BT-Drucksache 15/2100

Beschlussempfehlung und Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes

Vom 24. November 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2100
15. Wahlperiode 24. 11. 2003
Berichterstatter
Jerzy Montag
Berichterstatter
Beschlussempfehlung und Bericht
des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes*)

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes
wird zur Kenntnis genommen.

Berlin, den 24. November 2003

Der 1. Untersuchungsausschuss

Klaus Uwe Benneter
Vorsitzender

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Dr. Jürgen Gehb
Berichterstatter

Florian Pronold
Berichterstatter

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Berichterstatter

Ortwin Runde
*) Eingesetzt durch den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 20. Dezember 2002 – Drucksache 15/256.

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 –

Seite

I n h a l t s ü b e r s i c h t

Erster Teil
Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des
Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des

Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Zweiter Teil
Feststellungen zum Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
A. Entwicklung der Wachstums und Wirtschaftsprognosen sowie

die Konjunkturentwicklung im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
B. Die Situation des Bundeshaushalts im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
C. Die Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrags und

des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. . . . . . . . . . . . . . . . 79
D. Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2002 . . . . . 103
E. Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2002 . . . . . 121
F. Der Vorwurf der vereinbarten falschen bzw. unvollständigen

Information des Bundestages und der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . 134

Dritter Teil
Bewertungen 137
A. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
B. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
C. Zu den Vorwürfen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Vierter Teil
Sondervoten 163
A. Sondervotum der CDU/CSU im 1. Untersuchungsausschuss

der 15. Wahlperiode („Lügenausschuss“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
B. Sondervotum der FDP-Fraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
C. Erwiderung der SPD-Fraktion auf das Sondervotum der

CDU/CSU-Fraktion zum Abschlussbericht des
1. Untersuchungsausschusses der 15. Wahlperiode . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Fünfter Teil
Register, Übersichten, Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 –

Seite

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Erster Teil

Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf
des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des
Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
I. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
II. Einsetzung des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
III. Untersuchungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
IV. Konstituierung des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1. Mitglieder des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2. Bestimmung des Vorsitzenden und des stellvertretenden

Vorsitzenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3. Benennung der Obleute und Ernennung der Berichterstatter . . . . 26
4. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundesrates . . . . . . . . 26

a) Beauftragte der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
b) Beauftragte des Bundesrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

5. Benannte Mitarbeiter der Fraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
6. Sekretariat des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

V. Parallelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
1. Prüfung von Strafverfahren bei der Berliner

Staatsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2. Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl zum 15. Deutschen

Bundestag beim Wahlprüfungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
I. Rechtsgrundlage für die Arbeit des Untersuchungsausschusses . . . . 28
II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

1. Kurzbezeichnung des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2. Behandlung von Beweisanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3. Zutrittsrecht für benannte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen . . . . 28
4. Protokollierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

5. Verteilung der Ausschussdrucksachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
6. Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
7. Fragerecht bei der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 6 – Deutscher

Seite

8. Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
a) Verpflichtung zur Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
b) Verteilung von Verschlusssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

9. Behandlung von Ausschussprotokollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
10. Nichtzulassung von Ton-, Bild- und Filmaufnahmen . . . . . . . . . 31
11. Mitteilungen aus nicht-öffentlichen Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . 31

III. Vorbereitung der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
1. Obleutebesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
2. Strukturierung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von Akten, Berichten,
Protokollen und sonstigen Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials . . . . . . . . . . . . . 31
2. Entscheidung über die Ersuchen auf Vorlage von

Beweismitteln und Vollständigkeitserklärungen
gem. § 18 Abs. 2 PUAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

3. Anträge auf Herabstufung VS-eingestufter Unterlagen . . . . . . . . 32
4. Antrag auf Beiziehung eines sog. „Non-papers“ des

Bundesministeriums der Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
5. Verwendung ohne formelle Beiziehung

eingegangener Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

V. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen und
Sachverständigen sowie Informationsgewinnung durch
informatorische Anhörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
1. Behandlung von Beweisanträgen und Anträgen zur

Informationsgewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
a) Entscheidung über die Beweisanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
b) Reihenfolge der Vernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2. Durchführung der Zeugen- und Sachverständigenvernehmungen
und der informatorischen Anhörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
a) Art, Dauer, Anzahl und Ort der Vernehmungen

bzw. Anhörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
b) Unerledigte Beschlüsse über Vernehmungen

bzw. Anhörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
c) Einstufungen der Vernehmungen und Anhörungen in

öffentliche und nicht-öffentliche Veranstaltungen . . . . . . . . . 34
d) Formeller Abschluss von Vernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . 34
e) Aussagegenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
VI. Zeit- und Arbeitsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

VII. Umgang mit Akten nach Beendigung der Untersuchungs-
ausschusstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 –

Seite

VIII. Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
1. Entscheidung über den Abschluss der Beweisaufnahme durch

Zeugen- und Sachverständigenanhörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
2. Erstellung des Abschlussberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3. Rechtliches Gehör zum Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4. Feststellung des Abschlussberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Zweiter Teil

Feststellungen zum Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

A. Entwicklung der Wachstums- und Wirtschaftsprognosen sowie die
Konjunkturentwicklung im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
I. Das Angebot an Wirtschaftsprognosen in Deutschland . . . . . . . . . . . 39

1. Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2. Gemeinschaftsdiagnosen der sechs führenden deutschen
Wirtschaftsforschungsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3. Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . 40
4. Der Prognosen-Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
5. Treffsicherheit und Aussagewert von Wirtschaftsprognosen . . . 40

II. Die Konjunkturprognosen im Jahre 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
1. Prognosen zum Ende des Jahres 2001. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2. Jahreswirtschaftsbericht und Frühjahrsdiagnose der

sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in
Deutschland Anfang 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

3. Die Entwicklung der Prognosen im Sommer 2002 . . . . . . . . . . . 44
4. Prognosen im Herbst 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5. Aussagen der Sachverständigen zur Prognoseentwicklung

im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
III. Bewertung der Bundesregierung zur konjunkturellen Entwicklung

im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
IV. Tatsächliche objektive Entwicklung der Konjunktur 2002 und

mögliche Ursachen für das Fehlgehen der Prognosen . . . . . . . . . . . . 47

B. Die Situation des Bundeshaushalts im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
I. Überblick über das Verfahren zur Aufstellung und zum Vollzug
des Bundeshaushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
1. Funktion des Bundeshaushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2. Verfahren zur Aufstellung des Haushaltsentwurfs . . . . . . . . . . . . 48

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 8 – Deutscher

Seite

3. Haushaltsvollzug und Haushaltsüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . 49
4. Haushaltsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5. Abweichungen vom Haushaltsgesetz und Abschluss . . . . . . . . . 49

II. Ermittlung der Steuereinnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
1. Finanzverwaltung von Bund und Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2. Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

a) Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
b) Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
c) Zeitpunkt der Arbeitskreissitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
d) Bedeutung für die Haushalts- und Finanzplanung . . . . . . . . . . 51
e) Steuerrechtsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

III. Organisation, Arbeitsweise und Veröffentlichungspraxis
des Bundesministeriums der Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
1. Organisation und Arbeitsweise des Bundesministeriums

der Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
a) Zuständigkeiten innerhalb des Ministeriums . . . . . . . . . . . . . . 52
b) Unterrichtungspraxis der Leitung des Ministeriums

durch die Fachreferate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
aa) Unterrichtung über die Arbeitsmarktentwicklung

und die Zuschüsse zur Bundesanstalt für Arbeit . . . . . . . . 52
bb) Unterrichtung über das Steueraufkommen . . . . . . . . . . . . 52
cc) Unterrichtung über die Entwicklung des Bundeshaushalts

und die weitere Haushaltsablaufschätzung . . . . . . . . . . . . 52
2. Veröffentlichungspraxis des Bundesministeriums

der Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
IV. Die Verabschiedung des Bundeshaushalts 2002 und

die Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung
zum Jahresende 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

V. Konjunkturprognosen zu Beginn des Jahres 2002 . . . . . . . . . . . . . . . 54
VI. Die Haushaltsentwicklung bis zum Mai 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

1. Die Entwicklung bis einschließlich März 2002 . . . . . . . . . . . . . . 54
a) Entwicklung zu Beginn des Jahres 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
b) Die Entwicklung im März 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

aa) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten Ausgaben
im März 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

bb) Die Entwicklung der Steuereinnahmen im März 2002 . . . 55
cc) Prognose des Referats II A 2 für die weitere Entwicklung

des Bundeshaushalts 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
dd) Bewertung der Entwicklung durch die Leitung des BMF 57
2. Die weitere Entwicklung im April und die Steuerschätzung
im Mai 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten Ausgaben

im April 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 –

Seite

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen im April 2002 . . . . . . 58
c) Die Steuerschätzung im Mai 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

aa) Ergebnis der Steuerschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
bb) Pressemitteilung über das Ergebnis der Steuerschätzung

und Bekanntmachung im Monatsbericht des
Bundesministeriums der Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

d) Die Prognose des Referats II A 2 für den Haushaltsablauf
auf der Basis der April-Ergebnisse und der aktuellen
Steuerschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

e) Bewertung der Entwicklung durch die Leitung des BMF . . . . 59
f) Unterrichtung des Finanzausschusses des

Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
VII. Die Entwicklung bis einschließlich Juni 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

1. Die Sitzung des Finanzplanungsrates am 12. Juni 2002 . . . . . . . 60
2. Die Ergebnisse vom Mai 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten Ausgaben im
Mai 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen im Mai 2002 . . . . . . . 61
c) Die Prognose des Referats II A 2 für die weitere Entwicklung

des Bundeshaushalts 2002 auf der Basis der Mai-Ergebnisse . 62
3. Die Ergebnisse vom Juni 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten Ausgaben
im Juni 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen im Juni 2002 und das
Ergebnis der Steuereinnahmen des 1. Halbjahres 2002 . . . . . . 62

c) Die Prognose des Referats II A 2 für die weitere Entwicklung
des Bundeshaushalts 2002 auf der Basis der Juni-Ergebnisse . 63

d) Veröffentlichung im Monatsbericht des Bundesministeriums
der Finanzen und Presseerklärung zu den Steuereinnahmen
des 1. Halbjahres 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

e) Bewertung der Steuereinnahmen und der Entwicklung des
Bundeshaushalts durch das Bundesfinanzministerium . . . . . . 64

VIII. Die Vorlage des Regierungsentwurfs für den Bundeshaushalt 2003 . 66
IX. Die weitere Entwicklung im Sommer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

1. Die Erwägung verschiedener Optionen für die Haushaltsführung
Anfang August 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

2. Die Ergebnisse vom Juli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten Ausgaben

im Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen im Juli 2002 . . . . . . . 70
c) Die Prognose des Referats II A 2 für die weitere Entwicklung
des Bundeshaushalts 2002 auf der Basis der Juli-Ergebnisse . 70
3. Die Veröffentlichung des Berichts über die Entwicklung des

Bundeshaushalts im 1. Halbjahr 2002 im Monatsbericht des
Bundesministeriums der Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 10 – Deutscher

Seite

4. Die Flutkatastrophe im August 2002 und die Maßnahmen
zur Refinanzierung der Soforthilfe und des Wiederaufbaus . . . . 71

5. Der Ifo-Geschäftsklimaindex vom 28. August 2002 . . . . . . . . . . 71
X. Die Situation im September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

1. Die Haushaltsdebatte im September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
2. Die Ergebnisse vom August 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten Ausgaben
im August 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen im August 2002 . . . . . 74
c) Die Prognose des Referats II A 2 für die weitere Entwicklung

des Bundeshaushalts 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3. Gerüchte über eine angebliche „Giftliste“ von Staatssekretär

Dr. Overhaus unmittelbar vor der Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
XI. Kenntnis und Einschätzung der Haushaltslage im Bundeskanzleramt 75

1. Fachliche Zuständigkeit und Kontakt zum BMF auf Arbeitsebene 75
2. Kenntnis und Einschätzung durch die Abteilung 4 . . . . . . . . . . . 75
3. Einschätzung durch den Chef des Bundeskanzleramtes und

den Bundeskanzler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
a) Unterrichtungen an den Chef des Bundeskanzleramtes und den

Bundeskanzler durch die Abteilung 4 im Bundeskanzleramt . 76
b) Einschätzungen des Chefs des Bundeskanzleramtes und des

Bundeskanzlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
XII. Die Entwicklung nach der Bundestagswahl – Die Haushaltsdaten

des Monats September und die Einbringung des Nachtragshaushalts. 77
1. Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten Ausgaben im

September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
2. Die Entwicklung der Steuereinnahmen im September 2002 . . . . 78
3. Prognose des Referats II A 2 für die weitere Entwicklung

des Bundeshaushalts 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4. Die Einbringung des Nachtragshaushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
5. Abschluss des Bundeshaushalts 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

C. Die Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrags und des
Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts 79
I. Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt . . . . . . . . . . . . . . . 79

1. Rechtsgrundlagen für die Festlegung der gesamtstaatlichen
Defizitgrenze und deren Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . 79

2. Feststellung der Haushaltsdisziplin der Mitgliedsstaaten . . . . . . 79

a) Übermittlung der relevanten Wirtschaftsdaten durch

die Mitgliedsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
b) Die frühzeitige Warnung nach Art. 99 EG-Vertrag

(„blauer Brief“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 –

Seite

c) Das Verfahren bei Überschreitung des gesamtstaatlichen
Defizits nach Art. 104 EG-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

d) Sanktionen bei der Nichteinhaltung der Empfehlungen
des Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

3. Innerstaatliche Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstums-
pakts – der nationale Stabilitätspakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

II. Verfahrensüberlegungen nach Art. 99 EG-Vertrag
im Frühjahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
1. Die Empfehlung der EU-Kommission an den ECOFIN-Rat . . . . 83
2. Öffentliche Diskussion in Deutschland über die Empfehlung

der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
a) Darstellung der Diskussion über die Haltung der

Bundesregierung in den Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
b) Kritik des damaligen haushaltspolitischen Sprechers der

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am Bundeskanzler . . . 84
c) Ereignisse im Vorfeld des Ecofin-Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

3. Die Entscheidung des Ecofin-Rates am 12. Februar 2002 . . . . . . 85
4. Öffentliche Mitteilung des Ecofin-Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
5. Die Finanzministerkonferenz am 14. Februar 2002 . . . . . . . . . . . 87
6. Die Meldung der Konvergenzdaten zum 1. März 2002 . . . . . . . . 87
7. Die Sondersitzung des Finanzplanungsrates am 21. März 2002

zur Verabschiedung des nationalen Stabilitätspakts . . . . . . . . . . 87
III. Die Einschätzung des gesamtstaatlichen Defizits im Zeitraum

April bis Juni 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
1. Die Projektionen der Forschungsinstitute der EU-Kommission

und der OECD Ende April 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
2. Die Maastricht-Wirksamkeit des Bundesbankgewinns

im April 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
3. Die Auswirkungen der Steuerschätzung vom Mai 2002 auf das

gesamtstaatliche Defizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
4. Die Projektion des BMF für die Sitzung des Finanzplanungsrates

am 12. Juni 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
IV. Die Einschätzung des gesamtstaatlichen Defizits im Zeitraum

Juli/August 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
1. Die Haushaltsdaten des 1. Halbjahres 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

a) Vorlage des Referats II A 2 vom 17. Juli 2002 . . . . . . . . . . . . 89
b) Mündliche Unterrichtung durch das Referat I A 4 am

15. und am 17. Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
c) Die Einschätzung des Generalreferats für Finanzpolitik . . . . . 90
d) Die Einschätzung der Deutschen Bundesbank . . . . . . . . . . . . 90

e) Die Einschätzung der Leitung des BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
f) Die Veröffentlichung des Berichts über die Entwicklung des

Bundeshaushalts im 1. Halbjahr 2002 im Monatsbericht des
Bundesministeriums der Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 12 – Deutscher

Seite

2. Die Behandlung des Bundesbank-Gewinns bei der Berechnung
des Maastrichtdefizits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

3. Wirbel um ein angebliches „Non-Paper“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
4. Meldung der VGR-Daten an die Kommission nach Art. 4 Abs. 3

der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
a) BMF-interne Einschätzung der Defizit-Entwicklung . . . . . . . 93

aa) Die Einschätzung des Generalreferats für
Finanzpolitik I A 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

bb) Die Einschätzung des Referat I A 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
b) Die Einschätzung der Deutschen Bundesbank . . . . . . . . . . . . 94
c) Die Einschätzung verschiedener Wirtschaftsforschungs-

institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
d) Die Einschätzung des bayerischen Finanzministers

Prof. Dr. Kurt Faltlhauser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
e) Die Nichteinhaltung des vorgesehenen Termins zur Meldung. 95

V. Die weitere Entwicklung im September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
1. Die Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag

am 12. September 2002. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
a) Die Sitzung des Haushaltsausschusses am Morgen

des 12. September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
b) Die Plenardebatte zur Ersten Lesung des Bundeshaushalts 2003 97

2. Die öffentlichen Äußerungen von Bundesfinanzminister
Hans Eichel im September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

VI. Kenntnisstand und Einschätzung des Bundeskanzleramts
zur Einhaltung des Staatsdefizits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
1. Fachliche Zuständigkeit und Kontakt zum BMF

auf Arbeitsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
2. Kenntnis und Einschätzung durch die Abteilung 4 . . . . . . . . . . . 99

a) Referatsleiter 413 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
b) Die Beurteilung der Auswirkungen der Hochwasser-

katastrophe auf die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums
durch das Referat 431 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

c) Gruppenleiter 41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
d) Abteilungsleiter 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

3. Einschätzung durch den Chef BK und den Bundeskanzler . . . . . 100
a) Die Beurteilung des Defizitkriteriums im Sommer 2002 . . . . 100
b) Die verspätete Meldung der Konvergenzkriterien . . . . . . . . . . 101

VII. Die weitere Entwicklung nach der Bundestagswahl
am 22. September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
1. Die Meldung nach Brüssel am 24. September 2002 . . . . . . . . . . 102

2. Die Meldung vom 16. Oktober 2002 zur Überschreitung

des Defizitkriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
3. Projektion des Finanzplanungsrates am 27. November 2002 . . . 103

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 –

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4. ECOFIN-Rat am 21. Januar 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
5. Korrektur des gesamtsstaatlichen Defizits 2002 . . . . . . . . . . . . . 103
6. Meldung des voraussichtlichen Defizits 2003 . . . . . . . . . . . . . . . 103

D. Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2002 . . . . . 103
I. Struktur der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

1. Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung 103
2. Aufsicht über die Krankenkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
3. Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . 103
4. Schätzungen der Finanzentwicklung in der GKV durch den

gemeinsamen Schätzerkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
II. Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung

bis Ende 2001 und Maßnahmen zur Kostendämpfung im
Arzneimittelbereich zu Beginn des Jahres 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

III. Diskussion über die Defizitentwicklung in der gesetzlichen
Krankenversicherung im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
1. Finanzentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung

im ersten Halbjahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
a) Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittel-

vereinbarungen vom Januar 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
b) Vorläufiges Finanzergebnis der gesetzlichen Kranken-

versicherung des Jahres 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
aa) Unterrichtung über das vorläufige Finanzergebnis

im März 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
bb) Pressemitteilung des BMG über das vorläufige

Finanzergebnis 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
cc) Tagung des GKV-Schätzerkreises am 11. März 2002 . . . 106

c) Weitere Entwicklung bis zum Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
aa) Rechtliche Bedenken der KBV und der GKV-Spitzen-

verbände gegen die Umsetzung der Informations-
kampagne nach dem ABAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

bb) Schreiben des Sozialministers von Baden-Württemberg
an die Bundesministerin vom April 2002 . . . . . . . . . . . . . 107

cc) Entwicklung der Arzneimittelausgaben Ende April 2002
und Beurteilung durch KBV und GKV-Spitzenverbände . 107

dd) Unterrichtung über die weitere Beitragssatz- und
Mitgliederentwicklung in der GKV im Mai 2002 . . . . . . . 108

ee) Weitere Bemühungen des BMG zur Umsetzung
der Informationskampagne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

d) Finanzergebnis der gesetzlichen Krankenversicherung
im 1. Quartal 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
aa) Unterrichtung über das Finanzergebnis
im 1. Quartal 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
bb) Pressemitteilungen des BMG und der GKV-

Spitzenverbände zum Finanzergebnis
im 1. Quartal 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 14 – Deutscher

Seite

cc) Tagung des GKV-Schätzerkreises am 6. Juni 2002 . . . . . 109
dd) Unterrichtung des Gesundheitsausschusses des Deutschen

Bundestages über das Finanzergebnis der GKV
im 1. Quartal 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

2. Finanzentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung
im Sommer 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
a) Unterrichtung über die Beitragssatz- und Mitglieder-

entwicklung in der GKV zur Jahresmitte 2002 . . . . . . . . . . . . 110
b) Fortgang der Diskussion über die Umsetzung der

Informationskampagne nach dem ABAG . . . . . . . . . . . . . . . . 110
c) Zwischenbericht zur aktuellen Finanzentwicklung in der GKV

vom Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
d) Parlamentarische Anfrage von Abgeordneten der

CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag . . . . . . . . . . . . 111
e) Schreiben des Vorstandsvorsitzenden

der AOK Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
f) Äußerungen des Abg. Horst Seehofer (CDU/CSU)

zur Höhe des Defizits in der GKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
3. Finanzergebnis der gesetzlichen Krankenversicherung im

1. Halbjahr 2002 und die weitere Entwicklung bis zur
Bundestagswahl im September . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
a) Erste Trends zum vorläufigen Finanzergebnis der gesetzlichen

Krankenversicherung im 1. Halbjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
b) Schreiben des Persönlichen Referenten des Staatssekretärs

vom 2. September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
c) Unterrichtung über das Finanzergebnis der gesetzlichen

Krankenversicherung im 1. Quartal 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . 114
d) Unterrichtung des Bundeskanzleramts über die Lage der GKV 116
e) Presseerklärung der Ministerin zum Finanzergebnis der GKV

im 1. Halbjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
f) Tagung des GKV-Schätzerkreises und Bewertung . . . . . . . . . 118
g) Sondersitzung des Gesundheitsausschusses zur aktuellen

Finanzentwicklung in der GKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
h) Presseerklärung der GKV-Spitzenverbände zur Entwicklung

der Arzneimittelkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
i) Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag

„Klarheit über finanzielle Situation in der gesetzlichen Renten-
und Krankenversicherung vor der Bundestagswahl schaffen“
(BT-Drs. 14/9945) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

4. Entwicklung im unmittelbaren Anschluss
an die Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
a) Auftrag an die Fachreferate, Vorschläge für ein Sofort-

programm im Arzneimittelbereich zu liefern . . . . . . . . . . . . . 119
b) Vorschläge des AOK-Bundesverbandes und der GKV-

Spitzenverbände für Sofortmaßnahmen
im Arzneimittelbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
c) Bewertung und Umsetzung der Vorschläge
für ein Sofortprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

IV. Finanzergebnis der GKV im Jahre 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 –

Seite

E. Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2002 . . . . . 121
I. Überblick über das Rentenversicherungssystem in Deutschland . . . . 121

1. Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
a) Rentenversicherungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
b) Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
c) Bundesministerium für Arbeit und Soziales . . . . . . . . . . . . . . 121
d) Schätzerkreis zur Arbeiter- und Angestelltenversicherung . . . 121

2. Rentenbeitragsfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
a) Rechtsgrundlage für die Festlegung des Beitragssatzes

in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten
für das Jahr 2003. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

b) Die Ermittlung des Rentenbeitragssatzes in der Herbstsitzung
des Schätzerkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

3. Der Rentenversicherungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
II. Rentenstrukturreform 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
III. Diskussion um den Rentenversicherungsbeitrag 2003

im Jahre 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
1. Der Rentenversicherungsbericht 2001 und die Festlegung

des Beitragssatzes 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
a) Der Rentenversicherungsbericht 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
b) Die Festlegung des Beitragssatzes für das Jahr 2002 . . . . . . . 124

2. Situation im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung
Anfang des Jahres 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
a) Schätzung des Schätzerkreises im Februar 2002 . . . . . . . . . . 124
b) Parlamentarische Anfrage des Abg.

Johannes Singhammer (CDU/CSU) vom April 2002 . . . . . . . 124
c) Schätzungen des Schätzerkreises im April 2002 . . . . . . . . . . . 125

3. Die Entwicklung in den Monaten Juni/Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . 125
a) Berechnungen im BMA im Vorfeld der Juni-Schätzung

des Schätzerkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
b) Schätzung des Schätzerkreises im Juni/Juli 2002 . . . . . . . . . . 127
c) Unterrichtung der Leitung über das Ergebnis der Tagung

des Schätzerkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
d) Weitere Entwicklung im Anschluss an die Tagung

des Schätzerkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
aa) Gespräch zwischen BMA und dem Vorsitzenden

des Sozialbeirates Anfang Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
bb) Schreiben BMA an den Geschäftsführer des VDR und

den Präsidenten der BfA vom 2. Juli 2002 . . . . . . . . . . . . 129
cc) Gespräch zwischen BfA, VDR und BMA am 8. Juli 2002
und Einschaltung des Vorsitzenden des Sachverständigen-
rates als „Schiedsrichter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

dd) Antwortschreiben des Vorsitzenden des Sachverständigen-
rates vom 10. Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 16 – Deutscher

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ee) Schreiben des Leiters der Abteilung Konjunktur
des DIW vom 12. Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

ff) Gespräch zwischen BMA, BfA und VDR am 12. Juli 2002
und Abschluss der Juni-Schätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

gg) Mitgliederrundschreiben der BfA vom 17. Juli 2002
und des VDR vom 19. Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

4. Weitere Entwicklung bis zum 22. September 2002 . . . . . . . . . . . 132
a) Entwicklung der Beiträge für die Monate

Juni/Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
b) Zeitungsinterview des Geschäftsführers des VDR

vom 24. August 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
c) Schreiben des Abg. Singhammer (CDU/CSU)

vom 30. August 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
d) Entwicklung der Beiträge für die Monate

August/September 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
5. Festlegung des Beitragssatzes für das Jahr 2003 . . . . . . . . . . . . . 134

F. Der Vorwurf der vereinbarten falschen bzw. unvollständigen Information des Bundestages und der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . 134

Dritter Teil
Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

A. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

B. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
I. Zu den Motiven für die Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
II. Ein unplausibler Vorwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

1. Kein Informationsmonopol der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . 139
2. Keine falschen Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
3. Keine Täuschung über Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

III. Wahlversprechen der Union und das Verhalten der B-Länder . . . . . . 140
1. Die Wahlversprechen der Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
2. Verhalten der Finanzminister der B-Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

a) Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
b) Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

C. Zu den Vorwürfen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

I. Die konjunkturelle Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 141
2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 –

Seite

II. Situation des Bundeshaushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 143
2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

a) Umfassende Informiertheit des Bundesfinanzministers . . . . . 145
b) Keine Falschinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
c) Keine Verletzung von Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

aa) Vollständige Transparenz durch die Monatsberichte
des BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

bb) § 10 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 146
cc) Unterrichtungspflicht aus ungeschriebenem Recht . . . . . . 146
dd) Zur Pflicht und Sinnhaftigkeit der Veröffentlichung

von Referatsvermerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
d) Keine Täuschung über die Notwendigkeit

eines Nachtragshaushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
aa) Die Erwartung eines ausreichenden finanziellen

Spielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
bb) Keine rechtliche Notwendigkeit für einen

Nachtragshaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
e) Keine Täuschung über fest geplante Sparmaßnahmen –

die „Giftliste“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
III. Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages . . . . . . . . . . . . . 148

1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 148
2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

a) Grundlegendes Missverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
b) Keine „geschönten“ Zahlen in den Meldungen . . . . . . . . . . . . 150
c) Informationspolitik der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . 152

aa) Die Äußerungen des Bundesfinanzministers . . . . . . . . . . 152
bb) Der Begriff „bauer Brief“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
cc) Aussicht auf Einhaltung des Referenzkriteriums? . . . . . . 152

d) Bewertung durch die Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
IV. Finanzsituation der GKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 153
2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

a) Adressat des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit
über die Finanzentwicklung der GKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

b) Keine falschen Informationen durch die Bundesregierung . . . 156
c) Keine Pflichtverletzung durch unterlassene Information . . . . 156

d) „Vorschaltgesetz“ bzw. Beitragssatzsicherungsgesetz . . . . . . 157
e) Plausibilität der Erwartungen des Bundesgesundheits-

ministeriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
f) Bewertung durch die Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 18 – Deutscher

Seite

V. Finanzsituation der Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 158
2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

a) Keine falschen Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
b) Keine Täuschung über die eigene Einschätzung . . . . . . . . . . . 160
c) Die Erwartung der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

VI. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Vierter Teil
Sondervoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

A. Sondervotum der CDU/CSU im 1. Untersuchungsausschuss
der 15. Wahlperiode („Lügenausschuss“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

1. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
2. Einsetzung des Untersuchungsausschusses

und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

II. Die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses
im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
1. Die Verschleierung der desolaten Haushaltslage des Bundes

durch Bundesfinanzminister Hans Eichel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
a) Die Situation bis zur Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
b) Die Situation nach der Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

2. Die Verschleierung der Verfehlung des EU-Defizitkriteriums
durch Bundesfinanzminister Hans Eichel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
a) Die Situation bis zur Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
b) Die Situation nach der Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

3. Die Verschleierung der finanziellen Situation der gesetzlichen
Rentenversicherung durch den damaligen Arbeits- und
Sozialminister Riester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
a) Die Situation bis zur Bundestagswahl am 22. September . . . . 176

b) Die Situation nach der Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 –

Seite

4. Die Verschleierung der Finanzprobleme der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) durch Bundesministerin
Ulla Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
a) Die Situation bis zur Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
b) Die Situation nach der Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
d) Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

5. Das Verhalten des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes
zu den Bereichen 1 bis 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
a) Bundeshaushalt und Maastricht-Defizitkriterium . . . . . . . . . . 188

aa) Die Situation bis zur Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . 188
bb) Die Situation nach der Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . 189
cc) Das Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
dd) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

b) Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
aa) Die Situation bis zur Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . 193
bb) Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
cc) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

c) Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
aa) Die Situation bis zur Bundestagswahl . . . . . . . . . . . . . . . . 195
bb) Das Ergebnis der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

d) Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
III. Das Verhalten der Bundesregierung in anderen Bereichen . . . . . . . . 196

1. Konjunkturaufschwung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
2. Steuererhöhungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

IV. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
V. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

1. Doppelter Verfassungsbruch bei Einsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 201
2. Aussagegenehmigung für Bundeskanzler

Gerhard Schröder (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
3. Arkanbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
4. Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
5. Inhalt von Beweisbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
6. Zeugenreihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
7. Vollständigkeitserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
8. Missachtung des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . 205

9. Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

VI. Geheimbericht zu Akten des Bundeskanzleramtes und des Bundes-
ministeriums der Finanzen (VS-Vertraulich wegen VS-Dokumenten
der Bundesregierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 20 – Deutscher

Seite

B. Sondervotum der FDP-Fraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
I. Untersuchungsauftrag und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
II. Komplexität des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
III. Die Meinungsbildung in den Ministerien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
IV. Die einzelnen Beweisergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

1. Situation des Bundeshaushalts und Einhaltung
des Maastricht-Kriteriums im Jahre 2002
(Bundesministerium der Finanzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

2. Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahre 2002
(Bundesministerium für Gesundheit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

3. Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2002
(Bundesministerium für Arbeit und Soziales) . . . . . . . . . . . . . . . 209

4. Kenntnis und Bewertung der einzelnen Politikbereiche
im Bundeskanzleramt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

V. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
VI. Beurteilung der Bewertung der Berichterstatter der Fraktionen

von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Sondervotums
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
1. Zum Feststellungs- und Verfahrensteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
2. Zu den Bewertungsteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

a) Bewertungen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 212
b) Bewertungen der CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

VII. Verfahrenskritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
VIII. Wirkung der Ausschussarbeit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

C. Erwiderung der SPD-Fraktion auf das Sondervotum der
CDU/CSU-Fraktion zum Abschlussbericht des 1. Unter-
suchungsausschusses der 15. Wahlperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
I. Für Union bleibt Untersuchungsgegenstand unklar . . . . . . . . . . . . . . 215
II. Die angeblichen Enthüllungen der CDU/CSU-Fraktion . . . . . . . . . . . 215

1. Finanzminister acht Wochen vor der Wahl über „Katastrophe“
der Staatsfinanzen informiert... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

2. In der Haushaltsrede wenige Tage vor
der Wahl über die wahre Verschuldung gelogen... . . . . . . . . . . . 215

3. Rentenzahlen schöngerechnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

4. Nur wenige Tage nach der Wahl Situation zugegeben... . . . . . . . 216
5. Widerspruch zwischen Fachebene der Ministerien und

der politischen Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 –

Seite

III. Zum Verfahren im Ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
1. Verzicht auf Vernehmung von Mitgliedern der Regierung

Kohl und von CDU-Landespolitikern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
2. Vertraulichkeit von Regierungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
3. Umgang von Koalition und Opposition miteinander . . . . . . . . . . 218

Fünfter Teil
Register, Übersichten, Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

A. Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
I. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
II. Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

B. Übersichten und Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
I. Übersicht der Ausschussdrucksachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
II. Übersicht Beweis(vorbereitungs)beschlüsse

mit Bearbeitungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
III. Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen Materialien

(A-Materialien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
IV. Verzeichnis der Materialien, die dem Untersuchungsausschuss

ohne Beiziehungsbeschluss zur Verfügung gestellt wurden
(B-Materialien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

V. Verzeichnis der Materialien, die Bezug zum Untersuchungsauftrag
haben, aber nicht die zu untersuchenden Vorgänge dokumentieren
(C-Materialien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

VI. Verzeichnis der Zeugen, Sachverständigen und Anhörpersonen . . . . 275
1. Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
2. Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
3. Anhörpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

VII. Verzeichnis der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

C. Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
I. Dokumentenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
II. Dokumente

Am 25. November 2002 beantwortete der Parlamentarische
Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Karl
Diller, MdB, schriftliche Fragen einzelner Abgeordneter der
CDU/CSU-Fraktion zur Thematik (BT-Drs. 15/116, S. 8 ff.).
Hierbei führte er insbesondere zu den im Beitrag des ZDF-
Magazin „Frontal 21“ erhobenen Vorwürfen aus:

„Die wesentlichen für den Bundeshaushalt relevanten

der des Bundestages – und die Fraktion der CDU/CSU ei-
nen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
(BT-Drs. 15/125).
Der Untersuchungsausschuss sollte danach folgenden Auf-
trag erhalten:

„Der Untersuchungsausschuss solle klären, ob und in
welchem Umfange Mitglieder der Bundesregierung, ins-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/2100

Erster Teil
Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens
A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungsausschusses

I. Vorgeschichte
Am 22. September 2002 fand die Wahl zum 15. Deutschen
Bundestag statt, mit dem Ergebnis, dass die bisherige Koali-
tion von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch im
neu gewählten Bundestag über eine Mehrheit verfügt.
Vom 12. bis 13. November 2002 fand auf Einladung des
Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt in
Dessau die 120. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschät-
zungen“ statt. Auf der Grundlage aktueller gesamtwirt-
schaftlicher Daten wurden die Schätzungen über die voraus-
sichtlichen Steuereinnahmen für die Jahre 2002 und 2003
überprüft. Im Ergebnis wurden die Ansätze für die Steuer-
einnahmen gegenüber der letzten Steuerschätzung vom Mai
2002 deutlich nach unten korrigiert. Für das Jahr 2002 pro-
gnostizierte der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“, dass die
Steuereinnahmen um insgesamt 15,4 Mrd. € (5,7 Mrd. € da-
von entfielen auf den Bund, 9,7 Mrd. € auf Länder und
Kommunen) geringer ausfallen würden als noch in der Mai-
Schätzung angenommen worden war (Dokument Nr. 1).
Am Abend des 12. November 2002 sendete das ZDF-Maga-
zin „Frontal 21“ einen Beitrag unter dem Titel „Eichels
schwarze Löcher – Notstand nach der Steuerschätzung“, der
Bezug nahm auf das zu erwartende Ergebnis der neuesten
Steuerschätzung (Dokumente Nr. 2, 3 und 4). Der ehemalige
haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN äußerte sich in dem Beitrag dahingehend,
das Ergebnis der Steuerschätzung hätte bereits vor der Bun-
destagswahl am 22. September 2002 vorhergesehen werden
können.
Nach einer öffentlichen Diskussion über die Finanzlage der
öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherungssysteme
fand auf Verlangen der FDP-Fraktion im Deutschen Bun-
destag am 14. November 2002 eine Aktuelle Stunde zur
„Haltung der Bundesregierung zur Situation der öffent-
lichen Haushalte unter Berücksichtigung der zu erwarten-
den aktuellen Steuerschätzung und der damit möglichen
Notwendigkeit eines Haushaltssicherungsgesetzes“ statt
(Plenarprotokoll 15/10, S. 575 A ff.).

desministerien und der Bundesanstalt für Arbeit im
Jahresverlauf monatlich aktualisiert verfügbar.
Unterjährige Ergebnisse (auch Halbjahresergebnisse)
lassen sich nicht mechanistisch auf das Gesamtjahr
hochrechnen, sondern müssen dazu bewertet werden. Je
nach den Annahmen zur weiteren gesamtwirtschaftlichen
sowie der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung in den
öffentlichen Haushalten ergibt sich ein breites Spektrum
möglicher Ergebniserwartungen für das Gesamtjahr.
Selbstverständlich werden solche Erwartungsgrößen in-
nerhalb des Bundesministeriums der Finanzen regel-
mäßig überprüft, auch hinsichtlich möglicher Risiken.
Der Bundesminister der Finanzen hat auf der Grundlage
der öffentlich bekannten Tatsachen und interner Stel-
lungnahmen nach Erörterung im Kollegium mit den
Staatssekretären eine Wertung vorgenommen und seine
Entscheidungen unter Berücksichtigung der nationalen
und internationalen wirtschaftlichen Rahmenbedingun-
gen getroffen.
Das Bundesministerium der Finanzen hat mehrfach dar-
auf aufmerksam gemacht, dass für weitere konjunk-
turelle Abschwächungen im Bundeshaushalt keine Re-
serven vorhanden sind. Die nunmehr vorliegenden
Eckwerte des Nachtragshaushaltes 2002 und des Regie-
rungsentwurfs 2003 vom 20. November 2002 beruhen
auf einer heutigen Bewertung: Erst auf der Grundlage
des schwachen Ergebnisses des „großen“ Steuermonats
September – nach positiveren Entwicklungen Juli/
August – für das Steueraufkommen sowie der im glei-
chen Zeitraum stattfindenden Revision der bisherigen
Einschätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
durch nationale wie internationale Prognosen sowie die
wirtschaftswissenschaftlichen Institute (Gemeinschafts-
prognose) und die Bundesregierung lag eine hinreichend
belastbare Grundlage für finanzpolitische Entscheidun-
gen vor.“

Am 2. Dezember 2002 stellten die Abgeordneten Dr. An-
gela Merkel, Michael Glos, Volker Kauder sowie weitere
Abgeordnete – insgesamt mehr als ein Viertel der Mitglie-
Ist-Ergebnisse – die Entwicklung am Arbeitsmarkt, die
Entwicklung der Steuereinnahmen und die Entwicklung
der Ausgaben – sind in gleicher Weise für die Bundesre-
gierung, wie auch für die Öffentlichkeit im Monatsbe-
richt des BMF sowie in den Mitteilungen anderer Bun-

besondere Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundes-
finanzminister Hans Eichel, Bundesministerin Ulla
Schmidt sowie der damalige Arbeits- und Sozialminister
Walter Riester und Parlamentarische Staatssekretäre im
Jahr 2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der

Drucksache 15/2100 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Situation des Bundeshaushaltes, der Finanzlage der
gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie
der Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages
und des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts
durch den Bund vor der Bundestagswahl am 22. Septem-
ber 2002 falsch oder unvollständig informiert haben,
wer von allen Vorgenannten dieses wie und mit wessen
Hilfe im Verantwortungsbereich der Bundesregierung
getan und welche Verabredungen es dazu gegeben hat.“

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag in seiner 14. Sit-
zung am 5. Dezember 2002 beraten. Dabei wurde die von
der Mehrheit aufgeworfene Frage der Verfassungsmäßig-
keit des Einsetzungsantrags ebenso wie die Frage der Not-
wendigkeit und Sinnhaftigkeit eines Untersuchungsaus-
schusses kontrovers diskutiert (Plenarprotokoll 15/14,
S. 1063 ff.).
Der Abgeordnete Peter Altmaier (CDU/CSU) erklärte in der
Debatte, die Mitglieder der Regierung hätten die verfas-
sungsrechtliche Pflicht, das Parlament und die Öffentlich-
keit wahrheitsgemäß zu informieren und zwar unabhängig
davon, ob gerade Wahlkampf sei oder nicht. Wenn man es
zuließe, dass es für selbstverständlich und normal gehalten
werde, dass Regierungen falsch informieren oder die Un-
wahrheit sagen würden, dann wäre dies eine Selbstaufgabe
und Bankrotterklärung unseres politischen Systems. Sol-
ches Fehlverhalten aufzudecken sei Dienst an der politi-
schen Kultur und zukunftsgerichtet. Der Untersuchungsauf-
trag sei so formuliert, dass er sich ausdrücklich und
ausschließlich auf das Verhalten der Bundesregierung ge-
genüber dem Bundestag und den Bürgern beziehe. Er sei
über jeden verfassungsrechtlichen Zweifel erhaben.
Der Abgeordnete Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) erwiderte,
der beantragte Untersuchungsausschuss sei der überflüs-
sigste, der jemals in Deutschland diskutiert worden sei.
Diese Position werde teilweise auch in den Reihen der
CDU/CSU vertreten. Der Sinn und die Aufgabe eines Un-
tersuchungsausschusses sei es nicht, eine Bundestagswahl
in Frage zu stellen. Er dürfe auch nicht die Verlängerung ei-
nes Wahlkampfes mit anderen Mitteln sein. Darüber hinaus
bestünden erhebliche Mängel hinsichtlich der Verfassungs-
mäßigkeit des Untersuchungsauftrags. Dies betreffe insbe-
sondere das Anliegen, den Kernbereich exekutiver Eigen-
verantwortung auszuforschen.
Der Abgeordnete Max Stadler (FDP) erklärte, der Bundes-
tag sei rechtlich gehalten, den Untersuchungsausschuss ein-
zusetzen. Es handele sich um ein Minderheitenrecht, bei
dem die Frage, ob der Untersuchungsausschuss zweckmä-
ßig oder opportun sei, keine Rolle spiele. Die Zulässigkeit
des Antrags sei zu bejahen, da es sich um einen abgeschlos-
senen Sachverhalt handele, der im öffentlichen Interesse
liege. Auch werde nicht in unzulässiger Weise in den Kern-
bereich exekutiver Eigenverantwortung eingegriffen.
Der Abgeordnete Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) betonte, der Ausschuss sei rückwärts gewandt. Das
Instrument des Untersuchungsausschusses werde für den
Wahlkampf des hessischen Ministerpräsidenten Roland
Koch missbraucht. In der Vergangenheit seien Untersu-
chungsausschüsse vorwiegend eingerichtet worden, um kri-
minelles Verhalten zu untersuchen, dem Verdacht der Kor-

es darum, Ahnungen und Vermutungen von Regierungsmit-
gliedern zum Gegenstand parlamentarischer Untersuchun-
gen zu machen.
Gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-
Fraktion bei Enthaltung der fraktionslosen Mitglieder des
Bundestages überwies das Plenum den Antrag an den Aus-
schuss für Immunität, Wahlprüfung und Geschäftsordnung.
Dieser trat noch am Abend zu einer ersten Beratung zusam-
men.
Am 20. Dezember 2002 legte der Ausschuss für Wahlprü-
fung, Immunität und Geschäftsordnung seine Beschluss-
empfehlung und seinen Bericht vor (BT-Drs. 15/256). Der
Ausschuss empfahl einerseits eine Änderung des letzten
Satzteils des Auftrags, um Bedenken der Koalitionsfraktio-
nen bezüglich des Kernbereichs exekutiver Eigenverant-
wortung Rechnung zu tragen. Zum anderen empfahl er ge-
gen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion bei Enthaltung
der FDP-Fraktion den Auftrag um eine zweite Ziffer zu er-
gänzen, um aus Sicht der Koalitionsfraktionen ein umfas-
senderes Bild des Untersuchungsgegenstandes zu gewin-
nen.
In der anschließenden Plenardebatte zur Einsetzung des Un-
tersuchungsausschusses am 20. Dezember 2002 wurden
noch einmal die unterschiedlichen Standpunkte hervorgeho-
ben (Plenarprotokoll 15/17, S. 1330 ff.).
Der Abgeordnete Klaus Uwe Benneter (SPD) führte aus, es
sei erforderlich gewesen, den Antrag insbesondere im Hin-
blick auf die Wahrung des Kernbereichs exekutiver Eigen-
verantwortung auf seine Verfassungsmäßigkeit hin zu über-
prüfen und ihn zu ergänzen. Diese Ergänzung sei zulässig,
um ein umfassenderes und wirklichkeitsgetreues Bild zu ge-
winnen. Die Ergänzung stehe damit auch im Einklang mit
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Der Abgeordnete Peter Altmaier (CDU/CSU) erwiderte, der
Ergänzungsantrag sei an der Schwelle zum Verfassungs-
bruch. Durch den Beschluss der Mehrheit werde das Recht
der Minderheit in verfassungswidriger Weise so bepackt
und überfrachtet, dass der eigentliche Untersuchungsauftrag
nicht mehr wahrgenommen werden könne.
Der Abgeordnete Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) erklärte, es wäre besser, auf diesen Ausschuss zu ver-
zichten, da der Bundestag damit Ressourcen- und Energie-
verschwendung betreibe. Der Untersuchungsausschuss sei
absolut unnötig, da es – auch nach Darstellung der CDU/
CSU-Fraktion – nichts aufzuklären gebe. Der Ausschuss sei
ein reines Wahlkampfinstrument.
Der Abgeordnete Dr. Max Stadler (FDP) betonte, die Über-
mittlung an den Geschäftsordnungsausschuss sei reine
Verzögerungstaktik gewesen. Wenn gegen den Willen und
ohne Zustimmung der Opposition der Auftrag und der Unter-
suchungsgegenstand erheblich verändert werde, dann möge
dies vielleicht noch legal sein, legitim sei es auf keinen Fall.
II. Einsetzung des Untersuchungs-

ausschusses
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 17. Sitzung am
20. Dezember 2002 nach einstündiger Debatte auf Antrag
der Abgeordneten Dr. Angela Merkel, Michael Glos, Volker
ruption oder der Vetternwirtschaft nachzugehen oder
zumindest schwere Rechtsverstöße aufzuklären. Hier gehe

Kauder, weiterer Abgeordneter – insgesamt mehr als ein
Viertel der Mitglieder des Bundestages – und der Fraktion

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/2100

der CDU/CSU (BT-Drs. 15/125) den aus 11 Mitgliedern be-
stehenden 1. Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode
in der Fassung des Berichts und der Beschlussempfehlung
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung (BT-Drs. 15/256) eingesetzt.
Bei der Abstimmung über den Bericht und die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität
und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Fraktion der
CDU/CSU wurde über Ziffer 1 und 2 der Beschlussempfeh-
lung getrennt abgestimmt. Die Ziffer 1 der Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und
der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der beiden fraktions-
losen Mitglieder und bei Enthaltung der SPD-Fraktion und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen
worden. Die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung wurde mit
den Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Gegenstimmen der CDU/CSU-
Fraktion, der FDP-Fraktion und der beiden fraktionslosen
Mitglieder angenommen.

III. Untersuchungsauftrag
Der Untersuchungsauftrag lautet gem. BT-Drs. 15/256:

„1. ...
Der Untersuchungsausschuss soll klären,
ob und in welchem Umfange Mitglieder der Bundes-
regierung, insbesondere Bundeskanzler Gerhard
Schröder, Bundesfinanzminister Hans Eichel, Bun-
desministerin Ulla Schmidt sowie der damalige
Arbeits- und Sozialminister Walter Riester und Par-
lamentarische Staatssekretäre im Jahr 2002 Bun-
destag und Öffentlichkeit hinsichtlich der Situation
des Bundeshaushaltes, der Finanzlage der gesetzli-
chen Kranken- und Rentenversicherung sowie der
Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertra-
ges und des europäischen Stabilitäts- und Wachs-
tumspakts durch den Bund vor der Bundestagswahl
am 22. September 2002 falsch oder unvollständig
informiert haben; ob und gegebenenfalls wer von
allen Vorgenannten dieses wie und mit wessen Hilfe
insbesondere auch im Verantwortungsbereich der
Bundesregierung getan und ob und gegebenenfalls
welche Vereinbarungen es dazu gegeben hat, soweit
hierdurch nicht der Kernbereich exekutiver Eigen-
verantwortung betroffen ist.

2. Der Untersuchungsausschuss muss deshalb auch im
Rahmen der Zuständigkeit des Bundestages klären,
– inwiefern seit der Wiedervereinigung die Pro-

gnosen und Modellrechnungen für die Finanz-
planung des Bundes und die Haushalte der
Kranken- und Rentenversicherung zutrafen und
ob die Praxis im Jahr 2002 von der Staatspraxis
seit 1990 abgewichen ist,

– ob und in welchem Umfang die Mitglieder des
Bundesrates, des Finanzplanungsrates und des
Haushaltsausschusses des Bundestages, insbe-
sondere die Ministerpräsidenten Roland Koch,

a) der Situation der öffentlichen Haushalte, ins-
besondere im Hinblick auf das für 2002 zu
erwartende Gesamt-Steueraufkommen,

b) der Finanzlage der gesetzlichen Kranken-
und Rentenversicherung, insbesondere im
Hinblick auf die zu erwartende Gesamtein-
nahmen- und Ausgabensituation 2002 sowie

c) der Problematik der Einhaltung der Stabili-
tätskriterien des EG-Vertrages und des euro-
päischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes
von Bund und Ländern einschließlich ihrer
Gemeinden und Gemeindeverbände, insbe-
sondere unter Beachtung der Aufgabenerfül-
lung durch den Finanzplanungsrat,

falsche oder unvollständige Erklärungen vor dem
22. September 2002 abgegeben haben.“

IV. Konstituierung des Untersuchungs-
ausschusses

Der 1. Untersuchungsausschuss des 15. Deutschen Bundes-
tages ist noch am selben Tag unmittelbar nach dem Einset-
zungsbeschluss im Plenum durch den Vizepräsidenten des
Deutschen Bundestages, Dr. Norbert Lammert, konstituiert
worden. Hierbei hat der Vizepräsident darauf hingewiesen,
es bestehe die Möglichkeit, dass sich der Untersuchungs-
ausschuss auch mit Vorgängen befasse, die der Natur der
Sache nach nicht für die Erörterung in der Öffentlichkeit ge-
eignet seien oder einer besonderen Geheimhaltungspflicht
unterlägen. Die parlamentarische Kontrolle müsse in sol-
chen Angelegenheiten unter Beachtung der notwendigen
Vertraulichkeit und Geheimhaltung sichergestellt werden.
Andernfalls werde die Arbeit der Untersuchungsausschüsse
des Deutschen Bundestages erschwert oder unmöglich ge-
macht. Er hat in diesem Zusammenhang aber auch darauf
aufmerksam gemacht, dass das Grundgesetz ausdrücklich
die prinzipielle Öffentlichkeit der Beweisaufnahme von Un-
tersuchungsausschüssen statuiert habe und die Bundesregie-
rung die Geheimhaltung auf das unbedingt erforderliche
Maß beschränken und berechtigten Herabstufungsersuchen
des Ausschusses entsprechen solle.
1. Mitglieder des Untersuchungsausschusses
Die Fraktionen haben folgende Ausschussmitglieder benannt:

SPD
Ordentliche Mitglieder Klaus Uwe Benneter

Frank Hofmann (Volkach)
Christine Lambrecht
Ortwin Runde
Dr. Dieter Wiefelspütz

Stellvertretende Mitglieder Sebastian Edathy
Hubertus Heil
Anette Kramme
Peter Müller und Dr. Edmund Stoiber, im Jahr
2002 hinsichtlich

Florian Pronold
Carsten Schneider

Drucksache 15/2100 – 26 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

CDU/CSU

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

FDP

Der Abgeordnete Frank Hofmann (SPD) ist am 18. März
2003 als ordentliches Mitglied aus dem Ausschuss ausge-
schieden und wurde von seiner Fraktion als stellvertretendes
Mitglied benannt. Der Abgeordnete Florian Pronold (SPD)
wurde dafür vom stellvertretenden zum ordentlichen Mit-
glied benannt.
2. Bestimmung des Vorsitzenden und

des stellvertretenden Vorsitzenden
Der 1. Untersuchungsausschuss hat in seiner konstituieren-
den Sitzung am 20. Dezember 2002 unter der Leitung des
Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Norbert
Lammert, den Abgeordneten Klaus Uwe Benneter zum Vor-
sitzenden und den Abgeordneten Dr. Hans-Peter Friedrich
zum stellvertretenden Vorsitzenden bestimmt.
3. Benennung der Obleute und Ernennung

der Berichterstatter
Als Obleute sind von ihren Fraktionen in der konstituieren-
den Sitzung benannt worden:
SPD Dr. Dieter Wiefelspütz
CDU/CSU Peter Altmaier
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Jerzy Montag
FDP Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)
Zu Berichterstattern sind in der 3. bzw. 15. Sitzung des Aus-
schusses auf Vorschlag ihrer Fraktionen benannt worden:
SPD (jeweils getrennt für einzelne Bereiche)
Haushalt und Finanzen Ortwin Runde
Gesundheit Christine Lambrecht

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Jerzy Montag
FDP Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)
4. Beauftragte der Bundesregierung und

des Bundesrates
Die nachfolgenden Beauftragten der Bundesregierung und
des Bundesrates haben ihre Beauftragung zu Beginn der Ar-
beitsaufnahme gegenüber dem Ausschusssekretariat schrift-
lich angezeigt und als Vertreter ihres Ministeriums oder ih-
rer Landesvertretung an nicht-öffentlichen und öffentlichen
Sitzungen teilgenommen.
a) Beauftragte der Bundesregierung
– Bundeskanzleramt:

Ministerialrat Georg Lütter
Regierungsdirektor Dr. Matthias Schmidt (Vertreter)

– Auswärtiges Amt
Legationsrat I. Klasse Hans von Schröder
Legationsrat Dr. Martin Frick (Vertreter)

– Bundesministerium der Finanzen
Regierungsdirektor Dr. Rolf Schmidt
Oberregierungsrätin Friederike Neuhäusler (Vertreterin)

– Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
Oberregierungsrätin Dr. Margit Mundt

– Bundesministerium für Gesundheit und Soziales
Ministerialrat Dr. Thomas Fröhlich
Regierungsrätin z.A. Barbara Werner (Vertreterin)

– Bundesministerium des Innern
Ministerialrat Hans-Heinrich von Knobloch
Oberregierungsrat Kolbert (Vertreter)

b) Beauftragte des Bundesrates
– Baden-Württemberg

Ministerialrat Dago Vögele
– Bayern

Oberregierungsrat Bernhard Köhler
Oberregierungsrätin Barbara Ehrt (Vertreterin)

– Hessen
Richter Dr. Harald Schmitt

– Rheinland-Pfalz
Christopher Lang

5. Benannte Mitarbeiter der Fraktionen
Die Fraktionen haben folgende Mitarbeiter für die Tätigkeit
im Untersuchungsausschuss benannt:
SPD
– Harald Georgii

Ordentliche Mitglieder Peter Altmaier
Dr. Hans-Peter Friedrich
(Hof)
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb

Stellvertretende Mitglieder Eckart von Klaeden
Michaela Noll
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl

Ordentliche Mitglieder Jerzy Montag
Stellvertretende Mitglieder Franziska Eichstädt-Bohlig

Ordentliche Mitglieder Hans-Joachim Otto
(Frankfurt)

Stellvertretende Mitglieder Carl-Ludwig Thiele
Rente Florian Pronold
CDU/CSU Dr. Jürgen Gehb

– Horst Jungmann
– Albrecht von Wangenheim

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/2100

CDU/CSU
– Rudolf Seiler
– Axel Schlegtendal
– Wilfried Braun
– Liliane Steinert
– Guido Beermann

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Jürgen Roth
– Niklas Schulze Icking

FDP
– Sabine Gohlke (bis 12. Februar 2003)
– Jan Gerd Becker-Schwering (ab 12. Februar 2003)
– Klaus Bünger (ab 12. Februar 2003)
Die jeweils erstgenannten Mitarbeiter sind diejenigen, die
verantwortliche Ansprechpartner für die Verbindung zwi-
schen den Fraktionen und dem Sekretariat waren.

6. Sekretariat des Untersuchungsausschusses
Dem Sekretariat des 1. Untersuchungsausschusses haben
angehört:
Leiter: Ministerialrat

Hans-Ulrich Gerland
Stellvertretende Leiterin: Regierungsdirektorin

Dr. Ruth Lang
Sachbearbeiterin: Verwaltungsangestellte

Birgit Marner
1. Ausschusssekretärin: Verwaltungsangestellte

Christiane Kahlert
2. Ausschusssekretärin: Verwaltungsangestellte

Christina Woldeit
(ab 14. Juli 2003)
Verwaltungsangestellte
Nadja Karsupke
(bis 11. Juli 2003)
Verwaltungsangestellte
Brigitte Neubert
(bis 30. Januar 2003)

Darüber hinaus wurde Frau Bettina Riedel als geprüfte
Rechtskandidatin im Ausschuss eingesetzt. Hinzu kamen
mehrere halbtags beschäftigte studentische Hilfskräfte für
Kopier- und Verteilarbeiten sowie andere unterstützende
Tätigkeiten.

V. Parallelverfahren
1. Prüfung von Strafverfahren bei der Berliner

Staatsanwaltschaft
Nachdem nach der Bundestagswahl ab Oktober 2002 in der
Öffentlichkeit der Vorwurf des „Wahlbetrugs“ gegen die
Bundesregierung, namentlich gegen Bundesminister Hans

genden Wochen und Monaten eine Reihe von Strafanzeigen
wegen „Wahlbetrugs“ ein. Die Anzeigenerstatter sahen
überwiegend die Vorschriften der §§ 263 StGB (Betrug),
108 StGB (Wählernötigung), 108 a (Wählertäuschung) und
§ 108 b StGB (Wählerbestechung) als erfüllt an.
In sämtlichen Verfahren wurde mangels zureichender tat-
sächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat
von Ermittlungen abgesehen (76 Js 959/02). Die Verfahren
wurden wegen fehlenden Anfangsverdachts gem. §§ 152
Abs. 2, 170 Abs. 2 StPO bzw. gem. § 170 StPO wegen nicht
hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Der Betrugsvorwurf
ist von der Staatsanwaltschaft im Wesentlichen mit der Be-
gründung abgelehnt worden, es seien keinerlei Anhalts-
punkte dafür ersichtlich, dass jemand aufgrund eines von
den Beschuldigten herbeigeführten Irrtums eine nachteilige
Vermögensverfügung getroffen habe. Im Übrigen hätten die
Beschuldigten nicht in der Absicht gehandelt, sich oder ei-
nem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu ver-
schaffen. Der Straftatbestand des § 108 a StGB sei deswe-
gen nicht erfüllt, weil niemand gegen seinen Willen
veranlasst worden sei, sein Wahlrecht in einem bestimmten
Sinne auszuüben. Das Vorliegen des Tatbestands der Vor-
schrift des § 108 a StGB ist mit der Begründung verneint
worden, er erfasse nur den Fall, dass der Wähler bei seiner
Stimmabgabe nicht wisse, welche Wahl er mit seiner Erklä-
rung bewirke; die damit verbundenen Hoffnungen und Er-
wartungen stünden nicht unter strafrechtlichen Schutz. Eine
Wählerbestechung gem. § 108 b StGB scheide deshalb aus,
weil bloße allgemeine Wahlversprechen nicht unter diesen
Tatbestand fielen.

2. Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 15. Deutschen Bundestag beim
Wahlprüfungsausschuss

Beim Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung des Deutschen Bundestages sind im An-
schluss an die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag am
22. September 2002 eine Reihe von Einsprüchen gegen die
Gültigkeit der Wahl eingegangen. In einer Vielzahl von Ein-
sprüchen wurde vorgetragen, die Bundesregierung habe die
Wählerinnen und Wähler durch gezielte Falsch- und Desin-
formation getäuscht. Neben einigen individuell formulierten
Einsprüchen sind überwiegend drei unterschiedliche Typen
vorgefertigter Schreiben eingereicht worden. Insgesamt sind
zum Thema „Vorwurf des Wahlbetrugs“ 396 Wahleinsprü-
che (Stand April 2003) erhoben worden. Davon sind inner-
halb der Einspruchsfrist (22. November 2002) insgesamt
105 Einsprüche eingegangen, hiervon waren 23 individuell
formulierte Wahleinsprüche und 82 standardisiert formu-
lierte Wahleinsprüche. Nach Ablauf der Einspruchsfrist sind
insgesamt 291 Einsprüche eingegangen, davon waren 5 in-
dividuell formulierte und 286 standardisiert formulierte Ein-
sprüche.
Auf Empfehlungen des Wahlprüfungsausschusses vom
6. Juni 2003 (BT-Drs. 15/1150) hat der Deutsche Bundestag
in seiner 53. Sitzung am 26. Juni 2003 alle Einsprüche we-
gen offensichtlicher Unbegründetheit (§ 6 Abs. 1a Nr. 3
Eichel und Bundeskanzler Gerhard Schröder erhoben wor-
den war, gingen bei der Staatsanwaltschaft Berlin in den fol-

WPrüfG) oder wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 und 2
WPrüfG) einstimmig zurückgewiesen.

