BT-Drucksache 15/2492

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -15/2253- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes

Vom 12. Februar 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2492
15. Wahlperiode 12. 02. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 15/2253 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung
der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes

A. Problem
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 9. April 2003
(Gz: 1 BvR 1493/96, 1 BvR 1724/91) das in § 1685 BGB geregelte Umgangs-
recht bestimmter Bezugspersonen des Kindes mit Artikel 6 Abs. 1 GG insoweit
für unvereinbar erklärt, als es in den Kreis der Umgangsberechtigten den leib-
lichen, aber rechtlich nicht anerkannten („biologischen“) Vater eines Kindes
auch dann nicht mit einbezieht, wenn zwischen ihm und dem Kind eine sozial-
familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat. Zudem hat das Gericht die
Verfassungswidrigkeit von § 1600 BGB im Hinblick auf Artikel 6 Abs. 2 GG
insoweit festgestellt, als er den „biologischen“ Vater eines Kindes ausnahmslos
von der Anfechtung der Vaterschaft ausschließt. Dem Gesetzgeber hat das
Gericht aufgegeben, bis zum 30. April 2004 Abhilfe zu schaffen. Der Gesetz-
entwurf dient insbesondere der geforderten Stärkung der Rechtsposition des
leiblichen Vaters.

B. Lösung
Der Gesetzentwurf in der vom Rechtsausschuss empfohlenen Fassung hilft der
vom Bundesverfassungsgericht kritisierten Rechtslage ab. So ist vorgesehen,
dass der leibliche Vater eines Kindes die Vaterschaft eines nach geltendem
Abstammungsrecht als Vater legitimierten Mannes anfechten kann, sofern zwi-
schen letzterem und dem Kind keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder
bestanden hat. Ein Recht auf Umgang mit dem Kind sollen alle die Personen
und insbesondere der leibliche Vater erhalten, zu denen das Kind eine sozial-
familiäre Beziehung hat oder gehabt hat, sofern dies dem Wohl des Kindes
dient.
Schließlich soll durch das Gesetz auch das Gesetz über die Angelegenheiten der
Freiwilligen Gerichtsbarkeit geändert werden. Die Regelung enthält eine Er-
mächtigung der Landesregierungen, zum Zwecke der Verfahrensvereinfachung
und -beschleunigung für den Vergütungsanspruch der Berufsbetreuer Vordru-
cke einzuführen.

Drucksache 15/2492 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
der CDU/CSU

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2492

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksache 15/2253 – in der aus der nachfolgenden Zu-
sammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Berlin, den 11. Februar 2004

Der Rechtsausschuss
Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Ute Granold
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Sibylle Laurischk
Berichterstatterin

Drucksache 15/2492 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

En twu r f


Be s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s


Zusammenstellung
des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung
der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes
– Drucksache 15/2253 –
mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der
Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft
und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des

Kindesund zurEinführungvonVordrucken fürdie
Vergütung von Berufsbetreuern

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909), das zu-
letzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. u n v e r ä n d e r t

2. § 1600 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind
folgende Personen:
1. der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1

und 2, § 1593 besteht,
2. der Mann, der an Eides statt versichert, der Mut-

ter des Kindes während der Empfängniszeit bei-
gewohnt zu haben,

3. die Mutter und
4. das Kind.“

b) u n v e r ä n d e r t

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der
Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft
und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des

Kindes
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909), das zu-
letzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 1592 Nr. 3 wird wie folgt gefasst:

„3. dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 640h Abs. 2
der Zivilprozessordnung gerichtlich festgestellt ist.“

2. § 1600 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind
folgende Personen:
1. der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1

und 2, § 1593 besteht,
2. der Mann, der glaubhaft macht, der Mutter des

Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt
zu haben,

3. die Mutter und
4. das Kind.“

b) Nach Absatz 1 werden folgende Absätze 2 und 3 ein-
gefügt:
„(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt vor-

aus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im
Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Be-
ziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes be-
standen hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater
des Kindes ist.
(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2

besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1
für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder
im Zeitpunkt seines Todes getragen hat. Eine Über-
nahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel
vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/2492

