BT-Drucksache 15/2114

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau -15/873 - Rechtsstellung der Abgeordneten der PDS im 15. Deutschen Bundestag b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau -15/874- Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

Vom 1. Dezember 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2114
15. Wahlperiode 01. 12. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
(1. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau
– Drucksache 15/873 –
Rechtsstellung der Abgeordneten der PDS im 15. Deutschen Bundestag

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau
– Drucksache 15/874 –
Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

A. Problem
Der Antrag auf Drucksache 15/873 strebt eine Anerkennung des Zusammen-
schlusses der beiden Antragstellerinnen als Gruppe i. S. des § 10 Abs. 4 GO-BT
mit mehreren konkret aufgeführten parlamentarischen Mitwirkungsrechten und
Ansprüchen an.
Der Hilfsantrag auf Drucksache 15/874 zielt auf eine Änderung der Geschäfts-
ordnung, dass auch anderen Zusammenschlüssen als Fraktionen oder Gruppen
bestimmte Rechte verliehen werden können.

B. Lösung
Der Ausschuss empfiehlt, beide Anträge abzulehnen. Eine Anerkennung als
Gruppe im Falle des Zusammenschlusses der nur zwei Antragstellerinnen
kommt auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts nicht in Betracht. Für eine Regelung entsprechend dem Hilfsantrag
besteht kein Bedarf.
Einstimmigkeit im Ausschuss

C. Alternativen
Annahme eines der beiden Anträge

D. Kosten
Keine

Drucksache 15/2114 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Antrag auf Drucksache 15/873 abzulehnen,
b) den hilfsweise gestellten Antrag auf Drucksache 15/874 abzulehnen.

Berlin, den 13. November 2003

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
Erika Simm
Vorsitzende

Dr. Uwe Küster
Berichterstatter

Eckart von Klaeden
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2114

Bericht der Abgeordneten Dr. Uwe Küster, Eckart von Klaeden, Volker Beck (Köln)
und Jörg van Essen

1. Die Anträge der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und
Petra Pau auf Drucksachen 15/873 und 15/874 sind in
der 48. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 5. Juni
2003 dem 1. Ausschuss überwiesen worden.
Der 1. Ausschuss hat die Anträge in seiner 12., 16. und
17. Sitzung vom 3. Juli 2003 sowie 6. und 13. November
2003 beraten. An der 12. Sitzung haben die Antragstelle-
rinnen als Erstunterzeichnerin bzw. als Zuhörerin gemäß
§ 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GO-BT teilgenommen.
Im Ergebnis sind beide Anträge einstimmig abgelehnt
worden.

2. Der Antrag auf Drucksache 15/873 strebt zum einen an,
durch Plenarbeschluss den Zusammenschluss der beiden
Antragstellerinnen als Gruppe i. S. des § 10 Abs. 4 GO-
BT anzuerkennen. Zum anderen sollen dieser Gruppe
bestimmte parlamentarische Rechte und Ausstattungen
zuerkannt werden (beratende Mitgliedschaft im Ältes-
tenrat; Recht auf Einbringung von Gesetzentwürfen und
bestimmter weiterer Vorlagen und auf jährlich zwei Ak-
tuelle Stunden; Zubilligung angemessener Redezeit; Zu-
weisung finanzieller, technischer und organisatorischer
Ausstattung sowie von Tisch und Telefon im Plenarsaal).
Durch den Hilfsantrag auf Drucksache 15/874, der für
den Fall der Ablehnung einer Anerkennung als Gruppe
gestellt ist, soll in der Geschäftsordnung ausdrücklich
verankert werden, dass auch anderen Zusammenschlüs-
sen als Fraktionen oder Gruppen einzelne geschäftsord-
nungsrechtlich für Fraktionen vorgesehene Rechte ver-
liehen werden können.

3. Die Anträge werden im Wesentlichen damit begründet,
dass die Antragstellerinnen bei der Bundestagswahl
2002 direkt gewählt worden sind und angesichts der
nicht überwundenen 5 %-Hürde als einzige die PDS im
Deutschen Bundestag repräsentieren. Entsprechend ihrer
gleich gerichteten politischen Ziele hätten sie sich zur
Koordinierung ihrer parlamentarischen Tätigkeit zusam-
mengeschlossen. Die Begründung des Antrags verweist
insoweit auf einen erheblichen Koordinierungs-, Kom-
munikations- und Beratungsbedarf und nennt als Be-
zugspunkte den Parteivorstand der PDS, Repräsentanten
der PDS in mehreren Landesparlamenten und im Euro-
päischen Parlament sowie die beiden Wahlkreise unter
Einschluss derjenigen Wähler, die ihre Stimme nicht für
eine der Antragstellerinnen abgegeben hätten. In der
Ausschussberatung hat die Erstunterzeichnerin diese Be-
gründungen bekräftigt und die Notwendigkeit betont, für
eine wirksame Wahrnehmung ihrer Aufgaben die im
Antrag konkret aufgeführten parlamentarischen Rechte
und Ausstattungen zuerkannt zu bekommen.

