse-Brömer,
Volker Kauder, Siegfried Kauder (Bad Dürrheim), Dr. Günter Krings, Daniela Raab,
Andreas Schmidt (Mülheim), Andrea Voßhoff, Marco Wanderwitz, Ingo
Wellenreuther, Wolfgang Zeitlmann und der Fraktion der CDU/CSU

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren der Justiz
(1. Justizbeschleunigungsgesetz)

A. Problem
Die Belastung der Justiz ist hoch. Für eine zügige und fundierte Entscheidungs-
findung durch das Gericht in jedem Einzelfall ist es erforderlich, Gerichts-
verfahren ohne Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung und der berechtigten
rechtsstaatlichen Interessen der Bürger zu beschleunigen und zu straffen. Mit
dem Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 ist der Ver-
such unternommen worden, die am Rande der Belastbarkeit arbeitende Justiz
nachhaltig zu entlasten. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die sei-
nerzeit ergriffenen Maßnahmen hierzu nicht ausgereicht haben. Auch das Zivil-
prozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 hat die Ziele der Verfahrensbeschleuni-
gung und -vereinfachung nach den Rückmeldungen aus der gerichtlichen
Praxis nicht durchweg erreicht.
Die anhaltende Überlastung der Justiz kann nicht auf einzelne Ursachen allein
zurückgeführt werden, sondern ist komplexer Natur. Ihr kann unter den gegebe-
nen Umständen durch Personalvermehrung nicht begegnet werden. Daher ist es
in den letzten zehn Jahren immer wieder zu Gesetzesinitiativen insbesondere
des Bundesrates gekommen, um zu einer Straffung des Prozessablaufs unter
Wahrung rechtsstaatlicher Erfordernisse zu gelangen. Auch aus der Praxis wur-
den weitere Vorschläge unterbreitet. Die notwendigen Gesetzesänderungen
sind aber zum großen Teil immer noch nicht umgesetzt und als Gesetzesinitia-
tiven der Diskontinuität unterfallen.

B. Lösung
Für das Zivilverfahren wird vorgeschlagen:
– Aufhebung der Dokumentationspflicht für richterliche Hinweise und des

obligatorischen Güteverfahrens
– Vereinfachungen bei der Fixierung gerichtlicher Vergleiche
– Einführung einer begrenzten Bindungswirkung strafgerichtlicher Feststel-

lungen für den Zivilprozess

Drucksache 15/999 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Klarstellungen für den Einsatz von Proberichtern als originäre Einzelrichter
– Anhebung zivilprozessualer Wertgrenzen
– Eröffnung der Zweierbesetzung bei Landgericht und Oberlandesgericht
– Bestimmung der Oberlandesgerichte als Rechtsbeschwerdegerichte gegen

Beschwerdeentscheidungen der Landgerichte
– Vereinfachung in Grundbuch- und Registersachen.
Für das Strafverfahren wird im Wesentlichen Folgendes vorgeschlagen:
– Änderungen im Recht der Richterablehnung
– Reform der Vereidigungsregelungen
– Vereinfachungen im Ermittlungsverfahren
– Änderung in der Hauptverhandlung
– punktuelle Änderungen im Rechtsmittelrecht
– Änderungen hinsichtlich besonderer Verfahrensarten
– Änderungen im gerichtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahren
– Änderungen bei den Tilgungsfristen in Zentralregistern.

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Die auf Verfahrensvereinfachungen und Eindämmung von Rechtsmittelverfah-
ren gerichteten Maßnahmen werden sich kostenmindernd auswirken. Aller-
dings ist eine Bezifferung der zu erwartenden Einsparungen nicht möglich, weil
das für eine Schätzung erforderliche Zahlenmaterial sich nur durch Unter-
suchungen gewinnen ließe, die mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand
an Kosten und Zeit verbunden wären.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/999

Anlage 1

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren der Justiz
(1. Justizbeschleunigungsgesetz)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der im BGBl. Teil III, Glie-
derungsnummer 310-4, veröffentlichten bereinigten Fas-
sung, zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. § 139 Abs. 4 und 5 wird aufgehoben.
2. § 278 wird wie folgt gefasst:

㤠278
Haupttermin

(1) Im Haupttermin führt das Gericht in den Sach-
und Streitstand ein. Die erschienenen Parteien sollen
hierzu persönlich gehört werden.

(2) Der streitigen Verhandlung soll die Beweisauf-
nahme unmittelbar folgen. Im Anschluss an die Beweis-
aufnahme ist der Sach- und Streitstand erneut mit den
Parteien zu erörtern.

(3) Ein erforderlicher neuer Termin ist möglichst
kurzfristig anzuberaumen.“

3. § 279 wird wie folgt gefasst:
㤠279

Gütliche Streitbeilegung
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf

eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner
Streitpunkte bedacht sein. Es kann die Parteien für einen
Güteversuch vor einen beauftragten oder ersuchten
Richter verweisen.

(2) Für den Güteversuch kann das persönliche Er-
scheinen der Parteien angeordnet werden. Wird das Er-
scheinen angeordnet, so gilt § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2
und 3 entsprechend.

(3) In geeigneten Fällen kann das Gericht den Par-
teien eine außergerichtliche Streitschlichtung vorschla-
gen. Entscheiden sich die Parteien hierzu, gilt § 251 ent-
sprechend.

(4) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch ge-
schlossen werden, dass die Parteien einen schriftlichen
Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz ge-
genüber dem Gericht annehmen. Gleiches gilt, wenn die
Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvor-
schlag unterbreiten, sofern dieser einen vollstreckbaren
Inhalt aufweist und nicht gegen die öffentliche Ordnung
verstößt. Das Gericht stellt das Zustandekommen und
den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs
durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.“

4. Dem § 286 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) An tatsächliche Feststellungen eines rechtskräf-
tigen Strafurteils, auf denen dieses beruht, ist das Ge-
richt gebunden, wenn der Grund des Anspruchs aus
demselben Sachverhalt hergeleitet wird. Eine Bin-
dungswirkung nach Satz 1 besteht nicht, soweit das Ge-
richt Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit
der Feststellungen hat oder soweit Rechtsgründe eine
abweichende Beweiswürdigung oder eine erneute Be-
weiserhebung gebieten.“

5. § 348 Abs. 3 wird wie folgt geändert:
a) Satz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 2 wird nach dem Wort „hat“ das
Wort „oder“ gestrichen.

bb) Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 3 ein-
gefügt:
„3. nach Dezernatswechsel ein Fall des Absat-

zes 1 Satz 2 Nr. 1 vorliegt oder“.
cc) Die bisherige Nummer 3 wird Nummer 4.

b) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Die Kammer übernimmt den Rechtsstreit, wenn
die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 vor-
liegen.“

6. Nach § 348a wird folgender § 348b eingefügt:
㤠348b

Übertragung auf die Spruchgruppe
(1) Die Zivilkammer kann bis zur Verhandlung der

Hauptsache im Haupttermin den Rechtsstreit durch Be-
schluss auf eine aus dem Vorsitzenden und einem wei-
teren Mitglied der Kammer bestehende Spruchgruppe
zur Entscheidung übertragen.

(2) Ergibt sich in einer Frage, über die abzustimmen
ist, Stimmengleichheit, so überträgt die Spruchgruppe
den Rechtsstreit durch Beschluss auf die Kammer zu-
rück. Eine erneute Übertragung auf die Spruchgruppe
ist ausgeschlossen.

(3) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 2 sind unan-
fechtbar.“

7. In § 495a Abs. 1 Satz 1 wird die Angabe „sechshun-
dert“ durch die Angabe „achthundert“ ersetzt.

8. In § 511 Abs. 2 Nr. 1 wird die Angabe „sechshundert“
durch die Angabe „achthundert“ ersetzt.

9. § 525 Satz 2 wird aufgehoben.
10. Nach § 527 wird folgender § 527a eingefügt:

㤠527a
Übertragung auf die Spruchgruppe

Wird der Rechtsstreit nicht nach § 526 auf den Ein-
zelrichter übertragen, so gilt § 348b mit der Maßgabe

Drucksache 15/999 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

entsprechend, dass eine Übertragung erfolgen soll,
wenn die Sache in erster Instanz vom Amtsgericht oder
vom Einzelrichter entschieden wurde.“

11. § 551 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
In Satz 6 werden die Wörter „um bis zu zwei Monate“
durch das Wort „nur“ ersetzt.

12. § 567 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 wird die Angabe „einhundert“ durch die

Angabe „einhundertfünfzig“ ersetzt.
b) In Absatz 2 Satz 2 wird die Angabe „fünfzig“ durch

die Angabe „fünfundsiebzig“ ersetzt.
13. In § 569 Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter „oder bei

dem Beschwerdegericht“ gestrichen.
14. Dem § 577 wird folgender Absatz 7 angefügt:

„(7) Will das Oberlandesgericht bei der Auslegung
einer Vorschrift des Bundesrechts von der auf Rechts-
beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen
Oberlandesgerichts oder einer Entscheidung des Bun-
desgerichtshofes abweichen, so hat es die Rechtsbe-
schwerde dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung
vorzulegen. Der Vorlagebeschluss ist zu begründen.“

Artikel 2
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. § 25 wird wie folgt gefasst:

㤠25
(1) Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis

der Befangenheit ist unverzüglich geltend zu machen.
(2) Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die

Ablehnung nicht mehr zulässig.“
2. In § 26 Abs. 2 werden die Wörter „in den Fällen des § 25

Abs. 2“ gestrichen.
3. § 26a wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Nummer 2 am Ende wird das Wort „oder“

durch ein Komma ersetzt.
bb) In Nummer 3 wird der Punkt am Ende durch das

Wort „oder“ ersetzt.
cc) Nach Nummer 3 wird folgende Nummer 4 ange-

fügt:
„4. wenn es die Ablehnung für offensichtlich

unbegründet erachtet.“
b) In Absatz 2 Satz 2 werden die Wörter „Im Falle des

Absatzes 1 Nr. 3“ durch die Wörter „In den Fällen
des Absatzes 1 Nr. 3 und 4“ ersetzt.

4. § 57 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Vor der Vernehmung werden die Zeugen zur Wahrheit
ermahnt und darauf hingewiesen, dass sie in den vom

Gesetz vorgesehenen Fällen unter Umständen ihre Aus-
sage zu beeidigen haben.“

5. § 59 wird wie folgt gefasst:
㤠59

(1) Zeugen können nach dem Ermessen des Gerichts
wegen der Bedeutung der Aussage oder zur Herbeifüh-
rung einer wahren Aussage vereidigt werden.

(2) Im Falle der Vereidigung werden die Zeugen ein-
zeln und nach ihrer Vernehmung vereidigt. Die Vereidi-
gung erfolgt, soweit nichts anderes bestimmt ist, in der
Hauptverhandlung.“

6. Die §§ 61 und 62 werden aufgehoben.
7. § 64 wird wie folgt gefasst:

㤠64
Der Grund dafür, dass der Zeuge vereidigt oder nicht

vereidigt wird, braucht im Protokoll nicht angegeben zu
werden.“

8. § 65 wird wie folgt gefasst:
㤠65

Im vorbereitenden Verfahren ist die Vereidigung
auch zulässig, wenn
1. Gefahr im Verzug ist oder
2. der Zeuge voraussichtlich am Erscheinen in der

Hauptverhandlung verhindert sein wird.“
9. § 66b wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Wird ein Zeuge durch einen beauftragten

oder ersuchten Richter vernommen, muss die Verei-
digung, soweit sie zulässig ist, erfolgen, wenn es in
dem Auftrag oder in dem Ersuchen des Gerichts
verlangt wird.“

b) Absatz 2 wird aufgehoben.
c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 2.

10. In § 68a Abs. 2 wird die Angabe „oder des § 61 Nr. 4“
gestrichen.

11. § 79 Abs. 1 Satz 2 wird aufgehoben.
12. § 110 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden nach dem Wort „Staatsanwalt-
schaft“ die Wörter „und auf deren Weisung ihren
Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgeset-
zes)“ eingefügt.

b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Falls demnächst die Entsiegelung und

Durchsicht der Papiere angeordnet wird, ist der In-
haber der Papiere oder dessen Vertreter wenn mög-
lich zur Teilnahme aufzufordern.“

13. § 141 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 3 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Das Gericht ist an den Antrag der Staatsanwalt-
schaft gebunden.“

b) In Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/999

„Bis zur Erhebung der öffentlichen Klage kann die
Staatsanwaltschaft einen vom Beschuldigten be-
zeichneten Verteidiger auch selbst bestellen.“

14. In § 153a Abs. 2 Satz 1 werden die Wörter „bis zum
Ende der Hauptverhandlung, in der die tatsächlichen
Feststellungen letztmals geprüft werden können,“ ge-
strichen.

15. § 162 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Erachtet die Staatsanwaltschaft die Vornahme

einer richterlichen Untersuchungshandlung für erfor-
derlich, so stellt sie ihre Anträge bei dem Amtsgericht,
in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat. Satz 1 gilt nicht für
richterliche Vernehmungen sowie dann, wenn die
Staatsanwaltschaft den Untersuchungserfolg durch eine
Verzögerung für gefährdet erachtet; in diesen Fällen
stellt die Staatsanwaltschaft die Anträge bei dem Amts-
gericht, in dessen Bezirk die richterliche Untersu-
chungshandlung vorzunehmen ist.“

16. Dem § 163a wird folgender Absatz 6 angefügt:
„(6) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor der

Polizeibehörde zu erscheinen und zur Sache auszusa-
gen, wenn der Ladung ein Auftrag oder ein Ersuchen
der Staatsanwaltschaft zu Grunde liegt. Bei unberech-
tigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung eines
Zeugen kann die Staatsanwaltschaft von den in den
§§ 51 und 70 vorgesehenen Maßregeln Gebrauch ma-
chen. § 161a Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und § 406f Abs. 2
Satz 1 gelten entsprechend.“

17. In § 200 Abs. 2 Satz 2 werden nach dem Wort „Straf-
richter“ die Wörter „oder Schöffengericht“ eingefügt.

18. § 223 Abs. 3 wird aufgehoben.
19. § 226 wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz angefügt:

„(2) Der Strafrichter kann in der Hauptverhand-
lung von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle absehen. Die Entscheidung ist
unanfechtbar.“

20. § 229 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden die Wörter „zehn Tagen“ durch

die Wörter „drei Wochen“ ersetzt.
b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu
einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor
jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden
hat.“

c) In Absatz 3 werden nach dem Wort „Angeklagter“
die Wörter „oder eine zur Urteilsfindung berufene
Person“ eingefügt.

21. In § 234a wird der Halbsatz nach dem Semikolon wie
folgt gefasst:
„das Einverständnis des Angeklagten nach § 245 Abs. 1
Satz 2 und nach § 251 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ist nicht er-
forderlich, wenn ein Verteidiger an der Hauptverhand-
lung teilnimmt.“

22. In § 244 Abs. 3 Satz 2 werden vor den Wörtern „zum
Zwecke der Prozessverschleppung“ die Wörter „nach
der freien Würdigung des Gerichts“ eingefügt.

23. § 251 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 Nr. 4 wird der Punkt am Ende durch ein

Semikolon ersetzt und folgende Nummer angefügt:
„5. die Niederschrift das Vorliegen oder die Höhe

eines Vermögensschadens betrifft.“
b) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Satz 1 gilt für die Verlesung der Niederschrift über
eine staatsanwaltschaftliche Vernehmung entspre-
chend, wenn ein Protokoll nach den §§ 168, 168a
aufgenommen worden ist und der Verteidiger anwe-
send war.“

c) In Absatz 2 Satz 2 werden nach dem Wort „kann“
folgende Wörter angefügt:
„oder soweit die Niederschrift oder Urkunde im
Sinne von Satz 1 das Vorliegen oder die Höhe eines
Vermögensschadens betrifft“.

d) In Absatz 4 Satz 1 werden die Wörter „der Absätze
1 und 2“ durch die Wörter „des Absatzes 1 Satz 1
Nr. 1 bis 3 und des Absatzes 2 Satz 2“ ersetzt.

24. § 256 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden nach dem Wort „Behörden“ ein

Komma und die Wörter „der Sachverständigen, die
für die Erstellung von Gutachten der betreffenden
Art allgemein vereidigt sind,“ eingefügt.

b) In Satz 2 werden das Wort „sowie“ durch ein
Komma ersetzt und nach dem Wort „Blutproben“
die Wörter „und für Protokolle sowie in einer Ur-
kunde enthaltene Erklärungen der Strafverfolgungs-
behörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese
nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben“
eingefügt.

25. In § 271 Abs. 1 Satz 1 werden nach den Wörtern „Ur-
kundsbeamten der Geschäftsstelle“ ein Komma und die
Wörter „soweit dieser in der Hauptverhandlung anwe-
send war,“ eingefügt.

26. § 273 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 2 wird aufgehoben.
b) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden die Ab-

sätze 2 und 3.
c) Im neuen Absatz 2 wird Satz 2 wie folgt gefasst:

„Die Entscheidung des Vorsitzenden ist unanfecht-
bar.“

27. § 286 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 wird die Absatzbezeichnung „(1)“ ge-

strichen.
b) Absatz 2 wird aufgehoben.

28. § 313 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 wird jeweils die Angabe „fünfzehn“ durch

die Angabe „neunzig“ ersetzt.

Drucksache 15/999 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

b) In Satz 2 wird die Angabe „dreißig“ durch die An-
gabe „neunzig“ ersetzt.

c) Nach Satz 2 wird folgender Satz angefügt:
„Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn neben den
dort genannten Rechtsfolgen ein Fahrverbot, die
Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre
nicht mehr als neun Monate beträgt, oder eine
Sperre von nicht mehr als neun Monaten angeordnet
oder beantragt worden ist.“

29. In § 314 Abs. 2 werden nach dem Wort „Zustellung“
ein Komma und die Wörter „sofern nicht in den Fällen
der §§ 234, 387 Abs. 1, § 411 Abs. 2 und § 434 Abs. 1
Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des mit schrift-
licher Vollmacht versehenen Verteidigers stattgefunden
hat“ eingefügt.

30. § 317 wird wie folgt geändert:
a) Das Wort „kann“ wird durch das Wort „ist“ ersetzt

und die Wörter „gerechtfertigt werden“ werden
durch die Wörter „zu rechtfertigen“ ersetzt.

b) Folgender Satz wird angefügt:
„Der Beschwerdeführer hat das mit der Berufung er-
strebte Ziel anzugeben; vorhandene Beweismittel
soll er angeben.“

31. In § 318 Satz 2 werden die Wörter „oder eine Rechtfer-
tigung überhaupt nicht erfolgt“ gestrichen.

32. In § 319 Abs. 1 werden nach dem Wort „eingelegt“ die
Wörter „oder nicht gerechtfertigt“ eingefügt.

33. § 320 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt und gerechtfer-
tigt, so hat die Geschäftsstelle die Akten der Staats-
anwaltschaft vorzulegen.“

34. § 333 wird wie folgt geändert:
a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz angefügt:

„(2) Wer deine zulässige Berufung eingelegt hat,
kann gegen das Berufungsurteil nicht mehr Revision
einlegen. Hat der Angeklagte oder der gesetzliche
Vertreter eine zulässige Berufung eingelegt, so steht
gegen das Berufungsurteil keinem von ihnen das
Rechtsmittel der Revision zu.“

35. § 335 wird wie folgt geändert:
a) Nach Absatz 1 wird folgender neuer Absatz 2 einge-

fügt:
„(2) Gegen Urteile, gegen die Berufung nur zu-

lässig ist, wenn sie angenommen wird (§ 313), ist
Revision nicht zulässig.“

b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.
c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4 mit der Maß-

gabe, dass Satz 3 gestrichen wird.
36. In § 341 Abs. 2 werden nach dem Wort „Zustellung“

ein Komma und die Wörter „sofern nicht in den Fällen
der §§ 234, 387 Abs. 1, § 411 Abs. 2 und § 434 Abs. 1
Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des mit schrift-

licher Vollmacht versehenen Verteidigers stattgefunden
hat“ eingefügt.

37. § 354 wird wie folgt geändert:
a) Die Absätze 2 und 3 werden wie folgt gefasst:

„(2) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zu-
messung der Rechtsfolgen kann das Revisionsge-
richt, auch wenn ein Fall des Absatzes 1 nicht vor-
liegt, auf Antrag der Staatsanwaltschaft von der
Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, so-
fern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist, oder
die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(3) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur we-
gen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamt-
strafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf,
kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine
nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die
Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist.
Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1
oder 2 hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt
Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 2 bleiben
im Übrigen unberührt.“

b) Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden die Absätze
4 und 5.

38. § 374 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

,,3. eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
oder eine Verletzung des Briefgeheimnisses
(§ 201 Abs. 1 und 2, § 202 des Strafgesetzbu-
ches),“.

b) Nach Nummer 6 wird folgende Nummer 6a einge-
fügt:
,,6a. eine Straftat nach § 323a des Strafgesetzbu-

ches, wenn die im Vollrausch begangene Straf-
tat eine Tat der in den Nummern 1 bis 6 be-
zeichneten Art ist,“.

39. Nach § 404 wird folgender § 404a eingefügt:
㤠404a

(1) Auf übereinstimmenden Antrag des Verletzten
und des Beschuldigten nimmt das Gericht einen Ver-
gleich über die aus der Straftat erwachsenen vermö-
gensrechtlichen Ansprüche in das Protokoll auf. Auf
übereinstimmenden Antrag des Verletzten und des Be-
schuldigten unterbreitet das Gericht einen Vergleichs-
vorschlag; kommt der Vergleich zustande, so gilt Satz 1.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller
gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teil-
weise an, ist er auf Antrag gemäß dem Anerkenntnis zu
verurteilen.“

40. Dem § 405 wird folgender Satz angefügt:
„Satz 2 findet auf den zulässigen Antrag einer Person,
die nach § 395 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, c oder d oder
Nr. 2 zum Anschluss als Nebenkläger berechtigt ist und
die den Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung ge-
stellt hat, keine Anwendung.“

41. § 406 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/999

„(2) Das Gericht erklärt die Entscheidung entspre-
chend den Vorschriften der Zivilprozessordnung für
vorläufig vollstreckbar.“

42. § 407 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Bei Vergehen können auf schriftlichen Antrag der
Staatsanwaltschaft die Rechtsfolgen der Tat durch
schriftlichen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung
festgesetzt werden.“

b) In Absatz 2 Satz 2 werden die Wörter „einem Jahr“
durch die Wörter „zwei Jahren“ ersetzt.

43. § 408 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Hält das Gericht die Zuständigkeit eines Ge-

richts niederer Ordnung in seinem Bezirk für begrün-
det, so gibt es die Sache durch Vermittlung der Staats-
anwaltschaft an dieses ab; der Beschluss ist für das Ge-
richt niederer Ordnung bindend, der Staatsanwaltschaft
steht sofortige Beschwerde zu. Hält das Gericht die Zu-
ständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung, zu dessen
Bezirk es gehört, für begründet, so legt es die Akten
durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft diesem zur
Entscheidung vor. § 209a gilt entsprechend.“

44. § 408a wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden die Wörter „im Verfahren vor
dem Strafrichter und dem Schöffengericht“ ge-
strichen und nach den Wörtern „die Staats-
anwaltschaft“ die Wörter „bis zum Ende der
Hauptverhandlung, in der die tatsächlichen
Feststellungen letztmals geprüft werden kön-
nen“ eingefügt.

bb) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
„In der Hauptverhandlung kann der Staats-
anwalt den Antrag mündlich stellen.“

b) Es wird folgender Absatz 3 angefügt:
„(3) Die Absätze 1 und 2 gelten im beschleunig-

ten Verfahren (§§ 417 bis 420) entsprechend.“
45. In § 418 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Zwischen dem Eingang des Antrags bei Gericht und
dem Beginn der Hauptverhandlung sollen nicht mehr
als sechs Wochen liegen.“

46. In § 419 Abs. 1 Satz 2 werden die Wörter „einem Jahr“
durch die Wörter „zwei Jahren“ ersetzt.

47. In § 462a Abs. 6 wird die Angabe „§ 354 Abs. 2“ durch
die Angabe „§ 354 Abs. 4“ ersetzt.

48. In § 473 Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:
„Die Sätze 1 und 2 gelten auch in Fällen des § 354
Abs. 2 oder 3.“

Artikel 3
Änderung des Bundeszentralregistergesetzes
Das Bundeszentralregistergesetz in der Fassung der Be-

kanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229,

1985 I S. 195), das zuletzt durch … geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:
1. § 45 Abs. 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter „ein Jahr“ durch die
Wörter „zwei Jahre“ ersetzt.

b) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Während dieser Zeit darf nur den in § 41 Abs. 1
Nr. 1, 4 und 5 genannten Stellen Auskunft über diese
Eintragung erteilt werden.“

c) Nach Satz 2 wird folgender Satz angefügt:
„In der Auskunft ist auf die Tilgungsreife der Eintra-
gung hinzuweisen.“

2. In § 47 Abs. 3 wird nach Satz 1 folgender Satz einge-
fügt:
„Eintragungen, die während der in § 45 Abs. 2 Satz 1 ge-
nannten Frist erfolgen, hindern die Tilgung, wenn der
gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 einzutragende Tag der (letzten)
Tat vor Eintritt der Tilgungsreife liegt.“

3. § 50 wird wie folgt gefasst:
„Erfolgt nach der Entfernung einer Eintragung aus dem
Register gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 eine Eintragung, die
zu einem früheren Zeitpunkt die Tilgung gemäß § 47
Abs. 3 Satz 2 gehindert hätte, ist die entfernte Eintra-
gung wieder in das Register aufzunehmen. Im Übrigen
darf eine Eintragung, die zu Unrecht im Register getilgt
worden ist, nur mit Genehmigung des Generalbundesan-
walts in das Register aufgenommen werden. In diesem
Fall ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme
zu geben.“

4. In § 52 Abs. 2 Satz 1 werden nach den Wörtern „verwer-
tet werden darf“ ein Komma und die Wörter „oder das
die Ahndung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit
zum Gegenstand hat, die vor Eintritt der Tilgungsreife
begangen worden ist“ eingefügt.

Artikel 4
Änderung der Grundbuchordnung

Nach § 32 der Grundbuchordnung in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1114), zuletzt
geändert durch …, wird folgender neue § 32a eingefügt:

㤠32a
Der Nachweis, dass eine Person berechtigt ist, eine an-

dere zu vertreten, wird im Übrigen durch die Bescheinigung
eines Notars geführt.“

Artikel 5
Änderung der Bundesgebührenordnung

für Rechtsanwälte
Die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom …

in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer
368-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geän-
dert durch …, wird wie folgt geändert:
1. Die Überschrift vor § 97 wird wie folgt gefasst:

Drucksache 15/999 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

„2. Vergütung des bestellten und des beigeordneten
Rechtsanwalts“.

2. Nach § 103 wird folgende Vorschrift eingefügt:
㤠104

Bestellung durch die Staatsanwaltschaft
(1) Die Vorschriften der §§ 97, 98 bis 101, 103 gelten

sinngemäß für den Rechtsanwalt, der durch die Staats-
anwaltschaft bestellt worden ist (§ 141 Abs. 4 Satz 2 der
Strafprozessordnung).

(2) Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig ge-
worden, so trifft die Entscheidung über den Festset-
zungsantrag (§ 98) der Urkundsbeamte der Geschäfts-
stelle der Staatsanwaltschaft. Für die Entscheidung über
die Erinnerung gegen die Festsetzung und für die Ent-
scheidung nach § 100 Abs. 2 ist das Landgericht zustän-
dig, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht. Über die Be-
willigung einer Pauschvergütung (§ 99) entscheidet im
Falle des Satzes 1 das Oberlandesgericht, zu dessen Be-
zirk das in Satz 2 genannte Landgericht gehört.“

Artikel 6
Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes

In § 45 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes in der im
Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, ver-
öffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch
Artikel 25 Abs. 10 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I
S. 2850), wird die Zahl „750“ durch die Zahl „1 000“ er-
setzt.

Artikel 7
Änderung des Handelsgesetzbuches

Das Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten berei-
nigten Fassung, zuletzt geändert durch …, wird wie folgt
geändert:
1. In § 9a Abs. 1 werden die Wörter „wenn der Abruf von

Daten auf die Eintragungen in das Handelsregister sowie
die zum Handelsregister eingereichten aktuellen Gesell-
schafterlisten und jeweils gültigen Satzungen beschränkt
ist und insoweit die nach § 9 Abs. 1 zulässige Einsicht
nicht überschreitet“ ersetzt durch die Wörter „soweit die
Einsicht des Handelsregisters sowie der zum Handelsre-
gister eingereichten Schriftstücke nach § 9 Abs. 1 gestat-
tet ist“.

2. § 106 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 3 wird aufgehoben.
b) Die bisherige Nummer 4 wird Nummer 3.

Artikel 8
Änderung des Aktiengesetzes

Das Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I
S. 1089), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. § 40 wird wie folgt geändert:

a) Die Absatzbezeichnung „(1)“ wird gestrichen.

b) In Absatz 1 Nr. 1 werden die Wörter „sowie Bestim-
mungen der Satzung über die Zusammensetzung des
Vorstands“ gestrichen.

c) Absatz 2 wird aufgehoben.
2. In § 196 Satz 1 werden die Wörter „die Feststellungen

nach § 193 Abs. 2,“ gestrichen.