4. Protokollierung
Nach § 11 Abs. 1 PUAG ist über die Sitzungen des Untersu-
chungsausschusses ein Protokoll zu fertigen. Absatz 2 der
Vorschrift legt dabei fest, dass die Beweiserhebungen wört-

II. Verteilung umfangreicher Ausschussmaterialien
1. MAT A, B und C mit einem Umfang von 31 bis

1000 Seiten werden lediglich in je zwei Exem-
plaren an die Fraktionen der SPD und CDU/
Drucksache 15/2100 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens

I. Rechtsgrundlage für die Arbeit des
Untersuchungsausschusses

Rechtsgrundlage für die Arbeit des Untersuchungsausschus-
ses sind Art. 44 GG, die sinngemäße Anwendung der Vor-
schriften über den Strafprozess, die Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages sowie erstmals das im Jahre 2001
vom Deutschen Bundestag verabschiedete neue Untersu-
chungsausschussgesetz (Gesetz zur Regelung des Rechts der
Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages vom
19. Juni 2001 – PUAG – BGBl. I S. 1142). Damit konnte
sich ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundesta-
ges erstmals auch auf eine eigene gesetzliche Grundlage
stützen. Mit dem neuen Gesetz wurde die Parlamentspraxis
des Bundestages, die langjährigen Vorarbeiten des Geschäfts-
ordnungsausschusses des Deutschen Bundestages und die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht
der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zu einem
Gesetz zusammengefasst.
II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren
1. Kurzbezeichnung des Ausschusses
Im Untersuchungsausschussgesetz sowie in der Geschäfts-
ordnung des Bundestages finden sich keine Regelungen
über die Notwendigkeit oder Erforderlichkeit einer Kurzbe-
zeichnung für einen Untersuchungsausschuss. In der Ver-
gangenheit haben sich Untersuchungsausschüsse zur besse-
ren Orientierung in der Öffentlichkeit teilweise solche
inoffiziellen Kurztitel gegeben, überwiegend wurde aber auf
eine ausdrückliche Bezeichnung verzichtet. In seiner 4. Sit-
zung am 30. Januar 2003 hat der Untersuchungsausschuss
einvernehmlich entschieden, dem Ausschuss keine spezielle
Kurzbezeichnung zu geben, sondern es bei dem formalen
Namen „1. Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode“
zu belassen.
2. Behandlung von Beweisanträgen
Um eine hinreichende fraktionsinterne Beratung der Beweis-
anträge zu ermöglichen, ist der Ausschuss in seiner 2. Sit-
zung am 20. Dezember 2002 übereingekommen, dass An-
träge für eine Sitzung bis spätestens Donnerstag der
Vorwoche der Sitzung, 9.00 Uhr, beim Sekretariat eingegan-
gen sein müssen. Im gegenseitigen Einvernehmen konnte
von dieser Frist abgewichen werden.
3. Zutrittsrecht für benannte Mitarbeiter und

Mitarbeiterinnen
Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 2. Sitzung am
20. Dezember 2002 beschlossen, den benannten Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern der Fraktionen nach § 12 Abs. 2
PUAG Zutritt zu den Beratungssitzungen zu gestatten.

In der 3. Sitzung am 16. Januar 2003 hat sich der Ausschuss
zur Dokumentation der Ausschusssitzungen entsprechend
§ 11 PUAG auf folgendes Verfahren verständigt:

„Beschluss 1
(zum Verfahren)

1. Alle öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungen,
die der Beweiserhebung oder sonstiger Informati-
onsbeschaffung des Ausschusses dienen, sind steno-
graphisch aufzunehmen.

2. Alle nicht-öffentlichen Beratungen werden in einem
durch das Sekretariat zu fertigenden Kurzprotokoll
festgehalten. Der Untersuchungsausschuss behält
sich vor, in Ausnahmefällen auch die stenographi-
sche Protokollierung einer nicht-öffentlichen Bera-
tungssitzung zu verlangen.“

5. Verteilung der Ausschussdrucksachen
Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 3. Sitzung am
16. Januar 2003 nachfolgenden Beschluss zur Verteilung
von Ausschussdrucksachen, Protokollen und Ausschussma-
terialien gefasst:

„Beschluss 2
(zum Verfahren)

I. Grundsatz der Verteilung von Ausschussdrucksa-
chen, Beweisbeschlüssen und sonstigen Ausschuss-
materialien:
Ausschussdrucksachen, Beweisbeschlüsse und Aus-
schussmaterialien (MAT A, MAT B und MAT C) sind
durch das Sekretariat des 1. UA – 15. WP zu vertei-
len an:
1. Ordentliche und stellvertretende Mitglieder
2. Benannte Mitarbeiter(innen) der Fraktionen
3. Beauftragte der Bundesregierung und des Bun-

desrates
Die Materialien werden wie folgt bezeichnet:
– MAT A sind Antworten auf Beweisbeschlüsse

(Beiziehungsbeschlüsse).
– MAT B sind Beweismaterialien, die nicht auf-

grund eines Beweisbeschlusses, sondern auf-
grund freiwilliger Zusendung eingehen.

– MAT C sind Materialien, die Bezug zum Unter-
suchungsauftrag haben, aber nicht die zu
untersuchenden Vorgänge dokumentieren, wie
Verwaltungsentscheidungen in vergleichbaren
Fällen, allgemeine Dienstanweisungen u. ä.,
die nicht aufgrund von Beweisbeschlüssen ein-
gehen.
lich protokolliert werden. Über die Art der Protokollierung
der Beratungssitzungen entscheidet der Ausschuss.

CSU sowie in je einem Exemplar an die Fraktio-
nen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 29 – Drucksache 15/2100

FDP verteilt. Bei darüber hinausgehendem Um-
fang erhalten alle Fraktionen je ein Exemplar.

2. Bei besonders großem Umfang wird von einer
Verteilung abgesehen und stattdessen ein Exem-
plar im Ausschusssekretariat zur Verfügung ge-
stellt; in Zweifelsfällen verständigen sich der
Vorsitzende und die Obleute.

3. Das Anschreiben der abgebenden Stelle wird in
jedem Fall gemäß Verteiler in Ziffer I. ver-
sandt.“

6. Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken
Darüber hinaus hat der Untersuchungsausschuss in seiner
3. Sitzung am 16. Januar 2003 auf der Grundlage von
§ 31 Abs. 2 PUAG folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 4
(zum Verfahren)

Gemäß § 31 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz wird
auf die Verlesung von Protokollen und Schriftstücken
verzichtet, soweit diese vom Ausschusssekretariat allen
Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zugänglich
gemacht worden sind.“

7. Fragerecht bei der Beweiserhebung
Der Ablauf der Vernehmungen von Zeugen und Sachver-
ständigen ist in §§ 24 und 28 PUAG geregelt. Dabei wird
der Zeuge bzw. Sachverständige zunächst vom Vorsitzen-
den zur Person gehört. Anschließend erhält er Gelegen-
heit, sich zum Gegenstand der Vernehmung im Zusammen-
hang zu äußern. Danach hat zuerst der Vorsitzende das
Fragerecht, anschließend die übrigen Mitglieder des Aus-
schusses.
Zur Ausgestaltung der Reihenfolge des Fragerechts bei der
Vernehmung zur Sache hat der Untersuchungsausschuss in
seiner 3. Sitzung am 16. Januar 2003 folgenden Beschluss
gefasst:

„Beschluss 7
(zum Verfahren)

Das Fragerecht bei der Vernehmung von Zeugen und
Sachverständigen nach §§ 24 Abs. 5, 28 Abs. 1 Untersu-
chungsausschussgesetz wird unter Zugrundelegung der
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages und der
parlamentarischen Praxis bei der Ausgestaltung von
Aussprachen im Plenum wie folgt gestaltet:
Die Vernehmung zur Sache wird in zwei Abschnitte auf-
geteilt.
1. Im ersten Abschnitt stellt zunächst der Vorsitzende,

nachdem dem Zeugen Gelegenheit zur Stellung-
nahme gegeben wurde, weitere Fragen zur Aufklä-
rung und Vervollständigung der Aussage sowie zur
Erforschung des Grundes, auf dem das Wissen des
Zeugen beruht.

2. Der zweite Abschnitt besteht aus einzelnen Befra-
gungsrunden gemäß den im Plenum zugrunde geleg-
ten Aussprachen entsprechend der „Berliner
Stunde“. Bei der Reihenfolge der Fraktionen inner-

zu berücksichtigen. Für die Bemessung des Zeitan-
teils der Fraktionen innerhalb der Befragungsrunden
wird die Verteilung der Redezeiten im Plenum ange-
wendet.
2.1 In der ersten Befragungsrunde beginnt die CDU/

CSU-Fraktion, es sei denn die Befragung im ers-
ten Abschnitt wurde durch den stellvertretenden
Vorsitzenden durchgeführt. Dann beginnt die
SPD-Fraktion. Daran schließt sich die Befra-
gung der beiden anderen Fraktionen an. Die Ge-
samtdauer der Befragung in der ersten Befra-
gungsrunde des Zweiten Abschnitts soll zwei
Stunden nicht überschreiten. In der zweiten Be-
fragungsrunde beginnt die SPD-Fraktion, gefolgt
von der CDU/CSU-Fraktion, der Fraktion
BÜNDNIS 90/GRÜNE und der FDP-Fraktion.
Diese Reihenfolge gilt auch für weitere verein-
barte Fragerunden.

2.2 Das Fragerecht im zweiten Abschnitt wird von
den Berichterstattern ausgeübt. Diese können
das ihnen zustehende Fragerecht an ein ordentli-
ches Mitglied oder auch an ein stellvertretendes
Ausschussmitglied ihrer Fraktion weitergeben.
Dieses darf trotz der Anwesenheit der ordentli-
chen Ausschussmitglieder derselben Fraktion das
Fragerecht ausüben, wenn das ordentliche Aus-
schussmitglied sich bei Fragen zu demselben
Komplex zurückhält.

3. Bei Sachverständigenanhörungen und informatori-
schen Anhörungen wird entsprechend den vorstehen-
den Regelungen verfahren.“

8. Geheimhaltung
a) Verpflichtung zur Geheimhaltung
In seiner 3. Sitzung am 16. Januar 2003 hat der Untersu-
chungsausschuss zur Geheimhaltung folgenden Beschluss
gefasst:

„Beschluss 5
(zum Verfahren)

1. Die Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses der
15. WP sind aufgrund des Untersuchungsausschuss-
gesetzes sowie der Geheimschutzordnung des Deut-
schen Bundestages, ggf. ergänzt um Beschlüsse des
1. UA – 15. WP in Verbindung mit § 353 b Abs. 2
Nr. 1 StGB zur Geheimhaltung derjenigen Ange-
legenheiten verpflichtet, die ihnen durch Übermitt-
lung der von amtlichen Stellen als VS-VERTRAU-
LICH und höher eingestuften Unterlagen bekannt
werden.

2. Diese Geheimhaltungsverpflichtung erstreckt sich
auch auf solche Angelegenheiten, die aufgrund von
Unterlagen bekannt werden, deren VS-Einstufung
bzw. Behandlung als VS-VERTRAULICH oder höher
sowie als VERTRAULICH oder höher durch den Un-
tersuchungsausschuss selbst veranlasst oder durch
den Vorsitzenden unter Berücksichtigung der Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
halb der Befragungsrunden ist dabei die Fraktions-
stärke und der Grundsatz von Rede und Gegenrede

17. Juli 1984 (BVerfGE 67, S. 100 ff.) zur Wahrung
des Grundrechtsschutzes (Betriebs- und Geschäftsge-

Drucksache 15/2100 – 30 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

heimnisse, Steuergeheimnisse und informelles Selbst-
bestimmungsrecht ) vorgenommen wird.

3. Die Geheimhaltungsverpflichtung entfällt, wenn und
soweit die aktenführende Stelle bzw. der Untersu-
chungsausschuss die Einstufung als VS-VERTRAU-
LICH und höher bzw. die Behandlung als VERTRAU-
LICH und höher aufhebt.

4. Im übrigen gilt die Geheimschutzordnung des Deut-
schen Bundestages.

5. Anträge, deren Inhalt möglicherweise geheimhal-
tungsbedürftig sind, sollen in der Geheimschutzstelle
des Deutschen Bundestages hinterlegt werden. Über
die Hinterlegung soll der Antragsteller das Aus-
schusssekretariat unterrichten.“

b) Verteilung von Verschlusssachen
Ebenfalls in der 3. Sitzung hat der Untersuchungsausschuss
eine Festlegung im Hinblick auf § 16 PUAG zu der Vertei-
lung von Verschlusssachen getroffen. Im Einzelnen wurde
folgender Beschluss gefasst:

„Beschluss 6
(zum Verfahren)

I. Grundsatz der Verteilung von zugeleiteten Ver-
schlusssachen

1. Von den für den 1. UA – 15. WP in der Geheim-
schutzstelle des Deutschen Bundestages eingehenden
VS-VERTRAULICH oder GEHEIM eingestuften Be-
weismaterialien sind Ausfertigungen herzustellen
und zwar für
1. die Fraktionen der SPD und der CDU/CSU im

Ausschuss je zwei,
2. die Fraktionen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

und der FDP im Ausschuss je eine,
3. das Sekretariat zugleich für den Vorsitzenden und

den stellvertretenden Vorsitzenden je eine.
2. Den Mitgliedern der Fraktionen sowie deren benann-

ten Mitarbeitern, die zum Umgang mit Verschlusssa-
chen ermächtigt und zur Geheimhaltung förmlich
verpflichtet sind, werden auf Wunsch die jeweiligen
Exemplare ausgehändigt.

3. Der Geheimschutzbeauftragte des Deutschen Bun-
destages wird aufgefordert, den Mitgliedern und Mit-
arbeitern der Fraktionen in Räumen, die von diesen
bestimmt werden, Verwahrgelasse zur Aufbewahrung
der Ausfertigung zur Verfügung zu stellen und unver-
züglich die gegebenenfalls weiter notwendigen tech-
nischen Sicherungsmaßnahmen zu treffen.

II. Verteilung der vom UA eingestuften Verschluss-
sachen
Für die vom 1. UA – 15. WP selbst VS-VERTRAU-
LICH, VERTRAULICH oder VS-GEHEIM oder GE-
HEIM eingestuften Unterlagen und Protokolle gilt
Ziffer I. entsprechend.

VS-NfD-eingestufte Unterlagen werden verteilt und
behandelt gemäß Beschluss 2 zum Verfahren in Ver-
bindung mit der Geheimschutzordnung des Deut-
schen Bundestages.“

9. Behandlung von Ausschussprotokollen
Zur Behandlung von Ausschussprotokollen hat der Aus-
schuss am 16. Januar 2003 einstimmig folgendes Verfahren
beschlossen:

„Beschluss 3
(zum Verfahren)

I. Protokolle nicht-öffentlicher Sitzungen
1. Protokolle nicht-öffentlicher Sitzungen erhalten die

Mitglieder des Untersuchungsausschusses und ihre
Stellvertreter, die benannten Mitarbeiter(innen) der
Fraktionen sowie die Beauftragten der Bundesregie-
rung und des Bundesrates.

2. Dritte haben grundsätzlich kein Recht auf Einsicht-
nahme in Protokolle nicht-öffentlicher Sitzungen und
folglich auch nicht darauf, dass ihnen Kopien solcher
Protokolle überlassen werden. Eine Ausnahme be-
steht nur gegenüber Behörden, wenn der Untersu-
chungsausschuss entschieden hat, Amtshilfe zu leis-
ten.

II. Protokolle öffentlicher Sitzungen
1. Protokolle öffentlicher Sitzungen erhalten der unter

Punkt I.1 genannte Personenkreis, darüber hinaus
auf Antrag auch Behörden, wenn der Untersuchungs-
ausschuss entschieden hat, Amtshilfe zu leisten.

2. Einem Dritten kann Einsicht in die Protokolle ge-
währt und eine Kopie zur Verfügung gestellt werden,
wenn er „ein berechtigtes Interesse nachweist“ (Ab-
schnitt II der „Richtlinien für die Behandlung der
Ausschussprotokolle gem. § 73 Abs. 3 GO-BT in der
Fassung vom 7. September 1987“).

3. Von dieser Regel können Ausnahmen getroffen wer-
den entsprechend den o.g. Richtlinien.

4. Im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis wird
im übrigen folgendes Verfahren angewandt:
Der Vorsitzende entscheidet über das Vorliegen des
„berechtigten Interesses“.
Bejaht er dieses Interesse, wird Einblick in das Pro-
tokoll gewährt oder eine Abschrift erteilt, es sei denn,
es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Untersu-
chungsausschuss trotz des berechtigten Interesses
das Einsichtsrecht verneinen würde. In diesem Fall
ist eine Entscheidung des Untersuchungsausschusses
herbeizuführen.
Für vernommene Zeugen gilt: Dem Zeugen ist das
Protokoll über seine Vernehmung zuzustellen.

III.Protokolle VS-VERTRAULICH oder höher eingestuf-
ter Sitzungen
Ist das Protokoll über die Aussage eines Zeugen VS-
VERTRAULICH oder höher eingestuft, so ist dem
Zeugen Gelegenheit zu geben, dies in der Geheim-
III.Verteilung von „VS - Nur für den Dienstgebrauch“
eingestuften Unterlagen

schutzstelle des Deutschen Bundestages einzusehen.
Eine Kopie erhält er nicht.“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31 – Drucksache 15/2100

10. Nichtzulassung von Ton-, Bild- und
Filmaufnahmen

Nach § 13 Abs. 1 PUAG erfolgt die Beweiserhebung in öf-
fentlicher Sitzung. Ton-, Bild- und Filmaufnahmen sowie
Ton- und Bildübertragungen sind nicht zulässig. Der Unter-
suchungsausschuss kann Ausnahmen zulassen. Diese be-
dürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden
Mitglieder sowie der Zustimmung der zu vernehmenden
oder anzuhörenden Personen. Diese strengen Zulässigkeits-
voraussetzungen sollen eine geordnete, störungsfreie und
sachliche Vernehmungssituation sicherstellen.
Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 3. Sitzung am
16. Januar 2003 einstimmig entschieden, auch grundsätzlich
keine Ton-, Bild- und Filmaufnahmen sowie Ton- und Bild-
übertragungen der Beweiserhebungen zuzulassen.
11. Mitteilungen aus nicht-öffentlichen

Sitzungen
Während die Beweiserhebungen eines Untersuchungsaus-
schusses regelmäßig in öffentlicher Sitzung erfolgen, sind
dessen Beratungssitzungen stets nicht-öffentlich. Da Nicht-
öffentlichkeit nicht ohne weiteres Vertraulichkeit bedeutet,
kann der Untersuchungsausschuss nach § 12 Abs. 3 PUAG
über Art und Umfang von Mitteilungen an die Öffentlich-
keit aus nicht-öffentlichen Sitzungen entscheiden.
Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 3. Sitzung am
16. Januar 2003 dementsprechend beschlossen, dass im Be-
darfsfall jeweils zum Ende einer nicht-öffentlichen Sitzung
der Ausschuss darüber entscheidet, welche Sitzungsergeb-
nisse durch den Vorsitzenden an die Öffentlichkeit weiter-
zugeben seien.
III. Vorbereitung der Beweiserhebung
1. Obleutebesprechungen
Zur Vorbereitung der Entscheidungsfindung hat der Vorsit-
zende vor den Beratungen im Ausschussplenum sog. Obleu-
tebesprechungen einzuberufen. An diesen nahmen außer
dem Vorsitzenden, dem stellvertretenden Vorsitzenden und
den Obleuten je ein bzw. zwei benannte Mitarbeiter der
Fraktionsarbeitsgruppen sowie zwei Mitarbeiter des Sekre-
tariats teil. Das in der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages nicht geregelte Institut der Obleutebesprechun-
gen hat wegen seines informellen Charakters und seines be-
grenzten Teilnehmerkreises die intensivere Diskussion ge-
rade schwieriger Verfahrens- und Sachfragen ermöglicht,
deren ausführliche Behandlung das beschränkte Zeitbudget
des Ausschussplenums nicht zuließe. Die in den Obleutebe-
sprechungen entwickelten Lösungsvorschläge sind vom
Ausschuss stets gebilligt worden.
Obleutebesprechungen fanden regelmäßig am Vortag der
nicht-öffentlichen Sitzungen statt. Darüber hinaus wurden
Obleutebesprechungen aber auch kurzfristig im Anschluss
an einzelne Vernehmungen angesetzt.
2. Strukturierung der Untersuchung
Der Untersuchungsausschuss hat sich zu Beginn seiner Ar-
beitsaufnahme in den ersten Beratungssitzungen und vorbe-

Strukturierung des Untersuchungsauftrags befasst. Im Er-
gebnis wurde Einvernehmen dahingehend erzielt, die Unter-
suchung in einzelne eng umgrenzte Themenkomplexe zu
gliedern, innerhalb derer die jeweiligen Beweisbeschlüsse
abgearbeitet werden sollten. So wurde der Untersuchungs-
auftrag eingeteilt in die Themenkomplexe „Haushalts- und
Konjunkturlage“, „Gesetzliche Krankenversicherung“ und
„Gesetzliche Rentenversicherung“. Dabei sollten zunächst
die jeweils zuständigen Mitarbeiter und politisch Verant-
wortlichen aus den einzelnen Ressorts und anschließend die
Verantwortlichen aus dem Bereich des Bundeskanzleramtes
gehört werden. Einleitend wurde eine informatorische Sach-
verständigenanhörung zum Aussagewert und zur Zuverläs-
sigkeit von Prognosen und Modellrechnungen für die Fi-
nanzplanung des Bundes und die Haushalte der Kranken-
und Rentenversicherung durchgeführt.
IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von

Akten, Berichten, Protokollen und
sonstigen Unterlagen

1. Art, Herkunft und Umfang des
Beweismaterials

Zum Zweck der Beweiserhebung hat der 1. Untersuchungs-
ausschuss Akten, Berichte, Protokolle und sonstige Unterla-
gen beigezogen. Der Bestand an Beweismaterialien umfaßt
188 Aktenordner mit ca. 40.000 Blatt. Es handelt sich um
Unterlagen folgender Stellen:
Deutscher Bundestag
– Haushaltsausschuss
– Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-

ordnung
Bundesregierung
– Bundeskanzleramt
– Bundesministerium der Finanzen
– Bundesministerium für Gesundheit und Soziales
– Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
Bundesländer
– Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin
Sonstiges
– Bundespressekonferenz
2. Entscheidung über die Ersuchen auf Vorlage

von Beweismitteln und Vollständigkeits-
erklärungen gem. § 18 Abs. 2 PUAG

Die auf Aktenvorlage ersuchten Ministerien und Behörden
sind ihrer Verpflichtung auf Vorlage der sächlichen Beweis-
mittel durch die Herausgabe der vorstehend genannten Un-
terlagen nachgekommen. Die Vorlagen wurden mit einer Er-
klärung über die Vollständigkeit versehen (§ 18 Abs. 2
PUAG), die zum Teil nachgereicht wurden.
In einem Fall hat das BMGS ein Ersuchen auf Vorlage von
Unterlagen aus dem Zeitraum nach der Bundestagswahl
2002 teilweise mit der Begründung abgelehnt, dieses Be-
gehren sei nicht mehr vom Untersuchungsauftrag gedeckt.
reitend in den Obleutebesprechungen intensiv und ausführ-
lich mit der Frage einer sinnvollen zeitlichen und sachlichen

Das Schreiben über die Ablehnung war zunächst von dem
für den Untersuchungsschuss beauftragten Mitarbeiter

Drucksache 15/2100 – 32 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

unterschrieben. Die FDP-Fraktion war der Rechtsauffas-
sung, die Vorschrift des § 18 Abs. 2 PUAG enthalte einen
Ministervorbehalt mit der Folge, dass die Entscheidung von
der Ministerin persönlich zu unterzeichnen sei. Von Seiten
der Bundesregierung wurde das Vorliegen eines derartigen
Ministervorbehalts in § 18 Abs. 2 PUAG verneint. Gleich-
wohl wurde das Ablehnungsschreiben nochmals mit Unter-
schrift des beamteten Staatssekretärs übersandt.
Zur Klärung der Rechtsfrage hat die FDP-Fraktion ein Gut-
achten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bun-
destages eingeholt. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis,
dass nach Auslegung der Vorschrift eine Interpretation da-
hingehend, dass sich aus § 18 Abs. 2 PUAG eine Verpflich-
tung des jeweiligen Bundesministers bzw. der jeweiligen
Bundesministerin zur persönlichen Abgabe der Erklärung
ergeben solle, rechtlich nicht durchgreifend erscheine. Un-
berührt hiervon bleibe es dem jeweiligen Bundesminister
bzw. der jeweiligen Bundesministerin überlassen (aus Grün-
den der Form bzw. des Umgangs der Verfassungsorgane
miteinander) eine entsprechende Erklärung abzugeben (Do-
kument Nr. 5).
3. Anträge auf Herabstufung VS-eingestufter

Unterlagen
Der weitaus überwiegende Teil der dem Ausschuss von der
Bundesregierung, dem Bundestag, der Staatsanwaltschaft
Berlin oder der Bundespressekonferenz übermittelten Un-
terlagen war „offen“ verwertbar. Nur ein sehr geringer Pro-
zentsatz der Unterlagen war mit dem Einstufungsgrad VS-
Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD) oder VS-VER-
TRAULICH (VS-V) versehen. Akten des Bundeskanzler-
amtes waren zunächst nahezu vollständig als Verschlusssa-
che eingestuft. Auf Wunsch des Untersuchungsausschusses
sind einige, ursprünglich mit dem Geheimhaltungsgrad VS-
VERTRAULICH eingestufte Materialien durch die vorgele-
genden Behörden auf „VS-NfD“ bzw. „offen“ herabgestuft
oder VS-NfD-Einstufungen aufgehoben worden. Soweit
nach Auffassung der Bundesregierung Gründe des Kernbe-
reichs exekutiver Eigenverantwortung, die Gefahr einer
Beinträchtigung auswärtiger Beziehungen des Bundes oder
Rechte Dritte entgegenstanden, sind Herabstufungen von
den aktenherausgebenden Stellen allerdings abgelehnt wor-
den. Die Ablehnungen wurden entsprechend § 18 Abs. 2
PUAG jeweils schriftlich begründet.

4. Antrag auf Beiziehung eines sog. „Non-
papers“ des Bundesministeriums der
Finanzen

Das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ erwähnte in ei-
nem Artikel vom 25. November 2002 ein Anfang August
2002 angeblich im Bundesministerium der Finanzen erstell-
tes sog. „Non-Paper“, in dem angeblich dargelegt werde,
dass das deutsche Staatsdefizit im Jahre 2002 auf bis zu
3,5 % steigen könne. Gestützt auf die Angaben in diesem
Artikel beantragte die CDU/CSU-Fraktion die Beiziehung
dieses sog. „Non-Papers“.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2003 teilte das Ministerium
mit, dass ein entsprechendes „Non-Paper“ im BMF nicht
existiere. Das BMF hat in der 6. Sitzung des Ausschusses

Referats- als auch auf Leitungsebene, durchgeführt worden.
Die entsprechenden Passagen aus dem SPIEGEL-Artikel
seien hierzu wörtlich wiedergegeben und ein Papier mit ent-
sprechendem Inhalt in den Referaten des Ministeriums ge-
sucht worden. Daraufhin sei von allen Abteilungen Fehlan-
zeige erstattet worden.

5. Verwendung ohne formelle Beiziehung
eingegangener Unterlagen

Nicht förmlich beigezogene oder ohne Anforderung zur
Verfügung gestellte Unterlagen hat der Untersuchungsaus-
schuss – soweit sie beweisrelevant waren (sog. MAT B) –
wie beigezogene Unterlagen behandelt. Sie sind deshalb
auch Gegenstand von Zeugenbefragungen gewesen.
In einem Fall hat das Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung dem Ausschuss eine solche Unterlage
ohne formellen Beweisbeschluss zugeleitet. Es handelte sich
dabei um ein Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes
vom 28. August 2002 an die bundesunmittelbaren Kranken-
versicherungsträger nebst Anlage an das Bundesministerium
der Gesundheit. Inhalt des Rundschreibens war eine Darstel-
lung der Rechtslage betreffend die Aufnahme von Kassen-
verstärkungskrediten. Die Unterlagen wurden als MAT B 1
bezeichnet.
Die CDU/CSU-Fraktion und die FDP-Fraktion rügten das
Vorgehen des Ministeriums. Nach ihrer Ansicht hätte diese
Unterlage bereits vorher dem Ausschuss zusammen mit an-
deren im Rahmen eines Beweisbeschlusses beigezogenen
Akten übermittelt werden müssen, da der Inhalt des Schrei-
bens eindeutig von dem Beweisbeschluss umfasst gewesen
sei. Nach Ankündigung eines weiteren Beweisantrages
seien die entsprechenden Unterlagen übermittelt worden.

V. Beweiserhebung durch Vernehmung von
Zeugen und Sachverständigen sowie
Informationsgewinnung durch
informatorische Anhörungen

1. Behandlung von Beweisanträgen und
Anträgen zur Informationsgewinnung

a) Entscheidung über die Beweisanträge
Nach § 17 Abs. 2 PUAG sind Beweise zu erheben, wenn sie
von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses beantragt
sind, es sei denn die Beweiserhebung ist unzulässig oder das
Beweismittel ist auch nach der Anwendung der in diesem
Gesetz vorgesehenen Zwangsmittel unerreichbar.
Der Vorwurf einer mangelnden Bestimmtheit einzelner Be-
weisanträge war ein zentraler Punkt der Auseinanderset-
zung im Ausschuss sowie in den vorbereitenden Obleutege-
sprächen. Die CDU/CSU-Fraktion sowie die FDP-Fraktion
stützten ihre Beweisanträge auf Zeugenvernehmungen über-
wiegend auf eine Wiedergabe von Ziffer 1 des Untersu-
chungsauftrags. Zur Begründung führten sie im Wesentli-
chen aus, der Untersuchungsauftrag sei konkret formuliert
und im Übrigen seien Beweisanträge auch in den vergange-
nen Untersuchungsausschüssen so gestellt worden. Dieses
Vorgehen wurde von den Koalitionsfraktionen kritisiert. Ih-
rer Auffassung nach waren die Beweisanträge durch den
am 19. Februar 2003 erklärt, zu dem angeblichen Papier sei
eine flächendeckende Abfrage im Ministerium, sowohl auf

einfachen Bezug auf den Untersuchungsauftrag zu unbe-
stimmt und damit eigentlich unzulässig.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33 – Drucksache 15/2100

Die Koalitionsfraktionen haben die Auffassung vertreten,
dass nach den im Untersuchungsausschussverfahren sinnge-
mäß Anwendung findenden Vorschriften der Strafprozess-
ordnung ein Beweisantrag i.S.d. § 244 Abs. 3 StPO vorliegt,
wenn ein Prozessbeteiligter eine konkrete Tatsache behaup-
tet und verlangt, mittels eines bestimmt bezeichneten Be-
weismittels darüber Beweis zu erheben. Die Forderung der
Bestimmtheit der Beweistatsache folge vor allem aus der
notwendigen Bezogenheit der Ablehnungsgründe; nur ein
Antrag, auf den diese sinnvollerweise angewendet werden
könnten, gelte als Beweisantrag. Auch Beweisanträge bzw.
Beweisbeschlüsse für Zeugenvernehmungen in einem parla-
mentarischen Untersuchungsausschuss hätten sich grund-
sätzlich am Bestimmtheitsgebot zu orientieren. Dabei sei
die Bestimmtheit nicht isoliert, sondern anhand einer Ge-
samtschau von Untersuchungsgegenstand und Beweisbe-
schluss zu beurteilen. Die aufzuklärenden Tatkomplexe
seien im Untersuchungsauftrag klar und präzise zu beschrei-
ben. Ein Beweisbeschluss sei jedenfalls so zu formulieren,
dass er nicht unbestimmter sei als der Untersuchungsgegen-
stand. In Einzelfällen könne es erforderlich sein, den Be-
weisbeschluss noch konkreter und bestimmter zu fassen. In
Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu Beweisan-
trägen im Strafprozess sollte in einem Beweisbeschluss ei-
nes parlamentarischen Untersuchungsausschusses nach
Möglichkeit angegeben werden, zu welcher Tatsache ein
Zeuge „im Kern“ vernommen werden solle. Dabei genüge
die Wiedergabe der Tatsache in ihren allgemeinen Umris-
sen.
Die CDU/CSU-Fraktion und die FDP-Fraktion haben diese
Auffassung nicht geteilt und auf den Wortlaut von § 244
Abs. 3 StPO verwiesen, der die Rechtsauffassung der Koali-
tionsfraktionen nicht stütze. Die Vorschrift lautet:

„Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung
des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweis-
antrag nur abgelehnt werden, wenn eine Beweiserhe-
bung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die
Tatsache die bewiesen werden soll, für die Entscheidung
ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Be-
weismittel völlig ungeeignet oder wenn es unerreichbar
ist, wenn der Antrag zum Zweck der Prozessverschlep-
pung gestellt ist oder wenn eine erhebliche Behauptung,
die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden
soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete
Tatsache wahr.“

Um die Beweisaufnahme nicht durch einen Rechtsstreit zu
behindern bzw. zu verzögern, stimmten die Koalitionsfrakti-
onen den Beweisanträgen der Oppositionsfraktion trotz
rechtlicher Bedenken im Ergebnis gleichwohl zu. Sie mach-
ten aber deutlich, dass die Zeugen lediglich zu Tatsachen
und Behauptungen vernommen werden dürften, die in ihr
eigenes Wissen gestellt seien. Die Beweisanträge dürften
nicht dazu dienen, Ausforschungen zu betreiben. Teilweise
stellten die Koalitionsfraktionen parallel eigene detaillierte
Beweisanträge.

b) Reihenfolge der Vernehmungen
In der Vergangenheit war es in Untersuchungsausschüssen
über die Frage der Terminierung der Vernehmung von Zeu-

Frage der konkreten Terminierung einzelner Zeugen- und
Sachverständigenvernehmungen wurde dabei mit Mehrheit
entschieden. Das Untersuchungsausschussgesetz sieht in
§ 17 Abs. 3 PUAG eine Art Streitschlichtungsverfahren vor.
Die Reihenfolge der Vernehmung von Zeugen und Sachver-
ständigen im Untersuchungsausschuss soll möglichst ein-
vernehmlich festgelegt werden. Bei Widerspruch eines
Viertels der Mitglieder des Ausschusses gelten die Vor-
schriften der Geschäftsordnung des Bundestages zur Rei-
henfolge der Redner entsprechend.
Der Untersuchungsausschuss ist hinsichtlich der Terminie-
rung derart vorgegangen, dass er zunächst den Untersu-
chungsauftrag strukturiert hat. Innerhalb der einzelnen The-
menkomplexe hat sich der Ausschuss auf eine Reihenfolge
der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen geei-
nigt. Dabei wurde Wert darauf gelegt, dass die Zeugen und
Sachverständigen zwischen Mehrheit und Minderheit ab-
wechselnd verteilt waren. Sämtliche Terminierungen der
Vernehmungen und Anhörungen erfolgten einvernehmlich.

2. Durchführung der Zeugen- und
Sachverständigenvernehmungen
und der informatorischen
Anhörungen

a) Art, Dauer, Anzahl und Ort der Verneh-
mungen bzw. Anhörungen

Ordnungsgemäße Ausschussberatung
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses hat stets
und von Amts wegen darauf geachtet, dass gemäß
§ 9 Abs. 3 PUAG Zeugenvernehmungen nur bei Beschluss-
fähigkeit des Ausschusses durchgeführt wurden. Nach
§ 9 Abs. 1 PUAG ist der Ausschuss beschlussfähig, wenn
die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist.
Art der Vernehmungen
Die vom Untersuchungsausschuss befragten Personen sind
überwiegend als Zeugen bzw. als Sachverständige vernom-
men, in einem Fall aber nur informatorisch angehört wor-
den. Teilweise sind die befragten Personen in einer Doppel-
rolle als Zeugen und Sachverständige gehört worden.
Letzteres ist erforderlich gewesen, wenn der Zeuge nicht
nur über eigenes Wissen berichten sollte, sondern auch auf-
grund besonderer Sachkompetenz sich zu Sachverhalten
und Vorgängen äußern sollte, die ihm zuvor vom Untersu-
chungsausschuss mitgeteilt worden waren.
Anzahl der Vernehmungen
Der Untersuchungsausschuss hat in der Zeit vom 20. De-
zember 2002 bis 3. Juli 2003 insgesamt 36 Zeugen (ein-
schließlich sachverständiger Zeugen) und 5 Sachverstän-
dige vernommen sowie eine Anhörperson gehört.
Dauer der Vernehmungen
Die Vernehmungen und Anhörungen dauerten insgesamt
ca. 71 Stunden.
Ort der Vernehmungen
Alle Vernehmungen wurden in den Räumen des Deutschen
Bundestages durchgeführt. Der überwiegende Teil der Be-
gen immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen
den Mehrheits- und Minderheitsfraktionen gekommen. Die

weiserhebung fand im Sitzungssaal des Europaausschusses
statt.

Name BB 15-Nr. Beschlossen am
Vernehmung

am
Protokoll

Nr.
Achenbach, Klaus, Dr. 54 10. April 2003 22. Mai 2003 20
Ahrens, Hans Jürgen, Dr. 47 13. März 2003 3. April 2003 12
Anzinger, Rudolf 59 10. April 2003 22. Mai 2003 20
Claßen, Horst 72 22. Mai 2003 5. Juni 2003 25
Dabringhausen, Jürgen 60 10. April 2003 8. Mai 2003 17
Dicke, Hugo, Dr. 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5
Eichel, Hans 1 (neu) 16. Januar 2003 20. Februar 2003 8
Hanke, Bernd, Dr. 41 7. Februar 2003 13. Februar 2003 7
Heilemann, Ullrich Prof. Dr. 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5
Hensgen, Rüdiger 64 8. Mai 2003 2. Juni 03 23
Hofmann, Claus 76 Umlaufverfahren

27. Mai 2003
2. Juni 2003 23

Horn, Gustav Adolf, Dr. 31
58

16. Januar 2003
10. April 2003

30. Januar 2003
8. Mai 2003

5
17

Kastrop, Christian, Dr. 42 7. Februar 2003 13. Februar 2003 7
Drucksache 15/2100 – 34 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

b) Unerledigte Beschlüsse über Verneh-
mungen bzw. Anhörungen

Der Untersuchungsausschuss hat drei Beschlüsse zur Be-
weiserhebung durch Vernehmung von Zeugen und Sachver-
ständigen sowie zwei Beschlüsse zur Informationsgewin-
nung durch Anhörung von Anhörpersonen nicht ausgeführt.
Die zwei beschlossenen Anhörpersonen wurden als Zeugen
vernommen. Der Untersuchungsausschuss hat im Übrigen
jeweils einvernehmlich auf eine Vernehmung bzw. Anhö-
rung verzichtet.

c) Einstufungen der Vernehmungen und
Anhörungen in öffentliche und nicht-
öffentliche Veranstaltungen

Die Beweiserhebung ist entsprechend Art. 44 Abs. 1 Satz 1
Grundgesetz grundsätzlich öffentlich erfolgt. In einigen Fäl-
len wurden einzelne Teile der Sitzungen VS-Vertraulich
durchgeführt. An diesen Sitzungsteilen konnten außer den
vernommenen Beweispersonen und den Mitgliedern des
Untersuchungsausschusses, Beauftragte der Bundesregie-
rung und des Bundesrates sowie Mitarbeiter des Ausschuss-
sekretariates und benannte Mitarbeiter der Fraktionen, so-
weit sie entsprechend VS-ermächtigt waren, teilnehmen.
Die öffentlichen Sitzungen zur Beweiserhebung sowie die
VS-eingestuften Sitzungsteile sind regelmäßig bzw. auf ge-
sonderten Ausschussbeschluss stenografisch aufgenommen
worden.

d) Formeller Abschluss von Vernehmungen
Allen Zeugen und Sachverständigen ist die Möglichkeit er-
öffnet worden, binnen zwei Wochen nach Erhalt des Ver-
nehmungsprotokolls ihre Aussagen zu korrigieren oder zu
ergänzen. Der Untersuchungsausschuss hat erklärt, er werde
die Vernehmungen vor Ablauf der gewährten Frist nicht für
abgeschlossen erklären.
Der 1. Untersuchungsausschuss hat daher zum Abschluss
der von ihm durchgeführten Zeugenvernehmungen und
Sachverständigenanhörungen am 3. Juli 2003 entsprechend
§ 26 PUAG folgenden Beschluss gefasst:

„1.Die Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen
und Sachverständigen ist beendet. Noch nicht erle-
digte Beweisanträge bzw. -beschlüsse betreffend die
Ladungen von Zeugen und/oder Sachverständigen
gelten als erledigt.

2. Die Beweisaufnahme durch Beiziehung von Akten
und Unterlagen ist abgeschlossen mit Ausnahme des
Beweisbeschlusses 15-81 (Beiziehung Protokolle
Bundespressekonferenz).

3. Die Vernehmungen folgender Zeugen und Sachver-
ständigen, die das Stenographische Protokoll über
ihre Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss
erhalten und dazu Stellung genommen bzw. auf eine
Stellungnahme verzichtet haben, sind abgeschlossen.

Overhaus, Manfred, Dr. 40
43

30. Januar 2003
7. Februar 2003

13. Februar 2003 7

Pfaffenbach, Bernd, Dr. 71 22. Mai 2003 5. Juni 2003 25
Rebscher, Herbert 50 13. März 2003 3. April 2003 12
Remsperger, Hermann, Prof. Dr. 38 30. Januar 2003 13. Februar 2003 7
Rische, Herbert, Dr. 51

52
10. April 2003 8. Mai 2003 17

Ruland, Franz, Prof. Dr. 55 10. April 2003 2. Juni 03 23
Rürup, Bert, Prof. Dr. Dr. h.c. 56

57
10. April 2003 8. Mai 2003 17

Schmidt, Ulla 45 13. März 2003 10. April 2003 14
Schröder, Klaus Theo, Dr. 46 13. März 2003 3. April 2003 12
Schwartz, Friedrich Wilhelm,
Prof. Dr.

48 13. März 2003 9. April 2003 13

Scheide, Joachim, Prof. Dr. 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5
Schoof, Dieter, Dr. 20 16. Januar 2003 13. Februar 2003 7
Smigielski, Edwin, Dr. 65 08. Mai 2003 21. Mai 2003

2. Juni 2003
19
23

Tiemann, Heinrich 80 5. Juni 2003 17. Juni 2003 27
Vater, Klaus 68 21. Mai 2003 22. Mai 2003 20
Walzik, Wilhelm 67 08. Mai 2003 2. Juni 03 23
Wittrock, Achim 61 10. April 2003 22. Mai 2003 20

4. Für den Abschluss der Vernehmung derjenigen Zeugen, denen das Protokoll noch nicht zugestellt werden konnte oder
deren Frist zur Stellungnahme noch nicht abgelaufen ist, wird der Vorsitzende ermächtigt, den entsprechenden Beschluss
des Ausschusses nach Ziffer 3 im Umlaufverfahren herbeizuführen:

Heye, Uwe-Karsten 74 22. Mai 2003 23. Juni 2003 28
Metzger, Oswald 69 22. Mai 2003 23. Juni 2003 28
Schröder, Gerhard 4 (neu) 16. Januar 2003

26. Juni 2003
3. Juli 2003 31
Müller, Joachim, Dr. 66 08. Mai 2003 2. Juni 03 23
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35 – Drucksache 15/2100

Klein, Dietmar 73 22. Mai 2003 5. Juni 2003 25
Kromphardt, Jürgen, Prof. Dr. 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5

Name BB 15-Nr. Beschlossen am
Vernehmung

am
Protokoll

Nr.
Steinmeier, Frank-Walter, Dr. 70 22. Mai 2003 26. Juni 2003 30

Drucksache 15/2100 – 36 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Das Umlaufverfahren zu Ziffer 4 des Beschlusses ist am
11. August 2003 durchgeführt worden. Damit wurden auch
diese Vernehmungen abgeschlossen.
e) Aussagegenehmigungen
Die meisten Zeugen und Sachverständigen, die vom Aus-
schuss vernommen wurden, haben für ihre Aussage vor dem
Ausschuss eine Aussagegenehmigung benötigt und erhalten.
Die Notwendigkeit für die Erteilung von Aussagegenehmi-
gungen nach § 44 c AbgG (Verschwiegenheitspflicht von
Abgeordneten und Aussagegenehmigung durch den Bun-
destagspräsidenten) wurde vom Ausschuss nicht gesehen.
VI. Zeit- und Arbeitsaufwand
Der Untersuchungsausschuss ist bis zum 24. November
2003 insgesamt 33 Mal zusammengetreten.
15 Sitzungen haben der Beweisaufnahme durch Verneh-
mung von Zeugen und Anhörung von Sachverständigen und
Anhörpersonen gedient. In diesen Sitzungen hat der Unter-
suchungsausschuss insgesamt 37 Zeugen, Sachverständige
und Anhörpersonen gehört. Die Vernehmungen sind auf
über 1.000 Seiten stenografischer Niederschriften festgehal-
ten worden. 11 Vernehmungen sind öffentlich begonnen und
VS-Vertraulich beendet worden.
Weiter hat der Untersuchungsausschuss 18 nichtöffentliche
Beratungssitzungen abgehalten.
Zu nennen ist weiterhin die unter Beteiligung der Öffent-
lichkeit durchgeführte konstituierende Sitzung.
Weiter sind insgesamt 17 Obleutebesprechungen durchge-
führt worden.
Insgesamt umfassten diese Sitzungen und Besprechungen
des Untersuchungsausschusses sowie die Besprechungen
der Obleute einen Zeitrahmen von ca. 90 Stunden.
VII. Umgang mit Akten nach Beendigung der

Untersuchungsausschusstätigkeit
Bei seiner Beschlussfassung über den Umgang mit Akten-
material nach Beendigung der Untersuchungsausschusstä-
tigkeit hat der Untersuchungsausschuss berücksichtigt, dass
eine Rechtspflicht zur Archivierung nicht besteht. Insoweit
hat er sich der Praxis der Untersuchungsausschüsse der letz-
ten Wahlperioden angeschlossen.
Der Untersuchungsausschuss hat in seiner Sitzung am
24. November 2003 dazu folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 9
(zum Verfahren)

Behandlung der Protokolle und Ausschussmaterialien
nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch den
Deutschen Bundestag
I. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß
II. Nr 2 der Richtlinien gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT:
1. Protokolle öffentlicher Sitzungen einschließlich

der Korrekturen/Ergänzungen der Zeugen und
Anhörpersonen können von jedem eingesehen
bzw. Ausfertigungen angefordert werden. Ausge-

2. VS-NfD, VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH
und höher eingestufte Protokolle werden nach
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages behandelt.

3. Protokolle über nichtöffentliche Vernehmungen
und Anhörungen, die nicht wie unter Ziffer 2 ein-
gestuft sind, werden mit dem Vermerk „Nur für
den Dienstgebrauch“ (NfD) versehen. Der Ver-
merk verliert seine Gültigkeit am 31. Dezember
2008, soweit nicht Rechte Dritter, insbesondere
der Zeugen, Anhörpersonen bzw. betroffenen Be-
hörden tangiert sind. Soweit letzteres nicht der
Fall ist, kann Dritten, die ein berechtigtes Inte-
resse geltend machen können, Einsicht gewährt
werden.

4. Protokolle über Beratungssitzungen werden mit
dem Vermerk „Nur für den Dienstgebrauch“
(NfD) versehen. Der Vermerk verliert seine Gül-
tigkeit am 31. Dezember 2008. Danach können
die vorgenannten Protokolle von jedem eingese-
hen werden, der ein berechtigtes Interesse gel-
tend machen kann.

II. Im Ausschuss entstandene sowie für den Ausschuss
erstellte Materialien
1. Im Untersuchungsausschuss entstandene Materi-

alien (Ausschussdrucksachen, Ausschussbe-
schlüsse, Gutachten, sonstige Ausarbeitungen,
Verzeichnisse und Übersichten) sowie Gutachten,
Stellungnahmen, Ausarbeitungen und Berichte,
die von dritter Seite für den Ausschuss erstellt
worden sind, sind wie die unter I. 3. erwähnten
Protokolle zu behandeln.

2. Dies gilt nicht für Materialien mit der Kennzeich-
nung VS-NfD, die nach der Geheimschutzordnung
des Deutschen Bundestages zu behandeln sind.

3. Bei den unter 1. genannten Materialien, die nach
der Zweckbestimmung des Verfassers auch der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kön-
nen, ist eine unbeschränkte Einsichtnahme im
Rahmen der für das Archiv des Deutschen Bun-
destages geltenden Regelungen möglich.

4. In gleicher Weise sollen auch alle mit MAT C be-
zeichneten Materialien des Ausschusses behan-
delt werden, soweit sie nicht mit dem Vermerk
„VS-Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD)“ ver-
sehen sind“.

III.Geschäftsakten
Die Geschäftsakten des Ausschusses werden eben-
falls mit dem Vermerk „Nur für den Dienstgebrauch
(NfD)“ versehen. Der Vermerk verliert seine Gültig-
keit am 31. Dezember 2008. Danach kann Dritten,
die ein berechtigtes Interesse geltend machen kön-
nen, Einsicht gewährt werden.

IV. Beweismaterialien
Die zu Beweiszwecken beigezogenen Materialien
Dritter (MAT A) und die VERTRAULICH, wie VS-
VERTRAULICH bzw. VS-VERTRAULICH eingestuf-
nommen davon sind beigefügte Dokumente Drit-
ter.

ten ohne Beiziehungsbeschluss überlassenen Beweis-
materialien (MAT B) werden nach Kenntnisnahme

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 37 – Drucksache 15/2100

des Abschlussberichts durch den Deutschen Bundes-
tag an die herausgebenden Stellen zurückgegeben.
Ausgenommen hiervon sind Kopien bzw. Ausfertigun-
gen von Beweismaterialien, die als Dokumente dem
Abschlussbericht oder Teilen des Abschlussberichts
beigefügt sind.
Im Übrigen werden Kopien von ebenso wie die vom
Ausschuss gefertigten Kopien vernichtet, es sei denn,
die herausgebenden Stellen widersprechen. Die Ver-
nichtung ist in einem Protokoll festzuhalten.“

Hinsichtlich der Rückgabe von Beweismaterialien, die dem
Ausschuss und den benannten Mitarbeitern der Fraktionen
zur Verfügung gestellt wurden, hat der Ausschuss folgenden
Beschluss gefasst:

„Beschluss 10
(zum Verfahren)

Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigun-
gen von Protokollen, die den Mitgliedern des 1. Untersu-
chungsausschusses und den benannten Mitarbeitern der
Fraktionen im 1. Untersuchungsausschuss zur Verfü-
gung gestellt wurden
1. Die an die Mitglieder des 1. Untersuchungsausschus-

ses und die benannten Mitarbeiter der Fraktionen im
1. Untersuchungsausschuss verteilten Kopien der of-
fenen und VS-NfD eingestuften Beweismaterialien
(MAT A) sowie die davon gezogenen weiteren Kopien
sind nach Kenntnisnahme des Ausschussberichts
durch das Plenum des Deutschen Bundestages dem
Ausschusssekretariat zum Zwecke der Vernichtung
zuzuleiten.

2. Die Durchführung der Vernichtung ist vom Sekreta-
riat in einem Protokoll festzuhalten.

3. Die von der Geheimregistratur für die Mitglieder des
1. Untersuchungsausschusses und die benannten
Mitarbeiter der Fraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss verteilten Kopien der VS-VERTRAULICH,
VERTRAULICH, GEHEIM und wie VS-VERTRAU-
LICH eingestuften Beweismaterialien (MAT A und
MAT B) sowie die Mehrausfertigungen der VS-VER-
TRAULICH eingestuften Protokolle des 1. Untersu-
chungsausschusses sowie die Mehrausfertigung des
VS-eingestuften Berichtsteils sind nach Kenntnis-
nahme des Abschlussberichts durch das Plenum des
Deutschen Bundestages der Geheimregistratur zum
Zwecke der Vernichtung zuzuleiten.“

VIII. Abschlussbericht
1. Entscheidung über den Abschluss der

Beweisaufnahme durch Zeugen- und
Sachverständigenanhörungen

Der 1. Untersuchungsausschuss hat in seiner 32. Sitzung am
3. Juli 2003 einstimmig seinen Beschluss über den Ab-
schluss der Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen
und Sachverständigen gefasst (siehe Erster Teil, B. 2 d).
2. Erstellung des Abschlussberichts
Der Untersuchungsausschuss hat zur Erstellung seines Ab-

„1.Das Sekretariat wird beauftragt, bis zum 15. Septem-
ber 2003 einen Vorentwurf eines Abschlussberichts
(Einsetzung des Untersuchungsausschusses, Ablauf
des Untersuchungsverfahrens, Feststellungsteil, An-
lagen, Anhang) zu erstellen und diesen den Bericht-
erstattern als Grundlage für ihre jeweiligen Berichte
zuzuleiten.

2. Beratung des Vorentwurfs durch die Berichterstatter
am 25. September 2003 unter Würdigung der Frage
des rechtlichen Gehörs. Bei Bedarf können weitere
Berichterstattergespräche vereinbart werden.

3. Die Berichte sind bis spätestens zum 4. November
2003, 14.00 Uhr dem Sekretariat zuzuleiten. Etwaige
Sondervoten gem. § 33 Abs. 2 PUAG sind bis zum
11. November 2003, 14.00 Uhr im Sekretariat vorzu-
legen. Zu den Berichtsteilen gehören auch die aus
den beigezogenen Unterlagen ggf. noch einzuarbei-
tenden Dokumente sowie offenkundige Sachverhalte.

4. Die Beratungssitzung, in denen der Bericht (Verfah-
rens- und Feststellungsteil, Bewertungsteile sowie
ggf. abweichende Berichte) festgestellt werden soll,
wird bestimmt auf Donnerstag, den 13. November
2003, 14.00 Uhr.

5. Durch die Gewährung rechtlichen Gehörs kann es zu
zeitlichen Verschiebungen kommen.“

Das Ausschusssekretariat hat dementsprechend am 15. Sep-
tember 2003 einen Vorentwurf des Ausschussberichts vor-
gelegt (Einsetzung des Untersuchungsausschusses, Ablauf
des Untersuchungsverfahrens, Feststellungen, Anlagen und
Anhang).
Im Rahmen des nachfolgenden Berichterstatterverfahrens
haben sich die Berichterstatter der Koalitionsfraktionen so-
wie der FDP-Fraktion auf der Grundlage dieses Vorentwurfs
auf einen gemeinsamen Text zur Einsetzung und zum Ver-
lauf des Verfahrens sowie zu den Feststellungen des Unter-
suchungsausschusses geeinigt. Infolge des notwendigen
Abstimmungsprozesses wurde der ursprüngliche Zeitplan
modifiziert.
Dementsprechend sind dem Sekretariat folgende Berichte
bzw. Berichtsteile zugeleitet worden:
– der Bewertungsteil der Berichterstatter Abg. Ortwin

Runde, Abg. Florian Pronold und Abg. Christine Lam-
brecht (SPD) sowie Abg. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) am 12. November 2003,

– das Sondervotum sowie ein VS-VERTRAULICH einge-
stufter Berichtsteil des Berichterstatters Abg. Dr. Jürgen
Gehb (CDU/CSU) am 17. November 2003

– das Sondervotum des Berichterstatters Abg. Hans-
Joachim Otto (FDP) am 20. November 2003,

– die Erwiderung der SPD-Fraktion vom 24. November
2003 auf das Sondervotum der CDU/CSU-Fraktion zum
Abschlussbericht des 1. Untersuchungsausschusses der
15. Wahlperiode.

3. Rechtliches Gehör zum Abschlussbericht
Nach § 32 Abs. 1 PUAG ist Personen, die durch die Veröf-
schlussberichts in seiner Sitzung am 3. Juli 2003 den nach-
folgenden Zeitplan erstellt:

fentlichung des Abschlussberichts in ihren Rechten erheb-
lich beeinträchtigt werden können, vor Abschluss des

4. Feststellung des Abschlussberichts
In seiner 33. Sitzung am 24. November 2003 hat der 1. Un-
tersuchungsausschuss zur Fertigstellung seines abschließen-
den Gesamtberichts die nachstehenden Beschlüsse gefasst.
Mit den Stimmen der Mitglieder der SPD-Fraktion, der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP-Frak-
tion bei Enthaltung der Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion
hat der Ausschuss beschlossen:

„Der Bericht der Berichterstatterin und der Berichter-
statter der Abg. Ortwin Runde, Abg. Florian Pronold,
Abg. Christine Lambrecht (SPD), Abg. Jerzy Montag
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Abg. Hans-Joachim
Otto (FDP) – Einsetzung des Untersuchungsausschus-
ses, Verlauf des Untersuchungsverfahrens und Feststel-
lungen sowie Register, Anhang, Übersichten und Anla-
gen (Teil 1, 2 und 5 des Berichts) – vom 19. November
2003 wird als Bericht des 1. Untersuchungsausschusses
der 15. Wahlperiode festgestellt.“

Mit der Stimmen der Mitglieder der SPD-Fraktion und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Frak-
tion hat der Ausschuss beschlossen:

„Der Bericht der Berichterstatter Abg. Ortwin Runde,
Abg. Florian Pronold, Abg. Christine Lambrecht (SPD),
Abg. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ,
nämlich der DRITTE TEIL "Bewertung", wird als Be-
richt des 1. Untersuchungsausschusses festgestellt.“

Der Ausschuss hat nach § 33 Abs. 2 PUAG nachfolgende
Sondervoten in den Bericht aufgenommen:

15. Wahlperiode.
Zur Behandlung des von der CDU/CSU-Fraktion vorgeleg-
ten VS-eingestuften Berichtsteils hat der Ausschuss ein-
stimmig folgenden Beschluss gefasst:

„Der VS-VERTRAULICH eingestufte Berichtsteil des
Berichterstatters Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) wird zu-
sammen mit den beigefügten VS-VERTRAULICH einge-
stuften Dokumenten in der Geheimschutzstelle des Deut-
schen Bundestages aufbewahrt. Mitglieder des
Deutschen Bundestages, die in der Geheimschutzstelle
Einblick in den Berichtsteil nehmen wollen, sind entspre-
chend Verfahrensbeschluss 5 zur Geheimhaltung ver-
pflichtet.

Abschließend hat der 1. Untersuchungsausschuss zur Vor-
lage des Berichts sowie zum weiteren Verfahren einstimmig
folgenden Beschluss gefasst:

„Die vorgenannten Berichte werden dem Deutschen
Bundestag als abschließender Gesamtbericht des 1. Un-
tersuchungsausschusses gemäß dem Beschluss des Deut-
schen Bundestages vom 2. Dezember 2002 mit der Be-
schlussempfehlung vorgelegt, ihn zur Kenntnis zu
nehmen.
Der 1. Untersuchungsausschuss beauftragt und ermäch-
tigt das Ausschusssekretariat, die festgestellten und zur
Veröffentlichung als Bundestagsdrucksache bestimmten
Berichte in Abstimmung mit den jeweiligen benannten
Mitarbeitern der Fraktionen redaktionell so zu überar-
beiten, dass sie als abschließender Gesamtbericht des
1. Untersuchungsausschusses in einheitlicher Form dem
Plenum des Deutschen Bundestages vorgelegt werden
können.“
Drucksache 15/2100 – 38 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Untersuchungsauftrages Gelegenheit zu geben, zu den sie
betreffenden Ausführungen im Entwurf des Abschlussbe-
richts innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen, so-
weit diese Ausführungen nicht mit ihnen in einer Sitzung
zur Beweisaufnahme erörtert worden sind. Die Vorschrift
dient dem rechtlichen Gehör solcher Personen, die nicht
vom Untersuchungsausschuss gehört worden sind, aber in-
direkt durch die Untersuchung betroffen wurden.
Der Untersuchungsausschuss hat keine erhebliche Beein-
trächtigung von Rechten bei Personen, die nicht vom Aus-
schuss vernommen wurden, festgestellt. Aus diesem Grunde
wurde auch kein Verfahren zur Gewährung des rechtlichen
Gehörs durchgeführt.

– der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. Dr. Jür-
gen Gehb (CDU/CSU) vom 17. November 2003 nebst
einem VS-eingestuften Berichtsteil als Sondervotum der
CDU/CSU-Fraktion sowie

– den Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. Hans-
Joachim Otto (FDP) vom 20. November 2003 als Son-
dervotum der FDP-Fraktion.

