BT-Drucksache 15/541

Strikte Einhaltung des geltenden Europäischen Stabilitäts- und Wachstums- paktes

Vom 11. März 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/541
15. Wahlperiode 11. 03. 2003

Antrag
der AbgeordnetenDr. Michael Meister, Dietrich Austermann, Heinz Seiffert, Steffen
Kampeter, Ilse Aigner, Norbert Barthle, Veronika Bellmann, Otto Bernhardt,
Jochen Borchert, Paul Breuer, Manfred Carstens (Emstek), Leo Dautzenberg,
Georg Fahrenschon, Albrecht Feibel, Klaus-Peter Flosbach, Herbert
Frankenhauser, Jochen-Konrad Fromme, Hans-Joachim Fuchtel, Peter Hintze,
Susanne Jaffke, Bartholomäus Kalb, Bernhard Kaster, Volker Kauder, Manfred
Kolbe, Patricia Lips, Dr. Michael Luther, Hans Michelbach, Stefan Müller
(Erlangen), Dr. Georg Nüßlein, Kurt J. Rossmanith, Peter Rzepka, Norbert
Schindler, Christian Freiherr von Stetten, Antje Tillmann, Klaus-Peter Willsch,
Elke Wülfing und der Fraktion der CDU/CSU

Strikte Einhaltung des geltenden Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Solide öffentliche Finanzen bilden das Herzstück der europäischen Wirtschafts-
und Währungsunion. Sie sind das beste Mittel zur Schaffung der Voraussetzun-
gen für Preisstabilität und tragen dauerhaft zu Wachstum und Beschäftigung
bei. Daher ist ein Festhalten an den im Stabilitäts- und Wachstumspakt verein-
barten Haushaltszielen von entscheidender Bedeutung.
Bereits heute steht so gut wie fest, dass Deutschland auch in diesem Jahr so-
wohl gegen das Defizit- als auch gegen das Schuldenstandskriterium verstoßen
wird. Die vom Bundesminister der Finanzen, Hans Eichel, nach Brüssel gemel-
deten 2,8 % sind nicht zu halten. Die Bundesregierung täuscht erneut die Brüs-
seler Kommission und die deutsche Öffentlichkeit.
Die Gründe, die zum Abschluss des Stabilitäts- und Wachstumspaktes durch
die Mitgliedstaaten der Europäischen Union führten, gelten nach wie vor. Die
Einsicht in die Notwendigkeit des Paktes zur Erreichung einer wachstums- und
stabilitätsorientierten makroökonomischen Politik nimmt jedoch vielerorts zu-
nehmend ab. Das deutete sich schon in den verlangsamten Konsolidierungsver-
läufen seit Beginn der Währungsunion an und spitzt sich in den aktuellen De-
batten über eine mögliche flexible Anwendung des Paktes zu.
Der Deutsche Bundestag muss solchen Überlegungen mit Entschiedenheit ent-
gegentreten. Im Wissen um die verheerenden Auswirkungen einer Aufwei-
chung der Stabilitätskriterien für die europäische Integration und die Stabilität
des Euros muss für die strikte Einhaltung derselben eingetreten werden. Zur
Entfaltung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes und zur Sicherung der gemein-
samen Währung sind strenge haushaltspolitische Vorgaben notwendig.