Artikel 9
Änderung des Strafgesetzbuches

In § 7 Abs. 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung
der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I
S. 3322), das zuletzt durch … geändert worden ist, wer-
den in Nummer 2 nach dem Wort „Auslieferungsersu-
chen“ die Wörter „innerhalb angemessener Frist“ einge-
fügt.

Artikel 10
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes

Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zu-
letzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 49 wie

folgt gefasst:
„(weggefallen) § 49“.

2. § 33b wird wie folgt geändert:
a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Im Verfahren über die Berufung gegen ein Ur-
teil des Jugendschöffengerichts beschließt die große
Jugendkammer, dass sie in der Hauptverhandlung mit
zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und
zwei Jugendschöffen besetzt ist, wenn die Mitwir-
kung eines dritten Richters auf Grund geringen Um-
fangs und geringer Schwierigkeit der Sache nicht
notwendig erscheint.“

b) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.
3. § 49 wird aufgehoben.
4. In § 78 Abs. 3 wird nach Satz 2 folgender Satz angefügt:

㤠230 Abs. 2 der Strafprozessordnung findet entspre-
chend Anwendung.“

5. In § 109 Abs. 2 Satz 1 wird nach der Angabe „74“ die
Angabe „ , 76 bis 78“ eingefügt.

Artikel 11
Änderung des Gesetzes

über Ordnungswidrigkeiten
Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung

der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I
S. 602), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. § 48 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird aufgehoben.
b) In Absatz 2 wird die Absatzbezeichnung „(2)“ gestri-

chen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/999

2. In § 77b Abs. 1 Satz 3 werden die Wörter „lediglich eine
Geldbuße von nicht mehr zweihundertfünfzig Euro fest-
gesetzt worden ist“ durch die Wörter „nicht mehr als
eine Geldbuße von fünfhundert Euro, ein Fahrverbot von
einemMonat und eine Nebenfolge vermögensrechtlicher
Art im Wert von fünfhundert Euro festgesetzt worden
sind“ ersetzt.

3. § 79 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 wird das Wort „zweihundertfünf-
zig“ durch das Wort „fünfhundert“ ersetzt.

bb) Nummer 2 wird wie folgt gefasst:
„2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es

sei denn, dass es sich um ein Fahrverbot von
nicht mehr als einem Monat Dauer oder um
eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art
handelt, deren Wert im Urteil oder im Be-
schluss nach § 72 auf nicht mehr als fünf-
hundert Euro festgesetzt worden ist,“.

b) In Absatz 6 wird die Angabe „Abs. 1 und 2“ gestri-
chen.

4. § 80 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 1 wird jeweils die Angabe „einhundert“

durch die Angabe „zweihundert“ ersetzt.
b) In Nummer 2 wird die Angabe „einhundertfünfzig“

durch die Angabe „dreihundert“ ersetzt.
5. § 80a wird wie folgt gefasst:

㤠80a
Besetzung der Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte
(1) Die Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte sind

mit einem Richter besetzt, soweit nichts anderes be-
stimmt ist.

(2) Die Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte sind
mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt
in Verfahren über Rechtsbeschwerden in den in § 79
Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fällen, wenn eine Geldbuße
von mehr als fünftausend Euro oder eine Nebenfolge
vermögensrechtlicher Art im Wert von mehr als fünftau-
send Euro festgesetzt oder beantragt worden ist. Der
Wert einer Geldbuße und der Wert einer vermögens-
rechtlichen Nebenfolge werden gegebenenfalls zusam-
mengerechnet.

(3) In den in Absatz 1 bezeichneten Fällen überträgt
der Richter die Sache dem Bußgeldsenat in der Beset-
zung mit drei Richtern, wenn es geboten ist, das Urteil
oder den Beschluss nach § 72 zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-
chung nachzuprüfen. Dies gilt auch in Verfahren über
eine zugelassene Rechtsbeschwerde, nicht aber in Ver-
fahren über deren Zulassung.“

6. § 85 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten

des Betroffenen, die auf neue Tatsachen oder Beweismit-
tel gestützt wird (§ 359 Nr. 5 der Strafprozessordnung)
ist nur zulässig, wenn seit Rechtskraft der Bußgeldent-

scheidung weniger als drei Jahre verstrichen sind und
zusätzlich
1. gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als

fünfhundert Euro festgesetzt worden ist oder
2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn,

dass es sich um ein Fahrverbot von nicht mehr als ei-
nem Monat Dauer oder um eine Nebenfolge vermö-
gensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil
oder im Beschluss nach § 72 auf nicht mehr als fünf-
hundert Euro festgesetzt worden ist.“

7. In § 87 Abs. 5, § 100 Abs. 2 Satz 2 und § 104 Abs. 3
Satz 1 zweiter Halbsatz wird jeweils die Angabe „zwei-
hundertfünfzig“ durch die Angabe „fünfhundert“ ersetzt.

Artikel 12
Änderung des Straßenverkehrsgesetzes

§ 29 des Straßenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember
1952, das zuletzt geändert worden ist durch …, wird wie
folgt geändert:
1. In Absatz 4 Satz 1 werden die Wörter „und die Ablauf-

hemmung (Absatz 6)“ gestrichen. Das Wort „beginnen“
wird durch das Wort „beginnt“ ersetzt.

2. Absatz 6 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 wird die Angabe „5“ durch die Angabe „6“

ersetzt.
b) Es wird folgender neuer Satz 3 eingefügt:

„Eintragungen, die während der Überliegefrist gemäß
Absatz 7 Satz 1 erfolgen, hindern die Tilgung, wenn
der Tag der der Eintragung zugrunde liegenden (letz-
ten) Straftat oder Ordnungswidrigkeit vor Eintritt der
Tilgungsreife liegt.“

3. Absatz 7 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden die Wörter „drei Monate“ durch die

Wörter „einem Jahr“ ersetzt.
b) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Während dieser Zeit darf der Inhalt der Eintragung
nur an den Betroffenen sowie zu dem in § 28 Abs. 2
Nr. 3 genannten Zweck an die für die Verfolgung von
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zuständigen
Stellen übermittelt werden.“

c) Nach Satz 2 wird folgender Satz 3 angefügt:
„In der Auskunft ist auf die Tilgungsreife hinzuwei-
sen.“

4. In Absatz 8 Satz 1 werden nach den Wörtern „verwertet
werden“ ein Komma und folgende Wörter angefügt: „es
sei denn bei der Verfolgung und Ahndung einer vor Ein-
tritt der Tilgungsreife begangenen Straftat oder Ord-
nungswidrigkeit.“

Artikel 13
Änderung des Gesetzes zur Entlastung

der Rechtspflege
Artikel 15 Abs. 2 des Gesetzes zur Entlastung der

Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50), das zu-

Drucksache 15/999 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

letzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Juli 2002
(BGBl. I S. 2850) geändert worden ist, wird aufgehoben.

Artikel 14
Folgeänderungen in verschiedenen Gesetzen
(1) In § 146 Abs. 3 Satz 2 der Bundesrechtsanwaltsord-

nung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnum-
mer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt
durch … geändert worden ist, wird die Angabe „§ 354
Abs. 2“ durch die Angabe „§ 354 Abs. 4“ ersetzt.

(2) In § 128 Abs. 3 Satz 2 der Patentanwaltsordnung vom
7. September 1966 (BGBl. I S. 557), die zuletzt durch …
geändert worden ist, wird die Angabe „§ 354 Abs. 2“ durch
die Angabe „§ 354 Abs. 4“ ersetzt.

(3) In § 130 Abs. 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes in
der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1975
(BGBl. I S. 2735), das zuletzt durch … geändert worden ist,
wird die Angabe „§ 354 Abs. 2“ durch die Angabe „§ 354
Abs. 4“ ersetzt.

(4) In § 107a Abs. 3 Satz 2 der Wirtschaftsprüferordnung
in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November
1975 (BGBl. I S. 2803), die zuletzt durch … geändert wor-
den ist, wird die Angabe „§ 354 Abs. 2“ durch die Angabe
„§ 354 Abs. 4“ ersetzt.

Artikel 15
Folgeänderungen

in derHandelsregisterverordnung sowie Rückkehr
zum einheitlichen Verordnungsrang

(1) Die Handelsregisterverordnung in der im Bundes-
gesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 315-20, veröffent-

lichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch …, wird
wie folgt geändert:
1. § 40 Nr. 5 Abs. 2 Buchstabe b wird gestrichen.
2. In § 61 Nr. 5 Buchstabe a werden die Wörter „sowie bei

Personengesellschaften der Beginn der Gesellschaft“ ge-
strichen.
(2) Die auf Absatz 1 beruhenden Teile der geänderten

Rechtsverordnung können auf Grund der jeweils einschlägi-
gen Ermächtigung durch Rechtsverordnung geändert wer-
den.

Artikel 16
Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes
In § 119 wird in Absatz 1 Nr. 2 der Punkt durch ein

Semikolon ersetzt und folgende Nummer 3 angefügt:
„3. der Rechtsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidun-

gen der Landgerichte; sind in einem Land mehrere
Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Entscheidung
über die Rechtsbeschwerde von den Landesregierungen
durch Rechtsverordnung einem der Oberlandesgerichte
oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden,
sofern die Zusammenfassung der Rechtspflege, insbe-
sondere der Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-
chung, dienlich ist. § 577 Abs. 7 Zivilprozessordnung
bleibt unberührt.

Artikel 17
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am … in Kraft.

Berlin, den 20. Mai 2003

Wolfgang Bosbach
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Jürgen Gehb
Tanja Gönner
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Michael Grosse-Brömer
Volker Kauder
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)
Dr. Günter Krings
Daniela Raab
Andreas Schmidt (Mülheim)
Andrea Voßhoff
Marco Wanderwitz
Ingo Wellenreuther
Wolfgang Zeitlmann
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/999

Begründung

I. Allgemeines
1. Zivilverfahren
a) Das Zivilprozessreformgesetz (ZPO-RG) vom 27. Juli

2001 (BGBl. I S. 1887) hat tief greifende Änderungen
des Zivilprozessrechts herbeigeführt. Der Nutzen der
Rechtsänderungen wird von den Gerichten überwiegend
skeptisch beurteilt. Die Neuregelungen haben ihre selbst
gesteckten Ziele der Verfahrensbeschleunigung und
-vereinfachung nach den Rückmeldungen aus der ge-
richtlichen Praxis nicht erreicht.
Es ist beabsichtigt, das Zivilprozessreformgesetz einer
umfassenden Evaluation zu unterziehen, für deren
Durchführung vom Bundesministerium der Justiz ein
Zeitbedarf von vier bis fünf Jahren veranschlagt worden
ist. Die Evaluation wird bei sachgerechter Begrenzung
des Aufwands durch Beteiligung weniger repräsentativ
ausgewählter Gerichte praktikabel sein und mag nütz-
liche Erkenntnisse erbringen. Soweit jedoch die Rechts-
änderung zu gravierenden Mehrbelastungen der Gerichte
geführt hat – worauf der Bundesrat im Gesetzgebungs-
verfahren mehrfach mit Nachdruck aufmerksam ge-
macht hatte – kann nicht mehrere Jahre zugewartet wer-
den. Dies gilt in besonderem Maße für
– die Dokumentationspflicht für richterliche Hinweise

und
– die obligatorische Güteverhandlung.
Die Konferenz der Justizministerinnen und -minister hat
deshalb am 14. November 2002 mehrheitlich den Be-
schluss gefasst, eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel
zu unterstützen, die durch das Zivilprozessreformgesetz
eingeführten Regelungen über die obligatorische Güte-
verhandlung und die richterliche Hinweis- und Doku-
mentationspflicht zu streichen.
Entsprechend der Ausgangslage, die durch das drin-
gende Bedürfnis gekennzeichnet ist, die Gerichte vom
Zwang zu zeitraubender, unpraktischer und fruchtloser
Verfahrensweisen freizustellen, konzentriert sich die No-
vellierung auf die nachstehenden Regelungskomplexe:
Die Dokumentationspflicht für richterliche Hinweise
(§ 139 Abs. 4 und 5 ZPO) führt zu längeren Protokollen
und zeitraubenden Gerichtsterminen. Im Grunde wird
der qualitative Fortschritt vom schriftlichen Prozess zum
Rechtsgespräch, vom schreibenden zum sprechenden
Richter wieder zurückgenommen und Förmelei betrie-
ben. Vielfach wirkt sich die Regelung als Freibrief für
unsorgfältigen, unsubstantiierten oder unvollständigen
Sachvortrag aus.
Als besonders missglückt wird die obligatorische Güte-
verhandlung (§ 278 Abs. 2 bis 5 Satz 1 ZPO) empfun-
den. Die Gerichte sprechen davon, dass die Regelung für
alle Beteiligten letztlich nur Nachteile gebracht habe.
Der Richter kann bei Eingang der Klage kaum abschät-
zen, ob eine Güteverhandlung zweckmäßig oder aus-
sichtslos ist. Der Umstand, dass die Parteien, auch wenn
sie anwaltlich vertreten sind, persönlich geladen werden

sollen, zieht Ladungsaufwand und in der Verhandlung
zeitlichen Aufwand nach sich. Die Vergleichsquote wird
nach den Erfahrungen der Gerichte nicht gesteigert. Den
Parteien entstehen nach Darlegung der Praxis Reisekos-
ten oder Arbeitszeitausfall, ohne dass sie in dem erwarte-
ten Umfang zu Wort kommen könnten. Die Langwierig-
keit belastet auch das Zeitbudget der Anwälte.
Die Begrenzung des Entwurfs auf vordringliche Abhilfe-
maßnahmen bedeutet, dass davon abgesehen wird, die
bis zum 31. Dezember 2001 geltende Rechtslage sche-
matisch wieder herzustellen. Zugrunde gelegt werden
vielmehr folgende Überlegungen:
aa) § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO entspricht imWesentlichen

dem gewachsenen Bild des Rechtsgesprächs, das die
mündliche Verhandlung bis zum Inkrafttreten des
Zivilprozessreformgesetzes gekennzeichnet hat. Die
Aufnahme des bisher in § 278 Abs. 3 ZPO a. F. ge-
regelten Verbots der Überraschungsentscheidung in
§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist systematisch korrekt
und sollte ebenfalls beibehalten werden. Das Glei-
che gilt für die Konkretisierung der Überraschungs-
entscheidung durch § 139 Abs. 2 Satz 2 ZPO:
Sofern das Gericht von der übereinstimmenden
Beurteilung beider Parteien abweicht, sollte ihnen
Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. Aufhe-
bungsbedarf ergibt sich mithin für die Erweiterung
der gerichtlichen Hinweis- und Dokumentations-
pflicht (§ 139 Abs. 4 ZPO) und die dem Gebot der
Verfahrensbeschleunigung zuwiderlaufende erwei-
terte Möglichkeit, Erklärungsfristen zu verlangen
und zu bewilligen (§ 139 Abs. 5 ZPO).

bb) Der in § 278 Abs. 1 ZPO niedergelegte Grundsatz,
auf die gütliche Beilegung des Rechtsstreits in jeder
Lage des Verfahrens bedacht zu sein, ist aus § 279
Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F. entnommen und hat sich
bewährt. Unpraktikabel ist hingegen § 278 Abs. 2
bis 5 Satz 1 ZPO. Der Richter kann bei Eingang der
Klageschrift und Ladung zur mündlichen Verhand-
lung nicht beurteilen, ob die Güteverhandlung „er-
kennbar aussichtslos“ erscheint. Eine Reaktion des
Beklagten liegt zu diesem Zeitpunkt regelmäßig
noch nicht vor. Die Ergebnisse der zeitaufwändigen
Güteverhandlung sind negativ. Eine gegenüber dem
frühen Rechtszustand erhöhte Anzahl von Verglei-
chen wird nicht erreicht. Die kontraproduktiven
Wirkungen des obligatorischen Güteverfahrens zei-
gen sich insbesondere in Folgendem:
– Zahlreiche Parteien, vor allem Wirtschaftsunter-

nehmen, Banken und Versicherungen, entziehen
sich dem angeordneten persönlichen Erscheinen
der Mitglieder ihrer Leitungsorgane durch ent-
sprechende Bevollmächtigung der Prozess-
bevollmächtigten oder durch Krankmeldung,
womit das gesetzliche Leitbild der Güteverhand-
lung von vornherein unterlaufen wird.

– Die Chancen einer beklagten Partei werden ver-
mindert, ein kostengünstiges Anerkenntnisurteil

Drucksache 15/999 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zu erreichen, noch bevor eine Erörterungsgebühr
der beteiligten Anwälte entstanden ist.

– In der Güteverhandlung können keine Wider-
rufsvergleiche geschlossen werden, weil noch
keine streitigen Anträge gestellt sind. Dies führt
in der Praxis zu der absurden Verfahrensweise,
dass dann, wenn die Parteien einem Widerrufs-
vergleich näher treten wollen, die Güteverhand-
lung für gescheitert erklärt und in die streitige
Verhandlung übergeleitet wird, um sodann den
Vergleich nach Antragstellung mit Widerrufsvor-
behalt zu schließen.

Das undifferenzierte obligatorische Güteverfahren ist
daher aufzugeben. Dies schmälert nicht den Gedanken
eines gütlichen Ausgleichs, dem dort hohe Priorität ein-
geräumt wird, wo konkrete Einigungschancen sichtbar
werden.
Beibehalten wird der fakultative Güteversuch, der auch
im bisher geltenden Recht enthalten war (§ 279 Abs. 1
Satz 2, Abs. 2 ZPO a. F.). Die fakultative Überweisung
an eine außergerichtliche Mediation (§ 278 Abs. 5 Satz 2
ZPO) soll in geeigneten Fällen erprobt werden können.
Gut angenommen wurde von der gerichtlichen Praxis die
Vereinfachung des Vergleichsabschlusses gemäß § 278
Abs. 6 ZPO. Sie ist beizubehalten. Darüber hinaus wird
die Möglichkeit des Vergleichsabschlusses im schriftli-
chen Verfahren auf die Konstellation erweitert, dass die
Parteien dem Gericht einen von ihnen erarbeiteten Ver-
gleich vorlegen.

b) Ein altbekanntes Problem der zivilgerichtlichen Praxis
besteht darin, dass immer wieder Beweisfragen zu lösen
sind, die in einem vorgängigen Strafprozess bereits über-
zeugend geklärt worden sind. Das geltende Recht lässt
jedoch die Übernahme solcher strafprozessualer Er-
kenntnisse in den Zivilprozess nur im Wege des Ur-
kundsbeweises zu; insbesondere der Zeugenbeweis muss
grundsätzlich erneut erhoben werden. Dieser Formalis-
mus belastet häufig die durch eine Straftat Geschädigten
in besonderer Weise und bedeutet für die Zivilgerichte
einen überflüssigen Aufwand. Der Entwurf schlägt des-
halb die Einführung einer begrenzten Bindungswirkung
entscheidungstragender Feststellungen eines Strafurteils
für den nachfolgenden Zivilprozess vor.

c) Das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli
2001 hat das bei den erstinstanzlichen Zivilkammern der
Landgerichte bislang bestehende Kollegialitätsprinzip
zugunsten des Einzelrichtersystems geändert. Die Geset-
zeslage bedarf einer klarstellenden Regelung, da sie
nicht berücksichtigt, dass der nicht unter die Ausnahme-
regelung des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO fallende
Richter auf Probe nach Dezernatswechsel auch durch
einen Richter auf Probe ersetzt werden kann, der noch
nicht über einen Zeitraum von einem Jahr geschäftsver-
teilungsmäßig Rechtsprechungsaufgaben in bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten wahrzunehmen hatte. Dieser schei-
det als originärer Einzelrichter aus, mit der Folge, dass er
die in seinem Dezernat befindlichen Einzelrichtersachen
auf die Kammer zurückübertragen muss. Dieses „Rück-
übertragungsverfahren“ ist bürokratisch und mit der Vor-
stellung einer modernen Gerichtsbarkeit nicht in Ein-
klang zu bringen. Der Entwurf löst dieses Problem,

indem der in ein Einzelrichterdezernat eintretende Rich-
ter auf Probe, der dem Ausnahmefall des § 348 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 ZPO unterfällt, die Einzelrichtersachen der
Kammer vorlegt, die diese ohne Rückübertragungsmög-
lichkeit zu übernehmen hat.

d) Hinsichtlich der verfahrensrelevanten Wertgrenzen hat
das Zivilprozessreformgesetz die Berufungssumme von
1 500 DM auf 600 Euro herabgesetzt (Artikel 2 Nr. 72).
Damit wurde neben anderen gerichtlichen Mehraufwand
begründenden Regelungen eine zusätzliche Belastung
geschaffen. Im Zuge einer ersten Korrektur des Zivilpro-
zessreformgesetzes besteht damit Anlass, die verfah-
rensrechtlich relevanten Wertgrenzen insgesamt zu prü-
fen und maßvoll zu erhöhen, nämlich
– die Wertgrenze für das Verfahren nach billigem Er-

messen (§ 495a ZPO),
– die Berufungssumme (§ 511 Abs. 1 Nr. 1 ZPO),
– die Beschwerdesummen (§ 567 Abs. 2 Satz 1 und 2

ZPO),
– die Beschwerdesumme im Wohnungseigentumsge-

setz (§ 45 Abs. 1 WEG).
e) Den Kollegien der Landgerichte und Oberlandesgerichte

soll die Möglichkeit eröffnet werden, in allgemeinen
Zivilverfahren erster und zweiter Instanz in geeigneten
Fällen in Zweierbesetzung („Spruchgruppe“) zu ent-
scheiden. Mit der Einrichtung solcher Spruchkörper
haben die Strafgerichte gute Erfahrungen gemacht. Im
Berufungsrechtszug soll die Zweierbesetzung bei erst-
instanzlichen Einzelrichterentscheidungen zum Regel-
fall werden (§ 527a ZPO-E). Den Gerichten würde damit
eine weitere Möglichkeit effizienter Erledigung eröffnet,
bei der im Gegensatz zum Einzelrichter nicht auf die
Vorzüge des Kollegialprinzips verzichtet werden müsste.
Die Neuregelung führt zugleich zu einer Flexibilisierung
der Aufgabenverteilung in der Kammer bzw. im Senat
und zu einer Entlastung der Mitglieder.

f) Gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist Adressat der soforti-
gen Beschwerde nach Wahl des Beschwerdeführers ent-
weder das Ausgangsgericht oder das Beschwerdegericht.
Die Aufnahme des Beschwerdegerichts als Adressat
wird damit begründet, dass dieses so die Möglichkeit er-
hält, vor seiner Entscheidung eine einstweilige Anord-
nung zu erlassen oder die Vollziehung der angefochtenen
Entscheidung auszusetzen. Diese Gesetzespraxis erweist
sich als wenig vorteilhaft, insbesondere nachdem dem
Ausgangsgericht mit dem Gesetz zur Reform der Zivil-
prozessordnung eine umfassende Abhilfebefugnis (§ 572
Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingeräumt worden ist. Die geltende
Rechtslage führt zu einer erheblichen Verfahrensverzö-
gerung. Hat nämlich der Rechtsmittelführer die sofortige
Beschwerde beim Beschwerdegericht eingelegt, so wer-
den dem Beschwerdegericht die Gerichtsakten des Aus-
gangsgerichts vorgelegt, um sodann von diesem zum
Zwecke der Durchführung des Abhilfeverfahrens an das
Ausgangsgericht zurückgesandt zu werden. Hierdurch
wird der Verfahrensablauf gehemmt und gerichtliche Ar-
beitskraft unnötig gebunden.
Der Gesetzentwurf trägt diesem Umstand Rechnung, in-
dem der Rechtsmittelführer die sofortige Beschwerde

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/999

künftig beim Ausgangsgericht einzulegen hat. Ein
Rechtsverlust ist damit für den Rechtsmittelführer nicht
verbunden, da auch das Ausgangsgericht im Bedarfsfall
die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung ausset-
zen kann (§ 570 Abs. 2 ZPO). Im Rahmen der Beschleu-
nigungsmaxime ist das Ausgangsgericht kraft Gesetzes
verpflichtet, dem Beschwerdegericht die Beschwerde
unverzüglich vorzulegen, sobald das Abhilfeverfahren
beendet ist (§ 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

g) In Grundbuchsachen führt der sehr umfangreiche Voll-
machtsnachweis von Antragstellern, z. B. bei Lö-
schungsbewilligungen für eine Grundschuld, insbeson-
dere bei Mitarbeitern von Banken oder Versicherungen
zu praktischen Problemen. Häufig umfasst eine Grund-
schuldlöschung statt einer Seite wegen der Vollmachts-
ketten 20 bis 30 Seiten. Zur Vereinfachung wird in § 32a
GBO-E eine notarielle Vollmachtsbestätigung zugelas-
sen.

h) Durch Änderung von § 9a HGB wird das automatisierte
Abrufverfahren auf alle Eintragungen und sonstigen zum
Handelsregister eingereichten Schriftstücke erstreckt,
die nach § 9 Abs. 1 HGB dem Einsichtsrecht unterlie-
gen. Auf diese Weise werden dem Online-Abrufverfah-
ren alle wesentlichen Daten und Informationen des Han-
delsregisters eröffnet. Einsichtnehmende sind, soweit ein
Online-Abruf technisch möglich ist, nicht mehr darauf
angewiesen, die Einsicht in das Handelsregister vor Ort
in den Räumen des Registergerichtes vorzunehmen.
Nach § 106 Abs. 2 Nr. 3 HGB ist bei der Anmeldung
einer offenen Handelsgesellschaft zum Handelsregister
der Zeitpunkt, zu welchem die Gesellschaft begonnen
hat, anzumelden. Auf die Eintragung des Beginndatums
in das Handelsregister kann verzichtet werden. Diese
Eintragung hat lediglich deklaratorische Bedeutung.

i) Die vorgeschlagenen Änderungen der §§ 40, 196 AktG
dienen der Deregulierung und Reduktion von Vorschrif-
ten bei der Bekanntmachung von Handelsregistereintra-
gungen. Es handelt sich um Vorschriften, die über die ei-
gentliche Handelsregistereintragung, die nach § 10 HGB
bekannt gemacht wird, hinausgehen. Diese zusätzlichen
Bekanntmachungen sind für betroffene Unternehmen oft
kostspielig und bei der Bearbeitung in den Registerge-
richten teilweise aufwändig und zeitintensiv. Die aufzu-
hebenden Vorschriften sind im Interesse des Rechtsver-
kehrs nicht notwendig.

2. Strafverfahren
a) Änderungen im Recht der Richterablehnung

Die Ausgestaltung des im Dritten Abschnitt des Ersten
Buches der StPO geregelten Rechts der Ablehnung von
Richtern kann trotz der schon bisher in den §§ 25, 26a
StPO getroffenen materiellen und verfahrensrechtlichen
Regelungen zur Zulässigkeit sowie der verfahrenstechni-
schen Vorgaben des § 29 StPO zu einer nicht unerheb-
lichen Verzögerung der Hauptverhandlung führen. Im
Vordergrund stehen hierbei die Möglichkeiten des pro-
zessualen Missbrauchs jenseits einer offensichtlichen
Verfahrensverschleppung oder Verfolgung verfahrens-
fremder Zwecke i. S. d. § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO.