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem
Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusam-
mengelebt hat.“

c) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 4.
3. § 1600a Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die Anfechtungsberechtigten im Sinne von § 1600
Abs. 1 Nr. 1 bis 3 können die Vaterschaft nur selbst an-
fechten.“

4. § 1600e wird wie folgt gefasst:
㤠1600e

Zuständigkeit des Familiengerichts;
Aktiv- und Passivlegitimation

(1) Auf Klage des Mannes gegen das Kind oder im
Fall der Anfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 gegen das
Kind und den Vater im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 1
oder auf Klage der Mutter oder des Kindes gegen den
Mann entscheidet das Familiengericht über die Feststel-
lung oder Anfechtung der Vaterschaft. Ist eine Person,
gegen die die Klage im Fall der Anfechtung nach § 1600
Abs. 1 Nr. 2 zu richten wäre, verstorben, so ist die Klage
nur gegen die andere Person zu richten.
(2) Sind die Personen, gegen die die Klage zu richten

wäre, verstorben, so entscheidet das Familiengericht auf
Antrag der Person, die nach Absatz 1 klagebefugt wäre.“

5. In § 1618 Satz 2 wird das Wort „zurzeit“ durch die Wör-
ter „zur Zeit“ ersetzt.

6. § 1685 Abs. 1 und 2 wird wie folgt gefasst:
„(1) Personen, die mit dem Kind bis zum dritten Grad

verwandt sind, haben ein Recht auf Umgang mit dem
Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. § 1684
bleibt unberührt.
(2) Gleiches gilt für sonstige Bezugspersonen des

Kindes, wenn zwischen diesen und dem Kind eine so-
zial-familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat.
Eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne von Satz 1
liegt vor, wenn die Bezugsperson für das Kind tatsäch-
liche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Über-
nahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel an-
zunehmen, wenn die Bezugsperson mit dem Kind
längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammenge-
lebt hat oder zwischen ihr und dem mit dem Kind zusam-
menlebenden Elternteil eine Ehe oder Lebenspartner-
schaft besteht oder bestanden hat.“

Artikel 2
Anpassung anderer Rechtsvorschriften

1. Dem Artikel 229 des Einführungsgesetzes zum Bürgerli-
chen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung

c) u n v e r ä n d e r t
3. u n v e r ä n d e r t

3a. In § 1600b Abs. 1 Satz 2 wird der abschließende
Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgender
Halbsatz angefügt:
„das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im
Sinne des § 1600 Abs. 2 Alt. 1 hindert den Lauf der
Frist nicht.“

4. u n v e r ä n d e r t

5. u n v e r ä n d e r t

6. In § 1685 wird Absatz 2 wie folgt gefasst:

„(2) Gleiches gilt für sonstige Bezugspersonen des
Kindes, wenn zwischen diesen und demKind eine sozial-
familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat. Eine so-
zial-familiäre Beziehung im Sinne von Satz 1 liegt vor,
wenn die Bezugsperson für das Kind tatsächliche Verant-
wortung trägt oder getragen hat. EineÜbernahme tatsäch-
licher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn
die Bezugsperson mit dem Kind längere Zeit in häusli-
cher Gemeinschaft zusammengelebt hat.“

Artikel 2
Anpassung anderer Rechtsvorschriften

1. u n v e r ä n d e r t

Drucksache 15/2492 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, 1997 I
S. 1061), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird
folgender § 10 angefügt:

㤠10
Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Änderung

der Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft
und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes
vom [einzusetzen: Ausfertigungsdatum dieses Gesetzes]
Im Fall der Anfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnt die Frist für die An-
fechtung gemäß § 1600b Abs. 1 des Bürgerlichen Ge-
setzbuchs nicht vor dem 30. April 2004.“

