BT-Drucksache 15/5340

Investitionskräfte stärken - Neue Impulse für Wachstum und Beschäftigung

Vom 20. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5340
15. Wahlperiode 20. 04. 2005

Antrag
der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Klaus Brandner, Dr. Michael Bürsch, Joachim
Poß, Ludwig Stiegler, Sören Bartol, Dr. Axel Berg, Hans-Günter Bruckmann,
Dr. Peter Danckert, Annette Faße, Rainer Fornahl, Gabriele Groneberg, Ernst
Kranz, Dr. Christine Lucyga, Lothar Mark, Heinz Paula, Karin Rehbock-Zureich,
Siegfried Scheffler, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Dr. Angelica Schwall-Düren,
Wolfgang Spanier, Jörg Vogelsänger, Petra Weis, Reinhard Weis (Stendal),
Dr. Margrit Wetzel, Heidi Wright, Franz Müntefering und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingolstadt), Anja Hajduk, Volker Beck
(Köln), Franziska Eichstädt-Bohlig, Peter Hettlich, Rainder Steenblock,
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Investitionskräfte stärken – Neue Impulse für Wachstum und Beschäftigung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Erfolgsgeschichte der Agenda 2010 wird fortgesetzt. Bundeskanzler Ger-
hard Schröder hat den Weg in seiner Regierungserklärung vom 17. März 2005
„Aus Verantwortung für unser Land: Deutschlands Kräfte stärken“ vorgezeich-
net.
Wichtige innenpolitische Reformen sind umgesetzt und beginnen zu greifen.
Weitere werden jetzt auf den Weg gebracht. Die Chancen, dass es auch in die-
sem Jahr Wachstum in Deutschland gibt, sind gut. Eine positive Entwicklung
der Zahl der Erwerbstätigen wird sich noch im Laufe des Jahres auf dem
Arbeitsmarkt widerspiegeln.
Dennoch stellt der nach wie vor anhaltende Konjunkturpessimismus in breiten
Kreisen der Bevölkerung ein ernsthaftes Problem für die weitere konjunkturelle
Entwicklung der Binnenwirtschaft dar. Die nachlassende wirtschaftliche Dyna-
mik, der besorgniserregende Anstieg der Rohölpreise und die deutliche Auf-
wertung des Euros belasten die weitere wirtschaftliche Entwicklung auch in
Deutschland.
Vor diesem Hintergrund begrüßen die Koalitionsfraktionen die parteiübergrei-
fenden Anstrengungen für Arbeit und Investitionen. Sie begrüßen das vom
Bundeskanzler im Deutschen Bundestag in einer Regierungserklärung vorge-
stellte 20-Punkte-Programm. Günstigere Steuerbedingungen für Unternehmen,
höhere Zuverdienstgrenzen für Arbeitslose und zusätzliche Impulse für mehr
öffentliche und private Investitionen verstärken den mit der Agenda 2010 ein-
geleiteten Reformprozess.
Die Koalitionsfraktionen erwarten von den Oppositionsparteien, dass diese
nunmehr konstruktiv, zielführend und kompromissbereit mitmachen, damit die-