In Fällen, in denen die Ablehnung offensichtlich das
Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde
Zwecke verfolgt werden sollen, sieht zwar das geltende
Recht in § 26a StPO eine Zurückweisung des insoweit
unzulässigen Gesuches durch einstimmigen Beschluss
des Gerichtes vor, wobei der abgelehnte Richter bei der
Entscheidung nicht ausgeschlossen ist (§ 26a Abs. 1
Nr. 3, Abs. 2 StPO). Angesichts der an der Missbräuch-
lichkeit ausgerichteten Offensichtlichkeitsklausel kommt
die Vorschrift jedoch nur zur Anwendung, wenn an der
ausschließlich zweckfremden Motivation des Ableh-
nungsgesuches keinerlei Zweifel bestehen.
Die Rechtsprechung hat daher von dem ihr nach § 26a
Abs. 1 Nr. 3 StPO zur Seite stehenden Instrumentarium
bisher nur in einem sehr begrenzten Rahmen Gebrauch
gemacht, so dass die insoweit eröffnete Verfahrens-
erleichterung kaum praktische Bedeutung hat. Der Ent-
wurf führt als neues Kriterium der Unzulässigkeit die
offensichtliche Unbegründetheit des Ablehnungsgesu-
ches ein. Unter der Bedingung eines einstimmigen Be-
schlusses wird hierdurch – unabhängig von der Bewer-
tung einer Verfolgung verfahrensfremder Zwecke – in
Fällen evident aussichtsloser Befangenheitsanträge die
Möglichkeit einer Entscheidung in unveränderter Beset-
zung des Spruchkörpers geschaffen und damit eine nicht
unwesentliche Verfahrenserleichterung und -beschleuni-
gung bewirkt.
Im Übrigen gibt der Entwurf die bisher für den erken-
nenden und den außerhalb der Hauptverhandlung tätigen
Richter unterschiedliche Regelung über den Zeitpunkt
zulässiger Ablehnungsgesuche auf und verlangt eine ge-
nerell unverzügliche Geltendmachung von Ablehnungs-
gründen. Die hierdurch bewirkte Präklusion „aufgespar-
ter“ Ablehnungsgründe wird sich insbesondere im
Hinblick auf die in Großverfahren häufig zu beobachten-
den Dilationen zu Beginn der Hauptverhandlung be-
schleunigend auswirken, ohne dass damit das Recht zur
Anbringung von Befangenheitsanträgen als solches be-
einträchtigt wird.
Gemäß § 31 Abs. 1 StPO gelten die mit dem Entwurf
vorgeschlagenen Änderungen auch für die Ablehnung
von Schöffen, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und
anderen Protokollführern.

b) Reform der Vereidigungsregelungen
Die geltende Rechtslage (§ 59 StPO) sieht als Regelfall
die in der Rechtswissenschaft umstrittene Vereidigung
vor. In der Praxis ist seit Inkrafttreten des § 61 Nr. 5
StPO zunehmend eine tatsächliche Änderung des gesetz-
lichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses zu beobachten.
Der Grundsatz der Vereidigung eines Zeugen gemäß
§ 59 StPO wird immer mehr zur Ausnahme, die aus-
nahmsweise Nichtvereidigung gemäß § 61 Nr. 5 StPO
im Gerichtsalltag zum Regelfall.
Der Entwurf stellt in Anpassung an die gerichtliche Pra-
xis die Vereidigung im Strafverfahren in das Ermessen
des Gerichts (§ 59 StPO) und gleicht damit die strafpro-
zessualen Vereidigungsregelungen denjenigen anderer
Gerichtsbarkeiten an (§ 58 Abs. 2 Satz 1; § 106 Abs. 1
ArbGG; § 391 ZPO; § 173 VwGO). Durch die Neurege-
lung ist eine Straffung und Vereinfachung der Strafver-

Drucksache 15/999 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

fahren zu erwarten. Das Ziel, ein gerechtes Urteil auf der
Grundlage der objektiven Wahrheit zu erhalten, bleibt
dennoch erhalten. Den Gerichten bleibt weiterhin die
Möglichkeit erhalten, in geeigneten Fällen eine Vereidi-
gung in Aussicht zu stellen und gegebenenfalls anzuord-
nen. Der Anspruch des Angeklagten auf ein justizförmi-
ges Strafverfahren, in dem ihm der Eid unter Umständen
auch seine Freiheit sichert, bleibt gewahrt. Die Nichtver-
eidigung als Regelfall gefährdet die Rechtsordnung
nicht, da die Möglichkeit einer Eidesleistung erhalten
bleibt. Das Strafverfahren wird somit nicht des Ernstes
und des sittlichen Grundcharakters entkleidet.

c) Vereinfachungen im Ermittlungsverfahren
Der Entwurf geht davon aus, dass auch zunächst gering
erscheinende Änderungen, die einer Erleichterung des
prozessual Erstrebten dienen oder eine Reduzierung von
Verfahrensgängen bewirken, in einem allgemeinen Ent-
lastungsgesetz angezeigt sein können, insbesondere
wenn sie auf Anregungen der Praxis beruhen.
aa) Zur Durchsicht von Papieren eines von einer Unter-

suchung Betroffenen (§ 110 StPO) sollen, unter Lei-
tung der Staatsanwaltschaft, auch deren Hilfsbeamte
befugt sein.

bb) Der Entwurf lässt die materiellen Vorschriften zur
Pflichtverteidigung unangetastet. Er folgt damit
weder Äußerungen der gerichtlichen und staats-
anwaltschaftlichen Praxis, die im Interesse der Ver-
fahrensbeschleunigung eine Zurückdrängung der
notwendigen Verteidigung verlangt hatten, noch sol-
chen, die mit gleicher Begründung für deren Aus-
dehnung eintreten. Vielmehr sieht er im Interesse
der Verfahrensvereinfachung lediglich eine prozes-
suale Erleichterung vor: Im Ermittlungsverfahren
soll die Staatsanwaltschaft bei Einigkeit mit dem
Beschuldigten den Verteidiger selbst bestellen kön-
nen, ohne das Gericht einschalten zu müssen.

cc) Durch eine weitgehende Konzentration der Zustän-
digkeit auf die Ermittlungsrichter am Ort der Staats-
anwaltschaft werden die Wege zum Ermittlungsrich-
ter verkürzt.

dd) Zeugen sollen verpflichtet sein, auf Ladung vor der
Polizei zu erscheinen und zur Sache auszusagen,
wenn der Ladung ein Auftrag oder ein Ersuchen der
Staatsanwaltschaft zu Grunde liegt.

ee) Auch bei Schöffengerichtsanklagen soll eine Dar-
stellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermitt-
lungen nur noch fakultativ sein.

d) Vereinfachungen in der Hauptverhandlung
Der Entwurf sieht Verfahrenserleichterungen hinsicht-
lich des Protokolls der Hauptverhandlung in Strafsachen
vor. Neben einer Aufgabe des Inhaltsprotokolls in Straf-
verfahren vor dem Amtsgericht wird die Möglichkeit
einer Hauptverhandlung vor dem Strafrichter ohne Hin-
zuziehung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ge-
schaffen. Außerdem wird die Ablehnung eines Beweis-
antrages wegen Prozessverschleppung erleichtert.

e) Punktuelle Änderungen im Rechtsmittelrecht
Ausgehend von der Koalitionsvereinbarung der Bundes-
regierung ist in der 14. Legislaturperiode intensiv disku-
tiert worden, ob es einer Rechtsmittelreform im Strafver-
fahren bedarf. Ergebnis der Diskussion war, dass eine
grundlegende Reform nicht erforderlich ist, insbeson-
dere bedarf es keiner Rechtsmittelreform im Strafverfah-
ren mit dem Ziel, einen dreistufigen Gerichtsaufbau
durchzusetzen. Dies bedeutet aber nicht, dass es keiner
Änderungen des Rechtsmittelrechtes bedarf. Sinnvolles
Ziel von eher punktuellen Änderungen im Rechtsmittel-
recht in Strafsachen ist nämlich die Entlastung der Straf-
rechtspflege. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht der Ent-
wurf im Rechtsmittelbereich namentlich Folgendes vor:
– In Anlehnung an das Jugendstrafrecht wird ein Wahl-

rechtsmittel eingeführt, d. h. dem Beschuldigten und
der Staatsanwaltschaft steht entweder Berufung oder
Revision zu. Dies führt dazu, dass sie nur noch ein
Rechtsmittel zur Wahl haben.

– Der Bereich der Annahmeberufung wird auf Verur-
teilungen bis zu 90 Tagessätzen (einschließlich Fahr-
verbot und Entziehung der Fahrerlaubnis bei Sperr-
frist bis zu 9 Monaten) angehoben.

– Im Bereich der Annahmeberufung wird die Sprung-
revision ausgeschlossen.

– Die Möglichkeit zu abgekürzten Berufungsurteilen
wird erweitert.

– Es wird eine Pflicht zur Begründung der Berufung
eingeführt.

– Dem Revisionsgericht wird eine Ermessenseinstel-
lung gegen Auflage ermöglicht.

– Die „Durchentscheidungsmöglichkeit“ für das Revi-
sionsgericht wird erweitert.

Der Entwurf zielt auch darauf ab, den Widerspruch zu
beseitigen, dass nach geltendem Recht bei Verfahren, die
beim Amtsgericht ihren Ausgang nehmen, drei Instanzen
zur Verfügung stehen, bei Sachen, die erstinstanzlich
vom Landgericht verhandelt werden, aber nur zwei.
Gleichzeitig sollen aber die Vorteile des geltenden Rech-
tes bewahrt werden, denn die in der 14. Legislaturperi-
ode geführte Diskussion hat gezeigt, dass sich das gel-
tende Rechtsmittelsystem in Strafsachen ebenso wie der
geltende Gerichtsaufbau grundsätzlich bewährt haben.
Bewährt hat sich insbesondere, dass eine große Zahl von
Strafverfahren vor dem Amtsgericht rechtskräftig erle-
digt wird, ohne dass das amtsgerichtliche Verfahren auf-
wändig wäre. Entscheidend ist dabei das Bewusstsein al-
ler Beteiligten, durch eine Einlegung der Berufung ggf.
erreichen zu können, dass vor dem Landgericht eine
vollständige neue Hauptverhandlung durchgeführt wird.
Dies führt dazu, dass die große Masse der Verfahren vor
dem Amtsgericht verfahrensökonomisch erledigt werden
kann. Hauptvorteil des Wahlrechtsmittels ist es, dass sich
hieran nichts ändert.

f) Änderungen hinsichtlich besonderer Verfahrensarten
Strafbefehlsverfahren
Das in den §§ 407 ff. StPO normierte Verfahren bei
Strafbefehlen hat in der Praxis eine große Bedeutung. Es

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/999

ist für die rasche Erledigung einer Vielzahl tatsächlich
und rechtlich einfach gelagerter Fälle bestimmt und im
Rahmen des deutschen Strafprozesssystems nicht zu ent-
behren. Der Entwurf hat zum Ziel, das Strafbefehlsver-
fahren auf alle Tatsacheninstanzen zu erstrecken, um in
allen geeigneten Fällen die Möglichkeit des Erlasses
eines Strafbefehls zu eröffnen. Die Sanktionsmöglich-
keiten im Strafbefehlsverfahren werden erweitert. Au-
ßerdem wird es ermöglicht, einen Strafbefehlsantrag
nach Eröffnung des Hauptverfahrens nicht nur schrift-
lich, sondern auch mündlich zu stellen.
Beschleunigtes Verfahren
Durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung wird
eine Frist von 6 Wochen zwischen dem Eingang des An-
trags auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren und
dem Beginn der Hauptverhandlung bestimmt, um der ge-
richtlichen Praxis klare Vorgaben darüber an die Hand zu
geben, in welcher Zeitspanne ein Verfahren als beschleu-
nigtes Verfahren geführt werden soll. Außerdem werden
die Sanktionsmöglichkeiten im beschleunigten Verfah-
ren erweitert.
Adhäsionsverfahren
Die Verbesserung der Möglichkeiten für Geschädigte,
vermögensrechtliche Ansprüche bereits im Strafverfah-
ren geltend zu machen, stärkt den Verletzten im Kern-
bereich seiner legitimen Interessen und führt zudem zu
einer sinnvolleren Verwendung prozessualer Ressour-
cen. Diesem Zweck dienen
– die Einfügung eines sofort vollstreckbaren strafge-

richtlichen Wiedergutmachungsvergleichs;
– die Einschränkung der strafgerichtlichen Befugnis,

im Adhäsionsverfahren von Entscheidungen abzuse-
hen;

– die Einschränkung der gerichtlichen Möglichkeiten,
von einer Entscheidung über die vorläufige Voll-
streckbarkeit abzusehen.

Privatklage
Der Entwurf sieht eine maßvolle Erweiterung des An-
wendungsbereichs des Privatklageverfahrens vor.
Vereinfachtes Jugendverfahren
Das vereinfachte Jugendverfahren bietet die Möglich-
keit, auf jugendliche Verfehlungen umgehend zu rea-
gieren. Der Entwurf erstreckt dieses Verfahren auf
Heranwachsende. Außerdem stärkt er das vereinfachte
Jugendverfahren, indem die Möglichkeit der Vorführung
und des Sicherungshaftbefehls eröffnet wird.

g) Änderungen im gerichtlichen Ordnungswidrigkeitenver-
fahren
Der Entwurf sieht vor, in Ordnungswidrigkeitenverfah-
ren bei den Bußgeldsenaten der Oberlandesgerichte in
Umkehrung der bisherigen Rechtslage in § 80a OWiG
die Einzelrichterbesetzung als Regel, die Dreierbeset-
zung hingegen als Ausnahme zu konzipieren. Mit die-
sem vom Bundesgerichtshof bereits skizzierten Weg soll
erreicht werden, dass die Bußgeldsenate der Oberlandes-
gerichte nur noch in wirklich bedeutenden Fällen in
Dreierbesetzung zusammentreten, hingegen die Masse

der Fahrverbotsfälle grundsätzlich vom Einzelrichter
entschieden werden. Außerdem ist vorgesehen, dass auf-
grund einer Heraufsetzung der Wertgrenzen behördliche
Bußgeldbescheide in weniger bedeutsamen Sachen in al-
ler Regel nur noch von einer gerichtlichen Instanz über-
prüft werden.

h) Änderungen bei den Tilgungsfristen in Zentralregistern
Nach geltendem Recht hängt die Tilgung von Eintragun-
gen über Verurteilungen im Bundeszentralregister im
Wesentlichen vom Ablauf einer Tilgungsfrist und davon
ab, dass keine weiteren ihrerseits noch nicht tilgungsrei-
fen Verurteilungen eingetragen sind, insofern also keine
„Ablaufhemmung“ gegeben ist (§ 45 Abs. 1, § 47 Abs. 3
BZRG). Ähnlich verhält es sich mit Eintragungen im
Verkehrszentralregister (§ 29 Abs. 1, Abs. 6 StVG). Eine
tilgungsreife Eintragung wird nicht sofort, sondern nach
Ablauf einer „Überliegefrist“, die beim Bundeszentral-
register ein Jahr, beim Verkehrszentralregister drei Mo-
nate beträgt, durch Entfernung aus dem Register getilgt
(§ 45 Abs. 2 Satz 1 BZRG, § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG).
Eine neue Eintragung während der Überliegefrist hindert
nur dann die Tilgung, wenn der Beginn der Tilgungsfrist
für die neue Eintragung vor dem Beginn der Überliege-
frist liegt (vgl. § 29 Abs. 4 StVG, zum BZRG BGHSt
25, 19). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 BZRG, § 28 Abs. 4
StVG kommt es insoweit bei gerichtlichen Entscheidun-
gen auf den Tag des ersten Urteils, bei behördlichen
Entscheidungen auf den Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit
an. Eine neue Eintragung nach Ablauf der Überliegefrist
ist ohne Belang. Die getilgte frühere Eintragung bleibt
getilgt, eine versehentlich trotz Ablaufs der Überliege-
frist noch nicht getilgte Eintragung bleibt zu tilgen. Ist
eine Eintragung getilgt oder zu tilgen, tritt ein Aus-
kunfts- und weitgehendes Verwertungsverbot ein (§ 45
Abs. 2 Satz 2, § 51 Abs. 1 BZRG, § 29 Abs. 7 Satz 2,
Abs. 8 StVG).
Nachdem die Eintragung einer Entscheidung deren
Rechtskraft voraussetzt (§ 4 Abs. 1 BZRG, § 28 Abs. 3
StVG) animiert das geltende Recht den Beschuldigten
bzw. Betroffenen dazu, durch Rechtsmittel Bußgeld- und
Strafverfahren zu verzögern, dadurch die tilgungshem-
mende Wirkung einer rechtzeitigen neuen Eintragung zu
verhindern und die Tilgung früherer Eintragungen sowie
deren Unverwertbarkeit zu erreichen.
Dem wird auf folgende Weise entgegengewirkt:
– Die tilgungshemmende Wirkung einer neuen Eintra-

gung richtet sich nicht nach dem Datum des ersten
Urteils oder der Unanfechtbarkeit einer behördlichen
Entscheidung, sondern nach der Tatzeit.

– Die Überliegefristen werden verlängert.
– Für das Bundeszentralregister wird die Möglichkeit

geschaffen, bereits getilgte Eintragungen mit Rück-
sicht auf spätere tilgungshemmende Eintragungen
wieder in das Register aufzunehmen.

– Weder der Eintritt der Tilgungsreife noch die Tilgung
hindern die Verwertung einer Eintragung bei der
Ahndung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten
oder Straftaten, die vor Ablauf der Tilgungsfrist be-
gangen worden sind.

Drucksache 15/999 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Während der Überliegefrist besteht kein Auskunfts-
verbot gegenüber den für die Verfolgung von Strafta-
ten bzw. Ordnungswidrigkeiten zuständigen Stellen.

Im Zusammenwirken der genannten Regelungen entfällt
der Anreiz, einen Rechtsbehelf nur deshalb anzustren-
gen, um dadurch die Tilgung alter Eintragungen zu errei-
chen oder jedenfalls deren Verwertung zu verhindern.
Ein Verwertungsverbot kann durch einen Rechtsbehelf
nicht herbeigeführt werden, weil die Verwertbarkeit von
Eintragungen allein durch den Tatzeitpunkt, nicht jedoch
vom Entscheidungszeitpunkt bestimmt und damit durch
den Rechtsbehelf nicht beeinflusst wird. Mit der Durch-
brechung des bisherigen während der Überliegezeit gel-
tenden Auskunftsverbots bezüglich tilgungsreifer, aber
noch nicht getilgter Eintragungen und der Verlängerung
der Überliegefrist wird weitgehend sichergestellt, dass
die zuständigen Behörden von den verwertbaren Eintra-
gungen auch tatsächlich Kenntnis erlangen.
Was die Verhinderung einer Tilgung durch Rechtsbe-
helfe anlangt, so wird diese im Bereich des Verkehrszen-
tralregisters durch die Verlängerung der Überliegefrist
und die auf den Tatzeitpunkt rückwirkende Ablaufhem-
mung weitgehend verhindert. Für das Bundeszentralre-
gister kann zudem eine spätere Eintragung noch die Wie-
deraufnahme bereits getilgter früherer Eintragungen zur
Folge haben. Angesichts der gewöhnlichen Zeitabläufe
bei den den Eintragungen im Verkehrszentralregister zu-
grunde liegenden Verfahren wurde dort ein entsprechen-
des Bedürfnis nach Wiederaufnahme bereits getilgter
Eintragungen nicht gesehen.

II. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung der Zivilprozessordnung)
Zu Nummer 1 (§ 139 Abs. 4, 5 ZPO)
Die in § 139 Abs. 4 ZPO vorgesehene Verpflichtung des
Gerichts, Hinweise „so früh wie möglich“ zu erteilen, ist
unklar und schafft Konfliktpotential zwischen Parteien und
Gericht. Die weitere Verpflichtung, gerichtliche Hinweise
umfassend aktenkundig zu machen, führt zu einer unnötigen
Formalisierung des Verfahrens. Sie verleitet die Parteien
dazu, in der ersten Instanz vorbereitend Anlass für Rechts-
fehler des Gerichts zu setzen, die den Zugang zur zweiten
Instanz eröffnen könnten. Zum anderen begründet sie Belas-
tungen auch in solchen Verfahren, die nicht in die Beru-
fungsinstanz gelangen, weil die Berufungssumme nicht er-
reicht ist und auch keine grundsätzliche Bedeutung vorliegt,
die eine Zulassung der Berufung durch das Gericht des ers-
ten Rechtszuges rechtfertigen könnte. Im Ergebnis führt
§ 139 Abs. 4 ZPO zu sinnlosem Mehraufwand bei den Ge-
richten, der vermieden werden muss.
Das in § 139 Abs. 5 ZPO enthaltene Gebot, jeder Partei, die
sich in der mündlichen Verhandlung auf Hinweise nicht er-
klären kann, eine Erklärungsfrist zu gewähren, ist nicht
sachgerecht. Soweit sich die Hinweise auf tatsächliche Fra-
gen beziehen, wird derjenigen Partei ein Vorteil eingeräumt,
die entgegen § 282 ZPO einen Termin nur mangelhaft vor-
bereitet wahrnimmt oder durch einen nicht hinreichend in-

formierten Vertreter repräsentiert ist. Diese Partei kann sich
dann darauf zurückziehen, zu einer sachlichen Stellung-
nahme zu den Ausführungen des Gerichts nicht in der Lage
zu sein. Damit liegt es in der Hand der Parteien, bei einer
gesetzeskonformen Erfüllung der gerichtlichen Hinweis-
pflichten das Verfahren durch die Bezugnahme auf ihnen
einzuräumende Erklärungsfristen nach Belieben zu verzö-
gern. Angemessener ist es, die Entscheidung über eine Fort-
setzung des Verfahrens durch Anberaumung eines weiteren
Verhandlungstermins oder den Übergang in das schriftliche
Verfahren dem Gericht zu überlassen.
Zu Nummer 2 (§ 278 ZPO)
Die Vorschrift wird mit dem vor Inkrafttreten des Zivilpro-
zessreformgesetzes maßgebenden Inhalt der Absätze 1, 2
und 4 wieder hergestellt. Absatz 3 ist bereits in § 139 Abs. 2
eingefügt worden. Da die Regelung zum obligatorischen
Güteverfahren wegen Nichtbewährung eliminiert wird,
kann die Vorschrift wieder mit „Haupttermin“ überschrie-
ben werden.
Zu Nummer 3 (§ 279 ZPO)
a) Zu Absatz 1
Die bereits vor der ZPO-Reform bestehende Möglichkeit,
einen fakultativen Güteversuch vor dem beauftragten oder
ersuchten Richter durchzuführen, soll erhalten bleiben
(§ 279 Abs. 1 Satz 2 ZPO a. F., § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO).
In den Fällen bestehender Einigungsmöglichkeiten bei
gleichzeitiger großer Entfernung des Wohnorts der Parteien
zum Gerichtsort kann diese Regelung hilfreich sein. Die
Vorschrift wird aus Gründen des Zusammenhangs in Ab-
satz 1 angefügt, wie dies vor Inkrafttreten des ZPO-RG be-
reits der Fall war.
b) Zu Absatz 2
Das obligatorische Güteverfahren hat sich nicht bewährt,
weil es die mündliche Verhandlung unnötig belastet.
Güteverhandlungen, die gewissermaßen „ins Blaue“ hinein
angeordnet werden, sind in der Regel fruchtlos. Vor der
mündlichen Verhandlung ist der Streitstoff in der überwie-
genden Zahl der Fälle nicht so weit geklärt, dass das Gericht
einen auf seine fachliche Autorität gestützten Vergleichsvor-
schlag unterbreiten könnte. Wird die Einigung verfehlt, so
ist die für die Güteverhandlung freigehaltene oder aufge-
wendete Zeit vertan. Diese Arbeitszeit des Gerichts geht für
andere Verfahren, die diese Zuwendung des Gerichts in er-
höhtem Maße benötigen, verloren.
Die vorgeschlagene Regelung entspricht im Wesentlichen
§ 279 Abs. 2 ZPO a. F. Sie wurde ergänzt um die Berück-
sichtigung des wichtigen Grundes beim Verzicht auf die An-
ordnung des persönlichen Erscheinens (§ 141 Abs. 1 Satz 2
ZPO) und eine flankierende Sanktionsnorm (§ 141 Abs. 3
ZPO), entsprechend § 278 Abs. 3 ZPO.
c) Zu Absatz 3
Die Vorschriften, die ein Mediationsverfahren als Alterna-
tive zum gerichtlichen Verfahren vorsehen (§ 278 Abs. 5
Satz 2 und 3 ZPO), sollen erhalten bleiben, erprobt und eva-
luiert werden.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/999

d) Zu Absatz 4
Die bisher in § 278 Abs. 6 ZPO enthaltene Regelung, die
von der Praxis einhellig als Erleichterung begrüßt wird, ist
beizubehalten.
Nach geltendem Recht kommt ein schriftlicher gerichtlicher
Vergleich dadurch zustande, dass die Parteien einen gericht-
lichen Vergleichsvorschlag schriftlich gegenüber dem Ge-
richt annehmen. Das Zustandekommen des Inhalts des
Vergleichs stellt das Gericht durch Beschluss fest. Der
Vergleich in seiner Verkörperung durch den Beschluss bil-
det den Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1
ZPO. Die erleichterte Protokollierungsmöglichkeit gericht-
licher Vergleiche erspart die Anberaumung einer münd-
lichen Verhandlung und den Parteien sowie ihren Prozess-
bevollmächtigten die Anreise zum Gericht.
Die gesetzliche Regelung berücksichtigt nicht die in der Ge-
richtspraxis häufig auftretende Fallgestaltung, dass die Par-
teien durch ihre Prozessbevollmächtigten Vergleiche aus-
handeln und schriftlich fixieren. Nach dem Wortlaut des
§ 278 Abs. 6 ZPO kann das Gericht in diesem Fall nicht
durch Beschluss den Inhalt des Vergleichs feststellen. Es ist
vielmehr verpflichtet, den ihm von den Parteien bzw. ihren
Prozessbevollmächtigten unterbreiteten Vergleich zu über-
nehmen und ihnen diesen sodann als gerichtlichen Ver-
gleichsvorschlag zur Annahme zu übersenden. Diese Ver-
fahrensweise ist sachfremd. Der Gesetzentwurf ergänzt
deshalb § 279 Abs. 4 ZPO – neu – dahin, dass auch der von
den Parteien unterbreitete Vergleich zum Gegenstand des
gerichtlichen Vergleichs werden kann. Da es Sinn und
Zweck der Vorschrift ist, sicherzustellen, dass der Wortlaut
des Vergleichs eindeutig feststellbar ist und durch die Mit-
wirkung des Gerichts eine Gewähr dafür besteht, dass der
Vergleich nicht gegen die öffentliche Ordnung verstößt,
wird dem Gericht eine Prüfungskompetenz gesetzlich ein-
geräumt. Im Übrigen gilt § 779 BGB.
Zu Nummer 4 (§ 286 ZPO)
Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 286 ZPO wird
eine begrenzte Bindung der Zivilgerichte an Beweisergeb-
nisse geschaffen, die ein in derselben Angelegenheit ergan-
genes rechtskräftiges Strafurteil tragen.
Ist einem Zivilverfahren in derselben Angelegenheit ein
Strafverfahren vorangegangen, so können dessen Feststel-
lungen bisher nur im Wege des Urkundenbeweises in den
Zivilprozess eingeführt werden. Besteht eine Partei darauf,
so ist insbesondere die Einvernahme von Zeugen nach bis-
herigem Recht vollumfänglich zu wiederholen.
Demgegenüber spricht eine Reihe gewichtiger Gründe da-
für, strafprozessuale Verfahrensergebnisse effektiver für den
Zivilprozess zu nutzen. Damit würde Belangen des Op-
ferschutzes wirkungsvoll Rechnung getragen; außerdem
könnten die Zivilgerichte im Einzelfall erheblich entlastet
werden. Zudem sind die strafprozessualen Ermittlungsmög-
lichkeiten den zivilprozessualen regelmäßig überlegen, und
die Beweislage wird zum Zeitpunkt des vorgängigen Straf-
prozesses in aller Regel günstiger sein als im Zivilprozess.
Die Beweiswirkung soll sich allerdings nur auf die entschei-
dungstragenden Feststellungen erstrecken. Bei diesen ist die
Richtigkeitsgewähr erfahrungsgemäß besonders hoch, wäh-
rend die Übernahme eines obiter erwähnten Beweisergeb-

nisses eher fragwürdig sein kann und damit für die zivilge-
richtliche Praxis auch keine nennenswerte Vereinfachung
bedeuten würde. Eine derartige Bindungswirkung muss im
Übrigen grundsätzlich in beiden Richtungen – also etwa
auch bei einem Freispruch wegen erwiesener Unschuld –
gelten.
Die rechtlichen Grenzen einer solchen Bindungswirkung er-
geben sich zum einen aus dem Grundsatz der eigenständi-
gen Beweiswürdigung des Zivilgerichts (vgl. § 286 Abs. 1
Satz 1 ZPO), zum anderen aus der Wahrung der prozessua-
len Rechte der am Zivilverfahren Beteiligten.
Unter dem erstgenannten Gesichtspunkt kann das Zivilge-
richt einer Beweisbindung nur insoweit unterstellt werden,
als es die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen für
richtig und vollständig hält. Hat das Gericht hieran Zweifel,
so muss ihm die Möglichkeit der eigenen Beweiserhebung
offen stehen. Eine Übernahme des strafrechtlichen Beweis-
ergebnisses in den Zivilprozess kann außerdem nur unter
der Voraussetzung in Betracht kommen, dass das dortige Er-
gebnis nach Beweisgrundsätzen gewonnen wurde, dem zi-
vilprozessuale Belange nicht entgegenstehen. So lässt sich
etwa die Beweisregel „in dubio pro reo“, die vielfältige Be-
züge zur strafprozessualen Beweiswürdigung aufweist, im
Rahmen des Zivilverfahrens nicht verwenden. Ebenso wäre
eine Wahrunterstellung bestimmter Tatsachen für den Zi-
vilprozess häufig nicht akzeptabel. Auch die Frage eines
Beweisverbots und seiner Rechtsfolgen kann nach den ver-
schiedenen Verfahrensordnungen im Einzelfall unterschied-
lich zu beantworten sein wird. In all diesen Fällen muss dem
Zivilrichter eine freie Beweiswürdigung eröffnet sein.
Schließlich sind diejenigen Fälle zu berücksichtigen, in
denen eine Bindungswirkung prozessuale Rechte der am
Zivilprozess Beteiligten verkürzen würde. Außer Betracht
können hier freilich mögliche Vorwirkungen auf den Straf-
prozess bleiben, etwa eine verringerte Neigung des Ange-
klagten, an der zügigen Abwicklung des Strafprozesses mit-
zuwirken, weil er mögliche zivilprozessuale Folgen zu
befürchten hat. Problematisch wäre eine Bindungswirkung
dagegen für diejenigen Prozessbeteiligten, die am vorgängi-
gen Strafverfahren nicht teilgenommen haben und dies
möglicherweise auch nicht konnten (etwa weil die Voraus-
setzungen einer Nebenklage nach § 395 StPO nicht vorla-
gen). Hier kann insbesondere der Grundsatz des rechtlichen
Gehörs (Artikel 103 Abs. 1 GG) eine erneute Beweiserhe-
bung gebieten.
Die hier gewählte Regelungstechnik hat sich in verschiede-
nen romanischen Rechtsordnungen bewährt. Sie ist aber
auch im deutschen Recht bereits etabliert (vgl. z. B. für die
Berufsgerichtsbarkeit § 118 Abs. 3 BRAO, für das beamten-
rechtliche Disziplinarrecht § 57 BDG).
Von anderen derzeit diskutierten Ansätzen erleichterter Be-
weisverwertung unterscheidet sich die hier konzipierte dif-
ferenzierte Bindungswirkung vor allem dadurch, dass den
Zivilgerichten in geeigneten Fällen bei voller Achtung ihrer
Beweiswürdigungsautonomie ein Wiederaufrollen der be-
treffenden Beweisfrage erspart wird. Nur so wird für die
Gerichtspraxis ein nennenswerter Entlastungseffekt zu er-
zielen sein; eine schlichte Beweislastumkehr könnte dies
nicht leisten.