2. Die Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 310-4, veröffentlichten be-
reinigten Fassung, zuletzt geändert durch …, wird wie
folgt geändert:
a) Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

aa) Die Angabe zu § 640d wird wie folgt gefasst:
„§ 640d Einschränkung des Untersuchungs-
grundsatzes; Beteiligung des Jugendamts“.

bb) Die Angabe zu § 640h wird wie folgt gefasst:
„§ 640h Wirkungen des Urteils“.

b) § 640d wird wie folgt gefasst:
㤠640d

Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes;
Beteiligung des Jugendamts

(1) Ist die Vaterschaft angefochten, so kann das
Gericht gegen den Widerspruch des Anfechtenden
Tatsachen, die von den Parteien nicht vorgebracht
sind, nur insoweit berücksichtigen, als sie geeignet
sind, der Anfechtung entegegengesetzt zu werden.

(2) Das Gericht hört das Jugendamt vor einer Ent-
scheidung im Fall der Anfechtung nach § 1600
Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. § 49a
des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilli-
gen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend.“

c) § 640h wird wie folgt gefasst:
㤠640h

Wirkungen des Urteils
(1) Das Urteil wirkt, sofern es bei Lebzeiten der

Parteien rechtskräftig wird, für und gegen alle. Ein
Urteil, welches das Bestehen des Eltern-Kind-Ver-
hältnisses oder der elterlichen Sorge feststellt, wirkt
jedoch gegenüber einem Dritten, der das elterliche
Verhältnis oder die elterliche Sorge für sich in An-
spruch nimmt, nur dann, wenn er an dem Rechtsstreit
teilgenommen hat. Satz 1 ist auf solche rechtskräfti-
gen Urteile nicht anzuwenden, die das Bestehen der
Vaterschaft nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetz-
buchs feststellen.
(2) Ein rechtskräftiges Urteil, welches das Nicht-

bestehen einer Vaterschaft nach § 1592 des Bürger-
lichen Gesetzbuchs infolge der Anfechtung nach
§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs

2. Die Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 310-4, veröffentlichten be-
reinigten Fassung, zuletzt geändert durch …, wird wie
folgt geändert:
a) In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 640h

wie folgt geändert:
„§ 640h Wirkungen des Urteils“

b) entfällt

c) § 640h wird wie folgt gefasst:
㤠640h

Wirkungen des Urteils
(1) u n v e r ä n d e r t

(2) Ein rechtskräftiges Urteil, welches das Nicht-
bestehen einer Vaterschaft nach § 1592 des Bürger-
lichen Gesetzbuchs infolge der Anfechtung nach
§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/2492

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
feststellt, beinhaltet die Feststellung der leiblichen
Vaterschaft des Anfechtenden. Diese Wirkung ist im
Tenor des Urteils von Amts wegen auszusprechen.“

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 30. April 2004 in Kraft.

feststellt, beinhaltet die Feststellung der Vaterschaft
des Anfechtenden. Diese Wirkung ist im Tenor des
Urteils von Amts wegen auszusprechen.“

Artikel 2a
Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten

der freiwilligen Gerichtsbarkeit
§ 69e des Gesetzes über die Angelegenheiten der frei-

willigen Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 315-1, veröffentlichten be-
reinigten Fassung, das zuletzt durch … geändert worden
ist, wird wie folgt geändert:
1. Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
2. Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt,
durch Rechtsverordnung für Anträge und Erklärun-
gen auf Ersatz von Aufwendungen und Bewilligung
von Vergütung Vordrucke einzuführen. Soweit Vor-
drucke eingeführt sind, müssen sich Personen, die die
Betreuung innerhalb der Berufsausübung führen, ih-
rer bedienen und als elektronisches Dokument einrei-
chen, wenn dieses für die automatische Bearbeitung
durch das Gericht geeignet ist. Andernfalls liegt
keine ordnungsgemäße Geltendmachung im Sinne
von § 1836 Abs. 2 Satz 4 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs vor. Die Landesregierungen können die Er-
mächtigung durch Rechtsverordnung auf die Lan-
desjustizverwaltungen übertragen.“

Artikel 3
Inkrafttreten

Artikel 1 und 2 dieses Gesetzes treten am 30. April
2004, Artikel 2a am 1. Juli 2004 in Kraft.