Drucksache 15/5340 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ser Impuls für mehr Wachstum und Beschäftigung zu einem Erfolg für
Deutschland wird.
I. Eine leistungsfähige integrierte Verkehrsinfrastruktur ist die Voraussetzung
für Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Sie hat großen Ein-
fluss auf die Wettbewerbsfähigkeit des stark exportorientierten Standortes
Deutschland und auf den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Aber
auch unsere Binnenwirtschaft ist auf die Leistungsfähigkeit einer gut ausgebau-
ten Infrastruktur angewiesen. Das gilt für die Erschließung in der Fläche ge-
nauso wie für die Mobilität in unseren Ballungsräumen. Nur mit einer leis-
tungsfähigen Infrastruktur wird uns die Herausforderung des Strukturwandels
gerade in den Ballungsräumen gelingen.
Verstärkte Investitionen in den Substanzerhalt, in die Modernisierung sowie in
den umweltgerechten Ausbau eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes sind daher
von zentraler Bedeutung für die nachhaltige Mobilität von Menschen und für
die wirtschaftliche Entwicklung unserer Volkswirtschaft.
Dies gilt in besonderer Weise für die Transitkorridore, die im Zentrum der
Hauptmagistralen in der größer gewordenen Europäischen Union liegen. Die
Verkehrsströme werden nicht zuletzt wegen der EU-Osterweiterung weiter
wachsen. Dies bietet Chancen, stellt die deutsche Verkehrsinfrastruktur aber
auch vor neue Herausforderungen.
Gerade Wachstumskerne und innovative Cluster in den neuen Ländern sind auf
eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Das Programm Infra-
struktur wird daher auch einen wichtigen Beitrag zur weiteren Verbesserung der
der ostdeutschen Verkehrsinfrastruktur leisten.
Die Entscheidung der Bundesregierung, für Investitionen in die Infrastrukturen
ein zusätzliches Programm im Umfang von 2 Mrd. Euro bis 2008 aufzulegen,
bedeutet eine wichtige Verstärkung der Verkehrsinvestitionen. Bereits im lau-
fenden Haushaltsjahr 2005 werden zusätzlich 500 Mio. Euro zur Finanzierung
von Infrastrukturprojekten aufgewendet. Damit werden kurzfristig direkte
investive Mittel für die Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes wirken. Mit die-
sem zusätzlichen Programm setzt die Bundesregierung neue Impulse für mehr
Wachstum und Beschäftigung in Deutschland.
In Deutschland sind die Zeiträume von der Planung bis zur Realisierung von
Verkehrsprojekten vielfach zu lang. Investitionsmittel müssen möglichst
schnell umgesetzt werden können. Um dies zu erreichen, bedarf es zusätzlich
einer Straffung und weiteren Vereinfachung des geltenden Planungsrechts.
Deutschland braucht auch für Energieleitungen einfache, effiziente und kalku-
lierbare Planungsverfahren, unter anderem um den grenzüberschreitenden
Stromhandel in Europa zu erleichtern und zugleich die Netzintegration des
weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien sicherzustellen. Die privaten
Investitionen für den Netzausbau werden bis 2010 auf knapp 10 Mrd. Euro ge-
schätzt. Dabei bleiben die berechtigten Belange der betroffenen Bürgerinnen
und Bürger und der natürlichen Umwelt selbstverständlich unangetastet.
II. Die investiven Ausgaben aller Körperschaften in Deutschland sind in den
vergangenen zehn Jahren drastisch gesunken. Während die Finanzierungsspiel-
räume für öffentliche Investitionen des Staates abnehmen, besteht ein hoher Be-
darf an öffentlichen Leistungen.
Ein zentraler Ansatz sind Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP). Mit ihnen
kann die öffentliche Investitionstätigkeit nachhaltig gestärkt werden mit zusätz-
lichen Konjunkturimpulsen für die Binnenwirtschaft. Insbesondere bieten
Öffentlich Private Partnerschaften für Kommunen gute Chancen, ihre Erneue-
rungs- und Sanierungslücken bei Schulen, Straßen, Rathäusern und anderen
Verwaltungsgebäuden, Sporthallen und Sportplätzen, Wohnbauten, der kom-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5340