Darüber hinaus wurde als weiteres Sondervotum aufgenom-
men:
– die Erwiderung der SPD-Fraktion vom 24. November

2003 auf das Sondervotum der CDU/CSU-Fraktion zum
Abschlussbericht des 1. Untersuchungsausschuss der

naten Juni, Juli und August 2002 sagten die unabhängigen
Forscher trotz der schwachen Entwicklung in der ersten Jah-
reshälfte für Deutschland ein Gesamtjahreswachstum zwi-
schen 0,6 und 1,2 %, also eine deutliche Beschleunigung der
wirtschaftlichen Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte vo-
raus. Einig waren sich die Forscher, dass sich nach den ver-
haltenen Konjunkturdaten im ersten Halbjahr deutliche Zu-
wachsraten im zweiten Halbjahr ergeben werden.
Im Ergebnis entsprach die konjunkturelle Entwicklung des

Der Sachverständigenrat erstattet jährlich ein Gutachten
(Jahresgutachten) und leitet es der Bundesregierung bis
zum 15. November zu. Das Jahresgutachten wird den ge-
setzgebenden Körperschaften von der Bundesregierung un-
verzüglich vorgelegt und zum gleichen Zeitpunkt vom
Sachverständigenrat veröffentlicht. Spätestens acht Wo-
chen nach der Vorlage nimmt die Bundesregierung gegen-
über den gesetzgebenden Körperschaften zu dem Jahresgut-
achten Stellung. In der Stellungnahme sind insbesondere die
wirtschaftspolitischen Schlußfolgerungen darzulegen, die
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 39 – Drucksache 15/2100

Zweiter Teil
Feststellungen zum Sachverhalt
A. Entwicklung der Wachstums- und Wirtschaftsprognosen sowie die Konjunkturentwicklung

im Jahr 2002

Die Situation des Bundeshaushalts, die Finanzlage der ge-
setzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie die Ein-
haltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrags und des Eu-
ropäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts hängen u.a. von
der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ab. Vor-
aussagen über die Entwicklung des Staatsdefizits und den
Jahresabschluss von Sozialversicherungsträgern sind in er-
heblichem Maße an Wachstums- und Wirtschaftsprognosen
gekoppelt.
Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung in Deutsch-
land werden vom Sachverständigenrat, unabhängigen Wirt-
schaftsforschungsinstituten, der Deutschen Bundesbank,
privaten Kreditinstituten und internationalen Organisatio-
nen erstellt. Daneben gibt sich die Bundesregierung in ih-
rem Jahreswirtschaftsbericht zu Beginn eines Jahres einen
wirtschaftlichen Orientierungsrahmen für ihre Politik. Die
jeweils erstellten Wirtschaftsprognosen werden überwie-
gend veröffentlicht. Ein Informationsmonopol auf Seiten
der Bundesregierung besteht nicht.
Zu Beginn des Jahres 2002 wurde von der Bundesregierung
für das Gesamtjahr ein Wachstum von insgesamt ¾ % prog-
nostiziert. Sie ging davon aus, dass sich nach der deutlichen
Konjunkturabschwächung im Jahre 2001 schon zu Anfang
des Jahres eine leichte Erholung einstellen würde, die sich im
Jahresverlauf deutlich beschleunigt. Dabei stützte sich die
Bundesregierung auf günstige wirtschaftliche Fundamental-
faktoren: Für die Weltwirtschaft wurde allgemein eine deut-
liche Belebung erwartet; sowohl die kurzfristigen Nominal-
zinsen als auch die langfristigen Zinsen befanden sich auf
niedrigem Niveau; die Lohnstückkosten entwickelten sich
verhalten; die Inflationsraten waren rückläufig und der Öl-
preis niedrig. Bestätigt fühlen durfte sich die Bundesregie-
rung durch die Frühjahrsdiagnose der führenden Wirtschafts-
forschungsinstitute und die Prognosen des Internationalen
Währungsfonds (IWF), der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der EU-
Kommission, die übereinstimmend ein noch höheres Wachs-
tum voraussagten als die Bundesregierung. Noch in den Mo-

I. Das Angebot an Wirtschaftsprognosen in
Deutschland

An aktuellen Prognosen herrscht in Deutschland kein Man-
gel. Dies hat allerdings auch die Konsequenz, dass in der
Regel zu einem bestimmten Zeitpunkt immer eine gewisse
Bandbreite von prognostischen Einschätzungen vorliegt. So
weichen – nach Darstellung des Sachverständigen Prof.
Dr. Heilemann – die Herbstprognosen für die Wachstums-
rate des BIP für das nachfolgende Jahr im Regelfall zwi-
schen 0,5 und 1 % voneinander ab (5. Sitzung, Protokoll,
Sachverständigenanhörung, S. 7).
Im Einzelnen stellt sich das Angebot an Wirtschaftsprogno-
sen in Deutschland wie folgt dar:

1. Jahresgutachten des Sachverständigen-
rates zur Begutachtung der gesamtwirt-
schaftlichen Entwicklung

Nach dem Gesetz über die Bildung eines Sachverständigen-
rates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent-
wicklung (Gesetz vom 14. August 1963 – BGBl I S. 685 –
zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 1967 – BGBl I
S. 582) besteht zur periodischen Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik
Deutschland und zur Erleichterung der Urteilsbildung bei
allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie
in der Öffentlichkeit ein Rat von unabhängigen Sachver-
ständigen. Dieser Sachverständigenrat besteht aus fünf Mit-
gliedern, die über besondere wirtschaftswissenschaftliche
Kenntnisse und volkswirtschaftliche Erfahrungen verfügen
müssen. Der Sachverständigenrat soll in seinen Gutachten
die jeweilige gesamtwirtschaftliche Lage und deren abseh-
bare Entwicklung darstellen. Dabei soll er untersuchen, wie
im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig
Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand und
außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und ange-
messenem Wachstum gewährleistet werden können.
Jahres 2002 nicht der von der Bundesregierung noch im
Sommer 2002 geäußerten Erwartung. Statt eines prognosti-
zierten Wachstums des BIP von ¾ % wuchs die deutsche
Volkswirtschaft im Ergebnis lediglich um 0,2 % real. Die
erwartete Herbstbelebung blieb aus.

die Bundesregierung aus dem Gutachten zieht.
Der Sachverständigenrat hat nach § 6 Abs. 2 des Sachver-
ständigenratsgesetzes ein zusätzliches Gutachten zu erstat-
ten, wenn auf einzelnen Gebieten Entwicklungen erkennbar

Drucksache 15/2100 – 40 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

werden, welche die Stabilitätsziele gefährden. Die Bundes-
regierung kann den Sachverständigenrat mit der Erstattung
weiterer Gutachten beauftragen. Der Sachverständigenrat
leitet die Gutachten der Bundesregierung zu und veröffent-
licht sie; hinsichtlich des Zeitpunktes der Veröffentlichung
führt er das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der
Finanzen (BMF) herbei.

2. Gemeinschaftsdiagnosen der sechs
führenden deutschen Wirtschafts-
forschungsinstitute

Die nachfolgend aufgeführten sechs führenden Wirtschafts-
forschungsinstitute erstellen jeweils im Frühjahr und im
Herbst im Auftrag des BMF eine Gemeinschaftsdiagnose
zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Die Diagnose be-
steht im Kern aus zwei Teilen. Der erste Teil ist die Pro-
gnose der internationalen Wirtschaftsentwicklung und der
wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Der zweite
Teil enthält die auf der Prognose basierenden Politikemp-
fehlungen. Die Expertisen zählen neben dem Jahresgutach-
ten des Sachverständigenrates zu den wichtigsten konjunk-
turellen Einschätzungen für die deutsche Wirtschaft.
Das größte der sechs führenden Wirtschaftsforschungsinsti-
tute in Deutschland ist das IfW in Kiel. Es befasst sich unter
anderem mit den wirtschaftlichen Aspekten der internatio-
nalen Arbeitsteilung, der europäischen Integration und der
geplanten EU-Osterweiterung. Zu den Aufgaben des DIW
in Berlin gehört die Untersuchung der kurz- und langfristi-
gen konjunkturellen Entwicklung. Ein Schwerpunkt ist der
wirtschaftliche Wandel im vereinigten Deutschland und in
Osteuropa. Wissenschaftliche Politikberatung zählt das
Münchner Ifo-Institut zu seinen Hauptaufgaben. Als Grund-
lage dient die Forschung in den Feldern Sozialpolitik, Ar-
beitsmärkte, Konjunktur, Strukturwandel sowie Umwelt,
Regionen und Verkehr. Das Hamburger-Welt-Wirtschafts-
Archiv (HWWA) befasst sich mit der weltwirtschaftlichen
Entwicklung und deren Auswirkung auf Deutschland sowie
mit der europäischen Integration. Das RWI hat seine
Schwerpunkte in der Energie- und Stahlbranche sowie der
Beobachtung der Entwicklungen in Handwerk und Einzel-
handel. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)
befasst sich insbesondere mit dem Wandel in Ostdeutsch-
land sowie in Mittel- und Osteuropa.

3. Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung
Die Bundesregierung legt jeweils zu Jahresbeginn dem
Deutschen Bundestag und dem Bundesrat gemäß § 2 des
Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums
der Wirtschaft (vom 8. Juni 1967 – BGBl. I S. 582 – StWG,
zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Oktober 2001 –
BGBl I S. 2785, 2809) den sogenannten „Jahreswirtschafts-
bericht“ vor. Er enthält eine Projektion der gesamtwirt-
schaftlichen Entwicklung für Gesamtdeutschland und die
Stellungnahme zum Jahresgutachten des Sachverständigen-
rates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent-
wicklung. Darin legt die Bundesregierung auch die von ihr
verfolgte Wirtschafts- und Finanzpolitik dar.
Der Bericht hat sich an dem hierfür im StWG vorgesehenen
Konzept zu orientieren. Mit dem Jahreswirtschaftsbericht

Verfügung. Zur Vorbereitung des Jahreswirtschaftsberichts
wird die wachstums- und beschäftigungspolitische Strategie
der Bundesregierung im Konjunkturrat für die öffentliche
Hand mit den Ländern und Gemeinden erörtert; darüber hi-
naus wird sie mit Vertretern der Gewerkschaften und dem
Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirt-
schaft besprochen.
Darüber hinaus legt der interministerielle Arbeitskreis „Ge-
samtwirtschaftliche Vorausschätzung“ im Frühjahr und im
Herbst interne Berechnungen für die voraussichtliche Kon-
junkturentwicklung vor. Im April/Mai werden das laufende
und die folgenden Jahre für die Mittelfrist geschätzt. Im Ok-
tober werden noch einmal die Ergebnisse für das laufende
und das kommende Jahr überprüft.

4. Der Prognosen-Kalender
Im Jahresverlauf werden auf Bundesebene nachfolgende be-
deutende Wirtschaftsprognosen vorgelegt:

Darüber hinaus erstellen die Wirtschaftsforschungsinstitute
sowie der IWF, die OECD, einzelne Banken und private In-
stitute über das Jahr verteilt – teilweise halbjährlich bzw.
quartalsweise – weitere Einzelprognosen über die konjunk-
turelle Entwicklung.

5. Treffsicherheit und Aussagewert von
Wirtschaftsprognosen

Die Vorhersage der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist
stets mit einer Unschärfe behaftet, die mit fortschreitender
Zeit abnimmt. Der mittlere absolute Fehler bei der Wachs-

Monat Prognose
November

des Vorjahres
Jahresgutachten des Sachverständigenrates
zur Begutachtung der gesamtwirtschaftli-
chen Entwicklung

Januar Jahreswirtschaftsbericht der Bundes-
regierung

April Gemeinschaftsdiagnose der sechs führen-
den Wirtschaftsforschungsinstitute zur
Lage der Weltwirtschaft und der deutschen
Wirtschaft (Frühjahrsgutachten)
Ferner:
Interministerieller Arbeitskreis „Gesamt-
wirtschaftliche Vorausschätzung“ (mittel-
fristig)

Oktober Gemeinschaftsdiagnose der sechs führen-
den Wirtschaftsforschungsinstitute zur
Lage der Weltwirtschaft und der deutschen
Wirtschaft (Herbstgutachten)
Ferner:
Interministerieller Arbeitskreis „Gesamt-
wirtschaftliche Vorausschätzung“ (kurz-
fristig)
stellt die Bundesregierung gem. § 3 des StWG gesamtwirt-
schaftliche Orientierungsdaten zu Beginn des Jahres zur

tumsrate beträgt bei den Herbstprognosen für das kommende
Jahr etwa einen Prozentpunkt. Auch wenn die Fehlermarge

1) Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 12/1618; 12/3774; 12/6170;
13/26; 13/3016; 13/6200; 13/9090; 14/73; 14/2223; 14/4792; 14/7569

2) Jahreswirtschaftsberichte der Bundesregierung: BT-Drs. 12/2018; 12/4330; 12/6676; 13/370; 13/3601; 13/6800; 13/10107; 14/334; 14/2611;
14/5201; 14/8175; 15/372

3) Beurteilung der Wirtschaftslage durch die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute: Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen
Wirtschaft im jeweiligen Frühjahr, HWWA-Reports, Wochenbericht DIW, ifo-Schnelldienst 8/2002

4) Statistisches Bundesamt, Stand: August 2003
5) früheres Bundesgebiet

2002 0,7 % ¾ % 0,9 % ¾ % 0,2 %

sinkt, veröffentlicht das Statistische Bundesamt erst Mitte
Januar des Folgejahres seine erste vorläufige Berechnung
des Bruttoinlandsprodukts. Auch diese Zahlen unterliegen
noch ständiger Aktualisierung und werden vom Statistischen
Bundesamt drei Jahre lang als „vorläufig“ veröffentlicht.
Besonders fehlerhaft sind Prognosen von Rezessionen.
Die Sachverständigen haben bei ihrer Anhörung vor dem
Untersuchungsausschuss einhellig auf diese generelle Unsi-
cherheit von Wirtschaftsprognosen hingewiesen, die sich in
den letzten Jahren noch vergrößert habe. Die Richtigkeit
von Prognosen lasse sich nur im Nachhinein feststellen.
Der Sachverständige Prof. Dr. Kromphardt hat ausgeführt,
Prognosen seien mit Unsicherheit behaftet und stellten vor
allen Dingen keine Prophezeiungen dar. Sie seien vielmehr
bedingte Prognosen, d. h. sie würden unter bestimmten An-
nahmen über nicht oder nur schwer fundiert prognostizier-
bare Größen erarbeitet (5. Sitzung, Protokoll Sachverständi-
genanhörung, S. 14). Wenn sich im Wirtschaftsleben
grundlegende Strukturbrüche vollzögen oder sich der Struk-
turwandel beschleunige – wie bspw. durch die Wiederverei-
nigung oder durch die Steuerreform 2000 – dann ergäben
sich – so die Sachverständigen – große Prognoseunsicher-
heiten, die letztlich auch zu Prognosefehlern führen könnten.
Der Sachverständige Dr. Dicke hat in seiner Anhörung deut-

der Prognosen des Sachverständigenrates seit seiner Grün-
dung festgestellt, dass der von seinem Institut ermittelte re-
lative Fehler der Prognosen im Zeitablauf nicht gesunken
sei. Damit sei die These von der zunehmenden Treffsicher-
heit von Prognosen falsifiziert gewesen. Andererseits sei
der absolute Prognosefehler, d. h. die absolute Differenz aus
dem Prognosewert für das nächste Jahr und den tatsächli-
chen Änderungen des realen BIP, kleiner geworden. Der re-
lative Prognosefehler sei im Zeitablauf das überlegene Feh-
lermaß gewesen, weil es den absoluten Fehler in Beziehung
zum jeweils herrschenden Wachstumsklima setze. Denn bei
längeren Reihen sei der relative Fehler eine geeignete Kenn-
ziffer, weil er den zu Grunde liegenden Wachstumspfad be-
rücksichtige. Zum Beispiel sei ein Prognosefehler von zwei
Prozentpunkten in einer Zeit starken Wirtschaftswachstums,
etwa bei 6 %, weniger gravierend als in einer Phase wirt-
schaftlicher Stagnation, in der die Veränderungsrate bei 1 %
liege. Der summierte relative Fehler der Prognosen des Sach-
verständigenrates für das nächste Jahr habe in den letzten
zehn Jahren eine durchschnittliche jährliche Abweichung
von 50 % ergeben. Dabei habe der Sachverständigenrat in
acht Jahren die wirtschaftliche Entwicklung zu optimistisch
eingeschätzt. Seine statistische Beobachtung der Jahre 1993
bis 2002 habe eine Tendenz zu Überschätzungen des
Wachstums des BIP gezeigt. Dies sei wohl teilweise einfach
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 41 – Drucksache 15/2100

Reale Veränderung des BIP gegenüber Vorjahr
Herbstgutachten

des SVR1)
(Vorjahr)

Projektion
JWB der BReg für
das lfd. Jahr2)

Gemeinschafts-
diagnose

Frühjahr des
lfd. Jahres3)

Frühjahrsprojek-
tion der BReg, auch
für den Finanz-
planungsrat

endgültige
Ergebnisse
Stat. BAmt4)

1992 2 ½ %5) gut 2 % 1 ½ % 2 ¼ 2,2 %
1993 0 %5) 0 % - 1 ½ % -1 ½ -1,1 %
1994 ½ % 1 % - 1 ½ % 1 ½ % 1 ½ 2,3 %
1995 3 % 3 % 3 % 3 % 1,7 %
1996 1 ¾ % 1 ½ % ¾ % ¾ % 0,8 %
1997 2 ½ % 2 ½ % 2 ¼ % 2 ½ % 1,4 %
1998 3 % 2 ½ % bis 3 % 2,6 % 2 ½ bis 3 % 2,0 %
1999 2 % 2 % 1,7 % 1 ½ % 2,0 %
2000 2,7 % 2 ½ % 2,8 % 1 ½ % 2,9 %
2001 2,8 % 2 ¾ % 2,1 % 2 % 0,8 %
lich gemacht, dass Irrtümer beim Erstellen von Prognosen
unvermeidbar seien. Sein Institut habe bei der Überprüfung

als Wunschdenken zu sehen (5. Sitzung, Protokoll Sachver-
ständigenanhörung, S. 6, Dicke/Glismann, Haben sich die

digenanhörung, S. 6)

II. Die Konjunkturprognosen im Jahre 2002
Im Verlauf des Jahres 2002 veränderten sich die Prognosen
der Wirtschaftsforschungsinstitute und der Banken für das
BIP. Bei den Prognosen war insgesamt eine große Spann-
weite zu beobachten. Bis zum Mai/Juni 2002 waren die Prog-
nosen von einem zunehmenden Optimismus gekennzeich-

kennbar war zu diesem Zeitpunkt lediglich die einheitliche
Tendenz, die bis dahin überwiegenden Schätzungen eines
Wachstums von 2 bis 2 ½ Prozent nach unten zu korrigie-
ren. Während z. B. im November 2001 das Institut der deut-
schen Wirtschaft e.V. Köln (IW) und die OECD von einem
Wachstum von 1,0 % ausgingen, rechneten die EU-Kom-
mission und der Sachverständigenrat der Bundesregierung
gegenüber dem Vorjahr mit einem Anstieg des BIP um
lediglich 0,7 % (siehe Schaubild 1). Die Prognose von JP

S c h a u b i l d 1
Drucksache 15/2100 – 42 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Konjunkturprognosen des Sachverständigenrates verbes-
sert, in: Wirtschaftsdienst 2002, S. 736 ff.).
Der Sachverständige Dr. Dicke hat zur relativen Abwei-
chung bzw. zum Fehlermaß nachfolgenden Vergleich ange-
führt:

„Man stelle sich einen Elefanten und eine Maus neben-
einander vor und man stelle sich weiter vor, dass die Ver-
längerungen ihrer Steißbeine – zoologisch: Schwänze –
hin- und herpendeln. Dann ist klar, dass die Strecken, die
die Schwanzenden zurücklegen, beim Elefanten viel grö-
ßer sind als bei der Maus. Das ist zoologisch ziemlich
banal, aber in unserem Zusammenhang von Interesse.
Der Elefant steht für das Wachstum in den 60er-Jahren
und die Maus für das Wachstum in den letzten zehn Jah-
ren. Jährlichen Änderungsraten des Bruttoinlandspro-
duktes zwischen minus 0,3 und 7,4 Prozent in den 60er-
Jahren stehen Änderungsraten zwischen minus 2 und
plus 3 Prozent in den letzten zehn Jahren gegenüber. Die
durchschnittliche jährliche Zuwachsrate des Bruttoin-
landsproduktes betrug 4,6 Prozent in den 60er-Jahren
und rund 1,2 Prozent in den letzten zehn Jahren, das
Jahr 2002 eingeschlossen. Der Prognostiker hat es heute
gewissermaßen nur mit einer Maus und ihren Schwanz-
bewegungen zu tun.“ (5. Sitzung, Protokoll Sachverstän-

net, der sich ab August 2002 abschwächte. Die aus der
wirtschaftlichen Entwicklung und vielen anderen Faktoren
abgeleitete Prognose der Defizitquote im Sinne des
Maastricht-Vertrages änderte sich ebenfalls im Laufe des
Jahres 2002. Bis Juli 2002 lag die Quote deutlich unter der
Drei-Prozent-Marke und begann erst in den Prognosen ab
August langsam anzusteigen (Dokument Nr. 6).
Im Einzelnen entwickelten sich die Prognosen im Jahr 2002
wie folgt:

1. Prognosen zum Ende des Jahres 2001
Die Bundesregierung hatte ihrer Herbstprojektion vom Ok-
tober 2001 die Erwartung zu Grunde gelegt, dass das reale
Wirtschaftswachstum in Deutschland im Jahr 2002 bei rund
1 ¼ % gegenüber dem Vorjahr 2001 liegen werde. Ähnlich
wie die Bundesregierung waren auch die Wirtschaftsfor-
schungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose im Okto-
ber 2001 zu dem Ergebnis gekommen, dass das reale Wirt-
schaftswachstum im Jahr 2002 ca. 1,3 % betragen werde.
Einzelne Institutionen wie z.B. die Dresdner Bank lagen zu
diesem Zeitpunkt mit ihrer Annahme von 1,5 % sogar noch
darüber. In den folgenden Monaten bis zum Jahresende di-
vergierten die Annahmen der Institute und der übrigen Pro-
gnosen erstellenden Institutionen verhältnismäßig stark. Er-
Quelle: Sachverständigenrat, Gutachten vom 9. November 2001; BT-Drs. 14/7569, S. 174

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 43 – Drucksache 15/2100

Morgan blieb mit 0,3 % noch deutlich dahinter zurück. Die-
ser Trend setzte sich im Dezember fort. Das IfW sah das
Wachstum 2002 zu diesem Zeitpunkt noch bei 1,2 %. Dem-
gegenüber prognostizierten das RWI einen Wert von 0,8 %,
das HWWA sowie der Internationale Währungsfonds (IWF)
einen Wert von 0,7 % und das ifo-Institut einen Wert von
nur 0,6 % vom BIP. Das Budgetdefizit des Staates gemessen
am BIP wurde im Durchschnitt mit -2,3 % geschätzt (Doku-
ment Nr. 7).

2. Jahreswirtschaftsbericht und Frühjahrs-
diagnose der sechs führenden Wirtschafts-
forschungsinstitute in Deutschland Anfang
2002

Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten
Monate revidierte die Bundesregierung zu Beginn des Jah-
res 2002 ihre Wachstumsannahme aus der Herbstprojektion.
So ging sie in ihrer im Jahreswirtschaftsbericht veröffent-
lichten Jahresprojektion davon aus, dass das BIP in 2002
gegenüber dem Vorjahr 2001 real lediglich um rd. ¾ % an-
steigen werde. Dies entsprach dem Alternativszenarium, das
in dem Ende 2001 eingereichten nationalen Stabilitätspro-
gramm errechnet worden war.
In der Zusammenfassung des Jahreswirtschaftsberichts
2002 wird ausgeführt:

„Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr ein rea-
les Wirtschaftswachstum von rund ¾ %. Aufgrund der
ungünstigen Ausgangsbasis zum Jahresende 2001 bringt
der Jahresdurchschnittswert von ¾ % allerdings nicht
die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung im Jah-
resverlauf zum Ausdruck. Wie stark diese Dynamik sein
wird, hängt wesentlich davon ab, wann die wirtschaftli-
che Erholung – insbesondere in den USA und im Euro-
raum – einsetzt. Umso wichtiger ist es, dass sich das Ver-
trauen von Investoren und Verbrauchern wieder
verbessert. Hierfür gibt es erste Anzeichen, insbesondere
in den USA. Aber auch in Deutschland sind angesichts
der aktuellen deutlichen Verbesserung der Geschäftser-
wartungen ermutigende Signale erkennbar. Im Jahr
2003 wird nach ersten Schätzungen von EU-Kommission
und OECD die erwartete Beschleunigung der wirtschaft-
lichen Dynamik auch wieder zu beachtlichen Jahres-
durchschnittswerten von 2,8 bzw. 2,9 % führen. Die
deutsche Volkswirtschaft kommt damit rasch zurück auf
einen Wachtumspfad, wie sie ihn – vor der weltweiten
Abschwächung – in Deutschland mit 3 % und einem An-
stieg der Beschäftigung um 618.000 im Jahr 2000 einge-
schlagen hatte.“ (BMF, Monatsbericht 2/2002, S. 43)

Der uneinheitliche Prognosetrend der Institute und Institu-
tionen aus dem Vorjahr setzte sich im ersten Quartal des Jah-
res 2002 bis zur Frühjahrsprojektion der Bundesregierung
fort. Es zeichnete sich jedoch ab, dass die Einschätzung des
wirtschaftlichen Wachstums insgesamt zunehmend positi-
ver beurteilt wurde. Während sich die Prognosen des DIW
und der Deutschen Bank im Januar noch zwischen 0,6 und
0,9 % bewegt hatten, nahm der Optimismus im März und
April deutlich zu. So rechnete beispielsweise die Deutsche
Bank mit einem Wirtschaftswachstum für 2002 von 1,1 %.
Da die Bundesregierung in der zweiten Jahreshälfte mit ei-

schaftsberichts fest. Das geschätzte Budgetdefizit lag im
Durchschnitt aller Prognosen bei -2,5 % (Dokument Nr. 7).
Die Frühjahrsdiagnose der sechs führenden Wirtschaftsfor-
schungsinstitute kam im April 2002 – ebenso wie der IWF –
auf 0,9 %, so dass die Bundesregierung mit ¾ %, die OECD
mit 0,7 % und die EU-Kommission mit 0,8 % sich eher am
unteren Rand des Prognosespektrums befanden. In der Ge-
meinschaftsdiagnose der sechs führenden Wirtschaftsfor-
schungsinstitute vom 19. April 2002 wurde zur wirtschaftli-
chen Lage in Deutschland ausgeführt:

„Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Frühjahr 2002
am Beginn eines Aufschwungs. Im vergangenen Jahr
war die Konjunktur als Folge der Nachwirkungen des
Ölpreisschocks, der Straffung der Geldpolitik und einer
nachlassenden Expansion der Auslandsnachfrage ab-
wärts gerichtet; im zweiten Halbjahr sank das reale
Bruttoinlandsprodukt sogar leicht. In den ersten Mona-
ten des laufenden Jahres hat sich die gesamtwirtschaftli-
che Aktivität aber belebt. Die Erwerbstätigkeit ist zwar
weiter zurückgegangen, und die Zahl der Arbeitslosen
hat bis zuletzt in der Grundtendenz zugenommen, doch
ist der Arbeitsmarkt ein typischer Nachzügler der Kon-
junktur.
(...)
Für ein baldiges Anspringen der Konjunktur spricht vor
allem, dass sich das Geschäftsklima im verarbeitenden
Gewerbe in den vergangenen Monaten spürbar aufge-
hellt hat. Insbesondere die Produktionserwartungen ha-
ben sich seit Ende 2001 deutlich verbessert. Auch bei
der Nachfrage gibt es Anzeichen für eine Wende. So wa-
ren die Auftragseingänge aus dem Ausland in den ersten
Monaten dieses Jahres deutlich höher als im vierten
Quartal 2001, und auch bei den Inlandsaufträgen zeigt
sich eine leichte Zunahme.
(...)
Die Konjunktur in Deutschland springt im Frühjahr an.
Im Gefolge der kräftiger expandierenden Weltwirtschaft
wird der Export wieder steigen. Zudem strahlt die deutli-
che Verbesserung der Erwartungen in den USA und in
Europa auch auf Deutschland aus und wirkt positiv auf
die Dispositionen der Unternehmen. Letztere dürften mit
anziehender Konjunktur wieder mehr in Ausrüstungen
investieren, und der Lagerabbau wird sich verlangsa-
men. Im Zuge der konjunkturellen Aufwärtsbewegung
wird der private Konsum steigen. Im weiteren Verlauf des
Jahres kommen die von der letztjährigen Lockerung der
Geldpolitik ausgehenden Impulse mehr und mehr zum
Tragen. All das spricht dafür, dass sich der Aufschwung
in der zweiten Hälfte dieses Jahres verstärken wird.
(...)
Insgesamt wird das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahr
2003 in Deutschland um 2,4% steigen, nach 0,9% in die-
sem Jahr. (...) Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich da-
bei wieder verbessern.
(...)
Es ist jedoch auch nicht auszuschließen, dass die Dyna-
mik der konjunkturellen Erholung unterschätzt wird. Die
nem Aufschwung rechnete, hielt sie auch in ihrer Frühjahrs-
projektion im April 2002 an dem Wert des Jahreswirt-

bisher vorliegenden, bis Februar reichenden vorläufigen
Produktionsdaten signalisieren zwar erst eine leichte

Drucksache 15/2100 – 44 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Erholung. Angesichts der stark verbesserten Geschäfts-
erwartungen der Unternehmen könnte die konjunkturelle
Dynamik aber in den kommenden Monaten stärker aus-
fallen als hier vorhergesagt.
(...)
Die Prognose vom vergangenen Herbst für das Jahr
2002 stand weitgehend im Schatten der Terroranschläge
und der damit einhergehenden Unsicherheit. Die Ein-
schätzung der Institute, dass der Schock vom 11. Septem-
ber keine tiefe Rezession nach sich ziehen werde, hat
sich bestätigt. Gleichwohl verlief die Entwicklung in den
letzten Monaten des vergangenen Jahres ungünstiger als
von den Instituten im Herbst unterstellt. Auch aus die-
sem Grund wird der diesjährige Anstieg des realen Brut-
toinlandsprodukts nun nicht mehr auf 1,3%, sondern auf
0,9% beziffert.“ (Die Lage der Weltwirtschaft und der
deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2002, HWWA – Re-
port 218, S. 27 ff.)

3. Die Entwicklung der Prognosen im Sommer
2002

In den Monaten Mai und Juni 2002 stiegen die Prognosen
einzelner Institute und Banken weiter an. Das IfW ging im
Juni von einem BIP von 1,2 % aus. Ebenfalls im Juni 2002
notierte das ifo-Institut ein Wachstum von 0,7 %. Im Monat
Juli veränderten sich die Prognosen nur geringfügig. So
blieb das DIW mit 0,6 % unverändert, während die Ein-
schätzung der Dresdner Bank um 0,1 % zurückging. Einige
Institute erhöhten wiederum Ihre Prognosen um einen Zehn-
telprozentpunkt, so das RWI auf 0,9 %, das IWH auf 0,9 %
und HWWA auf 0,8 %. Im August meldete das ifo-Institut
0,7 %. Die Prognose der Bundesregierung, mit ¾ % lag da-
mit immer noch am unteren Rand des Prognosespektrums.
Sämtliche Wirtschaftsforschungsinstitute gingen in den
Sommermonaten davon aus, dass eine erwartete wirtschaft-
liche Belebung nunmehr eingesetzt habe. Das RWI ver-
merkte in seiner Juli-Prognose, in der zweiten Hälfte des
Jahres gewinne die Konjunktur deutlich an Fahrt. „Die Pro-
gnose steht aber unter erheblicher Unsicherheit. Die Risiken
nach unten sind beträchtlich, sagte RWI-Vizepräsident Prof.
Dr. Ulrich Heilemann bei der Vorstellung der Prognose
(Handelsblatt vom 19. Juli 2002). Das Staatsdefizit wurde
vom IfW im Juni auf 2,3 % und vom RWI auf 2,4 % ge-
schätzt.
Im Sommer 2002 lagen für das Gesamtjahr 2002 folgende
BIP-Wachstumsprognosen der großen Wirtschaftsfor-
schungsinstitute sowie der Dresdner Bank vor:

4. Prognosen im Herbst 2002
Im September gab es erste Prognosen, die eine Verschlech-
terung der Konjunktur andeuteten. Das IfW senkte als erstes
und einziges führendenes Wirtschaftsforschungsinstitut am
12. bzw. 18. September 2002 vor der Bundestagswahl seine
Prognose auf 0,4 %. In seinem Gutachten gelangte das Insti-
tut zu dem Ergebnis, die Konjunktur habe sich noch nicht
durchgreifend erholt. Die vom Institut im Juni prognosti-
zierte deutliche Beschleunigung des konjunkturellen Fahr-
tempos sei ausgeblieben. Das Staatsdefizit wurde mit 3,1 %
des BIP angenommen. Am 25. September 2002 reduzierte
das IWH seine Erwartungen auf 0,6 %.
Im September 2002 lagen für das Gesamtjahr 2002 folgende
BIP-Wachstumsprognosen großer Wirtschaftsforschungsin-
stitute vor:

In seiner Herbstprojektion legte die Bundesregierung im
Oktober 2002 ein Wachstum von 0,5 % zu Grunde. Die
Wirtschaftsforschungsinstitute gelangten in ihrer Gemein-
schaftsdiagnose einen Monat nach der Bundestagswahl am
22. Oktober 2002 zu einer Prognose von 0,4 %.
5. Aussagen der Sachverständigen zur

Prognoseentwicklung im Jahr 2002
Vor dem Ausschuss angehörte Sachverständige haben bei
ihrer Anhörung deutlich gemacht, weder die Bundesregie-
rung noch die Wirtschaftsforscher selber hätten vor der
Wahl wirklich den massiven Einbruch der staatlichen Ein-
nahmen vorhersehen können. Auch das Überschreiten des
Maastricht-Kriteriums im Jahr 2002 sei so nicht vorherseh-
bar gewesen. Zwar hätte seit der Jahresmitte 2002 die Ver-
mutung zugenommen, dass das Defizit über der Drei-Pro-
zent-Stabilitätsgrenze liegen werde, doch erst mit den
Septemberzahlen, die erst im Oktober vorgelegen hätten,
habe sich die Vermutung verdichtet. Verantwortlich für die
negative Wirtschaftsentwicklung seien die Auswirkungen
der Reform der Körperschaftsteuer und die gesunkenen
Arbeitnehmereinkommen gewesen. Beide Entwicklungen
seien von der Wissenschaft nicht richtig eingeschätzt wor-
den.
Im einzelnen haben sich die Sachverständigen zur Progno-
seentwicklung im Jahr 2002 sowie zur Einschätzung der
Höhe des Staatsdefizits wie folgt geäußert:
Der Sachverständige Prof. Dr. Kromphardt hat ausgeführt,
im Laufe des Jahres 2002 hätten sich alle Prognosen sowohl
der Wirtschaftsforschungsinstitute als auch vieler Banken
für das BIP des Jahres 2002 verändert. Noch bis Juni/Juli
hätten alle Prognosen unterhalb der berühmten Drei-Pro-
zent-Defizitmarke gelegen. Erst ab August und dann etwas
deutlicher ab September hätten sich die Prognosen ver-
schlechtert. Aber der Mittelwert der Prognosen habe immer
noch unter 3 % gelegen. Im Oktober sei dies dann anders ge-

Institut Erstelldatum Wachstums-prognose BIP
IfW Juni 2002 1,2 %

HWWA Juli 2002 0,7 %
DIW Juli 2002 0,6 %
IWH Juli 2002 0,9 %
RWI Juli 2002 0,9 %

Dresdner Juli 2002 1,0 %

Institut Erstelldatum Wachstums-prognose BIP
IfW 12./18. September

2002
0,4 %

IWH 25. September 2002 0,6 %
wesen, aber da sei der 22. September 2002, d. h. die Bundes-
tagswahl, bereits vorbei gewesen. Eine fundierte Schätzung

Bank
ifo-Institut August 2002 0,7 %

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 45 – Drucksache 15/2100

des Defizits im Jahre 2002 habe man eigentlich erst vorneh-
men können, nachdem die Zahlen über das Steueraufkom-
men in den ersten drei Quartalen vorgelegen hätten. Die
Steuereinnahmenentwicklung sei nicht nur bei der Körper-
schaftsteuer überraschend verlaufen. Der September sei ein
aufkommensstarker Monat. Was im Juli und August an
Steuern zufließe, sei nicht so wichtig. Der entscheidende
Monat sei der September gewesen. Erst im Oktober habe
man eine fundierte Basis gehabt, um sagen zu können, wie
sich das Defizit entwickeln würde. Da sei klar gewesen,
dass es über 3 % liegen würde. Bevor die amtlichen Sep-
temberzahlen über das Steueraufkommen vorlägen, könne
man zwar immer eine Prognose machen, aber eine fundierte
Schätzung, auf der in starkem Maße politische Entscheidun-
gen basieren könnten, habe erst im Oktober vorgelegen, als
die Septemberzahlen vorgelegen hätten (5. Sitzung, Proto-
koll, Sachverständigenanhörung, S. 5/15).
Der Sachverständige Dr. Horn hat vorgetragen, im Juli 2002
sei das Defizit aus heutiger Sicht von seinem Institut um
1,2 Prozentpunkte unterschätzt worden. Man habe im Laufe
des Sommers natürlich schon gemerkt, dass die Entwick-
lung nicht in diese Richtung, sondern eher in Richtung 3 %
gehen würde. In dem routinemäßigen Bericht seines Insti-
tuts zur Entwicklung der Staatsfinanzen, der Ende August
veröffentlicht worden sei, habe man ausgeführt, dass die
Wahrscheinlichkeit groß sei, dass das Staatsdefizit in die-
sem Jahr die Grenze von 3 % erreichen oder sogar geringfü-
gig überschreiten werde. Man habe hinzugefügt, dass hier-
bei die Folgen der Flutkatastrophe für die öffentlichen
Haushalte noch nicht berücksichtigt seien. Verglichen mit
dem langjährigen Durchschnitt sei es eine sehr hohe Unter-
schätzung gewesen. Die Gründe hierfür seien eindeutig fest-
zustellen. Das BIP sei im Wesentlichen richtig eingeschätzt
worden. Es habe nur für 0,1 Prozentpunkte bei der Unter-
schätzung gezählt. Auch die Ausgabenentwicklung sei fast
korrekt geschätzt worden. Allerdings sei die Einnahmen-
seite massiv überschätzt worden. Sie habe für 1,1 Prozent-
punkte der falschen Einschätzung des Defizits gezählt.
Weiter hat er ausgeführt, es gebe im Wesentlichen zwei
Gründe für die Entwicklung auf der Einnahmenseite. Der
erste Grund sei die Körperschaftsteuerreform, deren Konse-
quenzen sein Institut nicht richtig eingeschätzt habe. Man
habe erwartet, dass die Unternehmen die deutliche Senkung
der Steuersätze erst im Laufe von 15 Jahren ausnutzen wür-
den, um ihre Steuerlast zu vermindern. Das sei der Zeitraum
gewesen, den die Unternehmen dafür gehabt hätten. Sie hät-
ten diesen Zeitraum bei ähnlichen Reformen in der Vergan-
genheit genutzt und die steuerlichen Möglichkeiten seien
peu à peu in Anspruch genommen worden. Im vergangenen
Jahr sei dies anders gewesen. Diese Steuervorteile seien so-
fort und massiv in Anspruch genommen worden, es sei
schneller ausgekehrt worden. Insofern sei das Verhalten der
Unternehmer ungewöhnlich gewesen. Die allgemeine Unsi-
cherheit der wirtschaftlichen Entwicklung, der Konjunktur-
einbruch im vergangenen Jahr und sicherlich auch die im
Vorfeld des Wahlkampfes geführte Debatte um eine Revi-
sion dieser Körperschaftsteuerreform mögen zu dieser Ver-
unsicherung beigetragen haben, sodass die Unternehmen
diese Vorteile relativ rasch in Anspruch genommen hätten.
Der zweite Grund sei gewesen, dass man eine wesentlich

schlüsse auch etwas höher als in den vergangenen Jahren
ausgefallen seien. Darauf gründeten sich die Hoffnungen
und die Prognosen seines Instituts. Allerdings sei dies im
Nachhinein nicht eingetreten. Hier habe eine Rolle gespielt,
dass immer mehr Unternehmen – offenbar auch durch
Outsourcing – den Tarifverträgen entfliehen würden oder
eine negative Lohndrift in dem Sinne vorliege, dass Tarif-
steigerungen durch Abbau von Vergünstigungen gegenge-
rechnet würden. Auch das sei im Vergleich zur Vergangen-
heit ein ungewöhnliches Verhalten, das nicht richtig erfasst
worden sei. Das habe dazu geführt, dass diese Bruttolohn
und -gehaltssumme schwächer angewachsen sei, als alle es
gesehen hätten. Diese Summe sei die Basis z. B. für die Ein-
nahmen der Sozialversicherung. Insofern seien auch diese
Einnahmen hoch überschätzt worden. Hinzu sei gekommen,
dass das Statistische Bundesamt im Nachhinein die Zahlen
vom Jahresbeginn revidiert habe. Das sei im Sommer und
selbst zur Gemeinschaftsdiagnose im Herbst noch nicht be-
kannt gewesen. Auch dies habe die Entwicklung des Defi-
zits ungünstig beeinflusst. Es habe Hinweise auf ein hohes
Defizit in der Gegend von 2,5 % gegeben. Man sei sich aber
nicht sicher gewesen, ob es über 3 % liegen würde. Die
Wahrscheinlichkeit, dass es so kommen würde, sei im Laufe
des Sommers sicherlich angestiegen. Die Ursachen für diese
Fehleinschätzungen hätten auf jeden Fall in der Entwick-
lung der Einnahmenseite gelegen, die im vergangenen Jahr
schwer oder fast gar nicht prognostizierbar gewesen sei
(5. Sitzung, Protokoll Sachverständigenanhörung, S. 10 ff.).
Der Sachverständige Prof. Dr. Heilemann hat ausgeführt,
zur Jahresmitte seien in den Prognosen die Schwäche des
Aufschwungs, die schwache Binnenkonjunktur, die große
Rolle der Weltkonjunktur und deren beträchtliche Risiken
ausgewiesen und verdeutlicht worden. Das Unterschreiten
des Defizitkriteriums von 3 % sei bis dahin allerdings in
keiner dieser Prognosen infrage gestellt worden. Man sei
davon ausgegangen, dass das Erreichen des Defizitkriteri-
ums noch möglich sei. Allerdings habe man dabei vielfach
auf staatliche Planvorgaben rekurriert. Im September 2002
habe erstens aufgrund der schwächer als erwartet ausgefal-
lenen Entwicklung im ersten Halbjahr und zweitens auf-
grund der unerwartet verlangsamten Gangart der Weltwirt-
schaft, der zunehmenden Befürchtungen einer kriegerischen
Auseinandersetzung im Irak und steigender Ölpreise sowie
der Jahrhundertflut eine deutliche Revision der Wachstums-
und Defizitprognosen eingesetzt. Den Anfang habe das IfW
gemacht, das im September seine Wachstumsprognose vom
Juli 2002 auf 0,4 % zurückgenommen und mit einer pro-
gnostizierten Defizitquote von 3,1 % aufgewartet habe. Im
Oktober sei die Wachstumsprognose im Rahmen der Ge-
meinschaftsprognose auf 0,4 % gesenkt worden. Für die
Defizitquote habe die Erwartung bei 3,2 % gelegen. Alle In-
stitute hätten im Vorfeld der Herbstdiagnose im Oktober
ihre Prognosen bezüglich des Defizitkriteriums auf über
3 % erhöht. Im August/September habe es gute Gründe für
eine Revision der bis dahin stabilen Wachstumsprognose
gegeben, und es habe sich auch die Verfehlung des Defizit-
kriteriums vermuten lassen. In den veröffentlichten Progno-
sen, etwa der Gemeinschaftsdiagnose, habe dies erst Mitte
Oktober seinen deutlichen Niederschlag gefunden. Die
Höhe der Revision der Prognosen sei im langjährigen
Durchschnitt nicht ungewöhnlich gewesen. Da sich die in
höhere Bruttolohn und -gehaltssumme, also ein höheres Ar-
beitnehmereinkommen, erwartet hätte, zumal die Tarifab-

den vorangegangenen Prognosen genannten Risiken mani-
festiert hätten, sei – angesichts der bereits im Frühjahr 2002

Drucksache 15/2100 – 46 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

in der Gemeinschaftsdiagnose erwarteten hohen Defizit-
quote von 2,3 % und aufgrund einfacher Erfahrungsregeln –
eine Defizitquote von größer als 3 % eigentlich durchaus zu
erwarten gewesen. Demgegenüber müsse allerdings festge-
halten werden, dass sich die Richtigkeit von Konjunkturpro-
gnosen nur im Nachhinein feststellen lasse. Insofern könne
immer nur von Wahrscheinlichkeiten der Prognose gespro-
chen werden, die sich meistens in erheblichen Schwankun-
gen den wahren Werten annäherten. Auch die Prognosen,
die im Herbst für das laufende Jahr angestellt worden seien,
hätten immer noch eine Fehlermarge von 0,3 Prozentpunk-
ten. Gleichwohl hätte man aufgrund von Erfahrungsregeln
schon im Herbst und vor der Gemeinschaftsdiagnose skep-
tisch sein können, ob das Defizitkriterium unter den gegebe-
nen Kenntnissen erreicht werden könne (5. Sitzung, Proto-
koll Sachverständigenanhörung, S. 9 f.).
Prof. Dr. Scheide hat in seiner Anhörung ausgeführt, für die
Prognose im vergangenen Jahr seien einige Bedingungen
sehr wichtig gewesen, die entweder eine besondere Unsi-
cherheit bedeutet hätten oder ansonsten für die Prognose be-
deutsam gewesen seien. Erstens hätten sich die Konjunktur-
aussichten im Laufe des Jahres deutlich geändert, was einen
Einfluss auf das Defizit gehabt habe. Zweitens habe es eine
besondere Unsicherheit bei der Abschätzung der Effekte der
Körperschaftsteuerreform gegeben. Drittens habe die Bun-
desregierung gegenüber dem ECOFIN-Rat das Versprechen
abgegeben, Maßnahmen zu ergreifen, um ein Überschreiten
der Defizitobergrenze von 3 % in Relation zum BIP im Jahr
2002 auf jeden Fall zu vermeiden. Dieses Versprechen sei
Anfang Februar gegeben worden. Ein solches Versprechen
sei natürlich bei Prognosen auch zu berücksichtigen. Bis zur
Mitte des Jahres 2002 habe es so ausgesehen, als würde sich
die Konjunktur im weiteren Jahresverlauf erholen. Die
meisten Schätzungen für das reale BIP hätten in der Nähe
von 1 % gelegen. Sein Institut habe darunter gelegen. Die
Prognosen für das Budgetdefizit im Jahr 2002 hätten alle
recht nah beieinander gelegen, nämlich bei 2,5 %. Damals
sei man der Auffassung gewesen, die Wahrscheinlichkeit,
dass die 3 % erreicht oder überschritten würde, sei gering.
Eine Überschreitung habe damals niemand für möglich ge-
halten. Im Verlaufe des dritten Quartals habe sich diese Ein-
schätzung aber aus verschiedenen Gründen massiv geän-
dert. Erstens hätten sich die Aussichten für die Konjunktur
verschlechtert. Entsprechend habe man die Ausgaben der
Bundesanstalt für Arbeit und die Aufwendungen für die Ar-
beitslosenhilfe höher angesetzt als zuvor. Zweitens seien die
Daten über die Steuereinnahmen im Juni 2002 unerwartet
schlecht gewesen. Drittens sei es zur Flutkatastrophe und
damit zu Belastungen für die öffentlichen Haushalte gekom-
men, wobei die Höhe der Belastungen im August/Septem-
ber eigentlich noch nicht klar gewesen sei. Es habe auf allen
Seiten eine große Unsicherheit gegeben. Alles dies habe
dazu geführt, dass man die zuvor abgegebenen Schätzun-
gen, das Defizit würde in der Nähe von 2,5 % liegen, nicht
mehr habe aufrecht erhalten können. Das IfW habe dann in
seiner turnusgemäßen Konjunkturprognose vom September
das Defizit auf 3,1 % geschätzt. Diese Prognose sei am
12. September 2002 veröffentlicht worden. Eine ausführli-
che Analyse der Situation der öffentlichen Haushalte sei
dann in einem Extraaufsatz zum Thema „Budgetausgleich
in Deutschland im Jahr 2004?“ erfolgt, der am

gnose für das Budgetdefizit dann noch geringfügig angeho-
ben worden. Dieses Gutachten sei am 22. Oktober 2002
vorgelegt worden. Die Schätzung habe sich auf 3,2 % des
BIP belaufen. Sowohl hier als auch bei der Prognose des
IfW habe die kritische Marke von 3 % eine Rolle gespielt.
So sei damals, also auch im September und im Oktober,
nicht auszuschließen gewesen, dass man möglicherweise
zusätzliche Maßnahmen, entweder das Mittel der Umbu-
chungen oder andere Maßnahmen ergreifen würde, um das
Defizit zu drücken oder zu verhindern, dass die 3 % deutlich
überschritten würde. Auch das habe man bei der Prognose
berücksichtigen müssen, denn die Bundesregierung habe er-
klärt, sie wolle auf jeden Fall ein übermäßiges Defizit ver-
meiden. Also habe man bei der Prognose auch berücksichti-
gen müssen, dass möglicherweise noch etwas geschehe, was
diese Prognose verändere. Das sei aber nicht geschehen.
Außerdem seien noch weitere Daten, zum Beispiel aktuelle
Daten über die Steuereinnahmen usw., zu verarbeiten gewe-
sen. Am 11. Dezember 2002 habe sein Institut seine Pro-
gnose vorgelegt. Danach habe das Budgetdefizit 3,6 % des
Bruttoinlandsprodukts betragen. Diese Prognose sei u. a.
auch deshalb ungünstiger als die zuvor gemachten gewesen,
weil der Überschuss der Sozialversicherungen nach unten
revidiert worden sei. Von daher habe das Defizit allein
schon aus diesen Gründen höher angesetzt werden müssen
als zuvor. Der Kenntnisstand habe sich also auch insoweit
im Jahresverlauf geändert. Bei dieser Revision sei es im-
merhin um einen Betrag von ungefähr 2,5 Mrd. € gegangen,
also immer noch um ein Zehntelprozent Defizitquote. Zu-
sammengefasst könne man sagen: Es habe im vergangenen
Jahr sicherlich eine große Unsicherheit bei der Schätzung
des Budgetdefizits gegeben. Eine klare Zäsur bei der Schät-
zung habe es nach der Jahresmitte gegeben. Im August
bzw. im September habe das IfW ein Überschreiten der
Drei-Prozent-Marke für zunehmend wahrscheinlich gehal-
ten (5. Sitzung, Protokoll Sachverständigenanhörung,
S. 12 ff., 46, Änderung im Prot. vom 13. Februar 2002).

III. Bewertung der Bundesregierung zur kon-
junkturellen Entwicklung im Jahr 2002

Die Bundesregierung hielt im Jahr 2002 an ihrer im Jahres-
wirtschaftsbericht 2002 veröffentlichten Konjunkturpro-
gnose von einem Zuwachs vom BIP von ¾ % fest. Dies ent-
sprach ihrer internen Einschätzung. Sie stützte sich hierbei
auf die Gutachten der wissenschaftlichen Forschungsinsti-
tute, des Sachverständigenrates, der Deutschen Bundesbank
und der Europäischen Zentralbank wie auch auf die Stel-
lungnahme von IWF, OECD und EU. Dies ergibt sich insbe-
sondere aus den Vernehmungen der Zeugen Bundesminister
Eichel, Staatssekretär Dr. Steinmeier und Dr. Pfaffenbach.
Der Chef des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Stein-
meier, hat in seiner Vernehmung zum Ausdruck gebracht,
die wirtschaftlichen Vorhersagen würden in einem komple-
xen System von ineinander greifenden Gremien formuliert,
in das neben der Bundesregierung, wirtschaftswissenschaft-
lichen Instituten und Versicherungsträgern auch Länder,
Verbände und unabhängige Experten eingebunden seien.
Die Prognosegenauigkeit, die sich mit diesem komplexen
Instrumentarium erzielen lasse, nehme im Jahresverlauf
deutlich zu. Wirklich belastbare Vorhersagen – ob Wahljahr
18. September 2002 publiziert worden sei. Bei der folgen-
den Gemeinschaftsdiagnose im Oktober 2002 sei die Pro-

oder nicht – lägen erfahrungsgemäß tatsächlich erst im
Herbst vor und die jetzige Bundesregierung sei bekanntlich

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 47 – Drucksache 15/2100

nicht die erste Regierung, die damit habe leben und auf die-
ser Grundlage Entscheidungen fällen müssen. Die Ergeb-
nisse dieser Beratungen und Berechnungen würden in den
meisten Fällen auch der Öffentlichkeit zur Kenntnis ge-
bracht, so dass ein sehr hohes Maß an Transparenz gewähr-
leistet sei und deshalb Lügenvorwürfe von vornherein we-
nig plausibel erschienen. Wenn man die Überlegungen in
den Gremien etwa zur Renten- und Krankenversicherung
betrachte, dann könne man sehen, dass darin nicht nur alle
verfügbaren Informationen über kassenmäßige Zu- und Ab-
flüsse einfließen, sondern auch langjährige Erfahrungen mit
den saisonalen Schwankungen, die in den Ministerien ge-
haushaltet würden, auch Erfahrungen mit Einmaleffekten,
wie sie sich im Laufe eines Jahres abbildeten sowie nicht
zuletzt die Konjunkturprognosen der etablierten Wirt-
schaftsforschungsinstitute. Natürlich komme diesen zuletzt
genannten Prognosen eine gewisse Schlüsselbedeutung zu.
Hier gelte: Die Bundesregierung habe sich mit ihrer Wachs-
tumserwartung von etwa ¾ % innerhalb der Bandbreite der
großen Wirtschaftsforschungsinstitute bewegt. Eine deutli-
che Abwärtsrevision der Wachstumsprognosen sei von den
Instituten erst im zeitlichen Umfeld der Bundestagswahl
vorgenommen worden, von einigen dann in der Tat deutli-
cher als von anderen. Das sei natürlich auch von den dann
schon wirkenden externen Faktoren beeinflusst worden wie
dem drohenden Irak-Krieg, der Flutkatastrophe und mögli-
cherweise anderen Dingen. Prognosen seien für ihn ein
wichtiger Orientierungspunkt. Diese Prognosen würde die
Bundesregierung aber nicht als unbeteiligter Beobachter zur
Kenntnis nehmen. Das Handeln der Bundesregierung selbst
sei ein wichtiger Faktor, um wirtschaftlichen Positivszena-
rien zum Durchbruch zu verhelfen oder um Einbrüche zu
verhindern. Anders ausgedrückt: Das Abrücken von
Erwartungen – ganz gleich, ob in Wahljahren oder Nicht-
Wahljahren – sei selbst ein ökonomisches Faktum, das einer
Rechtfertigung bedürfe. Entscheidend sei: Diese Rechtferti-
gung sei im Sommer und Spätsommer des Jahres 2002 aus
seiner Sicht nicht gegeben gewesen (30. Sitzung, Protokoll
Dr. Steinmeier, S. 7).

IV. Tatsächliche objektive Entwicklung der
Konjunktur 2002 und mögliche Ursachen
für das Fehlgehen der Prognosen

Im Jahr 2002 fiel das Wachstum niedriger aus als in der Jah-
resprojektion im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregie-
rung im Januar 2002 geschätzt. Zur Jahreswende 2001/2002
hatte die Bundesregierung für das Jahr 2002 in ihrem Jah-
reswirtschaftsbericht 2002 – wie oben dargelegt – einen An-
stieg des realen BIP von ¾ % prognostiziert (Jahreswirt-
schaftsbericht 2002, BT-Drs. 14/8175). Die vom
Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten ergaben
eine Zunahme von 0,2 %. Nach rückläufiger gesamtwirt-
schaftlicher Entwicklung im Verlauf des Jahres 2001 setzte
zwar – wie projiziert – das Wachstum im ersten Halbjahr
2002 ein. Die bis zum Spätsommer von nahezu allen Pro-
gnostikern erwartete Beschleunigung im Jahresverlauf blieb
jedoch aus. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt blieb hinter
den Schätzungen zurück. Die Preisentwicklung stabilisierte
sich erwartungsgemäß weiter (vgl. Jahreswirtschaftsbericht
2003, BT-Drs. 15/372, Übersicht 2,3).

Ausgangsbasis etwas ungünstiger als angenommen. Im
zweiten Halbjahr 2001 war der Rückgang des BIP stärker
als unterstellt (Unterhang -0,3 % statt -0,1 %). Im ersten
Halbjahr 2002 kam es dann zu der erwarteten allmählichen
gesamtwirtschaftlichen Belebung. Diese Trendumkehr war
von der weltwirtschaftlichen Erholung getragen, die sich
auf eine stimulierende Geld- und Fiskalpolitik in den USA
stützte. Allerdings stellte sich die bis zum Spätsommer all-
gemein vorhergesagte deutliche Wachstumsbeschleunigung
im zweiten Halbjahr nicht ein. Die Gründe für die ausge-
bliebene Belebung des Wachstums in der zweiten Jahres-
hälfte waren u. a. in der Nahost-Krise und der erneuten Ein-
trübung der Perspektiven in den USA zu sehen, die
Vertrauensverluste und eine abwartende Haltung bei Inves-
toren und Konsumenten verursacht hatten. Des Weiteren
führte der Aktienmarkteinbruch zu negativen Vermögensef-
fekten und zu Verunsicherung. Ferner war Anfang 2002 der
Irak-Konflikt und das damit einhergehende Anziehen des
Ölpreises noch nicht absehbar. Der Ölpreis stieg weitaus
stärker als zunächst angenommen. Der Eurokurs erhöhte
sich entgegen der Annahme ebenfalls erheblich, bis zum
Jahresende auf fast 1,05 Dollar je Euro. Die Lohnpolitik
verließ in wichtigen Wirtschaftsbereichen mit Tarifab-
schlüssen zwischen 3 und 4 % den zuvor moderaten Kurs.
Eine Rolle spielte nach Aufassung von Prof. Dr. Scheide
(siehe Zweiter Teil A. II. 5, S. 46) auch, dass die Bundesre-
gierung ihre Absicht vom Anfang des Jahres 2002, ein über-
mäßiges Defizit auf jeden Fall zu vermeiden, nicht durch-
setzen konnte. Die von alledem ausgegangenen dämpfenden
Einflüsse erklären weitgehend die Abweichung zwischen
der prognostizierten und der tatsächlichen Entwicklung des
BIP im Jahre 2002.
Zu der schwachen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung trug
bei, dass die wichtigste Verwendungskomponente des BIP
– der private Konsum – um 0,5 % zurückging; während in
der Jahresprojektion dagegen ein Anstieg von rund 1 % an-
genommen worden war. Höhere Preise nach der Euro-Bar-
geldeinführung in einzelnen Bereichen, insbesondere im
Gastgewerbe und bei Dienstleistungen, hatten ein Gefühl
von allgemein hohen Preissteigerungen verursacht. Dies
hatte offenbar die Konsumenten verunsichert und zur Kauf-
zurückhaltung veranlasst. Außerdem stiegen die Effektiv-
löhne schwächer und die Beschäftigung entwickelte sich
ungünstiger als in der Jahresprojektion angenommen. Daher
nahm das verfügbare Einkommen, d. h. die Kaufkraft der
privaten Haushalte, merklich weniger zu als unterstellt. Die
Inlandsnachfrage wurde auch durch die stark rückläufigen
Ausrüstungsinvestitionen und die Fortsetzung der Baurezes-
sion geschwächt. Die Investitionsentwicklung war deutlich
schwächer als in der Jahresprojektion auf der Basis der Indi-
katoren und der welt- und binnenwirtschaftlichen Annah-
men erwartet werden konnte. Damals ging die Bundesregie-
rung – ähnlich wie nationale und internationale Institu-
tionen – nur von einer Verringerung der Ausrüstungen um
rd. 1 % und der Bauten um rd. 2,5 % aus, tatsächlich sanken
sie jedoch um 8,4 % bzw. 5,9 %. Der drastische Rückgang
der Ausrüstungsinvestitionen war vor allem auf die sich ein-
trübenden welt- und binnenwirtschaftlichen Nachfrage-
perspektiven zurückzuführen. Die Bauinvestitionen sanken
aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Abbaus von Über-
Die Abweichung zwischen Projektion und tatsächlicher
Entwicklung hatte verschiedene Gründe. Zunächst war die

kapazitäten in den neuen Ländern und des unerwartet schwa-
chen binnenwirtschaftlichen Umfeldes. Damit entwickelte

lage für die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes
bildet. Er dient der Feststellung und der Deckung des Fi-
nanzbedarfs, der zur Erfüllung der Aufgaben des Bundes im
Bewilligungszeitraum voraussichtlich notwendig ist. Er hat
alle voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben des Bun-
des zu erfassen und ist in Einnahmen und Ausgaben auszu-
weisen. Sonderhaushalte sind nur für Bundesbetriebe und
Sondervermögen zugelassen.
Der Haushalt dient dem Bund als Ausgabenermächtigung.
Ohne Haushaltsermächtigung dürfen keine Mittel ausgege-
ben werden.
2. Verfahren zur Aufstellung des

Haushaltsentwurfs
Rechtsgrundlagen für die Aufstellung des Bundeshaushalts
sind die Art. 109 bis 115 GG, das Haushaltsgrundsätzegesetz
(HGrG), die Bundeshaushaltsordnung (BHO) sowie das StWG.
Der öffentliche Haushalt durchläuft verschiedene gesetzlich
vorgeschriebene Phasen, wobei die Entscheidungsträger
wechseln. Die Regierung stellt den Entwurf des Haushalts-
gesetzes und des Haushaltsplans auf und führt den vom Par-
lament beschlossenen Haushalt aus. Das Parlament berät
den Haushaltsentwurf, beschließt den Haushalt und entlastet
die Regierung aufgrund der vom Finanzministerium vorge-
legten Jahresrechnung und der Bemerkungen des Bundes-

sorts an das BMF übersandt. Anschließend beginnen die
Verhandlungen zwischen dem BMF und den Ressorts
auf der Arbeitsebene.

