BT-Drucksache 15/513

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (Kommunale Rechte bei Windkraftanlagen stärken)

Vom 28. Februar 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/513
15. Wahlperiode 28. 02. 2003

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Christian Freiherr von Stetten, Marita Sehn, Manfred Grund,
Norbert Barthle, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Ulrich Adam, Ernst-Reinhard
Beck (Reutlingen), Veronika Bellmann, Dr. Maria Böhmer, Klaus Brähmig,
Hartmut Büttner (Schönebeck), Cajus Caesar, Rainer Eppelmann, Albrecht Feibel,
Erich G. Fritz, Hans-Joachim Fuchtel, Eberhard Gienger, Kurt-Dieter Grill,
Olav Gutting, Holger Haibach, Klaus-Jürgen Hedrich, Ulrich Heinrich, Robert
Hochbaum, Martin Hohmann, Susanne Jaffke, Dr. Peter Jahr, Irmgard Karwatzki,
Jürgen Klimke, Gunther Krichbaum, Werner Kuhn (Zingst), Vera Lengsfeld,
Walter Link (Diepholz), Eduard Lintner, Patricia Lips, Stephan Mayer (Altötting),
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Maria Michalk, Klaus Minkel, Michaela Noll,
Franz Obermeier, Peter Rauen, Christa Reichard (Dresden), Kurt J. Rossmanith,
Hartmut Schauerte, Erika Steinbach, Matthäus Strebl, Thomas Strobl (Heilbronn),
Dr. Hans-Peter Uhl, Arnold Vaatz, Marco Wanderwitz

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs
(Kommunale Rechte bei Windkraftanlagen stärken)

A. Problem
Die Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 von 1995 des Baugesetzbuchs (BauGB)
sollte den Bau von Windkrafträdern grundsätzlich in windreichen Regionen er-
möglichen. Nicht vorhergesehen hingegen war die Errichtung von Windparks
auch an Standorten, die unter ökologischen und wettbewerblichen Gesichts-
punkten nie in Frage gekommen wären. Durch das beschlossene Erneuer-
bare-Energien-Gesetz vom 29. März 2000 und die Festlegung der Vergütung
von 9,1 Cent pro Kilowattstunde Windenergiestrom über einen sehr langen
Zeitraum, ist die Aufstellung von Windkraftanlagen auch in windarmen Re-
gionen lukrativ geworden. Viele Gemeinden, Regionalverbände und andere
Planungsgemeinschaften werden aufgrund dieser verzerrten Ausgangslage und
unstimmiger Rechtsprechung empfindlich in ihrer Planungshoheit verletzt, weil
sie im guten Glauben, nicht tangiert zu sein, die Möglichkeiten der Über-
leitungsvorschriften für Vorhaben im Außenbereich, gemäß § 245b Abs. 1 Bau-
gesetzbuch, nicht genutzt haben. Kurzfristige Gewinnmitnahmen der Wind-
kraftbetreiber durch bauliche Privilegierung und steuerliche Subventionierung
gehen einseitig zu Lasten des Landschaftsschutzes, der Landschaftsästhetik und
des Erholungswertes vieler Regionen. Trotzdem ist die Erforschung, Entwick-
lung und Nutzung regenerativer Energien grundsätzlich zu befürworten. Dabei
ist insbesondere an die Förderung von Wasserkraft-, Biogas-, Solar- und Holz-
hackschnitzelanlagen zu denken, da diese neben den Vorteilen erneuerbarer
Energien, keine Nachteile für Landschaft und Umwelt bringen. Ziel dieses Ge-
setzes ist es daher, den Gemeinden, Regionalverbänden oder anderen Planungs-

Drucksache 15/513 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

gemeinschaften die ihnen zugesprochene Planungshoheit zu stärken und so vor
Ort eine ausgewogene Energiepolitik zu ermöglichen.

B. Lösung
Um den Gemeinden, Regionalverbänden oder anderen Planungsgemeinschaf-
ten einen fairen und geordneten Ablauf der Prüfung und Planung zu gewähr-
leisten werden § 35 Abs. 3 Satz 3 und § 245b Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs
(BauGB) geändert.