munalen Energieversorgung, der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
zu schließen.
Neben steuerrechtlichen Fragestellungen bestehen gebühren-, vergabe-, haus-
halts- und zuwendungsrechtliche Hemmnisse, die die Umsetzung von ÖPP be-
hindern. Um mit ÖPP in Deutschland schneller voranzukommen, brauchen wir
gesetzliche Rahmenbedingungen, die diese Hemmnisse abbauen und damit die
Umsetzung von ÖPP erleichtern. Auf Initiative der Koalitionsfraktionen wird
ein Gesetz vorbereitet, das die Rahmenbedingungen für ÖPP deutlich verbes-
sern wird.
Die Potenziale von ÖPP werden in nächster Zeit vor allem auch im Bereich der
Verkehrsinfrastruktur stärker genutzt werden. Die von der Bundesregierung ini-
tiierten Betreibermodelle bieten die Chance, wichtige Infrastrukturprojekte effi-
zienter und schneller zu realisieren. Auch Investitionen in Schienenwege kön-
nen mit Öffentlich Privaten Partnerschaften erleichtert werden.
III. Die schwierige konjunkturelle Lage der Gesamtwirtschaft belastet insbeson-
dere kleine und mittlere Unternehmen. Der Mittelstand ist aber das Rückgrat der
deutschen Volkswirtschaft. Er ist in besonderem Maße für die Beschäftigungs-
entwicklung und die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen von herausragen-
der Bedeutung. Auch wenn es darum geht, neue Wachstumsmärkte und Tech-
nologien zu erschließen, die internationale Präsenz der deutschen Wirtschaft zu
erhöhen und die Kooperationsmöglichkeiten mit ausländischen Partnern zu
nutzen, kommt kleinen und mittleren Unternehmen eine zentrale Bedeutung zu.
Ziel unserer Mittelstandspolitik ist es, die Rahmenbedingungen für kleine und
mittlere Unternehmen so zu gestalten und zu verbessern, dass sie ihr Entwick-
lungs- und Innovationspotenzial voll entfalten und im internationalen Wettbe-
werb bestehen können.
Den notwendigen Strukturwandel kleiner und mittlerer Unternehmen in einer
globalisierten Wirtschaft zu begleiten, ist ein Schwerpunkt der Wirtschafts-
politik. Existenzgründungen zu erleichtern, ist dabei ein zentraler Hebel. Ent-
bürokratisierung, Information und Beratung von Existenzgründungswilligen,
Stärkung der Eigenkapitalbasis durch steuerliche Erleichterungen und Kredit-
programme der Mittelstandsbank der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW),
Modernisierung der Berufsausbildung und Innovationsförderung sind die zen-
tralen mittelstandspolitischen Instrumente.
IV. Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW-Förderbank hat sich alsattraktives Instrument der Wohnraumförderung erwiesen. Nach seinem Start im
Januar 2001 als Bestandteil des Nationalen Klimaschutzprogramms konnte das
jährlich zugesagte Darlehensvolumen mit rd. 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2004 ge-
genüber 2001 fast verdreifacht werden. Insgesamt wurden seit dem Programm-
start bis März 2005 rd. 75 000 Darlehen mit einem Volumen von 4,2 Mrd. Euro
zugesagt und Maßnahmen an rd. 223 000 Wohnungen gefördert. Gemeinsam
mit dem ebenfalls überaus erfolgreichen CO2-Minderungsprogramm der KfWleistet das Programm einen herausragenden Beitrag für den Klimaschutz und
den Arbeitsmarkt und trägt zur ökologischen Modernisierung Deutschlands bei.
So verringerte sich der jährliche CO2-Ausstoß durch die in beiden Programmenbis Ende 2004 geförderten Maßnahmen um rd. 3 Mio. Tonnen. Durch die im
Rahmen der beiden Klimaschutzprogramme der KfW ausgelösten Investitionen
im Wohnungsbestand wurden in 2004 rund 42 000 Arbeitsplätze gesichert, vor
allem in Mittel- und Kleinbetrieben des Handwerks. Damit stützen wir einen
arbeitsplatzintensiven Wirtschaftsbereich, der auch einen hohen Anteil an Aus-
bildungsplätzen hat. Auch für die Substanzerhaltung unserer Wohnungs-
bestände ist die energetische Modernisierung wichtig.

