BT-Drucksache 15/306

Anpassung des Zivil- und Katastrophenschutzes an die realen Bedrohungen

Vom 14. Januar 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/306
15. Wahlperiode 14. 01. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Wolfgang Schäuble, Hartmut Koschyk,
Christian Schmidt (Fürth), ThomasStrobl (Heilbronn),Wolfgang Zeitlmann, Günter
Baumann, Clemens Binninger, Klaus Brähmig, Hartmut Büttner (Schönebeck),
Norbert Geis, Roland Gewalt, Ralf Göbel, Reinhard Grindel, Martin Hohmann,
DorotheeMantel, ErwinMarschewski (Recklinghausen), StephanMayer (Altötting),
Beatrix Philipp, Hans Raidel, Anita Schäfer (Saalstadt), Dr. Ole Schröder
und der Fraktion der CDU/CSU

Anpassung des Zivil- und Katastrophenschutzes an die realen Bedrohungen

Der 11. September 2001 und die Hochwasserkatastrophe im Südosten Deutsch-
lands haben auf unterschiedliche Weise gezeigt, dass wir dem Zivil- und Kata-
strophenschutz in unserem Land wieder einen neuen Stellenwert zumessen
müssen. Nach dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges war die
Bedeutung des Zivilschutzes in den Hintergrund getreten. Nun müssen wir er-
neut verstärkte Anstrengungen unternehmen, um Vorsorge zu treffen, Schutz-
maßnahmen zu ergreifen und der Bevölkerung im Ernstfall wirksam helfen zu
können. Die Terrorangriffe auf die Vereinigten Staaten von Amerika haben aber
auch zu der Erkenntnis geführt, dass unser zweigeteiltes nationales Notfallvor-
sorgesystem auf Vorgaben fußt, die in dieser Trennschärfe nicht mehr gegeben
sind: auf der einen Seite der drohende militärische Angriff als Grundlage für
die Zivilschutzaufgabe des Bundes auf der anderen Seite die von Menschen
verursachte oder auf natürlicher Ursache beruhende Katastrophe in der Zustän-
digkeit der Länder und Gemeinden.
Erforderlich, vielfach angemahnt, aber immer noch nicht umgesetzt sind u. a.
ein verändertes strategisches Vorgehen, ein gemeinsames Gefahren-Manage-
ment von Bund und Ländern sowie eine stärkere Bündelung der Einsatzpoten-
ziale aller Verwaltungsebenen. Die Schaffung einer Koordinierungsstelle im
Bundesministerium des Innern (BMI) reicht in diesem Zusammenhang nicht
aus. Unverzichtbar sind eine stärkere Vernetzung der Informationssysteme,
neue intelligente Warnsysteme und eine verbesserte Selbsthilfefähigkeit der
Bevölkerung.
Die Kräfte für die Innere und Äußere Sicherheit müssen wegen der neuen
Risiken im Rahmen eines neu zu schaffenden Gesamtverteidigungskonzeptes
besser als bisher miteinander verzahnt werden. Die zivil-militärische Zusam-
menarbeit ist bis auf die Ebene der Bezirke wieder zu verstärken. Ziel muss
dabei sein, dass die Bundeswehr in besonderen Gefährdungslagen im Rahmen
ihrer spezifischen Fähigkeiten ergänzend zu Polizei, Bundesgrenzschutz (BGS),
Feuerwehren, Technischem Hilfswerk (THW) usw. eingesetzt werden kann.
Dabei darf die Bundeswehr nicht zum bloßen Lückenbüßer für Personal- und
Ausrüstungsmängel der grundsätzlich zuständigen Kräfte der Inneren Sicher-

Drucksache 15/306 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

heit werden. Hierfür sind klare Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten zu
schaffen.

Wie fragen die Bundesregierung:
1. Was hat die Bundesregierung, nachdem die Innenministerkonferenz (IMK)

bereits am 6. Juni 2002 das Konzept „Neue Strategie zum Schutze der
Bevölkerung in Deutschland“ des zuständigen IMK-Arbeitskreises zu-
stimmend zur Kenntnis genommen hat, zur grundlegenden Neuordnung
des Zivil- und Katastrophenschutzes veranlasst?