Drucksache 15/999 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Auf der anderen Seite wird die Bindungswirkung strafrecht-
licher Feststellungen durch das Erfordernis der Sachverhalt-
sidentität im Regelfall auf die bereits im Strafprozess Be-
teiligten beschränkt. Eine Inter-omnes-Wirkung erschiene
verfassungsrechtlich bedenklich und würde im Ergebnis
auch keine Entlastung bringen, da nicht zu erwarten steht,
dass Dritte ein ohne ihre Beteiligung gewonnenes Beweis-
ergebnis gegen sich gelten lassen werden.
Zu Nummer 5 (§ 348 ZPO)
Das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli
2001 (BGBl. I S. 1887) hat das bei den erstinstanzlichen Zi-
vilkammern der Landgerichte bislang bestehende Kollegia-
litätsprinzip zugunsten des Einzelrichtersystems geändert.
Bei den Zivilkammern besteht eine automatische Einzel-
richterzuständigkeit, ohne dass eine Übertragung auf das
Kollegium erforderlich ist („originärer Einzelrichter“). Die
Kollegialzuständigkeit besteht nur in den in § 348 Abs. 1
Satz 2 ZPO aufgeführten Konstellationen, nämlich wenn
das betreffende Kammermitglied Richter auf Probe ist und
noch nicht über einen Zeitraum von einem Jahr geschäfts-
verteilungsmäßig mit Zivilsachen befasst ist (Nummer 1),
ferner bei Spezialzuständigkeit nach Geschäftsverteilungs-
plan in den in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a bis k
ZPO bezeichneten Vorgängen. Die Gesetzeslage bedarf
einer klarstellenden Regelung, da sie nicht berücksichtigt
hat, dass der nicht unter die Ausnahmeregelung des § 348
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO fallende Richter auf Probe nach
Dezernatswechsel auch durch einen Richter auf Probe er-
setzt werden kann, der noch nicht über einen Zeitraum von
einem Jahr geschäftsverteilungsmäßig Rechtsprechungsauf-
gaben in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wahrzunehmen
hatte. Dieser scheidet als originärer Einzelrichter aus mit
der Folge, dass er die in seinem Dezernat befindlichen Ein-
zelrichtersachen auf die Kammer zurückübertragen muss.
Mit der ausdrücklichen Regelung dieses Falls durch seine
Erwähnung in einer neuen Nummer 3 in § 348 Abs. 3 Satz 1
ZPO und des Verbots der Rückübertragung der Sache durch
die Kammer auf den Einzelrichter (§ 348 Abs. 3 Satz 2
ZPO-E) stellt der Gesetzentwurf Rechtsklarheit und Rechts-
sicherheit zur Bestimmung des gesetzlichen Richters im
Sinne des Artikels 97 GG her. Bei der in § 348 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 ZPO-E erfolgten Änderung handelt es sich um eine
Folgeänderung.
Zu Nummer 6 (§ 348b ZPO)
Der neue § 348b ZPO soll den Zivilkammern die Möglich-
keit eröffnen, ohne Zustimmung der Parteien eine Sache zur
Entscheidung auf einen verkleinerten Spruchkörper, die aus
dem Vorsitzenden und einem weiteren Richter der Kammer
bestehende „Spruchgruppe“, zu übertragen. Die Zweierbe-
setzung bietet die Möglichkeit einer Entlastung der Zivil-
kammern unter gleichzeitiger Beibehaltung der Vorzüge des
Kollegialprinzips. Gleichzeitig wird mit dieser Regelung
eine Flexibilisierung der kammerinternen Aufgabenvertei-
lung erreicht.
Die Vorteile des Kollegialprinzips liegen bekanntlich darin,
dass der richterliche Gedankenaustausch und das Ringen
um die „richtige“ Auffassung in einem Kollegialgericht die
intensive Durchdringung des Verfahrensstoffes fördern und
der juristischen Qualität der Entscheidung zugute kommen.

Der Berichterstatter ist gezwungen, nicht nur für sich selbst
den Prozessstoff aufzuarbeiten und sich über die Lösung des
Falles klar zu werden, sondern diese auch seinem Richter-
kollegen in einem überzeugenden Votum zu vermitteln. Die
anderen Richter müssen ihrerseits das Votum des Berichter-
statters genau prüfen, bevor sie die Verantwortung für die
Entscheidung mit übernehmen. Zudem trägt die Erörterung
im Kollegium dazu bei, einen Fall aus mehreren Blickwin-
keln zu betrachten und verfahrenswesentliche Umstände
und entscheidungserhebliche Gesichtspunkte eher zu erken-
nen und zutreffend zu würdigen. Diese Vorteile sind auch
bei einer Zweierbesetzung des Kollegiums im Wesentlichen
noch gegeben, während sie bei einer Übertragung auf den
Einzelrichter verloren gehen.
Die Flexibilisierung der kammerinternen Aufgabenvertei-
lung führt außerdem dazu, dass die Kammer in jedem Ein-
zelfall entscheiden kann, welche Besetzung die sinnvollste
ist.
Die Übertragung des Rechtsstreits auf eine aus nur zwei
Mitgliedern der Zivilkammer bestehende Spruchgruppe ist
geeignet, eine deutliche Terminsentlastung der beisitzenden
Richter zu bewirken. Hinzu kommt ein geringerer Aufwand
für die Vorbereitung und Durchführung von Beratungen, da
die Teilnahme eines jeden Beisitzers nur noch in jeder zwei-
ten Beratung notwendig wäre.
Das Entlastungspotential ist zwar durch die derzeit geltende
Betonung des Einzelrichterprinzips (§§ 348, 348a ZPO) be-
grenzt. Die Einführung des Zweierkollegiums erscheint
gleichwohl sinnvoll, um eine bestehende Gestaltungslücke
zu schließen und den Gerichten alle sinnvollen Möglichkei-
ten kammerinterner Aufgabenverteilung zu geben.
Die Besetzung eines Spruchkörpers mit nur zwei Mitglie-
dern hat sich bei den Strafkammern schon seit Jahren be-
währt. Allerdings ist der Fall denkbar, dass es bei einer Ab-
stimmung in der mit zwei Richtern besetzten Spruchgruppe
zur Stimmengleichheit kommt („Pattsituation“). Auch hier
muss eine Mehrheitsentscheidung herbeigeführt werden
können. Nicht zu befürworten wäre hier die Lösung, dass
die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt, da da-
durch der Sinn und Zweck der Zweierbesetzung im Hin-
blick auf das zu wahrende Kollegialitätsprinzip in Frage
gestellt wäre. Deshalb ist bei Stimmengleichheit die zwin-
gende Rückübertragung auf das mit drei Richtern besetzte
Gericht vorgesehen.
Die Rückübertragung auf das mit drei Richtern besetzte
Kollegialorgan ist verfahrensrechtlich unproblematisch.
Eine vor der Rückübertragung von der Spruchgruppe durch-
geführte Beweisaufnahme sowie in einem früheren Ver-
handlungstermin abgegebene Parteierklärungen müssen in
der Regel nicht wiederholt werden, um verwertet werden zu
können. Ebenso werden bindende Prozesslagen, wie z. B.
eine rügelose Einlassung, nicht in Frage gestellt. Der Un-
mittelbarkeitsgrundsatz fordert insoweit nur, dass das Urteil
von den Richtern gefällt wird, die der dem Urteil zugrunde
liegenden, also der letzten mündlichen Verhandlung beige-
wohnt haben. Mithin genügt es, gegebenenfalls nach Wie-
dereröffnung der Verhandlung (§ 156 ZPO), einen neuen
Verhandlungstermin anzuberaumen, bevor die Entscheidung
ergeht.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/999

Das Modell der Rückübertragung des Rechtsstreits stellt die
mit der Zweierbesetzung angestrebte Entlastungswirkung
nicht in Frage. Nach den Erfahrungswerten der Praxis kön-
nen nur in äußerst seltenen Fällen keine einstimmigen Ab-
stimmungsergebnisse erzielt werden.
Die Beschlüsse, durch die die Sache auf die Zweierspruch-
gruppe übertragen bzw. auf die Kammer zurückübertragen
wird, sind nicht anfechtbar, um insofern keine Verfahrens-
verzögerung zuzulassen. Es soll mit der Neuregelung ge-
rade erreicht werden, dass die Kammern ihre Aufgabenver-
teilung flexibler und effektiver gestalten können. Ein
Rechtsmittel der Parteien dagegen wäre kontraproduktiv
und ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Ebenso we-
nig wie beim Einzelrichter besteht auch ein Bedarf für eine
nochmalige Übertragung auf die Spruchgruppe nach Rück-
übertragung auf die Kammer.
Zu Nummer 7 (§ 495a ZPO)
Mit der vorgeschlagenen Berufungssumme soll die Wert-
grenze für das Verfahren nach billigem Ermessen (§ 495a
ZPO) übereinstimmen, wie dies auf der Basis von 600 Euro
auch gegenwärtig der Fall ist.
Zu Nummer 8 (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
Die Berufungssumme wurde durch das am 1. Januar 2002 in
Kraft getretene Zivilprozessreformgesetz von 1 500 DM auf
600 Euro herabgesetzt. Der Entwurf schlägt eine maßvolle
Anhebung auf 800 Euro vor. Dies entspricht einem Anstieg
um 33,3 %. Bezogen auf die bis zum 31. Dezember 2001
geltende Berufungssumme von 1 500 DM beläuft sich die
Anhebung auf 4,3 % (Basis: 1 500 DM, 766,94 Euro).
Diese Größenordnung ist auch unter angemessener Gewich-
tung der Rechtsschutzinteressen der Parteien unbedenklich.
Zu Nummer 9 (§ 525 Satz 2 ZPO)
Da das obligatorische Güteverfahren vor den Landgerichten
beseitigt wird, ist es nicht mehr erforderlich, für die Beru-
fungsinstanz auszusprechen, dass es dort einer obligatori-
schen Güteverhandlung nicht bedarf.
Zu Nummer 10 (§ 527a – neu – ZPO)
Mit § 527a ZPO-E wird die Einführung der Spruchgruppe
auf die Berufungsinstanz ausgedehnt. Zu Hintergrund und
Regelungsziel gilt das bereits zu § 348b ZPO-E Gesagte.
Die Zweierbesetzung bietet die Möglichkeit einer Entlas-
tung der Berufungsgerichte bei gleichzeitiger Beibehaltung
der Vorzüge des Kollegialprinzips.
Die in § 526 ZPO vorgesehene Übertragung auf den Einzel-
richter spielt in der gerichtlichen Praxis vor allem der Ober-
landesgerichte bislang keine nennenswerte Rolle. Der neue
§ 527a ZPO-E soll deshalb den Berufungsgerichten ein wei-
teres Flexibilisierungsinstrument an die Hand geben, das
ihnen ermöglicht, einerseits das Kollegialprinzip aufrecht-
zuerhalten, andererseits eine Entlastung der Kammer/des
Senats herbeizuführen. Im Hinblick auf die geringe Einzel-
richterquote in zweiter Instanz dürfte der hier erzielbare
Entlastungseffekt sehr viel höher sein als derjenige in erster
Instanz.
Abweichend von § 348b ZPO-E schreibt § 527a ZPO-E
eine Übertragung des Rechtsstreits auf die zweiköpfige

Spruchgruppe dann als Regelfall vor, wenn in der ersten
Instanz das Amtsgericht oder ein Einzelrichter entschieden
hat. In den übrigen Fällen bleibt es bei der fakultativen
Übertragung. Dies gilt insbesondere im Beschwerdeverfah-
ren, soweit § 568 ZPO hier nicht den Einzelrichtereinsatz
vorschreibt.
Zu Nummer 11 (§ 551 Abs. 2 ZPO)
Nach § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 ZPO n. F. kann die Frist
ohne Einwilligung des Gegners höchstens um zwei Monate
verlängert werden. Dies gilt aufgrund der Verweisung in
§ 544 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch für die Nichtzulassungs-
beschwerde und aufgrund der Verweisung in § 575 Abs. 2
Satz 3 ZPO n. F. auch für die Rechtsbeschwerde.
Diese starre, bürokratische Regelung ist vielfach ungeeignet,
das an sich berechtigte Anliegen, Revisions- und Rechtsbe-
schwerdeverfahren zu beschleunigen, zu fördern. Eine Zu-
stimmung des Gegners kann in der Praxis häufig nicht her-
beigeführt werden, zumal dieser in dem Stadium des noch
nicht begründeten Rechtsmittels in der Regel noch nicht
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt vertreten ist. In Rechtsbeschwerdeverfahren, an de-
nen eine Vielzahl von Parteien beteiligt sein kann (Insolvenz-
verfahren, Zwangsversteigerungsverfahren), kommt häufig
noch hinzu, dass der „Gegner“ im Sinne des § 551 Abs. 2
Satz 6 ZPO nur schwer zu bestimmen ist. Bei Rechts-
beschwerden, die im Ergebnis ohne Erfolg bleiben oder die
sogar unzulässig sind, braucht der Gegner zu dem Verfahren
überhaupt nicht förmlich hinzugezogen zu werden, woran
– schon aus Beschleunigungs- und Kostengründen – auch
festgehalten werden sollte.
Dem rechtsuchenden Bürger ist es schließlich kaum zu ver-
mitteln, aus welchem Sachgrund seinem Rechtsanwalt eine
enge Frist eingeräumt worden ist, wenn die Sache nach der
in aller Regel abschließenden Begründung des Rechtsmit-
tels „auf Halde“ gelegt wird. Insoweit unterscheidet sich die
Revisionsbegründungsfrist grundlegend von anderen zivil-
prozessualen Fristen, die bezwecken, dass das Verfahren in
den Tatsacheninstanzen durch wechselseitigen, sich ergän-
zenden Tatsachenvortrag, die Benennung von Beweismit-
teln und die materielle Prozessleitung des Gerichts (§ 139
ZPO n. F.) möglichst konzentriert der Entscheidungsreife
zugeführt wird.
Der Entwurf eines Justizmodernisierungsgesetzes greift mit
der zusätzlichen Verlängerungsmöglichkeit nur den Fall
heraus, dass vor Fristablauf Einsicht in die Prozessakten
nicht gewährt werden kann, und regelt diesen auch noch in
einer Weise, welche die Anwaltschaft beim Bundesgerichts-
hof und das Gericht zu neuem Verwaltungsaufwand zwingt.
Die notwendige Abhilfe kann einfach durch eine – in der
Ausgestaltung allerdings präzisierte – Rückkehr zum alten
System der Verlängerungsmöglichkeiten (§ 554 Abs. 2
Halbsatz 2 ZPO a. F.) erreicht werden, wobei der Frist-
beginn der Neuregelung nicht in Frage gestellt werden soll.
Die mit dem ZPO-RG außer Kraft gesetzte Regelung sah
vor, dass die Frist zur Begründung der Revision auf Antrag
von dem Vorsitzenden verlängert werden kann. Dies war
eine angemessene und flexible Regelung, die in aller Regel
schon deshalb nicht zu einer Verzögerung des Revisionsver-
fahrens geführt hat, weil die Erledigungszeiten je nach der
Belastung der Zivilsenate weitgehend durch die Bestände

Drucksache 15/999 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

und nicht durch die Verlängerungspraxis der Senatsvorsit-
zenden bestimmt wurden.
Zu Nummer 12 (§ 567 Abs. 2 ZPO)
Die Beschwerdesummen für Kostengrundentscheidungen
und Kostenentscheidungen sollen gleichfalls angehoben
werden. Ein entsprechender Vorschlag war bereits in der
Bundesratsinitiative eines Gesetzes zur Vereinfachung des
gerichtlichen Verfahrens (Bundesratsdrucksache 605/96)
enthalten, der 1998 der Diskontinuität verfallen ist.
Für Kostengrundentscheidungen (§ 567 Abs. 2 Satz 1 ZPO)
wird die Wertgrenze von 100 Euro auf 150 Euro angehoben.
Andere Kostenentscheidungen (§ 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO)
soll statt 50 Euro künftig 75 Euro betragen.
Zu Nummer 13 (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
Nach dem bisherigen Recht kann der Beschwerdeführer die
sofortige Beschwerde sowohl beim Ausgangsgericht (judex
a quo) als auch beim Beschwerdegericht (judex ad quem)
einlegen. Angesichts des in § 572 Abs. 1 ZPO vorgeschrie-
benen Abhilfeverfahrens durch das Ausgangsgericht ist die
sofortige Beschwerde zur Durchführung des Abhilfeverfah-
rens beim Ausgangsgericht einzulegen. Eine Ausnahme
wird nur für den Fall vorgeschlagen, wenn mit der Be-
schwerdeeinlegung zugleich der Erlass einer einstweiligen
Anordnung beantragt wird, zu deren Erlass allein das Be-
schwerdegericht befugt ist (§ 570 Abs. 3 ZPO).
Der Gesetzentwurf gibt dem Grundsatz der Verfahrens-
beschleunigung und der Prozessökonomie den Vorrang.
Deshalb ist in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO-E das Beschwerde-
gericht als Adressat der Beschwerdeeinlegung gestrichen
worden.
Zu Nummer 14 und Artikel 16 (§ 577 Abs. 7 – neu – ZPO;

§ 119 GVG)
Das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli
2001 (BGBl. I S. 1887) hat vor allem das Rechtsmittelrecht,
insbesondere den Zugang zum Bundesgerichtshof, neu ge-
staltet. In Verfahren, die beim Amtsgericht beginnen, führt
der Beschwerderechtszug nunmehr in weiten Bereichen un-
mittelbar vom Landgericht zum Bundesgerichtshof. Die
Oberlandesgerichte sind ausgespart.
Das mit der Reform verfolgte Bestreben, in der Zivil-
gerichtsbarkeit die bestehende Vierstufigkeit auf eine Drei-
stufigkeit (Amtsgericht/Landgericht; Oberlandesgericht;
Bundesgerichtshof) zurückzuführen, konnte durch diese
Änderung nicht erreicht werden, weil keines der Länder von
der Experimentierklausel des § 119 Abs. 3 GVG n. F.
Gebrauch gemacht und die Oberlandesgerichte generell für
zuständig erklärt hat, über Berufungen und Beschwerden
gegen amtsgerichtliche Entscheidungen zu befinden.
Dies hat gerade in Beschwerdesachen zur Folge, dass der
Bundesgerichtshof aufgerufen ist, bundesweit für gleiche
Rechtsanwendung zu sorgen, ohne auf die Vorarbeit der
Oberlandesgerichte und des Bayerischen Obersten Landes-
gerichts mit ihrer ausgesuchten Besetzung und langjährigen
Erfahrung zurückgreifen zu können. Stattdessen muss er mit
über 100 Landgerichten korrespondieren. Den Bundesge-
richtshof erreichen deshalb viele Sachen, die – weil ledig-
lich einzelfallbezogen – nicht vor ihn gehören. Damit wer-

den Verfahren, die oftmals besonders eilbedürftig sind (z. B.
Beschwerden gegen Maßnahmen der Einzelzwangsvoll-
streckung einschließlich Haftanordnungen, Zuschlagsbe-
schwerden in Zwangsversteigerungssachen, Beschwerden
gegen die Insolvenzeröffnung oder deren Ablehnung), ohne
sachlichen Grund verzögert und der Bundesgerichthof un-
nötig belastet (s. hierzu Kreft, Missstand bei der Rechts-
beschwerde ZRP 2003, 77).
Die notwendige Abhilfe kann einfach und systemgerecht
geschaffen werden. In den beim Amtsgericht beginnenden
Verfahren brauchen lediglich an Stelle des Bundesgerichts-
hofes die Oberlandesgerichte als Rechtsbeschwerdegerichte
bestimmt zu werden. Diese sind zu verpflichten, den Bun-
desgerichtshof anzurufen, wenn sie von der Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichts-
hofes abweichen wollen. Im Ergebnis bedeutet dies – mit
leichten Veränderungen – die Rückkehr zu § 7 der Insol-
venzordnung in seiner ursprünglichen Fassung und dessen
Erstreckung auf weitere Rechtsgebiete. Wie seinerzeit sollte
es den Ländern mit mehreren Oberlandesgerichten ermög-
licht werden, die Rechtsbeschwerden bei einem Oberlan-
desgericht oder – in Bayern – dem Bayerischen Obersten
Landesgericht zu konzentrieren. Die in drei Jahren (1999
bis 2001) gesammelten, durchweg positiven Erfahrungen
des IX. Zivilsenats auf dem Gebiet des Insolvenzverfah-
rensrechts (s. hierzu Kreft, a. a. O.) berechtigen zu der An-
nahme, dass dieses Modell auch außerhalb des Insolvenz-
rechts geeignet ist, in einer Zeit und Kosten sparenden
Weise bundesweit Rechtseinheit auf hohem Niveau zu be-
wirken.

Zu Artikel 2 (Änderung der Strafprozessordnung)
Zu Nummer 1 (§ 25 StPO)
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO ist die Ablehnung eines er-
kennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit nur
bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten
über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhand-
lung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn
des Vortrags des Berichterstatters zulässig. Diese Aus-
schlussfrist erfährt in § 25 Abs. 2 StPO eine Ausnahme für
später eingetretene oder später bekannt gewordene und in-
soweit unverzüglich geltend zu machende Umstände, auf
die die Ablehnung gestützt wird. Der mögliche Endzeit-
punkt eines Ablehnungsgesuches in § 25 Abs. 1 StPO ist
bereits mehrfach verschoben worden.
Der Entwurf gibt die in den bisherigen Fassungen der Vor-
schrift enthaltene Konzeption einer generellen zeitlichen
Befristung der Zulässigkeit eines gegen den erkennenden
Richter gestellten Ablehnungsgesuches und einer entspre-
chenden Ausnahmeregelung auf und knüpft die Zulässigkeit
in Absatz 1 der Vorschrift grundsätzlich an die unverzüg-
liche Geltendmachung der Ablehnungsgründe. Zwingende
Gründe, die die Beibehaltung eines „Endzeitpunktes“ in
einem bestimmten Verfahrensstadium nahelegen, sind nicht
erkennbar. Auch ist es dem Angeschuldigten oder Ange-
klagten durchaus zumutbar, ihm bekannte Umstände, auf
die er einen Befangenheitsantrag stützt, unverzüglich gel-
tend zu machen.
Die Vorschrift wird durch die Neufassung wesentlich ver-
einfacht. Neben der Festlegung des Endzeitpunktes zulässi-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/999

ger Gesuche sowie des Regel-Ausnahme-Verhältnisses ent-
fällt auch die Differenzierung zwischen der Ablehnung des
in erster Instanz und im Rechtsmittelverfahren erkennenden
sowie schließlich des außerhalb der Hauptverhandlung ent-
scheidenden Richters. Auch das Gebot des gleichzeitigen
Vorbringens aller Ablehnungsgründe erübrigt sich ange-
sichts der in jedem Einzelfall erforderlichen Unverzüglich-
keit.
Da ein Ablehnungsgesuch nur gegen den mit dem Verfahren
befassten Richter gestellt werden kann, orientiert sich das
Kriterium der Unverzüglichkeit zwar grundsätzlich an dem
Zeitpunkt des Bekanntwerdens eines Ablehnungsgrundes,
gegebenenfalls aber auch an dem Zeitpunkt, in dem dem
Ablehnungsberechtigten die Befassung des Richters zur
Kenntnis gelangt. Letzteres ist insoweit denkbar, als dem
Ablehnungsberechtigten bereits vor einer Befassung des
Richters Umstände bekannt geworden sind, die – zu diesem
Zeitpunkt noch abstrakt – ein Misstrauen gegen dessen Un-
parteilichkeit rechtfertigen. Solche vom Verhalten des Rich-
ters in der Hauptverhandlung unabhängigen Umstände kön-
nen und sollen vom Ablehnungsberechtigten ggf. bereits zu
einem Zeitpunkt vorgebracht werden, zu dem er den Richter
noch nicht in der Hauptverhandlung erlebt hat. Verzögerun-
gen der laufenden Hauptverhandlung, die besonders perso-
nalintensiv sind, können so vermieden werden; die Abklä-
rung der Relevanz von abstrakten Umständen kann in der
Zeit vor der Hauptverhandlung erfolgen.
In Absatz 2 wird die bisherige Bestimmung in § 25 Abs. 2
Satz 2 StPO, die die Zulässigkeit eines Ablehnungsgesuches
nach dem letzten Wort des Angeklagten ausschließt, beibe-
halten.
Zu Nummer 2 (§ 26 StPO)
Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der
Neufassung des § 25 StPO.
Zu Nummer 3 (§ 26a StPO)
§ 26a StPO eröffnet eine Verfahrenserleichterung für die
Entscheidung über unzulässige Ablehnungsgesuche. Nach
Absatz 2 der Vorschrift entscheidet in diesen Fällen der
Spruchkörper in unveränderter Zusammensetzung unter Be-
teiligung des abgelehnten Richters selbst. Hierdurch entfal-
len die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anderen Rich-
ters und die damit verbundenen Verfahrensverzögerungen.
Der Entwurf fügt den bisher in Absatz 1 enthaltenen Krite-
rien der Unzulässigkeit die offensichtliche Unbegründetheit
der Ablehnung hinzu. Der Begriff ist dem geltenden Straf-
verfahrensrecht entnommen; so werden hieran in den Be-
stimmungen über die Rechtsmittel vereinfachte Verfahrens-
erledigungen geknüpft (§ 313 Abs. 2, § 349 Abs. 2 StPO).
Offensichtlich unbegründet ist ein Ablehnungsgesuch dann,
wenn für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung er-
kennbar ist, dass die vorgebrachten Gründe nicht geeignet
sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten
Richters zu begründen. Dies scheidet jedenfalls dann aus,
wenn zur Entscheidung zunächst tatsächliche Feststellungen
zu treffen oder die Bewertung – etwa einer dienstlichen Äu-
ßerung – notwendig sind.
Wie bisher schon in den Fällen des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO
verlangt der Entwurf in Absatz 2 Satz 2 bei kollegialen

Spruchkörpern auch in den Fällen offensichtlich unbegrün-
deter Ablehnungsgesuche einen einstimmigen Beschluss
des Gerichts als Voraussetzung der Verfahrenserleichterung.
Wird ein solches Abstimmungsergebnis nicht erzielt, ist der
abgelehnte Richter im Verfahren nach § 27 StPO von der
Mitwirkung an der Entscheidung ausgeschlossen.
Unverändert durch den Entwurf bleibt die Anfechtung der
Ablehnungsentscheidung nach § 28 StPO; auch hinsichtlich
der revisionsrechtlichen Überprüfung ergeben sich keine
Abweichungen gegenüber dem geltenden Recht. Wird die
Ablehnungsentscheidung einen erkennenden Richter betref-
fend angefochten, so erfasst der absolute Revisionsgrund in
§ 338 Nr. 3 StPO nur die Sachentscheidung, nicht aber das
Procedere selbst. Allein die fehlerhafte Annahme der Offen-
sichtlichkeit und die hierdurch gegebenenfalls falsche Be-
setzung des über die Ablehnung entscheidenden Gerichts ist
nicht revisibel.
Zu Nummer 4 (§ 57 StPO)
Die Änderung ist wegen der Abschaffung der Regelvereidi-
gung erforderlich. Die Regelung wird inhaltlich an § 395
Abs. 1 ZPO angepasst.
Zu Nummer 5 (§ 59 StPO)
Die Bestimmung schafft die bisherige Regelvereidigung ab.
Zeugen können nach dem Ermessen des Gerichts wegen der
Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wah-
ren Aussage vereidigt werden. So wird dem Gericht ein grö-
ßerer Entscheidungsspielraum eingeräumt, ohne dass es zu
einer Vereidigung gezwungen ist.
Zu Nummer 6 (§§ 61, 62 StPO)
Die §§ 61, 62 StPO haben als Ausnahmevorschriften zur
bisherigen Regelvereidigung mit den Neuregelungen ihre
eigenständige Bedeutung verloren und sind deshalb aufzu-
heben. In den Fallgruppen des bisherigen § 61 StPO kann
das Gericht künftig schon nach § 59 StPO von der Vereidi-
gung absehen.
Zu Nummer 7 (§ 64 StPO)
Mit der Abschaffung der Regelvereidigung kann ein ent-
sprechender Protokollvermerk unterbleiben. Durch die Re-
gelung soll verhindert werden, dass sich der Begründungs-
zwang in der Praxis zu einem Vereidigungszwang mit der
Folge der Verfahrensverzögerung auswirkt. Diese Vorschrift
übernimmt den Regelungsinhalt des damit überflüssigen
§ 48 Abs. 1 Satz 2 OWiG. Im Vorverfahren bleibt ein Proto-
kollvermerk bei der Vereidigung weiterhin geboten (§ 66a
StPO).
Zu Nummer 8 (§ 65 StPO)
Die in § 65 StPO vorgesehenen zusätzlichen Gründe für
eine Vereidigung im vorbereitenden Verfahren werden bei-
behalten. Die bisherige Nummer 2 erscheint nach der
Neufassung des § 59, der auch im vorbereitenden Verfahren
gilt, entbehrlich. Die Änderungen sind durch die Abschaf-
fung der Regelvereidigung bedingt. § 65 StPO ist auf die
Erfordernisse des vorbereitenden Verfahrens zugeschnitten
und in seiner Gesamtheit nicht mit den Vereidigungsrege-
lungen für die Hauptverhandlung vergleichbar.