Drucksache 15/5340 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Der Deutsche Bundestag begrüßt:
1. die geplante Erhöhung des Anrechnungsfaktors bei der Gewerbesteuer,
2. die vorgeschlagene steuerliche Erleichterung des Betriebsübergangs bei

kleinen und mittleren Unternehmen,
3. die Senkung des Satzes der Körperschaftssteuer von 25 Prozent auf 19 Pro-

zent, die aufkommensneutral aus dem Unternehmenssteuerbereich finan-
ziert wird,

4. das vorgesehene KfW-Innovationsprogramm für den Mittelstand mit einer
Zinsverbilligung von zwei Prozentpunkten unter den Marktkonditionen,

5. die zusätzlichen Initiativen im Bereich des Bürokratieabbaus, wie die
Novelle des GmbH-Gesetzes mit dem Ziel einer substantiellen Absenkung
des für die Gründung notwendigen Mindestkapitals, die Einführung eines
elektronischen Handelsregisters, mit Rechtsbereinigungsgesetzen ca. 360
Gesetze und Rechtsverordnungen abzuschaffen,

6. die Entscheidung der Bundesregierung, für Investitionen in die Verkehrs-
infrastruktur insgesamt 2 Mrd. Euro bis 2008 zusätzlich im Bundeshaus-
halt und in der mittelfristigen Finanzplanung zu mobilisieren,

7. die Pläne der Bundesregierung für ein Maßnahmenpaket von Investitions-
vorhaben, das auf eine rasche Impulswirkung für mehr Beschäftigung zielt,

8. den verstärkten Einsatz Öffentlich Privater Partnerschaften bei den Ver-
kehrsinfrastrukturprojekten des Bundes und im öffentlichen Hochbau,

9. die Bereitschaft der Bundesregierung, die Möglichkeit zu prüfen, durch
Finanzierungen über private Gesellschaften, wie z. B in Österreich, zu einer
Verstetigung der Infrastrukturinvestitionen zu kommen,

10. unnötige Planungshemmnisse bei der Realisierung von Infrastrukturpro-
jekten auszuräumen, um Wachstumsimpulse schneller umzusetzen, soweit
es die Belange der betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht berührt und
der Schutz der Umwelt nicht beeinträchtigt werden,

11. die Fortführung des CO2-Gebäudesanierungsprogrammes mit zusätzlichenHaushaltsmitteln. Allein in 2004 konnten wir mit 362 Mio. Euro KfW-Mit-
teln 2 Mrd. Euro Investitionen auslösen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
l aus dem Gesamtvolumen von 2 Mrd. Euro zusätzlicher Investitionsmittel

kurzfristig ein Maßnahmenpaket, insbesondere zur Modernisierung der für
Bestandsnetzeinvestitionen, vorzulegen, das mit der ersten Teilsumme in
Höhe von 500 Mio. Euro im Jahr 2005 realisiert werden kann, um so neue
Impulse für Wachstum und Beschäftigung zu geben,

l zusammen mit den Koalitionsfraktionen noch vor der parlamentarischen
Sommerpause einen Gesetzentwurf vorzulegen, der gebühren-, vergabe-,
haushalts- und steuerrechtliche Hemmnisse bei der Realisierung von ÖPP-
Projekten beseitigt,

l zu prüfen, ob die Anlagemöglichkeiten im Investmentgesetz auf ÖPP-Pro-
jekten durch eine Novellierung des Investmentgesetzes erweitert werden
können,

l sich dafür einzusetzen, einen ÖPP-Beteiligungsfonds bei der Kreditanstalt
für Wiederaufbau und der Europäischen Investitionsbank aufzulegen,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5340

l das Planungsrecht zu straffen und zu vereinfachen, um die Planungsverfah-
ren für die Verkehrswege zu beschleunigen, ohne die Belange der betroffe-
nen Bürgerinnen und Bürger und der natürlichen Umwelt zu beschneiden,

l die haushaltsrechtliche Ermächtigung für die erfolgreiche Fortsetzung des
KfW-CO2-Gebäudesanierungsprogramms zu schaffen und damit dessenbeschäftigungsfördernde Wirkung zu verstetigen,

l die Entbürokratisierung von Existenzgründungen mit der Konzentration von
Verwaltungsdienstleistungen zu unterstützen,

l das ERP-Innovationsprogramm über das vorgesehene Kreditverbilligungs-
programm der KfW hinaus attraktiver zu machen.

Berlin, den 20. April 2005
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

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