– Im Mai/Juni werden auf der Grundlage der mittelfristi-
gen Prognose der Bundesregierung zur Gesamtwirt-
schaftsentwicklung vom Finanzplanungsrat Empfehlun-
gen für die gemeinsame Gestaltung der Haushalts- und
Finanzplanungen der Gebietskörperschaften, insbeson-
dere zu einer gemeinsamen Ausgabenlinie gegeben und
vom Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ eine mittelfris-
tige Prognose zur Entwicklung der Steuereinnahmen
vorgelegt. Sie werden bei der Aufstellung des Haushalts-
entwurfs und des Finanzplans berücksichtigt.

– Im Juni beginnen die Haushaltsverhandlungen auf Mi-
nisterebene. Zum Abschluss entscheidet das Kabinett
über den Haushaltsentwurf und den Finanzplan.

– Im August übersendet die Bundesregierung den Haus-
haltsentwurf gleichzeitig an den Bundestag und den Bun-
desrat zur Beratung und den Finanzplan zur Kenntnis.

– Im September findet die Erste Lesung im Bundestag und
die Erste Beratung im Bundesrat statt. Der Entwurf wird
anschließend zur Beratung den Bundestagsausschüssen
überwiesen; federführend ist der Haushaltsausschuss.

– Im November legt der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“
Aufstellung und zum Vollzug des
Bundeshaushalts

1. Funktion des Bundeshaushalts
Der Bundeshaushalt ist ein Wirtschaftsplan, der die Grund-

Ressorts durch Rundschreiben zur Aufstellung des
Haushaltplans für das übernächste Jahr und des Finanz-
plans auf.

– Im März werden die Voranschläge der einzelnen Res-
Drucksache 15/2100 – 48 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

sich die Inlandsnachfrage mit -1,3 % deutlich schlechter als
zu Jahresbeginn vorausgeschätzt (0,75 %).
Die Exporte stiegen hingegen mit 2,9 % günstiger an als zur
Jahresprojektion unterstellt (2 %). Da gleichzeitig die Im-
porte aufgrund der schwachen Binnennachfrage um 1,3 %
zurückgingen, war der Beitrag des Außenhandels zum BIP-
Wachstum – der sog. Außenbeitrag – deutlich höher (1,5 %)
als in der Jahresprojektion (damals betrug er 0 %).
Die Produktivität nahm im Jahr 2002 mit 0,8 % stärker als
in 2001 zu. Die rückläufige BIP-Entwicklung im zweiten
Halbjahr 2001 sowie das lediglich verhaltene Wachstum im
Jahr 2002 trugen dazu bei, dass der Abbau von Arbeitsplät-
zen mit 0,6 % stärker ausfiel als erwartet und die Arbeitslo-
sigkeit – nach mehreren Jahren des Rückgangs – wieder an-
stieg (+ 209 Tsd.).
Die gesamtwirtschaftliche Preisentwicklung verlief – wie
vorausgeschätzt – in ruhigen Bahnen. Der Anstieg der Ver-
braucherpreise war 2002 nach Abgrenzung der Volkswirt-
schaftlichen Gesamtrechnung mit 1,4 % niedriger als im
Vorjahr (1,9 %).
Die im Rahmen der Jahresprojektion 2002 erwartete Akti-
vierungstendenz der Leistungsbilanz hat sich realisiert. Der
hohe Außenbeitrag führte dazu, dass die Leistungsbilanz,

die 2001 zum ersten Mal seit langer Zeit positiv war, einen
deutlich ausgebauten Überschuss aufwies.
Die konjunkturelle Entwicklung der Jahre 2001 und 2002
hatte in den öffentlichen Haushalten tiefe Spuren hinterlas-
sen. Mit -3,7 % des BIP stieg das Staatsdefizit in Abgren-
zung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gegenüber
dem Vorjahr (2,8 %) nochmals deutlich und lag damit über
der Drei-Prozent-Marke des Maastricht-Vertrages. Wie
schon 2001 rührt die gegenüber der Projektion ungünstigere
Defizitentwicklung überwiegend von der Einnahmenseite
her. Im Laufe des vergangenen Jahres hatte der Arbeitskreis
„Steuerschätzungen“ die Annahmen für 2002 deutlich zu-
rückgenommen; gegenüber der Steuerschätzung vom No-
vember 2001 summierten sich die Schätzabweichungen auf
26,5 Mrd €. Die Situation am Arbeitsmarkt schlug sich
nicht zuletzt in schwächer wachsenden Sozialbeitragsein-
nahmen nieder, auf der Ausgabenseite musste der Bund al-
lein für die Arbeitslosenhilfe und den Zuschuss für die Bun-
desanstalt für Arbeit 5,6 Mrd. € mehr aufwenden als
geplant. In der Folge fielen sowohl die Defizite der Gebiets-
körperschaften (71 Mrd. €) als auch der Sozialversicherun-
gen (6 Mrd. €) höher aus. Insgesamt überstieg das Defizit
2002 mit 77 Mrd. € die im letzten Jahreswirtschaftsbericht
genannte Spanne von 50 bis 55 Mrd. € deutlich.

B. Die Situation des Bundeshaushalts im Jahr 2002

I. Überblick über das Verfahren zur – Im Dezember eines jeden Jahres fordert das BMF die
rechnungshofs. Das Verfahren zur Haushaltsaufstellung
durchläuft im zeitlichen Ablauf folgende Abschnitte:

kurzfristige Prognosen zur Entwicklung der Steuerein-
nahmen vor, die in die Abschlussberatung des Haus-

3. Haushaltsvollzug und Haushalts-
überwachung

Für den Haushaltsvollzug und die Haushaltsüberwachung
gelten dieselben gesetzlichen Vorschriften wie für die Haus-
haltsaufstellung. Hinzu kommen die durch das BMF erlas-
senen Verwaltungsvorschriften. Gemäß Art. 65 GG leitet je-
der Bundesminister sein Ressort in eigener Verantwortung;
demzufolge ist er auch für die Bewirtschaftung seines Ein-
zelplans zuständig. Die Überwachung des Haushaltsvoll-
zugs bei Einzelplan übergreifenden Belangen des Gesamt-
haushalts obliegt dem BMF. Es ist seine Aufgabe, im
Rahmen des Haushaltsvollzugs notfalls, z. B. durch eine
Sperre nach § 41 BHO, in den planmäßigen Haushaltsvoll-
zug einzugreifen, wenn die Haushaltsentwicklung anders
als im Haushaltsplan unterstellt verläuft. Die Ressorts sind
verpflichtet, die Einwilligung des BMF in allen Fällen ein-
zuholen, wenn Abweichungen vom Haushaltsplan vorgese-
hen sind.
Die Überwachung der Einnahmen und Ausgaben und der
Deckung des Mittelbedarfs durch Aufnahme von Kassenkre-
diten und der Nettokreditaufnahme erfolgt in den Referaten
der Abteilung II „Bundeshaushalt“. Die Überwachung der
Steuereinnahmen erfolgt im Referat I A 6 der Abteilung I
„Grundsatzfragen der Finanzpolitik; Fragen einzelner Berei-
che; Wirtschaftsförderung“.
Über die Ergebnisse der monatlichen Einnahmen und Aus-
gaben sowie der notwendigen Kreditaufnahme wird die Lei-
tung des BMF regelmäßig unterrichtet. Die Unterrichtung
der Öffentlichkeit erfolgt durch die „Monatsberichte des
BMF“. Diese sind über das Internet abrufbar und werden als
Broschüre auch an alle Mitglieder des Deutschen Bundesta-
ges verteilt. In den Monatsberichten werden alle Einnahmen
und Ausgaben des Bundes für die Vormonate veröffentlicht
und sind somit für alle Interessierten zugänglich.
Bei gravierenden Abweichungen vom Haushaltsplan ist das
BMF jederzeit in der Lage, durch die ihm zustehenden ge-
setzlichen Möglichkeiten (u. a. Haushaltssperre, Nachtrags-
haushalt) in den Vollzug des Bundeshaushalts einzugreifen.
Die Bundesregierung ist nach § 10 BHO verpflichtet, bei er-
heblichen Veränderungen der Haushaltsentwicklung und de-
ren Auswirkungen auf die Finanzplanung den Bundestag zu
unterrichten.

Haushalts- und Wirtschaftsführung in einer „Haushaltsrech-
nung“ zusammengefasst. In der Haushaltsrechnung wird
darüber hinaus aufgezeigt, ob dieser Haushaltsausgleich er-
reicht oder vielmehr ein Überschuss bzw. ein Fehlbetrag er-
zielt wurde.
Schließt der Haushalt mit einem Überschuss ab, so ist dieser
Überschuss gem. § 25 Abs. 2 BHO insbesondere zur Ver-
minderung des Kreditbedarfs oder zur Tilgung von Schul-
den zu verwenden oder der Konjunkturrücklage zuzuführen.
Nach § 25 Abs. 3 BHO muss, wenn der Haushalt mit einem
Haushaltsfehlbetrag abschließt, dieser Fehlbetrag spätestens
in den Haushaltsplan für das übernächste Haushaltsjahr ein-
gestellt werden. Er darf durch Einnahmen aus Krediten nur
gedeckt werden, soweit die Möglichkeiten einer Kreditauf-
nahme nicht ausgeschöpft sind.
Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundestag und
dem Bundesrat über alle Einnahmen und Ausgaben sowie
über das Vermögen und die Schulden im Laufe des folgen-
den Haushaltsjahres zur Entlastung der Bundesregierung
Rechnung zu legen.
Der Bundesrechnungshof (BRH), dessen Mitglieder richter-
liche Unabhängigkeit besitzen, prüft die Rechnung sowie
die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haus-
halts- und Wirtschaftsführung.
Das Parlament übt durch den Rechnungsprüfungsausschuss,
einem Unterausschuss des Haushaltsausschusses, die politi-
sche Kontrolle über die Durchführung des von ihm festge-
stellten Haushaltsplans aus.
Nach vorangegangener Prüfung der Rechnung durch den
Bundesrechnungshof entscheidet der Bundestag durch ein-
fachen Beschluss über die Entlastung der Bundesregierung
hinsichtlich der Haushalts- und Wirtschaftsführung des ge-
prüften Haushaltsjahres.
5. Abweichungen vom Haushaltsgesetz und

Abschluss
Der Bundeshaushalt soll Ausgaben und Einnahmen darstel-
len, wie sie voraussichtlich stattfinden. Beim Haushaltsvoll-
zug lassen sich jedoch Abweichungen vom Soll kaum ver-
meiden.
In den Jahren 1992 bis 2001 betrug die durchschnittliche
Abweichung bei den Ausgaben zwischen dem gültigen
Bundeshaushalt und dem Abschluss rund 3,9 Mrd. DM:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49 – Drucksache 15/2100

haltsausschusses einfließen. Danach findet die Zweite
und Dritte Lesung im Bundestag statt.

– Im Dezember findet die Zweite Beratung im Bundesrat
und die Veröffentlichung des Haushaltsgesetzes statt.

4. Haushaltsabschluss
Der Abschluss des Haushalts erfolgt durch die Rechnungs-
legung im folgenden Haushaltsjahr. Während im Haushalts-
plan die geplanten Einnahmen und Ausgaben des Bundes
veranschlagt sind, werden die tatsächlich erzielten Einnah-
men und die geleisteten Ausgaben als „Ist-Ergebnis“ der

Nettokreditaufnahme in Mio. DM (ab 2002: Mio. €)

Haushaltsjahr Verabschiedetes Haushaltsgesetz (HG)
ggf.

Nachtragshaushalt
(verabschiedet)

Haushaltsabschluss
Abweichung des
Abschlusses vom
gültigen HG

1992 45.330 40.530 38.620 - 1.910
1993 43.000 67.570 66.156 - 1.414
1994 69.100 50.073 - 19.027
1995 48.700 50.120 1.420
1996 59.900 78.276 18.376
1997 53.300 70.850 63.703 - 7.147
1998 56.400 56.430 30
1999 53.500 51.067 - 2.433
2000 49.500 46.469 - 3.031
2001 43.700 44.644 944
2002 21.065 34.610 31.863 - 2.747
Die tatsächliche Nettokreditaufnahme wich in dieser Zeit im Durchschnitt um 5,8 Mrd. DM vom Soll ab:
Drucksache 15/2100 – 50 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gesamtausgaben in Mio. DM (ab 2002: Mio. €)

Haushaltsjahr Verabschiedetes Haushaltsgesetz (HG)
ggf.

Nachtragshaushalt
(verabschiedet)

Haushaltsabschluss
Abweichung des
Abschlusses vom
gültigen HG

1992 422.100 425.100 427.169 2.069
1993 435.600 458.140 457.461 - 679
1994 479.950 471.247 - 8.703
1995 477.400 464.658 - 12.742
1996 451.300 455.552 4.252
1997 439.900 444.835 441.920 - 2.915
1998 456.800 456.919 119
1999 485.700 482.834 - 2.866
2000 478.800 478.015 - 785
2001 477.000 475.550 - 1.450
2002 247.500 252.500 249.286 - 3.214

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51 – Drucksache 15/2100

II. Ermittlung der Steuereinnahmen
Die voraussichtlichen Steuereinnahmen des Bundes werden
vom Bund und den Ländern unter Mitwirkung unabhängi-
gen Sachverstandes gemeinsam ermittelt. Hierzu haben
Bund und Länder einen gemeinsamen Arbeitskreis gegrün-
det, in den die Länder möglichst aktuelle Informationen aus
ihren Steuerverwaltungen einbringen.

1. Finanzverwaltung von Bund und Ländern
In Deutschland besteht keine einheitliche Bundesfinanzver-
waltung. Die Finanzverwaltung ist zwischen dem Bund und
den Ländern aufgeteilt. Zölle, Finanzmonopole, bundes-
gesetzlich geregelte Verbrauchssteuern einschließlich der
Einfuhrumsatzsteuer und die Abgaben im Rahmen der Eu-
ropäischen Gemeinschaften werden durch Bundesfinanzbe-
hörden verwaltet. Die übrigen Steuern werden durch Lan-
desfinanzbehörden verwaltet. Hiervon verwalten die Länder
die Steuern, die ganz oder zum Teil dem Bund zufließen, im
Auftrage des Bundes.
Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des
Bundes verwaltet werden, sind: Versicherungssteuer, Ein-
kommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer. Hier
steht dem Bund ein Weisungsrecht zu.
Die von den Ländern als eigene Angelegenheiten verwal-
teten Steuern sind: Erbschaftssteuer, Kraftfahrzeugsteuer,
Grunderwerbssteuer, Feuerschutzsteuer, Rennwett- und
Lotteriesteuer, Spielbankabgabe, Gewerbesteuer, Grund-
steuer, örtliche Verbrauchs- und Aufwandssteuern.

2. Arbeitskreis „Steuerschätzungen“
a) Zusammensetzung
Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ ist ein Beirat beim
BMF, der seit 1955 besteht. Ihm gehören neben dem feder-
führenden BMF das BMWA (bisher BMWi), die 16 Län-
derfinanzministerien, die sechs großen Wirtschaftsfor-
schungsinstitute (DIW, RWI, IfW, HWWA, IWH und ifo-
Institut), das Statistische Bundesamt, die Deutsche Bundes-
bank, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge-
samtwirtschaftlichen Entwicklung und die Bundesvereini-
gung kommunaler Spitzenverbände an. Die entsandten
Vertreter der Institutionen gehören der Arbeitsebene an.
Der Vorsitz obliegt dem zuständigen Referatsleiter im BMF
(Referat I A 6).
b) Arbeitsweise
Der Arbeitskreis stützt seine Schätzungen auf gesamtwirt-
schaftliche Eckdaten der Bundesregierung, die unter der Fe-
derführung des BMWA zwischen den Ressorts abgestimmt
werden. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ hat kein fest
installiertes Prognoseinstrumentarium. Diejenigen Mitglie-
der, die eigene Schätzvorschläge erstellen, erarbeiten diese
mit eigenen Methoden und Modellen.
Für die Schätzungen des Arbeitskreises erstellen neun Mit-
glieder, nämlich die Wirtschaftsforschungsinstitute, die Bun-
desbank, der Sachverständigenrat und das BMF unabhängig
voneinander eigene Schätzvorschläge für jede Einzelsteuer.
Diese Schätzvorschläge sind Gegenstand der Diskussion im

getragen werden kann. Auf der Grundlage der Einzelsteuer-
schätzungen werden dann die auf Bund, Länder, Gemeinden
und EU entfallenden Einnahmen ermittelt.
Die Ergebnisse werden im Anschluss an die Sitzung in einer
Pressemitteilung des BMF der interessierten Öffentlichkeit
und dem Finanzausschuss des Bundestages zugänglich ge-
macht.
Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ verfügt über einen
Unterausschuss „Regionalisierung“, dem das BMF und die
Ländervertreter im Arbeitskreis angehören. Der Unteraus-
schuss behandelt Probleme und Vereinbarungen im Zusam-
menhang mit der Regionalisierung der Arbeitskreiser-
gebnisse für die Steuereinnahmen der Länder. Die
Regionalisierung wird federführend vom Finanzministe-
rium Baden-Württemberg auf der Grundlage eines rechner-
gestützten Programms in eigener Verantwortung der Länder
durchgeführt. Es besteht uneingeschränkte Übereinstim-
mung im Arbeitskreis, dass die Regionalisierung aus-
schließlich für die Länder bestimmt ist, nur internen Zwe-
cken ihrer Haushalts- und Finanzplanung dient und daher
Außenstehenden nicht zugänglich sein soll.
c) Zeitpunkt der Arbeitskreissitzungen
Die Sitzungsfolge des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“
beruht auf Verabredungen zwischen Bund und Ländern im
Finanzplanungsrat und orientiert sich an den Zeitplänen der
Haushalts- und Finanzplanung. Es finden zwei Sitzungen
im Jahr statt.
Mitte Mai erfolgt eine Steuerschätzung für den mittelfristi-
gen Zeitraum (fünf Jahre). Ihre Ergebnisse sind Grundlage
für den Haushaltsentwurf des Folgejahres, für die jährliche
Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung und für
die Abstimmung der Finanzplanung zwischen Bund, Län-
dern und Gemeinden im Finanzplanungsrat.
Die zweite Sitzung findet zeitnah zur Verabschiedung des
Bundeshaushalts im Herbst statt, und zwar kurz vor der Be-
reinigungssitzung des Haushaltsausschusses. Die Schätzung
umfasst das laufende und das folgende Jahr und ist Grund-
lage für die Aktualisierung der Ansätze des Haushaltsplans
und des Haushaltsgesetzes.
d) Bedeutung für die Haushalts- und

Finanzplanung
Seit Bestehen des Arbeitskreises übernimmt der Bund das
Ergebnis für die Steuereinnahmen des Bundes in den Haus-
haltsplan bzw. seit 1968 in die mittelfristige Finanzplanung.
Die Ergebnisse der Steuerschätzung sind Teil der finanz-
wirtschaftlichen Projektionen der Bundesregierung, die dem
Finanzplanungsrat vorgelegt werden.
e) Steuerrechtsänderungen
Der Arbeitskreis schätzt die Steuereinnahmen in der Regel
nach geltendem Steuerrecht. Die finanziellen Auswirkungen
von geplanten Steuerrechtsänderungen sind in der Haus-
halts- und Finanzplanung zusätzlich zu berücksichtigen. Die
in Steueränderungsgesetzen bzw. deren Entwürfen beziffer-
ten Mehr- oder Mindereinnahmen beziehen sich regelmäßig
auf die primären steuerlichen Wirkungen, d. h. die Auswir-
Arbeitskreis. Der Arbeitskreis erörtert jede Steuer solange,
bis ein Kompromiss gefunden worden ist, der von allen mit-

kungen auf die von der jeweiligen Maßnahme direkt be-
troffenen Steuerarten. Da aufgrund der wechselseitigen

Drucksache 15/2100 – 52 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Abhängigkeiten in der Marktwirtschaft jede Änderung Fol-
geänderungen mit steuerlichen Wirkungen nach sich zieht,
können die im Einzelnen unabsehbaren Sekundärwirkungen
nur global über eine nach geändertem Steuerrecht erstellte
geschlossene gesamtwirtschaftliche Projektion und eine
darauf aufbauende neue Steuerschätzung erfasst werden.

III. Organisation, Arbeitsweise und Veröffent-
lichungspraxis des Bundesministeriums
der Finanzen

Der Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen
umfasst die Aufgabenbereiche des Bundeshaushalts und der
Bundesfinanzverwaltung.

1. Organisation und Arbeitsweise des
Bundesministeriums der Finanzen

a) Zuständigkeiten innerhalb des Ministeriums
Das Bundesfinanzministerium mit dem Bundesfinanzminis-
ter an der Spitze besteht aus einem Leitungsbereich mit
zwei Parlamentarischen und drei beamteten Staatssekretä-
ren sowie aus zehn Fachabteilungen mit über 160 Fachrefe-
raten.
Für die Aufstellung und Durchführung des Bundeshaushalts
zuständig ist die Abteilung II. Innerhalb der Abteilung II ist
für den hier zu behandelnden Untersuchungsgegenstand vor
allem die Arbeit der Referate II A 1 (Generalreferat für
Haushaltsführung) sowie II C 1 (Grundsatzreferat für den
Sozialhaushalt) von Interesse. Die Abteilung II gehört zum
Zuständigkeitsbereich des Zeugen Staatssekretär Dr. Man-
fred Overhaus.
Ebenfalls von besonderer Bedeutung sind aus der Abteilung
I (Grundsatzabteilung) die Referate I A 1 (Generalreferat
Finanzpolitik) und I A 6 (Steueraufkommensschätzung, Be-
richtsdienst über Steuereinnahmen).

b) Unterrichtungspraxis der Leitung des
Ministeriums durch die Fachreferate

Die Leitung (Minister und Staatssekretäre) wird fortlaufend
schriftlich und mündlich von den zuständigen Referaten
über alle wesentlichen Entwicklungen insbesondere im Be-
reich der Steuereinnahmen sowie über die aktuelle Situation
des Bundeshaushalts unterrichtet.
Im Kollegium der Leitung wird der Minister über alle we-
sentlichen Informationen durch die Staatssekretäre infor-
miert. Dort werden auch alle für den Zuständigkeitsbereich
des Ministeriums bedeutsamen Fragen diskutiert.

aa) Unterrichtung über die Arbeitsmarkt-
entwicklung und die Zuschüsse zur
Bundesanstalt für Arbeit

Der für den Bundeshaushalt zuständige Staatssekretär, ge-
genwärtig der Zeuge Dr. Overhaus, erhält unmittelbar vor
Mitte eines jeden Monats auf dem Dienstweg, d. h. über Ab-
teilungsleiter II, eine an ihn gerichtete schriftliche Vorlage
des Grundsatzreferats für den Sozialhaushalt II C 1 zur Ein-
schätzung der Finanzentwicklung beim Zuschuss an die

bb) Unterrichtung über das Steueraufkommen
Das für die Steueraufkommensschätzung zuständige Referat
I A 6 unterrichtet zur Mitte jeden Monats in einer schriftli-
chen Vorlage auf dem Dienstweg über Abteilungsleiter I
den Minister über die Steuereinnahmen des Bundes und der
Länder im abgelaufenen Monat. Gleichzeitig teilt es die sog.
kumulierte Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahreser-
gebnis mit. Die kumulierte Veränderungsrate gibt die Verän-
derung der tatsächlichen Steuereinnahmen von Beginn des
Jahres bis zum Ende eines bestimmten Monats gegenüber
dem Vorjahr an. Der Vergleich dieser Zahl mit der Steuer-
schätzung vom November zeigt den Grad der Abweichung
mit der Sollvorgabe an.
Darüber hinaus stellt das Referat zur Mitte des Jahres vor
dem Hintergrund der Steuereinnahmen im 1. Halbjahr 2002
eine Schätzung hinsichtlich der Entwicklung des Steuerauf-
kommens für das laufende sowie das nachfolgende Haus-
haltsjahr auf.

cc) Unterrichtung über die Entwicklung des
Bundeshaushalts und die weitere
Haushaltsablaufschätzung

Das Grundsatzreferat für Haushaltsführung II A 2 erstellt
monatlich eine tabellarische Übersicht über die Entwick-
lung des Bundeshaushalts 2002, die jeweils vom Leiter der
Abteilung II gebilligt und daraufhin sowohl dem Minister
als auch den Parlamentarischen und beamteten Staatssekre-
tären zugeleitet wurde.
Darüber hinaus wird der Leiter der Abteilung II regelmäßig
zur Monatsmitte in an ihn gerichteten schriftlichen Vorlagen
durch das Grundsatzreferat für Haushaltsführung II A 2
über die jeweilige Entwicklung des Bundeshaushalts sowie
über die weitere Haushaltsablaufschätzung auf der Grund-
lage der aktuellen Ergebnisse informiert. Insbesondere ent-
hält diese monatliche Prognose auch die auf das Jahresende
hochgerechnete rechnerische Entwicklung der Nettokredit-
aufnahme. In diese Unterrichtungen fließen neben einer
Reihe von in der Abteilung II zum Haushaltsablauf gesam-
melten Informationen sowohl die im Referat I A 6 ermittel-
ten Daten und Schätzungen über das Steueraufkommen des
Bundes als auch die Einschätzungen des Referats C II 1
über die Arbeitsmarktentwicklung und die Zuschüsse an die
Bundesanstalt für Arbeit ein.
Staatssekretär Dr. Overhaus hat in seiner Vernehmung er-
klärt, man sei vor einigen Jahren im Ministerium zu der Er-
kenntnis gekommen, dass es ausreiche, diese monatlichen,
von ihm als „Wasserstandsmeldungen“ bezeichneten Unter-
richtungen des Referats II A 2 an den zuständigen Abtei-
lungsleiter zu richten und nicht immer unbedingt als Papier
für den Staatssekretär zu behandeln. Es habe genügt, wenn
er – Dr. Overhaus – deren Inhalt mit dem Abteilungsleiter
mündlich besprochen habe. Wenn es wichtig gewesen sei,
habe er nachgefragt (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus,
S. 34).
2. Veröffentlichungspraxis des

Bundesministeriums der Finanzen
Gegenüber dem Bundestag bestehen folgende die Bundesfi-
Bundesanstalt für Arbeit (BA) und bei der Arbeitslosenhilfe
sowie der Arbeitsmarktentwicklung im laufenden Jahr.

nanzen betreffenden Berichtspflichten des Bundesfinanzmi-
nisters:

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53 – Drucksache 15/2100

– Finanzbericht nach § 31 BHO (erscheint jährlich zum
Entwurf des Haushaltsgesetzes),

– Finanzplan nach § 9 StWG (erscheint jährlich zum Ent-
wurf des Haushaltsgesetzes),

– Subventionsbericht nach § 12 StWG (erscheint alle zwei
Jahre)

– Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begut-
achtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nach
§ 6 des Gesetzes über den Sachverständigenrat vom
14. August 1963 (erscheint jährlich im November)

– Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung nach § 2
StWG: (erscheint jährlich Ende Januar).

Diese Berichte werden mit Ausnahme des Finanzberichts
als Bundestagsdrucksache veröffentlicht.
Zur Verbesserung der Informationsbasis für die Diskussion
über finanz- und wirtschaftspolitische Maßnahmen und zur
Erleichterung der Meinungsbildung durch Transparenz hat
Bundesfinanzminister Hans Eichel im August 2001 die Pu-
blikation „Monatsbericht“ des Bundesfinanzministeriums
eingeführt. In diesen Berichten sind im Wesentlichen Infor-
mationen enthalten, die in der Zeit zuvor, in Teilberichten
veröffentlicht worden sind.
Die Monatsberichte können kostenlos vom Bundesfinanz-
ministerium angefordert und aus dem Internet heruntergela-
den werden.
Die Monatsberichte haben folgenden Inhalt:
– Überblick zur wirtschaftlichen Lage
– Finanzwirtschaftliche Lage
– Kreditaufnahme und Emmissionskalender des Bundes
– Entwicklung der Länderhaushalte
– Termine.
Es folgen aktuelle Analysen und Berichte zu jeweils unter-
schiedlichen Themen. Abschließend werden umfangreiche
Statistiken zur wirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen
Entwicklung eingestellt.
In dem Teil „Finanzwirtschaftliche Entwicklung“ wird der
jeweilige Ablauf des Bundeshaushalts unter Berücksichti-
gung der Daten des abgelaufenen Monats dargestellt. Dabei
werden sowohl die Entwicklung und Verteilung der Ausga-
ben, als auch die Entwicklung der Einnahmen, insbesondere
der Steuereinnahmen des Bundes und des öffentlichen Ge-
samthaushalts (ohne Gemeindesteuern) für den jeweiligen
Monat sowie für das laufende Jahr dargestellt. Zudem fin-
den sich Erläuterungen hinsichtlich des Aufkommens ein-
zelner Steuerarten. Die jeweils aktuellen Projektionen
(Hochrechnungen für das Gesamtjahr) der Fachreferate über
die zu erwartenden Abweichungen vom Haushaltsplan im
Hinblick auf die geplante Nettokreditaufnahme und die
sonstigen Sollzahlen des laufenden Haushalts werden nicht
dargestellt. Der Monatsbericht ist über die Internetseite des
Ministeriums abrufbar.
IV. Die Verabschiedung des Bundeshaushalts

2002 und die Einschätzung der konjunktu-
rellen Entwicklung zum Jahresende 2001

der Koalitionsfraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN verabschiedet. Dieser Haushalt sah Gesamtaus-
gaben in Höhe von 247,5 Mrd. € vor. Insbesondere wurden
Ausgaben eingestellt im Einzelplan 11, Kapitel 12 (Leistun-
gen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch)
– im Titel 681 01 (Arbeitslosenhilfe) in Höhe von 13.000

Mio. € (Vorjahr: 11.555 Mio. €) und
– im Titel 616 31 (Zuschuss an die Bundesanstalt für Ar-

beit) in Höhe von 2.000 Mio. € (Vorjahr: 613,6 Mio. €).
Die Einnahmen (ohne Einnahmen aus Krediten vom Kredit-
markt, Rücklagen, kassenmäßigen Überschüssen, Münzein-
nahmen) wurden mit einer Höhe von ca. 226,4 Mrd. € ver-
anschlagt. Hiervon entfielen 199,2 Mrd. € auf erwartete
Steuereinnahmen und 27,2 Mrd. € auf sonstige Einnahmen.
Insbesondere wurden im Einzelplan 60, Kapitel 01 (Steuern
und steuerähnliche Abgaben) im Titel 014 01 (Körper-
schaftsteuer) Einnahmen in Höhe von 5.750 Mio. € einge-
stellt (Vorjahr: 6.135,5 Mio. €). Für die Nettokreditauf-
nahme sah der Haushalt einen Betrag von rund 21,1 Mrd. €
vor. Damit sollte die Neuverschuldung im Bundeshaushalt
2002 gegenüber dem Vorjahr um rd. 1,2 Mrd. € reduziert
werden. Die Bundesregierung bekräftigte zudem, an ihrem
Ziel festhalten zu wollen, bis zum Jahr 2006 einen ausge-
glichenen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen
[REGIERUNGonline – Bundeshaushalt 2002 – vom 1. De-
zember 2001].
Der Aufstellung des Haushalts lag die in ihrer Herbstprojek-
tion niedergelegte Erwartung der Bundesregierung zu
Grunde, dass das reale Wirtschaftswachstum in Deutschland
im Jahr 2002 bei rund 1 ¼ % liegen werde. Die von dem Ar-
beitskreis „Steuerschätzungen“ von Bund und Ländern vor-
genommene Steuerschätzung vom November 2001 ging für
den öffentlichen Gesamthaushalt des Jahres 2002, d. h. für
den Haushalt von Bund, Ländern und Gemeinden von einer
Steuereinnahmenhöhe von 466,5 Mrd. € und für den Bun-
deshaushalt von einer Steuereinnahmenhöhe von 199,5 Mrd. €
aus. Für den öffentlichen Gesamthaushalt bedeutete dies ei-
nen Zuwachs der Steuereinnahmen gegenüber 2001 in Höhe
von 4,8 %. Hinsichtlich des Bundeshaushalts betrug die an-
genommene Steigerung der Steuereinnahmen nach Erwar-
tung des Arbeitskreises 3,1 % (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 27).
In der vom 27. bis 30. November 2001 geführten Debatte im
Deutschen Bundestag über die Verabschiedung des Haus-
haltsgesetzes 2002 wurde die wirtschaftliche Ausgangsposi-
tion für 2002 übereinstimmend von allen Fraktionen als
schwierig eingeschätzt. Dementsprechend erklärte der Bun-
desminister der Finanzen, Hans Eichel, am 30. November
2001 im Parlament, der Haushalt sei mit dem Einhalten der
weiteren Absenkung der Nettoneuverschuldung „auf Kante
genäht“. Er bestätigte zudem Presseberichte, wonach er auf-
grund der knappen Haushaltslage im Entwurf des an die
EU-Kommission zu übermittelnden nationalen Stabilitäts-
programms ein Alternativszenarium für den Fall habe
durchrechnen lassen, dass das Wirtschaftswachstum mit
¾ Prozent niedriger als erwartet ausfalle (Stenographisches
Protokoll der 206. Sitzung vom 30. November 2001,
S. 20383 (B)). Dieses aktualisierte Stabilitätsprogramm, das
bei einem Wachstum von 1 ¼ % ein gesamtstaatliches Defi-
Der Bundeshaushalt für das Jahr 2002 wurde vom Deut-
schen Bundestag am 30. November 2001 mit den Stimmen

zit von 2 % vorsah, wurde übrigens einschließlich des
durchgerechneten Alternativszenarios mit einem Defizit von

Drucksache 15/2100 – 54 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2 ½ % bei einem Wachstum von ¾ % in einer Broschüre des
Bundesfinanzministeriums im Dezember 2001 veröffent-
licht sowie in die Homepage des BMF (www.bundesfinanz-
ministerium.de) eingestellt. In der Debatte führte der Bun-
desfinanzminister weiter aus: Neben allen negativen
Signalen, die er nicht bestreite und deren Zahl im Moment
größer werde, gebe es aber auch positive Zeichen. Hierzu
zählte er den gesunkenen Ölpreis, den Rückgang der Preis-
steigerungsrate auf 1,4 % sowie den verstärkten Autoabsatz
im Oktober 2001 in Höhe von 9,6 % gegenüber dem Vorjah-
resmonat. Der „Turn-around“ werde kommen. Es wisse
zwar keiner wann, aber alle rechneten damit, dass das
nächste Jahr besser werde als das Jahr 2001 (Stenographi-
sches Protokoll der 203. Sitzung vom 27. November 2001,
S. 19947 (C)). Diese Ansicht wurde von dem haushaltspoli-
tischen Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN, Oswald Metzger, geteilt. Dieser erklärte am 27. No-
vember 2001 im Rahmen der Haushaltsdebatte, es gebe
Anzeichen für einen „Turn-around“ in der amerikanischen
Volkswirtschaft, der im Verlauf des Jahres 2002 entweder
bereits im ersten Quartal, jedenfalls aber im zweiten Quartal
auf die europäischen Volkswirtschaften durchschlagen
werde (Stenographisches Protokoll der 203. Sitzung vom
27. November 2001, S. 19935 (B)).
Ähnlich wie die Bundesregierung waren auch die Wirt-
schaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose
im Oktober 2001 zu dem Ergebnis gekommen, dass das
Wirtschaftswachstum in 2002 ca. 1,3 % vom BIP betragen
werde. In den folgenden Monaten bis zum Jahresende diver-
gierten die Annahmen der Institute und der übrigen Progno-
sen erstellenden Institutionen verhältnismäßig stark. Er-
kennbar war zu diesem Zeitpunkt lediglich die einheitliche
Tendenz, die bis dahin überwiegenden Schätzungen eines
Wachstums von 2 bis 2 ½ % vom BIP nach unten zu korri-
gieren (vgl. zur Entwicklung der Konjunkturprognosen aus-
führlich unter: Zweiter Teil A II 1).

V. Konjunkturprognosen zu Beginn
des Jahres 2002

Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten
Monate revidierte die Bundesregierung zu Beginn des Jah-
res 2002 ihre Wachstumsannahme aus der Herbstprojektion.
So ging sie in ihrer im Jahreswirtschaftsbericht veröffent-
lichten Jahresprojektion vom Januar 2002 davon aus, dass
das BIP in 2002 gegenüber dem Vorjahr 2001 real lediglich
um rd. ¾ % ansteigen werde. Dies entsprach dem Alterna-
tivszenario, das in dem Ende 2001 eingereichten nationalen
Stabilitätsprogramm errechnet worden war. Da sie in der
zweiten Jahreshälfte mit einem Aufschwung rechnete, hielt
die Bundesregierung auch in ihrer Frühjahrsprojektion im
April 2002 an diesem Wert fest.
Die Wirtschaftsforschungsinstitute beurteilten die Einschät-
zung des wirtschaftlichen Wachstums zunehmend positiver,
nachdem sie zuvor ihre Prognosen nach unten korrigiert hat-
ten. Die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungs-
institute kam im April 2002 auf ein Wachstum von 0,9 %.
Die Bundesregierung lag zu diesem Zeitpunkt mit ¾ % am
unteren Rand des Prognosespektrums (vgl. zur Entwicklung

VI. Die Haushaltsentwicklung bis zum Mai 2002
1. Die Entwicklung bis einschließlich März

2002
a) Entwicklung zu Beginn des Jahres 2002
Aus Sicht des BMF, insbesondere des Zeugen Staatssekretär
Dr. Overhaus, verlief die Entwicklung des Bundeshaushalts
in den ersten Monaten des Jahres 2002 zunächst ohne erheb-
liche Abweichungen von der geplanten Entwicklung. Zwar
entwickelten sich die Einnahmen schwächer und die Ausga-
ben stärker als im Sollansatz erwartet. Dies führte jedoch
nach den Worten von Dr. Overhaus im Ministerium nicht zu
der Annahme, dass die vorgesehene Nettokreditaufnahme
im Jahresergebnis tatsächlich überschritten werden könnte
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 9).
So ergibt sich aus der vom Referat II A 2 am 18. Februar
2002 erstellten tabellarischen Übersicht mit Stand Ende Ja-
nuar 2002 (Dokument Nr. 8), dass die Ausgaben für den
Bundeshaushalt im Januar um 1,7 % gegenüber dem Vorjah-
resergebnis überschritten wurden. Während die Steuerein-
nahmen des Bundes gegenüber dem Vorjahresergebnis um
0,8 % höher lagen, gingen im gleichen Zeitraum die Verwal-
tungseinnahmen um 35,9 % unter den Vorjahreswert zu-
rück, so dass sich auf der Einnahmenseite insgesamt eine
Veränderungsrate von -4,8 % ergab. In einer der Übersicht
beigefügten Anmerkung wies das Referat darauf hin, dass
die Aussagekraft der Daten zu Jahresbeginn relativ gering
sei und sich demzufolge eine Prognose zum weiteren Jah-
resverlauf hieraus noch nicht ableiten ließe.
Diese Einnahmen- und Ausgabenentwicklung wurde im
Monatsbericht des BMF vom Monat Februar 2002 auf
Seite 13 veröffentlicht. Dort heißt es:

„Die Ausgaben liegen mit 32,9 Mrd. € im Rahmen der
Sollvorgabe des Haushaltsgesetzes 2002. Sie überschrei-
ten das Vorjahresergebnis um 0,6 Mrd. € (+1,7 %). Die
Steuereinnahmen in Höhe von 12,9 Mrd. € überschreiten
das Aufkommen des Januars 2001 um 0,1 Mrd. €. Die
Verwaltungseinnahmen liegen hingegen um 0,8 Mrd. €
(-35,9 %) unter dem Vorjahreswert und belaufen sich auf
1,5 Mrd. €. Damit ergibt sich eine Veränderungsrate der
Einnahmen insgesamt von -4,8 % (Soll + 1,6 %) (...).“

Diese Zahlen werden im Anschluss in einer Tabelle darge-
stellt.
Der Trend einer leicht erhöhten Ausgabenentwicklung
setzte sich im Februar fort. Die tabellarische Übersicht des
Referats II A 2 vom 12. März 2002 mit Stand Ende Februar
2002 (Dokument Nr. 9) weist gegenüber dem Vorjahreszeit-
raum einen Anstieg der Ausgaben um nunmehr 3,1 % aus.
Damit lag die Entwicklung jedoch – so das Referat II A 2 in
der beigefügten Anmerkung – noch innerhalb der Marge des
vergleichbaren Vorjahreszeitraumes, in dem ein Anstieg um
etwa 3 % zu verzeichnen gewesen war. Das Steueraufkom-
men des Bundes im Februar 2002 verringerte sich gegen-
über dem Vorjahreszeitraum um 7,0 %, was zum Rückgang
der Gesamteinnahmen um 6,6 % führte.
der Konjunkturprognosen ausführlich unter: Zweiter Teil A.
II. 1, S. 42 f.).

Diese Zahlen finden sich auch in dem veröffentlichten Mo-
natsbericht des BMF vom März 2002.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 55 – Drucksache 15/2100

b) Die Entwicklung im März 2002
aa) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten

Ausgaben im März 2002
In einer Vorlage vom 12. April 2002 berichtete das
Referat II C 1 an Staatssekretär Dr. Overhaus (Dokument
Nr. 10), nach derzeitigem Stand werde sich – auf das Jahres-
ergebnis gerechnet – der Zuschuss an die Bundesanstalt für
Arbeit voraussichtlich um etwa 1 Mrd. € und der Finanzbe-
darf für die Arbeitslosenhilfe um ca. 0,8 Mrd. € erhöhen.
Grund hierfür sei die deutliche Verschlechterung der dem
Soll-Ansatz zu Grunde liegenden Annahmen auf dem Ar-
beitsmarkt. So habe der Jahreswirtschaftsbericht die Erwar-
tung vom Oktober 2001, die Zahl der Beschäftigten werde
um 0,1 % ansteigen, nicht bestätigt und gehe stattdessen da-
von aus, dass die Zahl der Beschäftigten in 2002 um 0,2 %
sinken werde. Die schlechte Beschäftigungsentwicklung
führe bei der BA zu geringeren Beitragseinnahmen. Gleich-
zeitig erhöhe sich bei der Arbeitslosenhilfe die Zahl der
Leistungsempfänger. Für den weiteren Jahresverlauf rech-
nete das Referat mit Blick auf die aktuellen Prognosen zur
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung jedoch mit einer Ver-
besserung der Arbeitsmarktentwicklung und kam zu folgen-
den Ergebnis:

„Sofern im weiteren Jahresverlauf keine negativen Ein-
flüsse auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und
mithin dem Arbeitsmarkt eintreten, erscheint eine Ver-
schlechterung des aktuellen JWB-Eckwertes nach heuti-
ger Einschätzung nicht wahrscheinlich.
Vielmehr zeigt die aktuelle II C 1-Schätzung eine mögli-
che Verbesserung gegenüber dem JWB-Eckwert um rd.
20 Tsd. Arbeitslose. Dies bedeutet eine jahresdurch-
schnittliche Arbeitslosenzahl von 3,969 Arbeitslosen
(+118 Tsd. Arbeitslose ggü. Vorjahr).
Aus II C 1-Sicht dürfte diese vergleichsweise günstigere
Entwicklung mit der in Kürze folgenden Frühjahrsschät-
zung der aktuellen Eckdaten zur gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung bestätigt werden und dann als positiver Ba-
siseffekt für das Jahr 2003 wirken.“

Über die Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit im ers-
ten Quartal 2002 berichtete das BMF in seinem Monatsbe-
richt vom Mai 2002. Dort wird auf Seite 42 ausgeführt, dass
für die Arbeitsmarktpolitik 7,7 % mehr ausgegeben worden
sei als im Vorjahreszeitraum. Für die Bundesanstalt seien
3,4 Mrd. € bei einem Gesamtjahresansatz von 2 Mrd. € ge-
leistet worden. Bei der Arbeitslosenhilfe seien 3,3 Mrd. €
(Soll 2002: 13 Mrd. €) geleistet worden, d. h. 10,3 % mehr
als im Vorjahreszeitraum. Die Entwicklung der Arbeits-
marktzahlen werden im statistischen Anhang des Monats-
berichts wiedergegeben.
bb) Die Entwicklung der Steuereinnahmen

im März 2002
In einer Vorlage vom 15. April 2002 (Dokument Nr. 11) un-
terrichtete das Referat I A 6 Bundesminister Hans Eichel
auf dem Dienstweg über die Entwicklung der Steuereinnah-
men des Bundes und der Länder im März 2002. Danach wa-
ren die Steuereinnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteu-
ern) gegenüber dem März des Jahres 2001 um 10,7 %

(-14,6 %) waren starke Rückgänge zu verzeichnen. Die Ein-
nahmen aus der reinen Bundessteuer stagnierten gegenüber
dem Vorjahr (-0,2 %). Die kumulierte Veränderungsrate der
Steuereinnahmen insgesamt für den Zeitraum Januar bis
März 2002 gab das Referat mit -5,8 % an. Damit – so I A 6 –
entferne sich die Veränderungsrate weiter von dem für das
Gesamtjahr prognostizierten Zuwachs von 4,8 %. Die Steu-
ereinnahmen des Bundes waren gegenüber dem Vorjahres-
zeitraum um 11,6 % gesunken.
Im April veröffentlichte das BMF diese Zahlen in seinem
Monatsbericht. Auf Seite 19 des Berichts wird ausgeführt,
dass die gemeinschaftlichen Steuern insgesamt im März
2002 gegenüber dem März 2001 um 13,4 %, die reinen Län-
dersteuern insgesamt um 14,6 % und die reinen Bundessteu-
ern um 0,2 % zurückgegangen seien. Das Steueraufkommen
insgesamt (ohne Gemeindesteuern) sei um 10,7 % zurück-
gegangen, allein die des Bundes um 11,6 %. Die kumulierte
Veränderungsrate (Januar bis März) betrage -5,8 % .
In den Anlagen zur Unterrichtung wies das Referat darauf
hin, dass sich insbesondere die Körperschaftsteuer im Vo-
rauszahlungsmonat März sehr schwach entwickelt habe. Im
Vergleich zum Vorjahresmonat seien die Einnahmen um
-37,5 % zurückgegangen (ebenfalls veröffentlicht im Mo-
natsbericht des BMF vom April 2002, S. 21). Allerdings lä-
gen die Körperschaftsteuereinnahmen mit 1,9 Mrd. € über
den Einnahmen des letzten Vorauszahlungsmonats Dezem-
ber 2001. In seiner Vernehmung durch den Ausschuss hat
der Leiter des Referats I A 6 im Jahr 2002, Dr. Schoof, er-
läutert, dass nicht nur für die Einkommens-, sondern auch
für die Körperschaftsteuer die Monate März, Juni, Septem-
ber und Dezember besonders bedeutsam seien, weil die
Steuerpflichtigen in diesen sog. „großen“ Steuermonaten
die quartalsmäßigen Vorauszahlungen zu leisten hätten.
Diese Vorauszahlungen deckten im Zweifel mindestens 80,
wenn nicht sogar mehr als 100 % des tatsächlichen Auf-
kommens ab, wenn in den sog. „kleinen“ Steuermonaten
übermäßige Erstattungen erfolgten. Während in den vier
Vorauszahlungsmonaten überdimensionale Einnahmen zu
verzeichnen seien, wären die übrigen Monate im Zweifel
durch negatives Aufkommen gekennzeichnet. Aus diesem
Grund schlügen die „großen“ Steuermonate mit ihren Auf-
kommensspitzen auf das gesamte Steueraufkommen eines
Jahres durch. Kassenergebnisse sagten also nichts darüber
aus, was tatsächlich passierte. Es bedürfe einer Bereinigung.
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Schoof, S. 103).
Den auch in der letzten Steuerschätzung vom November
2001 für das Jahr 2002 nicht vorhergesehenen Rückgang bei
den Körperschaftsteuereinnahmen führte I A 6 auf die in-
folge der schlechten Gewinnentwicklung des Vorjahres
nach unten angepassten Vorauszahlungen im März zurück.
Einen weiteren Grund für den Rückgang der Körperschaft-
steuer bildete schließlich die mit der Steuerreform des Jah-
res 2000 für die Steuersätze erfolgte Systemumstellung bei
der Körperschaftsteuer. Die bisher geltenden Tarife von
30 % für die an die Anteilseigner ausgeschütteten Gewinne
und 40 % (bzw. früher 45 %) für die von der Kapitalgesell-
schaft einbehaltenen Gewinne waren vom 1. Januar 2001
auf einheitlich 25 % abgesenkt worden. Für Unternehmen,
die ab nun die (auch vor der Reform) bestehende Möglich-
keit nutzten, bislang einbehaltene Gewinne nachträglich an
zurückgegangen. Sowohl bei den gemeinschaftlichen
Steuern (-13,4 %) als auch bei den reinen Ländersteuern

die Anteilseigner auszuschütten, brachte dies Rückerstat-
tungen in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der

1) Steuereinnahmen 2002 ohne Gemeindesteuern: 414,0 Mrd. €
2)

Veränderung gegenüber dem Vorjahr

-3,6 -3,3

-5,8
-4,9

-3,6

-5,2
-4,4

-3,9 -3,5
-2,5 -2,3

-0,8

-12,0

-8,0

-4,0

0,0

4,0

8,0

Ja
nu

ar

Fe
bru

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2002 Steuerschätzung November 2001 2002 monatliche kumulierte Veränderung in vH gg.Vorjahr

2002 Steuerschätzung Mai 2002 2002 Steuerschätzung November 2002

Nov. 01: +4,8 vH 437,4 Mrd € (+20,1 Mrd €)

Mai 02: +2,1 vH 426,2 Mrd € (+ 8,8 Mrd €)

Nov. 02: -1,2 vH
412,5 Mrd €
(-4,8 Mrd €)
Drucksache 15/2100 – 56 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

bereits gezahlten Körperschaftsteuer und dem (auch für
rückwirkend ausgeschüttete Gewinne) geltenden Steuersatz.
Zu diesem Zeitpunkt besaßen die Kapitalgesellschaften in
Deutschland derartige Erstattungsansprüche in Höhe von
insgesamt mehr als 70 Mrd. €. Da die Streichung dieses An-
rechnungsguthabens verfassungsrechtlich bedenklich gewe-
sen wäre, wurde den körperschaftlichen Unternehmen die
Möglichkeit eingeräumt, dieses Steuerguthaben über einen
Zeitraum von 15 Jahren hinweg durch Ausschüttungen an
die Anteilseigner aufzulösen. Die Bundesregierung hatte er-
wartet, dass die Ausschüttungen erst nach Einführung der
für 2003 bzw. 2005 vorgesehenen Steuersenkungen vorge-
nommen würden, weil sie auf Seiten der Anteilseigner der
Dividendensteuer in Höhe des individuellen Einkommen-
steuersatzes unterliegen. Daher bestand grundsätzlich der
Anreiz, die Ausschüttungen erst nach Einführung der für
2003 bzw. 2005 vorgesehenen Steuersenkungen vorzuneh-
men.
Entgegen dieser Erwartung war aber bereits im Jahr 2002
von der Möglichkeit der Realisierung des Körperschaftsteu-
erguthabens durch vermehrte Ausschüttungen von den Un-
ternehmen intensiv Gebrauch gemacht worden. Nach einem
Vermerk des Referats I A 6 vom 3. Juni 2002 (Dokument
Nr. 12) geschah dies zum Einen unter dem Eindruck der
schwachen Konjunkturentwicklung, zum anderen aber auch
aufgrund sonstiger Sondereffekte wie z. B. der vollständi-

gen Umstellung des sog. Vollanrechnungsverfahrens auf das
sog. Halbeinkünfteverfahren bei der Besteuerung des An-
teilseigners ab dem Jahr 2002. Dieses in dem Umfang – laut
Aussagen des Zeugen Dr. Schoof – nicht vorhersehbare Ver-
halten führte dazu, dass die zu leistenden Vorauszahlungen
mit den durch die Sonderausschüttungen entstehenden Kör-
perschaftsteuerguthaben verrechnet wurden und es auf diese
Weise vereinzelt sogar zu Ausschüttungen durch die Fi-
nanzbehörden kam. Insgesamt waren die Körperschaftsteu-
ereinnahmen, die im Jahr 2000 noch 23,6 Mrd. € ausge-
macht hatten, im Jahr 2001 auf 1,7 Mrd. € zurückgegangen.
Der Zeuge Dr. Schoof hat in seiner Vernehmung allerdings
darauf hingewiesen, diese Entwicklung im Jahr 2001 habe
kein Problem dargestellt, da die Körperschaftsteuererstat-
tungen in Höhe von rd. 14 Mrd. € in etwa gleicher Höhe
durch „geradezu explodierte“ Einnahmen aus der Kapitaler-
tragssteuer aufgefangen worden seien (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Schoof, S. 102 f.).
Für das Jahr 2002 war das Referat in seinem Vermerk dage-
gen offenbar davon ausgegangen, dass sich das Ausschüt-
tungsverfahren wieder normalisieren werde, da keine
Gründe für eine Fortsetzung der forcierten Ausschüttungs-
politik der Unternehmen erkennbar seien (siehe zur Ent-
wicklung der Steuereinnahmen im Gesamtjahr: Schaubil-
der 2 und 3).

S c h a u b i l d 2
Steuereinnahmen 20021)

2)
Steuereinnahmen 2001 ohne Gemeindesteuern: 417,3 Mrd. €

1) Steuereinnahmen des Bundes 2002: 191,7 Mrd. €
2) Steuereinnahmen des Bundes 2001: 193,8 Mrd. €

2002 Steuerschätzung November 2001 2002 monatliche kumulierte Veränderung in vH gg.Vorjahr
2002 Steuerschätzung Mai 2002 2002 Steuerschätzung November 2002

cc) Prognose des Referats II A 2 für die weitere
Entwicklung des Bundeshaushalts 2002

Am 30. April 2002 informierte das Referat II A 2 den Abtei-
lungsleiter II in einer schriftlichen Vorlage (Dokument
Nr. 13) über die weitere Entwicklung des Bundeshaushalts
2002 sowie über die im Referat erstellte Hochrechnung für
den Bundeshaushalt auf der Grundlage der Ein- und Ausga-
benergebnisse bis einschließlich März. Dies stellte zugleich
die erste Prognose des Referats zum Bundeshaushalt für das
Jahr 2002 dar.
Das Referat berichtete, dass sich auf der Ausgabenseite die
konjunkturelle Abschwächung des Vorjahres in den Arbeits-
marktdaten 2002 widerspiegele. Ebenso wie das Referat
C II 1 ging auch das Grundsatzreferat von einem durch die
gestiegene Arbeitslosigkeit bedingten erhöhten Mehrbedarf
in Höhe von ca. 1,8 Mrd. € aus. Unter Berücksichtigung der
Minderausgaben aufgrund gesunkener Zinslast schätzte das
Referat die Höhe der Ausgaben insgesamt auf etwa 1,6 Mrd. €
über dem Sollansatz.
Den Rückgang der Steuereinnahmen des Bundes bis zu die-
sem Zeitpunkt führte das Referat II A 2 auf die konjunktu-
relle Abschwächung bzw. den Basiseffekt des geringeren
Steueraufkommens im Vorjahr zurück. Im Ergebnis werde
dieser Betrag jedoch vollständig durch geringere Mittelab-
führungen an die Europäische Union (EU) aufgefangen. Ein
Risiko für den Haushalt 2002 sah das Referat in den hohen

Münzeinnahmen in Höhe von 2,66 Mrd. € gerechnet. Die
bislang geringe Nachfrage nach Euro-Münzen und die be-
reits zum damaligen Zeitpunkt erfolgte DM-Münzrück-
nahme in Höhe von 3,2 Mrd. € führe nach den Schätzungen
der Abteilung VII zu einem Einnahmeausfall in Höhe von
etwa 2,6 Mrd. €. Allerdings, so berichtete II A 2, könnten
die hohen Mindereinnahmen beim Münztitel durch den An-
stieg der Verwaltungseinnahmen im Übrigen kompensiert
werden, sodass nach derzeitigem Stand die Verwaltungsein-
nahmen gegenüber dem Soll-Ansatz insgesamt lediglich um
etwa 0,5 Mrd. € geringer ausfielen.
Diese Zahlen entsprechen den veröffentlichten Angaben im
Monatsbericht des BMF vom April 2002 (S. 13).
Insgesamt kam das Referat zu dem Ergebnis, dass die kon-
junkturellen Mehrbelastungen bei den Steuern und im Be-
reich des Arbeitsmarktes weitgehend durch Entlastungen
wegen geringerer Abführungen an die EU und aufgrund
verminderter Zinslast kompensiert werden könnten. Die
vorgesehene Nettokreditaufnahme sollte nach der Prognose
des Referats deshalb im Jahresergebnis rechnerisch nur um
etwa 2,1 Mrd. € von 21,1 Mrd. € auf 23,2 Mrd. € ansteigen.
dd) Bewertung der Entwicklung durch die

Leitung des BMF
Der Zeuge Staatssekretär Dr. Overhaus hat in seiner Verneh-
mung durch den Ausschuss angegeben, von diesen Zahlen,
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 57 – Drucksache 15/2100

S c h a u b i l d 3
Steuereinnahmen des Bundes 20021)

Veränderung gegenüber dem Vorjahr
2)

0,4

-6,4

-8,3
-6,9

-5,1

-6,8

-5,2 -4,9
-4,5

-3,4 -3,1

-1,1

-17,0

-13,0

-9,0

-5,0

-1,0

3,0

7,0

Ja
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Nov. 01: +3,1 vH 199,5 Mrd € (+5,7 Mrd €)

Mai 02: +1,3 vH 196,4 Mrd € (+ 2,6 Mrd €)

Nov. 02: -1,6 vH

190,7 Mrd €

(-3,1 Mrd €)
Mindereinnahmen beim Münztitel in Höhe von etwa
2,5 Mrd. €. Im Haushaltsansatz habe man mit saldierten

insbesondere von den erhöhten Mehrausgaben bei der BA
und für die Arbeitslosenhilfe sowie von dem rechnerischen

Drucksache 15/2100 – 58 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Anstieg der Nettokreditaufnahme um 2,1 Mrd. €, zeitnah
Kenntnis erlangt zu haben. Aus seiner Sicht sei dies aber
noch keine für das Gesamtjahr signifikante Zahl in dem
Sinne gewesen, dass man damit habe rechnen müssen, das
Kreditaufnahmeziel für 2002 zu verfehlen. Zum Einen habe
es sich um einen sehr frühen Zeitpunkt im Jahresverlauf
2002 gehandelt. Zum Anderen erinnerte er daran, dass es
auch in früheren Jahren gelungen sei, große Beträge ohne
Erhöhung der Nettokreditaufnahme auszugleichen. So habe
man z. B. im Jahr 1991 einen Betrag von insgesamt 9 Mrd. €
an Mehrausgaben durch Minderausgaben und erhöhte
Mehreinnahmen an anderer Stelle auffangen können, sodass
die Kreditaufnahme im Ergebnis nicht habe erhöht werden
müssen. Aus diesem Grund sei man im Ministerium nach
Vorlage dieser Zahlen Ende April zu dem Ergebnis gelangt,
zunächst die weitere Entwicklung abwarten zu wollen
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 9).
2. Die weitere Entwicklung im April und die

Steuerschätzung im Mai 2002
a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten

Ausgaben im April 2002
Das Referat II C 1 unterrichtete in seiner Vorlage vom
8. Mai 2002 Staatssekretär Dr. Overhaus über den sich ge-
genüber dem Vormonat unverändert abzeichnenden Mehr-
bedarf bei dem Zuschuss für die BA in Höhe von ca. 1 Mrd. €
sowie für die Arbeitslosenhilfe in Höhe von rd. 0,8 Mrd. €
(Dokument Nr. 14). Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote
habe, so berichtete das Referat, gegenüber dem Vormonat
wieder leicht zugenommen. Für den weiteren Jahresverlauf
sei eine Trendwende am Arbeitsmarkt bislang noch nicht er-
kennbar. Vielmehr zeige die aktuelle II C 1-Vorausschät-
zung eine mögliche Verschlechterung gegenüber dem aktu-
ellen Eckwert vom April um rd. 20.000 Arbeitslose. Dies
bedeute auf das Jahresergebnis betrachtet einen Anstieg der
Arbeitslosenzahl gegenüber dem Vorjahr in Höhe von
123.000.