Drucksache 15/2492 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Christine Lambrecht, Ute Granold,
Irmingard Schewe-Gerigk und Sibylle Laurischk

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 15/2253 in seiner 86. Sitzung am 15. Januar 2004 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Rechtsausschuss und zur Mitberatung dem Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.
II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat die Vorlage in seiner 27. Sitzung am 11. Februar
2004 beraten. Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU empfohlen, den
Gesetzentwurf in der Fassung der oben stehenden Zusam-
menstellung anzunehmen.
III. Beratung im Rechtsausschuss
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 40. Sitzung
am 11. Februar 2004 abschließend beraten. Er hat mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU be-
schlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf in der Fassung
der oben stehenden Zusammenstellung anzunehmen.
Die Fraktion der CDU/CSU stellte fest, dass die Ausge-
staltung der Anfechtungsberechtigung des leiblichen Vaters
auf einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts beruhe.
Nach der Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetz-
entwurf habe es eine Annäherung dahin gehend gegeben,
dass nun eine eidesstattliche Versicherung des die Vater-
schaft anfechtenden Mannes erforderlich sei. Des Weiteren
enthalte der Gesetzentwurf eine Erweiterung des Umgangs-
rechts. Auch in dieser Frage habe es in der Ausgestaltung
eine Annäherung an den Vorschlag des Bundesrates gege-
ben. So werde es bei der jetzt geltenden Fassung von § 1685
Abs. 1 BGB bleiben. Der beabsichtigten Änderung von
§ 1685 Abs. 2 BGB könne die Fraktion der CDU/CSU sich
jedoch nicht anschließen. Vielmehr müsse es bei der gelten-
den enumerativen Aufzählung in § 1685 Abs. 2 BGB blei-
ben. Lediglich der biologische Vater solle in den Kreis der
Umgangsberechtigten aufgenommen werden. Mit der nun
vorgeschlagenen Fassung würden subjektive Rechte Dritter
in einem Umfang eingerichtet werden, der dem Kindeswohl
nicht mehr dienen könne. Es bestehe durchaus die Möglich-
keit, anderen Personen gemäß § 1666 BGB in Verbindung
mit § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB ein Umgangsrecht einzuräu-
men. Das heißt, wenn es dem Kindeswohl diene und es der
Entwicklung des Kindes förderlich sei, sollten die Personen-
sorgeinhaber, in der Regel die Eltern, dem Kind den Um-
gang mit diesen Personen ermöglichen. Mit dem Gesetzent-
wurf gleichzeitig zu beschließen sei die vom Bundesrat in
seiner Stellungnahme vorgeschlagene und von der Bun-
desregierung auch akzeptierte Ergänzung der Bundesnotar-
ordnung um die §§ 78a bis 78c. Im Hinblick auf die be-
vorstehende Novellierung des Betreuungsrechts soll der
Bundesnotarkammer bereits jetzt eine Rechtsgrundlage für
die Einrichtung eines Vorsorgeregisters gegeben werden.