Drucksache 15/999 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Nummer 9 (§ 66b StPO)
Die Regelungen zur Vereidigung bei kommissarischer Ver-
nehmung werden den Neuregelungen angepasst; dabei wird
der Entscheidung des erkennenden Gerichtes über die Ver-
eidigung von Zeugen nach Maßgabe des § 59 StPO der
Vorrang gegenüber einer entsprechenden Beurteilung des
beauftragten oder ersuchten Richters eingeräumt. Ist in dem
Vernehmungsersuchen nichts bestimmt, so entscheidet wie
bisher der vernehmende Richter über die Vereidigung.
Zu Nummer 10 (§ 68a StPO)
Redaktionelle Anpassung aufgrund der Streichung des § 61
StPO.
Fragen nach einer Verurteilung wegen Meineids bleiben
auch künftig zulässig, wenn die Feststellung einer solchen
Vorstrafe zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit notwendig
ist.
Zu Nummer 11 (§ 79 StPO)
Die Vereidigung von Sachverständigen wird entsprechend
der Vereidigung von Zeugen geregelt.
Zu Nummer 12 (§ 110 StPO)
Die Durchsicht der bei einer Durchsuchung gefundenen
Papiere des Betroffenen dient der Entscheidung, ob ihre
Beschlagnahme i. S. v. § 94 Abs. 2 StPO anzuordnen oder
herbeizuführen ist (§ 98 Abs. 1 StPO). Der geltende § 110
Abs. 1 StPO, wonach nur die Staatsanwaltschaft zur Durch-
sicht befugt ist, wird insbesondere angesichts der Entwick-
lung der modernen Bürotechnik praktischen Bedürfnissen
nicht mehr gerecht, zumal der Begriff „Papiere“ alle Arten
von Unterlagen, auch elektronische, umfasst (vgl. die Nach-
weise bei Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, § 110 Rn. 1).
Die Durchsicht, die ein Teil der Durchsuchung und wie
diese anfechtbar ist, könnte wesentlich beschleunigt wer-
den, wenn auch Polizeibeamte dazu befugt wären, zumal es
sich bei diesen oftmals um besonders ausgebildete, speziali-
sierte und erfahrene Bedienstete handelt. Mithin erscheint
es geboten, den praktischen Bedürfnissen dadurch zu ent-
sprechen, dass es der Staatsanwaltschaft ermöglicht wird,
ihre Hilfsbeamten zur Durchsicht nicht nur hinzuzuziehen
(dies ist nach Auffassung der Bundesregierung bereits de
lege lata möglich, vgl. Bundestagsdrucksache 13/4541,
S. 33), sondern ihren Hilfsbeamten – im Rahmen einer
entsprechenden Weisung der Staatsanwaltschaft – die ei-
genverantwortliche Durchsicht der Papiere zu übertragen.
Damit würde das allgemeine Strafverfahrensrecht dem
Rechtszustand angeglichen, der bereits in Verfahren wegen
Steuerstraftaten im Hinblick auf die in § 404 Satz 2 AO ge-
troffene Regelung bezüglich der Bediensteten der Zollfahn-
dungsämter und Steuerfahndungsämter besteht.
Die im Entwurf vorgesehene Ergänzung des § 110 Abs. 1
verwendet den an vielen Stellen in der Strafprozessordnung
zur Einräumung besonderer Befugnisse verwendeten und in
§ 152 GVG umschriebenen Begriff der Hilfsbeamten der
Staatsanwaltschaft. Diese sollen allerdings nur auf Weisung
der Staatsanwaltschaft die Durchsicht vornehmen dürfen.
Dies setzt nicht die physische Anwesenheit eines Staats-
anwalts voraus.

Die in § 110 Abs. 3 Halbsatz 1 StPO vorgesehene Möglich-
keit, wonach der Inhaber der Papiere oder sein Vertreter ein
eigenes Siegel beidrücken kann, hat keine praktische Be-
deutung mehr. Eine ausdrückliche Regelung dieser Mög-
lichkeit ist nicht mehr erforderlich.
Zu Nummer 13 (§ 141 StPO)
Die Bestellung eines notwendigen Verteidigers geschieht
nach geltendem Recht stets durch den zuständigen Gerichts-
vorsitzenden (§ 141 Abs. 4 StPO). Das gilt auch für die Zeit
vor Anklageerhebung. In diesen Fällen müssen die Ermitt-
lungsakten mit entsprechendem Antrag durch die Staats-
anwaltschaft dem Gericht übermittelt und nach Abschluss
der Entscheidung an die Staatsanwaltschaft zurückgeleitet
werden. Es liegt auf der Hand, dass dieses Hin- und Herver-
senden der Akten arbeits- und zeitaufwendig ist. Darüber
hinaus können während dieser Zeit ohne Zweitakte die Er-
mittlungen nicht vorangetrieben werden. Im Interesse einer
Beschleunigung des Ermittlungsverfahrens und einer Ent-
lastung sowohl der Geschäftsstelle als auch des Gerichts-
vorsitzenden empfiehlt es sich daher, dem zuständigen
Staatsanwalt die Befugnis einzuräumen, einen Verteidiger
bis zur Erhebung der öffentlichen Klage zu bestellen, falls
zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem Einigkeit
über die Person des zu Bestellenden besteht.
Wenn die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren selbst
einen Pflichtverteidiger bestellen kann, muss dies zur Folge
haben, dass das Gericht in den Fällen fehlender Einigung
zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem über die
Person des zu Bestellenden an die Auffassung der Staats-
anwaltschaft, dass überhaupt ein Verteidiger bestellt werden
müsse, gebunden ist.
In Buchstabe a wird durch die Neufassung des Absatzes 3
Satz 3 das Gericht verpflichtet, im gesamten Ermittlungs-
verfahren, also auch bereits vor dem bisher maßgeblichen
Zeitpunkt des § 169a StPO, auf Antrag der Staatsanwalt-
schaft einen Verteidiger zu bestellen. Die Bindung des Ge-
richts bezieht sich nur auf die Bestellung als solche und
nicht auf eine von der Staatsanwaltschaft etwa genannte
Person; das weitere Verfahren richtet sich vielmehr nach
§ 142 StPO. Die neu gefasste Vorschrift wird – ebenso wie
die Antragspflicht nach Satz 2 – Bedeutung nur in den Fäl-
len erlangen, in denen mangels Einigkeit über die Person
des zu Bestellenden die Staatsanwaltschaft nicht nach Ab-
satz 4 verfährt.
Mit dem neuen Absatz 4 Satz 2 gemäß Buchstabe b wird der
Staatsanwaltschaft das Recht zur Bestellung des (notwendi-
gen) Verteidigers eingeräumt. Die Vorschrift ist im Kontext
mit Absatz 3 Satz 2 zu lesen: Dort wird die Staatsanwalt-
schaft verpflichtet, für eine Pflichtverteidigerbestellung
Sorge zu tragen. Statt des dort vorgesehenen Antrags an das
Gericht handelt hier, gemäß Absatz 4 Satz 2, die Staatsan-
waltschaft selbst, für die dabei die üblichen Auswahlkrite-
rien des § 142 StPO gelten. Die Formulierung „vom Be-
schuldigten bezeichneten Verteidiger“, die an § 142 Abs. 1
StPO anschließt, meint auch einen solchen Verteidiger, der,
mangels eigener entsprechender Personenkenntnisse des
Beschuldigten, von der Staatsanwaltschaft an diesen heran-
getragen und von ihm akzeptiert wurde. Diese Formulierung
zusammen mit der Ausgestaltung des neuen Satzes 2 als
Kann-Vorschrift stellt klar, dass die Verteidigerbestellung

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/999

durch den Staatsanwalt abhängig ist von der Einigkeit über
die Person des zu bestellenden Verteidigers.
Zu Nummer 14 (§ 153a StPO)
Die Änderung von § 153a Abs. 2 StPO führt dazu, dass die
Vorschrift auch in der Revisionsinstanz anwendbar wird.
Der Entwurf sieht davon ab, eine Sonderregelung für die
Nachfolgeentscheidungen einer vorläufigen Einstellung
durch das Revisionsgericht zu treffen. Es ist anzunehmen,
dass aus praktischen Gründen derartige Entscheidungen
vom Revisionsgericht in aller Regel nur dann getroffen wer-
den, wenn die Erfüllung einer Auflage sichergestellt ist.
Verfahrensdogmatisch besteht im Übrigen kein Unterschied,
ob ein Verfahren in der Berufungs- oder in der Revisions-
instanz gemäß § 153a StPO vorläufig eingestellt wurde.
Zu Nummer 15 (§ 162 StPO)
Nach § 162 Abs. 1 StPO ist für richterliche Untersuchungs-
handlungen grundsätzlich der Ermittlungsrichter örtlich zu-
ständig, in dessen Bezirk die Handlung vorzunehmen ist.
Wenn es sich dabei um einen Ermittlungsrichter handelt, der
seinen Sitz an einem anderen Ort als die Staatsanwaltschaft
hat, führt die Regelung zu Mehraufwand bei der Staats-
anwaltschaft: Es müssen ggf. Zweitakten oder andere für
die Entscheidungsfindung des Ermittlungsrichters wichtige
Unterlagen erstellt und dem Ermittlungsrichter eilig zuge-
leitet werden; hierdurch können das Verfahren verzögert
und die Geheimhaltung von sensiblen Vorgängen erschwert
werden. Um dies zu vermeiden, wird das Regel-Aus-
nahme-Verhältnis in § 162 Abs. 1 StPO umgekehrt. Damit
werden künftig häufiger als bisher die Ermittlungsrichter
am Sitz der Staatsanwaltschaft zuständig sein. Hierdurch
wird zugleich der Grundrechtsschutz verbessert. Wenn der
zuständige Ermittlungsrichter leichter erreichbar ist, werden
beispielsweise seltener als dies bisher bei einer von einem
auswärtigen Ermittlungsrichter anzuordnenden Wohnungs-
durchsuchung der Fall sein kann, die Voraussetzungen für
Gefahr in Verzug gegeben sein. Auch führt die Konzentra-
tion der Zuständigkeit z. B. für Anordnungen nach § 100a
StPO dazu, dass sich bei den Ermittlungsrichtern mehr Er-
fahrungswissen bildet. Dementsprechend wird etwa in der
von Prof. Backes u. a., Universität Bielefeld vorgelegten
Studie „Wirksamkeitsbedingungen von Richtervorbehalten
bei Telefonüberwachungen“ vorgeschlagen, dass die rich-
terliche Kontrollkompetenz künftig nur noch von aus-
schließlich mit Vorermittlungen befassten Amtsrichtern aus-
geübt wird, die im Prinzip stets erreichbar sind und ihren
Dienstort am Sitz der Staatsanwaltschaft haben.
Zu Nummer 16 (§ 163a StPO)
Das geltende Strafverfahrensrecht sieht eine Verpflichtung
des Zeugen, vor der Polizei zu erscheinen und auszusagen,
nicht vor. Nach § 161a Abs. 1 Satz 1 StPO sind Zeugen ver-
pflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erschei-
nen und zur Sache auszusagen. Die Polizei hat nur die Mög-
lichkeit, den Zeugen darauf hinzuweisen, dass sie im
Weigerungsfalle auf seine Vernehmung durch den Staats-
anwalt oder den Richter hinwirken werde, bei welchem für
ihn eine Erscheinens- und Aussagepflicht bestehe.
Ermittlungsverfahren könnten effizienter geführt werden,
wenn für Zeugen eine Erscheinens- und Aussagepflicht bei

der Polizei bestünde. Die Strafverfolgungsbehörden haben
es nicht selten mit wankelmütigen und bedrohten Zeugen zu
tun, deren Aussagebereitschaft – auch bei der Polizei – ge-
fördert werden sollte. Für den Ermittlungserfolg kann es
entscheidend sein, wenn gerade solche Zeugen so frühzeitig
wie möglich vernommen werden und schon bei der ersten
Vernehmung weiterführende Angaben machen. Die Effekti-
vität der Strafverfolgung bedingt, dass bei der Vernehmung
von Zeugen auch das Erfahrungswissen der Polizei umfas-
send nutzbar gemacht wird. Insbesondere bei der Bekämp-
fung der organisierten Kriminalität müssen die verfügbaren
kriminaltaktischen Möglichkeiten bestmöglich genutzt wer-
den. In die kleinere und mittlere Kriminalität betreffenden
Ermittlungsverfahren erscheinen zudem auch weniger be-
deutsame, aber dennoch letztlich von der Staatsanwaltschaft
zu vernehmende Zeugen oftmals auf polizeiliche Ladung
aus Bequemlichkeit, wegen damit verbundener Kosten oder
wegen des erforderlichen Zeitaufwands nicht. Einer frühzei-
tigen Erstvernehmung durch die Polizei kommt danach zum
einen insbesondere dann Bedeutung zu, wenn besonderes
polizeiliches Erfahrungswissen nutzbar zu machen ist oder
etwa auf Datenbestände und Erkenntnisse aus der vorbeu-
genden Verbrechensbekämpfung, die der Staatsanwaltschaft
nicht unmittelbar zur Verfügung stehen, zurückgegriffen
werden muss. Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich
der Neuregelung werden Fälle sein, in denen die sachlei-
tende Staatsanwaltschaft noch nicht genügend Kenntnis von
dem Sachverhalt hat. In einer solchen Situation kann die
Staatsanwaltschaft nach § 163a Abs. 6 StPO-E die Polizei
beauftragen bzw. ersuchen, den Zeugen zu laden, ohne dass
dafür in jedem Einzelfall nötig wäre, dass die Staatsanwalt-
schaft vor dem Auftrag bzw. Ersuchen von der Polizei um-
fassend über den Verfahrensstand informiert würde. Eine
Erscheinenspflicht bei der Polizei dürfte sich in den genann-
ten Anwendungsfällen der Neuregelung schon deshalb be-
schleunigend, entlastend und kostensenkend auswirken,
weil derartige Zeugen – einmal erschienen – in aller Regel
aussagebereit sind. Besteht zugleich eine Aussagepflicht bei
der Polizei, wird der Entlastungseffekt verstärkt. Rechts-
staatliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Stärkung der
Rolle der Polizei im Ermittlungsverfahren bestehen nicht.
Auftrag und Ersuchen (§ 161 Abs. 1 Satz 2 StPO) der
Staatsanwaltschaft bringen die Leitungsbefugnis der Staats-
anwaltschaft in dem erforderlichen Maße zur Geltung. Der
Auftrag oder das Ersuchen kann allgemein oder für den Ein-
zelfall erklärt werden.
Eine Entscheidungsbefugnis der Polizei über Zwangsmaß-
nahmen oder Ordnungsmittel gegen nicht erschienene oder
aussageunwillige Zeugen ist mit der vorgeschlagenen Maß-
nahme freilich nicht verbunden. Diese Befugnisse verblei-
ben bei der Staatsanwaltschaft. Ein so schwerwiegender
Eingriff wie die Vorführung eines Zeugen darf im strafrecht-
lichen Ermittlungsverfahren nicht ohne Mitwirkung eines
Justizorgans erfolgen. Ob eine Zeugenaussage wegen ihrer
Bedeutung erzwungen werden darf, lässt sich oftmals nur
aus einer der Staatsanwaltschaft obliegenden Gesamtschau
des Verfahrens unter Berücksichtigung der materiellen so-
wie prozessualen Rechtslage beurteilen.
Zu Nummer 17 (§ 200 StPO)
Nach § 200 Abs. 2 Satz 2 StPO kann die Staatsanwaltschaft
schon nach geltendem Recht bei einer Anklage zum Straf-

Drucksache 15/999 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

richter von einer Darstellung des wesentlichen Ergebnisses
der Ermittlungen absehen. Diese Möglichkeit soll auch bei
Anklagen zum Schöffengericht eröffnet werden. In umfang-
reichen Verfahren oder bei einem komplexen Sachverhalt
kann die Staatsanwaltschaft – wie bisher – gleichwohl Aus-
führungen zur Person des Angeschuldigten, dem Tathergang
und der Beweislage machen.
Zu Nummer 18 (§ 223 StPO)
Nach der derzeitigen Rechtslage kommt es bei der Verneh-
mung durch den kommissarischen Richter gemäß § 66b
Abs. 2 Satz 1 StPO häufig zu Vereidigungen, weil das er-
kennende Gericht dies grundsätzlich verlangt (§ 223 Abs. 3
StPO) und zur Vermeidung von nachvereidigungsbeding-
ten Verfahrensunterbrechungen auch verlangen muss (§ 59
Satz 1 StPO). Mit Abschaffung der Regelvereidigung kann
auch die Pflicht zur Vereidigung gemäß § 223 Abs. 3 StPO
entfallen.
Zu Nummer 19 (§ 226 StPO)
Durch den neu angefügten Absatz 2 in § 226 StPO wird für
die Hauptverhandlung vor dem Strafrichter eine Ausnahme
von der nach dem bisherigen Wortlaut der Vorschrift (künf-
tig Absatz 1) zwingenden und ununterbrochenen Gegenwart
eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle geschaffen. Ähn-
lich den Bestimmungen über das Protokoll der mündlichen
Verhandlung in den §§ 159, 160a ZPO wird hierdurch für
einfach gelagerte Sachen die Möglichkeit eröffnet, den In-
halt des Protokolls (§§ 272, 273 StPO) zunächst vorläufig
ohne Hinzuziehung eines Protokollführers schriftlich (auch
durch Kurzschrift) oder unter Zuhilfenahme technischer
Einrichtungen durch den Vorsitzenden selbst aufzuzeichnen
und nachträglich die schriftliche Abfassung des Sitzungs-
protokolls zu veranlassen.
Einer Regelung hinsichtlich der Zulässigkeit besonderer
Aufzeichnungstechniken, der Aufbewahrung, Vernichtung
oder Zufügung der vorläufigen Aufzeichnungen zu den Ak-
ten oder des Zeitpunktes der Herstellung des Protokolls ent-
sprechend der Bestimmung in § 168a StPO bzw. der zivil-
prozessualen Vorschrift in § 160a ZPO bedarf es für das
Protokoll der Hauptverhandlung in Strafsachen nicht. Die
insoweit auch nach dem Entwurf nicht geänderten Bestim-
mungen der §§ 271 bis 274 StPO enthalten keine Regelung
dahin gehend, dass das Protokoll während der Hauptver-
handlung angefertigt werden muss. Auch die nach bisheri-
gem Recht zulässigen und zumeist unerlässlichen vorläufi-
gen Aufzeichnungen, aufgrund derer der Urkundsbeamte
ggf. nach der Sitzung die Protokollniederschrift fertigt,
müssen weder aufbewahrt noch zu den Akten genommen
werden. Sie sind nicht Bestandteil des Protokolls, sondern
dienen allein der Gedächtnisstütze bei der Niederschrift. Als
zeitliche Vorgabe enthält allein § 273 Abs. 4 StPO die Maß-
gabe, dass das Protokoll fertiggestellt, d. h. in Langschrift
abgefasst und von dem Vorsitzenden sowie nach bisherigem
Recht in jedem Fall auch von dem Urkundsbeamten unter-
schrieben sein muss, bevor das Urteil zugestellt wird. Durch
die vorgeschlagene Änderung des § 226 StPO werden diese
Grundsätze nicht berührt. Auch die Beweiskraft des Proto-
kolls (§ 274 StPO) wird durch die Änderung von § 226
StPO nicht tangiert. Diese hängt nicht davon ab, ob eine
oder zwei Urkundspersonen das Protokoll verantworten.

Die Mitwirkung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
wird auch künftig bei umfangreicheren oder sachlich schwie-
rigen Verfahren vor demAmtsgericht unerlässlich sein. Hier-
bei ist insbesondere die Beweiskraft des Protokolls für die
Beobachtung der Förmlichkeiten in der Sprungrevision zu
sehen. Dem trägt der Entwurf jedoch Rechnung, indem die
Mitwirkung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht
generell oder einer abstrakt festgelegten Beschränkung fol-
gend zwingend ausgeschlossen, sondern vielmehr in das Er-
messen des Vorsitzenden gestellt wird. Sollte sich die Not-
wendigkeit der Mitwirkung eines Protokollführers erst nach
Beginn der Hauptverhandlung erweisen, so ist der Vorsit-
zende nicht gehindert, auch nachträglich die Hinzuziehung
des Urkundsbeamten zu veranlassen.
Die Entscheidung des Strafrichters ist nach Absatz 2 Satz 2
in der Rechtsmittelinstanz nicht überprüfbar. Angesichts der
ausschließlichen Protokollierungsaufgabe des Urkundsbe-
amten der Geschäftsstelle entspricht diese Regelung der
auch nach der bisherigen Rechtslage dem Vorsitzenden zu-
kommenden Verantwortlichkeit für den Inhalt des Pro-
tokolls und der generellen Unbegründetheit einer auf den
Inhalt oder das Fehlen eines Protokolls gestützten Revi-
sionsrüge. Diese Änderung ist im Zusammenhang mit der in
dem Entwurf vorgesehenen Streichung von § 273 Abs. 2
StPO (Verzicht auf Inhaltsprotokoll) zu sehen.
Zu Nummer 20 (§ 229 StPO)
Die Änderungen der Unterbrechungsregelungen sollen es
dem Gericht ermöglichen, die Verhandlungstage flexibler
als bisher festzulegen. Dadurch kann es auch besser auf die
Belange der übrigen Beteiligten eingehen und unnötige
„Schiebetermine“ und damit verbundene Kosten vermeiden.
Zu Buchstabe a
Durch die Änderung des § 229 Abs. 1 StPO wird die zuläs-
sige Unterbrechung einer Hauptverhandlung durch Ausdeh-
nung der Befristung von bislang zehn Tagen auf nunmehr
drei Wochen verlängert. Die Änderung des geltenden
Rechts vermindert in großem Umfang rein formale Fortset-
zungsterminierungen allein zur Wahrung der Fristen sowie
die zeit- und kostenintensive Wiederholung der Hauptver-
handlung. Sie bewirkt neben zeitlichen und arbeitsmäßigen
Entlastungen der Gerichte und Staatsanwaltschaften eine
Minderung des psychischen Drucks auf alle Verfahrens-
beteiligten, denn die Belastung mit dem Risiko einer mög-
lichen Neuverhandlung für das Gericht, aber auch für die
Zeugen, den Angeklagten sowie seinen Strafverteidiger
wird durch diese Änderung erheblich herabgesetzt. Da Ab-
satz 4 weiterhin gilt, muss die Verhandlung spätestens am
Tag nach Ablauf der drei Wochen bzw. an dem darauf fol-
genden Werktag fortgesetzt werden. Wird beispielsweise
zuletzt an einem Freitag verhandelt, kann die Verhandlung
nach drei Wochen am darauf folgenden Montag fortgesetzt
werden. Die regelmäßige Unterbrechungsfrist von drei Wo-
chen reicht aus, um dem in Artikel 5 Abs. 3 Satz 2, Artikel 6
Abs. 1 Satz 1 MRK garantierten Recht auf Beschleunigung
des Verfahrens Rechnung zu tragen.
Zu Buchstabe b
Die Neufassung von Absatz 2 ermöglicht es dem Gericht, in
umfangreicheren Verfahren jeweils nach zehn Verhand-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/999

lungstagen die Verhandlung um bis zu einem Monat zu un-
terbrechen. Damit sind während des gesamten Verfahrens in
einer für alle Beteiligten transparenten und einfach zu be-
rechnenden Weise nach jedem Block von zehn Verhand-
lungstagen – über die regelmäßige Unterbrechungsfrist in
Absatz 1 hinaus – längere Unterbrechungen bis zu einem
Monat möglich. Die Neufassung des Absatzes 2 hat dabei
den Vorteil, dass sie weniger kompliziert ist als das geltende
Recht und damit zur Vermeidung revisionsrechtlich bedeut-
samer Fehler bei der Fristberechnung beiträgt.
Zu Buchstabe c
In Absatz 3 erfolgt darüber hinaus eine Ausdehnung der
Hemmungsregelung, die bisher nur für eine Erkrankung des
Angeklagten gilt, auch auf die Mitglieder des Spruchkör-
pers. Damit kann vermieden werden, dass Verfahren nach
mehreren Verhandlungstagen wegen der Erkrankung von
Richtern und Schöffen ausgesetzt werden müssen. Insbe-
sondere in Schöffengerichtsverfahren bzw. zwar mehrtägi-
gen, jedoch nicht langwierigen Verfahren vor den Landge-
richten, bei denen in der Regel keine Ergänzungsrichter
oder -schöffen bestellt werden, führt der Ausfall einzelner
Mitglieder des Gerichts zu dem Erfordernis einer Neuver-
handlung des gesamten Prozesses.
Die Regelung stellt sicher, dass die von § 192 GVG vorge-
sehene Möglichkeit der Bestellung von Ergänzungsrichtern
und -schöffen auf die vom Gesetz vorgesehenen Ausnahme-
fälle beschränkt bleibt. Die Höchstdauer der Unterbrechung
soll sich, ebenso wie bisher im Hinblick auf die Erkrankung
des Angeklagten gemäß § 229 Abs. 3 StPO, auf sechs Wo-
chen insgesamt belaufen, unabhängig davon, wie viele zur
Urteilsfindung berufene Personen erkranken.
Zu Nummer 21 (§ 234a StPO)
Redaktionelle Anpassung aufgrund der Streichung des § 61
Nr. 5 StPO.
Zu Nummer 22 (§ 244 StPO)
Mit dem Vorschlag zu § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO stellt der
Entwurf klar, dass das Tatgericht gerade den Ablehnungs-
grund der Verschleppungsabsicht selbst zu würdigen hat,
was sich auf die Begründungsanforderungen auswirkt. An-
satzpunkt ist, dass die revisionsgerichtlichen Anforderungen
an die Begründung eines tatrichterlichen Ablehnungsbe-
schlusses wegen Verschleppungsabsicht zu streng erschei-
nen. Mit der vorgeschlagenen Fassung wird zum Ausdruck
gebracht, dass das Revisionsgericht auf die Prüfung be-
schränkt sein soll, ob der Tatrichter rechtlich einwandfrei zu
seiner Überzeugung gekommen ist, dass Verschleppungsab-
sicht vorliegt. Diese Beschränkung rechtfertigt sich aus den
Besonderheiten dieses Ablehnungsgrundes, der in besonde-
rem Maß die Würdigung von Indizien für ein inneres Fak-
tum verlangt.
Zu Nummer 23 (§ 251 StPO)
Nach geltendem Recht sind gemäß § 250 StPO die Opfer
von Straftaten auch bei einem im Übrigen aufgeklärten
Sachverhalt über die Auswirkungen der Tat persönlich zu
vernehmen. Zeugen, die bereits für sich den Vorgang abge-
schlossen haben oder sich nur ungern daran erinnern, wollen
nicht selten mit der Sache nichts mehr zu tun haben oder

haben sonst für Vorladungen mit gewissem Grund wenig
Verständnis; dies kann zur Verzögerung der Sitzung oder zu
Unterbrechungen führen. Oft kann ein Geschädigter zum
Tathergang und zur Person des Täters nichts beitragen; er
kann lediglich dazu befragt werden, welcher Schaden einge-
treten ist. So beschränkt sich z. B. bei Pkw-Aufbrüchen,
Sachbeschädigungen und Verkehrsstraftaten die Funktion
des Zeugen häufig darauf, eine Rechnung über die Repara-
tur vorzulegen oder den Schaden zu schätzen. Nicht in je-
dem Falle ist hierfür eine persönliche Vernehmung erforder-
lich.
Die Regelung des Entwurfs gilt für alle Protokolle, ins-
besondere auch für von der Polizei erstellte Protokolle (Ab-
satz 2). Sie gilt nach Absatz 2 Satz 2 auch für Urkunden im
Sinn von Absatz 2 Satz 1. Durch die Formulierung „soweit“
wird klargestellt, dass Protokolle, die auch andere Fragen
betreffen, teilweise verlesen werden können. Mit dem Be-
griff „Vermögensschaden“ wird eine Abgrenzung zu den
Fällen des immateriellen Schadens bewirkt (vgl. zu den Be-
griffen Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, § 153a Rn. 16
und 17; vgl. auch § 7 Abs. 1, 2 StrEG, § 110 Abs. 1 OWiG).
Es ist nicht erforderlich, dass es um ein Vergehen geht, das
gegen fremdes Vermögen gerichtet war. So kann etwa auch
bei Fällen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142
StGB) die Beweisaufnahme über einen eingetretenen Ver-
mögensschaden erforderlich sein, obgleich keine gegen
fremdes Vermögen gerichtete Straftat vorliegt. Für die Ver-
lesung der Protokolle und Urkunden gilt, ohne dass es einer
Änderung im Wortlaut bedürfte, insbesondere auch § 251
Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO.
Mit dem neuen Satz 2 in Absatz 1 werden staatsanwalt-
schaftliche Protokolle unter bestimmten Voraussetzungen
richterlichen Protokollen gleichgestellt. Ob ein Protokoll
nach den §§ 168, 168 a aufgenommen wird, liegt in der Ent-
scheidung der Staatsanwaltschaft.
Nach § 251 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1
kann das Gericht in bestimmten Fällen durch Beschluss die
Verlesung von Protokollen anordnen, wenn Staatsanwalt,
Verteidiger und Angeklagter einverstanden sind. Aus der
Praxis wurde vorgeschlagen, in diesen Fällen eine Verfügung
des Vorsitzenden ausreichen zu lassen. Dadurch wird die
Verhandlung vereinfacht und beschleunigt. Auch in den Fäl-
len des § 251 Abs. 3 ordnet der Vorsitzende die Verlesung im
Rahmen der Sachleitung an. Die Möglichkeit, einen Ge-
richtsbeschluss nach § 238 Abs. 2 herbeizuführen, der An-
knüpfungspunkt für eine Revision sein kann (§ 338 Nr. 8),
bleibt unberührt. Einer Streichung des Absatzes 1 Nr. 4 und
des Absatzes 2 Satz 1 in § 251 Abs. 4 Satz 1 steht nicht ent-
gegen, dass zwar Staatsanwaltschaft, Verteidiger und Ange-
klagter, nicht aber die beisitzenden Richter und Schöffen
förmlich in die Entscheidung eingebunden sind, da diese et-
waige Bedenken gegen die Verlesung in einer jederzeit her-
beiführbaren Beratungspause geltend machen können.
Zu Nummer 24 (§ 256 StPO)
Zu Buchstabe a
Die Anzahl zuverlässiger, allgemein vereidigter Sachver-
ständiger – etwa im Kfz-Gewerbe, dem Versicherungswesen
und der Schriftkunde – hat zugenommen. Ihre Ausführun-
gen sind in der Regel von einer Sachautorität geprägt, die es
rechtfertigt, sie den Behördengutachten im Sinne des § 256