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen
im April 2002

Im Gegensatz hierzu konnte das Referat I A 6 in seiner Mi-
nistervorlage vom 15. Mai 2002 (Dokument Nr. 15) insge-
samt eine leichte Entspannung bei den Steuereinnahmen
verzeichnen. Gegenüber dem April 2001 gingen die Steuer-
einnahmen von Bund und Ländern insgesamt (ohne Ge-
meindesteuern) im April 2002 um lediglich -1,8 % zurück.
Sowohl bei den gemeinschaftlichen Steuern (-5,1%) als
auch bei den reinen Ländersteuern (-3,7 %) waren Rück-
gänge zu verzeichnen, während die reinen Bundessteuern
einen kräftigen Zuwachs aufwiesen (+12,3 %), der aller-
dings maßgeblich auf kassentechnischen Schwankungen bei
der Tabaksteuer zurückzuführen war. Die kumulierte Verän-
derungsrate der Steuereinnahmen insgesamt für den Zeit-
raum Januar bis April 2002 lag nach Auskunft des Referats
bei -4,9 %. Im Vergleich zum März 2002 (-5,8 %) hatte sich
damit die Veränderungsrate leicht verbessert. Die Steuerein-
nahmen des Bundes lagen im April 2002 um -1,8 % unter
dem Vorjahresergebnis. Diese Unterrichtung wurde von
Bundesminister Eichel am 21. Mai 2002 abgezeichnet.

In seinen Erläuterungen wies das Referat darauf hin, dass
das Körperschaftssteuereinkommen mit einem Kassenmi-
nus von -1,3 Mrd. € wiederum schwächer ausgefallen sei als
im Vorjahresmonat. Eine Erholung gegenüber der durch
ausschüttungsbedingte Sondereffekte schwachen Basis des
Vorjahres zeichne sich für 2002 bislang nicht ab (Dokument
Nr. 16).
c) Die Steuerschätzung im Mai 2002
aa) Ergebnis der Steuerschätzung
Auf Einladung des Hessischen Ministeriums der Finanzen
fand unter dem Vorsitz des Leiters des für die Steuerauf-
kommensschätzung zuständigen Referats I A 6, Dr. Schoof,
vom 14. bis 16. Mai 2002 die 119. Sitzung des Arbeitskrei-
ses „Steuerschätzungen“ statt, der sich aus Vertretern des
Bundes, der Länder und der Kommunalen Spitzenverbände
zusammensetzt (zum Arbeitskreis „Steuerschätzungen“
siehe oben unter B. II 2., S. 84).
Geschätzt wurden im Mai 2002 die Steuereinnahmen für
den mittelfristigen Zeitraum 2002 bis 2006. Grundlage die-
ser sog. Mittelfristschätzung war das zu dieser Zeit geltende
Steuerrecht. Dies bedeutete, dass gegenüber der vorange-
gangenen sog. Kurzfristschätzung vom November 2001
nunmehr die finanziellen Auswirkungen des Steuerrechts-
änderungsgesetzes 2001, des Gesetzes zur Fortentwicklung
des Unternehmenssteuerrechts sowie verschiedener anderer
steuerwirksamer Gesetze berücksichtigt wurden. Der Ar-
beitskreis ging bei seiner Schätzung von einer Zunahme des
nominalen BIP für das Jahr 2002 in Höhe von 2,4 % aus.
Die Ergebnisse der neuen Steuerschätzung stellten die
Grundlage für die Erstellung des Entwurfs für den Bundes-
haushalt 2003 dar, gaben aber gleichzeitig auch Auskunft
über die erwartete Höhe der Steuereinnahmen im weiteren
Verlauf des Jahres 2002. Während im Vorjahr noch ein Steu-
errückgang von -4,5 % gegenüber 2000 zu verzeichnen ge-
wesen war, prognostizierte der Arbeitskreis für das Jahr
2002 immerhin einen Einnahmeanstieg in Höhe von 1,9 %.
Dennoch musste die Schätzung für 2002 aufgrund des star-
ken Rückgangs bei den Körperschaft- und Umsatzsteuerein-
nahmen gegenüber der letzten Schätzung vom November
2001 deutlich abgesenkt werden. So stellte der Arbeitskreis
für das Jahr 2002 Steuereinnahmen in Höhe von 196,4 Mrd.
€ für den Bundeshaushalt in Aussicht. Damit wurde die
Schätzung gegenüber der vorangegangenen Schätzung vom
November 2001 (199,5 Mrd. €) um etwa 3,1 Mrd. € zurück-
genommen. Während im November 2001 für den Bundes-
haushalt noch von einer Steigerungsrate in Höhe von 3,1 %
gegenüber 2001 ausgegangen worden war, korrigierten die
Steuerschätzer im Mai die Steigerungsrate herunter auf nun-
mehr nur noch 1,3 % gegenüber 2001. Für die Steuereinnah-
men insgesamt ging der Arbeitskreis von einer Höhe von
454,8 Mrd. € und damit gegenüber der Schätzung vom No-
vember 2001 (466,4 Mrd. €) von einem Rückgang in Höhe
von -11,7 Mrd. € (Schätzung November 2001: 466,5 Mrd. €)
aus. Während im November die Steigerungsrate für das Ge-
samtsteueraufkommen noch bei 4,8 % gegenüber 2001 gele-
gen hatte, errechnete der Arbeitskreis nunmehr nur noch eine
Steigerung von 1,9 % gegenüber 2001.
Der Zeuge Prof. Dr. Hermann Remsperger, Mitglied des
Diese Zahlen wurden ebenfalls im Monatsbericht des BMF
vom Mai 2002 veröffentlicht (S. 19, 21).

Vorstands der Deutschen Bundesbank, hat in seiner Verneh-
mung durch den Ausschuss erläutert, dies habe bedeutet,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 59 – Drucksache 15/2100

dass nach dem Aufkommensrückgang von 4,9 % im ersten
Jahresdrittel 2002 in dem Zeitraum von Mai bis Dezember
2002 ein Anstieg der Steuereinnahmen in Höhe von durch-
schnittlich 5,1 % erforderlich gewesen wäre. Eine solche
Entwicklung habe der Schätzerkreis u. a. deshalb für realis-
tisch gehalten, weil er im weiteren Jahresverlauf mit einer
Konjunkturerholung gerechnet habe (7. Sitzung, Protokoll
Prof. Dr. Remsperger, S. 59).

bb) Pressemitteilung über das Ergebnis der
Steuerschätzung und Bekanntmachung
im Monatsbericht des Bundesminis-
teriums der Finanzen

Diese Ergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“
wurden durch Pressemitteilung des Ministeriums vom
16. Mai 2002 bekannt gemacht (Dokument Nr. 17). Die
Pressemitteilung enthielt neben den konkreten Schätzergeb-
nissen in einer anliegenden Übersicht einen Vergleich mit
den letzten Steuerschätzungen vom November 2001 bzw.
Mai 2001, in welcher die Abweichungen für das Steuerauf-
kommen des Bundes, der Länder und der Gemeinden im
Einzelnen sowie für das Steueraufkommen insgesamt dar-
gestellt wurden.
Bundesfinanzminister Eichel veröffentlichte zu den Ergeb-
nissen der Steuerschätzung am 16. Mai 2002 eine weitere
Pressemitteilung. Hierin erklärte er, die Steuerschätzung
habe – wie erwartet – aufgrund der schlechteren konjunktu-
rellen Ausgangssituation gegenüber der letzten Schätzung
abgesenkt werden müssen. Das nunmehr erwartete gerin-
gere Steueraufkommen zeige aber gleichzeitig, dass die Re-
formen des letzten Jahres die finanziellen Spielräume von
Arbeitnehmern und Familien spürbar erweitert und gleich-
zeitig die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der deut-
schen Wirtschaft verbessert hätten. Im Hinblick auf die Kör-
perschaftsteuer hob Eichel insbesondere die Erwartung des
Arbeitskreises hervor, dass nach den erheblichen Einbußen
in Folge von Sonderausschüttungen das Körperschaftsteuer-
aufkommen in den kommenden Jahren wieder deutlich zu-
nehmen werde. Ebenfalls begrüßte er die Einschätzung der
Experten des Arbeitskreises, dass bereits im Verlauf des
Jahres 2002 eine deutliche Verbesserung des Umsatzsteuer-
aufkommens dadurch zu verzeichnen sein werde, dass die
Verbraucher ihre bisherige Zurückhaltung beim Konsum
voraussichtlich aufgäben. Im Übrigen verwies Eichel auch
auf die aktuelle Gemeinschaftsdiagnose der führenden deut-
schen Wirtschaftsforschungsinstitute, die zu dem Ergebnis
gelangt war, dass Deutschland am Beginn eines Wirtschafts-
aufschwungs stehe und noch im Verlauf des Jahres 2002 mit
einer deutlichen Wachstumsbeschleunigung zu rechnen sei.
Abschließend heißt es in der Pressemitteilung:

„Die Ergebnisse der Steuerschätzung passen sich ein in
die Planungen im Hinblick auf das Erreichen eines na-
hezu ausgeglichenen öffentlichen Gesamthaushalts 2004
und eines ausgeglichenen Bundeshaushalts 2006. Wenn
die allseits erwartete wirtschaftliche Erholung eintritt,
werden wir diese Ziele erreichen. Allerdings besteht kein
Spielraum für überbordende Ausgabenprogramme oder
weitere Einnahmenverzichte“ (Dokument Nr. 17).

Schließlich wurden die Ergebnisse der Steuerschätzung so-

des Bundesfinanzministeriums vom Juni 2002 veröffent-
licht (siehe dort S. 40 ff.).

d) Die Prognose des Referats II A 2 für den
Haushaltsablauf auf der Basis der April-
Ergebnisse und der aktuellen
Steuerschätzung

In seinem Bericht an den Leiter der Abteilung II vom
21. Mai 2002 über die Entwicklung des Bundeshaushalts
sowie die Hochrechnung über den weiteren Verlauf auf
Grundlage der April-Ergebnisse (Dokument Nr. 18) führte
das Grundsatzreferat für Haushaltsführung II A 2 aus, dass
auf der Ausgabenseite gegenüber dem Vormonat lediglich
leichte Veränderungen zu verzeichnen seien. Es bleibe da-
bei, dass die arbeitsmarktbedingten Mehrbelastungen für
den Bundeshaushalt mit etwa 1,8 Mrd. € zu veranschlagen
seien. Insgesamt lägen die Ausgaben nach derzeitigem
Stand um etwa 1,6 Mrd. € über dem Sollansatz.
Auf der Grundlage der aktuellen Steuerschätzung vom Mai
2002 und unter Berücksichtigung der bereits in der voraus-
gegangenen Prognose erwähnten verminderten Mittelabfüh-
rungen an die EU errechnete das Referat für den Bundes-
haushalt eine Mindereinnahme in Höhe von insgesamt
2,8 Mrd. €. Vor dem Hintergrund der sich nunmehr um rd.
1 Mrd. € gegenüber dem Sollansatz verringernden Verwal-
tungseinnahmen schätzte das Referat II A 2, dass sich die
Nettokreditaufnahme im Haushalt 2002 rechnerisch auf rd.
26,5 Mrd. € erhöhen könnte. Damit könnte die im Bundes-
haushalt 2002 vorgesehene Nettokreditaufnahme in Höhe
von 21,1 Mrd. € um etwa 5,4 % überschritten werden. In
seiner Gesamtbewertung bezeichnete das Referat dies als
eine „drastische“ Erhöhung des Defizits.
Für die Vorbereitung der Kabinettssitzung am 19. Juni 2002
hinsichtlich des Entwurfs des Bundeshaushalts 2003 und
des Finanzplans bis 2006 legte das Referat II A 2 einen Tag
später, am 22. Mai 2002, dem koordinierenden Generalrefe-
rat für die Haushaltsaufstellung II A 1 eine kurze Darstel-
lung über den Haushaltsvollzug 2002 vor (Dokument
Nr. 19). Darin erklärte das Referat, der Vollzug des Haus-
halts für das laufende Jahr befinde sich auf einem guten
Weg. Die von den Forschungsinstituten vorausgesagte Wirt-
schaftsbelebung werde dazu beitragen, das Defizit wie vor-
gesehen weiter zu senken. Arbeitsmarktbedingte Belastun-
gen würden durch anderweitige Entlastungen weitgehend
ausgeglichen. Obwohl das Steueraufkommen sich nach der
Steuerschätzung voraussichtlich verringern werde, scheine
die Einhaltung der im Haushalt vorgesehenen Nettokredit-
aufnahme in Höhe von 21,1 Mrd. € dennoch erreichbar, weil
zum Einen die zusätzlichen Belastungen sehr hoch ange-
setzt seien und zum Anderen die sich erfahrungsgemäß im
Haushaltsvollzug ergebenden Minderausgaben (Bodensatz)
zu einer weiteren Entlastung beitrügen und in den vergange-
nen drei Jahren Belastungen in vergleichbarer Größenord-
nung aufgefangen worden seien.

e) Bewertung der Entwicklung durch die
Leitung des BMF

Der Zeuge Staatssekretär Dr. Overhaus hat gegenüber dem
Ausschuss angegeben, ihm sei der vom Referat II A 2 pro-
wie die erläuternden Hinweise mit Angaben zu der Ent-
wicklung der einzelnen Steuerarten auch im Monatsbericht

gnostizierte Anstieg der Nettokreditaufnahme des Bundes
um 5,4 Mrd. € bekannt gewesen. Im Übrigen habe jeder, der

Drucksache 15/2100 – 60 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

die veröffentlichten Zahlen der Steuerschätzung vom Mai
gekannt habe, wissen müssen, dass danach die geplante Net-
tokreditaufnahme des Bundes in 2002 voraussichtlich über-
schritten werden würde. In den Ergebnissen der Steuer-
schätzung habe schwarz auf weiß gestanden, dass die für
den Haushalt 2002 erwarteten Steuereinnahmen nicht erzielt
werden würden. Seiner Auffassung nach sei aber auch in der
Öffentlichkeit nicht der Eindruck erweckt worden, dass es
bei dem geplanten Umfang der Kreditaufnahme in Höhe
von 21,1 Mrd. € bleibe. Schon im Sommer habe man ein-
schätzen können, dass diese mit hoher Wahrscheinlichkeit
überschritten werde. Fraglich sei lediglich das Ausmaß der
Überschreitung gewesen. Auch der Umstand, dass es Pro-
bleme auf der Ausgabenseite, insbesondere durch die erhöh-
ten Zuschüsse für die Bundesanstalt für Arbeit und für die
Arbeitslosenhilfe gegeben habe, sei zu diesem Zeitpunkt be-
reits bekannt gewesen, da in den monatlichen Berichterstat-
tungen des Ministeriums in jedem Einzelfall Aussagen über
die tatsächlichen Ausgaben gemacht würden (7. Sitzung,
Protokoll Dr. Overhaus, S. 38).
Der Zeuge Dr. Overhaus hat aber zugleich auch erklärt, er
habe diese Zahlen im Mai 2002 noch nicht als besorgniser-
regend empfunden. Hierzu verwies er wiederum auf Erfah-
rungen aus den früheren Jahren, als am Ende des Jahres ein
Haushaltsdefizit von 9 Mrd. noch habe ausgeglichen wer-
den können. Aufgrund dessen, so befand der Zeuge, habe
man durchaus der Meinung sein können, dass eine im Mai
prognostizierte Erhöhung der Nettokreditaufnahme um
5,4 Mrd. € zwar eine „schwierige Zahl“ sei, sie sei jedoch
„noch nicht als alarmierend (zu) bezeichnen“. Schließlich
habe es im weiteren Verlauf des Haushaltsjahres noch posi-
tive, dieser Annahme entgegenwirkende Veränderungen ge-
ben können. Die Steuereinnahmen seien im Übrigen nicht
nur im Bund, sondern auch in den Ländern schlecht geflos-
sen, berichtete Dr. Overhaus. Dies sei im Mai 2002 jedem
bekannt gewesen. In Gesprächen mit einzelnen Länderfi-
nanzministern oder dortigen Staatssekretären habe er erfah-
ren, dass man in den Ländern ebenfalls besorgt hinsichtlich
der schleppenden Steuereinnahmen gewesen sei. Die Frage
sei aber gewesen, welche Einschätzungen man im Mai auf-
grund der bisherigen Ist-Ergebnisse in Bezug auf das Jah-
resergebnis gehabt habe (7. Sitzung, Protokoll Dr. Over-
haus, S. 27).

f) Unterrichtung des Finanzausschusses des
Deutschen Bundestages

Am 5. Juni 2002 unterrichtete das BMF, vertreten durch die
Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks und
den Leiter des Referats I A 6, den Zeugen Dr. Schoof, die
Mitglieder des Finanzausschusses des Deutschen Bundesta-
ges in dessen 134. Sitzung über die Ergebnisse des Arbeits-
kreises „Steuerschätzungen“. Erörtert wurden neben den
volkswirtschaftlichen Grundannahmen der Steuerschätzung
insbesondere die Ansätze und die weitere Entwicklung der
Einnahmen aus der Körperschaftsteuer. Diskutiert wurden
die Ursachen des Rückgangs des Körperschaftsteuerauf-
kommens von 23,5 Mrd. € im Jahre 2000 auf -0,5 Mrd. € in
2001. Hintergrund war das Steuersenkungsgesetz vom
23. Oktober 2000, mit dem der Steuersatz für die Unterneh-
men von 40 auf 25 % abgesenkt und der Systemwechsel

Im Jahre 2001 sind aufgrund dieser Tarifabsenkung entstan-
dene Steuerguthaben in nicht vorhergesehenem Umfang
geltend gemacht worden. Hieraus wurde von den Steuer-
schätzern geschlossen, dass es sich um Einmal-Effekte han-
delt, da ein und dasselbe Guthaben jeweils nur einmal gel-
tend gemacht werden kann.

VII. Die Entwicklung bis einschließlich Juni 2002
1. Die Sitzung des Finanzplanungsrates

am 12. Juni 2002
Am 12. Juni 2002 trat unter Vorsitz von Bundesminister
Hans Eichel der Finanzplanungsrat zu seiner 96. Sitzung zu-
sammen.
Nach § 51 des Haushaltsgrundsätzegesetzes hat der Finanz-
planungsrat die Aufgabe, die Finanzplanung von Bund,
Ländern und Gemeinden zu koordinieren. Der Finanzpla-
nungsrat spielt außerdem eine zentrale Rolle bei der Einhal-
tung der Haushaltsdisziplin der Gebietskörperschaften im
Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungs-
union. Der Rat tritt zweimal jährlich zusammen. Ihm gehö-
ren außer dem Bundesfinanzminister, die Finanzminister
bzw. -senatoren aller 16 Länder sowie Vertreter der Ge-
meinden und Gemeindeverbände an. Als Gast nimmt regel-
mäßig ein Vertreter der Deutschen Bundesbank an den Be-
ratungen teil. Wesentlicher Gegenstand der Beratungen des
Rates sind die volks- und finanzwirtschaftlichen Annahmen
für die Gestaltung der Haushalts- und Finanzplanungen der
Gebietskörperschaften. Er gibt Empfehlungen zur Einhal-
tung bzw. zur Wiederherstellung der Haushaltsdisziplin und
erörtert die Vereinbarkeit der Haushaltsentwicklung, insbe-
sondere der Ausgaben und der Finanzierungssalden von
Bund und Ländern, mit den Bestimmungen im EG-Vertrag
und des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts.
In seiner Sitzung am 12. Juni 2002 erörterte der Finanzpla-
nungsrat u. a. die Haushaltsentwicklung des Jahres 2002.
Hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Ausgangslage ver-
trat das BMF die Auffassung, dass die in die Zukunft wei-
senden Konjunkturindikatoren eindeutig zeigten, dass die
konjunkturelle Schwächephase überwunden sei und die
deutsche Wirtschaft am Beginn eines Aufschwungs stehe.
Die wirtschaftlichen Aktivitäten – so das Finanzministerium –
würden sich im weiteren Jahresverlauf kräftig beleben. Den
realen Anstieg des BIP im Jahr 2002 sah das Ministerium
entsprechend den Festlegungen der Bundesregierung im
Jahreswirtschaftsbericht Anfang des Jahres bei rd. ¾ % und
verwies hierzu auf die entsprechenden Einschätzungen von
Seiten der meisten Prognostiker. Der Aufschwung entwi-
ckele sich entsprechend dem für Deutschland typischen
Muster, dass auf starke außenwirtschaftliche Impulse die
Belebung der Binnenkonjunktur folge. Mit dieser sei bereits
im weiteren Jahresverlauf zu rechnen. Ab Jahresmitte 2002
werde auch der Arbeitsmarkt voraussichtlich von der Kon-
junkturerholung profitieren. Gleichwohl wies das BMF da-
rauf hin, dass für den Jahresdurchschnitt 2002 noch mit ei-
nem Anstieg der Arbeitslosigkeit um rd. 100.000 zu rechnen
sei.
Prof. Dr. Hermann Remsperger, Mitglied des Vorstands der
Deutschen Bundesbank, bestätigte in der Sitzung des Fi-
vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren
vollzogen worden war.

nanzplanungsrates die Einschätzung der Bundesregierung,
nach der sowohl die Weltwirtschaft als auch die deutsche

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 61 – Drucksache 15/2100

Wirtschaft am Beginn einer zyklischen Erholung stünden,
die im weiteren Jahresverlauf Fahrt aufnehmen werde. Die-
ser Aufschwung sei allerdings noch nicht breit fundiert und
kein Selbstläufer. Für das Wachstum des realen Bruttoin-
landprodukts in 2002 sei die Bundesbank in ihrer nicht ver-
öffentlichten Prognose von einem dem Vorjahr entsprechen-
den Wert von 0,6 % ausgegangen.
Der Staatsminister der Finanzen des Freistaates Bayern,
Prof. Dr. Kurt Faltlhauser, vertrat keine eigene Einschät-
zung zur konjunkturellen Entwicklung, hielt aber die von
der Bundesbank genannten 0,6 % für realistischer. Mit der
von der Bundesregierung erwarteten Wachstumsrate von
¾ % für das Jahr 2002 könne man gegenüber der Wachs-
tumsrate von 0,6 % im Jahr 2001 nicht von einem Auf-
schwung sprechen. Im Übrigen bezweifelte Prof. Dr. Faltl-
hauser, dass dieser angestrebte Wert erreicht werde und
verwies insoweit auf die von der Bundesbank referierte und
gegenüber der Bundesregierung zurückhaltendere Wachs-
tumserwartung in Höhe von 0,6 %.
Aktuellen haushaltspolitischen Handlungsbedarf sah der
Bayerische Finanzminister genauso wenig wie der Bundes-
finanzminister. Auch er brachte erst nach der Steuerschät-
zung im November 2002 einen Nachtragshaushalt im Land-
tag ein.
Eine einvernehmliche Presseerklärung konnte in der Sit-
zung des Finanzplanungsrates nicht beschlossen werden.
Ungeachtet des im Arbeitskreis des Finanzplanungsrates
vorbereiteten Entwurfs machten einige Bundesländer stark
abweichende wirtschafts- und finanzpolitische Einschätzun-
gen deutlich, die eine konsensuale Beschlussfassung nicht
zugelassen hätten.
In seiner Pressemitteilung vom 12. Juni 2002 blieb das
BMF bei seiner in der Sitzung vorgetragenen Einschätzung
der gesamtwirtschaftlichen Ausgangslage. Gleichzeitig
wies es darauf hin, dass es für die im Frühjahr vereinbarte
Begrenzung der jährlichen Ausgabenzuwächse bei Bund,
Ländern und Gemeinden erheblicher Anstrengungen be-
dürfe. Das Ergebnis der Steuerschätzung vom 16. Mai 2002,
wonach Bund, Länder und insbesondere die Gemeinden im
laufenden Jahr mit hohen Steuerausfällen rechnen müssten,
unterstreiche die Notwendigkeit dieser Ausgabenbegren-
zung.
Über die Ergebnisse der 96. Sitzung des Finanzplanungsra-
tes wurde der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundesta-
ges ausweislich des Protokolls Nr. 11 am 3. Juli 2002 unter-
richtet. Die Vorlage des BMF Nr. 101/02 der A-Drs. 3717
des Haushaltsausschusses war identisch mit der Vorlage für
die Sitzung des Finanzplanungsrates vom 12. Juni 2002.

2. Die Ergebnisse vom Mai 2002
a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten

Ausgaben im Mai 2002
Das Referat II C 1 unterrichtete Staatssekretär Dr. Overhaus
auf dem Dienstweg mit Vorlage vom 11. Juni 2002 auf der
Basis der Ergebnisse für die Monate Januar bis Mai 2002
über seine Einschätzung der Jahresausgaben für den Zu-

rd. 3 Mrd. € entfielen auf den Zuschuss für die BA
rd. 2 Mrd. € und für die Arbeitslosenhilfe Mehrausgaben
von rd. 1 Mrd. €. Gegenüber dem Vormonat bedeute dies ei-
nen Anstieg um rd. 1,2 Mrd. €.
In einer Einschätzung der Arbeitsmarktentwicklung im wei-
teren Jahresverlauf machte das Referat II C 1 darauf auf-
merksam, dass die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Mai
ein wichtiger Indikator sei, da erfahrungsgemäß in den
Sommermonaten aus saisonalen Gründen keine signifikan-
ten Veränderungen gegenüber der Vorjahresentwicklung zu
erwarten seien. Im Mai 2002 – so das Referat – habe sich
der Arbeitsmarkt wider Erwarten außergewöhnlich ungüns-
tig entwickelt. Seit 1993 sei in 2002 der schwächste Rück-
gang der Arbeitslosenzahl für den Monat Mai zu verzeich-
nen gewesen. Vor diesem Hintergrund hielt das Referat
selbst bei einem spürbaren Herbstaufschwung den Eckwert
der April-Schätzung der Bundesregierung mit 3,952 Mio.
Arbeitslosen schon jetzt für nicht mehr realisierbar. Viel-
mehr prognostizierte es einen Anstieg der Arbeitslosigkeit
im Jahresdurchschnitt auf etwa 4,022 Mio. für das Jahr 2002
und damit einen Anstieg der Arbeitslosenzahl um 70.000
gegenüber dem April-Eckwert der Bundesregierung und um
insgesamt 170.000 gegenüber dem Jahresdurchschnitt im
Vorjahr. Zugleich wies es darauf hin, dass damit der der
Haushaltsaufstellung 2002 zugrunde gelegte Eckwert vom
Oktober 2001 mit 3,893 Mio. Arbeitslosen „deutlich“ über-
schritten werde.
Einen über die Prognose hinausgehenden Mehrbedarf für
die Zuschüsse an die BA sowie die Arbeitslosenhilfe hielt
das Referat daher für nicht ausgeschlossen.
In dem Monatsbericht des BMF vom Juni 2002 (S. 14)
wurde veröffentlicht, dass der Bund für die Arbeitslosenver-
sicherung von Januar bis Mai 2002 bereits 5.075 Mio. €
ausgegeben habe, obwohl für das Gesamtjahr 2.000 Mio. €
vorgesehen sei. Dies sei ein Zuwachs gegenüber dem Vor-
jahreszeitraum von 12,9 %. Für die Arbeitslosenhilfe habe
der Bund bereits 5.781 Mio. € (Soll 2002: 13.000 Mio. €)
ausgegeben, welches einen Zuwachs von 12,5 % bedeute.

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen
im Mai 2002

Der monatliche Steuerbericht des Referats I A 6 vom
20. Juni 2002 für den Minister, den dieser am 24. Juni 2002
abzeichnete, verzeichnete für den Mai 2002 einen Anstieg
der Steuereinnahmen insgesamt in Höhe von 1,6 % gegen-
über dem Ergebnis vom Mai 2001 (Dokument Nr. 21). Wäh-
rend die gemeinschaftlichen Steuern um +1,4 % und die rei-
nen Bundessteuern um +4,8% zulegten, gingen die reinen
Ländersteuern um -5,9 % zurück. Die kumulierte Verände-
rungsrate Januar bis Mai 2002 für das Gesamtsteueraufkom-
men stieg im Vergleich zum Vormonat (-4,9 %) auf -3,6 %
an, lag jedoch dennoch unter der von den Steuerschätzern
im Mai angenommenen Zunahme von 2,1 %. Auch die
Steuereinnahmen des Bundes stiegen im Mai 2002 gegen-
über dem Vorjahr um 1,7 % an. Damit verbesserte sich die
kumulierte Veränderungsrate Januar bis Mai 2002 zwar wei-
ter auf -4,1 %, blieb allerdings ebenfalls „deutlich“ unter der
für das Gesamtjahr prognostizierten Zunahme von 1,3 %.
schuss an die BA sowie für die Arbeitslosenhilfe (Dokument
Nr. 20). Von dem prognostizierten Mehrbedarf in Höhe von

Diese Zahlen wurden vollständig im Monatsbericht des
BMF vom Monat Juni 2002 (S. 19) veröffentlicht.

Drucksache 15/2100 – 62 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Das Referat I A 6 wies darauf hin, dass dieses vergleichs-
weise positive Aufkommensergebnis im Mai 2002 vor dem
Hintergrund der schwachen Vorjahresbasis 2001 zu sehen
sei. Zwar entwickelten sich die Veranlagungssteuern gegen-
über dem Vorjahr deutlich positiver, allerdings sei der Mai
als Nachzahlungsmonat im Hinblick auf das Gesamtjahres-
aufkommen vergleichsweise unbedeutend. Entscheidend
würden dagegen die Aufkommensergebnisse in den übrigen
drei Vorauszahlungsmonaten Juni, September und Dezem-
ber sein. Auch wies das Referat darauf hin, dass die Steuern
vom Umsatz aufgrund des immer noch zurückhaltenden
Konsumverhaltens der Verbraucher weiter rückläufig seien.
Der Zeuge Prof. Dr. Remsperger hat in seiner Vernehmung
erklärt, zwar habe die Höhe des Steueraufkommens im Mai
vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Mai-Steuerschät-
zung enttäuscht, da es sich aber um einen sog. „kleinen“
Steuermonat gehandelt habe, sei dies aus Sicht der Bundes-
bank kein Anlass zu einer grundlegenden Neueinschät-
zung gewesen (7. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Remsperger,
S. 59).
c) Die Prognose des Referats II A 2 für die

weitere Entwicklung des Bundeshaushalts
2002 auf der Basis der Mai-Ergebnisse

Unter Hinweis auf die aktuelle Einschätzung des Arbeits-
marktes durch das Referat II C 1 kam das Grundsatzreferat
II A 2 in seiner monatlichen schriftlichen Prognose vom
25. Juni 2002 für den Abteilungsleiter II zu dem Ergebnis,
dass die Entwicklung des Bundeshaushalts einer weiteren
Verschlechterung unterliege, die vornehmlich auf die feh-
lende konjunkturelle Dynamik zurückzuführen sei (Doku-
ment Nr. 22). Die Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt be-
deuteten eine Mehrbelastung in Höhe von ca. 3 Mrd. €.
Zudem bestünden Risiken bei den Privatisierungserlösen.
Auf der Grundlage der Mai-Ergebnisse errechnete das Refe-
rat daher einen voraussichtlichen Anstieg der Nettokredit-
aufnahme im Jahresergebnis von rechnerisch 21,1 Mrd. € auf
28,1 Mrd. €. Dies bedeutete eine Überschreitung des Kredit-
limits um 7 Mrd. € und einen Anstieg gegenüber der Schät-
zung vom Vormonat um ca. 1,5 Mrd. €.
Zur Entwicklung des Bundeshaushalts wurde im Juni-Heft
der Monatsberichte des BMF dargestellt, dass sich auf-
grund der bisherigen Einnahmen und Ausgaben ein Finan-
zierungssaldo von -30.937 Mio. € gegenüber -24.503 Mio. €
im Vorjahreszeitraum ergebe (Seite 13).
3. Die Ergebnisse vom Juni 2002
a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten

Ausgaben im Juni 2002
Mit Vorlage vom 12. Juli 2002 unterrichtete das Referat
II C 1 Staatssekretär Dr. Overhaus über seine aktualisierte
Hochrechnung zum Finanzbedarf für die Arbeitslosenhilfe
und den Zuschuss an die BA (Dokument Nr. 23). Die nega-
tive Entwicklung mache eine Korrektur der bisherigen Ar-
beitsmarkt- und Finanzeinschätzung notwendig. Im Gegen-
satz zu der Vormonatsschätzung rechnete das Referat
nunmehr mit einer Zunahme der jahresdurchschnittlichen
Arbeitslosenzahl gegenüber dem Vorjahr um rd. 206.000
Arbeitslose. Aufgrund der Entwicklung zeichne sich nun-

ben von rd. 1,3 Mrd. € ab. Die arbeitsmarktbedingten Mehr-
ausgaben erhöhten sich damit gegenüber der Sollvorgabe
für das Jahr 2002 um insgesamt 3,7 Mrd. €.
Die Ist-Zahlen wurden im Monatsbericht des BMF für den
Monat Juli 2002 veröffentlicht (S. 15).
In den Erläuterungen führte das Referat aus, im Juni sei der
für diesen Monat übliche Rückgang der Arbeitslosigkeit
entgegen den Erwartungen nicht eingetreten. Vielmehr habe
sich die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 1993 in einem
Monat Juni wieder erhöht. Zudem habe sich die Zahl der Er-
werbstätigen saisonbereinigt um rd. 6.000 weiter verringert.
In seiner abschließenden Einschätzung für den weiteren
Jahresverlauf kam das Referat zu dem Ergebnis, dass die
Entwicklung im Vergleich zu den entsprechenden Vorjah-
resmonaten als „Einbruch“ am Arbeitsmarkt zu bewerten
sei. Zumindest in den Sommermonaten rechnete das Referat
noch mit einer Fortsetzung dieser negativen Entwicklung.
Unter der Annahme eines leichten Aufschwungs im Herbst
prognostizierte das Referat II C 1 für 2002 insgesamt einen
Anstieg der jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenzahl um
rd. 206.000 gegenüber dem Vorjahr. Gegenüber der Vormo-
natsschätzung bedeute dies eine weitere Verschlechterung
der jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenzahl um rd. 36.000
Arbeitslose, der aktuelle Eckwert der Bundesregierung vom
April (jahresdurchschnittlich 3,952 Mio.) werde um rd.
106.000 Arbeitslose verfehlt.

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen im
Juni 2002 und das Ergebnis der Steuer-
einnahmen des 1. Halbjahres 2002

In der Vorlage an den Minister vom 10. Juli 2002 gab das
Referat I A 6 einen Vorbericht zu den Steuereinnahmen des
Bundes und der Länder im Juni 2002 ab (Dokument Nr. 24).
Das Papier, das von Bundesminister Eichel am 17. Juli 2002
abgezeichnet wurde, unterrichtete über ein „ausgesprochen
schwaches Steueraufkommen“ für den abgelaufenen Monat.
Ausschlaggebend hierfür seien ein in dieser Höhe nicht er-
warteter „Einbruch“ bei der Körperschaftsteuer im Voraus-
zahlungsmonat Juni und weiterhin schwache Einnahmen bei
den Steuern vom Umsatz gewesen. Aufgrund der starken
Rückgänge – so berichtete das Referat – lägen die Steuer-
einnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteuern) im Juni um
-10,8 % unter dem Ergebnis des Juni 2001. Sowohl bei den
gemeinschaftlichen Steuern (-13,1%) als auch bei den rei-
nen Ländersteuern (-6,4 %) waren starke Rückgänge zu ver-
zeichnen. Die Einnahmen aus den reinen Bundessteuern sta-
gnierten (+0,7%). Die kumulierte Veränderungsrate Januar
bis Juni 2002 für die Steuereinnahmen insgesamt habe sich
mit -5,2 % weiter von dem in der Steuerschätzung Mai 2002
für das Gesamtjahr prognostizierten Zuwachs von +2,1 %
entfernt. Die Steuereinnahmen des Bundes seien im Juni
2002 um -12,8 % hinter dem Vorjahresergebnis zurückge-
blieben. Die kumulierte Veränderungsrate Januar bis Juni
für die Steuereinnahmen des Bundes liege damit bei -6,0 %.
Diese Zahlen wurden am 25. Juli 2002 im Monatsbericht des
BMF für den Monat Juli 2002 veröffentlicht, wobei die Ent-
wicklung der Körperschaftsteuer besonders angesprochen
wurde, bei der es einen Einbruch um 76,3 % gegeben habe.
Wenige Tage später, mit Vorlage vom 17. Juli 2002, unter-
mehr ein Mehrbedarf beim Zuschuss für die BA in Höhe
von rd. 2,4 Mrd. € und für die Arbeitslosenhilfe Mehrausga-

richtete das Referat I A 6 Bundesminister Eichel über seine
Einschätzung der Entwicklung des Steueraufkommens in

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63 – Drucksache 15/2100

den Jahren 2002 und 2003 (Dokument Nr. 25). Auf der
Basis der Steuereinnahmen des ersten Halbjahres 2002 sei
– so das Referat – eine Neueinschätzung der für das Ge-
samtjahr 2002 zu erwartenden Steuereinnahmen vorgenom-
men worden. Die gesamtwirtschaftlichen Annahmen, die
der Mai-Schätzung zu Grunde gelegen hatten, seien dabei
unverändert übernommen worden, d. h. für das zweite Halb-
jahr 2002 sei eine deutliche Wachstumsbeschleunigung un-
terstellt worden. Nach derzeitigem Kenntnisstand kam das
Referat in der Restschätzung der Steuereinnahmen für das
Jahr 2002 zu Mindereinnahmen im Vergleich zur Mai-
Schätzung in einer Größenordnung von rd. -10 Mrd. € für
alle Ebenen. Darauf entfielen für den Bund einerseits sowie
für die Länder und Gemeinden andererseits jeweils -5 Mrd. €.
Als wesentlichen Grund für diese Entwicklung nannte das
Referat auch hier insbesondere den starken Rückgang der
Körperschaftsteuer und der Steuern vom Umsatz. Bereits
der erste Vorauszahlungstermin für die Körperschaftsteuer
im März 2002 sei infolge nachträglich nach unten angepass-
ter Vorauszahlungen schwach ausgefallen. Diese Entwick-
lung habe man bereits entsprechend bei der Steuerschätzung
im Mai berücksichtigt. Im Juni 2002, dem zweiten Voraus-
zahlungstermin des Jahres 2002, seien die Vorauszahlungen
jedoch unerwartet stark eingebrochen. Die schwache Ent-
wicklung bei der Körperschaftsteuer ließ das Referat im Üb-
rigen annehmen, dass infolge der ungünstigen Gewinnsitua-
tion auch bei der Gewerbesteuer mit Einbußen zu rechnen
sei. Die Höhe des Einbruchs bei der Körperschaftsteuer durch
nach unten angepasste Vorauszahlungen im ersten Halbjahr
veranschlagte das Referat mit insgesamt rd. -6 Mrd. €; für
den ebenfalls starken Rückgang beim Umsatzsteueraufkom-
men, der auf den schwachen privaten Verbrauch im ersten
Halbjahr zurückzuführen sei, errechnete das Referat ein
Minus von insgesamt etwa 3 Mrd. €.
Der Zeuge Dr. Schoof hat in seiner Vernehmung erklärt, das
Juni-Ergebnis sei zwar hinter den Erwartungen zurückge-
blieben. Auch sei das, was im Juni gegenüber der Schätzung
vom Mai gefehlt habe, nicht mehr einzubringen gewesen.
Dies hätte aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass sich dieser
Trend an den weiteren Steuerterminen so fortsetzen werde.
Insbesondere habe man nach der Analyse des schlechten
Juni-Ergebnisses beim Körperschaftsteueraufkommen mit
einer Verbesserung in den folgenden „großen“ Vorauszah-
lungsmonaten September und Dezember gerechnet (7. Sit-
zung, Protokoll Dr. Schoof, S. 96).
Der Zeuge Prof. Dr. Remsperger hat ausgeführt, die Ent-
wicklung der Einnahmenseite insgesamt, insbesondere aber
der starke Einbruch bei der Körperschaftsteuer, sei schließ-
lich auch für die Bundesbank überraschend gewesen (7. Sit-
zung, Protokoll Prof. Dr. Remsperger, S. 64). Ähnlich äu-
ßerte sich auch der Sachverständige Dr. Horn vom DIW in
Berlin. Er hat angegeben, auch das DIW habe erwartet, dass
die Unternehmen die deutliche Senkung der Steuersätze erst
im Laufe der zur Verfügung stehenden 15 Jahre ausnützen
würden, um ihre Steuerlast zu vermindern. In der Vergan-
genheit hätten die Unternehmen bei ähnlichen Reformen ei-
nen solchen Zeitraum auch genutzt und die steuerlichen
Möglichkeiten peu à peu in Anspruch genommen. Dies sei

c) Die Prognose des Referats II A 2 für die
weitere Entwicklung des Bundeshaushalts
2002 auf der Basis der Juni-Ergebnisse

Die Prognose des Referats II A 2 hinsichtlich der Entwick-
lung des Bundeshaushalts 2002 auf der Grundlage der Juni-
Ergebnisse, über die das Referat den Abteilungsleiter II mit
Vorlage vom 17. Juli 2002 informierte, kam zu dem Ergebnis,
dass sowohl die Ausgaben- als auch die Einnahmeseite zu-
nehmend ungünstiger zu beurteilen seien (Dokument Nr. 26).
Die vom Referat II C 1 errechnete Anpassung der jahres-
durchschnittlichen Arbeitslosenzahl auf nunmehr 4,06 Mio.
Arbeitslose sowie eine vorübergehende Ausweitung der
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den neuen Ländern be-
dingten eine zusätzliche Belastung für den Bundeshaushalt in
Höhe von 2,4 Mrd. € für den Zuschuss an die Bundesanstalt
für Arbeit sowie in Höhe von 1,3 Mrd. € für die Arbeitslosen-
hilfe. Diese Belastungen könnten durch Minderausgaben an
anderer Stelle nicht hinreichend kompensiert werden. Insge-
samt lägen damit die Ausgaben nach derzeitigem Stand um
rd. 3,9 Mrd. € über dem Sollansatz des Haushalts.
Bei den Steuereinnahmen summierten sich nach der Mai-
Prognose des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ die Min-
dereinnahmen für den Bundeshaushalt in Höhe von
2,8 Mrd. € mit dem vom Referat I A 6 auf der Basis der
Juni-Ergebnisse errechneten zusätzlichen Rückgang des
Steueraufkommens für den Bund in Höhe von rd. 5 Mrd. €
auf insgesamt 7,8 Mrd. € für den Bundeshaushalt.
In seiner Gesamtbewertung ging das Referat daher von einer
sich zunehmend verschlechternden Einschätzung des Haus-
haltsverlaufs aus. Ursache bleibe die fehlende konjunkturelle
Dynamik, deren Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt und
auf das Steueraufkommen ein zunehmendes Haushaltsrisiko
bedeuteten. Insgesamt steige daher im Jahresergebnis die
Nettokreditaufnahme rechnerisch von 21,1 Mrd. € auf
33,1 Mrd. € an. Dies sei gegenüber dem Vormonat eine Stei-
gerung um 5 Mrd. € und gegenüber dem im Bundeshaushalt
2002 vorgesehenen Defizit eine Steigerung um rd. 12 Mrd. €.

d) Veröffentlichung im Monatsbericht des
Bundesministeriums der Finanzen und
Presseerklärung zu den Steuerein-
nahmen des 1. Halbjahres 2002

Die negative Entwicklung der Steuereinnahmen im Juni so-
wie im ersten Halbjahr 2002 insgesamt wurde für die Öf-
fentlichkeit im Monatsbericht Juli des BMF dokumentiert
(S. 14 und 20 des Berichts). Es finden sich dort – unterschie-
den nach Steuereinnahmen insgesamt und Steuereinnahmen
des Bundes – Angaben sowohl über den prozentualen Rück-
gang gegenüber dem Vorjahreszeitraum als auch ein Ver-
gleich der kumulierten Veränderungsrate mit dem für das
Gesamtjahr 2002 durch den Schätzerkreis im Mai prog-
nostizierten Zuwachs. Auch auf den Rückgang der Einnah-
men bei der Körperschaftsteuer um 76,3 % gegenüber dem
Vorjahr und die rückläufige Entwicklung der Umsatzsteuer
wurde hingewiesen. Schließlich wurde die Entwicklung der
Steuereinnahmen des öffentlichen Gesamthaushalts im lau-
fenden Jahr (ohne Gemeindesteuern) anhand der vorläufi-
gen Ergebnisse in einer tabellarischen Übersicht dargestellt
jedoch im Jahr 2002 anders gewesen (5. Sitzung, Protokoll
Sachverständigenanhörung, S. 11).

(Dokument Nr. 27).
Zur finanzwirtschaftlichen Lage heißt es dort wörtlich:

Drucksache 15/2100 – 64 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

„Finanzwirtschaftliche Lage
Die konjunkturelle Entwicklung spiegelt sich im Ergeb-
nis des Bundeshaushalts für das erste Halbjahr 2002
wider. Die Ausgaben überschreiten mit 126,7 Mrd. €
das Vorjahresergebnis (122,3 Mrd. €) um 4,4 Mrd. €
(+ 3,6 %). Die Steigerung des Ausgabevolumens ist vor-
nehmlich auf die Finanzierung der sozialen Sicherung
und höhere Zinsausgaben zurückzuführen.
Die Einnahmeentwicklung ist durch ein schwächeres
Steueraufkommen gekennzeichnet. Wurden im ersten
Halbjahr 2001 noch 87,1 Mrd. € erzielt, liegen die Steu-
ereinnahmen des Bundes nunmehr bei 81,6 Mrd. €; dies
entspricht einem Rückgang von 6,4 % (- 5,5 Mrd. €)...“

Es folgt nachstehende Tabelle:
„Entwicklung des Bundeshaushalts

1) Buchungsergebnisse

Zur Veröffentlichung der Steuereinnahmen für das erste
Halbjahr im Monatsbericht des Ministeriums gab Bundesfi-
nanzminister Hans Eichel am 25. Juli 2002 eine Presse-
erklärung ab. Darin heißt es:

„Die Aufkommensentwicklung im ersten Halbjahr 2002
spiegelt erwartungsgemäß noch konjunkturelle Schwä-
chen des Vorjahres wieder. Der Steuerschätzung vom
Frühjahr liegt die Annahme einer kräftigen gesamtwirt-
schaftlichen Belebung im zweiten Halbjahr 2002 und da-
mit auch deutlicher Steuermehreinnahmen im zweiten
Halbjahr zugrunde. Es gibt aus heutiger Sicht keine Ver-
anlassung, von dieser Annahme abzurücken. Für ein
verlässliches Urteil darüber, ob die Ansätze der Steuer-
schätzung erreicht würden, bilden die Zahlen für das erste
Halbjahr deshalb keine ausreichende Grundlage. Eine
Aktualisierung der Steuerschätzung erfolgt im Herbst.
Die jetzt vorliegenden Zahlen bestätigen jedoch ein-
deutig die Notwendigkeit, den Konsolidierungskurs wie
beschlossen beizubehalten. Die einzige Antwort auf kon-
junkturell bedingte Steuerausfälle ist ein klarer finanzpo-
litischer Kurs.

senkungen – wie von der Opposition gefordert – ist kein
Raum. Die Bundesregierung wird daher weiter an ihrer
strikten Ausgabendisziplin festhalten.
Die Steuereinnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteu-
ern) lagen im Juni 2002 um -10,8 % unter dem Ergebnis
des Juni 2001. Sowohl bei den gemeinschaftlichen
Steuern (-13,1 %) als auch bei den reinen Ländersteu-
ern (-6,4 %) waren Rückgänge zu verzeichnen. Die Ein-
nahmen aus den reinen Bundessteuern sind im Vorjah-
resvergleich (+ 0,7 %) stabil.“

e) Bewertung der Steuereinnahmen und der
Entwicklung des Bundeshaushalts durch
das Bundesfinanzministerium

Zusammen mit Bundesminister Eichel diskutierte das Lei-
tungskollegium im BMF auf der Grundlage des Vermerks
des Zeugen Dr. Schoof vom 17. Juni 2002 über die vorlie-
genden Steuereinnahmen für den Monat Juni. Im Ergebnis
wertete das Kollegium diese Daten als eine Momentauf-
nahme mit einer großen Unschärfe. Zwar wurden die Zah-
len als „brisant“ eingeschätzt. Da der Steuermonat Juni nach
Einschätzung des Kollegiums im BMF jedoch ein einzelner,
relativ unbedeutender Steuermonat sei, zog die Führung des
BMF aus den Juni-Zahlen keine weitreichenden Schlüsse
(siehe dazu auch Zweiter Teil B. VII. 2 b), S. 62, Ref. I A 6).
Was die Zahlen für das Kollegium als wenig aussagekräftig
erscheinen ließ, war der Umstand, dass der Steuereinbruch
im Wesentlichen auf dem schwachen Körperschaftsteuer-
ergebnis beruhte (-76,3 %), welches wegen der Gestaltungs-
möglichkeiten der Steuerpflichtigen einen Trend abzuleiten
nicht zuließ. Der zuständige Staatssekretär, der Zeuge
Dr. Overhaus, riet, sowohl diese Zahlen, als auch die vom
Referat befürchtete weitere Entwicklung nicht überzube-
werten. Die in der Mai-Steuerschätzung prognostizierte Ent-
wicklung sei durchaus noch zu erreichen. Entscheidend sei,
was der bedeutsame Steuermonat September bringe.
Zu dem Rückgang der Steuereinnahmen im Juni 2002 und
der negativen Einschätzung des Grundsatzreferats für Haus-
haltsführung II A 2 zu der weiteren Haushaltsentwicklung
befragt, hat der Zeuge Staatssekretär Dr. Overhaus in seiner
Vernehmung erklärt, die Meldung über die verminderten
Steuereinnahmen in Höhe von 5 Mrd. € für den Bund und
von 10 Mrd. € für den öffentlichen Gesamthaushalt sei „ei-
gentlich eine „Bombe“ gewesen (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 10). Er räumte zugleich ein, diese Zahl
„schon als alarmierend“ empfunden zu haben (7. Sitzung,
Protokoll Dr. Overhaus, S. 29); die „Alarmlampen“ hätten
aufgrund dieser Information geleuchtet (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 30). Es habe allerdings die Frage gegeben,
„ob diese Zahl als unabänderlich, als fest und als sicher an-
gesehen werden musste“. Seiner Einschätzung nach habe
diese Zahl „unter keinen Umständen zu diesem Zeitpunkt
akzeptiert werden (können)“, denn er habe damals keinerlei
Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Eckwerte erken-
nen können. Auch die Wirtschaftsforschungsinstitute hätten
keine Veränderung vorgenommen, es habe dazu überhaupt
kein Signal gegeben (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus,
S. 10). Aus diesem Grund habe man zu diesem Zeitpunkt
auch nicht die Notwendigkeit gesehen, die Öffentlichkeit
und das Parlament über die Einschätzung des Referats I A 6
zu informieren (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 36).

Soll 2002
Ist-Ent-

wicklung1)
Januar bis
Juni 2002

Ausgaben (Mrd. €)
Veränderung gegenüber Vorjahr in %

247,5
1,8

126,7
3,6

Einnahmen (Mrd. €)
Veränderung gegenüber Vorjahr in %

223,8
1,6

93,0
-5,5

Steuereinnahmen (Mrd. €)
Veränderung gegenüber Vorjahr in %

199,2
2,8

81,6
- 6,4

Finanzierungssaldo (Mrd. €)
Kassenmäßiger Fehlbetrag (Mrd. €)
Bereinigung um Münzeinnahmen (Mrd. €)

-23,7


-2,7
-33,6
-18,7
-0,1

Nettokreditaufnahme (Mrd. €) -21,1 -14,8
Dazu gehören die bereits beschlossenen Steuersenkun-
gen in den Jahren 2003 und 2005. Für weitere Steuer-

Erst im September habe das Institut für Weltwirtschaft seine
gesamtwirtschaftliche Prognose ganz erheblich auf nur noch

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 65 – Drucksache 15/2100

0,4 % Anstieg des realen BIP abgesenkt und eine Warnung
ausgesprochen (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 30).
Zudem hat der Zeuge Dr. Overhaus in seiner Vernehmung
auf die Erfahrungen der vergangenen Jahre verwiesen und
erklärt, für eine Reihe von Jahren habe man im Ministerium
die Schätzungen zur Jahresmitte mit dem verglichen, was
zum Ende des Jahres herausgekommen sei. Dabei sei es
durchaus nicht so gewesen, dass diese Schätzungen immer
stabil, richtig und fest gewesen seien. Bei dem Blick auf die
Situation am Jahresende müsse man auch einbeziehen, dass
die jeweils nach bestem Wissen erfolgte Einschätzung der
Fachleute auf Arbeitsebene sich von Monat zu Monat schon
aufgrund der neuen Ist-Zahlen ändere und keineswegs kon-
stant sei. Dies sei auch durch die Unsicherheit von Progno-
sen und Schätzungen bedingt. Daher seien auch die Fachre-
ferate selbst durchaus nicht der Auffassung, dass ihre
Meldungen und Einschätzungen absolut fest, sicher und klar
seien (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 50). Dr. Over-
haus bezeichnete es als seine Aufgabe zu überlegen, welche
Einschätzungen durch die Fachleute sich in den folgenden
Monaten ergeben könnten, denn ihm komme es nicht nur
auf die Einschätzung zu einem bestimmten Zeitpunkt und
eine sich hieraus ergebende mechanistische Ableitung für
die Situation am Jahresende an (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 28).
Zur weiteren näheren Begründung seiner Einschätzung der
Lage im Juli führte Dr. Overhaus aus:

„Es hat zu diesem Zeitpunkt Meinungen im Haus gege-
ben, dass die Steuereinnahmen so schlecht kommen. Im
Nachhinein wissen wir, dass diese Annahme zu diesem
Zeitpunkt außerordentlich gut war. Aber zum damaligen
Zeitpunkt konnte man vernünftigerweise nicht davon
ausgehen – ich jedenfalls würde das so scharf formulie-
ren wollen –, dass das so richtig ist; denn dieselben Leute
haben zwei Monate vorher etwas völlig Anderes gesagt.
Nur ein einziger Steuermonat konnte nicht rechtfertigen,
dass man daraus politische Handlungen ableitet. Deswe-
gen halte ich es für absolut richtig zu sagen: Lasst uns
einmal abwarten. Das ist nichts, worauf wir bauen kön-
nen.“ (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 15)

Diese Haltung habe er auch gegenüber Bundesfinanzminis-
ter Eichel vertreten (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus,
S. 10, 16) und diesem geraten, zunächst die Ergebnisse des
wichtigen Steuermonats September abzuwarten und die
Schätzung der Abteilung I für die Haushaltsplanung nicht
als verbindlich anzusehen. Denn, so Dr. Overhaus vor dem
Ausschuss, der Monat September hätte ebenso wie der Mo-
nat Juni eine Überraschung bringen können, jedoch mit an-
derem Vorzeichen (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus,
S. 29).
Erst im Laufe der nächsten Monate habe sich die Einschät-
zung des Referats I A 6 mehr und mehr erhärtet. Dennoch
habe er die Zahlen des Referats nicht als absolute Wahrheit
akzeptiert, wenngleich natürlich die Chancen, dass die Steu-
erschätzung vom Mai noch erreicht werden konnte, kleiner
geworden seien. Erst nach Kenntnis der Steuerergebnisse
vom September, die im Oktober vorgelegen hätten, sei ihm
klar geworden, dass die Einschätzung des Referats I A 6

An die Prognose des Referats II A 2 vom 17. Juli 2002 für
die weitere Entwicklung des Bundeshaushalts erinnerte sich
Staatssekretär Dr. Overhaus und erklärte, über deren Inhalt
mit dem Minister gesprochen zu haben, so dass er sicher sa-
gen könne, dass der Minister die dort enthaltenen Informati-
onen erhalten habe.
Bundesfinanzminister Eichel bestätigte gegenüber dem
Ausschuss, die Vorlage des Referats I A 6 über die Steuer-
ausfälle im Juni erhalten zu haben. Auch der Inhalt der Vor-
lage des Referats II A 2 sei ihm bekannt gewesen (8. Sit-
zung, Protokoll BM Eichel, S. 7 f., 19, 25 f.). In seiner
Vernehmung hat Bundesminister Eichel erklärt, seiner Erin-
nerung nach sei über diese Entwicklung sehr zeitnah im
Kollegium gesprochen worden (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 19). Es habe sich bei diesen Vorlagen aus den
Fachreferaten um Warnsignale gehandelt, die von der Lei-
tung auch als solche wahrgenommen worden seien
(8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 41). Die Einschätzung
von Staatssekretär Dr. Overhaus, dass sich die Entwicklung
im Jahresverlauf bessern könne, hätten jedoch alle Mitglie-
der des Kollegiums geteilt. Er – Eichel – habe dann auf der
Basis der einhelligen Ratschläge der zuständigen Staatssek-
retäre entschieden, zunächst die Steuereinnahmen des Mo-
nats September abzuwarten, um ein definitives Bild zu ge-
winnen. Es sei aus seiner Sicht fahrlässig gewesen, auf der
Basis einer Schätzung im Juli bereits so frühzeitig Maßnah-
men zu ergreifen (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 19).
Bundesminister Eichel hat weiter erklärt, der Minister bilde
die Meinung des Hauses, nicht die Vorlage einzelner Refe-
ratsleiter. Das BMF sei ein hervorragendes Haus mit hervor-
ragenden Leuten, deren Aufgabe es sei, die Situation zu be-
obachten und auf dieser Basis ihre Risikoeinschätzung
vorzunehmen. Die Aufgabe der Leitung des Hauses, d. h.
Abteilungsleiter, Staatssekretäre und Minister, sei es hinge-
gen, auf der Basis der Arbeiten der Fachreferate zu einer
Bewertung zu kommen. Die Diskussion über die Vorlagen
von I A 6 und II A 2 im Leitungsbereich und der Vorschlag
des zuständigen Staatssekretärs Dr. Overhaus, an dessen
Sachverstand nicht zu zweifeln sei, habe zu einer anderen
Bewertung geführt und diese Bewertung habe er aufgegrif-
fen. Er habe jede andere Bewertung zu diesem Zeitpunkt
und mit anderen Konsequenzen für nicht verantwortbar ge-
halten (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 26, 28).
Bundesfinanzminister Eichel hat sich auch gegen die Dar-
stellung gewandt, dass die Einschätzung der voraussichtli-
chen Steuereinnahmen für das Jahr 2002 durch das Referat
I A 6 vom 17. Juli 2002 das Jahresergebnis genau getroffen
habe. Der weitere Jahresverlauf habe gezeigt, dass diese
Neueinschätzung des voraussichtlichen Steueraufkommens
auf Basis der aktuellen Körperschaftsteuerergebnisse zwar
ein berechtigter Ansatz gewesen sei, sich letztlich jedoch so
nicht bestätigt habe, weil das Ergebnis sowohl bei der Steu-
erschätzung im November als auch im Jahresergebnis güns-
tiger ausgefallen sei. Dies rechtfertige nachträglich noch
den damals vorsichtigen Umgang mit diesen Daten (8. Sit-
zung, Protokoll BM Eichel, S. 27). Wie pessimistisch die Ein-
schätzung des Referats I A 6 gewesen sei, zeige schließlich
auch der Umstand, dass im Ergebnis mit einem wesentlich
geringeren tatsächlichen Wachstum, nämlich 0,2 %, als vom
Referat I A 6 im Juli für die zweite Jahreshälfte unterstellt
worden sei (¾ %), letztlich höhere Steuereinnahmen erzielt
vom Juli sich bewahrheiten werde (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 31).

worden seien als in der Vorlage prognostiziert. Dies bedeute,
dass beim Steueraufkommen eine deutliche – positive –

grund der Warnungen aus seinem Haus Mitte Juli den ge-
samten Sommer über immer gesagt, dass „wir uns da nichts
leisten können“. Im Kabinett sei dies fast stetige Rede ge-
wesen – mit allem Ärger, den diese Haltung für ihn mit sich
gebracht habe (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 25). Über
die Einschätzung des Referats I A 6 hinsichtlich möglicher
Steuerausfälle in Höhe von rd. 10 Mrd. € für den öffentli-
chen Gesamthaushalt im Jahr 2002 sowie über die Prognose
des Referats II A 2 hinsichtlich eines möglichen Anstiegs
der Nettokreditaufnahme auf rd. 33 Mrd. € habe er im Juli
2002 allerdings nicht mit dem Bundeskanzler gesprochen
(8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 45, 52). Ihm sei zudem
auch nicht bekannt, dass jemand anderes aus dem Haus auf
einer unteren Ebene das Kanzleramt informiert hätte. Nach
dem Ergebnis der Besprechungen im Kollegium des BMF
und der von ihm getroffenen Entscheidung, die weitere Ent-
wicklung bis zum Eingang der Steuerergebnisse vom Sep-
tember abzuwarten, habe hierzu aber auch keine Veranlas-
sung bestanden (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 54).

gebnis der Schätzung des Arbeitskreises „Steuerschätzun-
gen“ vom 14. bis 16. Mai 2002 unter Berücksichtigung von
durch den Arbeitskreis noch nicht berücksichtigten, da noch
nicht in Kraft getretenen Steuerrechtsänderungen. Vom Ar-
beitskreis „Steuerschätzungen“ waren für den Bund Steuer-
einnahmen für 2003 in Höhe von 205,0 Mrd. € geschätzt
worden. In dem mit dem Haushaltsentwurf übermittelten
Finanzplan des Bundes 2002 bis 2006 (Drs. 14/9751) werden
als Auswirkungen von geplanten Steuerrechtsänderungen für
das Jahr 2003 mit 300 Mio. € in Abzug gebracht (S. 68). Ne-
ben den für 2003 erwarteten Steuereinnahmen für 2003 wur-
den in dem Finanzplan angegeben der Soll-Ansatz für das
Jahr 2002 (196,4 Mrd. €).
Die Übernahme der Ergebnisse der vorangegangenen Mai-
Steuerschätzung in den Haushaltsentwurf der Bundesregie-
rung und der Vergleich mit dem Soll-Ansatz des laufenden
Jahres entspricht der langjährigen Staatspraxis.
Im Vorjahr geschätzte und in den Regierungsentwurf eines Bundeshaushalts eingestellte Steuereinnahmen

in Mio. DM (2002: Mio. €)

1) BMF

Haushaltsjahr Mai-Steuerschätzung (im Vorjahr)1)
Auswirkungen von

Steuerrechtsänderungen2)
Steuereinnahmen laut
Regierungsentwurf3)

1992 340.300 -2.400 337.927
1993 367.900 -400 367.497
1994 366.000 -7.700 377.903
1995 375.500 2.100 377.546
1996 393.300 -32.000 361.345
1997 349.100 1.300 350.325
1998 348.400 -800 347.644
1999 364.500 300 364.767
2000 384.100 3.800 387.928
2001 405.700 -22.600 383.050
2002 204.108 100 204.241
Drucksache 15/2100 – 66 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Abkoppelung von der wirtschaftlichen Entwicklung stattge-
funden habe. Wäre im zweiten Halbjahr 2002 das Wirt-
schaftswachstum wie vom Referat I A 6 im Juli unterstellt
verlaufen, so hätte das tatsächliche Steueraufkommen deut-
lich höher gelegen als vorausgesagt (8. Sitzung, Protokoll
BM Eichel, S. 27).
Weder im Bundeskabinett noch in Gesprächen zwischen
dem Bundesfinanzminister und dem Bundeskanzler spielten
nach Aussage von Bundesminister Eichel und Staatssekretär
Dr. Steinmeier einzelne Referentenvermerke mit Hochrech-
nungen zu den Bundesfinanzen eine Rolle. Der Bundesfi-
nanzminister habe jedoch gegenüber dem Bundeskanzler
und den Kabinettskollegen sowie gegenüber seiner Fraktion
immer betont, dass mit Rücksicht auf die angespannte Fi-
nanzlage für zusätzliche Ausgaben kein Spielraum bestehe.
Auf die Frage, ob er den Bundeskanzler über seine Bewer-
tung im Hinblick auf die gesunkenen Steuereinnahmen im
Juni und das Abwarten der Steuerergebnisse im September
unterrichtet habe, hat Bundesminister Eichel erklärt, sowohl
in der Fraktion als auch im Kabinett habe er vor dem Hinter-

Dies bestätigte Bundeskanzler Schröder in seiner Verneh-
mung vor dem Ausschuss (31. Sitzung, Protokoll BK Schrö-
der, S. 17). Auch Staatssekretär Dr. Steinmeier bekundete
vor dem Ausschuss, dass der Bundeskanzler zwar Kenntnis
von einem Einbruch der Steuereinnahmen hatte, Vermerke
einzelner Beamter aus den Fachressorts für den Bundes-
kanzler aber keine Rolle spielen könnten.