Die Fraktion der SPD trat der Auffassung, dass die Ände-
rung des Umgangsrechts zu einer unzumutbaren Erweite-
rung des Kreises der möglicherweise Umgangsberechtigten
führe, deutlich entgegen. Sie betonte, dass die vorgesehene
Regelung das Kindeswohl klar in den Vordergrund stelle
und für ein Umgangsrecht einer Bezugsperson eine sozial-
familiäre Beziehung der Person zu dem Kind gefordert
werde. Dies bedeute, dass die Bezugsperson tatsächliche
Verantwortung für das Kind trage oder getragen habe. Die
gewählte Formulierung trage der Tatsache Rechnung, dass
sich Familienverhältnisse veränderten und es inzwischen
die unterschiedlichsten Familienformen gebe. Auch der Ein-
wand, über § 1626 BGB könne ein Umgangsrecht festge-
stellt werden, müsse zurückgewiesen werden, da die Vor-
schrift selbst keine konkreten Rechtsfolgen anordne. Aus
ihr ergebe sich weder ein Recht des Kindes auf Umgang
noch begründe die Vorschrift Rechte für andere Bezugsper-
sonen auf Umgang mit dem Kind. Das konkrete Umgangs-
recht werde in den §§ 1684 f. BGB geregelt mit der Folge,
dass eine Erweiterung des Umgangsrechts auch an dieser
Stelle vorgesehen werden müsse. Zur Forderung der Frak-
tion der CDU/CSU auf Übernahme der vom Bundesrat vor-
geschlagenen Ergänzungen der Bundesnotarordnung ent-
gegnete die Fraktion der SPD, dass es sich hierbei um eine
Einzelfrage des Betreuungsrechts handele, die im Rahmen
der bevorstehenden Änderung des Betreuungsrechts ge-
meinsam mit anderen Fragen sorgfältig beraten und verhan-
delt werden solle. Die derzeitige Rechtslage bestehe so be-
reits seit Jahren und sei nicht durch eine besondere
Rechtsunsicherheit gekennzeichnet, die es erforderlich ma-
che, diese Detailfrage losgelöst von den weiteren, mit dieser
im Zusammenhang stehenden Fragen des Betreuungsrechts
festzulegen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wandte sich
ebenfalls dagegen, eine komplizierte und inhaltsreiche
Frage wie die der Registrierung von Vorsorgevollmachten
und Patientenverfügungen im Rahmen der Änderung des
Anfechtungsrechts für biologische Väter mitzuregeln. Da
eine umfassende Reform des Betreuungsrechts geplant sei
und die Absicht bestehe, Vorsorgevollmachten ein großes
Gewicht beizumessen, sei der Bedarf für eine Institutionali-
sierung der Registrierung dieser Vollmachten zweifellos ge-
geben. Die Beratung, wie die Vollmachten registriert wer-
den sollten, könne sachgemäß allein im Zusammenhang mit
der in nächster Zukunft anstehenden Änderung des Betreu-
ungsrechts erörtert werden.
Auch die Fraktion der FDP konnte sich dem Vorschlag der
Fraktion der CDU/CSU nicht anschließen, die vom Bundes-
rat vorgeschlagene Regelung der zentralen Registrierung
aller Vorsorgevollmachten bereits jetzt zu regeln. Ein drin-
gender Handlungsbedarf sei nicht ersichtlich, so dass diese
Frage nicht mit entschieden werden müsse. Die Ausweitung
und Anpassung des Umgangsrechts an die familiären Reali-
täten und die Einführung eines Anfechtungsrechts des bio-
logischen Vaters seien sinnvoll und würden von der Frak-
tion der FDP daher mitgetragen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/2492

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung
Im Folgenden werden lediglich die vom Rechtsausschuss
beschlossenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss
den Gesetzentwurf unverändert angenommen hat, wird auf
die jeweilige Begründung auf Drucksache 15/2253, S. 14 ff.
verwiesen.

Zur Überschrift
Die Überschrift ist infolge der Erweiterung des Gesetzent-
wurfs hinsichtlich der Änderung des Gesetzes über die An-
gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Artikel 2a:
§ 69e FGG-E) neu zu fassen. Das Ziel dieser Änderung
– Einführung von Vordrucken für die Vergütung von Berufs-
betreuern – wird in die Überschrift aufgenommen.