4. Zur Begründung der Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 15/873 ist im Ausschuss zunächst daran erinnert
worden, dass bereits bei der Ablehnung des vorausge-
gangenen, am Beginn der Wahlperiode eingebrachten
Antrags auf Drucksache 15/2, der abstrakt in der Ge-
schäftsordnung die Bildung einer Gruppe gemäß § 10

Abs. 4 GO-BT erleichtern wollte, die Situation der An-
tragstellerinnen sowohl im Ausschuss (vgl. Beschluss-
empfehlung und Bericht – Bundestagsdrucksache 15/
178) als auch im Plenum (vgl. Stenographischer Bericht
der 19. Sitzung vom 16. Januar 2003 – S. 1551 f.) in den
Blick genommen worden ist. Im Ergebnis wurde schon
bei diesem Antrag keine Grundlage für eine Anerken-
nung als Gruppe gesehen und auf die geschäftsord-
nungsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeiten als Frak-
tionslose verwiesen. Dabei wurde zwischen den
Antragstellerinnen und Abgeordneten, die aus anderen
Gründen keiner Fraktion angehören, kein maßgebli-
cher, eine Gruppenanerkennung rechtfertigender Unter-
schied gesehen. Ebenso wenig wurden die Gruppenaner-
kennungen nach der deutschen Einigung 1990 für
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS als vergleichbar
betrachtet. Dabei war auch entscheidend, dass laut Bun-
desverfassungsgericht ein Zusammenschluss nur dann
als Gruppe anerkannt werden muss, wenn eine aus glei-
cher Partei oder Wahlbündnis stammende Gruppierung
so mitgliederstark ist, dass sie unter Berücksichtigung
der Ausschussgrößen und des geltenden Verteilverfah-
rens nach § 12 GO-BT ein oder mehrere Ausschusssitze
beanspruchen kann. Diese Voraussetzungen wären in der
jetzigen Wahlperiode erst ab acht Mitglieder erreicht.
Ein Präzedenzfall bei nur zwei Abgeordneten sei zu ver-
meiden.
Die vorgenannten Bewertungen waren im Ausschuss
auch bei der Beratung über den nunmehr auf eine Einzel-
entscheidung abzielenden Antrag auf Anerkennung als
Gruppe gemäß § 10 Abs. 4 GO-BT weiterhin maßgeb-
lich.
Darüber hinaus sind auch die im Antrag gewünschten
Rechte und Ausstattungen, soweit überhaupt Entschei-
dungsbedarf bestand, auf Ablehnung gestoßen.
Bezüglich der angestrebten Mitwirkung im Ältestenrat
(vgl. Nummer 2 Buchstabe a des Antrags) war von Be-
deutung, dass den Antragstellerinnen die für ihre parla-
mentarische Tätigkeit notwendigen Informationen be-
reits zugehen. So erhalten sie die im Ältestenrat
vereinbarte Tagesordnung am Tag nach dessen Sitzung
und aktualisiert am Dienstag der Sitzungswoche. Ebenso
werden sie über Debattenzeiten, anstehende namentliche
Abstimmungen, interfraktionell vereinbarte Änderun-
gen der Tagesordnung sowie über das von der Bundesre-
gierung mitgeteilte Thema der Regierungsbefragung un-
terrichtet.
Soweit bestimmte Initiativrechte bzw. eine bestimmte
Anzahl an Aktuellen Stunden angestrebt werden (vgl.
Nummer 2 Buchstabe b und c des Antrags), wurde auf
die für Fraktionslose gegebenen Mitwirkungsmöglich-
keiten abgestellt. So können die Antragstellerinnen im
Plenum durch Debattenbeiträge, Teilnahme an Abstim-
mungen, Einbringung von Änderungsanträgen und Er-
klärungen zur Abstimmung sowie durch Wahrnehmung
des Fragerechts (Fragen für die Fragestunde und in der

Drucksache 15/2114 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Regierungsbefragung; schriftliche Einzelfragen) mitwir-
ken.
Zur geforderten angemessenen Redezeit (vgl. Nummer 2
Buchstabe d des Antrags) wurde darauf verwiesen, dass
dieser Forderung bereits seit Beginn der Wahlperiode
entsprochen wird und im Übrigen den beiden Antragstel-
lerinnen im Vergleich zu fraktionsangehörigen Abgeord-
neten, insbesondere aus großen Fraktionen, deutlich grö-
ßere Redemöglichkeiten biete.
Weiterhin wurde im Zusammenhang mit der geforderten
finanziellen, technischen und personellen Unterstützung
(vgl. Nummer 2 Buchstabe e) im Ausschuss keine
Grundlage für eine Zuweisung von Ansprüchen, die sich
an den Leistungen für Fraktionen orientieren, im Falle
der Fraktionslosen erblickt.
Schließlich ist der Ausschuss bezüglich eines Tisches
und eines Telefons im Plenarsaal (vgl. Nummer 2 Buch-
stabe f des Antrags) insoweit von einer durch den Ältes-
tenrat zu entscheidenden Angelegenheit ausgegangen

und hat zudem die Sache als erledigt angesehen, nach-
dem im Ältestenrat eine entsprechende Ausstattung un-
ter dem Vorbehalt rechtlicher und technischer Durch-
führbarkeit mehrheitlich auf Zustimmung gestoßen ist.
Nur die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat im
Ausschuss diese Ausstattung angesichts einer besonde-
ren, mit sonstigen Fraktionslosen nicht vergleichbaren
Lage der beiden Antragstellerinnen befürwortet.
Auch der Hilfsantrag auf Drucksache 15/874 ist eben-
falls einstimmig abgelehnt worden. Für eine ausdrückli-
che geschäftsordnungsrechtliche Festlegung, dass auch
anderen Zusammenschlüssen als Fraktionen oder Grup-
pen bestimmte Fraktionsrechte übertragen werden kön-
nen, besteht nach einhelliger Auffassung kein Bedarf.
Derartige Übertragungen könnten nach Auffassung des
Ausschusses entsprechend der bisherigen Praxis (z. B.
bei der Gestaltung der Redezeit oder der Gestattung
gegenseitiger Stellvertretung im Haushalts- bzw. Innen-
ausschuss) durch Einzelentscheidungen vorgenommen
werden.

Berlin, den 13. November 2003
Dr. Uwe Küster
Berichterstatter

Eckart von Klaeden
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

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