VIII. Die Vorlage des Regierungsentwurfs für den
Bundeshaushalt 2003

Mit Schreiben vom 16. August 2002 übermittelte der Bun-
deskanzler dem Deutschen Bundestag den Entwurf eines Ge-
setzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für
das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) nebst Anla-
gen mit den Einzelplänen (Drs. 14/9750). In der Gruppie-
rungsübersicht wurden für die Einnahmen 2003 aus Gemein-
schaftsteuern und Gewerbesteuerumlage 137.266 Mio. € und
für Einnahmen aus Bundessteuern 67.500 Mio. € eingestellt
(Summe: 204.766 Mio. €). Dieser Ansatz entspricht dem Er-
2) lauf. Finanzpläne des Bundes: Drs. 12/3100; 12/5501; 12/8001; 13/2001; 13/5201; 13/8201; 13/11101; 14/1401; 14/4001; 14/6801; 14/9751
3) jeweils im August eingebrachte Regierungsentwürfe: Drs. 12/1001; 12/3000; 12/5500; 12/8000; 13/2000; 13/5200; 13/8200; 13/11100; 14/1400;

14/4000; 14/6800

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 67 – Drucksache 15/2100

Auch wenn sich am Jahresende zum Teil erhebliche Abweichungen von den Haushaltssollzahlen ergaben, wiesen die
Finanzpläne zur Jahresmitte nur das Soll aus:

Ausgaben in Mrd. DM (ab 2001: in €)

Einnahmen (Steuereinnahmen und sonstige Einnahmen) in Mrd. DM (ab 2001: in €)

Nettokreditaufnahme in Mrd. DM (ab 2001: in €)

Finanzplan: Soll des
lfd. Jahres Ist lt. Rechnungsabschluss

Differenz von Ist und
Finanzplan

1992 425,1 427,2 2,1
1993 458,1 457,5 -0,7
1994 480,0 471,2 -8,8
1995 477,7 464,7 -13,0
1996 451,3 455,6 4,3
1997 458,6 441,9 -16,7
1998 463,4 456,9 -6,5
1999 485,7 482,8 -2,9
2000 478,8 478,0 -0,8
2001 243,9 243,2 -0,7
2002 247,5 249,3 1,8

Finanzplan: Soll des
lfd. Jahres Ist lt. Rechnungsabschluss

Differenz von Ist und
Finanzplan

1992 384,6 388,5 4,0
1993 390,6 391,3 0,7
1994 410,9 421,2 10,3
1995 428,7 414,5 -14,2
1996 391,4 377,3 -14,1
1997 387,5 378,2 -9,3
1998 408,0 400,5 -7,5
1999 432,2 431,7 -0,5
2000 429,3 431,7 2,4
2001 221,5 220,4 -1,1
2002 226,4 217,4 -9,0

Finanzplan: Soll des
lfd. Jahres Ist lt. Rechnungsabschluss

Differenz von Ist und
Finanzplan

1992 40,5 38,6 -1,9
1993 67,6 66,2 -1,4
1994 69,1 50,1 -19,0
1995 49,0 50,1 1,1
1996 59,9 78,3 18,4
1997 71,2 63,7 -7,5
1998 56,4 56,4 0,0
1999 53,5 51,1 -2,4
2000 49,5 46,5 -3,0

2001 22,3 22,8 0,5
2002 21,1 31,9 10,8

Drucksache 15/2100 – 68 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

IX. Die weitere Entwicklung im Sommer
1. Die Erwägung verschiedener Optionen für

die Haushaltsführung Anfang August 2002
Am 5. August 2002 richtete das Grundsatzreferat für Haus-
haltsführung II A 2 eine Vorlage an den Leiter der Abtei-
lung II zur Unterrichtung der Leitung, in der verschiedene Op-
tionen für die weitere Haushaltsführung angesichts der
Haushaltsentwicklung 2002 diskutiert wurden (Dokument
Nr. 28). Ausgangspunkt der Überlegungen des Referats war
die Annahme, dass aufgrund der vorliegenden Daten (Mo-
natsmeldung über die Haushaltsentwicklung einschl. Steu-
ereinnahmen, Arbeitsmarktdaten, Münzeinnahmen) auch
unter Berücksichtigung der Entlastungen sich für den Bun-
deshaushalt Mehrbelastungen in Höhe von rd. 12 Mrd. € er-
gäben. Vor diesem Hintergrund erläuterte das Referat II A 2
die Möglichkeit der Verhängung einer hauswirtschaftlichen
Sperre nach § 41 Bundeshaushaltsordnung (BHO), die Inan-
spruchnahme der Restkreditermächtigung inkl. der Entsper-
rung durch den Haushaltsausschuss nach § 2 Abs. 9 des
Haushaltsgesetzes 2002, die Finanzierung eines etwaigen
darüber hinausgehenden Fehlbetrags durch einen Kassen-
verstärkungskredit (§ 25 Abs. 3 BHO/§ 3 des Haushaltsge-
setzes 2002) sowie als Alternative die Einbringung eines
Nachtragshaushalts für das Jahr 2002.
Das Referat schlug vor, auf eine haushaltswirtschaftliche
Sperre zu verzichten. Zum Einen war es der Auffassung,
dass ein vertretbares Volumen der möglichen Haushalts-
sperre in Höhe von ca. 1 Mrd. € den Fehlbetrag nicht decke.
Zum Anderen wies es darauf hin, dass Sparmaßnahmen bei
dem derzeitigen Konjunkturverlauf die wirtschaftliche Er-
holung gefährdeten, da zwangsläufig deutliche Einschnitte
bei den Investitionen hervorgerufen würden, und im Übrigen
eine Sperre oftmals lediglich eine Verschiebung von Maß-
nahmen bedeute, wodurch sich der Druck auf den Haushalt
2003 erhöhe.
Einen möglichen Abschluss des Haushalts durch einen über
die Restkreditermächtigung hinausgehenden Fehlbetrag
über Kassenverstärkungskredite sei – so das Referat – nach
§ 25 Abs. 3 BHO entweder in 2003 oder 2004 auszuglei-
chen. Vermieden werden könne ein solcher Fehlbetrag
durch den höheren Einsatz von Privatisierungserlösen zur
Haushaltsfinanzierung. Hierbei müsse allerdings die Rele-
vanz für die künftigen Haushalte beachtet werden.
Das Referat machte ferner darauf aufmerksam, dass im lau-
fenden Jahr mit der Überschreitung der in Art. 115 Grund-
gesetz (GG) festgeschriebenen Kreditobergrenze im Vollzug
zu rechnen sei und wies darauf hin, dass der Bundesrech-
nungshof die Auffassung vertrete, dass Art. 115 nicht nur
bei der Erstellung des Haushalts, sondern auch im Haus-
haltsvollzug Anwendung finde.
Schließlich hielt das Referat II A 2 eine gesonderte Unter-
richtung des Bundestages und des Bundesrates durch die
Bundesregierung gemäß § 10 Abs. 2 BHO über erhebliche
Änderungen der Haushaltsentwicklung und deren Auswir-
kungen auf die Finanzplanung für nicht erforderlich, da der
Bundestag nach § 37 BHO/§ 7 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2002

Abs. 9 Haushaltsgesetz 2002 ohnehin konsultiert werde. In
diesem Verfahren habe der Haushaltsausschuss auch die
Möglichkeit, die Frage eines etwaigen Nachtragshaushalts
zu erörtern.
Die Entscheidung darüber, ob die voraussichtlichen Mehr-
belastungen für den Bundeshaushalt im Wege der Inan-
spruchnahme der Restkreditermächtigung über die Finan-
zierung eines haushaltsmäßigen Fehlbetrags oder durch
einen Nachtragshaushalt ausgeglichen würden, müsse – so
das Referat – jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt ent-
schieden werden.
Der Leiter der Abteilung II unterrichtete am folgenden Tag
den zuständigen Staatssekretär, den Zeugen Dr. Overhaus.
Dieser unterrichtete den Minister und riet ihm, zunächst
keine der in der Vorlage erwähnten Maßnahmen zu ergrei-
fen, sondern zunächst die weitere Entwicklung, d. h. die
Steuereinnahmen der nachfolgenden Monate, abzuwarten.
Im Moment bestehe kein Handlungsbedarf. Der steuerstarke
Monat September könne durchaus noch zu einer Entspan-
nung auf der Einnahmenseite führen. Dieser Empfehlung
folgend entschied der Minister im Kollegium, dass zunächst
die weitere Entwicklung abzuwarten sei. Von dieser Ent-
scheidung wurde das Fachreferat unterrichtet.
Dies ergibt sich aus den Zeugenaussagen sowie aus dem am
6. August 2002 auf der Vorlage aufgebrachten handschriftli-
chen Vermerk des Abteilungsleiters II (Dokument Nr. 28).
Der Zeuge Staatssekretär Dr. Overhaus hat angegeben, er
habe dem Minister seinerzeit geraten, keine dieser Maßnah-
men zu ergreifen, sondern zunächst die weitere Entwicklung
abzuwarten.
Staatssekretär Dr. Overhaus hat in seiner Vernehmung er-
klärt, es habe im gesamten Jahr 2002 zu keinem Zeitpunkt
die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts gegeben.
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 11). In diesem Punkt
habe innerhalb des Hauses Einigkeit bestanden (7. Sitzung,
Protokoll, Dr. Overhaus, S. 34). Allerdings seien die Steuer-
einnahmen des „großen“ Steuermonats Juni schlecht ausge-
fallen, sodass das zuständige Referat im BMF der Meinung
gewesen sei, dass im Gesamtjahr 2002 die Ergebnisse der
Steuerschätzung vom November 2001 für das Jahr 2002,
welche Steuermehreinnahmen i. H. v. 3,1 % gegenüber 2001
vorgesehen hatte, nicht mehr erreicht werden könnte. Er und
andere hätten im Juli und August ebenfalls die Sorge ge-
habt, ob die im Haushalt vorgesehene Nettokreditaufnahme
eingehalten werden können. Dementsprechend seien auch
die vom Referat II A 2 in dem Vermerk vom 5. August 2002
unterbreiteten Handlungsoptionen für die weitere Haus-
haltsführung diskutiert worden. Die Option der Verhängung
einer Haushaltssperre sei im Kollegium bereits sehr frühzei-
tig ausgeschlossen worden, um in der schwierigen Konjunk-
tursituation die öffentliche Nachfrage nicht zu vermindern
und so den negativen Verlauf der Konjunktur noch weiter zu
verstärken. Er wies darauf hin, dass die Entscheidung über
die Verhängung einer Haushaltssperre im Gegensatz zu der
Entscheidung hinsichtlich der übrigen Handlungsoptionen
frühzeitig hätte getroffen werden müssen, weil eine Haus-
haltssperre nur dann sinnvoll sei, wenn sie möglichst früh
im Jahresverlauf verhängt werde. Je länger man mit einer
im Falle überplanmäßiger Ausgaben für den Arbeitsmarkt
sowie zur Entsperrung der Restkreditermächtigung nach § 2

Haushaltssperre warte, desto weniger bringe sie an Einsparung
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 10 ff., 34, 37).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 69 – Drucksache 15/2100

Daneben habe aber auch die Möglichkeit bestanden, sog.
alte Kreditermächtigungen zu nutzen. Dabei handelt es sich
um vom Parlament in den Vorjahren bewilligte, jedoch noch
nicht ausgeschöpfte bzw. weiter nutzbare Kreditermächti-
gungen. Im Sommer 2002 – so Dr. Overhaus – hätten dem
BMF noch alte Kreditermächtigungen in Höhe von ca.
7,5 Mrd. € zur Verfügung gestanden, so dass die Steuermin-
dereinnahmen vom Juni am Jahresende hierdurch hätten
aufgefangen werden können. Diese Einschätzung hat der
Zeuge Metzger in seiner Vernehmung durch den Ausschuss
bestätigt, sodass zu diesem Zeitpunkt noch kein Nachtrags-
haushalt erforderlich gewesen sei (28. Sitzung, Protokoll
Metzger, S. 34).
Eine weitere Möglichkeit Steuermindereinnahmen auszu-
gleichen sei der Verkauf von Telekom-Aktien an die Kredit-
anstalt für Wiederaufbau gewesen. Die entsprechenden Pri-
vatisierungserlöse hätten dann am Ende des Jahres als
Einnahmen für 2002 verbucht werden können. Von dieser
Möglichkeit habe man, so berichtete Dr. Overhaus, jedoch
nicht verfrüht Gebrauch machen wollen, da man sich diese
Option noch für das Haushaltsjahr 2003 habe offen halten
wollen.
Schließlich habe man überlegt, den Haushalt 2002 mit ei-
nem sog. kassenmäßigen Fehlbetrag abzuschließen. Darun-
ter versteht man die Fortschreibung einer am Jahresende be-
stehenden negativen Differenz zwischen Einnahmen und
Ausgaben in die Zukunft. Der Fehlbetrag muss spätestens
im übernächsten Haushaltsjahr in den Haushalt eingestellt
werden. Indem das Parlament den Haushalt verabschiedet,
erteilt es zugleich nachträglich die Kreditermächtigung für
den Fehlbetrag. Staatssekretär Dr. Overhaus erklärte gegen-
über dem Ausschuss, der Abschluss mit einem Haushalts-
fehlbetrag sei ihm über längere Zeit hinweg als eine sehr
günstige Überlegung erschienen. Auf diese Weise hätte die
Möglichkeit bestanden, sich die Kreditermächtigung durch
das Parlament im Jahr 2003 und/oder 2004 erteilen zu las-
sen. Bei der Erstellung der Haushalte für diese Jahre hätte
man lediglich auf die Einhaltung der in Art. 115 GG nieder-
gelegten Grenze der Kreditaufnahme achten müssen
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 11).
Dr. Overhaus hat erklärt, nach den schlechten Steuereinnah-
men des Monats Juni seien zwar alle diese Möglichkeiten
von dem zuständigen Referat vorgeschlagen und im Minis-
terium diskutiert worden. Wenn auch zum damaligen Zeit-
punkt möglicherweise damit gerechnet worden sei, dass die
vorgesehene Nettokreditaufnahme nicht eingehalten werden
könne, so habe es jedoch aus seiner Sicht keine Handlungs-
notwendigkeit gegeben, in den Monaten vor der Bundes-
tagswahl Maßnahmen zu ergreifen. Zum Verständnis der da-
maligen Situation führte er aus:

„Man muss ja immer unterscheiden, ob man zu einem
bestimmten Zeitpunkt eine Zahl benennen muss, weil sie
beispielsweise in einen Haushaltsentwurf hineinge-
schrieben werden muss. Es kann aber auch sein, dass
man eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt noch gar
nicht treffen muss. Dann kann man sich den „Luxus“
leisten, seine Meinung noch nicht genau auf einen Punkt
festzulegen. Und dieses konnte ich mir zu diesem Zeit-

Im Übrigen – so Dr. Overhaus – habe er im Sommer 2002
durchaus gehofft und auch die Möglichkeit gesehen, dass
der noch ausstehende wichtige Steuermonat September die
erwartete Entspannung auf der Einnahmenseite bringen
werde. Bei einem sehr guten Ergebnis im September wäre
es durchaus vorstellbar gewesen, die Steuerschätzung vom
Mai noch zu realisieren (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus,
S. 19, 43). Durch das etwas verbesserte Steueraufkommen
der Monate Juli und August habe er sich in dieser Annahme
schließlich sehr wohl ein wenig bestätigt gesehen (7. Sit-
zung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 10). Daher habe man er-
wartet, dass die Steuereinnahmen im September signifikant
besser würden (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 47).
Schließlich hat der Zeuge Dr. Overhaus darauf hingewiesen,
dass die Möglichkeit, einen Nachtragshaushalt einzubrin-
gen, jederzeit im Laufe des Jahres bestanden habe. Da die
Dauer, die das Entwickeln eines Nachtragshaushaltsent-
wurfs erfordere, verhältnismäßig kurz sei und unter Umstän-
den lediglich ein bis zwei Tage betrage und da das gesamte
parlamentarische Verfahren – wie im Herbst geschehen – in-
nerhalb eines Monats habe abgewickelt werden können,
habe man diese Möglichkeit nicht zu früh und vor der Wahl
nutzen müssen. Man habe sich gleichwohl sicher sein kön-
nen, dass eine eventuell am Jahresende benötigte Krediter-
mächtigung durch das Parlament schnell zu erlangen gewe-
sen wäre (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 12, 16).
Die Situation – so Dr. Overhaus – habe sich erst geändert,
als im Oktober die Ergebnisse des Steuermonats September
vorgelegen hätten. Zwar habe es hier gegenüber der Steuer-
schätzung für diesen Monat keine so dramatische Verände-
rung wie etwa im März oder im Juni gegeben, jedoch sei ge-
genüber dem Vorjahresmonat immer noch eine gewisse
Verschlechterung zu verzeichnen gewesen. Aufgrund dieser
Ergebnisse sei man im Ministerium zu dem Ergebnis ge-
langt, man komme „doch nicht mehr auf den ursprünglichen
Pfad“, so dass sich im Oktober immer stärker die Entschei-
dung durchgesetzt habe, es sei vernünftig einen Nachtrags-
haushalt zu machen. Zugleich betonte Dr. Overhaus aber,
dass ein Nachtragshaushalt zu keinem Zeitpunkt die einzige
Alternative gewesen sei. Er sei im Ergebnis jedoch eine ver-
nünftige Alternative gewesen, weswegen man sich für ihn
entschieden habe. Panik sei zu keinem Zeitpunkt angesagt
gewesen (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 12).
2. Die Ergebnisse vom Juli
a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten

Ausgaben im Juli 2002
Das Referat II C 1 informierte Staatssekretär Dr. Overhaus
mit der Vorlage vom 12. August 2002, die von ihm am
15. August 2002 abgezeichnet wurde, über die weitere ar-
beitsmarktbedingte Ausgabenentwicklung auf der Basis der
Ergebnisse bis Juli 2002 (Dokument Nr. 29). Dabei zeich-
nete sich sowohl beim Zuschuss für die BA als auch für die
Arbeitslosenhilfe gegenüber der Vormonatsschätzung ein
unveränderter Mehrbedarf von insgesamt 3,7 Mrd. € ab. Die
Einschätzung der Arbeitsmarktentwicklung im weiteren
Jahresverlauf sah das Referat geringfügig positiver als im
Vormonat. So zeige die aktuelle Schätzung, der eine Fortset-
zung der Abschwächungstendenzen im August sowie ein
punkt leisten“ (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus,
S. 10).

dann folgender leichter Aufschwung unterstellt wurde,
einen Anstieg der jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenzahl

Drucksache 15/2100 – 70 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

um rd. 201.000 Arbeitslose gegenüber dem Vorjahr. Dies
bedeute gegenüber der Vormonatsschätzung eine marginale
Verbesserung um rd. 5.000 Arbeitslose. Gleichwohl werde
– so das Referat – der aktuelle Eckwert der Bundesregierung
vom April des Jahres mit jahresdurchschnittlich 3,952 Mio.
Arbeitslosen um rd. 101.000 Arbeitslose verfehlt.

b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen
im Juli 2002

Auch bei den Steuereinnahmen zeichnete sich eine leichte
Entspannung ab. So unterrichtete das Referat I A 6 mit Vor-
lage vom 12. August 2002 den Minister auf dem Dienstweg
darüber, dass die Steuereinnahmen insgesamt (ohne Ge-
meindesteuern) im Juli 2002 auf einem vergleichsweise
starken Vorjahresniveau stagniert hätten (Dokument Nr. 30).
Bei den gemeinschaftlichen Steuern sei insbesondere die
verbesserte Entwicklung der Körperschaftsteuer hervorzu-
heben, deren Aufkommenssituation – obgleich immer noch
im Minus – sich gegenüber dem Vorjahresmonat um gut
1 Mrd. € erholt habe. Bei den Steuern vom Umsatz zeichne-
ten sich demgegenüber nach wie vor keine Verbesserungen
der Aufkommensentwicklung ab. Die Einnahmen seien im
Juli 2002 infolge der schwachen privaten Endnachfrage mit
-7,0 % rückläufig gewesen.
Das Referat berichtete, dass sich aufgrund des Juli-Ergeb-
nisses die kumulierte Veränderungsrate für die Steuer-
einnahmen insgesamt von Januar bis Juli 2002 auf nunmehr
-4 % (Vormonat: -5,2 %) verbessert habe. Sie liege dennoch
immer noch deutlich unter der für das Gesamtjahr bei der
Steuerschätzung im Mai geschätzten Zuwachsrate von
+2,1 %. Die kumulierte Veränderungsrate für die Steuerein-
nahmen des Bundes im Zeitraum Januar bis Juli 2002 liege
derzeit bei -4,9 % im Vergleich zum entsprechenden Vorjah-
reszeitraum. Auch hier werde die Steuerschätzung für das
Gesamtjahr im Mai (+1,3 %) unterschritten.
Diese Zahlen wurden im Monatsbericht des BMF für den
Monat August 2002 (S. 21 f.) veröffentlicht.

c) Die Prognose des Referats II A 2 für die
weitere Entwicklung des Bundeshaushalts
2002 auf der Basis der Juli-Ergebnisse

Mit Datum vom 21. August 2002 übermittelte das Referat II
A 2 dem Leiter der Abteilung II die aktuelle Prognose für
die weitere Entwicklung auf der Basis der Juli-Ergebnisse
(Dokument Nr. 31). Das Referat II A 2 berichtete über die
gleichbleibenden arbeitsmarktbedingten Mehrbelastungen
auf der Ausgabenseite sowie die im Juli eingetretene leichte
Entspannung auf der Steuereinnahmenseite. Auch bei den
Verwaltungseinnahmen gebe es gegenüber dem Vormonat
keine Veränderungen gegenüber dem Sollansatz. Die Prog-
nose – so das Referat – habe sich gegenüber dem Vormonat
dennoch verbessert. Die positive Tendenz beruhe im We-
sentlichen auf zwei Effekten: Für Zinsen und die Finanzie-
rung der Postbeamtenversorgungskasse könnten nun gegen-
über dem Vormonat Minderausgaben in Höhe von
insgesamt 900 Mio. € in 2002 unterstellt werden. Insgesamt
steige daher nach derzeitigem Stand die Nettokreditauf-
nahme im Jahresergebnis rechnerisch von 21,1 Mrd. € auf

Im Monatsbericht des BMF für den Monat August 2002
wurde der aktuelle Ist-Finanzierungssaldo Januar bis Juli
2002 in Höhe von -42,9 Mrd. € und der entsprechende Vor-
jahreswert in Höhe von -26,6 Mrd. € sowie die bereits in An-
spruch genommene Nettokreditaufnahme von 23,1 Mrd. €
gegenüber dem Ganzjahres-Soll von 21,1 Mrd. € veröffent-
licht (S. 15).

3. Die Veröffentlichung des Berichts über
die Entwicklung des Bundeshaushalts
im 1. Halbjahr 2002 im Monatsbericht des
Bundesministeriums der Finanzen

Mit Vorlage vom 7. August 2002 an die Leitung auf dem
Dienstweg über den Leiter der Abteilung I wurde vom Ge-
neralreferat für Finanzpolitik I A 1 die Frage aufgeworfen,
ob möglicherweise von der bevorstehenden Veröffentli-
chung des Berichts über die Entwicklung des Bundeshaus-
halts bis zum 2. Quartal 2002 im Monatsbericht des BMF
abgesehen werden sollte (Dokument Nr. 32). Den dieser
Überlegung zugrunde liegenden Sachverhalt beschrieb das
Referat wie folgt:

„Die Ausgaben des Bundes zum Ende des 2. Quartals
2002 sehen insgesamt ungünstig aus. Zusammen mit den
bereits bekannten Steuermindereinnahmen im Juni
könnte hier eine erneute öffentliche Diskussion über die
Staatsfinanzen („3 % Grenze“) begonnen werden. Es
könnte daher in Betracht gezogen werden, den Bericht
überhaupt nicht oder nur in stark gekürzter Form zu ver-
öffentlichen.“

In seiner Stellungnahme wies das Referat auf die grundsätz-
lich bestehende Berichtsverpflichtung nach § 3 Abs. 1 des
Finanz- und Personalstatistikgesetzes hin. Auch aus dem
Beitritt Deutschlands zum Special Data Dissemination Stan-
dard des Internationalen Währungsfonds ergebe sich eine
Berichtspflicht über den Bereich Bundeshaushalt. Im Übri-
gen – so das Referat – seien die Eckdaten des Berichts be-
reits im Monatsbericht Juli 2002 „ohne größere öffentliche
Resonanz“ veröffentlicht worden. Auch der „technische Ba-
sistext“ enthalte im Wesentlichen Textteile, die bereits z. B.
im Finanzplan für 2002 veröffentlicht worden seien. Was
die diesem Text vorangestellte allgemeine Bewertung an-
gehe, so sei diese „bereits durchweg so angelegt, die (aktu-
ellen bzw. noch zu erwartenden) positiven Aspekte der Ent-
wicklung in den Vordergrund zu rücken“. Das Referat
schloss seine Stellungnahme ab mit den Worten:

„Eine Verschiebung der Veröffentlichung oder eine in-
haltlich deutlich andere Gestaltung des Berichts würde
mit Sicherheit besonders Mißtrauen wecken und dazu
führen, den Bericht wirklich genau zu lesen.“

Vor diesem Hintergrund regte das Referat in seinem Ent-
scheidungsvorschlag an die Leitung an, den nochmals auf
kritische Aspekte geprüften Bericht in leicht gekürzter Form
zu veröffentlichen. Die Vorlage enthält neben dem Adressa-
ten „L“ folgende handschriftlich aufgebrachte Anweisung:
„Veröffentlichung im September“. Dementsprechend er-
schien der Bericht unter dem Titel „Die Entwicklung des
Bundeshaushalts im 1. Halbjahr 2002“ in dem am 26. Sep-
tember 2002 veröffentlichten Monatsbericht des BMF.
32 Mrd. € an. Im Vormonat hatte das Referat demgegenüber
noch einen Anstieg auf 33,1 Mrd. € angenommen.

Der Leiter des Referats I A 1, der Zeuge Dr. Kastrop, er-
klärte in seiner Vernehmung vor dem Ausschuss, mit der

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 71 – Drucksache 15/2100

Vorlage habe er die Leitung auf eine bestimmte Problematik
hinweisen wollen. Die Bewertung des Vorgangs habe aus-
schließlich dem Adressaten der Vorlage oblegen. Bei der
Frage, ob man eher die positiven oder die negativen As-
pekte in den Vordergrund eines Berichts rücke, gehe es da-
rum, welche Argumente man abwiege. Im Übrigen würden
alle Argumente präsentiert und seien auch schon an anderer
Stelle veröffentlicht worden. Darauf habe er in seiner Vor-
lage ebenfalls hingewiesen. Auf die Frage, welche Kürzun-
gen der Bericht vor der Veröffentlichung im Weiteren erfah-
ren habe, hat Dr. Kastrop erklärt, es habe noch einmal eine
textliche Veränderung gegeben. Eine Änderung der Fakten
sei hingegen nicht erfolgt. Alle verfügbaren Fakten seien
voll und ganz veröffentlicht worden (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Kastrop, S. 89).
Bundesfinanzminister Eichel hat zu diesem Vorgang erklärt,
es gebe keinerlei Beteiligung und Einflussnahme des Minis-
ters auf die in den Monatsberichten des BMF enthaltenen
Texte. Dies führe dazu, dass er – Eichel – gelegentlich im
Bundestag mit Texten aus dem Monatsbericht konfrontiert
werde, die nicht seine Auffassung wiedergäben. Er sei je-
doch der Meinung, dass diese Pluralität in einem Hause wie
dem BMF hingenommen werden müsse (7. Sitzung, Proto-
koll BM Eichel, S. 61).

4. Die Flutkatastrophe im August 2002 und
die Maßnahmen zur Refinanzierung der
Soforthilfe und des Wiederaufbaus

Anfang August 2002 führte eine Hochwasserkatastrophe in
großen Teilen Deutschlands, insbesondere in den neuen
Ländern, zu schweren Schäden. Neben der unmittelbar an
die Betroffenen geleistete Soforthilfe wurde mit weiteren
erheblichen Zusatzbelastungen im Haushaltsvollzug 2002
für den Wiederaufbau gerechnet. Wie diese Zusatzbelastun-
gen aufgefangen werden sollten, war zwischen Regierung
und Opposition umstritten. Die CDU/CSU-Fraktion trat da-
für ein, den Bundesbankgewinn aus dem Jahr 2001 zur Be-
hebung der Hochwasserschäden einzusetzen. Die Bundes-
bank hatte für 2001 einen Gewinn von 11,2 Mrd. €
ausgewiesen. Bundesbankgewinne sind, soweit sie einen
Betrag von 3,5 Mrd. € übersteigen, zum Abbau der Schul-
den des sog. Erblastentilgungsfonds zu verwenden, in dem
die Schulden der früheren DDR gebündelt sind. Die Regie-
rung wandte sich gegen diese Lösung, da sie ihrer Auffas-
sung nach mit einer Neuverschuldung des Bundes gleichzu-
setzen sei, welche unbedingt vermieden werden sollte.
Am 19. August 2002 beschloss das Bundeskabinett daher
ein umfangreiches Hilfs- und Wiederaufbauprogramm, um
die Folgen der Flutkatstrophe mindern bzw. beseitigen zu
können, das sog. Flutopfersolidaritätsgesetz. Mit Rund-
schreiben vom gleichen Tag ordnete das BMF mit sofortiger
Wirkung eine Haushaltssperre nach § 41 BHO für alle
rechtlich nicht gebundenen Ausgaben an mit dem Ziel,
500 Mio. € im Haushaltsvollzug 2002 zur Refinanzierung
der Soforthilfe einzusparen (Dokument Nr. 33). Darüber hi-
naus beschloss das Kabinett die Verschiebung des Inkraft-
tretens der 2. Stufe der Steuerreform um ein Jahr auf den
1. Januar 2004. Die Bundesregierung ging davon aus, dass
diese Maßnahme mit einem Volumen von rd. 7 Mrd. €

Unterstützung der betroffenen Menschen voranzutreiben
(Presseerklärung des BMF vom 19. August 2003).
Bundesminister Hans Eichel hat in seiner Vernehmung
durch den Ausschuss erklärt, er habe im Sommer 2002 die
Haushaltssperre angesichts der Frage, wie volatil die kon-
junkturelle Entwicklung sei, bewusst nicht erlassen, da man
im Finanzministerium der Meinung gewesen sei, dass eine
Haushaltssperre möglicherweise eine noch nicht gefestigte
Wirtschaftsentwicklung gefährde (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 23). Die Maßnahme der haushaltswirtschaftlichen
Sperre habe er erst im Zusammenhang mit der Flutkatastro-
phe und begrenzt auf einen Betrag von 500 Mio. € ergreifen
müssen, weil die Flutopfersoforthilfe aus dem Haushalt he-
raus ohne die Aufnahme zusätzlicher Schulden nicht hätte
geleistet werden können. Inmitten der heißen Phase des
Wahlkampfs sei dies eine unpopuläre Maßnahme gewesen.
Das Gleiche habe für die Finanzierung des Wiederaufbaus
durch die ebenfalls von ihm als unpopulär bezeichnete Ver-
schiebung der bereits gesetzlich verankerten Steuerreform
gegolten, zumal die Kosten des Wiederaufbaus damals
ebenso wenig hätten beziffert werden können wie der Zeit-
punkt, zu dem sie anfallen würden (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 9, 31, 42).
In der Ersten Lesung des von der Koalition eingebrachten
Entwurfs eines Flutopfersolidaritätsgesetzes (BT-Drs. 14/
9894) war zwischen den Bundestagsfraktionen unstreitig,
dass den Opfern der Flut Hilfen in Höhe von 10 Mrd. € zur
Verfügung gestellt werden sollten. Streitig war die
Finanzierung. Der Bayerische Ministerpräsident und
Kanzlerkandidat von CDU und CSU führte hierzu im Ple-
num des Deutschen Bundestages aus:

„(...) Zweitens wollen wir – anders als die Bundesregie-
rung – den Hilfsfonds mit den verfügbaren Gewinnen
der Bundesbank des Geschäftsjahres 2001 in Höhe von
7,74 Mrd. € finanzieren. Das wird eine unionsgeführte
Bundesregierung sofort beschließen, wenn wir dem-
nächst im Bundestag die Mehrheit haben (...) Mit unse-
rem Konzept werden die Schulden langsamer abgebaut.“
(Stenographischer Bericht 14/251, S. 25424).

Der Bundesfinanzminister entgegnete hierauf:
„Höhere Zinsen, verehrter Herr Kollege Stoiber, sind
nichts weiter – das ist der ganze Unterschied – als hö-
here Steuern in der Zukunft. Der ganze Unterschied zwi-
schen Ihren Finanzierungsvorschlägen und unseren be-
steht darin, dass wir sofort bezahlen, während Sie die
Finanzierung über die Banken vornehmen (...) Ich habe
immer gesagt, dass der Haushalt auf Kante genäht ist.“
(Stenographischer Bericht 14/251, S. 25429).

5. Der ifo-Geschäftsklimaindex vom
28. August 2002

Am 28. August 2002 gab das ifo-Institut bekannt, dass der
Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft den
dritten Monat in Folge sowohl für Westdeutschland als auch
für Ostdeutschland einen Rückgang zu verzeichnen habe.
Dem ifo-Institut zufolge signalisierte das erneute Absenken
des Geschäftsklimaindexes für die alten Bundesländer, dass
der Aufschwung zumindest vorübergehend unterbrochen
Bund, Länder und Gemeinden in die Lage versetzen werde,
den Wiederaufbau der beschädigten Infrastruktur und die

sein könnte. Das Institut verwies darauf, dass der Rückgang
des Geschäftsklimas primär aus einer ungünstigeren

Drucksache 15/2100 – 72 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Einschätzung der Perspektiven für die kommenden sechs
Monate resultiert habe. Zudem seien aber auch die Urteile
über die gegenwärtige Lage schlechter ausgefallen. Zur Ein-
trübung des Geschäftsklimas hätten, wie schon im Juli, vor
allem ungünstigere Meldungen aus dem Verarbeitenden Ge-
werbe beigetragen. Gleichzeitig erklärte das ifo-Institut, die
neuen Zahlen zum Geschäftsklimaindex stellten die jüngste
Prognose des Instituts mit 0,7 % Wachstum vom BIP noch
nicht in Frage.
In seiner Vernehmung durch den Ausschuss hat Bundesfi-
nanzminister Eichel darauf hingewiesen, dass trotz des ne-
gativen Signals des ifo-Geschäftsklimaindexes der Trend
bei den von ihm für wichtig gehaltenen Konjunkturindikato-
ren Auftragseingang und Produktion in der Industrie auch
weiterhin aufwärts gerichtet gewesen sei (8. Sitzung, Proto-
koll BM Eichel, S. 7).
Auch der Chef des Bundeskanzleramts, Staatssekretär
Dr. Frank-Walter Steinmeier, hat angegeben, aus Sicht der
Bundesregierung sei diese dritte Absenkung des ifo-Ge-
schäftsklimaindexes in Folge ein ernst zu nehmendes An-
zeichen für eine Verschlechterung der Konjunkturlage ge-
wesen. Er räumte ein, dass die Bundesregierung Anlass zu
erhöhter Wachsamkeit gehabt habe, es habe jedoch keine
Veranlassung bestanden, der von den Wirtschaftsexperten
erwarteten gesamtwirtschaftlichen Belebung im weiteren
Jahresverlauf zu widersprechen. Die Bundesregierung habe
darüber hinaus keine verlässliche Basis dafür gehabt, von
ihrer Wachstumsprognose von ¾ Prozent abzurücken. Dies
gelte umso weniger, als die nächste turnusmäßige, auf gesi-
cherten Daten beruhende Überprüfung der Projektion ohne-
hin im Oktober angestanden habe. Zudem verwies auch
Dr. Steinmeier darauf, dass zu gleicher Zeit der Trend der
anderen Konjunkturindikatoren aufwärts gerichtet blieb
(30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 9).
X. Die Situation im September 2002
1. Die Haushaltsdebatte im September 2002
Zehn Tage vor der Bundestagswahl, am 12. September
2002, fand im Plenum des Deutschen Bundestages die Erste
Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaus-
haltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz
2003) statt (Stenographischer Bericht der 252. Sitzung,
Plenarprotokoll 14/252).
In seiner Rede zur Einbringung des Haushalts nahm Bun-
desfinanzminister Hans Eichel zunächst Bezug auf die Flut-
katastrophe insbesondere in den neuen Bundesländern.
Zwar wisse man immer noch nicht, wie hoch der dadurch
entstandene Schaden letztlich sei, bereits jetzt stünde aber
eine zweistellige Milliardensumme als Hilfe für die Betrof-
fenen bereit. Die Flutkatastrophe erfordere eine Änderung
des Bundeshaushaltsplanentwurfs vom Juni an einigen we-
nigen Stellen. Zur Bündelung der Mittel kündigte Eichel die
Gründung des Fonds „Aufbauhilfe“ an. Im Zusammenhang
mit diesem Fonds erklärte Eichel weiter:

„Trotz der Zahlungen in diesen Fonds wird die Nettokre-
ditaufnahme des Bundes in den nächsten Jahren, wie an-
gekündigt, weiter sinken. Nach 21,1 Milliarden Euro in

Wert werden wir festhalten.“ (Stenographisches Proto-
koll der 252. Sitzung vom 12. September 2002,
S. 25461(B))

Es ist langjährige Übung, dass der Bundesfinanzminister in
der Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts nach einem
Überblick über die wirtschaftliche Lage die Eckwerte des
Haushaltsentwurfs anhand der Soll-Zahlen und die Verände-
rung gegenüber den Soll-Zahlen des aktuellen Haushalts
darstellt. So brachte der damalige Bundesfinanzminister
Dr. Waigel den Haushalt 1996 mit den Worten ein:

„Mit 59,84 Mrd. DM bleibt die Nettokreditaufnahme
knapp unter der Obergrenze von 60 Mrd. DM (...) Die
Mehranforderungen an den Haushalt 1996 (...) haben
die Kreditaufnahme gegenüber 1995 nur um 10 Mrd.
DM erhöht (...)
Bereits heute sind allerdings einige Zusatzforderungen
an den Haushalt 1996 auf dem Tisch. Aus dem Vermitt-
lungsergebnis zum Jahressteuergesetz 1996 kommen
noch 1,6 Milliarden DM auf uns zu. Haushaltsrisiken
gibt es noch beim Arbeitsmarkt, bei den Steuereinnah-
men und bei den Zahlungen an die Europäische Union.
Diese Risiken sind aber beherrschbar.
Die Obergrenze von 60 Milliarden DM beim Defizit kön-
nen wir einhalten, wenn wir der Konsolidierung und
dem Moratorium auch im weiteren parlamentarischen
Verfahren und im Haushaltsvollzug absolute Priorität
einräumen.“ (Stenographischer Bericht 13/50, S. 4097).

Die angekündigte Nettokreditaufnahme entsprach den Zah-
len seines Entwurfs (BT-Drs. 13/2000), nicht aber der später
verabschiedeten Nettokreditaufnahme in Höhe von
59,9 Mrd. DM (BT-Drs. 13/2627) oder gar des tatsächlich
eingetretenen Defizits in Höhe von 78,28 Mrd. DM.
Den Haushalt 1997 brachte Dr. Waigel mit den Worten ein:

„Ich werde alles daran setzen, gemeinsam mit dem
Haushaltsausschuss und den Politikern der Koalition die
Nettokreditaufnahme 1996 unter 70 Milliarden DM zu
halten.
(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ich denke, 60 Milliarden!)
Ich habe vorher gesagt, daß wir die Nettokreditauf-
nahme in Höhe von 59 Milliarden DM nicht einhalten
können. Dies ist aufgrund der Ereignisse und der neuen
Schätzungen bezüglich des Arbeitsmarkts und der Steu-
ermindereinnahmen unabweisbar. Die überplanmäßige
Ausgabe habe ich absichtlich in der letzten Woche ge-
nehmigt und nicht in der Haushaltswoche; so können Sie
dies gleich jetzt kritisieren. Wir haben nichts zu verber-
gen, meine Damen und Herren. Im übrigen haben Sie
keine anderen Einschätzungen gehabt (...)
Die Nettokreditaufnahme wird 1997 mit 56,5 Mrd. DM
zwar gegenüber der alten Finanzplanung um rund
7 Mrd. DM steigen, ist aber gegenüber dem Soll von
1996 rückläufig.“ (Stenographischer Bericht 13/120,
S. 10704)

Dies waren ebenfalls die Soll-Zahlen des vorliegenden
Haushaltsentwurfs (BT-Drs. 13/5200). Beschlossen wurde
der Haushalt 1997 mit einer Nettokreditaufnahme von
diesem Jahr bleibt es bei der für 2003 geplanten Neuver-
schuldung in Höhe von 15,5 Milliarden Euro. An diesem

53,3 Mrd. DM (BT-Drs. 13/6026), abgeschlossen mit einem
Defizit von 63,7 Mrd. DM.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 73 – Drucksache 15/2100

Auch bei Einbringung der Haushalte 1998 (BT-Drs. 13/
8200) und 1999 (BT-Drs. 13/11100) verglich Bundesminis-
ter Dr. Waigel die Entwurfszahlen mit den Sollzahlen des
laufenden Jahres (Stenographischer Bericht 13/187,
S. 16868 und 13/246, S. 22906).
Entsprechend wollte Bundesminister Eichel seine Aussa-
gen im Bundestagsplenum dahingehend verstanden wissen,
dass es sich bei diesen, von ihm genannten Zahlen nur um
Soll-Zahlen und nicht um Ist-Werte gehandelt habe (8. Sit-
zung, Protokoll BM Eichel, S. 26). Staatssekretär Dr. Over-
haus stützte diese Interpretation. Jeder Abgeordnete im Ple-
num habe gewusst, dass die Zahl 21,1 Mrd. € natürlich nur
die Sollzahl habe sein können. Der Minister habe mit seiner
Äußerung keineswegs erklärt, dass die Nettokreditauf-
nahme voraussichtlich 21,1 Mrd. € betragen werde, er habe
keine Prognose für das Haushaltsjahr 2002 abgegeben
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 39). Er verstehe
nicht, so Dr. Overhaus, wie jemand auf die Idee habe kom-
men können, die genannte Zahl als voraussichtliches Ist zu
interpretieren. Dies habe im Haushaltsausschuss nicht ge-
sagt werden müssen, da dort nur Fachleute säßen. Daher sei
auch bekannt gewesen, dass es Schwierigkeiten gegeben
habe, die Sollzahl von 21,1 Mrd. € einzuhalten und dass ein
großes Risiko bestanden habe, oberhalb dieses Wertes abzu-
schließen (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 20, 40).
Bundesfinanzminister Eichel hat hierzu ebenfalls in seiner
Vernehmung ausgeführt, er habe mit der Zahl 21,1 Mrd. €
„selbstverständlich“ die Sollzahl nennen wollen. Dies ent-
spreche der ständigen Praxis aller Bundesregierungen. Hin-
tergrund sei die Tatsache, dass es zwei Mal im Jahr – im
Mai und im November – eine Steuerschätzung gebe. Die
eine gelte solange, bis sie durch die nachfolgende ersetzt
werde. Auf dieser Basis werde jeweils eine Prognose über
die zu erwartende Nettoneuverschuldung für das laufende
Haushaltsjahr erstellt. Dazwischen würden zwar Monat für
Monat in den Berichten des Ministeriums sowohl die Steue-
rergebnisse als auch die Ergebnisse auf der Ausgabenseite
veröffentlicht, es würde jedoch keine neue Prognose im
Hinblick auf das erwartende Jahresergebnis der Nettokredit-
aufnahme mitgeteilt. Zusätzliche Prognosen schafften ledig-
lich Verwirrung, weil damit weitere Zahlen geschaffen wür-
den, die sich am Jahresende möglicherweise nicht
bewahrheiteten. Zum Zeitpunkt der Haushaltsdebatte hätten
daher andere als die Sollzahlen, belastbar für den Haushalt
2002, nicht vorgelegen. Daher habe man die genannte Zahl
überhaupt nicht anders verstehen können (8. Sitzung, Proto-
koll BM Eichel, S. 30). Eichel erklärte zudem, der Bayeri-
sche Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser sei im Jahr 2002
ebenso verfahren wie er, indem er den auf der Basis der
Mai-Steuerschätzung erstellten Entwurf des Doppelhaus-
halts 2003/2004 im Oktober 2002 in den Landtag einge-
bracht und darauf hingewiesen habe, dass sich eine Ände-
rung erst nach der November-Steuerschätzung ergebe. Auf
den entsprechenden Vorhalt der SPD-Fraktion im Bayeri-
schen Landtag habe er am 15. Dezember 2002 erklärt, dass
er als seriöser Haushaltspolitiker für seinen Haushaltsent-
wurf die Zahlen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“
verwenden müsse. Nichts anderes habe er – Eichel – ge-
macht (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 57).
Im Übrigen habe er zu diesem Zeitpunkt ebenso wie die

liegenden Zahlen nach wie vor – wenn auch nicht mehr in
der Stärke – eine Wachstumsbeschleunigung im zweiten
Halbjahr 2002 und eine deutliche Wachstumsbeschleuni-
gung im vierten Quartal bedeutet (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 18). Ferner erklärte Eichel, eine negative Ein-
schätzung von Seiten des Bundesfinanzministers wirke sich
mit Sicherheit negativ auf die konjunkturelle Situation aus.
Bereits Ludwig Erhard habe erklärt, dass die Wirtschafts-
entwicklung zur Hälfte aus Psychologie bestehe. Als Fi-
nanzminister habe er in dem Abwägungsprozess gestanden,
als Haushälter von zurückhaltenden Daten ausgehen zu
müssen, um den Konjunkturverlauf positiv zu beeinflussen,
dagegen den Märkten aber Mut machen zu müssen. Deswe-
gen müsse man in einer solchen Funktion bei seiner Wort-
wahl auch sehr genau darauf achten, welche Signale man an
die Märkte, an die Bürger und an die Investoren gebe. Er
habe sich immer an das gehalten, was die Regierung jeweils
als ihre Position beschlossen habe, d. h. an den Jahreswirt-
schaftsbericht sowie an die Steuerschätzungen vom Mai und
November (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 19).
Auf die Frage, ob er am 12. September 2002 selbst von ei-
ner Einhaltung der vorgesehenen Nettokreditaufnahme in
Höhe von 21,1 Mrd. € ausgegangen sei, erklärte Eichel, so-
fern man ihm in der Sitzung des Haushaltsausschusses diese
Frage gestellt hätte, würde er geantwortet haben, dass es au-
ßerordentlich schwierig werde, man sich aber um die Ein-
haltung bemühe. Eichel räumte ein, dass die Wahrschein-
lichkeit der Einhaltung zwar immer geringer geworden sei:
„Es wurde immer gefährlicher; das ist richtig.“ Redlicher-
weise habe er aber zu diesem Zeitpunkt nicht sagen können:
„Wir schaffen das nicht.“ (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel,
S. 44).
Auf die Frage, ob im Haushaltsausschuss die Zahl von
33 Mrd. € Neuverschuldung oder die Zahl von 10 Mrd. €
an Steuerausfällen für das Gesamtjahr oder das Risiko von
3,4 % Maastricht-Überschreitung angesprochen wurde, er-
klärte er, dass dem Haushaltsausschuss alle Ist-Zahlen, die
es zu diesem Zeitpunkt gab, genannt worden wären, wegen
neuerer Prognosen aber wie immer auf die November-Steu-
erschätzung verwiesen worden wäre (8. Sitzung, Protokoll
BM Eichel, S. 29 f.).

2. Die Ergebnisse vom August 2002
a) Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten

Ausgaben im August 2002
In einem Vermerk vom 6. September 2002 legte das Referat
II C 1 seine Einschätzung der Finanzentwicklung beim Zu-
schuss an die Bundesanstalt für Arbeit und bei der Arbeits-
losenhilfe sowie der Arbeitsmarktentwicklung im Jahr 2002
nieder. Das Referat kam zu dem Ergebnis, dass sich auf Ba-
sis der Monate Januar bis August ein finanzieller Mehrbe-
darf für den Zuschuss an die BA in Höhe von 2,7 Mrd. € ge-
genüber dem veranschlagten Soll 2002 ergebe. Die
Zuschüsse für die Arbeitslosenhilfe wurden mit +1,5 Mrd. €
gegenüber dem Soll 2002 veranschlagt. Damit ergab sich
gegenüber der Vormonatsschätzung des Referats ein weite-
rer Anstieg der arbeitsmarktbedingten Ausgaben um
0,5 Mrd. €. In den näheren Ausführungen wies das Referat
darauf hin, dass die ungünstige Arbeitsmarktentwicklung
Wirtschaftsforschungsinstitute noch mit einer Wirtschafts-
belebung gerechnet. So hätten alle zu diesem Zeitpunkt vor-

vor dem Hintergrund aufkommender Signale eines verzö-
gerten Konjunkturaufschwungs im August angehalten habe.

Drucksache 15/2100 – 74 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

So habe ein leichter Anstieg der saisonbereinigten Arbeits-
losenzahl trotz vielfältiger aktivierender Maßnahmen nicht
verhindert werden können (+2.000 Personen). Auch die
Zahl der Erwerbstätigen sei saisonbereinigt um 40.000 Per-
sonen gesunken und damit – wie schon in den Vormonaten –
deutlich zurückgegangen. Auch die Lage auf dem Ausbil-
dungsmarkt sei deutlich angespannter als vor einem Jahr. Im
Gegensatz zum Vorjahr deute derzeit alles auf ein rechneri-
sches Lehrstellendefizit hin. Das Referat wies allerdings
darauf hin, dass gegenüber dem August 1998 sich die Zahl
der Arbeitslosen um rund 80.000 vermindert und sich die
Zahl der Erwerbstätigen um rund 1,1 Mio. Personen erhöht
habe. In der Einschätzung der Arbeitsmarktentwicklung im
weiteren Jahresverlauf kam das Referat II C 1 wie schon im
Vormonat zu dem Ergebnis, dass die jahresdurchschnittliche
Arbeitslosenzahl um rund 200.000 Arbeitslose höher liegen
werde als im Vorjahr. Damit werde der aktuelle Eckwert der
Bundesregierung vom April 2002 um rd. 100.000 Arbeits-
lose verfehlt.
Anders als in den Vormonaten legte das Referat II C 1 seine
Informationen nicht in einer an Staatssekretär Dr. Overhaus
gerichteten Leitungsvorlage, sondern in einem Vermerk dar,
den dieser in Kopie erhielt (Dokument Nr. 34).
b) Die Entwicklung der Steuereinnahmen

im August 2002
Mit Vorlage vom 12. September 2002 informierte das Refe-
rat I A 6 Bundesfinanzminister Hans Eichel über die Steuer-
einnahmen des Bundes und der Länder im August 2002
(Dokument Nr. 35). Danach stagnierten die Steuereinnah-
men insgesamt (ohne Gemeindesteuern) auf dem ver-
gleichsweise hohen Niveau des Vorjahresmonats. Erfreulich
sei der Zuwachs bei den Steuern vom Umsatz. Hier seien
die Einnahmen im August trotz nach wie vor schwacher
Einzelhandelsumsätze erstmals seit April des Jahres im Vor-
jahresvergleich wieder um 2,6 % gestiegen. Auch die Kör-
perschaftssteuer entwickelte sich positiv (-1,2 Mrd. € ggü.
-2,0 Mrd. € im Vorjahresmonat).
Die kumulierte Veränderungsrate Januar bis August
2002 der Steuereinnahmen insgesamt habe sich danach
mit -3,9 % (Vormonat -4,4 %) weiterhin etwas verbessert,
liege aber noch deutlich unter dem für das Gesamtjahr pro-
gnostizierten Zuwachs von +2,1 % (Steuerschätzung vom
Mai 2002). Die Steuereinnahmen des Bundes seien gegen-
über dem August 2002 um -3,6 % gesunken. Die kumu-
lierte Veränderungsrate für die Steuereinnahmen des Bun-
des im Zeitraum Januar bis August 2002 gegenüber dem
entsprechenden Vorjahreszeitraum betrage damit -4,7 %
(Vormonat -4,9 %).
Diese Zahlen wurden vollständig im Monatsbericht des
BMF vom Monat September 2002 (S. 18) veröffentlicht.
c) Die Prognose des Referats II A 2 für die

weitere Entwicklung des Bundeshaushalts
2002

In der monatlichen Prognose über die Entwicklung des Bun-
deshaushalts 2002 auf der Grundlage der August-Ergeb-
nisse unterrichtete das Referat II A 2 mit Vorlage vom
18. September 2002 den Abteilungsleiter II darüber, dass

markt insgesamt nun 4,2 Mrd. € (gegenüber 3,7 Mrd. € im
Vormonat) zusätzlich aufgewandt werden. Diese Mehrkos-
ten würden jedoch durch Minderausgaben für Zinsen und
Gewährleistungen kompensiert. Die Auswirkungen der zwi-
schenzeitlich verhängten haushaltswirtschaftlichen Sperre
im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe seien
– so das Referat – in der aktuellen Prognose bereits berück-
sichtigt. Auf der Einnahmenseite bestätige sich hinsichtlich
des Steueraufkommens die vormonatliche Schätzung. Eine
leichte Verbesserung sei dagegen bei den Verwaltungsein-
nahmen zu verzeichnen.
Abschließend kam das Referat zu dem Ergebnis, dass die im
Haushalt vorgesehene Nettokreditaufnahme von 21,1 Mrd. €
wie bereits im Vormonat voraussichtlich rechnerisch auf
rd. 32 Mrd. € ansteige.

3. Gerüchte über eine angebliche „Giftliste“
von Staatssekretär Dr. Overhaus
unmittelbar vor der Wahl

Das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ berichtete in
einem Vorabbericht am 21. September 2002 – einen Tag vor
der Bundestagswahl – unter dem Titel „Giftliste im Finanz-
ministerium“, Haushaltsstaatssekretär Dr. Manfred Over-
haus habe für das nächste Jahr zusätzliche Einsparungen
von bis zu 20 Mrd. € gefordert. Anderenfalls sei das Ziel,
schon 2004 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen,
nicht zu erreichen. Vor allem in den größten Etatposten Ver-
teidigung sowie Arbeit und Soziales seien drastische Ein-
schnitte vorgesehen. Da im Ministerium jedoch intern damit
gerechnet werde, dass allenfalls ein Drittel dieser Streich-
vorhaben durchsetzbar sei, müssten in dem bereits vorlie-
genden Etatentwurf 2003 noch bis zu 7 Mrd. € eingespart
werden. „DER SPIEGEL“ wies zugleich darauf hin, dass
das Finanzministerium die Existenz derartiger „Giftlisten“
bereits dementiert habe.
Hierzu befragt, hat Staatssekretär Dr. Overhaus in seiner
Vernehmung erklärt, zwar könne er sich an das genaue Da-
tum nicht mehr erinnern, aber zu etwa dieser Zeit habe er im
Kollegium in Anwesenheit von Bundesminister Eichel über
die Situation des Bundeshaushalts vorgetragen (7. Sitzung,
Protokoll Dr. Overhaus, S. 17, 35). In diesem Zusammen-
hang habe er darauf hingewiesen, dass – sofern das Haus-
haltsjahr 2002 so schlecht laufe wie von den Fachleuten ge-
schätzt werde – für das Jahr 2003 ein riesiger Basiseffekt
entstünde. Für diesen Fall habe man sich dann überlegen
können, zu welchen Konsequenzen die Einsparung eines
entsprechenden Gesamtbetrags auf der Ausgabenseite füh-
ren werde. Die sog. Giftliste, die im Kollegium im Einzel-
nen gar nicht besprochen worden sei, sei nichts anderes ge-
wesen, als die Verteilung eines Gesamtbetrages proportional
zum Haushaltsvolumen auf die Einzelpläne. Für jedes Res-
sort sei auf diese Weise ein bestimmter Einsparungsbetrag
angedacht worden, so dass man die Bedeutung der Einspa-
rungen für den einzelnen Bereich habe abschätzen können.
Es habe sich also keineswegs um eine Liste mit Einzelspar-
maßnahmen gehandelt, erklärte Dr. Overhaus. Eine solche
Liste habe man damals nicht vorgelegt, obgleich vergleich-
bare Listen ohnehin „pausenlos in der Schublade“ lägen.
Vor dem Hintergrund eines möglicherweise entstehenden
Handlungsbedarfs seien daher die Kollegen im Kollegium
sich die Prognose auf dem Vormonatsniveau stabilisiert
habe (Dokument Nr. 36). Zwar müssten für den Arbeits-

gebeten worden darüber nachzudenken, „was sie vielleicht
an Vorschlägen zu einem bestimmten Zeitpunkt erarbeiten

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75 – Drucksache 15/2100

könnten“. Entscheidungen über konkrete Einschnitte seien
zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht getroffen worden,
sodass die Zurückweisung der Pressemeldung des Magazins
„DER SPIEGEL“ durch das BMF völlig zutreffend gewe-
sen sei. Die Überlegungen des Kollegiums seien vielmehr
erst im Oktober 2002 im Rahmen der Koalitionsverein-
barungen konkretisiert worden (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 18, 35).
Bundesfinanzminister Eichel hat erklärt, jedes Finanzminis-
terium – Bund oder Länder – verfüge permanent über solche
Listen. Aufgrund der ständigen Finanznot würden für jeden
Haushalt alle Positionen auf die Frage einer möglichen Kür-
zung untersucht. Auch handele es sich zumeist um altbe-
kannte Positionen, bei denen schon früher Kürzungen ange-
dacht, jedoch nicht durchgeführt worden seien. Auch das
Land Bayern hätte im vergangenen Jahr nicht so schnell auf
die November-Steuerschätzung reagieren können, wenn das
dortige Finanzministerium nicht bereits frühzeitig über kon-
krete Einsparpläne verfügt hätte (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 21).
XI. Kenntnis und Einschätzung der Haushalts-

lage im Bundeskanzleramt
1. Fachliche Zuständigkeit und Kontakt zum

BMF auf Arbeitsebene
Die fachliche Zuständigkeit innerhalb des Bundeskanzler-
amtes für die Frage der Haushaltsführung und des Haus-
haltsvollzugs lag bei der Abteilung 4, Wirtschafts- und
Finanzpolitik.
Der Leiter des früheren für Haushalts- und Finanzpolitik so-
wie für Bund-Länder-Finanzbeziehungen zuständigen Refe-
rats 413, der Zeuge Klein, erklärte in seiner Vernehmung
durch den Ausschuss, er habe gegenüber den Fachreferaten
im BMF keine Überwachungsfunktion. Seine Aufgabe sei
es vielmehr, die im BMF erarbeiteten bzw. vorhandenen In-
formationen zu sammeln und für die Leitung des Kanzler-
amtes aufzubereiten bzw. zusammenzustellen, sofern dort
ein entsprechendes Interesse bestehe und/oder von dort eine
Darstellung oder Unterrichtung in Auftrag gegeben worden
sei. Hierbei würden auch schriftliche oder mündliche Be-
wertungen seitens des BMF herangezogen und gegebenen-
falls mit eigenen Erkenntnissen abgeglichen. Zu diesem
Zweck habe er regelmäßigen, zumeist telefonischen Kon-
takt zu den zuständigen Ansprechpartnern aus den Abteilun-
gen I und II des BMF gepflegt und zuweilen auch Minister-
vorlagen und Vermerke aus dem Ministerium erhalten
(25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 9, 17). Hinsichtlich des Be-
reichs Bundeshaushalt habe es sich bei den Ansprechpart-
nern in erster Linie um die Leiter der Referate II A 1 und II
A 2 gehandelt (25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 8). Äußerst
selten habe er dagegen mit dem Leiter des für die Steuer-
schätzung zuständigen Referats I A 6, dem Zeugen
Dr. Schoof, gesprochen. Für die Zeit vor September 2002
schließe er einen solchen Kontakt jedenfalls aus (25. Sit-
zung, Protokoll Klein, S. 9).
Der Leiter der Gruppe 41, der Zeuge Claßen, bestätigte den
regelmäßigen Kontakt zu dem Fachbeamten im BMF, der
auch im Wahljahr 2002 routinemäßig wie immer verlaufen
sei, d. h. bis zum Wahltag habe man sich in dem üblichen

Engelmann gewesen. Mit ihm habe er engen Kontakt gehabt
im Hinblick auf die laufende Beobachtung der Konjunktur,
die Beurteilung der aktuellen Lage und die Schlussfolgerun-
gen, die sich daraus für die künftige Entwicklung der Kon-
junktur ergeben hätten. Mit den Referatsleitern Dr. Schoof
oder Schlautmann habe er dagegen keinen persönlichen
Kontakt gehabt. Zur Arbeitsweise im Kanzleramt erklärte
Claßen, die vom BMF erhaltenen Fakten und Zahlen wür-
den übernommen und in der Form von Vorlagen aufbereitet.
Zusammen mit den Schlussfolgerungen und politischen Be-
wertungen würden diese nach einer internen Abstimmung
über den Abteilungsleiter an den Chef des Bundeskanzler-
amtes sowie an den Bundeskanzler weitergeleitet (25. Sit-
zung, Protokoll Claßen, S. 32 f.).

