BT-Drucksache 15/816

Ausschreibung des BOS-Digitalfunks im Jahr 2003 einleiten

Vom 8. April 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/816
15. Wahlperiode 08. 04. 2003

Antrag
der Abgeordneten Ralf Göbel, Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), Wolfgang Zeitlmann, Günter Baumann, Clemens Binninger,
Hartmut Büttner (Schönebeck), Norbert Geis, Roland Gewalt, Reinhard Grindel,
Martin Hohmann, Volker Kauder, Dorothee Mantel, Erwin Marschewski
(Recklinghausen), Stephan Mayer (Altötting), Beatrix Philipp, Anita Schäfer
(Saalstadt), Dr. Ole Schröder und der Fraktion der CDU/CSU

Ausschreibung des BOS-Digitalfunks im Jahr 2003 einleiten

Die von den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) ver-
wendeten analogen Funksysteme sind den taktischen, technischen und daten-
schutzrechtlichen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Die analogen Funk-
systeme erlauben keine Sprach- und Datenübertragung im gleichen Netz und
bieten keinen Schutz vor unberechtigtem Mithören. Bei Großlagen oder in
Katastrophenfällen sind die analogen Funksysteme häufig überlastet. Bei der
Hochwasserkatastrophe im Sommer 2002 sind die Netze teilweise zusammen-
gebrochen, so dass die Kommunikation der Katastrophenschutzbehörden und
der Hilfskräfte unzureichend war.
Das veraltete analoge BOS-Funknetz ist den Anforderungen einer Großkatastro-
phe und der Notwendigkeit, eine Vielzahl von Einsatzkräften zu führen, nicht ge-
wachsen. Es ist mit dem neuen Funksystem der Bundeswehr nicht kompatibel.
Vor diesemHintergrund wird derWeiterbetrieb der analogen Funksysteme zu ei-
nem Sicherheitsrisiko. Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren steigende
Kosten und Engpässe bei Ersatzteil- und Ersatzbeschaffung zu erwarten sind.
Aufgrund sinkender Nachfrage bei Privatkunden beabsichtigen die Hersteller
analoger Funktechnik ihre Produktion zu reduzieren und dann ganz einzustellen.
Um die analogen Funksysteme zu ersetzen, sind die BOS schnellstmöglich mit
einem neuen digitalen Funksystem auszurüsten. Die Einführung eines solchen
BOS-Digitalfunks wird die Kommunikation innerhalb und zwischen den Be-
hörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben verbessern. Durch ein di-
gitales Funksystem entstehen für die Behörden und Organisationen mit Sicher-
heitsaufgaben einheitliche Informations- und Kommunikationsstrukturen, was
den gemeinsamen, koordinierten Einsatz erleichtert. Das digitale Funksystem
kann Sprache und Daten gleichzeitig übertragen. Dadurch wird ein flexibler
und schneller Austausch von Daten ebenso möglich wie der mobile Zugriff auf
Datenbanken im Inter- oder Intranet. Dies eröffnet neue Perspektiven für Ver-
brechensbekämpfung, Zollfahndung, Gefahrenabwehr, Katastrophenschutz und
Notfallversorgung. So kann beispielsweise die Polizei schneller auf Fahndungs-
daten zugreifen und der Rettungsdienst medizinische Daten von Unfallopfern
vorab ans Krankenhaus übermitteln. Durch Verschlüsselung wird Abhörsicher-
heit des digitalen Funksystems gewährleistet. Auf dem Markt werden verschie-
dene digitale Funksysteme angeboten (z. B. TETRA, Tetrapol, GSM). Die Ent-
scheidung, welches digitale Funksystem das geeignete ist, haben Bund und
Länder im Rahmen eines Vergabeverfahrens gemeinsam zu treffen.

Drucksache 15/816 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern hat bereits am 23./24. No-
vember 2000 beschlossen, dass ein digitales Sprech- und Datenfunknetz für die
BOS erforderlich ist. Der Beschluss sah vor, den Netzaufbau bis Ende 2005
abzuschließen, um die Nutzung des Netzes durch die Polizei ab Anfang 2006
sicherzustellen.
Der Bundesminister des Innern formulierte das Ziel, wegen des hohen Ein-
satzaufkommens der Polizeien des Bundes und der Länder sowie der Rettungs-
dienste den BOS-Digitalfunk bis zur Fußballweltmeisterschaft 2006 in
Deutschland einzuführen.
Tatsächlich ist jedoch die Einführung des BOS-Digitalfunks bis 2006 stark ge-
fährdet. Der Innenministerkonferenz und der Finanzministerkonferenz gelang
es trotz Aufforderung durch die Ministerpräsidentenkonferenz und den Bundes-
kanzler bislang nicht, die Etatreife des Projekts festzustellen. Der Bundeshaus-
halt stellt zudem keine Mittel bereit, das Projekt auszuschreiben. Erfolgt die
Ausschreibung nicht spätestens im Herbst 2003, wird es nicht möglich sein,
den BOS-Digitalfunk bis 2006 in Deutschland einzuführen. Dies ist nicht allein
mit Blick auf die Sicherheitslage bei der Fußballweltmeisterschaft problema-
tisch. Angesichts der wachsenden Sicherheitsrisiken und der steigenden Kosten
der analogen Funksysteme muss der BOS-Digitalfunk in Deutschland rasch
eingeführt werden. Bei der Einführung des Digitalfunks sind die Belange der
Kommunen sowie ihre finanziellen Möglichkeiten zu berücksichtigen.
Die Nachbarstaaten Deutschlands sind bei der Einführung eines digitalen Funk-
systems für Sicherheitsbehörden zum Teil erheblich weiter. Die BOS in
Deutschland laufen Gefahr, von modernen Kommunikations- und Informa-
tionstechnologien abgekoppelt zu werden. Die aus sicherheitspolitischen Grün-
den notwendige europaweite Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden wird
dadurch erheblich erschwert.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
l einen aktuellen überarbeiteten und realistischen Zeitplan für die Einführung

des BOS-Digitalfunks vorzulegen,
l zusammen mit den Ländern das Vergabeverfahren und die dafür notwendige

Ausschreibung sofort einzuleiten,
l die Finanzmittel, die für die Ausschreibung erforderlich sind, im Jahr 2003

bereitzustellen.

Berlin, den 8. April 2003
Ralf Göbel
Wolfgang Bosbach
Hartmut Koschyk
Thomas Strobl (Heilbronn)
Wolfgang Zeitlmann
Günter Baumann
Clemens Binninger
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Norbert Geis
Roland Gewalt

Reinhard Grindel
Martin Hohmann
Volker Kauder
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
Stephan Mayer (Altötting)
Beatrix Philipp
Anita Schäfer (Saalstadt)
Dr. Ole Schröder
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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