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
Zu Nummer 2a (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB)
Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Möglichkeit
der Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft durch den leib-
lichen Vater führt zu einer Stärkung von dessen Rechtsposi-
tion, bedeutet aber auch einen möglichen Eingriff in das Fa-
milienleben und die Persönlichkeitssphäre von Mutter, Kind
und rechtlichem Vater. Es gilt daher, eine Anfechtung „ins
Blaue hinein“ zu vermeiden. Der Gesetzentwurf wählt
hierzu einen materiell-rechtlichen Weg, indem er die
Anfechtungsberechtigung entsprechend modifiziert. Diese
Regelung führt zu einer erhöhten Anforderung an die Dar-
legungslast des Anfechtenden und ist bei der Schlüssigkeits-
prüfung der Anfechtungsklage, also im Rahmen der Be-
gründetheit zu erörtern. Der Rechtsausschuss empfiehlt
daher, bei der Anfechtungsberechtigung zu fordern, dass der
anfechtende Mann „an Eides statt versichert, der Mutter des
Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben“.
Da die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt
strafbewehrt ist (vgl. §§ 156, 163 StGB), besteht für den an-
fechtenden Mann somit eine zusätzliche Hürde.
Dadurch dass sich die eidesstattliche Versicherung auf die
Tatsache der Beiwohnung erstreckt, wird zugleich verhin-
dert, dass ein samenspendender Dritter als „biologischer
Vater“ ein Anfechtungsrecht erhält. Gegen einen solchen
Ausschluss des Anfechtungsrechts bestehen keine verfas-
sungsrechtlichen Bedenken. Unabhängig von der Frage, in-
wieweit der Samenspender als genetischer Vater in den
Schutzbereich des Artikels 6 Abs. 2 GG einbezogen ist, ist
jedenfalls seine erklärte Bereitschaft zur Teilnahme an einer
Samenspende als konkludenter Verzicht auf die rechtliche
Vaterschaft und damit auf ein entsprechendes Anfechtungs-
recht zu deuten. Durch die Regelung eines Anfechtungsaus-
schlusses über die Anforderungen an die Anfechtungs-
berechtigung bedarf es keiner eigenständigen Ausschluss-
vorschrift, wie sie vom Bundesrat vorgeschlagen ist.

Zu Nummer 3a (§ 1600b Abs. 1 Satz 2 BGB)
Nach dem Gesetzentwurf gilt auch für die Anfechtung
durch den leiblichen Vater die in § 1600b BGB geregelte
Anfechtungsfrist; lediglich der generelle Beginn der Frist
wird in einer Überleitungsvorschrift in Artikel 229 § 10 EG-
BGB festgelegt. Der vorgeschlagene neue Halbsatz in

§ 1600b Abs. 1 Satz 2 BGB geht auf einen Vorschlag des
Bundesrates zurück. Er soll durch eine Klarstellung die
Rechtsanwendung in der Praxis erleichtern.

Zu Nummer 6 (§ 1685 Abs. 2 BGB)
Der empfohlene neue § 1685 Abs. 2 BGB erstreckt das Um-
gangsrecht generell auf „Bezugspersonen“ des Kindes mit
der, diesen obliegenden Feststellungslast hinsichtlich ihrer
sozial-familiären Beziehung zum Kind. Oberster Maßstab
bleibt daneben weiterhin das Kindeswohl. Hinsichtlich der
Voraussetzungen für das Vorliegen einer sozial-familiären
Beziehung in § 1685 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB-E wird auf
die parallel ausgestaltete Vorschrift des § 1600 Abs. 3 BGB
verwiesen.
Mit der Abkehr von einer enumerativen Auflistung von um-
gangsberechtigten Personen gemäß geltendem § 1685
Abs. 2 BGB hin zur Ausdehnung des Umgangsrechts gene-
rell auf „Bezugspersonen“ werden nicht nur die Vorgaben
im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April
2003 (Umgangsrecht für den leiblichen Vater) umgesetzt. Es
wird auch weiteren, wegen der europäischen Rechtsent-
wicklung absehbaren Änderungen von § 1685 BGB vorge-
beugt. Eine solche Ausdehnung des Umgangsrechts ent-
spricht insbesondere dem zur Zeichnung aufgelegten
Übereinkommen des Europarats über den Umgang mit
Kindern (ETS Nr. 192), das in seinem Artikel 5 Abs. 1 ein
Umgangsrecht für Personen, die nicht Eltern des Kindes
sind, allein an die Kindeswohldienlichkeit und das Bestehen
familiärer Bindungen knüpft. Während Großeltern und
Geschwistern nach § 1685 Abs. 1 BGB ein Umgangsrecht
mit dem Kind – vorbehaltlich der Kindeswohldienlichkeit –
automatisch zusteht, können sich bei dem empfohlenen
§ 1685 Abs. 2 BGB nunmehr z. B. auch ein Onkel oder ein
früherer Lebenspartner der Kindesmutter auf ein Umgangs-
recht berufen, wenn zwischen diesen und dem Kind eine
sozial-familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat. Der
Kontaktabbruch zu diesen Beispielspersonen kann für ein
Kind nämlich genauso belastend sein wie ein Kontakt-
abbruch zu Großeltern oder Geschwistern.