2. Kenntnis und Einschätzung durch die
Abteilung 4

Der Zeuge Klein hatte laut seiner Aussage vor dem Aus-
schuss selbstverständlich sowohl Kenntnis von den Ergeb-
nissen der Steuerschätzung im Mai 2002 als auch von den
Steuerausfällen im wichtigen Steuermonat Juni 2002. Zwar
habe er die konkrete Höhe dieser Ausfälle nicht gekannt, da
ihm der Vermerk des Referats I A 6 vom 17. Juli 2002 nicht
zur Kenntnis gelangt sei, er habe aber aus dem BMF relativ
frühzeitig erfahren, dass die Ausfälle erheblich gewesen
seien. Da er jedoch in Übereinstimmung mit seinen Vorge-
setzten und den Wirtschaftsforschungsinstituten mit einem
Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte gerechnet habe,
seien ihm diese Zahlen nicht so alarmierend erschienen. Es
habe auch aus seiner Sicht keinen Anlass für eine Revision
der Wachstumsschätzung der Bundesregierung vom Früh-
jahr 2002 in Höhe von ¾ % gegeben (25. Sitzung, Protokoll
Klein, S. 8). Die fortlaufende Einschätzung der voraussicht-
lichen Nettokreditaufnahme durch das Referat II A 2 im
BMF, so gab der Zeuge an, habe er ebenfalls nicht gekannt
(25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 13).
Der Zeuge Claßen hat ausgeführt, die Steuerschätzung im
Mai 2002 sei für alle Beteiligen eine große Enttäuschung
gewesen. Gleichwohl habe man die Erwartung gehabt, dass
im weiteren Jahresverlauf die ungünstige Steuerentwick-
lung durch eine anziehende Konjunktur und durch irregu-
läre Effekte aufgeholt werden könne. Der Juni-Steuertermin
habe diese Erwartung zwar nicht bestätigt. Man sei aber in
der Abteilung 4 übereinstimmend weiterhin davon ausge-
gangen, dass wegen der positiven Erwartungen für das
2. Halbjahr aufgrund des Halbjahresergebnisses nicht sicher
auf ein ähnlich schlechtes Ganzjahresergebnis zu schließen
sei. Diese Einschätzung habe man dann auch an die Leitung
weitergegeben. Besondere Aufmerksamkeit habe die Steu-
erentwicklung des Monats Juni im Kanzleramt jedoch nicht
erfahren. Man habe eher routinemäßig über das Halbjahres-
ergebnis an die Leitung berichtet und die Ergebnisse auch
nicht als so besonders alarmierend empfunden (25. Sitzung,
Protokoll Claßen, S. 31, 34).
Der Zeuge Dr. Pfaffenbach bestätigte die Darstellung der
Zeugen Klein und Claßen, die Bundesregierung habe bis
zum Oktober keinen Grund gehabt, von ihrer Wachstums-
schätzung aus dem Frühjahr in Höhe von ¾ % abzuweichen,
weil praktisch alle Prognose-Institutionen diese Zahl abge-
deckt hätten. Auch die Steuerschätzung im Mai und die
Umfang gegenseitig informiert. Sein Ansprechpartner sei
üblicherweise der damalige Leiter der Abteilung I im BMF

schlechten Steuerergebnisse aus dem Juni wären – obgleich
ihm die Höhe der Steuerausfälle bekannt gewesen sei – für

Drucksache 15/2100 – 76 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ihn kein Grund zur Beunruhigung gewesen, weil er ebenso
wie seine Mitarbeiter entsprechend der Prognosen mit ei-
nem Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte gerechnet
habe. Insofern habe eine „Bombe“, wie sie der Zeuge
Dr. Overhaus beschrieben hatte, nicht existiert. Ende Au-
gust habe es dann mit dem schwachen ifo-Geschäftsklima-
index ein Signal der Schwäche gegeben, welches allerdings
auch „noch nicht richtig brennend“ gewesen sei. Erst als die
Steuerergebnisse des klassischerweise starken Monats Sep-
tember sowie die Daten für den Auftragseingang und die
Produktion der Monate August und September in den Mo-
naten Oktober bzw. November 2002 vorgelegen hätten, sei
klar geworden, dass die Prognose abzuändern sei (25. Sit-
zung, Protokoll Dr. Pfaffenbach, S. 42, 44).
3. Einschätzung durch den Chef des

Bundeskanzleramtes und den
Bundeskanzler

a) Unterrichtungen an den Chef des Bundes-
kanzleramtes und den Bundeskanzler
durch die Abteilung 4 im Bundeskanzleramt

Der Zeuge Claßen hat vor dem Ausschuss erklärt, Bundes-
kanzler Gerhard Schröder sei von der Abteilung 4 im Mai
zum Ergebnis der Steuerschätzung und im Juli zum Ergeb-
nis der Steuerentwicklung im ersten Halbjahr jeweils über
die aktuellen Daten informiert worden und hätte hierzu auch
die Bewertung durch die Abteilung erhalten (25. Sitzung,
Protokoll Claßen, S. 31).
In der zweiten Hälfte des Monats August erreichten den
Bundeskanzler und den Chef des Bundeskanzleramtes aus
der Abteilung 4 positive Signale hinsichtlich der Entwick-
lung des Wirtschaftswachstums. So unterrichtete die Abtei-
lung mit Vorlage vom 21. August 2002 beide gesondert über
das am folgenden Tag vom Statistischen Bundesamt be-
kannt zu gebende Wirtschaftswachstum für das 2. Quartal
2002 (Dokument Nr. 37). Danach sei das reale BIP gegen-
über dem Vorjahr um 0,5 % und gegenüber dem Vorquartal
um 0,3 % gestiegen. Wegen der starken Wachstumsrück-
gänge im 1. Quartal 2002 sei die Wirtschaftsleistung in der
Halbjahresbetrachtung zwar gegenüber dem 1. Halbjahr
2002 um 0,4 % zurückgegangen, erstmals seit neun Mona-
ten sei aber wieder ein Anstieg der privaten Konsumausga-
ben um 0,2 % zu verzeichnen gewesen. Auch die Vorrats-
veränderungen hätten sich mit +0,8 % positiv entwickelt.
Die Abteilung 4 kam daher zu dem Ergebnis, dass sich die
zu Jahresbeginn eingesetzte positive Wachstumsentwick-
lung im 2. Quartal sichtlich stabilisiert habe. Der deutliche
Anstieg der Vorräte stelle ferner ein typisches Merkmal für
positive Produktionserwartungen der Wirtschaft dar. Zu-
sammen mit der Belebung des privaten Konsums sei dies
ein sicheres Zeichen, dass das Vertrauen in einen sich be-
schleunigenden Aufschwung deutlich gewachsen sei.
Der Zeuge Dr. Pfaffenbach hat hierzu erklärt, seine Abtei-
lung habe den Bundeskanzler Ende August auch über die
Verschlechterung des ifo-Geschäftsklimaindexes unterrich-
tet, sei jedoch in ihrer Bewertung zu dem Ergebnis gelangt,
dass die Wachstumsprognose der Bundesregierung aus dem
Frühjahr nicht geändert werden müsse.
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in seiner Vernehmung

Bundeshaushalt, insbesondere für die Einnahmen- und die
Ausgabenseite, im Großen und Ganzen bekannt gewesen
seien, obwohl er natürlich nicht jeden Bericht in allen Ein-
zelheiten gelesen habe (31. Sitzung, Protokoll BK Schröder,
S. 8). Zudem sei er auch aus seinem Haus laufend über die
Entwicklungen unterrichtet worden. Insofern habe er
Kenntnis gehabt von den Zahlen der Steuerschätzung vom
Mai 2002.

b) Einschätzungen des Chefs des
Bundeskanzleramtes und des
Bundeskanzlers

Staatssekretär Dr. Steinmeier hat vor dem Ausschuss zu-
nächst darauf hingewiesen, dass er im Frühjahr und Som-
mer des Jahres 2002 vornehmlich mit drei Themenberei-
chen befasst gewesen sei, nämlich mit dem Kampf gegen
den internationalen Terrorismus, mit der grundlegenden Re-
form des Arbeitsmarktes und schließlich mit der Flutkata-
strophe. Diese Aufgaben hätten in dem den Untersuchungs-
auftrag umfassenden Zeitraum ganz wesentlich sein
Wahrnehmungsspektrum bestimmt (30. Sitzung, Protokoll
Dr. Steinmeier, S. 8).
Dr. Steinmeier erklärte weiter, die Bundesregierung habe
alle belastbaren Daten zur Wirtschafts- und Finanzlage öf-
fentlich gemacht, so dass eine sehr hohes Maß an Transpa-
renz gewährleistet worden sei. So habe das BMF monatlich
den jeweiligen Ablauf des Bundeshaushalts, d. h. Einnah-
men- wie Ausgabenseite, veröffentlicht. Es sei also weder
etwas verfälscht noch unter der Decke gehalten worden
(30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 9).
Die Bundesregierung sei im Jahr 2002 – ebenso wie die un-
abhängigen Wirtschaftsforschungsinstitute – bis zum Herbst
2002 von einem wirtschaftlichen Aufschwung in der zwei-
ten Jahreshälfte ausgegangen. Ein ernst zu nehmendes An-
zeichen für eine Verschlechterung der Konjunkturlage sei
aus seiner Sicht dann erst die dritte Absenkung des ifo-Ge-
schäftsklimaindexes in Folge Ende August 2002 gewesen.
Aber auch zu dieser Zeit sei der Trend bei wichtigen ande-
ren Konjunkturindikatoren – wie Auftragseingang und Pro-
duktion – noch aufwärts gerichtet gewesen. Die Bundesre-
gierung, so Dr. Steinmeier, habe daher Anlass zu erhöhter
Wachsamkeit, aber keine Veranlassung gehabt, der von den
Wirtschaftsexperten erwarteten gesamtwirtschaftlichen Be-
lebung im weiteren Jahresverlauf zu widersprechen. Sie
habe demzufolge auch keine verlässliche Basis gehabt, von
ihrer Wachstumsprognose von ¾ % abzurücken. Dies habe
umso mehr gegolten, als die nächste turnusmäßige, auf gesi-
cherten Daten beruhende Überprüfung der Projektion ohne-
hin im Oktober angestanden habe (30. Sitzung, Protokoll
Dr. Steinmeier, S. 9 f.).
Auf Nachfrage erklärte Dr. Steinmeier, von den Berechnun-
gen des zuständigen Haushaltsreferats II A 2 im BMF aus
dem Juli 2002, in denen mit einem Anstieg der Nettokredit-
aufnahme auf über 30 Mrd. € gerechnet wurde, habe er
keine Kenntnis gehabt (30. Sitzung, Protokoll Dr. Stein-
meier, S. 21). Erst die Daten zum Auftragseingang und zur
Produktion für August und September, die Anfang Oktober
bzw. Anfang November vorgelegen hätten, sowie die ent-
täuschende Entwicklung der Einnahmen des großen Steuer-
durch den Ausschuss klargestellt, dass ihm die in den Mo-
natsberichten des BMF veröffentlichten Zahlen über den

monats September hätten für ihn eine Belebung im Jahres-
verlauf zunehmend unwahrscheinlich werden lassen und zu

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 77 – Drucksache 15/2100

der Gewissheit geführt, dass sich die ehrgeizigen Haushalts-
ziele der Bundesregierung nicht erreichen lassen würden.
Dagegen sei es nach seiner Ansicht nicht möglich gewesen,
aus dem schwachen Steueraufkommen des 1. Halbjahres,
von dem er zeitnah und in konkreten Zahlen Kenntnis erhal-
ten habe und über dessen Folgen im Kanzleramt auch ge-
sprochen worden sei (30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier,
S. 29), eine sichere Schlussfolgerung dahingehend zu zie-
hen, dass die in der Mai-Steuerschätzung für 2002 prog-
nostizierten Steuereinnahmen deutlich verfehlt würden
(30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 10).
Der Zeuge Dr. Steinmeier hat weiter erklärt, über angebli-
che interne Auseinandersetzungen oder Meinungsverschie-
denheiten im BMF sei ihm zum damaligen Zeitpunkt über-
haupt nichts bekannt geworden. Weiter führte er aus:

„...es gehört in der Politik – (...) – mehr dazu, als nur
Zahlen aus dem Rechner zu nehmen und sie zu Politik zu
erklären. In der Tat gehört die Einschätzung dazu, die
Sie aus dem gesamten Spektrum des Fachwissens des ei-
genen Ressorts und, wie ich vorhin geschildert habe, aus
dem umfangreich vorhandenen Wissen in den Wirt-
schaftsforschungsinstituten und anderen Einrichtungen
heranziehen, um darauf dann eine eigene Entscheidung
zu gründen. Ich habe keinen Anlass, anzunehmen, dass
der Bundesfinanzminister diesen Sachverstand nicht ge-
sucht hat. Deshalb fühle ich mich damals und auch heute
in keiner Weise vom Bundesfinanzminister unvollständig
informiert“ (30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier,
S. 22).

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in seiner einleitenden
Stellungnahme im Rahmen seiner Vernehmung durch den
Ausschuss zunächst klargestellt, dass die aktuelle Entwick-
lung des Bundeshaushalts 2002 ihm jeweils bekannt gewe-
sen sei. Die Zahlen für die Einnahmen- und Ausgabenseite,
die das BMF monatlich veröffentliche, seien Ist-Zahlen und
daher auch nicht in Frage zu stellen. Damit gehe es aus sei-
ner Sicht offenbar nur darum zu prüfen, ob die Bundesregie-
rung mit ihrer Einschätzung des weiteren Haushaltsverlaufs
die Öffentlichkeit bewusst getäuscht habe. Die Bundesre-
gierung habe jedoch, so erklärte Schröder, sowohl im Ver-
lauf des Jahres 2002 als auch unmittelbar vor der Wahl im
Mittel der Prognosen gelegen, die auf dem Markt gewesen
seien. Erst die spätere Entwicklung im Verlauf der Monate
Oktober und November mit den schlechten Steuerergebnis-
sen aus dem September habe den bis dahin übereinstim-
mend positiven Prognosen die Grundlage entzogen. Dies
bedeute aber nicht, dass die Prognosen der Bundesregierung
bis zur Bundestagswahl am 22. September 2002 aus der da-
maligen Sicht ex ante, auf die es hier allein ankomme,
falsch gewesen seien.
Zu einem früheren Zeitpunkt im Jahr habe man, so erklärte
Schröder, in Übereinstimmung mit den unabhängigen Wirt-
schaftsforschungsinstituten wegen der nach oben zeigenden
Konjunkturindikatoren keinen Grund gehabt, etwa die Steu-
erschätzung vom Mai zum Anlass zu nehmen, die eigene
Prognose zu revidieren (31. Sitzung, Protokoll BK Schröder,
S. 9). Bundeskanzler Schröder hat weiter darauf hingewie-
sen, dass es allenfalls Ende August mit dem ifo-Geschäfts-
klimaindex einen ersten Hinweis auf mögliche Schwierig-

weiter nach oben gewiesen hätten, habe die Bundesregie-
rung davon abgesehen, eine abweichende Prognose zu ver-
öffentlichen, um sich wirtschaftspolitisch nicht kontrapro-
duktiv zu verhalten. Hierzu hat er ausgeführt:

„Denn wenn die Bundesregierung eine Prognose macht,
die abweicht und die eine schlechtere Entwicklung ver-
deutlicht, dann muss sie natürlich auch immer darüber
nachdenken, welche Wirkungen die Prognose auf die
Entwicklung selber hat. Das heißt, wenn sie eine negati-
vere Prognose macht, dann müssen schon alle Daten so
sein, dass es dies rechtfertigt“ (31. Sitzung, Protokoll
BK Schröder, S. 9).

Dass man mit dem Haushalt in Schwierigkeiten geraten
würde und die Nettoneuverschuldung würde erhöhen müs-
sen, habe sich erst nach den gewaltigen Steuereinbrüchen
im September 2002 gezeigt, erläuterte Schröder (31. Sit-
zung, Protokoll BK Schröder, S. 20). Was die internen Ver-
merke des Haushaltsreferats aus dem BMF angehe, in denen
die voraussichtliche Nettokreditaufnahme eingeschätzt
wurde, so seien ihm solche Vermerke nicht zur Kenntnis ge-
langt, erklärte Bundeskanzler Schröder. Nach seiner Kennt-
nis gebe es auch keinen ihm zugeleiteten Vermerk aus dem
Kanzleramt, welcher diese Berechnungen zum Inhalt gehabt
hätte (31. Sitzung, Protokoll BK Schröder, S. 16 ff.).

XII. Die Entwicklung nach der Bundestagswahl –
Die Haushaltsdaten des Monats September
und die Einbringung des Nachtragshaus-
halts

1. Die Entwicklung der arbeitsmarktbedingten
Ausgaben im September 2002

Auf der Basis der Monate Januar bis September schätzte das
Referat II C 1 in einer an Staatssekretär Dr. Overhaus ge-
richteten Vorlage vom 11. Oktober 2002 eine Zunahme der
Mehrbelastung für den Zuschuss an die Bundesanstalt für
Arbeit von +0,3 Mrd. € gegenüber dem Vormonat (Doku-
ment Nr. 38). Bei der Arbeitslosenhilfe zeige sich dagegen
keine Veränderung gegenüber der Vormonatsschätzung.
Den geschätzten Mehrbedarf der Bundesanstalt für Arbeit
gegenüber dem Vormonat führte das Referat auf die Fortset-
zung „der äußerst ungünstigen Beschäftigtenentwicklung“
zurück. Darüber hinaus bleibe auch die Dynamik der durch-
schnittlichen Arbeitslosenversicherungsbeiträge der Bei-
tragszahler hinter den Einnahmen nach den Eckwerteschät-
zungen der Bundesregierung zurück. Zwar sei im
September die Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat
saisonbedingt um 76.000 Personen zurückgegangen, saison-
bereinigt sei die Arbeitslosenquote gegenüber dem Vormo-
nat jedoch praktisch unverändert geblieben. Positiv ver-
merkte das Referat, dass der Rückgang bei der Zahl der
Erwerbstätigen deutlich geringer ausgefallen sei als im Juli.
Dagegen habe sich die Zahl der gemeldeten offenen Stellen
im September noch ungünstiger entwickelt als im Vormo-
nat (-38.000 gegenüber dem Vormonat bzw. -65.000 ge-
genüber dem Vorjahresmonat). In seiner abschließenden
Einschätzung der Arbeitsmarktentwicklung im weiteren
Jahresverlauf sah das Referat weiterhin einen Anstieg der
jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenzahl um knapp
200.000 Arbeitslose gegenüber dem Vorjahr. Damit werde
keiten gegeben habe. Vor dem Hintergrund aber, dass die
Konjunkturindikatoren Auftragseingang und Produktion

der aktuelle Eckwert der Bundesregierung vom April des
Jahres um rd. 100.000 Arbeitslose verfehlt.

Drucksache 15/2100 – 78 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Die Entwicklung der Steuereinnahmen im
September 2002

Die Entwicklung der Steuereinnahmen im September 2002
sowie für das Gesamtjahr gegenüber dem Vorjahr lässt sich
dem Monatsbericht des BMF vom Oktober 2002 entneh-
men. Danach lagen die Steuereinnahmen insgesamt (ohne
Gemeindesteuern) um 0,8 % niedriger als im Vormonat. Die
kumulierte Veränderungsrate für den Zeitraum Januar bis
September 2002 der Steuereinnahmen insgesamt gegenüber
dem Vorjahr verbesserte sich damit von -3,9 % im Vormonat
auf -3,5 %. Der Bericht wies darauf hin, dass die Rate damit
aber noch deutlich unter dem bei der Steuerschätzung vom
Mai 2002 prognostizierten Zuwachs von 2,1 % liege. Die
Steuereinnahmen des Bundes lagen im September 2002 um
-1,1 % unter dem Vorjahresergebnis. Insgesamt unterschrit-
ten die Steuereinnahmen des Bundes im Zeitraum Januar bis
September 2002 die entsprechenden Einnahmen des Vorjah-
res um -4,2 %.
Hinsichtlich der Körperschaftsteuer lag das Aufkommen im
Vorauszahlungsmonat September mit 2,6 Mrd. € zwar ge-
ringfügig unter dem Aufkommen des Vorjahresmonats, je-
doch deutlich über dem der vorangegangenen Vorauszah-
lungstermine März mit 1,9 Mrd. € und Juni mit 0,9 Mrd. €.
Bei den Steuern vom Umsatz war dagegen im September
ein Anstieg um 2,1 % gegenüber dem Vorjahresmonat zu
verzeichnen. Damit setzte sich diesbezüglich die positive
Tendenz des vorangegangenen Monats August fort.
3. Prognose des Referats II A 2 für die weitere

Entwicklung des Bundeshaushalts 2002
Mit Vorlage vom 15. Oktober 2002 unterrichtete das
Referat II A 2 den Abteilungsleiter II darüber, dass die Kon-
junkturentwicklung zwar zu einer leichten Verschlechterung
der Haushaltsdaten führe, die Prognose jedoch auch am
Ende des 3. Quartals stabil bleibe (Dokument Nr. 39).
Auf der Ausgabenseite sei eine leichte Entspannung einge-
treten. Zwar führten die ungünstige Beschäftigungsentwick-
lung und die Entwicklung der Arbeitslosenversicherungs-
beiträge zu einem weiteren Mehrbedarf bei den Ausgaben
für den Arbeitsmarkt. Dem stünden allerdings erhebliche
Minderausgaben in den Bereichen Zinsen und im Bereich
Schienenwegeinvestitionen der Deutschen Bahn AG gegen-
über, so dass die Ausgaben nach derzeitigem Stand um nur
noch rd. 2,8 Mrd. € (Vormonat: 3,2 Mrd. €) über dem
Sollansatz lägen. Auf der Einnahmenseite sei dagegen ein
weiterer Rückgang des Steueraufkommens zu verzeichnen,
weswegen nach der aktuellen Projektion die Mindereinnah-
men für das Jahr 2002 auf insgesamt 8,8 Mrd. € zu schätzen
seien. Auch bei den Verwaltungseinnahmen sei mit einer
geringfügigen Verschlechterung gegenüber dem Sollansatz
in Höhe von 0,1 Mrd. € zu rechnen.
Im Ergebnis prognostizierte daher das Referat für das Ge-
samtjahr 2002 einen Anstieg der Nettokreditaufnahme rech-
nerisch von 21,1 Mrd. € auf voraussichtlich 32,8 Mrd. €
(Vormonat: 32 Mrd. €). Damit liege sie um rd. 11,7 Mrd. €
über dem im Bundeshaushalt 2002 vorgesehenen Defizit.
Abschließend wies das Referat darauf hin, dass es realis-
tisch sei, die im Soll unterstellten Erlöse aus dem Besse-
rungsschein der Platzierung von Anteilen der Postnachfol-
geunternehmen in Höhe von 1,7 Mrd. € als Einnahmeausfall

4. Die Einbringung des Nachtragshaushalts
Am 16. Oktober 2002 erklärte Bundesminister Eichel in ei-
ner Pressemitteilung, sein Ministerium werde in Kürze einen
Nachtragshaushalt in den Deutschen Bundestag einbringen.
Wenige Tage zuvor, nach Aussage von Staatssekretär
Dr. Overhaus etwa um den 10. bis 12. Oktober 2002 (7. Sit-
zung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 47), hatte das Ministerium
die Steuerergebnisse des von ihm für wichtig gehaltenen
Vorauszahlungsmonats September 2002 erhalten, auf den
man im Ministerium nach eigenem Bekunden besonders
große Hoffnungen gesetzt hatte. Danach seien zwar im Sep-
tember die Steuereinnahmen laut der kumulierten Verände-
rungsrate gegenüber den Vormonaten angestiegen, gegen-
über dem ohnehin schon sehr schwachen Vorjahresmonat
September jedoch noch zurückgeblieben. Damit seien die
Ergebnisse insgesamt – so Dr. Overhaus – „sehr enttäu-
schend“ gewesen und man habe erkannt, dass das Ziel der
Steuerschätzung vom Mai 2002 nicht mehr erreicht werden
würde. Von diesem Zeitpunkt an habe man überlegen müs-
sen, wie man im Bundeshaushalt mit dem entstehenden
Fehlbetrag umgehe, d. h. für welche der möglichen Hand-
lungsalternativen – Haushaltsfehlbetrag, Aktienverkäufe
oder Nachtragshaushalt – man sich entscheiden werde
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 47 f.).
Als Grund für das schlechte Steuerergebnis vom September
nannte Staatssekretär Dr. Overhaus wiederum den starken
Rückgang der Körperschaftsteuer. Die Hoffnung, dass sich
das Körperschaftsteuereinkommen im Verlauf des Jahres
2002 wieder normalisieren werde, habe sich entgegen der
Einschätzungen des Referats I A 6 nicht realisiert, und man
habe lernen müssen, dass die Unternehmen auch weiterhin
sehr schnell ihre Bilanzen korrigiert und insoweit ihre Steu-
erzahlung tatsächlich sehr rasch verkürzt hätten (7. Sitzung,
Protokoll Dr. Overhaus, S. 49 f.).
Bundesfinanzminister Eichel hat erklärt, nach Eingang der
schlechten Steuerergebnisse vom September sei erkennbar
gewesen, dass die Linie der Steuerschätzung vom Mai im
weiteren Jahresverlauf nicht mehr erreicht werden konnte.
Hieraus habe er die Konsequenz gezogen und einen Nach-
tragshaushalt vorbereitet. Über die Absicht, einen Nach-
tragshaushalt einzubringen, habe er dann im Oktober auch
den Chef des Bundeskanzleramtes informiert, gleichzeitig
aber erklärt, dass die Höhe des Nachtragshaushalts erst nach
der Steuerschätzung vom November festgelegt werden
könne (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 59 f.). Eichel wies
darauf hin, dass er sich in einem Jahr ohne Bundestagswahl-
kampf ebenso verhalten hätte, wie er es im Jahr 2002 getan
habe. Er hätte im Gegenteil sogar bis zur öffentlichen Ver-
kündung von Maßnahmen die Steuerschätzung im November
abgewartet (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 11).
Das Kabinett verabschiedete den Nachtragshaushalt am
20. November 2002. Der Deutsche Bundestag sowie der
Bundesrat haben am 19. Dezember 2002 zugestimmt. Im
Jahresergebnis wurde die ursprünglich geplante Nettokredit-
aufnahme um 10,7 Mrd. € überschritten, der Sollansatz des
Nachtragshaushalts allerdings um 2, 7 Mrd. € unterschritten.

5. Abschluss des Bundeshaushalts 2002

zu werten. Das rechnerische Defizit erhöhe sich in diesem
Fall auf 34,5 Mrd. €.

Der Bundeshaushalt 2002 schloss am 31. Dezember 2002 mit
einer Nettokreditaufnahme von insgesamt 31,8 Mrd. € ab.

– ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum
BIP den Referenzwert von 60 % überschreitet, es sei
denn, dass das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und
sich rasch genug dem Referenzwert nähert.

Grundlage für die Berechnung des öffentlichen Defizits sind

lung der Schuldenquote sowie die Untersuchung der Aus-
wirkungen von Änderungen bei den wichtigsten ökonomi-
schen Annahmen auf die Haushalts- und Verschuldenslage.
Für diese Meldung ist im Bundesministerium der Finanzen
auf Arbeitsebene das Referat I A 1 zuständig, das seiner-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 79 – Drucksache 15/2100

C. Die Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrags und des Europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspakts

I. Der Europäische Stabilitäts- und
Wachstumspakt

1. Rechtsgrundlagen für die Festlegung der
gesamtstaatlichen Defizitgrenze und
deren Bemessungsgrundlage

Mit dem Vertrag von Maastricht haben die Mitgliedsstaaten
der Europäischen Union im Jahre 1992 den Grundstein für
die stufenweise Verwirklichung einer Wirtschafts- und
Währungsunion gelegt, deren dritte und letzte Stufe zum
1. Januar 1999 begann und an der Deutschland in vollem
Umfang teilnimmt. Um einer Gefährdung der Stabilität die-
ser Wirtschafts- und Währungsunion durch eine unsolide
Haushaltspolitik der einzelnen Mitgliedsstaaten entgegen-
zuwirken, haben die Vertragsparteien zugleich eine gemein-
schaftsrechtliche Haushaltsdisziplin eingeführt. Zu den we-
sentlichen Voraussetzungen, die die Mitgliedsstaaten
dauerhaft erfüllen müssen, gehört das Erreichen und die
Einhaltung eines hohen Grades an dauerhafter Konvergenz,
d. h. an Annäherung der wichtigsten Elemente der nationa-
len an die Grundzüge der gemeinschaftlichen Wirtschafts-
politik. Maßstab hierfür sind die in Art. 121 Abs. 1 EG-Ver-
trag festgelegten sog. Konvergenzkriterien. Eines dieser
Kriterien fordert „eine auf Dauer tragbare Finanzlage der
öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen Haus-
haltslage ohne übermäßiges Defizit gemäß Art. 104 Abs. 6
EG-Vertrag“. Referenzwerte für die Feststellung eines über-
mäßigen Defizits in diesem Sinne sind nach Art. 1 des dem
EG-Vertrag beigefügten Protokolls über das Verfahren bei
einem übermäßigen Defizit dann erreicht, wenn das gesamt-
staatliche jährliche Finanzierungsdefizit mehr als drei Pro-
zent vom BIP beträgt und/oder der öffentliche Brutto-Ge-
samtschuldenstand sich auf mehr als 60 % vom BIP beläuft.
Innerhalb der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungs-
union besteht damit gem. Art. 104 Abs. 1 EG-Vertrag für
die teilnehmenden Mitgliedstaaten die Verpflichtung, ein
solches übermäßiges Defizit zu vermeiden.
Ob die Mitgliedsstaaten übermäßige öffentliche Defizite
vermeiden, misst sich gemäß Art. 104 Abs. 2 des EG-Ver-
trages in Verbindung mit Art. 1 des dem Vertrag von
Maastricht beigefügten „Protokoll über das Verfahren bei
einem übermäßigen Defizit“ daran,
– ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öf-

fentlichen Defizits zum BIP den Referenzwert von 3 %
überschreitet, es sei denn, dass entweder das Verhältnis
erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen
Wert in der Nähe des Referenzwerts erreicht hat oder der
Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend
überschritten wird und das Verhältnis in der Nähe des
Referenzwerts bleibt, und

aus den Finanzierungssalden der Haushalte von Bund, Län-
dern und Gemeinden sowie der Sozialversicherungen.

2. Festellung der Haushaltsdisziplin der
Mitgliedsstaaten

a) Übermittlung der relevanten Wirtschafts-
daten durch die Mitgliedsstaaten

Zur Gewährleistung der Dauerhaftigkeit wirtschaftlicher
Konvergenz haben die Vertragsparteien mit einer Ent-
schließung vom 17. Juni 1997 im Zusammenhang mit der
Verabschiedung des Vertrags von Amsterdam und den Ver-
ordnungen Nr. 1466/97 und Nr. 1467/97 des Rates vom
7. Juli 1997 den sog. Stabilitäts- und Wachstumspakt ver-
einbart. Als supranationales Instrument soll dieser Pakt der
Begrenzung innerstaatlicher Verschuldungsneigungen die-
nen und das mittelfristige und für alle Mitgliedsstaaten ver-
bindliche Ziel eines nahezu ausgeglichenen oder einen
Überschuss aufweisenden Haushalts (close to balance or in
surplus) zu erreichen helfen, indem er die Vermeidung
übermäßiger öffentlicher Defizite auch nach dem Eintritt in
die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion durch
ständige Überwachung der Einhaltung der Konvergenzkri-
terien sicherstellt. Im Rahmen des sog. multilateralen
Überwachungsverfahrens nach Art. 99 Absätze 3 und 4
EG-Vertrag (ex-Art. 103) und des Defizitverfahrens nach
Art. 104 EG-Vertrag (ex-Art. 104c) sind die Mitgliedsstaa-
ten dazu verpflichtet, dem Rat und der Kommission mehr-
fach im Verlauf eines Jahres ihre relevanten Wirtschaftsda-
ten zu übermitteln: Jeweils vor dem 1. März und vor dem
1. September eines Jahres teilen die Mitgliedsstaaten der
Kommission unter anderem
– ihr geplantes öffentliches Defizit für das laufende Jahr,

eine aktualisierte Schätzung ihres tatsächlichen öffentli-
chen Defizits für das vorangegangene Jahr sowie

– ihre Schätzung der tatsächlichen Höhe des öffentlichen
Schuldenstandes zum Ende des vergangenen Jahres mit
(Verordnung (EG) Nr. 3605/93 DES RATES).

Zum Ende eines jeden Jahres reichen die Mitgliedsstaaten
ihre sog. nationalen Stabilitätsprogramme bzw. deren Fort-
schreibung ein. Gemäß der Verordnung Nr. 1466/97 und
entsprechend den Festlegungen des zuständigen Rates der
europäischen Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN-
Rat) stellt das nationale Stabilitätsprogramm die kurz- und
mittelfristige Finanzpolitik der jeweiligen Mitgliedsstaaten
dar. Hierzu gehören zwingend die Angabe der Erreichung
des mittelfristigen Zieles eines ausgeglichenen Haushalts
oder eines Überschusses sowie der Anpassungspfad in
Richtung auf dieses Ziel und die voraussichtliche Entwick-
die Zahlen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen
(VGR). Das gesamtstaatliche Defizit setzt sich zusammen

seits die ökonomischen Daten vor allem von dem Referat
I A 4 zugeliefert bekommt.

Das Referat I A 4 erstellt an zwei Terminen im Jahr, einmal
im Frühjahr und einmal im Herbst, auf der Grundlage einer
gesamtwirtschaftlichen Projektion und der aktuellen Schät-
zung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ eine Schät-
zung zum gesamtstaatlichen Defizit. Zu diesen beiden Ter-
minen steht ein relativ guter Datenkranz zur Verfügung, der
eine Schätzung erlaubt.
Zwischen diesen beiden Terminen werden von dem Referat
die Entwicklung der Haushalte und der Steuern beobachtet.
Die Schätzungen werden in Form einer groben Peilung an-
gepasst. Diese Anpassungen sind weder vom Charakter
noch von der Qualität vergleichbar mit den beiden Stan-
dardschätzungen.

b) Die frühzeitige Warnung nach Art. 99
EG-Vertrag („blauer Brief“)

Im Falle einer drohenden Verletzung insbesondere der Drei-
Prozent-Defizitobergrenze durch die Mitgliedsstaaten sieht
der Stabilitäts- und Wachstumspakt im Rahmen der multila-
teralen Überwachung ein präventives Frühwarnsystem nach
Art. 99 Abs. 3 und 4 EG-Vertrag (ex-Art. 103) i.V.m. Art. 6
der Verordnung Nr. 1466/97 vor.
Gemäß Art. 99 Abs. 3 EG-Vertrag (ex-Art. 103) überwacht
der Rat anhand von Berichten der Kommission die wirt-
schaftliche Entwicklung in jedem Mitgliedsstaat und in der
Gemeinschaft sowie die Vereinbarkeit der Wirtschaftspoli-
tik in den Mitgliedsstaaten mit den Grundzügen der gemein-
samen Wirtschaftspolitik und nimmt in regelmäßigen Ab-
ständen eine Gesamtbewertung vor, sog. multilaterale
Überwachung.
Die auf der Grundlage von Art. 99 Abs. 5 EG-Vertrag erlas-
sene Verordnung des Rates Nr. 1466/97 vom 7. Juli 1997
über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung
und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschafts-
politiken präzisiert das Instrument der multilateralen Über-
wachung und legt die Regeln für den Inhalt, die Vorlage und
die Prüfung der nationalen Stabilitätsprogramme und für die
Beobachtung von deren Umsetzung im Rahmen der multila-
teralen Überwachung nach Art. 99 Abs. 3 und 4 EG-Vertrag
durch den Rat fest, um das Entstehen übermäßiger öffentli-
cher Defizite in einem frühen Stadium zu verhindern. Gem.
Art. 6 der Verordnung Nr. 1466/97 ermittelt der zuständige
ECOFIN-Rat, ob die Haushaltslage der Mitgliedsstaaten
von dem im nationalen Stabilitätsprogramm vorgegebenen
mittelfristigen Haushaltsziel oder von dem entsprechenden
Anpassungspfad erheblich abweicht oder abzuweichen
droht bzw. das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirt-
schafts- und Währungsunion gefährdet. Hierzu geben so-
wohl die Kommission als auch der Wirtschafts- und Finanz-
ausschuss eine Bewertung ab. Stellt der Rat sodann ein
erhebliches Abweichen der Haushaltslage fest, so kann er
auf entsprechende Empfehlung der Kommission vor dem
Entstehen eines drohenden übermäßigen Defizits von mehr
als 3 % mit qualifizierter Mehrheit als frühzeitige Warnung
die erforderlichen Empfehlungen an den betreffenden Mit-
gliedsstaat richten, die notwendigen Anpassungs- bzw. Kor-
rekturmaßnahmen zu ergreifen. Im deutschen Sprachge-

brauch hat diese frühzeitige Warnung des Rates die
Bezeichnung „blauer Brief“ erhalten.
c) Das Verfahren bei Überschreitung des

gesamtstaatlichen Defizits nach
Art. 104 EG-Vertrag

Hiervon zu unterscheiden ist das Verfahren nach Art. 104
EG-Vertrag i.V.m. der Verordnung des Rates Nr. 1467/97
vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des
Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit im Falle des tat-
sächlichen Erreichens oder Überschreitens der Defizitober-
grenze. Gem. Art. 104 Abs. 3 EG-Vertrag ist die Kommis-
sion verpflichtet, einen Bericht zu erstellen, wenn ein
Mitgliedsstaat die Defizitobergrenze überschreitet und dies
nicht nur ausnahmsweise, vorübergehend sowie in geringem
Ausmaß geschieht und/oder wenn der öffentliche Gesamt-
schuldenstand die Grenze von 60 % vom BIP übersteigt, es
sei denn, diese Entwicklung ist hinreichend rückläufig.
Nach Berücksichtigung einer vom Wirtschafts- und Finanz-
ausschuss abzugebenden Stellungnahme entscheidet die
Kommission darüber, ob aus ihrer Sicht in einem Mitglieds-
staat ein übermäßiges Defizit besteht oder nicht. Bejaht sie
dies, so legt sie dem ECOFIN-Rat gem. Art. 104 Abs. 5
i.V.m. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1467/97 ihrerseits
eine Stellungnahme und Empfehlung vor.
Ob ein übermäßiges Defizit besteht, entscheidet gem. Art. 104
Abs. 6 i.V.m. Art. 3 der Verordnung 1467/97 der ECOFIN-
Rat mit qualifizierter Mehrheit innerhalb von drei Monaten
nach dem letzten Meldetermin; stellt er ein übermäßiges
Defizit fest, so spricht er gleichzeitig Empfehlungen an den
betreffenden Mitgliedsstaat aus und setzt ihm eine Frist für
das Ergreifen wirksamer Maßnahmen. Die Korrektur sollte
dann in dem auf die Feststellung des übermäßigen Defizits
folgenden Jahr erreicht werden.
d) Sanktionen bei der Nichteinhaltung der

Empfehlungen des Rates
Ergreift der betreffende Mitgliedsstaat keine geeigneten
Maßnahmen, so kann der Rat den Beschluss fassen, gem.
Art. 104 Abs. 8 bis 11 EG-Vertrag i.V.m. Art. 6 der Verord-
nung Nr. 1467/97 innerhalb von 10 Monaten nach dem letz-
ten Meldetermin die in Art. 104 Abs. 11 EG-Vertrag vorge-
sehenen Sanktionen zu verhängen. Beispielsweise kann er
von dem Mitgliedsstaat verlangen, bis zur Korrektur des
Defizits eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe
bei der Gemeinschaft zu hinterlegen. Ob und welche Sankti-
onen er verhängt, steht im Ermessen des Rates. Wird das
Defizit nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Sankti-
onsbeschluss korrigiert, kann der Rat die unverzinsliche
Einlage in eine Geldbuße umwandeln. In jedem Folgejahr
bis zur Aufhebung des Beschlusses über das Vorliegen eines
übermäßigen Defizits beurteilt der Rat, ob der Mitglieds-
staat wirksame Maßnahmen getroffen hat. Anderenfalls be-
steht die Möglichkeit, die bereits verhängten Sanktionen
– etwa durch eine zusätzliche Einlage – zu verschärfen. Ist
das Defizit nach Auffassung des Rates korrigiert worden, so
hebt er seine Entscheidungen gem. Art. 104 Abs. 12 EG-
Vertrag auf und das Verfahren zur Feststellung eines über-
mäßigen Defizits ist beendet.
Drucksache 15/2100 – 80 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

3. Innerstaatliche Umsetzung des Stabilitäts-
und Wachstumspaktes – der nationale
Stabilitätspakt

Für die innerstaatliche Einhaltung des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes tragen Bund und Länder gemeinsam die
Verantwortung. Zwar ist gegenüber der Europäischen Union

pflichtet. Wegen der verfassungsrechtlichen Grundsätze der
Bundestreue sowie der gesamtstaatlichen Verantwortung
des Bundes und der Länder richtet sich die Verpflichtung
zur Einhaltung der Maastricht-Bestimmungen in der föderal
strukturierten Bundesrepublik Deutschland gleichermaßen
an Bund und Länder. Die Gewährleistung der gemeinsamen
Einhaltung durch die jeweiligen mit Haushaltsautonomie
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 81 – Drucksache 15/2100
auf nationaler Ebene jeweils der Gesamtstaat zur Einhaltung
der Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts ver-

ausgestatteten staatlichen Ebenen soll durch innerstaatliche
Regelungen sichergestellt werden.

Finanzierungssaldo des Sektors Staat (Anteil am BIP)

1) Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Herbst des Vorjahres): BT-Drs. 12/3774;
12/6170; 13/26; 13/3016; 13/6200; 13/9090; 14/73; 14/2223; 14/4792; 14/7569. Bis 1994 keine Angabe von Defiziten in der Abgrenzung der
VGR. Projektion für 1995 (-10,1 %) einschließlich der Übernahme der Treuhand-Schulden

2) Jahreswirtschaftsberichte der Bundesregierung (Jahresbeginn): BT-Drs. 12/2018; 12/4330; 12/6676; 13/370; 13/3601; 13/6800; 13/10107;
14/334; 14/2611; 14/5201; 14/8175; 15/372

Herbstgutach-
ten des SVR1)

Projektion
JWB der BReg
für das lfd.
Jahr2)

Gemeinschafts-
diagnose Früh-
jahr des lfd.
Jahres3)

Projektion
Finanzpla-
nungsrat

Juni/Juli für
das jew. Jahr

Projektion
Finanzpla-
nungsrat

Nov./Dez. für
das jew. Jahr

Endgültige bzw.
vorläufige
Ergebnisse
Stat. BAmt4)

1993 -3 ½ % -3,1 %
1994 -3 % -2,4 %
1995 -2 ½ % -2 ½ % -3 % -3,3 %
1996 -3,0 % -3 ½ % -3 ½ % -3 ¾ % -3,4 %
1997 -3,3 % -2,9 % -3 % -2,7 %
1998 -2,6 % -2 ½ % -2,7 % -2 ½ % -2 ½ % -2,2 %
1999 -1,8 % -2 % -1,8 % -2 % -1 ½ % -1,5 %
2000 -1,3 % -1 % -1,1 % -1 % +1 ½ %5) +1,3 %6)
2001 -1,6 % -1 ½ % -1,7 % -1 ½ % -2 ½ % -2,8 %
2002 -2,3 % -2 ½ % -2,3 % -2 ½ % -3 ¾ % -3,5 %
Drucksache 15/2100 – 82 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Vor diesem Hintergrund wurde in Deutschland im Jahr 2001
mit der Aufnahme einer allgemeinen Regelung zur Einhal-
tung der Maastricht-Bestimmungen und des Stabilitäts- und
Wachstumspakts in das Maßstäbegesetz (MaßstG) die
Grundlage für eine Änderung des Haushaltsgrundsätzege-
setzes (HGrG) gelegt (BGBl. 2001, S. 2302). In diesem Ge-
setz wurde in § 4 Abs. 3 festgelegt, dass bei der Gestaltung
der öffentlichen Haushalte sicherzustellen sei, dass durch
eine gemeinsame Ausgabenlinie die Bestimmungen des
Maastricht-Vertrags und des Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakts zur Begrenzung des gesamtwirtschaftli-
chen Defizits umgesetzt würden. Im Zusammenhang mit
der Neuregelung des Finanzausgleichs wurde schließlich im
Solidarpaktfortführungsgesetz (SFG) vom 20. Dezember
2001 die Änderung des HGrG beschlossen, nach der ein
Verfahren die innerstaatliche Umsetzung der Vereinbarun-
gen von Maastricht und des Europäischen Stabilitätspaktes
sicherstellen soll. Zielsetzung des neuen § 51 a HGrG ist es,
ein EU-taugliches Konzept zu entwickeln, das die institutio-
nellen Strukturen des deutschen Föderalismus berücksich-
tigt. Hierzu sieht die Regelung insbesondere vor, dass Bund
und Länder die Rückführung der Nettoneuverschuldung mit
dem Ziel des Haushaltsausgleichs anstreben und dass der
Finanzplanungsrat Empfehlungen zu einer gemeinsamen
Ausgabenlinie und zur Haushaltsdisziplin bzw. zur Wieder-
herstellung der Haushaltsdisziplin abgibt.
Ursprünglich sollte diese Regelung im Zusammenhang mit
der Neuregelung des Finanzausgleichs erst zum 1. Januar

2005 in Kraft treten. Vor dem Hintergrund der im Rahmen
des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts am
12. Februar 2002 gegenüber dem ECOFIN-Rat von Deutsch-
land zugesagten Einhaltung der Stabilitätsziele erörterte al-
lerdings der Finanzplanungsrat in einer Sondersitzung am
21. März 2002 deren Umsetzung auf den unterschiedlichen
staatlichen Ebenen und kam überein, § 51 a HGrG schon zum
1. Juli 2002 unverzüglich noch in der laufenden Legislatur-
periode in Kraft zu setzen. Der Deutsche Bundestag hat am
6. Juni 2002 einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Mit ihrer Zustimmung zu diesem nationalen Stabilitätspakt
haben die Länder ihre Mitverantwortung zur Einhaltung der
europäischen Vorgaben zur Haushaltsdisziplin anerkannt.
Dennoch bleiben weitere Punkte der innerstaatlichen Um-
setzung offen. So sind insbesondere die Empfehlungen des
Finanzplanungsrates nach wie vor nicht sanktionsbewehrt.
Außerdem fehlt es an Regelungen, wie mögliche Sanktions-
zahlungen an die EU auf Bund und Länder zu verteilen wä-
ren.
Die Voraussage des gesamtstaatlichen Defizits ist mit einer
Unschärfe behaftet, je später das Schätzdatum, desto ge-
nauer die Prognose. In den letzten elf Jahren lag die Prog-
nose der Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht für
das laufende Jahr nur in vier Fällen um 0,2 % oder weniger
am endgültigen Ergebnis. Selbst die Prognosen der Bundes-
regierung im Jahreswirtschaftsbericht für das abgelaufene
Jahr lagen in der Hälfte der Fälle um 0,2 % oder mehr neben
dem endgültig festgestellten Ergebnis.
3) Bis 1998 kein Ausweis von Defizitquoten; 4 Nach ESVG 1995; Stand: August 2003, 5) Einschließlich UMTS-Erlöse. Ohne UMTS: -1 %
6) Einschließlich UMTS-Erlöse. Ohne UMTS: -1,2 %

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 83 – Drucksache 15/2100

II. Verfahrensüberlegungen nach Art. 99
EG-Vertrag im Frühjahr 2002

1. Die Empfehlung der EU-Kommission
an den ECOFIN-Rat

Mit Schreiben vom 29. Januar 2002 unterrichtete der für
Wirtschafts- und Währungsangelegenheiten zuständige EU-
Kommissar Dr. Pedro Solbes Bundesfinanzminister Eichel
über die Absicht der Kommission, dem ECOFIN-Rat zu
empfehlen, gegenüber Portugal und Deutschland eine sog.
frühzeitige Warnung auszusprechen. Grund hierfür waren
die mit dem nationalen Stabilitätsprogramm im Dezember
2001 von Deutschland an den ECOFIN-Rat übermittelten
Wirtschaftsdaten und die darauf basierende Befürchtung der
Kommission, dass Deutschland die im EG-Vertrag festge-
legten sog. Stabilitäts- bzw. Konvergenzkriterien im Jahr
2002 möglicherweise nicht würde einhalten können.
Dementsprechend beschloss die EU-Kommission Ende Ja-
nuar 2002, dem Rat zu empfehlen, gegenüber Deutschland
und Portugal eine frühzeitige Warnung nach Art. 99 EG-
Vertrag i.V.m. Art. 6 der Verordnung 1466/97 auszuspre-
chen, da nach dem tatsächlichen gesamtstaatlichen Haus-
haltsdefizit von 2,6 % im Jahr 2001 das erwartete Defizit
2002 sich mit 2½ % noch immer in der Nähe der zulässigen
Obergrenze von 3 % befand.
2. Öffentliche Diskussion in Deutschland über

die Empfehlung der Kommission
In der deutschen Öffentlichkeit fand eine Diskussion dar-
über statt, wie sich der deutsche Bundesminister der Finan-
zen in der Sitzung des ECOFIN-Rates verhalten würde.
Zum Einen gab es die Überlegung, die Entscheidung der
Kommission hinzunehmen, zum Anderen wurde erwogen,
offensiv gegen die geplante Verwarnung vorzugehen, da sie
im Ergebnis nicht gerechtfertigt sei. Die Bundesregierung
entschied sich im Ergebnis einvernehmlich dafür, die ge-
plante Verwarnung nicht zu akzeptieren.
a) Darstellung der Diskussion über die Haltung

der Bundesregierung in den Medien
In der Sendung „Sabine Christiansen“ vom 3. Februar 2002
zu dem Thema „Blauer Brief und rote Zahlen! Deutschland
unter Druck…“ erklärte Bundesfinanzminister Hans Eichel,
die Feststellungen der Kommission bedeuteten im Ergebnis
eine massive Unterstützung seines finanzpolitischen Sanie-
rungskurses. So habe man nicht dargelegt, dass die Bundes-
regierung eine falsche Politik betreibe und was sie anders
machen solle. Es komme jetzt darauf an, die Konsolidie-
rungspolitik konsequent weiterzuführen. Dies bedeute, dass
es keinen Raum für zusätzliche Ausgabenprogramme geben
werde. Im Moment bestehe in Deutschland die Situation,
dass die Einnahmen der Länder nicht stärker zurückgegan-
gen seien als die des Bundes, die Länder ihre Defizite je-
doch aufgrund einer expansiven Ausgabenpolitik verdrei-
facht hätten. Dies werde sich ändern müssen, denn die
Verantwortung für den Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakt liege beim Gesamtstaat. Derzeit fehle es
noch an einem geeigneten Instrumentarium, um die Länder
zur Sparsamkeit zu bringen. Im Übrigen sei Deutschland
auf einem guten Weg. Auch die Steuerreform mit dem größ-

Deutschland über den höchsten Beschäftigungsstand seit
der Wiedervereinigung. Er habe daher eine sehr genaue Pla-
nung, wie Deutschland bis zum Jahr 2006 zu einem ausge-
glichenen Haushalt komme. Bereits in diesem Jahr werde es
sichtbar wieder aufwärts gehen, sodass man am Ende des
Jahres bei einem jahresbezogenen Wirtschaftswachstum
von 3 % liegen und im nächsten Jahr den Durchschnitt der
EU erreichen werde.
Nach Darstellung des Nachrichtenmagazins „DER SPIE-
GEL“ vom 9. Februar 2002 habe Bundesminister Eichel an-
geblich in der Kabinettsitzung vom 30. Januar 2002 emp-
fohlen, ruhig zu bleiben und die Mahnung aus Brüssel lieber
nicht zu kommentieren, sondern still zu kassieren. „DER
SPIEGEL“ berichtete weiter, auch der Bundesaußenminis-
ter Joschka Fischer habe sich gegen ein offensives Vorgehen
der Regierung gegen die Kommission gewandt und dazu ge-
raten, den anderen Europäern ein gutes Beispiel zu sein und
das gemeinsame Interesse an der Stabilität der Währung zu
wahren.
Am 1. Februar 2002 erklärte Bundeskanzler Gerhard Schrö-
der in New York gegenüber der Zeitung „International He-
rald Tribune“, er habe kein Verständnis für die Empfehlung
der EU-Kommission und mutmaßte, für deren Vorgehen
müsse es andere als ökonomische Gründe geben. Wenige
Tage später, am 4. Februar 2002, führte auch Regierungs-
sprecher Uwe-Karsten Heye in der Bundespressekonferenz
aus, die Bundesregierung halte die geplante Verwarnung
Deutschlands nicht für gerechtfertigt, da sich Berlin keine
Politikverfehlung vorzuwerfen habe und das höhere Defizit
ausschließlich konjunkturell bedingt sei. Im Übrigen
stimme die Kommission inhaltlich mit der Bundesregierung
völlig überein.
Gegenüber dem Ausschuss erklärte der Zeuge Heye, dass es
in dieser Frage innerhalb der Bundesregierung keinen Kon-
flikt gegeben habe. Es habe sich vielmehr um eine Bewer-
tungsfrage gehandelt, bei der die Bundesregierung überein
gekommen sei, sich sehr entschieden gegen den „blauen
Brief“ zu wenden (28. Sitzung, Protokoll Heye, S. 9). Heye
bestätigte schließlich auch nicht die Meldung des Magazins
„Wirtschaftswoche“ vom 7. Februar 2002, wonach er den
Kanzler in der Frage des Umgangs mit dem drohenden
„blauen Brief“ angeblich ungeschickt beraten habe. In die-
ser Frage, so erklärte Heye vor dem Ausschuss, habe er den
Kanzler gewiß nicht beraten, da dieser über einen größeren
Sachverstand verfügt habe (28. Sitzung, Protokoll Heye,
S. 14).
Die Zeitung „DIE WELT“ berichtete daraufhin am 5. Fe-
bruar 2002, dass das Bundeskanzleramt den drohenden
„blauen Brief“ wegen des Etatdefizits in Höhe von 2,7 %
mit aller Kraft verhindern wolle. Nachdem der Bundesfi-
nanzminister noch vor wenigen Tagen erklärt habe, gegen
die Rüge der Kommission nichts unternehmen zu wollen,
versuche die Bundesregierung nun, massiv zu intervenieren.
Insbesondere Bundeskanzler Schröder solle angeblich den
Bundesfinanzminister zu einer Ablehnung des „blauen Brie-
fes“ drängen. Im Kanzleramt fürchte man, dass mit einer of-
fiziellen Abmahnung Deutschlands durch die EU-Finanzmi-
nister der Opposition um Herausforderer Stoiber im
Wahlkampf eine Steilvorlage gegeben werde. Dies solle Ei-
ten Entlastungsvolumen sei ein richtiger Schritt und zeige,
dass Deutschland kein Hochsteuerland sei. Auch verfüge

chel laut „Die WELT“ beim Treffen des ECOFIN-Rates
verhindern.