Drucksache 15/999 – 26 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

StPO gleichzustellen. Zum Zeitpunkt der Schaffung dieser
Norm war das Sachverständigenwesen in dem heute festzu-
stellenden Ausmaß noch nicht entwickelt. Nur in Zweifels-
fällen ist es daher notwendig, dass der Sachverständige sein
Gutachten persönlich erläutert.
Zu Buchstabe b
Die Strafverfolgungsbehörden erstellen im Rahmen der Er-
mittlungen Protokolle und Vermerke über Routinevorgänge,
wie Beschlagnahme, Spurensicherung, Durchführung einer
Festnahme, Sicherstellungen, Hausdurchsuchungen etc.
Diese Protokolle und Vermerke sind den in § 256 Abs. 1
Satz 1 StPO genannten Zeugnissen öffentlicher Behörden
vergleichbar. Auch bei derartigen Protokollen erscheint die
Objektivität bei der schriftlichen Fixierung der gemachten
Wahrnehmungen hinreichend gewährleistet. Bei den meist
routinemäßig erstellten Protokollen können der Polizei-
beamte oder sonstige Angehörige einer Strafverfolgungs-
behörde in der Hauptverhandlung ohnehin in der Regel
kaum mehr bekunden als das, was in dem Protokoll bereits
schriftlich festgelegt ist (vgl. Löwe-Rosenberg-Gollwitzer,
StPO, 25. Auflage, § 256 Rn. 3 in Bezug auf die derzeit von
§ 256 Abs. 1 StPO erfassten Fälle). Durch die Änderung
soll vermieden werden, dass jeder Angehörige einer Straf-
verfolgungsbehörde, insbesondere ein Polizeibeamter, des-
sen Tätigkeit auch nur zu einer Indiztatsache im Prozess
beiträgt, als Zeuge aussagen muss. Hiermit wird in erster
Linie eine Entlastung für die Strafverfolgungsbehörden,
mittelbar auch für die Gerichte erreicht, die die Hauptver-
handlung mit weniger Vernehmungen und gegebenenfalls
auch an weniger Tagen durchführen können.
Nicht verlesen werden können nach der vorgeschlagenen
Vorschrift jedoch Vernehmungsprotokolle; soweit eine Ver-
lesung derartiger Protokolle nach anderen Vorschriften
möglich ist, bleibt dies unberührt. Nicht verlesen werden
können auch sonstige Vermerke oder Schlussberichte, so-
weit darin der Inhalt einer Vernehmung wiedergegeben
wird. Damit soll verhindert werden, dass die differenzierte
Regelung der §§ 251 ff. StPO außer Kraft gesetzt wird.
Wenn sich das Gericht mit einer Verlesung eines Protokolles
begnügt, obwohl die Umstände des Einzelfalles es nahe
legen, den Verfasser des Protokolles als Zeugen zu hören,
kann darin eine Verletzung der Aufklärungspflicht liegen
(Löwe-Rosenberg-Gollwitzer, a. a. O., Rn. 64 zu § 256
StPO). Dies ist sachgerecht und bleibt unverändert.
Nicht erforderlich ist es, Bankauskünfte in den Kreis der
nach § 256 StPO verlesbaren Urkunden aufzunehmen; für
sie kann schon jetzt § 249 Abs. 1 StPO gelten (Löwe-
Rosenberg-Gollwitzer, a. a. O., Rn. 15 zu § 249 StPO:
„Buchungsbelege, Kontoauszüge“).
Zu Nummer 25 (§ 271 StPO)
Bei der Korrektur in Absatz 1 Satz 1 handelt es sich um eine
durch die Ausnahmeregelung in § 226 Abs. 2 StPO begrün-
dete Folgeänderung. Das Erfordernis einer Unterschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als Voraussetzung der
Beweiskraft des Protokolls rechtfertigt sich ausschließlich
durch seine Gegenwart in der Hauptverhandlung.
Einer Klarstellung, dass in den Fällen einer nicht in Gegen-
wart des Urkundsbeamten durchgeführten Hauptverhand-

lung dessen Unterschrift auch nicht die Unterschrift des ver-
hinderten Vorsitzenden im Protokoll ersetzen kann, bedarf
es nicht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Sinn
der bisher bestehenden Regelung in § 271 Abs. 2 StPO.
Zu Nummer 26 (§ 273 StPO)
Zu Buchstabe a
Durch die Aufhebung von Absatz 2 wird die Notwendigkeit
des Inhaltsprotokolls in der amtsgerichtlichen Hauptver-
handlung beseitigt.
Im Gegensatz zu erstinstanzlichen Verfahren vor den großen
Strafkammern der Landgerichte und den Strafsenaten der
Oberlandesgerichte sieht die bisherige Bestimmung in § 273
Abs. 2 StPO in Hauptverhandlungen vor dem Strafrichter
und dem Schöffengericht die Aufnahme von wesentlichen
Ergebnissen der Vernehmungen in das Protokoll vor. Die
Vorschrift dient in erster Linie der nach § 325 StPO vorge-
sehenen Verfahrenserleichterung im Berufungsverfahren
durch Verlesung von Protokollen über Aussagen der in der
Hauptverhandlung des ersten Rechtszuges vernommenen
Zeugen und Sachverständigen. In der Praxis erweist sich
diese Verfahrensweise jedoch eher als Ausnahmefall, so
dass es im Interesse einer Entlastung der Strafrechtspflege
angemessen erscheint, die insoweit zwingende Regelung
aufzugeben. Ein Bedürfnis hierfür besteht insbesondere
auch nach der in § 226 StPO vorgesehenen Änderung.
Die vorgeschlagene Änderung bewirkt ausschließlich eine
Aufhebung der bisher bestehenden Pflicht zur Dokumenta-
tion der Vernehmungsergebnisse. Das Inhaltsprotokoll kann
jedoch zur Unterstützung des Vorsitzenden, der im Unter-
schied zu den in der ersten Instanz mit mehreren Berufsrich-
tern besetzten Strafkammern und -senaten ggf. zugleich die
Verhandlung leiten sowie die erforderlichen Aufzeichnun-
gen vornehmen muss – durchaus etwa zur Erhaltung des Er-
innerungsvermögens bei der Abfassung des schriftlichen
Urteils –, zweckmäßig sein. Eine Aufnahme entsprechender
Inhalte in das Protokoll bzw. eine dahin gehende Anweisung
an den hinzugezogenen Protokollführer wird dem Vorsit-
zenden auch nach dem Entwurf nicht versperrt.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine Folgeänderung.
Zu Buchstabe c
Gemäß § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO hat der Vorsitzende von
Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung be-
teiligten Person die vollständige Niederschreibung und Ver-
lesung anzuordnen, wenn es auf die Feststellung eines Vor-
gangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer
Aussage oder Äußerung ankommt. Lehnt der Vorsitzende
diese Anordnung ab, so gibt die bisherige Bestimmung in
§ 273 Abs. 3 Satz 2 den Verfahrensbeteiligten das Recht,
eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
In der Praxis sind die Fälle, in denen es auf die Feststellung
eines Vorgangs oder desWortlauts einer Erklärung ankommt,
nicht zahlreich, zumal die Rechtsprechung der Revisionsge-
richte alsbald nach der Neuregelung klargestellt hat, dass die
Revision nicht auf eine Diskrepanz zwischen der wörtlich
protokollierten Aussage und dem Inhalt des Urteils gestützt
werden kann. Die geltende Regelung enthält jedoch insbe-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/999

sondere durch dieMöglichkeit der Anrufung des Gerichts die
Gefahr einer Verfahrensbehinderung, da der Gang der Ver-
handlung und insbesondere die Konzentration und Erinne-
rungsfähigkeit eines gerade aussagenden Zeugen oder Sach-
verständigen durch wiederholte Protokollierungsanträge und
vor allem durch anschließendeAnrufung des Gerichts bei de-
ren Ablehnung durch den Vorsitzenden empfindlich gestört
werden kann. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung
ebenso wie diese selbst trägt zu einer Verzögerung der
Hauptverhandlung und im Übrigen häufig zu einer Emotio-
nalisierung des Verhandlungsklimas bei.
Der Entwurf schlägt mit der Neufassung des Absatzes 3
Satz 2, der durch die Aufhebung des Absatzes 2 zum neuen
Absatz 2 Satz 2 wird, vor, die Möglichkeit der Anrufung des
Gerichts zu beseitigen, wenn der Vorsitzende den Antrag
auf wörtliche Protokollierung ablehnt. Die Antragsbefugnis
der Verfahrensbeteiligten soll dagegen erhalten bleiben.
Nach der Grundkonzeption der Strafprozessordnung liegt
die Verantwortung für den Inhalt des Hauptverhandlungs-
protokolls nicht beim Gericht, sondern allein beim Vorsit-
zenden (und beim Protokollführer). Deshalb ist gegen Ent-
scheidungen des Vorsitzenden über Protokollierungsfragen
auch nicht die Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2
StPO zulässig, und es bedurfte der im geltenden Recht in
§ 273 Abs. 3 Satz 2 StPO enthaltenen Sonderregelung, um
sie zu ermöglichen.
Schutzwürdige Rechte des Angeklagten werden durch die
Neufassung des Absatzes 3 Satz 2 nicht beeinträchtigt. Nach
herrschender Meinung kann ein Rechtsmittel in der Regel
nicht mit Erfolg auf die Ablehnung der vollständigenNieder-
schrift gestützt werden, so dass ein revisionsrechtlich be-
gründbares Interesse an einer Entscheidung des Gerichts
nicht besteht. § 261 StPO wird durch eine ablehnende Ent-
scheidung nicht berührt. Da das Antragsrecht nach Absatz 3
Satz 1 erhalten bleibt, muss der Vorsitzende seine ablehnende
Entscheidung begründen (§ 34 StPO); Antrag und Ableh-
nung sind ihrerseits nach § 273 Abs. 1 StPO zu protokollie-
ren.
Nach dem Vorschlag des Entwurfs soll Absatz 3 Satz 2 nicht
lediglich aufgehoben, sondern durch eine Neufassung ersetzt
werden, die die Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Vor-
sitzenden ausdrücklich bestimmt. Damit wird zunächst noch-
mals klargestellt, dass § 238 Abs. 2 StPO nicht anwendbar
ist. Ferner soll damit die trotz der in § 305 Satz 1 StPO ge-
troffenen Regelung in bestimmten Fällen nach § 304 Abs. 1
StPO für zulässig gehaltene Beschwerde ausgeschlossen
werden, weil sie ebenfalls den Verfahrensablauf erheblich er-
schweren könnte und sachlich nicht notwendig erscheint.
Die besondere Protokollierungsvorschrift nach § 183 GVG
bei einer in der Hauptverhandlung begangenen Straftat
bleibt durch die Neuregelung unberührt.
Zu Nummer 27 (§ 286 StPO)
Im Verfahren gegen Abwesende ist nach der Abschaffung
der Regelvereidigung eine eidliche Vernehmung nach § 286
Abs. 2 StPO nicht mehr geboten.
Zu Nummer 28 (§ 313 StPO)
Die Erfahrungen mit der Annahmeberufung (§ 313 Abs. 1
StPO) sind im Grundsatz weder negativ noch positiv, son-

dern vielmehr kaum vorhanden, weil der Anwendungsbe-
reich der Vorschrift sehr eng ist. Er betrifft Fälle, die sich
eher für eine Sachbehandlung nach § 153a StPO eignen als
für die Verurteilung zu einer Geldstrafe. Wenn die Annah-
meberufung spürbar zur Entlastung der Strafjustiz beitragen
soll, ist es erforderlich, ihren Anwendungsbereich maßvoll
auszuweiten. Nur so können nennenswerte Erfahrungen mit
dem Rechtsinstitut gesammelt werden, das derzeit aufgrund
des engen Anwendungsbereiches nur ein Schattendasein
führt. In der Sache erscheint es u. a. deshalb vertretbar, den
Anwendungsbereich Annahmeberufung auszuweiten, weil
das Gesetz die Zulässigkeit der Berufung nur dann verneint,
wenn Berufungen offensichtlich unbegründet sind. Dabei
können auch Fahrverbot und – in gewissem Umfang – Fahr-
erlaubnisentzug einbezogen werden, da gerade bei massen-
haft begangenen Verkehrsstraftaten von gewissen „Taxen“
ausgegangen werden kann. Auch durch Strafbefehl kann die
Fahrerlaubnis entzogen werden, wobei dort Sperren bis zu
2 Jahren einbezogen sind. Mit der Änderung in § 313 Abs. 1
StPO wird der Bereich der Annahmeberufung im Übrigen
auf Verurteilungen bis zu 90 Tagessätzen ausgeweitet. Die
Anhebung auf 90 Tagessätze orientiert sich dabei an der
Grenze, die für die Aufnahme einer Geldstrafe in ein poli-
zeiliches Führungszeugnis relevant ist (§ 32 Abs. 2 Nr. 5
Buchstabe a BZRG).
Der Grenzwert bei Geldstrafen in Satz 1 und Satz 2 wird
identisch festgelegt; für einen unterschiedlichen Grenzwert,
wie im geltenden Recht vorgesehen, gibt es keinen überzeu-
genden Grund.
Zu den Nummern 29 und 36 (§§ 314, 341 StPO)
Es entlastet die Justiz von erheblichem Formulierungs- und
Schreibaufwand, wenn in möglichst großem Umfang von
der Abfassung von abgekürzten Urteilen gemäß § 267
Abs. 4, 5 StPO Gebrauch gemacht werden kann.
Möglich ist dies u. a., wenn „innerhalb der Frist kein
Rechtsmittel eingelegt“ wird (§ 267 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5
Satz 2 StPO). Grundsätzlich läuft die Frist für die Einlegung
von Berufung und Revision ab Urteilsverkündung. Insofern
ist recht schnell klar, ob ein abgekürztes Urteil möglich ist.
Ab Urteilszustellung läuft die Frist, wenn das Urteil in Ab-
wesenheit des Angeklagten verkündet worden ist. Dies ist
im Grundsatz sachgerecht. Ist jedoch ein mit besonderer
schriftlicher Vollmacht versehener Verteidiger bei der
Urteilsverkündung anwesend, soll es künftig auf dessen
Kenntnis ankommen, mit anderen Worten die Rechtsmittel-
frist schon ab Verkündung laufen. Vor allem wenn das
Gericht den Angeklagten auf dessen Wunsch von der Pflicht
zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden hat,
kann – umgekehrt – dem Angeklagten angesonnen werden,
kurzfristig mit dem von ihm mit besonderer Vollmacht ver-
sehenen Verteidiger die Rechtsmitteleinlegung abzuklären.
Außergewöhnlichen Fällen kann wie auch sonst durch das
Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Rech-
nung getragen werden.
Zu den Nummern 30 bis 33 (§§ 317 bis 320 StPO)
Der Entwurf sieht vor, dass das Ziel der Berufung angege-
ben und die Berufung begründet werden muss, § 317 StPO.

Drucksache 15/999 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Pflicht zur Berufungsbegründung liegt bis zu einem ge-
wissen Grad in der Konsequenz der Einführung und Erwei-
terung der Annahmeberufung, die die Begründung einer Be-
rufung nahe legt. Auch davon abgesehen kann es jedem
Angeklagten zugemutet werden, sein Rechtsmittel zumin-
dest kurz zu begründen und das Ziel, das er damit verfolgt,
anzugeben. Die Staatsanwaltschaft ist schon jetzt durch Ver-
waltungsvorschrift zur Begründung der Berufung verpflich-
tet, Nummer 156 RiStBV. Zwar erscheint es wegen der
Funktion und Struktur der Berufung nicht sachgerecht, die
Anforderungen an die Begründung einer Revision zu über-
nehmen. Mit einer Mitteilung, was mit der Berufung ange-
strebt wird, und mit einer Begründung, warum das Ersturteil
angegriffen wird, ist aber kein Angeklagter überfordert, zu-
mal er sein Rechtsmittel zu Protokoll der Geschäftsstelle
einlegen kann. Auch mit eher allgemeinen Begründungen
– etwa: „Weil mir das Strafmaß zu hoch ist“ – kann das Ver-
fahren entlastet werden, weil dies die Beschränkung in der
Berufungsinstanz auf das Strafmaß ermöglicht. Die Entlas-
tung gilt vor allem für Verfahren, in denen bislang im Hin-
blick auf das Fehlen einer Begründungspflicht von jeder Be-
gründung Abstand genommen worden ist, das Urteil jedoch
nur zum Teil angegriffen werden soll.
Im Hinblick auf die Prinzipien, auf denen unser Strafver-
fahren aufbaut, vor allem im Hinblick auf den Amtsauf-
klärungsgrundsatz, wird davon abgesehen, auch die Präsen-
tation der Beweismittel in der Berufungsbegründung
verpflichtend vorzugeben. Mit der „Sollvorschrift“ soll
gleichwohl ein Signal gesetzt werden.
Die Änderung der §§ 318, 319 und 320 StPO ist Konse-
quenz der Änderung des § 317 StPO.
Zu den Nummern 34 und 35 (§§ 333, 335 StPO)
Das Wahlrechtsmittel ist ein tauglicher Beitrag zur Verfah-
rensbeschleunigung. Die Regelung greift auf § 55 Abs. 2
JGG zurück; im Jugendstrafrecht hat sich das Wahlrechts-
mittel seit langem bewährt. Auf die Auslegung des § 55
Abs. 2 JGG und die Erfahrungen dort kann deshalb Bezug
genommen werden. Mit dem Erziehungsgedanken im Ju-
gendstrafrecht ist das Wahlrechtsmittel nach § 55 Abs. 2
JGG nicht so eng verknüpft, als dass dies einer Übernahme
in das allgemeine Strafverfahren entgegenstünde.
Die Bundesvertreterversammlung des Deutschen Richter-
bundes hat bereits im Jahr 1987 die Einführung des Wahl-
rechtsmittels befürwortet. In dem in der 14. Legislaturperi-
ode erstellten Gutachten der Großen Strafrechtskommission
des Deutschen Richterbundes „Reform der Rechtsmittel im
Strafverfahren“ wird zum Wahlrechtsmittel ausgeführt, dass
es sich um einen „faszinierenden Gedanken“ handelt, der
einer früheren Konzeption des Richterbundes entspricht;
angesichts des sehr engen Gutachtenauftrages waren in dem
Gutachten keine näheren Ausführungen zum Wahlrechts-
mittel veranlasst.
Der Entwurf zielt mit der Einführung des Wahlrechtsmittels
auch darauf ab, den Widerspruch zu beseitigen, dass nach
geltendem Recht dem Rechtsmittelführer bei Verfahren, die
beim Amtsgericht ihren Ausgang nehmen, drei Instanzen
zur Verfügung stehen, bei Sachen, die erstinstanzlich vom
Landgericht verhandelt werden, aber nur zwei. Gleichzeitig
sollen aber die Vorteile des geltenden Rechtes bewahrt wer-
den, denn die in der 14. Legislaturperiode geführte Diskus-

sion hat gezeigt, dass sich das geltende Rechtsmittelsystem
in Strafsachen ebenso wie der geltende Gerichtsaufbau
grundsätzlich bewährt haben. Bewährt hat sich insbeson-
dere, dass eine große Zahl von Strafverfahren vor dem
Amtsgericht rechtskräftig erledigt werden, ohne dass das
amtsgerichtliche Verfahren aufwändig wäre. Entscheidend
ist dabei das Bewusstsein aller Beteiligten, durch eine Ein-
legung der Berufung erreichen zu können, dass vor dem
Landgericht eine vollständige neue Hauptverhandlung
durchgeführt wird. Dies führt dazu, dass die große Masse
der Verfahren vor dem Amtsgericht verfahrensökonomisch
erledigt werden kann. Hauptvorteil des Wahlrechtsmittels
ist es, dass sich hieran nichts ändert. Der Einwand, dass das
Wahlrechtsmittel zu einer größeren Belastung bei den Amts-
gerichten führen könnte, weil sie sich mehr als bisher ge-
zwungen sehen könnten, ihr Urteil „revisionssicher“ abzu-
fassen, greift nach den Erfahrungen im Jugendstrafrecht und
nach den Erfahrungen mit dem früheren Wahlrechtsmittel
im allgemeinen Strafrecht nicht durch. In aller Regel wird es
für den Rechtsmittelführer attraktiver sein, Berufung und
nicht Revision einzulegen. Ein weiterer Vorteil des Wahl-
rechtsmittels ist, dass in der Berufungsinstanz für den Beru-
fungsführer der Anreiz zu solchen Anträgen entfällt, die le-
diglich den Boden für eine Revision bereiten sollen. Die
Einführung des Wahlrechtsmittels wird im Übrigen rasch
wirksam, weil sie nicht mit Komplikationen organisatori-
scher und rechtlicher Art verbunden ist.
Im Aufbau knüpft der Entwurf im Übrigen an die Systema-
tik der §§ 333, 335 StPO an. Dies rechtfertigt sich daraus,
dass bei amtsgerichtlichen Urteilen auch künftig Berufung
die Regel sein wird. Die Ergänzung des § 333 StPO um ei-
nen Absatz 2 enthält die Einführung des Wahlrechtsmittels.
Absatz 2 entspricht § 55 Abs. 2 JGG; auf Rechtsprechung
und Literatur zu dieser Bestimmung kann grundsätzlich
zurückgegriffen werden. Der Verteidiger, der im Jugend-
gerichtsverfahren nach h. M. dem Angeklagten bzw. dessen
gesetzlichem Vertreter zugerechnet wird, wird wie in § 55
Abs. 2 JGG nicht gesondert aufgeführt. In § 335 StPO wird
mit dem neuen Absatz 2 die (Sprung-)Revision gegen ein
amtsgerichtliches Urteil dann ausgeschlossen, wenn nur An-
nahmeberufung möglich ist; Absatz 1 wird insoweit einge-
schränkt. Der bisherige Absatz 3 Satz 3 entfällt im Hinblick
auf § 333 Abs. 2 StPO-E.
Da lediglich die Sprungrevision ausgeschlossen werden
soll, hält die vorgesehene Regelung auch im Bereich der
Annahmeberufung die Möglichkeit der Herbeiführung ober-
gerichtlicher Grundsatzentscheidungen offen. Auch ist es
etwa dem Angeklagten nicht verwehrt, gegen eine zweit-
instanzliche Verurteilung, die aufgrund der Berufung der
Staatsanwaltschaft gegen einen erstinstanzlichen Freispruch
erfolgt ist, Revision einzulegen.
Zu Nummer 37 (§ 354 StPO)
Der Ausschluss einer Strafmaßrevision, etwa in Anlehnung
an § 363 StPO, ginge entschieden zu weit, weil es unbe-
streitbar Grenzen geben muss, bei deren Überschreiten die
Festlegung der Rechtsfolgen, vor allem des Strafmaßes, er-
folgreich gerügt werden kann. Unbestreitbar ist freilich,
dass die Anforderungen an die Begründung von Rechtsfol-
gen und Strafzumessung in der höchstrichterlichen Recht-
sprechung hoch sind und vor allem wegen der so genannten