Drucksache 15/541 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Es geht nicht nur um die Minderung der Inflationsgefahr und die Abwehr von
finanzpolitischem Druck auf die Mitgliedstaaten, es geht auch um die Siche-
rung des Vertrauens der internationalen Investoren in den Standort EU und da-
rum, ein zu großes Auseinanderlaufen der Haushaltspolitiken der Mitglied-
staaten zu verhindern und die ökonomischen Zentrifugalkräfte der Gemein-
schaft zu beherrschen.
Die zentrale Einsicht ist zu erhalten, dass spätestens seit der Einführung des
Euros jeder Mitgliedstaat für solide Finanzen und ausreichendes Wirtschafts-
wachstum der ganzen Gemeinschaft verantwortlich ist.
Ein Aussteigen aus dem finanzpolitischen Zug der EU-Mitgliedstaaten in Rich-
tung Wachstum und Beschäftigung zum Zwecke einer Überstrapazierung der
Finanzpolitik auf Kosten der Stabilität ist abzulehnen. Selbstbindung bleibt
Selbstbindung. Das Ziel eines „nahezu ausgeglichenen Haushalts“ mit einer
Höchstgrenze der Netto-Neuverschuldung von 3 % des Bruttoinlandprodukts
lässt hinreichend Spielraum, um die automatischen Stabilisatoren selbst bei
größeren Konjunktureinbrüchen voll wirken zu lassen.
Eine darüber hinaus gehende Verschuldung ist nicht nur aufgrund der Unange-
messenheit antizyklischer Instrumente (crowding-out, time lags, Strohfeueref-
fekte etc.) wenig sinnvoll, sondern sie stößt an politische, rechtliche und psy-
chologische Grenzen und verhindert strukturelle Reformen, die vor allem ange-
sichts der Alterung der Gesellschaft keinen Aufschub mehr dulden.
Der Deutsche Bundestag schließt sich der Entschließung des Europäischen Par-
laments zur jährlichen Bewertung der Durchführung der Stabilitäts- und Kon-
vergenzprogramme inhaltlich voll an (EuB-EP 889; Überweisungsdrucksache
15/345 Nr. 36).
Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Mai 2002 beinhaltet
insbesondere folgende Forderungen:
– vorbeugende Überwachung und Koordinierung der Haushaltspolitiken der

Mitgliedstaaten,
– strenge Anwendung der Vorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspaktes

im Verlauf der Prüfung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme und
– Stärkung der Disziplinarmaßnahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes.
Diese Forderungen sind innen- wie außenpolitisch aktueller und richtiger denn
je. Auch Krisensituationen, wie der Irak-Konflikt, dürfen nicht als Argument
für die Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes dienen.
Die Entschließung des Europäischen Parlaments aus dem Mai 2002 beschreibt
in treffender Weise die Gefahren für unsere einheitliche europäische Währung,
den Euro, die im Falle einer Aufweichung der im Stabilitäts- und Wachstums-
pakt hinterlegten Mechanismen entstehen würden. Angesichts aktueller Be-
richte über eine eventuelle Veränderung des Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes erscheint eine klare Festlegung gerade auf der Grundlage der
bestehenden europäischen Zusammenhänge geboten.
Ratsempfehlungen zur Haushaltskonsolidierung sind umzusetzen, Ausgaben
insbesondere im konsumtiven Bereich zu senken.
Die Sicherung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes bedarf grundlegender
Wirtschafts- und Strukturreformen auf den Güter-, Dienstleistungs-, Kapital-
und Arbeitsmärkten. Die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitglied-
staaten der Europäischen Union müssen auf diese Ziele ausgerichtet sein.
Der Vertrag von Maastricht und die Kriterien für den Euro-Stabilitätspakt wur-
den von Deutschland nach einem harten Kampf in Europa durchgesetzt und bis

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/541

2001 eingehalten. Der Deutsche Bundestag bekennt sich zu Maastricht und zur
Haushaltskonsolidierung.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– sich nicht länger an Diskussionen über eine mögliche flexible Anwendung

des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu beteiligen,
– stattdessen mit gezielten Maßnahmen und einer wachstums- und beschäfti-

gungsorientierten Politik die strikte Einhaltung des geltenden Europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspaktes auf nationaler und europäischer Ebene
sicherzustellen und

– die Voraussetzungen für eine Stärkung der Wirtschaftskraft Deutschlands zu
schaffen, um die Einhaltbarkeit des Europäischen Stabilitäts- und Wachs-
tumspaktes dauerhaft zu sichern.

Berlin, den 11. März 2003
Dr. Michael Meister
Dietrich Austermann
Heinz Seiffert
Steffen Kampeter
Ilse Aigner
Norbert Barthle
Veronika Bellmann
Otto Bernhardt
Jochen Borchert
Paul Breuer
Manfred Carstens (Emstek)
Leo Dautzenberg
Georg Fahrenschon
Albrecht Feibel
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel

Peter Hintze
Susanne Jaffke
Bartholomäus Kalb
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Manfred Kolbe
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Hans Michelbach
Stefan Müller (Erlangen)
Dr. Georg Nüßlein
Kurt J. Rossmanith
Peter Rzepka
Norbert Schindler
Christian Freiherr von Stetten
Antje Tillmann
Klaus-Peter Willsch
Elke Wülfing

Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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