C. Alternativen
Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Keine

E. Sonstige Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/513

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Baugesetzbuchs

1. § 35 Abs. 3 Satz 3 (Bauen im Außenbereich) wird wie
folgt gefasst:
„Raumbedeutsame Vorhaben nach den Absätzen 1 und 2
dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widerspre-
chen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vor-
haben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange
bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raum-
ordnung im Sinne von §§ 8 oder 9 des Raumordnungsge-
setzes abgewogen worden sind. Öffentliche Belange ste-
hen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 in der Re-
gel, nach Absatz 1 Nr. 6 auch dann entgegen, soweit
hierfür durch Darstellung im Flächennutzungsplan oder
als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer
Stelle erfolgt ist.“

2. § 245b Abs. 1 Satz 1 (Überleitungsvorschriften für
Vorhaben im Außenbereich) wird wie folgt gefasst:
„Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbe-
hörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Wind-
energieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 bis längs-
tens zum 31. Dezember 2004 auszusetzen, wenn die Ge-
meinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan auf-
zustellen, zu ändern oder zu ergänzen und beabsichtigt
zu prüfen, ob Darstellungen zu Windenergieanlagen im
Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 in Betracht kommen. Satz 1
gilt entsprechend für einen Antrag der für Raumordnung
zuständigen Stelle, wenn diese die Aufstellung, Ände-
rung oder Ergänzung von Zielen der Raumordnung zu
Windenergieanlagen eingeleitet hat.“

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 25. Februar 2003
Christian Freiherr von Stetten
Marita Sehn
Manfred Grund
Norbert Barthle
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Ulrich Adam
Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)
Veronika Bellmann
Dr. Maria Böhmer
Klaus Brähmig
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Cajus Caesar
Rainer Eppelmann
Albrecht Feibel
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel
Eberhard Gienger
Kurt-Dieter Grill
Olav Gutting
Holger Haibach
Klaus-Jürgen Hedrich
Ulrich Heinrich
Robert Hochbaum
Martin Hohmann
Susanne Jaffke

Dr. Peter Jahr
Irmgard Karwatzki
Jürgen Klimke
Gunther Krichbaum
Werner Kuhn (Zingst)
Vera Lengsfeld
Walter Link (Diepholz)
Eduard Lintner
Patricia Lips
Stephan Mayer (Altötting)
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Maria Michalk
Klaus Minkel
Michaela Noll
Franz Obermeier
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)
Kurt J. Rossmanith
Hartmut Schauerte
Erika Steinbach
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Marco Wanderwitz

Drucksache 15/513 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeiner Teil
1995 wurde der § 35 BauGB novelliert, um die Erfor-
schung, Entwicklung und Nutzung von Windkraft zu för-
dern (§ 35 Abs. 1 Nr. 6). Mit der Ergänzung in Absatz 3
Satz 2 und 3 wurde unter anderem das Ziel verfolgt, den Ge-
meinden, Regionalverbänden und anderen Planungsgemein-
schaften ein Instrument an die Hand zu geben, um eine
praktikable Abwägung zwischen der Förderung der Winde-
nergie und dem Landschaftsschutz zu finden. Diese Rege-
lung ist seit In-Kraft-Treten (1. April 2000) des Erneuer-
bare-Energien-Gesetzes (EEG) empfindlich gestört. Auf-
grund gesetzlicher Privilegierung, steuerlicher Subventio-
nierung und des hohen Einspeisungspreises sind viele
Flächen betroffen, die unter ökologischen und wettbewerb-
lichen Gesichtspunkten für die Aufstellung von Windkraft-
rädern nicht in Frage kommen dürften. Windkraft war dort
gedacht, wo kontinuierlich starker Wind herrscht und insbe-
sondere auf dem Meer, wo die Natur nicht beeinträchtigt
wird.

B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 Nr. 1
Die Änderung des § 35 BauGB gewährleistet, dass die Pri-
vilegierung der Windkraft nicht aufgehoben wird. Sie dient
in erster Linie dazu, die kommunalen Rechte zu stärken,
indem die Ausweisung von Flächen im Binnenland in den
Regionalplanungen, Flächennutzungsplänen oder Bebau-
ungsplänen durch Gemeinden, Regionalverbände oder
andere Planungsgemeinschaften so vorgenommen werden
kann, dass eine ordnungsgemäße Aufstellung von Wind-
krafträdern gewährleistet ist und der Wildwuchs (Versparge-
lung der Landschaft) verhindert werden kann.
Zu Artikel 1 Nr. 2
Um Gemeinden, Regionalverbänden oder anderen Pla-
nungsgemeinschaften genügend Möglichkeiten zur Vorbe-
reitung von Ausweisungen zu geben, wird in § 245b BauGB
das Datum 31. Dezember 1998 durch den 31. Dezember
2004 ersetzt.

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