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 29 – Drucksache 15/999

sachlich-rechtlichen Begründungspflicht, die die Rechtspre-
chung entwickelt hat, häufig erheblichen Aufwand verursa-
chen.
Will man die Belastung der Praxis durch Zurückverweisun-
gen in vertretbarem Umfang halten, liegt ein tauglicher An-
satz darin, die Entscheidungsmöglichkeiten für das Revisi-
onsgericht bei der Rechtsfolgenentscheidung auszuweiten.
Ist ein Urteil unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung in der Rechtsfolgenentscheidung fehler-
haft, gibt es gleichwohl Konstellationen, in denen das Urteil
aufrechterhalten werden kann (z. B. BGH NJW 1990, 1921,
1923). Dies gilt dann, wenn das Urteil auf der Gesetzesver-
letzung im Sinn von § 337 StPO nicht beruhen kann. Auch
darüber hinausgehend sind aber Fallgestaltungen denkbar,
in denen es trotz einer Gesetzesverletzung bei der Rechts-
folgenzumessung bei dem angegriffenen Urteil verbleiben
kann oder es genügt, die Rechtsfolgen angemessen herabzu-
setzen. Zum Schutz des Angeklagten, aber auch zur Wah-
rung der Gleichbehandlung, erscheint es erforderlich, dass
das Gericht nur so entscheiden kann, wenn die Staatsanwalt-
schaft dies beantragt. Der Antrag eröffnet dem Revisionsge-
richt die Entscheidungsmöglichkeit; im Maß der Herabset-
zung ist das Revisionsgericht nicht gebunden.
Die Neuregelung erweitert die Möglichkeit der „Durchent-
scheidung“, die die Rechtsprechung auch schon selbst im
Rahmen von § 354 Abs. 1 StPO erweitert hat. Sie trägt der
Erfahrung der Praxis Rechnung, dass es bei unverändertem
Schuldspruch und Zurückverweisung wegen der Strafzu-
messung häufig zu nicht wesentlich anderen Rechtsfolgen-
entscheidungen kommt. Die Regelung ergänzt § 354 Abs. 1
StPO, d. h. sie kommt nicht zur Anwendung, wenn das Re-
visionsgericht schon nach Absatz 1 entscheiden muss. Dies
ergibt sich aus der Systematik, wird im Gesetzestext gleich-
wohl ausdrücklich erwähnt. Soweit die Rechtsprechung Ab-
satz 1 extensiv auslegt, wird auch dies von der Neuregelung
nicht berührt.
Für die Gesamtstrafenbildung gibt es in § 460 StPO ein be-
währtes Verfahren, das auf die Hauptverhandlung verzich-
tet. Entscheidet das Revisionsgericht nicht nach Absatz 1
oder Absatz 2 selbst, erscheint es zweckmäßig, ihm die
Möglichkeit zu eröffnen, zur Durchführung einer nachträg-
lichen Gesamtstrafenbildung gemäß den §§ 460, 462 StPO
zurückzuverweisen (Absatz 3). Dies gilt einmal für den Fall,
dass die Gesamtstrafenbildung fehlerhaft ist. Dies gilt aber
auch für den Fall, dass Einzelstrafen durch Einstellung oder
Freisprechung in Wegfall kommen oder das Revisionsge-
richt über Einzelstrafen selbst entscheidet, es mithin nur
noch um die Gesamtstrafenbildung geht. Vor allem im Hin-
blick auf die Entwicklung der Rechtsprechung zum Fortset-
zungszusammenhang erscheint die Regelung praktisch be-
deutsam.
Klargestellt wird, dass die Sonderregelung für die Gesamt-
strafenbildung dann nicht zur Anwendung kommt, wenn das
Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 2 umfassend
abschließend entscheidet.
Zu Nummer 38 (§ 374 StPO)
Zu Buchstabe a
Durch § 201 StGB wird das nicht öffentlich gesprochene
Wort einer Person vor unbefugter Verwertung durch Auf-

nahmen, Zugänglichmachen der Aufnahme an Dritte, Abhö-
ren mit einem Abhörgerät und öffentliche Mitteilungen
strafrechtlich geschützt. Die hierdurch unter Strafe gestellte
Verletzung der Privatsphäre ist typischerweise eine Hand-
lung, deren Bestrafung nicht im unmittelbaren öffentlichen
Interesse liegt. Es ist dem Verletzten auch zuzumuten, die
Bestrafung des Täters dieser sich typischerweise im priva-
ten Bereich abspielenden strafbaren Handlung erforderli-
chenfalls im Wege der Privatklage durchzusetzen. Der Ent-
wurf beschränkt sich ausdrücklich auf den Grundtatbestand,
nimmt mithin die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
durch Amtsträger von der Verweisung auf den Privatklage-
weg aus.
Zu Buchstabe b
Rechtsgut des § 323a StGB ist zwar in erster Linie der
Schutz der Allgemeinheit vor den von diesem Zustand einer
Person erfahrungsgemäß ausgehenden Gefahren; es er-
scheint aber nicht erforderlich, jeden Fall der Berauschung
von Amts wegen zu verfolgen. Wenn die im Rauschzustand
begangene rechtswidrige Tat ein Privatklagedelikt ist, er-
scheint die Strafverfolgung nicht als unerlässliches Anlie-
gen der Allgemeinheit.
Zu Nummer 39 (§ 404a StPO)
Die Vorschrift dient dazu, den Verletzten, die durch eine
Straftat einen materiellen Schaden erlitten haben, schneller
zu einem zivilrechtlich vollstreckbaren Titel zu verhelfen,
wenn sich Opfer und Täter über die Höhe der zu leistenden
Entschädigung einigen (§ 704 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder der
Täter den Anspruch des Opfers anerkennt. Der Abschluss
eines Wiedergutmachungsvergleichs kann als ernsthaftes
Bemühen um Wiedergutmachung nach § 46a StGB berück-
sichtigt werden.
Absatz 2 lässt den Erlass eines Anerkenntnisurteils im Ad-
häsionsverfahren zu; die Regelung orientiert sich an § 307
ZPO. Nach § 406 Abs. 2 StPO erklärt das Gericht die Ent-
scheidung entsprechend den Vorschriften der ZPO für vor-
läufig vollstreckbar; bei einem Anerkenntnisurteil gilt § 708
Nr. 1 ZPO entsprechend.
Zu Nummer 40 (§ 405 StPO)
Die Vorschrift räumt bisher dem Strafgericht einen weiten
Ermessensrahmen für die Frage des Absehens von der Ent-
scheidung im Adhäsionsverfahren ein. Das Gericht kann
schon dann von der Entscheidung absehen, wenn sich der
Antrag zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet, weil
insbesondere seine Prüfung das Verfahren verzögern würde.
Die Ablehnung kann nach geltendem Recht zudem in jeder
Lage des Verfahrens auch durch Beschluss geschehen. Die-
ses weite richterliche Ermessen hat wesentlich mit dazu bei-
getragen, dass Adhäsionsentscheidungen in der Praxis kaum
vorkommen. Die Anwendungshäufigkeit liegt bei ca. 0,2 %
der erledigten Strafverfahren. Als Ursache dafür wird – ne-
ben mangelnder oder verspäteter Antragstellung bzw. unzu-
reichender Vorbereitung durch die Verletzten – die Unsicher-
heit von Richtern und Staatsanwälten im Umgang mit der
ungewohnten zivilrechtlichenMaterie vermutet (vgl. Prinz v.
Sachsen-Gessaphe, ZZP 1999, 3, [10 f.]; Rössner/Klaus,
ZRP 1998, S. 162). Dies ist jedenfalls bei vorsätzlichen Ver-
letzungen der durch die Verfassung besonders hervorgeho-

Drucksache 15/999 – 30 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

benen Grundrechte auf Leben, körperliche Unversehrtheit
(Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG), sexuelle Selbstbestimmung
(Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG) und Freiheit
der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 GG) nicht hinnehmbar.
§ 405 Satz 3 StPO-E sieht deshalb vor, dass das Strafgericht
in diesen in § 395 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a, c, d und Nr. 2
StPO besonders herausgestellten Fällen von der Entschei-
dung über einen rechtzeitig gestellten Antrag des Verletzten
künftig nicht mehr im Beschlusswege absehen darf. Eine
Ablehnung des Antrags ist damit nurmehr möglich, wenn
der Antrag unzulässig oder unbegründet ist.
Zu einer wesentlichen Verzögerung des Strafprozesses wird
die Neuregelung nicht führen. Sie gilt zum einen nur für sol-
che Anträge, die vor Beginn der Hauptverhandlung bei Ge-
richt eingegangen sind. Die Regelung trägt damit den aus
der Praxis geäußerten Bedenken gegen eine Belastung des
Strafprozesses mit verspäteten und unzureichend vorberei-
teten Adhäsionsanträgen Rechnung (vgl. Rössner/Klaus,
ZRP 1998, 162). Für den Verletzten ist diese Einschränkung
zumutbar, weil er gemäß § 214 Abs. 1 StPO zuvor vom Ter-
min zu benachrichtigen ist.
Sie verpflichtet die Strafgerichte zum anderen nicht zur
Klärung komplizierter zivilrechtlicher Vorfragen, denn die
Regelung des § 406 Abs. 1 Satz 2 StPO bleibt unberührt.
Daher muss beispielsweise über die Höhe des Schmerzens-
gelds im Strafprozess nicht entschieden werden, weil sich
das Gericht auf ein Urteil über den Anspruchsgrund be-
schränken kann.
Auch komplizierte Regresslagen werden den Strafprozess
weiterhin nicht belasten: Soweit Regressansprüche gegen-
über Straftätern aufgrund spezieller Rechtsnormen (u. a.
§ 116 SGB X, § 5 OEG, § 81a BVG) auf die Sozialleis-
tungsträger oder auf Versicherungsunternehmen übergehen,
sind diese nach der Rechtsprechung einer Entscheidung im
Adhäsionsverfahren ohnehin nicht zugänglich (vgl. BGHSt
37, 320 [321]; OLG Koblenz, NJW 1999, 224). Besteht in-
soweit eine unklare Sachlage, kann das Strafgericht sich auf
den Erlass eines Teilurteils über den Schmerzensgeldan-
spruch beschränken.
Die Entscheidung über einen Schmerzensgeldanspruch wird
sich auf Grundlage von § 823 Abs. 2, § 847 BGB im Falle
einer Verurteilung des Angeklagten zumindest dem Grunde
nach ohne wesentliche Verzögerung des Strafverfahrens im-
mer herbeiführen lassen. Dies bietet sich umso eher an, als
der Anspruch auf ein Schmerzensgeld neben der Aus-
gleichsfunktion für den Verletzten – ebenso wie die Krimi-
nalstrafe – auch eine Genugtuungsfunktion zu erfüllen hat.
Zu Nummer 41 (§ 406 StPO)
Die derzeitige Fassung des § 406 Abs. 2 StPO stellt die
Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des zivilrecht-
lichen Erkenntnisses in das pflichtgemäße Ermessen des
Gerichts. Im Zivilprozess entscheidet demgegenüber das
Gericht gemäß den §§ 708 ff. ZPO grundsätzlich von Amts
wegen über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils; der
Verletzte wird dadurch bereits mit der Verkündung eines je-
den Endurteils mit vollstreckungsfähigem Inhalt mit einem
vollstreckbaren Titel versehen, auch wenn das Urteil nicht
sofort rechtskräftig geworden ist. In Anwendung dieser Vor-
schriften hat das Gericht zudem darüber zu befinden, ob die

vorläufige Vollstreckung und/oder deren Abwendung von
einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen ist.
Diese eher geringfügige Erleichterung des Verfahrens für
den Strafrichter führt zu einer gravierenden Schlechterstel-
lung des Verletzten im Adhäsionsverfahren gegenüber dem
Zivilprozess. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass die Ent-
scheidung entsprechend den Vorschriften der Zivilprozess-
ordnung für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist. Wie im
zivilrechtlichen Verfahren kann der Verletzte dadurch von
Amts wegen mit einem vollstreckbaren Titel versehen wer-
den.
Zu Nummer 42 (§ 407 StPO)
Zu Buchstabe a
Durch die Neufassung des § 407 Abs. 1 Satz 1 StPO wird
die Beschränkung des Strafbefehlsverfahrens auf Verfahren
vor dem Amtsgericht aufgehoben, so dass Strafbefehls-
anträge in allen geeigneten strafrechtlichen Verfahren, also
auch vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten ge-
stellt werden können. Gerade in Wirtschaftsstrafverfahren
oder Korruptionsverfahren kann ein Bedürfnis bestehen,
Strafbefehle – gegebenenfalls nur hinsichtlich einzelner An-
geschuldigter in einem Großverfahren – zu erlassen, um mit
der Einsparung einer Hauptverhandlung eine Entlastung zu
erreichen. Strafbefehle können demnach von den Landge-
richten u. a. dann erlassen werden, wenn die Staatsanwalt-
schaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Sa-
che dort anhängig macht (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG) oder
in den Fällen des § 408 a StPO im Hauptverfahren, wenn
eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich erachtet wird.
Die oben angesprochenen Verfahren in Wirtschafts- und
Korruptionssachen können von besonderer Bedeutung sein,
wenn sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen aus der
Masse der durchschnittlichen Strafsachen nach oben heraus-
ragen, was jeweils im Einzelfall zu beurteilen und entschei-
den ist. Unabhängig davon können die Landgerichte Straf-
befehle bei Vorliegen eines Zusammenhangs auch gegen
einzelne Personen erlassen, wenn hinsichtlich anderer An-
klage beim Landgericht erhoben wird.
Das Strafbefehlsverfahren kann auch geeignet sein für Ver-
fahren, die trotz eines geringen Schuldgehalts zwingend vor
der Staatsschutzkammer (vgl. § 74a GVG) oder gar vor den
Oberlandesgerichten (vgl. § 120 GVG) verhandelt werden
müssen.
Wird gegen einen vom Landgericht oder Oberlandesgericht
erlassenen Strafbefehl Einspruch eingelegt, so sind in der
Hauptverhandlung nach § 411 Abs. 2 Satz 2 StPO die Ver-
fahrensvereinfachungen des § 420 Abs. 1 bis 3 StPO anzu-
wenden. Das förmliche Beweisantragsrecht bleibt aber er-
halten, weil § 420 Abs. 4 StPO nur im Verfahren vor dem
Strafrichter gilt.
Zu Buchstabe b
Vorgesehen ist weiter, dass Freiheitsstrafen bis zu zwei Jah-
ren – statt bisher nur einem Jahr –, die zur Bewährung aus-
gesetzt werden, durch Strafbefehl verhängt werden können.
Insbesondere, aber nicht nur in Wirtschaftsstrafverfahren
kann dies zu einer spürbaren Entlastung führen. Hohe Be-
währungsstrafen sind in Wirtschaftsstrafverfahren nicht un-
üblich, auch wenn sie vor dem Landgericht verhandelt wer-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31 – Drucksache 15/999

den. Die Regelung, wonach ohne einen Verteidiger eine
Freiheitsstrafe im Strafbefehlsverfahren nicht verhängt wer-
den darf, bleibt unverändert.
Zu Nummer 43 (§ 408 StPO)
Der bisher geltende § 408 Abs. 1 StPO ist durch das Gesetz
zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993
(BGBl. I S. 50) obsolet geworden, denn nach der Änderung
des § 25 GVG ist, da eine höhere Freiheitsstrafe als zwei
Jahre im Strafbefehlsverfahren nicht möglich ist, das Schöf-
fengericht stets unzuständig.
Die Neufassung des § 408 Abs. 1 StPO erstreckt sich dem-
gegenüber auf sämtliche Gerichte und lehnt sich weitgehend
an § 209 StPO an, der die Frage der Eröffnungszuständig-
keit regelt. Angesichts der – jedenfalls außerhalb des § 408a
StPO – bestehenden generellen Unzuständigkeit des Schöf-
fengerichts erfasst die Bestimmung das Verhältnis zwischen
Amtsgericht (Strafrichter), Landgericht und Oberlandesge-
richt. Die Vorschrift übernimmt die bereits in der bisherigen
Fassung des § 408 Abs. 1 StPO normierte Bindungswirkung
sowie die Möglichkeit der Anfechtung durch sofortige Be-
schwerde der Staatsanwaltschaft. Sie fügt sich insoweit
nahtlos in das System der Strafprozessordnung ein. Mit der
Bezugnahme auf den jeweiligen Bezirk wird deutlich ge-
macht, dass die Frage der örtlichen Zuständigkeit, die sich
nach den allgemeinen Vorschriften beurteilt, nicht berührt
ist.
Die entsprechende Anwendbarkeit des § 209a StPO ist not-
wendig, um die bereits bestehende Rangfolge von Spruch-
körpern auch für das Strafbefehlsverfahren zu erschließen.
Zu Nummer 44 (§ 408a StPO)
Zu Buchstabe a
Zu Doppelbuchstabe aa
Durch die Streichung der Worte „in Verfahren vor dem
Strafrichter und dem Schöffengericht“ in § 408a Abs. 1
Satz 1 StPO wird sichergestellt, dass das Strafbefehlsver-
fahren auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens vor den
Landgerichten und den Oberlandesgerichten Anwendung
finden kann.
Neben dem Anwendungsbereich im erstinstanzlichen Ver-
fahren kommt hinzu, dass künftig zusätzlich in der Beru-
fungsinstanz vor den Landgerichten der Erlass eines Straf-
befehls möglich ist. Auch in diesem Stadium kann es
sinnvoll sein, nach § 408a StPO zu verfahren, wenn der An-
geklagte etwa freigesprochen wurde und in der Berufungs-
verhandlung nicht erscheint, z. B. weil er sich außer Landes
befindet.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafbefehlsverfahrens, das
nach einem Einspruch des Angeschuldigten eine Überprü-
fung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in öffentlicher
Hauptverhandlung vorsieht, kann der Erlass eines Strafbe-
fehls durch ein Revisionsgericht nicht in Frage kommen, da
eine derartige Verhandlung der Sache im Revisionsrechts-
zug ausgeschlossen ist. Demzufolge ist die Anwendbarkeit
des Strafbefehlsverfahrens auf die Tatsacheninstanzen zu
beschränken. Hierzu wurde die Regelung übernommen, die
in § 153a Abs. 2 Satz 1 StPO derzeitig noch existiert, durch
den Entwurf in § 153a Abs. 2 Satz 1 StPO allerdings gestri-

chen werden soll. Die Staatsanwaltschaft kann demnach nur
bis zum Ende der Hauptverhandlung der letzten Tatsachen-
instanz einen Strafbefehlsantrag stellen.
Zu Doppelbuchstabe bb
Nach der derzeitig geltenden Rechtslage kann die Staatsan-
waltschaft nach Eröffnung des Hauptverfahrens einen Straf-
befehlsantrag stellen, der allerdings schriftlich gefasst sein
muss. Das führt in den Fällen, in denen in der Hauptver-
handlung sofort ein Antrag gestellt werden kann, zu unnöti-
gen Verzögerungen, da die Akten der Staatsanwaltschaft zur
Fertigung eines schriftlichen Strafbefehlsantrages zurückge-
sandt werden müssen, die ihrerseits sodann die Akten dem
Gericht zum Erlass des Strafbefehls wieder übersendet.
Die Neuregelung vermeidet diesen unnötigen Verwaltungs-
aufwand, führt zu einer Entlastung des nachgeordneten Per-
sonals und somit zu einer Beschleunigung des Verfahrens.
Der neu eingefügte Satz 2 bestimmt, dass in der Hauptver-
handlung nunmehr der Staatsanwalt bzw. der Sitzungsver-
treter der Staatsanwaltschaft einen Antrag mündlich stellen
kann, so dass eine schriftliche Ausformulierung entfällt. Ein
schriftlicher Strafbefehlsantrag ist in diesem Stadium auch
keineswegs mehr notwendig, da die Anklageschrift und der
Eröffnungsbeschluss bereits vorliegen, so dass die Tat aus-
reichend bezeichnet ist und Unklarheiten insoweit nicht auf-
treten können.
Die Kostenrechnung erfolgt in diesen Fällen nicht mit der
Zustellung des Strafbefehls, sondern erst durch die Staats-
anwaltschaft mit der Zahlungsaufforderung. In dem Straf-
befehl wird nur auf die üblichen Kosten verwiesen.
Zu Buchstabe b
Absatz 3 soll es ermöglichen, dass auch im beschleunigten
Verfahren auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft
ein Strafbefehl erlassen werden kann, wenn der Beschul-
digte in der Hauptverhandlung nicht erscheint oder der
Hauptverhandlung ein anderer wichtiger Grund entgegen-
steht. Bisher ist § 408a StPO auf das beschleunigte Verfah-
ren nicht anwendbar, weil die Vorschrift einen Eröffnungs-
beschluss voraussetzt, der im beschleunigten Verfahren
fehlt. Deshalb gilt § 408a Abs. 1 Satz 1 StPO nur „entspre-
chend“. Die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft, in diesen
Fällen ihren Antrag auf Entscheidung im beschleunigten
Verfahren zurückzunehmen und anschließend – außerhalb
der Hauptverhandlung – einen Strafbefehlsantrag zu stellen
(vgl. LR Gössel, StPO, 25. Auflage, Rn. 16 zu § 408a
StPO), bleibt von der Neuregelung unberührt. Die Ergän-
zung des § 408a StPO eröffnet der Staatsanwaltschaft und
dem Gericht jedoch eine zusätzliche Reaktionsmöglichkeit
in Ansehung der bisher häufig entgegenstehenden Ge-
schäftsverteilung.
Zu Nummer 45 (§ 418 StPO)
Durch die Neuregelung in Satz 2 wird eine Frist zwischen
dem Eingang des Antrags auf Entscheidung im beschleu-
nigten Verfahren und dem Beginn der Hauptverhandlung
bestimmt, um der gerichtlichen Praxis klare Vorgaben darü-
ber an die Hand zu geben, in welcher Zeitspanne ein Ver-
fahren als beschleunigtes Verfahren geführt werden soll.
Dadurch wird dem Beschleunigungsziel Rechnung getragen

Drucksache 15/999 – 32 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

und die Erwartung des Gesetzgebers (Bundestagsdruck-
sache 12/4859, S. 36) bekräftigt, dass praktische Anwen-
dungshemmnisse beseitigt und die personellen, organisa-
torischen und technischen Voraussetzungen geschaffen
werden, die eine kurzfristige Erledigung im beschleunigten
Verfahren ermöglichen. Die Frist von sechs Wochen ist
andererseits lang genug bemessen, um den Verhältnissen
gerade bei Großstadtgerichten hinreichend Rechnung zu
tragen und nicht die Gefahr zu begründen, dass der An-
wendungsbereich des beschleunigten Verfahrens beträcht-
liche Einbußen erleidet. Als Sollvorschrift ist sie flexibel
genug, um das beschleunigte Verfahren nicht an einer Frist-
überschreitung aus nicht vorhersehbaren das Verfahren ver-
zögernden Ereignissen scheitern zu lassen.
Zu Nummer 46 (§ 419 StPO)
Vorgesehen ist, dass künftig im beschleunigten Verfahren
Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren – statt bisher nur einem
Jahr – verhängt werden können. Dies soll dazu führen, dem
beschleunigten Verfahren einen breiteren Anwendungsbe-
reich zu geben. § 418 Abs. 4 StPO, wonach ein Verteidiger
bestellt wird, wenn im beschleunigten Verfahren eine Frei-
heitsstrafe von mindestens sechs Monaten zu erwarten ist,
bleibt unverändert.
Zu Nummer 47 (§ 462a StPO)
Folgeänderung zur Änderung von § 354 StPO.
Zu Nummer 48 (§ 473 StPO)
Diese Ergänzung stellt klar, dass auch ein Fall von § 354
Abs. 2 oder Abs. 3 unter § 473 Abs. 4 Satz 1 und 2 fallen
kann. Im Übrigen wird der Anwendungsbereich des § 473
Abs. 4 StPO nicht geändert; es verbleibt etwa bei dem Vor-
rang des § 467 StPO, sofern die Norm einschlägig ist.

Zu Artikel 3 (Änderung des Bundeszentral-
registergesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 45 BZRG)
Zu Buchstabe a
Der Entwurf hält an dem Grundsatz fest, dass Eintragungen
im Bundeszentralregister nach Ablauf einer bestimmten, in
§ 46 BZRG im Einzelnen festgelegten Tilgungsfrist getilgt
werden (§ 45 Abs. 1). Allerdings soll künftig jede während
der Tilgungsfrist begangene neue Straftat, sofern sie zu
einer Eintragung im Bundeszentralregister führt, die Til-
gung hemmen können, während bisher insoweit auf den Tag
des ersten Urteils abgestellt wurde. Da die Eintragung einer
neuen Verurteilung deren Rechtskraft voraussetzt, die til-
gungshemmende Wirkung jedoch auf den Tatzeitpunkt zu-
rückwirken soll, bedarf es verfahrensmäßiger Vorkehrun-
gen, um die zwischenzeitliche Entfernung einer Eintragung
aus dem Register zu verhindern. § 45 Abs. 2 Satz 1
BZRG-E verlängert die „Überliegefrist“, also den Zeitraum
zwischen Ablauf der Tilgungsfrist und der tatsächlichen
Entfernung aus dem Register von einem auf zwei Jahre und
trägt dadurch der dargestellten weitergehenden Rückwir-
kung der Tilgungshemmung Rechnung.

Zu den Buchstaben b und c
Die Regelung ergänzt die in § 52 Abs. 2 Satz 1 BZRG-E
vorgesehene Ausnahme vom Verwertungsverbot bezüg-
lich getilgter oder tilgungsreifer Eintragungen. § 45 Abs. 2
Satz 2 BZRG-E durchbricht das bisher ausnahmslos beste-
hende Auskunftsverbot während der Überliegefrist und
stellt sicher, dass die zuständigen Strafverfolgungsbehörden
während der Überliegefrist Kenntnis von den noch nicht aus
dem Register entfernten Eintragungen erhalten und so in die
Lage versetzt werden, verwertbare Eintragungen auch tat-
sächlich zu verwerten. Mit dem Hinweis auf die Tilgungs-
reife in § 45 Abs. 2 Satz 3 BZRG-E wird deutlich gemacht,
dass die Eintragung nur unter den in § 52 Abs. 2 Satz 1
BZRG-E genannten Voraussetzungen verwertbar ist.
Zu Nummer 2 (§ 47 BZRG)
Die Regelung bewirkt, dass die tilgungshemmende Wirkung
einer neuen Eintragung während der Überliegefrist des § 45
Abs. 2 Satz 1 vom Zeitpunkt der der Eintragung zugrunde
liegenden (letzten) Tat abhängt, nicht wie bisher (vgl.
BGHSt 25, 19; Rebmann/Uhlig, BZRG, § 45 Rn. 10) vom
Beginn der Tilgungsfrist für die neue Eintragung, sprich
(gemäß § 47 Abs. 1, § 36 BZRG) vom Tag des ersten Ur-
teils. Dies mindert – verbunden mit der Verlängerung der
Überliegefrist – den im geltenden Recht angelegten Anreiz,
Verfahren zum Zwecke der Herbeiführung der Tilgung frü-
herer Eintragungen zu verzögern. Mit dem Zeitpunkt der
(letzten) Tat stellt der Entwurf auf ein bereits jetzt zur Ein-
tragung mitzuteilendes Datum (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BZRG) ab.
Zu Nummer 3 (§ 50 BZRG)
Die Neufassung vervollständigt die in § 45 Abs. 2 und § 47
Abs. 3 BZRG-E vorgesehenen Regelungen. In den eher we-
nigen, angesichts der möglicherweise späten Entdeckung
von Straftaten und etwaiger Verfahrensdauern aber auch
nicht zu vernachlässigenden Fällen, in denen noch nach Ab-
lauf der Überliegefrist und damit nach Entfernung einer
Eintragung aus dem Register durch die spätere Eintragung
einer rechtskräftigen Entscheidung eine während der Til-
gungsfrist begangene Tat offenbar wird, soll die bereits aus
dem Register entfernte Eintragung wieder aufgenommen
werden. Auf diese Weise wird – mit Ausnahme von Fällen
der Verfolgungsverjährung – die tilgungshemmende Wir-
kung einer neuen Tat letztlich in jedem Fall unabhängig von
der Verfahrensdauer wirksam.
Zu Nummer 4 (§ 52 BZRG)
Die Regelung durchbricht das mit Tilgungsreife einsetzende
Verwertungsverbot für die Verfolgung und Ahndung von
Taten, die während der Tilgungsfrist begangen worden sind.
Dadurch wird die sachgemäße Verfolgung und Ahndung
solcher Taten ermöglicht. Der Umstand, dass die Tat vor
Ablauf der Tilgungsfrist begangen wurde, legt es nämlich
nahe, die frühere Eintragung durchaus noch in einer rele-
vanten Nähe zu der Tat zu sehen und es den zuständigen
Stellen zu ermöglichen, die Eintragung bei der Verfolgung
und Ahndung der neuen Tat noch zu verwerten.
Zu Artikel 4 (Änderung der Grundbuchordnung)
Grundbuchbewilligungen mancher Banken und Versiche-
rungen sind wegen der zugrunde liegenden Vollmachtsket-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33 – Drucksache 15/999

ten teilweise sehr lang und für den Rechtspfleger kaum
mehr nachzuvollziehen. Eine Vertretungsbescheinigung des
Notars im Eintragungsverfahren kann Grundbuchakten und
Rechtspfleger zuverlässig und dauerhaft entlasten. Zur Akte
genommen werden müssen nur mehr die Bewilligung selbst
samt Bescheinigung des Notars; von der Prüfung der Vertre-
tungsberechtigung wird der Rechtspfleger entbunden.
Bereits nach geltendem Recht können Notare per Rechts-
gutachten die Vertretungsmacht im Eintragungsverfahren
bescheinigen. Es handelt sich insoweit um Betreuung auf
dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege, § 24 Abs. 1 Satz 1
BNotO. Eine solche Bescheinigung genügt jedoch für § 29
Abs. 1 Satz 1 GBO nicht, da hier die Vertretungsmacht
durch öffentliche Urkunde nachgewiesen werden muss.
Eine Ausnahme besteht nur im Zusammenspiel mit § 32
GBO: Dieser sieht für gewisse Gesellschaften eine Erleich-
terung vor, indem das Zeugnis des Registergerichts über die
Eintragung für den Nachweis genügt; die Vertretungsbe-
scheinigung des Notars ist in ihrem Beweiswert diesem
Zeugnis gleichgestellt, wenn sie sich auf eine Eintragung im
Handelsregister oder in einem ähnlichen Register stützt
(§ 21 Abs. 1 Nr. 1 BNotO).
In allen anderen Fällen muss die Vertretungsmacht durch
öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. Eine Vertre-
tungsbescheinigung außerhalb des § 21 BNotO ist zwar
nach der Definition des § 415 Abs. 1 ZPO eine öffentliche
Urkunde. Ihr kommt jedoch nicht die besondere Beweis-
kraft des § 415 Abs. 1 a. E. ZPO zu, da sie nicht über Erklä-
rungen oder Tatsachen errichtet ist, sondern ein Rechtsgut-
achten enthält.
Daher muss man die allgemeine Vertretungsbescheinigung
des Notars mit der Beweiswirkung einer öffentlichen Ur-
kunde über Erklärungen oder Tatsachen ausstatten, wenn sie
im Eintragungsverfahren Anwendung finden soll. Hierzu
wird ein neuer § 32a GBO vorgeschlagen. Durch die Veran-
kerung in der Grundbuchordnung wird diese starke Wirkung
einer notariellen Vertretungsbescheinigung auf das Grund-
buchverfahren beschränkt.
Zu Artikel 5 (Änderung der Bundesgebührenord-

nung für Rechtsanwälte)
Bei der Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechts-
anwälte handelt es sich um Folgeänderungen aus der mit der
Neuregelung in § 141 Abs. 4 Satz 2 StPO erstmals vorgese-
henen Möglichkeit einer Bestellung eines Rechtsanwalts als
Verteidiger durch die Staatsanwaltschaft bzw. den General-
bundesanwalt. Wird der Rechtsanwalt nicht durch das Ge-
richt, sondern durch die Staatsanwaltschaft bestellt, so soll
er ebenso, wie wenn er vom Gericht als Verteidiger bestellt
worden wäre, die in den §§ 97, 98 bis 101, 103 BRAGO ge-
nannten Gebühren erhalten.
Zu Artikel 6 (Änderung des Wohnungseigentums-

gesetzes)
Der Beschwerdewert in Wohnungseigentumssachen (§ 45
Abs. 1 WEG), der an der Herabsetzung, die die Berufungs-
summe durch das Zivilprozessreformgesetz erfahren hat,
nicht beteiligt war, soll auch weiterhin von der Berufungs-
summe unabhängig bleiben. Er wird von 750 Euro auf
1 000 Euro angehoben.