2. Was hat die Bundesregierung unternommen, um tradierte Zuständigkeits-
barrieren angesichts neuer Bedrohungsszenarien und außergewöhnlicher
Gefahren- und Schadenslagen zu überwinden?

3. Inwieweit hat die Bundesregierung zwischenzeitlich einen umfassenden
Gesamtplan zur Katastrophenvorbeugung, -abwehr und -bekämpfung ent-
wickelt und was sind dessen Eckpunkte?

4. Was wurde zur Verbesserung der Kommunikations- und Kommandostruk-
turen im Katastrophenfall veranlasst?

5. Inwieweit wurde ein integriertes Führungs- und Koordinationssystem für
überregional eingesetzte Hilfskräfte für verschiedene Stationen in groß-
flächigen Einsatzräumen entwickelt?

6. Was wurde zur Verbesserung der Aus- und Fortbildung der Führungskräfte
unternommen?

7. Was hat die Bundesregierung unternommen, damit der Digitalfunk unver-
züglich bundeseinheitlich eingeführt wird?

8. Inwiefern ist die Vernetzung aller notwendigen Kommunikationsebenen
(z. B. Zivilschutzstellen, öffentlich-rechtlicher Rundfunk, private Sender,
Gemeinden) gewährleistet?

9. Wie gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, dass der Einzelne durch
ein flächendeckendes funktionierendes bundeseinheitliches Warnsystem
rechtzeitig über drohende Gefahren informiert werden kann?

10. Was hat die Bundesregierung zur Verbesserung der Selbstschutzaktivitäten
der Bevölkerung veranlasst?

11. Inwieweit wurde die Infrastruktur in ABC-Lagen (medizinische Versor-
gung, Transport, Unterbringung) der veränderten Bedrohungslage ange-
passt?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass angesichts der Aus-
stattung öffentlicher Schutzanlagen (Bunker) der maximale Schutzaufent-
halt z. B. in Berlin zwischen zehn Stunden und 14 Tagen schwankt?

13. Inwieweit hat die Bundesregierung das Problem, dass die Schutzanlagen
nur im drohenden Verteidigungsfall aktiviert werden dürfen, gelöst?

14. In welchem Zeitraum sind die Schutzanlagen in einem Katastrophenfall
oder bei einem Terrorangriff belegungsfähig?

15. Wie ist der Schutzfaktor dieser Anlagen, insbesondere im ABC-Bereich, zu
beurteilen?

16. Was hat die Bundesregierung getan, um die tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kräfte für die Innere und Äu-
ßere Sicherheit wegen der neuen Risiken im Rahmen eines neu zu schaf-
fenden Gesamtverteidigungskonzeptes besser als bisher miteinander ver-
zahnt werden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/306

17. Denkt die Bundesregierung daran, die Bundeswehr mit ihren gewachsenen
und täglich erprobten Befehlsstrukturen künftig verstärkt einzusetzen und/
oder zur Koordinierung der Hilfs- und Rettungskräfte heranzuziehen?

18. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus der Hochwasserkatas-
trophe im Sommer 2002 gezogen, um die verschiedenen Hilfsdienste und
-kräfte im Bund und in den Ländern möglichst effizient einzusetzen und
Koordinierungsprobleme weitgehend zu vermeiden?

19. Ist der Bundesregierung der Bericht des Generals a. D. Hans-Peter von
Kirchbach zur Flutkatastrophe im Sommer 2002 bekannt, und falls ja, teilt
sie die Analyse, und welche Maßnahmen will sie zur Behebung eventuell
festgestellter Mängel bei der Zusammenarbeit von Bund und Ländern
ergreifen?

Berlin, den 14. Januar 2003
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Koschyk
Christian Schmidt (Fürth)
Thomas Strobl (Heilbronn)
Wolfgang Zeitlmann
Günter Baumann
Clemens Binninger
Klaus Brähmig
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Norbert Geis
Roland Gewalt
Ralf Göbel
Reinhard Grindel
Martin Hohmann
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
Stephan Mayer (Altötting)
Beatrix Philipp
Hans Raidel
Anita Schäfer (Saalstadt)
Dr. Ole Schröder
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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