Zu Artikel 2 (Anpassung anderer Rechtsvorschriften)
Zu Nummer 2a (Inhaltsübersicht der ZPO)
Der Gesetzentwurf sieht nur mehr eine Änderung von
§ 640h ZPO vor, so dass auch nur insoweit eine Änderung
der Inhaltsübersicht der ZPO vorzunehmen ist.

Zu Nummer 2b (Wegfall von § 640d ZPO-E)
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Installierung einer An-
hörungspflicht des Jugendamts in Anlehnung an § 49a FGG
ist – unabhängig von der Frage der rechtsdogmatischen Ein-
gliederungsmöglichkeit in die ZPO – nicht erforderlich. We-
gen des im Anfechtungsprozess geltenden Amtsermittlungs-
grundsatzes (§ 640 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 616 Abs. 1 ZPO)
hat das Familiengericht jedenfalls über § 273 Abs. 2 Nr. 2
ZPO die Möglichkeit, die notwendigen Informationen vom
Jugendamt zu erhalten. Entsprechend dem Vorschlag des
Bundesrates kann daher auf eine Änderung von § 640d ZPO
verzichtet werden.

Drucksache 15/2492 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Nummer 2c (§ 640h Abs. 2 Satz 1 ZPO)
§ 640h Abs. 2 ZPO-E regelt die Rechtswirkungen, speziell
die Feststellungswirkung eines Anfechtungsurteils. Die
Streichung des Wortes „leiblichen“ (Vaterschaft) in § 640h
Abs. 2 Satz 1 ZPO-E, die entsprechend dem Vorschlag des
Bundesrates empfohlen wird, führt zu der aus Publizitäts-
gründen gebotenen Einheitlichkeit der Begrifflichkeiten –
insbesondere im Urteilstenor. Der Anfechtende wird nun-
mehr im Urteil als „Vater“ ausgewiesen. Gleichwohl ist fest-
zuhalten, dass dem Anfechtungsurteil wegen seiner durch
den Streitgegenstand vorgegebenen Gestaltungswirkung nur
eine Feststellungswirkung hinsichtlich der im Anfechtungs-
prozess ermittelten leiblichen Vaterschaft zukommen kann.
Zu Artikel 2a (Änderung des Gesetzes über die Angele-

genheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit)
Mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelung werden
die Landesregierungen ermächtigt, für den Vergütungsan-
spruch der Berufsbetreuer Vordrucke einzuführen. Dies
dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung.
Bei Nichtbenutzung der Vordrucke ist der Vergütungsantrag
nicht wirksam gestellt.
Mit Rücksicht auf die Änderung und Neufassung der Kos-
tengesetze, insbesondere des Justizvergütungs- und Ent-
schädigungsgesetzes, tritt die Ermächtigung mit Blick auf
§ 69e Abs. 2 Satz 3 FGG-E erst zum 1. Juli 2004 in Kraft,
um Übergangsfälle – soweit als möglich – auszuschließen.
Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch
Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen über-
tragen.

Berlin, den 11. Februar 2004
Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Ute Granold
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Sibylle Laurischk
Berichterstatterin

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