Zu Artikel 7 (Änderung des Handelsgesetzbuches)
Zu Nummer 1 (§ 9a HGB)
Die Änderung erstreckt das automatisierte Abrufverfahren
auf alle Eintragungen und sonstigen zum Handelsregister
eingereichten Schriftstücke, die nach § 9 Abs. 1 HGB dem
Einsichtsrecht unterliegen. Auf diese Weise werden dem
Online-Abrufverfahren alle wesentlichen Daten und Infor-
mationen des Handelsregisters eröffnet. Einsichtnehmende
sind, soweit ein Online-Abruf technisch möglich ist, nicht
mehr darauf angewiesen, die Einsicht in das Handelsregister
vor Ort in den Räumen des Registergerichtes vorzunehmen.
Die Erweiterung des Umfangs des automatisierten Ab-
rufverfahrens entspricht einer seit langem erhobenen Forde-
rung des Bundesrates (zuletzt Bundesratsdrucksache 339/01
(Beschluss)).
Gegenwärtig können nach § 9a Abs. 1 HGB neben den Ein-
tragungen in das Register nur die aktuellen Gesellschafter-
listen und die jeweils gültigen Satzungen im automatisierten
Abrufverfahren eingesehen werden. Nicht erfasst sind ins-
besondere Jahresabschlüsse, die zum Handelsregister einge-
reicht werden müssen. Gerade die Jahresabschlüsse werden
jedoch von den unterschiedlichsten Stellen im Rahmen des
allgemeinen Geschäftsverkehrs häufig benötigt. Die Ein-
beziehung auch dieser Dokumente in das automatisierte
Abrufverfahren vereinfacht den Zugang zum Register und
führt damit auch zu einer Arbeitserleichterung für die Re-
gistergerichte. Der unmittelbare Abruf aller dem Einsichts-
recht nach § 9 Abs. 1 HGB unterliegenden Daten bei den
Registergerichten gewährleistet die inhaltliche Richtigkeit
und Vollständigkeit der Daten.
Derzeit wird auf europäischer Ebene eine Richtlinie des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der
Richtlinie 68/151/EWG in Bezug auf die Offenlegungs-
pflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen vor-
bereitet (sog. Publizitätsrichtlinie – SLIM IV). Im Zuge die-
ser Richtlinie werden die Länder spätestens ab 1. Januar
2007 verpflichtet sein, umfassend die zum Handelsregister
eingereichten Unterlagen jeweils in elektronischer Form
entgegenzunehmen, zu archivieren und auch für die On-
line-Einsicht bereitzustellen. Die zwingenden europarecht-
lichen Vorgaben und Fristen können überhaupt nur dann
eingehalten werden, wenn die Länder bereits jetzt die Vor-
aussetzungen dafür schaffen. Die Anpassung des § 9a HGB
bietet die hierfür erforderliche Rechtssicherheit.
Zu Nummer 2 (§ 106 HGB)
Nach § 106 Abs. 2 Nr. 3 HGB ist bei der Anmeldung einer
offenen Handelsgesellschaft zum Handelsregister der Zeit-
punkt, zu welchem die Gesellschaft begonnen hat, anzumel-
den. Diese Bestimmung korrespondiert mit § 123 Abs. 2
HGB, wonach die offene Handelsgesellschaft schon vor der
Eintragung wirksam entsteht, wenn sie ihre Geschäfte be-
gonnen hat, soweit sich nicht aus § 2 oder § 105 Abs. 2
HGB etwas anderes ergibt. Die Eintragung eines früheren
Beginnzeitpunkts für die offene Handelsgesellschaft bereitet
jedoch im Registerverfahren Schwierigkeiten. Das Register-
gericht hat in diesem Fall zu prüfen, ob die OHG tatsächlich
schon zu einem früheren Zeitpunkt ihre Geschäfte aufge-
nommen hat, also als kaufmännischer Betrieb geführt
wurde. Hierzu ist die Zuleitung an die IHK, Beantwortung

Drucksache 15/999 – 34 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

nicht einfacher Fragebögen etc. erforderlich. Dies führt häu-
fig zu erheblichen Verzögerungen des Eintragungsverfah-
rens.
Auf die Eintragung des Beginndatums in das Handelsregis-
ter kann verzichtet werden. Diese Eintragung hat lediglich
deklaratorische Bedeutung. Dem Rechtsverkehr und der Ge-
sellschaft steht es weiter offen, einen früheren Beginnzeit-
punkt nach § 123 Abs. 2 HGB zu behaupten und nachzu-
weisen. Allerdings kommt dem Rechtsverkehr nicht länger
die mit der Eintragung des früheren Beginndatums verbun-
dene Vermutung des § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB zu Gute.
Bei der Eintragung des Beginndatums nach § 126 Abs. 2
Nr. 3 HGB handelt es sich um eine Irregularität, da Eintra-
gungen in das Handelsregister nur über den Ist-Zustand
Auskunft geben und nicht über die Historie. So wird auch
bei einem Eintritt eines neuen Gesellschafters in die OHG
nur diese Tatsache eingetragen, nicht aber auch das frühere
Datum, zu dem dieser Eintritt vollzogen wurde.
Beim EDV-Register führt die Eintragung des Beginnzeit-
punkts zu weiteren Schwierigkeiten. Es wird nämlich der Be-
ginn der „Gesellschaft“ eingetragen. Findet später ein Wech-
sel von der OHG zur KG oder von der KG zur OHG statt,
wird keine Eintragung eines neuen Datums verlautbart. Dies
kann bei aktuellen Ausdrucken, bei denen der neue Gesell-
schaftstyp eingetragen ist, zu einemMissverständnis führen,
wenn daneben als Beginn der Gesellschaft der Beginn der ur-
sprünglichen Gesellschaftsform verlautbart wird.

Zu Artikel 8 (Änderung des Aktiengesetzes)
Die vorgeschlagenen Änderungen dienen der Deregulierung
und Reduktion von Vorschriften bei der Bekanntmachung
von Handelsregistereintragungen. Es handelt sich um Vor-
schriften, die über die eigentliche Handelsregistereintra-
gung, die nach § 10 HGB bekannt gemacht wird, hinaus-
gehen. Diese zusätzlichen Bekanntmachungen sind für
betroffene Unternehmen oft kostspielig und bei der Bearbei-
tung in den Registergerichten teilweise aufwändig und zeit-
intensiv. Die aufzuhebenden Vorschriften sind im Interesse
des Rechtsverkehrs nicht notwendig.
Zu Nummer 1 (§ 40 AktG)
Nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG ist
die Zahl der Vorstandsmitglieder oder die Regel, nach der
diese Zahl festgelegt wird, bekannt zu machen. Nach § 40
Abs. 1 Nr. 1 AktG sind zusätzlich auch noch die Bestim-
mungen der Satzung über die Zusammensetzung des Vor-
standes bekannt zu machen. Aufgrund der bestehenden Pra-
xis der Satzungen, nach der die Zusammensetzung des
Vorstandes vom Aufsichtsrat festgelegt wird, sind solche
Bekanntmachungen nichtssagend. An ihrer Bekanntma-
chung besteht kein Interesse.
§ 40 Abs. 2 AktG sieht eine Bekanntmachung des Inhalts
vor, dass die mit der Anmeldung eingereichten Schriftstü-
cke, namentlich die Prüfungsberichte der Mitglieder des
Vorstandes und des Aufsichtsrates sowie der Gründungsprü-
fer, bei dem Gericht eingesehen werden können. Diese Be-
kanntmachung enthält eine ohnehin bekannte Tatsache, vgl.
§ 9 Abs. 1 HGB. Auf den nochmaligen Hinweis durch die
Bekanntmachung kann verzichtet werden.

Zu Nummer 2 (§ 196 AktG)
Die Bekanntmachung nach § 196 AktG bei einer bedingten
Kapitalerhöhung muss zusätzlich die in § 193 Abs. 2 AktG
enthaltenen Angaben enthalten. Dabei handelt es sich insbe-
sondere in den Fällen des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG oft um
sehr umfangreiche und komplizierte Angaben über den In-
halt der Konditionen. Dies lässt die Veröffentlichung kost-
spielig werden. Andererseits sind diese Angaben im We-
sentlichen schon mit der Ladung zur Hauptversammlung
bekannt gemacht (§§ 121, 124 AktG). Die Unterlagen las-
sen sich außerdem beim Registergericht einsehen. Eine
nochmalige Bekanntmachung ist daher verzichtbar. Um den
genauen Inhalt der Konditionen festzustellen, ist in der Re-
gel ohnehin eine Einsicht beim Registergericht erforderlich,
da eine Bekanntmachung häufig nur eine Zusammenfassung
enthalten kann.
Zu Artikel 9 (Änderung des Strafgesetzbuches)
Mit der vorgeschlagenen Änderung von § 7 StGB soll das
Verfahren zur Klärung der Anwendbarkeit deutschen Straf-
rechts in den Fällen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB, der in der
Praxis immer mehr Relevanz gewinnt, vereinfacht und ge-
strafft werden. Die Änderung zielt darauf ab, dass unökono-
mischer Verfahrensaufwand vermieden und dem Gebot ef-
fektiver Strafverfolgung besser entsprochen werden kann.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist deutsches Strafrecht auf von
Ausländern zum Nachteil von Ausländern im Ausland be-
gangene Straftaten bei Vorliegen der weiteren Voraussetzun-
gen dann anwendbar, wenn der Täter im Inland betroffen
wird und, obwohl die Auslieferung zulässig ist, nicht ausge-
liefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt
oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar
ist. Probleme bereiten in der Praxis die Fälle, in denen die
Auslieferung grundsätzlich in Betracht kommt und die nicht
nur theoretische Möglichkeit besteht, dass die Behörden ei-
nes ausländischen Staates um Auslieferung nachsuchen wer-
den. Dann ist das deutsche Strafrecht – jedenfalls zurzeit –
nicht anwendbar (BGHSt 18, 283/287; Tröndle/Fischer,
StGB, 51. Auflage, § 7 Rn. 11). Die Problematik stellt sich
insbesondere im Zusammenhang mit internationalen Kraft-
fahrzeugverschiebungen. Vermehrt kommt es vor, dass an
der Grenze Kraftfahrzeuge sichergestellt werden, die als im
Ausland gestohlen gemeldet sind. Von den deutschen Behör-
den ist dann zu klären, ob der Tatortstaat bzw. die Tatortstaa-
ten, gegebenenfalls auch der Heimatstaat des Verfolgten
(BGH NStZ 1985, 545), um Auslieferung ersuchen.
Unter verfahrensökonomischen Aspekten sowie im Hinblick
auf das Gebot effektiver Strafverfolgung ist es geboten, die
Anwendbarkeit deutschen Strafrechts möglichst rasch zu
klären. Dies gilt namentlich auch deswegen, weil sich regel-
mäßig die Haftfrage stellt. Der Verfolgte kann im Geltungs-
bereich des Europäischen Auslieferungsübereinkommens
bis zu vierzig Tage, im Übrigen bis zu zwei Monate in Haft
gehalten werden (§ 16 Abs. 2 IRG). Steht die Verfolgbarkeit
bis dahin nicht fest, ist er auf freien Fuß zu setzen. Stellt sich
nachträglich heraus, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2
Nr. 2 StGB vorliegen, sind die Strafverfolgungsbehörden
u. U. gehalten, Ermittlungen zur Ergreifung des Täters
durchzuführen. Dies erscheint nicht vertretbar. Vor diesem
Hintergrund ist die Praxis zum Teil dazu übergegangen, die
Anfrage an den ersuchten Staat bzw. die Staaten mit einer

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35 – Drucksache 15/999

Frist zu versehen, nach deren Ablauf davon ausgegangen
wird, dass ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt wird.
Diese Verfahrensweise hat sich in der Vergangenheit be-
währt; zu Schwierigkeiten ist es nicht gekommen.
Durch die Einfügung des Begriffs der „angemessenen Frist“
in § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB soll dem geschilderten Verfahren
eine klare Rechtsgrundlage verliehen werden. Zugleich will
der Entwurf der staatsanwaltschaftlichen Praxis einen Im-
puls geben, in dieser Weise vorzugehen.
Hinsichtlich der Ausgestaltung hat der Entwurf eine flexible
Regelung gewählt. Die Vorgabe einer festen Zeitgrenze kam
nicht in Betracht. Die Frist wird vielmehr nach den Umstän-
den des Einzelfalls, namentlich nach den Gepflogenheiten
im Verkehr mit den jeweiligen Staaten zu bemessen sein. In
der Praxis hat sich eine Fristsetzung von ca. drei Wochen
bewährt.
Die vorgeschlagene Ergänzung betrifft nur die Anwendbar-
keit deutschen Strafrechts. Sie lässt die rechtshilferecht-
lichen Zulässigkeiten eines Auslieferungsersuchens unbe-
rührt. Auswirkungen hat die Regelung nur insoweit, als bei
Anwendbarkeit deutschen Strafrechts durch die Strafver-
folgungsbehörden der Bundesrepublik Deutschland Straf-
verfahren eingeleitet werden können bzw. müssen, die
Deutschland berechtigen, eine Auslieferung des Verfolgten
abzulehnen (vgl. etwa Artikel 8 EurAusÜbK; ferner Arti-
kel 9 EurAusÜbK – ne bis in idem). Eine Verpflichtung zur
Ablehnung der Auslieferung ist damit nicht verbunden.
Einem etwaigen Auslieferungsbegehren kann auch nach
Ablauf einer gesetzten Frist unter Anwendung des § 154b
StPO nachgekommen werden. Dass es aufgrund der vorge-
schlagenen Regelung nicht zu Mehrbelastungen der deut-
schen Strafrechtspflege kommt, ist aufgrund allgemeiner
Grundsätze gewährleistet (vgl. etwa § 153c StPO).
Zu Artikel 10 (Änderung des Jugendgerichts-

gesetzes)
Zu den Nummern 1 und 3 (Inhaltsübersicht und § 49 JGG)
Zur Angleichung an die Neufassung von § 59 Abs. 1 und
§ 79 StPO, die über die Generalverweisung des § 2 JGG
künftig auch im Jugendstrafverfahren zur Anwendung ge-
langen, wird § 49 JGG aufgehoben.
Zu Nummer 2 (§ 33b JGG)
In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Jugend-
schöffengerichts entscheidet die Große Jugendkammer in
der Besetzung mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen,
§ 33b Abs. 1 JGG. Diese Regelung ist – vor allem bei knap-
pen Personalressourcen – nicht zwingend geboten. Eine
Fülle von Berufungsverfahren wird in der Besetzung mit
dem Vorsitzenden und einem weiteren Berufsrichter als Be-
richterstatter angemessen und sachgerecht geführt werden
können, ohne dass die Interessen der Verfahrensbeteiligten
Schaden leiden. In solchen Fällen wird der dritte Berufsrich-
ter nicht oder nur wenig gefordert sein, so dass auf seine
Mitwirkung verzichtet und die frei gewordene Arbeitskraft
sinnvoller eingesetzt werden kann. Der Entwurf sieht daher
eine den Regelungen von § 76 Abs. 2 GVG, § 33b Abs. 2
JGG entsprechende Bestimmung vor, wonach es in die Ent-
scheidung der Kammer gestellt wird, ob sie in der Beset-
zung mit zwei oder drei Berufsrichtern die Verhandlung

führen will. Maßgebend für diese Entscheidung soll es sein,
ob nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die
Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Zu Nummer 4 (§ 78 JGG)
Durch die Verweisung auf § 230 Abs. 2 StPO eröffnet diese
Vorschrift dem Richter auch im Jugendverfahren gemäß
§ 76 JGG die Möglichkeit, die Vorführung anzuordnen oder
Haftbefehl zu erlassen, wenn der Jugendliche unentschul-
digt zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Nach
wohl herrschender Meinung (vgl. Eisenberg, JGG, 9. Auf-
lage 2002, Rn. 21 zu den §§ 76 bis 78) besteht diese Mög-
lichkeit nach geltender Rechtslage nicht, da die mündliche
Verhandlung im vereinfachten Jugendverfahren keine
Hauptverhandlung im Sinne von § 226 StPO darstellt. Die
Einführung dieser Möglichkeit lässt eine erweiterte Anwen-
dung des vereinfachten Jugendverfahrens zu und dient der
Verfahrensbeschleunigung.
Zu Nummer 5 (§ 109 JGG)
Durch die vorgeschlagene Einfügung der §§ 76 bis 78 soll
der Anwendungsbereich des vereinfachten Jugendverfah-
rens für den Fall auf Heranwachsende ausgedehnt werden,
dass noch Jugendstrafrecht Anwendung findet. Die erfor-
derliche Prognoseentscheidung ist dem Jugendstrafrecht
nicht fremd; auch in den anderen in § 109 Abs. 2 JGG auf-
geführten Fällen muss sie getroffen werden. Die Ausdeh-
nung des Anwendungsbereichs des vereinfachten Jugend-
verfahrens auf Heranwachsende hat den Vorteil, dass bei
den oftmals als Mittäter auftretenden Jugendlichen und
Heranwachsenden die gleiche Verfahrensart zur Verfügung
steht.

Zu Artikel 11 (Änderung des Gesetzes über Ord-
nungswidrigkeiten)

Zu Nummer 1 (§ 48 OWiG)
§ 48 Abs. 1 OWiG wird zur Angleichung an die Neufassung
von § 59 Abs. 1 und § 79 StPO, die über die Generalverwei-
sung des § 46 OWiG künftig auch im Bußgeldverfahren zur
Anwendung gelangen, aufgehoben.
Zu Nummer 2 (§ 77b OWiG)
Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Anhebung der
Wertgrenzen in den §§ 79 und 80 OWiG, mit der insbeson-
dere eine Entlastung der Amtsgerichte erreicht werden soll.
Zu Nummer 3 (§ 79 OWiG)
Zu Buchstabe a
Die Wertgrenzen für die Einlegung von Rechtsmitteln wer-
den verdoppelt. Nach der Anhebung der Wertgrenze in § 79
Nr. 1 von 250 Euro auf 500 Euro soll in Zukunft bei den mas-
senhaft auftretenden fahrlässigen Verkehrsverstößen, die
nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 OWiG nur mit einer Geldbuße
bis zu 500 Euro geahndet werden können, keine Rechtsbe-
schwerde mehr zulässig sein. Mit der Anhebung der Wert-
grenze auf 500 Euro wird die Entwicklung zur Anpassung
der Beschwerdesumme in den Ordnungswidrigkeitenverfah-
ren an die Beschwerdesumme in den Verfahren anderer Ge-
richtsbarkeiten, insbesondere der Zivilgerichtsbarkeit und

Drucksache 15/999 – 36 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

der Arbeitsgerichtsbarkeit (§ 511 ZPO, § 64 ArbGG: jeweils
600 Euro), weiter fortgesetzt.
Außerdem soll der Betroffene sich bei einem Fahrverbot
von bis zu einem Monat mit der Entscheidung einer gericht-
lichen Instanz zufrieden geben. Diese Einschränkung für die
Betroffenen erscheint zumutbar. Insbesondere durch die er-
folgte Neuregelung in § 25 Abs. 2a StVG sind die fakti-
schen Auswirkungen eines Fahrverbots von einem Monat
auf den Beruf und das Privatleben des Betroffenen erheblich
abgemildert worden. Der Betroffene hat danach in der Regel
4 Monate Zeit, um entsprechende berufliche oder private or-
ganisatorische Maßnahmen zu treffen, um die Auswirkun-
gen des Fahrverbotes zu begrenzen.
Zu Buchstabe b
Folgeänderung zur Änderung von § 354 StPO.
Zu Nummer 4 (§ 80 OWiG)
Die Wertgrenzen für die Zulassungsbeschwerde werden in
demselben Verhältnis wie in § 79 OWiG angehoben.
Zu Nummer 5 (§ 80a OWiG)
Die geänderte Vorschrift legt die durch das Gesetz zur Än-
derung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und ande-
rer Gesetze vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 156, 340; 1999
I S. 1237) erstmals eingeführte Einzelrichterbesetzung bei
den Bußgeldsenaten der Oberlandesgerichte in Umkehrung
der bisherigen Rechtslage als Regel, die Dreierbesetzung
hingegen als Ausnahme fest. Damit soll dem bereits mit der
genannten Gesetzesänderung angestrebten Ziel einer spür-
baren Entlastung der Oberlandesgerichte im Ordnungswid-
rigkeitenbereich zum Erfolg verholfen werden. Denn der
Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 28. Juli 1998 ent-
schieden, dass nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut in
Verfahren über Rechtsbeschwerden der Bußgeldsenat nach
wie vor in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet,
wenn in dem angefochtenen Urteil ein Fahrverbot verhängt
worden ist (vgl. BGHSt 44, 145). Da die Fahrverbotsfälle
aber gerade den Großteil der Rechtsbeschwerden ausma-
chen, ist durch diese Rechtsprechung das mit der Gesetzes-
änderung explizit verfolgte Ziel der nennenswerten Entlas-
tung der Oberlandesgerichte nicht erreicht worden. Der
Bundesgerichtshof hat allerdings in dem o. g. Beschluss
ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber, sollte er
auch die Entscheidung über ein Fahrverbot dem Einzelrich-
ter zuweisen wollen, dies durch eine einfach vorzuneh-
mende Gesetzesänderung mit einer Umdrehung des in § 80a
OWiG bislang enthaltenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses
zu Gunsten der Dreierbesetzung erreichen kann. Zwar
wurde in der genannten Novelle des Ordnungswidrigkeiten-
gesetzes vom 26. Januar 1998 entgegen den ursprünglichen
Bestrebungen, bei Fahrverboten von maximal einem Monat
Dauer das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu streichen,
unter Berufung auf den damit verbundenen, verhältnismäßig
schweren Eingriff die generelle Rechtsbeschwerdemöglich-
keit aufrechterhalten. Dies rechtfertigt aber nicht die
Schlussfolgerung, dass in diesen Fällen zwingend auch der
Senat in Dreierbesetzung zu entscheiden hat. Die Frage des
Zugangs zum Gericht ist von der Frage der Besetzung zu
trennen. Auch soll bei den Oberlandesgerichten zeitgemäß
verhandelt werden. Was ein Amtsrichter kann, muss auch

ein Richter am Oberlandesgericht können, nämlich eine
Entscheidung alleine treffen. Der gesamte Senat soll nur
noch in wirklich bedeutenden Fällen zusammentreten. Dies
wird künftig dann der Fall sein, wenn eine Geldbuße und/
oder eine vermögensrechtliche Nebenfolge festgesetzt oder
beantragt worden ist, deren Wert – allein oder zusammenge-
rechnet – fünftausend Euro übersteigt, oder wenn dem Senat
in der Besetzung mit drei Richtern die Entscheidung zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung der Rechtsein-
heitlichkeit übertragen worden ist. In Verfahren über die Zu-
lassung von Rechtsbeschwerden wird immer der Einzelrich-
ter entscheiden.
Zu den Nummern 6 und 7 (§§ 85, 87, 100 und 104 OWiG)
Es handelt sich um notwendige Anpassungen an die Ände-
rungen bei den §§ 79, 80 OWiG.

Zu Artikel 12 (Änderung des Straßenverkehrs-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 29 Abs. 4 StVG)
Es handelt sich um eine Folgeänderung zu § 29 Abs. 6
Satz 3 StVG-E.
Zu Nummer 2 (§ 29 Abs. 6 StVG)
Wie mit § 47 Abs. 3 Satz 2 BZRG-E für das Bundeszentral-
register wird mit der Einfügung von § 29 Abs. 6 Satz 3
StVG-E auch für den Bereich des Verkehrszentralregisters
für die tilgungshemmende Wirkung auf den Zeitpunkt der
der Eintragung zugrunde liegenden (letzten) Tat abgestellt
statt auf den Tag des ersten Urteils oder den Eintritt der Un-
anfechtbarkeit einer behördlichen Entscheidung. Die Ände-
rung von § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG ist eine Folgeänderung
der Einfügung von § 29 Abs. 6 Satz 3 StVG-E. § 29 Abs. 6
Satz 2 StVG bleibt unberührt.
Zu Nummer 3 (§ 29 Abs. 7 StVG)
Zu Buchstabe a
Die Überliegefrist wird von drei Monaten auf ein Jahr ver-
längert. Ergänzend wird auf die Begründung zu der ver-
gleichbaren Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 1 BZRG-E
Bezug genommen. Wie bisher bleiben mit Rücksicht auf
unterschiedliche Bedürfnisse unterschiedliche Überliege-
fristen im Bundeszentralregister und im Verkehrszentral-
register bestehen.
Zu den Buchstaben b und c
Die Regelungen ergänzen die in § 29 Abs. 8 Satz 1 StVG-E
vorgenommene Durchbrechung des Verwertungsverbots
durch eine Durchbrechung des bislang ausnahmslos beste-
henden Auskunftsverbots bezüglich tilgungsreifer Eintra-
gungen. Die Regelung entspricht der für das Bundes-
zentralregister getroffenen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3
BZRG-E). Die Begründung zu § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3
BZRG-E gilt entsprechend.
Zu Nummer 4 (§ 29 Abs. 8 StVG)
Die Regelung durchbricht ebenso wie beim Bundeszentral-
register das Verwertungsverbot hinsichtlich getilgter oder

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 37 – Drucksache 15/999

tilgungsreifer Eintragungen. Auf die Begründung zu § 52
Abs. 2 Satz 1 BZRG-E wird Bezug genommen.
Zu Artikel 13 (Änderung des Gesetzes zur Entlas-

tung der Rechtspflege)
Durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom
11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) wurden in § 76 Abs. 2
Satz 1 GVG und § 33b Abs. 2 Satz 1 JGG Möglichkeiten
der Besetzungsreduktion geschaffen. Ergänzt wurden die
Bestimmungen durch § 76 Abs. 2 Satz 2 GVG und § 33b
Abs. 2 Satz 2 JGG, die durch das Gesetz zur Verlängerung
der Besetzungsreduktion bei Strafkammern vom 19. De-
zember 2000 (BGBl. I S. 1756) eingefügt wurden und die
eine erneute Entscheidung über die Besetzungsreduktion
nach Zurückverweisung der Sache ermöglichen. Die Be-
fristung der genannten Bestimmungen ist immer wieder ver-
längert worden, zuletzt bis zum 31. Dezember 2004 durch
Artikel 24 OLGVertrÄndG vom 23. Juli 2002 (BGBl. I
S. 2850).
§ 76 Abs. 2 GVG und § 33b Abs. 2 JGG haben sich in der
Praxis bewährt. Ihr Außerkrafttreten durch Fristablauf
würde zu einer Mehrbelastung der Gerichte führen, die ver-
mieden werden muss. Die Befristung in Artikel 15 Abs. 2
des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege wird daher
insgesamt aufgehoben. Damit gelten auch die erst später
eingefügten § 76 Abs. 2 Satz 2 GVG und § 33b Abs. 2
Satz 2 JGG unbefristet.
Zugleich wird durch die Entfristung von § 76 Abs. 2 GVG
und § 33b Abs. 2 JGG erreicht, dass kein Widerspruch mehr

besteht zu der seit jeher unbefristet geltenden Parallelrege-
lung in § 122 Abs. 2 GVG. Letztere wurde durch das Ver-
brechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 von
vornherein unbefristet geschaffen und durch das Gesetz zur
Verlängerung der Besetzungsreduktion bei Strafkammern
vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1756) in gleicher
Weise ergänzt wie § 76 Abs. 2 GVG und § 33b Abs. 2 JGG.

Zu Artikel 14 (Folgeänderungen in verschiedenen
Gesetzen)

Folgeänderung zur Änderung von § 354 StPO.

Zu Artikel 15 (Folgeänderungen in der Handels-
registerverordnung sowie Rückkehr
zum einheitlichen Verordnungsrang)

Die in Absatz 1 vorgesehenen Änderungen dienen dazu, die
Handelsregisterverordnung hinsichtlich der Eintragung von
Personengesellschaften an die Streichung des § 106 Abs. 2
Nr. 3 HGB anzupassen.
Absatz 2 stellt sicher, dass die durch das Gesetz geänderten
Teile der Handelsregisterverordnung aufgrund der einschlä-
gigen Ermächtigung durch Verordnung geändert werden
können.

Zu Artikel 17 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

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