Drucksache 15/2100 – 84 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Am 6. Februar 2002 kündigte eine Sprecherin des BMF an,
Bundesfinanzminister Eichel werde bei der Sitzung des
ECOFIN-Rates am 12. Februar 2002 erläutern, dass das
Verfahren des „early warning“ nicht gerechtfertigt sei.
In einem Interview mit der Zeitung „Handelsblatt“ vom
11. Februar 2002 und damit unmittelbar vor der Sitzung des
ECOFIN-Rates erläuterte der Bundeskanzler schließlich
nochmals seine Position und erklärte, er halte den Stabili-
tätspakt für richtig und vernünftig. Man müsse allerdings
auch sehen, wie er angewendet werde. Nach dem Pakt habe
sowohl derjenige Sanktionen zu erwarten, der die Kriterien
des Stabilitätspakts nicht erfülle, als auch derjenige, der eine
falsche Stabilitätspolitik betreibe. Nach allem, was die Bun-
desregierung wisse, werfe die Kommission ihr jedoch nicht
vor, die Kriterien verletzt zu haben. Zwar gehe die Regie-
rung derzeit von einem Defizit von 2,5 % und die Kommis-
sion von einem Defizit von 2,7 % aus, die Grenze von 3 %
werde jedenfalls aber nicht überschritten. Weiter erklärte
Schröder:

„Wir müssen uns mit einer Meinung der Kommission
auseinandersetzen, von der ich glaube, dass sie mit dem
Stabilitätspakt so nicht zu begründen ist. Im Übrigen
wird uns bescheinigt, mit dem Konsolidierungskurs die
richtige Politik zu verfolgen. Also: Wenn wir die richtige
Politik machen und das Defizitziel nicht verletzen – wo
ist dann die Begründung für eine Maßnahme, deren poli-
tische Wirkung ja nicht zu leugnen ist?“

b) Kritik des damaligen haushaltspolitischen
Sprechers der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN am Bundeskanzler

Der damalige haushaltspolitische Sprecher der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hielt im Februar 2002 Kritik
der Bundesregierung an der Kommission für unklug. Den
Bundeskanzler griff er am 7. Februar 2002 in einem in einer
Fernsehsendung übertragenen Interview mit den Worten an:

„[Bundeskanzler] Schröder war außerordentlich unklug
und undiplomatisch in den letzten Tagen in Richtung
Brüssel. Gerade der Rücktritt [von ECB-Präsident Dui-
senberg] führt natürlich jetzt auch zu einer Nachfolge-
diskussion, und in Verbindung mit den Irritationen, die
die Deutschen mit ihrem Amoklauf gegen die Kommis-
sion auslösen, tut das dem Euro nicht gut.“

Der Bundeskanzler ärgerte sich über diese Äußerung und
brachte seinen Unmut über den Zeugen Metzger auch ge-
genüber Mitgliedern der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN zum Ausdruck. Dies bestätigte sowohl der als Zeuge
vernommene Bundeskanzler als auch der Zeuge Metzger.
Der Frage, ob – wie der Zeuge Metzger behauptet hat – in
der selben Nacht vom Kanzleramt gegenüber der Partei-
und Fraktionsführung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
angeregt worden war, auf den Vorwurf des Amoklaufs mit
einer öffentlichen Distanzierung von Metzger zu reagieren,
ging der Ausschuss nicht weiter nach. Eine solche öffentli-
che Distanzierung erfolgte jedenfalls nicht.
Im einzelnen äußerten sich die Zeugen vor dem Ausschuss
wie folgt:
Der Zeuge Oswald Metzger berichtet in seinem im Jahr

Bundesaußenminister Joschka Fischer eine harte Haltung
zum europäischen Stabilitätspakt eingenommen und sich
gegen eine flexible Interpretation des Maastricht-Kriteriums
gewandt (a. a. O., S. 40). Ebenso wie ursprünglich Bundes-
finanzminister Hans Eichel habe er daher im Februar 2002
zur „demütigen Hinnahme“ des drohenden „blauen Briefes“
aus Brüssel geraten. Seiner Auffassung nach hätte sich der
damit verbundene Druck aus Brüssel als sehr hilfreich ge-
gen Heilsversprechungen in den Wahlprogrammen der Par-
teien erweisen können. Nur so wären Strukturreformen bei
sozialstaatlichen Leistungen und eine konsequente Konsoli-
dierung des Bundeshaushalts auf der Ausgabeseite zu errei-
chen gewesen, ohne die Deutschland das Drei-Prozent-Kri-
terium nicht einhalten könne.
Metzger spekuliert in seinem Buch, dass Bundeskanzler
Gerhard Schröder sich am 4. Februar 2002 in Paris der fran-
zösischen Unterstützung für den deutschen Widerstand ge-
gen das Maastrichtkriterium versichert habe. Metzger mut-
maßt, dass hierbei auch die Regelung der Nachfolge Wim
Duisenbergs als EZB-Präsident durch einen Franzosen eine
Rolle gespielt habe. Weiter schreibt Metzger:

„Die Tagesthemen griffen am 7. Februar das Thema auf.
Am Abend der Weiberfastnacht gegen 22.45 Uhr saß
Gerhard Schröder höchstpersönlich vor dem Bildschirm
im Kanzleramt und hörte den Abgeordneten Metzger sa-
gen: „Schröder war außerordentlich unklug und undi-
plomatisch in den letzten Tagen in Richtung Brüssel. Ge-
rade der Rücktritt (Duisenberg) führt natürlich jetzt
auch zu einer Nachfolgediskussion, und in Verbindung
mit den Irritationen, die die Deutschen mit ihrem Amok-
lauf gegen die EU-Kommission auslösen, tut das dem
Euro nicht gut.“

Der Kanzler, so Metzger in seinem Buch weiter, sei darauf-
hin so aufgebracht gewesen, dass er unmittelbar nach der
Sendung den damaligen Vorsitzenden der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN, Rezzo Schlauch, ins Kanzleramt
zitiert und diesem kurz vor Mitternacht lautstark klarge-
macht habe, er werde sich das nicht bieten lassen. Die Äu-
ßerungen Metzgers seien in höchstem Maße koalitionsschä-
digend. Er habe daher von den Grünen gefordert, die
Angelegenheit bis zum nächsten Morgen öffentlich zu be-
reinigen. Die Pressestelle der Grünen habe dann in großer
Eile eine Pressemitteilung gefertigt, in der sich der Partei-
vorsitzende Fritz Kuhn und der Fraktionsvorsitzende Rezzo
Schlauch von seinen (Metzgers) „Ausfällen“ mit deutlichen
Worten distanziert hätten. Da der Tagesthemen-Beitrag je-
doch keine Agenturreaktionen zur Folge gehabt habe und
die Tickerlage ruhig geblieben sei, sei Rezzo Schlauch am
nächsten Morgen nochmals im Kanzleramt erschienen und
habe Schröder vorgeschlagen, auf eine Distanzierung von
Metzger in der Presse zu verzichten, weil man damit das
Thema unnötigerweise hochziehe. Schröder habe sich in-
zwischen soweit beruhigt gehabt, dass er angesichts der ru-
higen Nachrichtenlage Schlauchs Vorschlag akzeptiert habe.
Die vorbereitete Presseerklärung sei daher nicht an die Öf-
fentlichkeit gelangt (a. a. O., S. 42).
In seiner Zeugenvernehmung durch den Ausschuss hat der
Zeuge Metzger diese Darstellung bekräftigt (28. Sitzung,
Protokoll Metzger, S. 25). Aus seiner Sicht sei es im Prinzip
2003 erschienenen Buch „Einspruch! Wider den organisier-
ten Staatsbankrott“, er habe seinerzeit im Gegensatz zu

zwischen der deutschen und der französischen Regierung
klar gewesen, dass man entgegen den Warnungen der eigenen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 85 – Drucksache 15/2100

rot-grünen Haushälter und Finanzpolitiker den Stabilitäts-
pakt flexibler habe auslegen wollen. Hierzu habe es einen
langen Vorlauf gegeben, der schließlich Anfang Februar
2002 in den Äußerungen Chiracs gegipfelt habe, dass die
Franzosen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben die
Drei-Prozent-Hürde reißen wollten. Zu dieser Zeit habe eine
Runde von etwa zehn bis zwölf Finanzpolitikern der SPD
und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Bundesfinanz-
minister Eichel stattgefunden, in der er, Metzger, Hans
Eichel in seiner auch öffentlich angedeuteten Haltung, den
„blauen Brief“ „in Demut“ hinzunehmen, unterstützt habe.
Metzger räumte ein, dass es im Rahmen dieses Gesprächs
diesbezüglich allerdings auch andere Stimmen gegeben
habe (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 44). Zum damaligen
Zeitpunkt sei quasi die Strategie für die Finanzpolitik im
Wahljahr mit der Begründung bestimmt worden, „die An-
sprüche an die Politik im Wahljahr niedrig zu halten und
Begehrlichkeiten totzutreten“. Dies sei gut für die Finanz-
politik und das Land. Letztlich sei diese Strategie aber nicht
aufgegangen, weil andere Interessen im Regierungslager die
Oberhand gewonnen hätten (28. Sitzung, Protokoll Metzger,
S. 30). Dies sei ihm, Metzger, letztlich klar geworden, nach-
dem er wenig später die Interviews des Kanzlers gelesen
und dessen Fernsehauftritte gesehen habe (28. Sitzung, Pro-
tokoll Metzger, S. 45).
Im Hinblick auf die von Oswald Metzger in der Öffentlich-
keit geäußerte Kritik an der Vorgehensweise des Bundes-
kanzlers gegen die Kommission, erklärte Staatssekretär
Dr. Steinmeier, er könne sich zwar nicht erinnern, dass
Rezzo Schlauch seinerzeit ins Kanzleramt einbestellt wor-
den sei, um Metzger zurechtzuweisen. Er könne jedoch be-
stätigen, dass die Formulierung „Amoklauf“, die Metzger
für das Vorgehen der Bundesregierung gewählt habe, „wach
gerufen“ habe und dass der Bundeskanzler jedenfalls nicht
sehr erfreut gewesen sei (30. Sitzung, Protokoll Dr. Stein-
meier, S. 14).
Ob er den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Rezzo
Schlauch, am Abend der Weiberfastnacht 2002 ins Kanzler-
amt gebeten habe, vermochte Bundeskanzler Schröder aus
der Erinnerung heraus nicht mehr konkret zu sagen. Er habe
den Vorgang nicht mehr in Erinnerung, halte ihn aber – al-
lerdings nicht in der vom Zeugen Metzger beschriebenen
Weise – nicht für unmöglich. Er räumte ein, sich gelegent-
lich über den Zeugen Metzger geärgert und über dessen Äu-
ßerungen auch hin und wieder ordentlich geschimpft zu ha-
ben. Auch im konkreten Fall habe er sich geärgert. Hierzu
erklärte er:

(…) ich erinnere mich nicht, dass es dieses Gespräch ge-
geben hat. Aber ich halte es für möglich, weil ich kräftig
sauer war und diese Säuernis im Übrigen auch gegen-
über jedwedem zum Ausdruck gebracht habe, und das
kann auch Rezzo gewesen sein, entweder telefonisch
oder persönlich“ (31. Sitzung, Protokoll BK Schröder,
S. 11).

c) Ereignisse im Vorfeld des ECOFIN-Rates
Im Bundesfinanzministerium war erwogen worden, ob die
Feststellung des Rates, dass in Deutschland ein übermäßi-
ges Defizit bestehe, den Sparkurs des Bundesfinanzminis-

Auffassung vertreten, es passe nicht zusammen, wenn die
Kommission einerseits die Konsolidierungspolitik der Bun-
desregierung lobe, gleichzeitig aber Deutschland wegen ei-
nes möglichen Defizits einen „blauen Brief“ schicken
wolle. Eine Weisung des Bundeskanzlers an den Bundes-
finanzminister für dessen Abstimmungsverhalten im
ECOFIN-Rat gab es nicht.
Staatssekretär Dr. Steinmeier wandte sich in seiner Verneh-
mung durch den Ausschuss zunächst gegen die Darstellung
in der Presse, Bundesfinanzminister Eichel habe zu der
Frage, ob man den „blauen Brief“ annehmen solle oder
nicht, eine grundsätzlich gegensätzliche Auffassung zu der
des Bundeskanzlers vertreten. Er könne sich vielmehr daran
erinnern, dass er in Gesprächen sowohl mit dem Minister
als auch mit dessen Staatssekretär erfahren habe, dass man
im BMF zwar überlegt habe, den „blauen Brief“ anzuneh-
men, dass dort aber durchaus eine offene Haltung zu diesem
Thema bestanden habe. Es habe daher keine wirklich unter-
schiedlichen Auffassungen gegeben. Er könne auch nicht
bestätigen, dass der Bundeskanzler mit dem Bundesfinanz-
minister unmittelbar hierüber gesprochen habe. Es habe
auch keine Anweisungen des Bundeskanzlers an den Fi-
nanzminister gegeben. Im Ergebnis sei die Bundesregierung
jedenfalls entschlossen gewesen, gegen den „blauen Brief“
zu remonstrieren, weil das Verhalten der Kommission nicht
eindeutig gewesen sei, indem sie einerseits die Politik des
Bundesfinanzministers bestätigt und andererseits die offizi-
elle Warnung in Erwägung gezogen habe (30. Sitzung, Pro-
tokoll Dr. Steinmeier, S. 14).
Bundeskanzler Gerhard Schröder erinnerte sich in seiner
Vernehmung daran, dass er mit etlichen, mit denen er in der
Ministerrunde während oder außerhalb der Kabinettssitzun-
gen über dieses Thema gesprochen habe, sehr empört dar-
über gewesen sei, dass die Kommission ins Auge gefasst
hatte, Deutschland einen solchen „blauen Brief“ zu schi-
cken, gleichzeitig aber die Politik der Bundesregierung in
diesem Brief bestätigt und die Konsolidierungspolitik in
keiner Weise in Frage gestellt werden sollte. Die Frage, wa-
rum die Kommission so vorging, habe dann auch zu Diskus-
sionen in der Regierung geführt. Er könne sich auch nicht
daran erinnern, so erklärte Schröder, dass Hans Eichel öf-
fentlich erklärt habe, man solle den „blauen Brief“ in Demut
annehmen (31. Sitzung, Protokoll BK Schröder, S. 11).

3. Die Entscheidung des ECOFIN-Rates
am 12. Februar 2002

Bei seiner Tagung am 12. Februar 2002 in Brüssel sah der
ECOFIN-Rat davon ab festzustellen, dass im Falle Deutsch-
lands ein übermäßiges Defizit besteht. In dieser Sitzung be-
kräftigte Bundesminister Eichel die Entschlossenheit der
deutschen Regierung sicherzustellen, dass der Referenzwert
von 3 % nicht überschritten werde sowie die Verpflichtung
Deutschlands, im Jahr 2004 den gesamtstaatlichen Haus-
halt, d.h. den Haushalt des Bundes, der Länder und der
Kommunen sowie der Sozialversicherungen, nahezu auszu-
gleichen. Zugleich sagte er zu, die Haushaltsentwicklung
auf allen staatlichen Ebenen, einschließlich der Bundeslän-
der, und des Systems der sozialen Sicherung im Jahr 2002
genau zu überwachen und ihre Haushaltspläne für dieses
ters in der deutschen Öffentlichkeit und gegenüber den Bun-
desländern unterstützen würde. Der Bundeskanzler hatte die

Jahr sorgfältig auszuführen, um einen weiteren Anstieg des
Defizits zu vermeiden.

Drucksache 15/2100 – 86 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

In der Stellungnahme des Rates vom 12. Februar 2002 zum
aktualisierten Stabilitätsprogramm Deutschlands für 2001
bis 2003 heißt es im Wesentlichen:

„Der Rat stellt fest, dass das neue aktualisierte Stabili-
tätsprogramm den Anforderungen des revidierten „Ver-
haltenskodex betreffend Inhalt und Form der Stabilitäts-
und Konvergenzprogramme“ entspricht (...)
Der Rat stellt fest, dass die deutschen Behörden in dem
am 30. Januar 2002 vorgelegten Jahreswirtschaftsbe-
richt das in dem Programm enthaltene Alternativszena-
rio nunmehr für realistisch halten. Es steht im Einklang
mit der Herbstprognose der Kommission für die Jahre
2001 und 2002.(...) Der Rat ist sich darin einig, dass die-
ses von einem geringeren Wachstum ausgehende Szena-
rio überzeugend ist.(...)
Nach Ansicht des Rates besteht in dem Fall, dass das
Wachstum niedriger als erwartet ausfällt, das Risiko,
dass sich das gesamtstaatliche Defizit 2002 dem Refe-
renzwert von 3 % des BIP noch stärker annähert als im
Jahr 2001. Der Rat begrüßt deshalb die Entschlossen-
heit der deutschen Regierung, sicherzustellen, dass der
Referenzwert von 3 % des BIP nicht überschritten wird.
(...)
Die deutsche Regierung hat ihre Absicht bekräftigt, alle
geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um im Einklang
mit früheren Zusagen bis 2004 zu einer nahezu ausgegli-
chenen Haushaltsposition zu gelangen und somit die An-
forderungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ab
diesem Jahr zu erfüllen.(...)
Der Rat begrüßt die vor kurzem beschlossene Änderung
des Haushaltsgrundsätzegesetzes, in dem festgehalten
ist, dass alle staatlichen Ebenen zur Erreichung der mit-
telfristigen Haushaltsziele beitragen sollten. Er stellt
aber fest, dass der in dem Gesetz vorgesehene Mechanis-
mus noch keine volle Gewähr dafür gibt, dass sämtliche
staatlichen Ebenen die gemeinsam vereinbarten Ziele
erfüllen. Der Rat begrüßt daher die Absicht der Bundes-
regierung, im Wege von Vereinbarungen mit den regio-
nalen Regierungsebenen alle Anstrengungen zu unter-
nehmen, um sicherzustellen, dass die genannten
Haushaltsziele erreicht werden.“

Die Stellungnahme des Rates wurde im Amtsblatt C der Eu-
ropäischen Gemeinschaften am 26. Februar 2002 veröffent-
licht (C 51/1). Dem Deutschen Bundestag leitete die Bun-
desregierung die Stellungnahme mit Schreiben vom 2. April
2002 zu, veröffentlicht auf BT-Drs. 14/8844.
In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „DER
SPIEGEL“ vom 18. Februar 2002 erklärte Eichel, er habe
sich verpflichtet, das zu tun, was alle anderen Staaten auch
machen würden. Es sei immer klar gewesen: 2004 müsse
die Bundesregierung, wie die Vereinbarung es vorsehe,
„close to balance“ sein, also den Haushalt für den Gesamt-
staat nahezu ausgleichen. Im Stabilitätsprogramm sei man
immer von einem ausgeglichenen Gesamthaushalt 2004
ausgegangen. Nur unter ungünstigen Bedingungen könnte
es 2006 werden. Aber die EU-Kommission sei wesentlich
optimistischer und glaube deshalb, dass Deutschland sein
Defizit eher zurückfahren könne (Dokument Nr. 40).

pflichtung verzichtete der ECOFIN-Rat einstimmig darauf,
über die von der Kommission vorgeschlagene Empfehlung
an Deutschland abzustimmen, so dass es am 12. Februar
2002 nicht zu einer sog. frühzeitigen Warnung nach Art. 99
EG-Vertrag i.V.m. Art. 6 der Verordnung Nr. 1466/97 kam.
In seiner Stellungnahme vom gleichen Tag zum aktualisier-
ten Stabilitätsprogramm Deutschlands für 2001 bis 2005 er-
suchte der Rat die deutschen Behörden nachdrücklich, auf
allen staatlichen Ebenen für einen strengen Haushaltsvoll-
zug Sorge zu tragen und forderte Deutschland auf, so bald
wie möglich Strukturreformen zur Steigerung der Erwerbs-
tätigenquote durchzuführen (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften vom 26. Februar 2002, C 51, S. 1 f.). Mit
dem Verzicht auf die frühzeitige Warnung wurde zugleich
die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehene erste
Stufe der Haushaltsüberwachung, das präventive Frühwarn-
verfahren eingestellt.
4. Öffentliche Mitteilung des ECOFIN-Rates
Mit Telefax vom 13. Februar 2002 übersandte der Persön-
liche Referent des Bundesfinanzministers dem Gruppenlei-
ter 43 im Bundeskanzleramt die „Sprachregelung“ zu den
Ergebnissen des ECOFIN-Rates in Brüssel, die das Wesent-
liche der später veröffentlichten Stellungnahme des Rates
zum Stabilitätsprogramm Deutschland zusammenfasst (Do-
kument Nr. 41). Auf dem Fax-Deckblatt findet sich der
handschriftliche Vermerk: „Sprachregelung wurde laut
GL 43 zwischen BM Eichel, St. Steinmeier, Struck und
Müntefering abgestimmt“. Die Sprachregelung lautet wie
folgt:

„1.Die Bundesrepublik Deutschland wird alle Verpflich-
tungen des europäischen Stabilitäts- und Wachstums-
paktes einhalten.

2. Der Bund, die Länder, die Kommunen und Sozialver-
sicherungen müssen ihren Beitrag zur Erreichung
des Defizitziels 2004 (Close to balance) leisten.

3. Der Bund wird deshalb zusätzliche Anstrengungen,
auch im Zuge der anspringenden Konjunktur in sei-
ner Konsolidierungspolitik unternehmen.

4. Steuererhöhungen wird es nicht geben.“
Mit Telefax vom gleichen Tag wurde der wortgleiche Ab-
druck dieser Sprachregelung vom Leiter des Ministerbüros
im BMF unter der Überschrift „Eiliges Telefax, bitte sofort
weiterleiten“ an folgende Empfänger übersandt: Franz
Müntefering, Peter Struck, Joachim Poß, Dr. Frank-Walter
Steinmeier, Rezzo Schlauch, Kerstin Müller, Oswald Metz-
ger, Jörg-Otto Spiller (Dokument Nr. 42).
Der Zeuge Metzger hat in seiner Vernehmung erklärt, ohne
auf das zitierte Dokument hingewiesen worden zu sein, sei-
ner Erinnerung nach habe es keine Sprachregelung, sondern
lediglich eine Unterrichtung des Haushaltsausschusses über
die Ergebnisse des Rates gegeben. Im Übrigen habe er sich
Sprachregelungen nie unterworfen. Es sei bekannt gewesen,
dass er seine Grundüberzeugungen gehabt habe und daher
eine Einbindung seiner Person in Sprachregelungen ohnehin
vergeblich gewesen sei (28. Sitzung, Protokoll Metzger,
S. 51).
Der Zeuge Staatssekretär Dr. Steinmeier hat zu den beiden
Nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses
und aufgrund der von Deutschland abgegebenen Selbstver-

Dokumenten Stellung genommen und die Auffassung ver-
treten, zum einen handele es sich offenbar nicht nur um eine

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 87 – Drucksache 15/2100

„Sprachregelung“, sondern stelle vermutlich das Verhand-
lungsergebnis der Gespräche dar, die zwischen dem BMF
und Brüssel geführt worden seien. Was den Adressatenkreis
angehe, so enthalte dieser neben den Fraktionsspitzen auch
die finanzpolitischen Sprecher der beiden Regierungsfrakti-
onen. Insoweit könne er nicht erkennen, was hierbei „nach
Unrat riechen könnte“ (30. Sitzung, Protokoll Dr. Stein-
meier, S. 37).

5. Die Finanzministerkonferenz
am 14. Februar 2002

Auf der Finanzministerkonferenz am 14. Februar 2002 in
Berlin berichtete Bundesminister Eichel den Finanzminis-
tern und -ministerinnen der Länder über seine Erklärung vor
dem Ministerrat zur Haushaltslage in Deutschland und ver-
langte im Rahmen des nationalen Stabilitätspaktes gemein-
same Anstrengungen von Bund, Ländern und Gemeinden
zu der in Brüssel zugesagten stetigen Reduzierung ihrer je-
weiligen Neuverschuldung, um das Ziel eines nahezu aus-
geglichenen Haushalts in 2004 erreichen zu können.
Als Beratungsergebnis der Konferenz (einstimmig) wurde
Folgendes festgehalten:

„1. Die Finanzminister(innen) der Länder nehmen den
Bericht des Vertreters des Bundesfinanzministeriums
über die Erklärung des Rates (Wirtschaft und Finan-
zen) zur Haushaltslage in Deutschland vom 12. Feb-
ruar 2002 zur Kenntnis.

2. Sie stellen fest:
– Die Möglichkeiten Einnahmen und Ausgaben zu

beeinflussen, sind für Bund, Länder und Gemein-
den in unterschiedlichem Umfang gegeben; auch
innerhalb der jeweiligen Ebenen bestehen erheb-
liche Unterschiede.

– Die Möglichkeiten, in bestimmten Zeiträumen zu
ausgeglichenen öffentlichen Haushalten zu kom-
men, sind daher sehr verschieden.

– Veränderungen mit dem Ziel, durch ein abge-
stimmtes Vorgehen aller Ebenen zu ausgegliche-
nen Haushalten zu kommen, müssen diese Unter-
schiede berücksichtigen.“

3. Die Finanzminister(innen) der Länder weisen darauf
hin, dass sich Bund und Länder bereits im letzten
Jahr mit der Verabschiedung des Solidarpaktfortfüh-
rungsgesetzes (SFG) zu ihrer Verantwortung nach
dem Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt
bekannt und darauf geeinigt haben, eine Rückfüh-
rung der Nettoneuverschuldung mit dem Ziel ausge-
glichener Haushalte anzustreben (§ 51 a des Haus-
haltsgrundsätzegesetz i.d.F. des Artikels 7 SFG).

4. Die Finanzminister(innen) der Länder gehen davon
aus, dass der Bundesminister der Finanzen auf einer
Sondersitzung des Finanzplanungsrates erste Vor-
schläge zur Erörterung unterbreitet, wie die vom
Bund gegenüber der Europäischen Union eingegan-
genen Stabilitätsverpflichtungen bis 2004 auf den un-

In seiner Vernehmung vor dem Ausschuss hat Bundesminis-
ter Eichel ergänzend erläutert, dass alle Länderfinanzminis-
ter hinsichtlich dessen, was zur Einhaltung des Defizitkrite-
riums in 2002 erforderlich gewesen wäre, den gleichen
Erkenntnisstand gehabt hätten wie der Bundesfinanzminis-
ter. So gehe der größte Teil der Steuern, die Gemeinschafts-
steuern, zuerst bei den Ländern ein und würden von den
Ländern an den Bund gemeldet. Die Veröffentlichung dieser
Ergebnisse sowie der Steuerergebnisse des Bundes erfolgten
dann regelmäßig nach einer Plausibilitätsprüfung und Ag-
gregierung etwa zehn Tage später. Auf der Ausgabenseite
verfüge der Bund zunächst nur über seine eigenen Daten,
nicht aber über die Daten der Länder. Die Ausgaben des
Bundes würden etwa zu dem gleichen Zeitpunkt veröffent-
licht wie das Aggregat aus Steuereinnahmen des Bundes
und der Länder. Dies führe letztlich dazu, so Eichel, dass

„der Bund über die Einnahmesituation von Bund und
Ländern, was die Steuern betrifft, genau Bescheid weiß,
über seine eigene Ausgabesituation auch, nicht dagegen
über die Ausgabesituation der Länder zu diesem Zeit-
punkt, sodass insofern jeder Landesfinanzminister die-
selben Daten hat wie der Bundesfinanzminister, nur um
den kurzen Zeitraum, der zwischen Eingang, Aggregie-
rung und Veröffentlichung liegt, also maximal zehn Tage
später. (…) Infolgedessen können Sie davon ausgehen,
dass grundsätzlich alle – das gilt auch für die wirt-
schaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute – weil das
alles veröffentlicht wird, monatlich alle Zahlen, und
zwar alle die gleichen Zahlen, haben“ (8. Sitzung, Pro-
tokoll BM Eichel, S. 22).

Bundesminister Eichel beklagte aber zugleich, dass der nat-
ionale Stabilitätspakt bislang nicht über ein Sanktionsinstru-
mentarium verfüge. Es gebe lediglich die Verabredung zu
einer gemeinsamen Politik, im Rahmen des Maastricht-Ver-
trages zu ausgeglichenen Haushalten zu kommen. Zwar
müssten die Länder hierzu ihren Beitrag leisten, über einen
Sanktionskatalog habe jedoch bislang mit den Ländern
keine Einigkeit erzielt werden können (8. Sitzung, Protokoll
BM Eichel, S. 22).
6. Die Meldung der Konvergenzdaten

zum 1. März 2002
In der turnusmäßigen Mitteilung der Konvergenzdaten zum
1. März 2002 an die EU-Kommission gemäß Art. 4 der Ver-
ordnung 3605/93 meldete das Bundesministerium der Fi-
nanzen als Höhe des geplanten und tatsächlichen öffentli-
chen Defizits 2,6 % des BIP.

7. Die Sondersitzung des Finanzplanungsrates
am 21. März 2002 zur Verabschiedung des
nationalen Stabilitätspakts

In der Sondersitzung des Finanzplanungsrates vom
21. März 2002 bekannten sich Bund, Länder und Gemein-
den zu den Verpflichtungen aus dem Europäischen Stabili-
täts- und Wachstumspakt. Hierzu wurde zunächst das vorge-
zogene Inkrafttreten des im SFG enthaltenen § 51a HGrG
beschlossen, der die gemeinsame Verantwortung von Bund,
Ländern und Gemeinden im Hinblick auf die Einhaltung der
Stabilitätskriterien und die Rückführung der Nettoneuver-
terschiedlichen Ebenen umgesetzt werden können.

(16:0)“
schuldung festschreibt (siehe oben Zweiter Teil C. I. 4.).
Darüber hinaus legte der Finanzplanungsrat Eckwerte für

Drucksache 15/2100 – 88 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

die Ausgabenentwicklung fest. So wurde vereinbart, dass
der Bund für die Jahre 2003 und 2004 seine Ausgaben um
ein halbes Prozent pro Jahr vermindern solle. Länder und
Gemeinden sollten ihren Ausgabenzuwachs auf jeweils
höchstens 1 % im Jahresdurchschnitt begrenzen.
III. Die Einschätzung des gesamtstaatlichen

Defizits im Zeitraum April bis Juni 2002
1. Die Projektionen der Forschungsinstitute,

der EU-Kommission und der OECD Ende
April 2002

Mit Schreiben vom 25. April 2002 unterrichtete das für die
Projektion des Maastricht-Defizits der öffentlichen Haus-
halte zuständige Referat I A 4 den Minister über die Ent-
wicklung des Maastricht-Defizits, insbesondere über die
Projektionen der Forschungsinstitute, der Europäischen
Kommission und der OECD im Vergleich. Danach hätten
hinsichtlich des Maastricht-Defizits die Forschungsinstitute
einen Wert von 2,3 % des BIP und die Europäische Kom-
mission sowie die OECD einen Wert von 2,8 % des BIP an-
genommen. Damit zeige sich, dass das Spektrum für das
laufende Jahr bei vergleichbaren Wachstumsannahmen ver-
hältnismäßig breit sei. Die Projektion des BMF mit 2,5 %
des BIP liege inmitten dieses Spektrums. Die Schätzung
der Forschungsinstitute mit 2,3 % zeige, dass die nahe an
der Drei-Prozent-Marke angesiedelte Prognose der Kom-
mission und der OECD den pessimistischen Rand des Spek-
trums darstellten. Zudem zeigten die Schätzungen von
Kommission und OECD einerseits und den Forschungsins-
tituten andererseits eine Bestätigung für die zwischen den
Extremen liegende BMF-Projektion. Das Referat I A 4 hob
hervor, dass sowohl die Kommission als auch die OECD
mit ihrer Schätzung untermauerten, dass Deutschland die
3-Prozent-Marke nicht „reißen“ werde. Damit werde zu-
gleich die Zusage von Bundesminister Eichel im ECOFIN-
Rat eingehalten. Abschließend wies das Referat darauf hin,
dass sowohl die Forschungsinstitute mit +4,1 % als auch die
EU-Kommission mit +3,9 % und die OECD mit +4,3 % für
die Steuereinnahmen 2002 Zuwächse von rd. 4 % unterstellt
hätten. Diese Annahmen legten einen kräftigen Schub nahe,
der mit den aktuellen Ergebnissen bei den Kasseneinnah-
men nicht kompatibel erscheine (Dokument Nr. 43).
2. Die Maastricht-Wirksamkeit des

Bundesbankgewinns im April 2002
In der Vorlage vom 18. April 2002 berichtete das Referat I
A 4 dem Minister über die Maastricht-Wirksamkeit des in
der vergangenen Woche von der Deutschen Bundesbank an
den Bund in Höhe von 11,2 Mrd. € abgeführten Bundes-
bank-Gewinn. Das Referat wies darauf hin, dass in die Be-
rechnung des Maastricht-Defizits nicht der volle Betrag als
Einnahme des Staates eingehe. So blieben Kapitalgewinne,
wie z. B. Erlöse aus dem Verkauf von Gold- oder Devisen-
reserven, als sog. „finanzielle Transaktion“ in der
Maastricht-Rechnung unberücksichtigt. Nach der Berech-
nung durch das Statistische Bundesamt seien in den volks-
wirtschaftlichen Gesamtrechnungen daher knapp 8,4 Mrd. €
als Einnahme des Staates, d. h. Maastricht-verbessernd, zu
verbuchen. In seiner Beurteilung der Auswirkungen dieser

meverbuchung gegenüber der bisherigen Projektion isoliert
betrachtet zu einer Maastricht-Defizitverbesserung von
etwa zwei Zehntelpunkten des BIP führe. Damit werde der
gegenüber der Europäischen Kommission gemeldete Defi-
zitwert 2002 von 2,5 % besser fundiert. Der bei Schätzun-
gen übliche Ausweis von gerundeten Werten erlaube es,
auch einschließlich der Verbesserung durch den Bundes-
bank-Gewinn an diesem Zielwert festzuhalten. Dadurch
entstehe etwas Spielraum innerhalb der Rundungsspanne,
durch den ein möglicher Revisionsbedarf aufgrund der bis-
lang unbefriedigenden Entwicklung der Steuereinnahmen
aufgefangen werden könne. Eine belastbare neue Projektion
des Staatsdefizits kündigte das Referat I A 4 jedoch erst im
Nachgang zur Steuerschätzung im Mai an. Diese Projektion
werde im Vorfeld der Sitzung des Finanzplanungsrats im
Juni vorliegen (Dokument Nr. 44).

3. Die Auswirkungen der Steuerschätzung vom
Mai 2002 auf das gesamtstaatliche Defizit

Am 16. Mai 2002 informierte das Referat I A 4 Bundesmi-
nister Eichel in einer Ministervorlage über die Auswirkun-
gen der Steuerschätzung vom Mai auf das Maastricht-Defi-
zit (Dokument Nr. 45). Hierin führte das Referat aus, dass
eine Reihe von Komponenten, die nun in der Schätzabwei-
chung der Mai-Schätzung zusammen kämen, bereits vorher
bekannt gewesen und in den bisherigen Maastricht-Projekti-
onen verarbeitet gewesen seien. So sei mit jeder Anpassung
der Wachstumsannahmen auch die Steuereinnahmen pau-
schal nach unten korrigiert worden. Ebenso seien die abseh-
baren Ausfälle aufgrund des schlechteren Steuerergebnisses
2001 bereits zu Jahresbeginn in die Projektion eingearbeitet
worden. Für die Einschätzung des Maastricht-Defizits seien
daher lediglich jene Beträge relevant, die bislang noch nicht
bei schon vorgenommenen Korrekturen abgedeckt seien.
Dabei handele es sich für das Jahr 2002 um noch nicht be-
rücksichtigte Ausfälle in Höhe von 7 Mrd. €. Für die
Maastricht-Rechnung des Jahres 2002 bedeute dies, dass
sich das Defizit um rd. drei Zehntelpunkte erhöhe. Unter
Einschluss dieser Abweichungen liege das Defizit 2002 der-
zeit im Bereich von 2,6 bis 2,7 % des BIP. Schließlich wies
das Referat darauf hin, dass hinsichtlich der Festlegung,
2004 einen nahezu ausgeglichenen Staatshaushalt vorzule-
gen, die Bedingungen ungünstiger geworden seien. Auf der
Vorlage findet sich zwar keine Paraphe von Bundesfinanz-
minister Hans Eichel, laut handschriftlichem Vermerk des
Abteilungsleiters I hat die Vorlage dem Minister jedoch vor-
gelegen.

4. Die Projektion des BMF für die Sitzung des
Finanzplanungsrates am 12. Juni 2002

In seiner Frühjahrssitzung am 12. Juni 2002 diskutierte der
Finanzplanungsrat auf der Basis einer mittelfristigen ge-
samtwirtschaftlichen Projektion und der darauf aufbauen-
den Steuerschätzung die zu erwartende Entwicklung der öf-
fentlichen Haushalte bis zum Jahr 2006.
Im Vorfeld dieser Sitzung erstellte das Referat I A 4 mit Da-
tum vom 31. Mai 2002 eine Vorlage an den Minister, in wel-
cher das voraussichtliche Defizit für den Staatssektor der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen einschließlich So-
Verbuchung auf die Projektion für das laufende Jahr kam
das Referat zu dem Ergebnis, dass die zusätzliche Einnah-

zialversicherungen für das Jahr 2002 mit 2,5 % angegeben
wurde (Dokument Nr. 46). Diese Projektion – so das Referat –

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 89 – Drucksache 15/2100

setze die Vereinbarungen des Sonder-Finanzplanungsrates
vom 21. März 2002 über eine striktere Ausgabenbegren-
zung bei Bund, Ländern und Gemeinden um. Die Grundlage
dieser Projektion bildete die gesamtwirtschaftliche Voraus-
schätzung für 2002 und 2003 sowie die interne gesamtwirt-
schaftliche Mittelfristprojektion der Bundesregierung vom
30. April 2002 und die hierauf aufbauenden Ergebnisse des
Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom 14. bis 16. Mai
2002. Das Referat kam zu dem Ergebnis, dass die für den
Ausweis einer „close to balance“ Position 2004 notwendige
Ziel-Defizitentwicklung von 2,5 % des BIP im laufenden
Jahr, 1,5 % 2003 und 0,5 % für 2004 noch darstellbar sei.
Allerdings wies das Referat I A 4 darauf hin, dass durch die
Steuerschätzung vom Mai die Bedingungen für das Errei-
chen eines nahezu ausgeglichenen Staatshaushalts im Jahr
2004 ungünstiger geworden seien. Zwar sei bereits seit Jah-
resbeginn in den Projektionen Vorsorge für geringere Steu-
ereinnahmen aufgrund der Wachstumsabschwächung und
eines schlechteren Ergebnisses in 2001 getroffen worden,
über diese bereits eingearbeiteten Korrekturen hinaus habe
die Steuerschätzung jedoch zusätzliche Ausfälle für das Jahr
2002 in Höhe von 7 Mrd. € ergeben, die noch nicht in der
März-Projektion des Maastricht-Defizits berücksichtigt
seien. In der nun vorliegenden Projektion des öffentlichen
Gesamthaushaltes seien diese Ausfälle zum Teil über die
Ausgabenseite kompensiert worden. Die ohnehin straffe
Ausgabenlinie werde dadurch noch ambitionierter. Für das
voraussichtliche Defizit des Jahres 2002 ergebe sich somit
ein gerundeter Wert von 2,5 % und ein spitzer Wert von 2,6
%. Dies bedeute, dass der Zielwert für 2002 in Höhe von 2,5
% im Ergebnis gehalten werden könne.
Das Referat wies im Hinblick auf die von den Ländern vor-
gelegten Projektionen darauf hin, dass diese eine Weiteraus-
legung der Vereinbarung des Sonder-Finanzplanungsrates
vom März unterstelle. So gingen diese Projektionen von ei-
nem Ausgabenanstieg von jahresdurchschnittlich 1 % für
die Gesamtheit der Länder aus, was bei nahezu konstanten
Ausgaben der Ostländer den Westländern eine Ausgaben-
steigerung von 2 % in 2004 erlaube. Aus Sicht des BMF be-
ziehe sich allerdings das vereinbarte Ausgabenlimit von 1 %
auf jeden Haushalt und auf jedes Jahr. Nach den nun vorlie-
genden Ergebnissen der Steuerschätzung vom Mai sei diese
„weiche“ Interpretation durch die Länder nicht mehr ausrei-
chend.

IV. Die Einschätzung des gesamtstaatlichen
Defizits im Zeitraum Juli/August 2002

1. Die Haushaltsdaten des 1. Halbjahres 2002
a) Vorlage des Referats II A 2 vom 17. Juli 2002
In seiner monatlichen Prognose zur Entwicklung des Bun-
deshaushalts im weiteren Jahresverlauf wies das Grundsatz-
referat für Haushaltsführung II A 2 in seiner Abteilungslei-
tervorlage vom 17. Juli 2002 auf den Anstieg der
Nettokreditaufnahme für den Haushalt 2002 auf rechnerisch
rd. 33,1 Mrd. € hin. Damit liege die Nettokreditaufnahme
nach derzeitigem Stand um rd. 12 Mrd. € über dem im
Haushalt vorgesehenen Defizit. Obgleich nicht sämtliche
Positionen – wie z. B. die Mindereinnahmen bei den Münz-

b) Mündliche Unterrichtung durch das Referat
I A 4 am 15. und am 17. Juli 2002

Unter dem Datum 15. Juli 2002 fertigte das Referat I A 4 ei-
nen Vermerk zur Entwicklung des Maastricht-Defizits 2002
unter Berücksichtigung der aktuellen Einschätzung der Ent-
wicklung des Bundeshaushalts 2002 an (Dokument Nr. 47).
Hierin nahm das Referat I A 4 zunächst Bezug auf die aktu-
elle Schätzung der Entwicklung des Bundeshaushalts durch
die Abteilung II, wonach derzeit von einer Nettokreditauf-
nahme 2002 in Höhe von 28,1 Mrd. € ausgegangen werde.
Damit werde das Soll von 21,1 Mrd. € um 7 Mrd. € über-
schritten. I A 4 wies darauf hin, dass von diesem Betrag le-
diglich 4,5 Mrd. € für das Finanzierungssaldo relevant
seien. Nur insoweit sei das Maastricht-Defizit betroffen. In
den Projektionen für den Finanzplanungsrat, der am 12. Juni
2002 getagt hatte, sei bereits eine Mehrbelastung in Höhe
von 3 Mrd. € unterstellt worden. Es sei jedoch davon ausge-
gangen worden, dass dieser Betrag im weiteren Haushalts-
vollzug durch Minderausgaben oder Mehreinnahmen
„Maastricht-wirksam“ ausgeglichen werden könne. Auf
dieser Basis gehe die aktuelle Projektion von einem
Maastricht-Defizit 2002 von 2,6 % des BIP aus. Gegenüber
diesem Schätzstand des Finanzplanungsrates seien weitere
Mehrausgaben, insbesondere für den Arbeitsmarkt, in Höhe
von 1,5 Mrd. € hinzugekommen. Abschließend wies das Re-
ferat darauf hin, dass sofern es nicht gelinge, die für
Maastricht relevanten Abweichungen in Höhe von 4,5 Mrd. €
erhöhter Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt zu kom-
pensieren, sich hieraus eine Defizitverschlechterung um
zwei Zehntel-Punkte des BIP ergebe. Ausgehend von der
aktuellen Projektion müsse dann mit einem Maastricht-De-
fizit 2002 von 2,8 % des BIP gerechnet werden. Ein Aus-
gleich durch mögliche zusätzliche Privatisierungseinnah-
men hätte keinen Einfluss auf das Maastricht-Defizit.
Abschließend wies das Referat auf „weitere Risiken“ für
das Defizitkriterium hin:

„Bestätigen sich die o. g. Risiken für das Defizit, würde
der Spielraum bis zur 3 %-Defizitobergrenze auf nur
noch zwei Zehntelpunkte des BIP reduziert; dies ent-
spricht 4 bis 5 Mrd. €. Zusätzliche „Überraschungen“
könnten das Defizit dann gefährlich nah an das 3 %-
Limit bringen“.

Seine Einschätzung zur Entwicklung des Maastricht-Defi-
zits 2002 hatte das Referat I A 4 ebenfalls in einem Entwurf
einer Vorlage an den Minister verfasst (Dokument Nr. 48).
Die Vorlage mit dem handschriftlichen Datum vom gleichen
Tag trägt allerdings den ebenfalls handschriftlichen Ver-
merk „nicht abgeschickt“. Der Leiter des Referats I A 4, der
Zeuge Dr. Hanke, hat in seiner Vernehmung bestätigt, dass
diese Vorlage die Leitung so nicht erreicht habe. Wie aus
der handschriftlichen Notiz, die mit seiner Paraphe vom
15. Juli versehen sei, unter Ziffer II hervorginge, habe er
den beschriebenen Sachverhalt jedoch seinen Vorgesetzten,
d. h. seinem zuständigen Unterabteilungsleiter und dem Lei-
ter der Abteilung I, mündlich vorgetragen.
Der Zeuge Dr. Hanke hat dem Ausschuss berichtet, dass ihn
am 17. Juli 2002 aus dem Referat für Steuerschätzung I A 6
die Nachricht über die schlechten Ergebnisse des Steuermo-
nats Juni sowie die dort erstellte Schätzung für den Verlauf
titeln – Maastricht-Relevanz aufwiesen, gefährde diese Ab-
weichung das nationale Stabilitätsziel (Dokument Nr. 26).

der Steuereinnahmen im restlichen Jahr erreicht hätten.
Hieraus habe er, Dr. Hanke, zusätzlich zu dem bereits am

Drucksache 15/2100 – 90 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

15. Juli 2002 prognostizierten Anstieg des Risikos für das
Maastricht-Defizit von 0,2 BIP-Punkten eine weitere Zu-
satzbelastung des Maastricht-Defizits von 0,5 BIP-Punkten
errechnet, die er allenfalls handschriftlich niedergelegt habe
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke, S. 121). Nach Addition
dieser beiden Risiken sei er noch Mitte Juli zu dem Ergebnis
gekommen, dass man bei etwa 3,3 % liege und damit ein
großes Risiko für die Erreichung des Maastricht-Defizits im
Jahr 2002 sehen müsse (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke,
S. 108). Hierüber habe er unmittelbar seinen Unterabtei-
lungsleiter und den Abteilungsleiter mündlich in der An-
nahme unterrichtet, dass diese Informationen an die Haus-
spitze weitergegeben würden. Die Unterrichtung auf
mündlichem Weg habe er deswegen gewählt, weil es ihm
wegen der gebotenen Vertraulichkeit und um dem Minister
dessen Entscheidungsfreiheit zu belassen, nicht geboten er-
schienen sei, eine schriftliche Vorlage zu unterbreiten
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke, S. 107). Dr. Hanke er-
klärte, dass er keineswegs angewiesen worden sei, auf eine
schriftliche Niederlegung dieser Unterrichtungen zu ver-
zichten; es habe in dieser Hinsicht überhaupt keinen Ein-
fluss gegeben (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke, S. 110).
Bundesminister Eichel bestätigte in seiner Vernehmung vor
dem Untersuchungsausschuss, dass ihm die Berechnungen
von Dr. Hanke unterbreitet worden seien (8. Sitzung, Proto-
koll BM Eichel, S. 26).
Dr. Hanke hat weiter berichtet, es habe sich lediglich um
eine fortlaufende Beurteilung durch sein Referat gehandelt,
die aber keineswegs den Status einer Schätzung besessen
habe. Ein Referat, so Dr. Hanke, bilde schließlich auch noch
nicht die Hauslinie. Diese ergebe sich vielmehr aus dem Zu-
sammenspiel des gesamten Hauses und nach der Entschei-
dung durch die Leitung (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke,
S. 124).
Auf Nachfrage, aus welchem Grund sich in seinem schriftli-
chen Vermerk vom 15. Juli 2002 nach Einbeziehung der Ri-
siken nur der Hinweis auf die „Nähe“ zur Drei-Prozent-
Grenze finde, antwortete Dr. Hanke, auch er sei nicht im
Besitz der absoluten Wahrheit. Insofern nehme er für sich
das gleiche Recht in Anspruch wie die übrigen Schätzer
auch. Weiter führte er aus:

„Ich sagte Ihnen auch, dass wir schon immer vorsichtig
waren mit dem, was anschließend in der Presse zu lesen
ist. Sie finden das an solchen manchmal kryptischen,
manchmal charmanten Formulierungen. Natürlich sind
3,2 auch in der Nähe von 3. Die es kennen, können es
dann auch lesen. (…)
Wenn man mich innerhalb des Hauses fragt, dann hätte
ich gesagt: Ja, ich sehe große Gefahren. – Ich bin auf
der Seite, dass ich aus meinem Job heraus sagen würde:
Es ist gefährlich. Die Gefahr besteht, dass wir die 3 Pro-
zent überschreiten. – Ich habe aber nicht die Hybris,
dies als erstens Meinung des gesamten Hauses und zwei-
tens auch als meine ewige Meinung zu verkaufen. Natür-
lich kann sich da etwas ändern. Sie sehen das an diesen
Formulierungen, die Sie jetzt hier zitiert haben, dass wir
natürlich auf der einen Seite die Linie fahren, dass wir
den Minister nach unserem besten Wissen informieren,
aber dass wir gleichzeitig natürlich nicht behaupten,

c) Die Einschätzung des Generalreferats für
Finanzpolitik

Der Leiter des Generalreferats für Finanzpolitik I A 1,
Dr. Kastrop, hat in seiner Vernehmung durch den Ausschuss
erklärt, es könne zwar nicht bestritten werden, dass die Risi-
ken für die Erreichung des Stabilitätskriteriums insbeson-
dere nach den Steuereinnahmen vom Juni zugenommen hät-
ten. Dennoch habe nach seiner Auffassung zu diesem
Zeitpunkt keine Veranlassung bestanden, davon auszuge-
hen, dass das Maastricht-Ziel nicht erreicht werde (7. Sit-
zung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 79). Auch habe er den Ein-
druck gehabt, dass die zuständigen Kollegen bei der EU-
Kommission die Wahrnehmung gehabt hätten, dass die Risi-
ken insbesondere nach den Steuereinnahmen im Juni größer
geworden seien. Jedoch habe er nicht den Eindruck gehabt,
dass bei der Kommission mit einer Überschreitung des De-
fizitkriteriums gerechnet worden sei, sondern dass die Kol-
legen in Brüssel durchaus der Meinung gewesen seien, dass
Deutschland sehr wohl auch unter dem Kriterium bleiben
könne (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 82).

d) Die Einschätzung der Deutschen
Bundesbank

Die Bundesbank, die auf der Grundlage einer gegenüber der
Bundesregierung etwas ungünstigeren Konjunkturerwar-
tung (0,6 % statt ¾ %) kalkulierte, hatte die Einschätzung,
dass Deutschland nahe an die Defizitgrenze komme. Die
Grenze könnte sogar überschritten werden, wenn nicht auf
allen Ebenen eine sparsame Haushaltsführung betrieben
würde. Prof. Dr. Hermann Remsperger, Vorstandsmitglied
der Deutschen Bundesbank, hat in seiner Vernehmung er-
klärt, die Bundesbank habe im Juli nach dem Bekanntwer-
den der außerordentlich ungünstigen Ergebnisse für den
großen Steuermonat Juni ihre Erwartungen über die Defizit-
entwicklung deutlich nach oben revidiert. Wegen der erwar-
teten, über die Mai-Schätzung hinausgehenden, erheblichen
Steuerausfälle habe sich im Juli abgezeichnet, dass die Defi-
zitquote deutlich über dem bisher angenommenen Wert von
2,5 % liegen werde. Erwartet habe man damals einen Wert
von rd. 3 %. Prof. Dr. Remsperger, der das Steuerergebnis
des Monats Juni als „wesentlichen Einschnitt“ (7. Sitzung,
Protokoll Prof. Dr. Remsperger, S. 72) bezeichnete, erklärte
weiter:

„Damit war die Gefahr, mit dem Maastricht-Kriterium
in Konflikt zu geraten, erheblich gestiegen. Angesichts
der hohen Unsicherheiten über die Entwicklung im wei-
teren Jahresverlauf erschien uns in der Bundesbank aber
auch noch ein Unterschreiten der 3-Prozent-Grenze
möglich. Für die Bundesbank war die neue Defizitein-
schätzung vor allem Anlass, öffentlich auf den aus unse-
rer Sicht nicht mehr vorhandenen Sicherheitsabstand zur
3-Prozent-Grenze hinzuweisen und immer wieder eine
sparsame Haushaltsführung anzumahnen“ (7. Sitzung,
Protokoll Prof. Dr. Remsperger, S. 59).

e) Die Einschätzung der Leitung des BMF
Bundesminister Eichel sowie Staatssekretär Dr. Overhaus
gingen nach eigenem Bekunden zu diesem Zeitpunkt wie
dass dieses dann die Wahrheit ist“ (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Hanke, S. 120 f.).

das Generalreferat für Finanzpolitik noch davon aus, dass
das gesamtstaatliche Defizit im Gesamtjahr 2002 wahr-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 91 – Drucksache 15/2100

scheinlich unter 3 % des BIP bleiben würde. Die Überzeu-
gung sei gewesen, „es wird knapp, aber es reicht“.
So war im Juni 2002 der Stand der Schätzung gewesen, das
Defizit würde in etwa bei 2,5 % liegen. Mit den zwischen-
zeitlich von einem Fachreferat (I A 6) aufgrund des schwa-
chen Juni-Ergebnisses geschätzten Steuerausfalls von rund
10 Mrd. € sei man zwar in die Nähe von 3 % gekommen
– 10 Mrd. € sind bei einem BIP von rund 2 Mio. € rund
0,5 % – doch seien die Juni-Steuerzahlen als wenig aussa-
gekräftige Momentaufnahme bewertet worden.
Bundesfinanzminister Eichel bezeichnete es in seiner Ver-
nehmung als „verantwortungslos“, wenn er auf der Basis ei-
ner Schätzung der voraussichtlichen Steuerausfälle für das
Jahr 2002 zu diesem Zeitpunkt, die aufgrund des Juni-Er-
gebnisses für die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer so
stark von der Mai-Steuerschätzung abgewichen sei, Maß-
nahmen bis hin zu der öffentlichen Erklärung, man werde
das Maastricht-Kriterium verfehlen, ergriffen hätte. Ent-
sprechend habe er entschieden und gehandelt (8. Sitzung,
Protokoll BM Eichel, S. 19). Er halte es auch nach wie vor
für richtig, dass er diese Vorausschätzung damals nicht zur
Grundlage einer politischen Entscheidung dieser Art ge-
macht habe und würde es genauso wieder machen (8. Sit-
zung, Protokoll BM Eichel, S. 26).
Auf die Frage, ob er zum damaligen Zeitpunkt darüber
nachgedacht habe, den Bundestag und die Öffentlichkeit
über die gestiegenen Risiken für das Maastricht-Defizit zu
informieren, erklärte Bundesminister Eichel, ihm sei nicht
bekannt, dass jemals ein Bundesfinanzminister aufgrund
des Vermerks eines Referatsleiters anschließend in den
Bundestag oder in die Öffentlichkeit gegangen wäre. Viel-
mehr führe ein Finanzminister eine sorgfältige Abstim-
mung in seinem Hause herbei und handele dann auf dieser
Basis. Anderenfalls könnten die Minister ihre Position auf-
geben und die politische Leitung des Hauses den Referats-
leitern überlassen (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 26,
28). Im Übrigen habe es auch vor dem Hintergrund der Re-
gelung in § 10 Abs. 2 BHO, wonach die Bundesregierung
den Bundestag und den Bundesrat über erhebliche Ände-
rungen der Haushaltsentwicklung und deren Auswirkung
auf die Finanzplanung unterrichtet, schon deshalb keinen
Grund gegeben, den Bundestag bzw. den Haushaltsaus-
schuss zu informieren, weil alle jeweiligen Abläufe jeder-
zeit publiziert würden – ein Umstand, den er – Eichel – im
Übrigen erst so eingeführt habe (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 29).
Auf die Frage, ob er den Bundeskanzler über seine Ein-
schätzung zur Mitte des Jahres informiert habe, erklärte
Bundesminister Eichel vor dem Ausschuss, mit dem
Bundeskanzler persönlich über die Einschätzung des Refe-
rats I A 4 hinsichtlich des Risikos eines Anstiegs des
Maastricht-Defizits nicht gesprochen zu haben (8. Sitzung,
Protokoll BM Eichel, S. 45). Er habe darüber hinaus auch zu
keinem Zeitpunkt irgend jemanden darüber informiert, dass
Deutschland gegebenenfalls das Defizitkriterium über-
schreiten werde. Dies sei auch zu dem Zeitpunkt der War-
nungen vom Juli aus dem BMF nicht seine bzw. die Ein-
schätzung des Kollegiums gewesen. Hierzu stehe er. Den
gesamten Sommer über habe er sowohl in der Fraktion als
auch im Kabinett immer gesagt, dass man sich im Hinblick

immer darauf hingewiesen, dass die Einhaltung des Defizits
schwierig sei und dass es eng werden könne. Auch öffent-
lich habe er gesagt, das Defizitkriterium werde gehalten,
aber es werde eng. Zwischen 2,6 oder 2,7 und 3 % könne
kein Spielraum ausgeschöpft werden (8. Sitzung, Protokoll
BM Eichel, S. 24). Dies bedeute auch, dass es durch eigenes
Verhalten der Bundesregierung jedenfalls nicht zu einer
Ausweitung der Verschuldung kommen solle (8. Sitzung,
Protokoll BM Eichel, S. 25).
f) Die Veröffentlichung des Berichts über die

Entwicklung des Bundeshaushalts im
1. Halbjahr 2002 im Monatsbericht des
Bundesministeriums der Finanzen

Bereits im Zweiten Teil unter B. wurde auf Überlegungen
des Referats I A 1 vom August 2002 hingewiesen, auf die
Veröffentlichung des turnusmäßigen Berichts über die Bun-
desfinanzen bis zum 2. Quartal 2002 im Monatsbericht des
BMF zu verzichten. Ein solches Vorgehen wurde auch im
Hinblick darauf diskutiert, welche Wirkungen der Bericht
im Hinblick auf die öffentliche Diskussion über die Einhal-
tung des Defizitkriteriums möglicherweise haben werde.
Dementsprechend wies die Vorlage des Referats I A 1 vom
7. August 2002 (Dokument Nr. 32) die Leitung auf folgen-
den Sachverhalt hin:

„Die Ausgaben des Bundes zum Ende des 2. Quartals
2002 sehen insgesamt ungünstig aus. Zusammen mit den
bereits bekannten Steuermindereinnahmen im Juni
könnte hier eine erneute öffentliche Diskussion über die
Staatsfinanzen („3 %-Grenze“) begonnen werden Es
könnte daher in Betracht gezogen werden, den Bericht
überhaupt nicht oder nur in stark gekürzter Form zu ver-
öffentlichen.“

Im Ergebnis riet das Referat jedoch davon ab, die Daten
nicht zu veröffentlichen (s. o. unter Zweiter Teil B V. 3.).
Dementsprechend wurden die Zahlen in dem Monatsbericht
für September (Erscheinungsdatum 25. September 2002)
publiziert. In seiner Vernehmung hierzu hat der Referatslei-
ter, der Zeuge Dr. Kastrop, erläutert, sein Referat habe mit
dem Vermerk lediglich auf eine bestimmte Problematik hin-
weisen wollen. Die Bewertung dieser Problematik und die
Lösung obliege allerdings denjenigen, die diesen Vermerk
erhalten hätten. Im Übrigen würden alle Argumente präsen-
tiert und seien auch schon an anderer Stelle veröffentlicht
worden. Was die Berichtsabfassung angehe, so habe es
letztlich zwar textliche Veränderungen, jedoch keine Ände-
rung der Fakten gegeben. Alle verfügbaren Fakten seien
„voll und ganz“ veröffentlicht worden (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Kastrop, S. 88 f.).
2. Die Behandlung des Bundesbank-Gewinns

bei der Berechnung des Maastricht-Defizits
Am 6. August 2002 informierte das Referat I A 4 den Mi-
nister darüber, dass die nach den Berechnungen des Statisti-
schen Bundesamtes im laufenden Jahr mit knapp 8,4 Mrd. €
zu verzeichnenden Einnahmen aus Bundesbank-Gewinnen
möglicherweise nicht gänzlich defizitsenkend verbucht
werden könnten (Dokument Nr. 49). Hierin enthalten sei
nämlich ein Betrag in Höhe von rd. 2,3 Mrd. €, der auf der
auf die Einhaltung des Haushalts nichts mehr leisten könne
(8. Sitzung, BM Protokoll Eichel, S. 24 f.). Er habe zudem

Auflösung einer Rückstellung beruhe. Anlässlich eines
Kontrollbesuches im Statistischen Bundesamt hätten Euro-

Drucksache 15/2100 – 92 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

stat und die Europäische Zentralbank (EZB) die defizitsen-
kende Buchung dieser 2,3 Mrd. Euro moniert und in einem
Schriftwechsel ihre Auffassung bekräftigt, wonach diese
Komponente defizitneutral zu behandeln sei. Das Referat
wies darauf hin, dass die Frage der Verbuchung des Betra-
ges derzeit strittig sei, die endgültige und bindende Ent-
scheidung jedoch bei Eurostat liege. Im Hinblick auf die
Auswirkungen einer defizitneutralen Verbuchung erklärte
das Referat:

„Für das Maastricht-Defizit des laufenden Jahres würde
die defizitneutrale Verbuchung dieser Komponente eine
Verschlechterung des Defizits 2002 um einen Zehntel-
punkt des BIP bedeuten. Diese für sich genommen nicht
sehr große Abweichung muss dabei vor dem Hinter-
grund der aktuell schwierigen Situation und der Nähe
zur 3 %-Marke gesehen werden.“

Das Referat berichtete, dass das Statistische Bundesamt
nunmehr um die Übermittlung der Position des BMF gebe-
ten habe. Da das Bundesamt zum Ende des Monats August
2002 die volkswirtschaftlichen Gesamtdaten für das erste
Halbjahr 2002 veröffentliche, könne eine baldige Entschei-
dung des BMF noch in das Zahlenwerk eingefügt werden.
In seiner Stellungnahme erläuterte das Referat die Position
des Statistischen Bundesamtes und bezeichnete diese als
nachvollziehbar. Allerdings sei auf europäischer Ebene wie
auch in der Öffentlichkeit eine sehr kritische Haltung hin-
sichtlich aller mit dem Maastricht-Defizit verbundenen Bu-
chungsfragen festzustellen (Stichwort: „kreative Buchfüh-
rung“). Es stelle sich daher die Frage, ob diese Position in
den statistischen Gremien und gegebenenfalls in der Öffent-
lichkeit durchgehalten werden könne. Auf der Arbeitsebene
bestehe mit der Deutschen Bundesbank Einvernehmen, dass
die Aussichten, sich mit der deutschen Position letztlich
durchzusetzen, eher ungünstig sein dürften. Weiter heißt es:

„Zwar könnte es gelingen, durch ein Offenhalten des
Konflikts noch etwas Zeit zu gewinnen. Andererseits hat
Eurostat in letzter Zeit bei der Klärung strittiger Verbu-
chungsfragen ein hohes Tempo vorgelegt, so dass eine
Befassung der Gremien und eine abschließende Ent-
scheidung durchaus schnell vorliegen könnte. Es wäre zu
erwarten, dass eine entsprechende (gegen D gerichtete)
Eurostat-Entscheidung ein breites Echo in der Presse
finden würde. Es wäre zudem zu befürchten, dass in ei-
ner öffentlichen Diskussion – obwohl inhaltlich unzutref-
fend – auch der Vorwurf der Einflussnahme der Bundes-
regierung auf die Verbuchungspraxis des Statistischen
Bundesamtes geäußert würde.
Akzeptiert D die Position Eurostats, kann dieser Konflikt
vermieden werden. Gleichzeitig stünde aber eine weitere
Belastung für das Maastricht-Defizit 2002 definitiv fest.
Es ist denkbar, dass am Jahresende diese Position den
Ausschlag für ein Überschreiten der 3 %-Marke gibt“.

Das Referat bat daher abschließend um eine Entscheidung,
ob die Position von Eurostat/EZB akzeptiert und damit eine
Defizitbelastung von 2,3 Mrd. € hingenommen werde oder
ob das Statistische Bundesamt in seiner ablehnenden Hal-
tung unterstützt und der Gang durch die „statistischen In-
stanzen“ vorgeschlagen werden solle.

habe, in seinem Vermerk eine so vorsichtige Formulierung
im Hinblick auf ein Überschreiten der Drei-Prozent-Grenze
gewählt habe, hat der Zeuge Dr. Hanke in seiner Verneh-
mung erklärt, es habe sich bei der betreffenden Vorlage um
eine Stellungnahme gehandelt, die sich lediglich mit der
Verbuchung des Bundesbankgewinns beschäftigt habe. In
einer solchen Vorlage müsse man nicht „die ganze Welt je-
weils wieder aufrollen“, gerade, wenn man fürchte, dass In-
formationen, die man nicht auf den Markt streuen wolle, tat-
sächlich über seine solche Vorlage hinausgingen. In einem
solchen Falle formuliere man daher sehr vorsichtig (7. Sit-
zung, Protokoll Dr. Hanke, S. 120).
Die Vorlage des Referats I A 4 weist verschiedene hand-
schriftliche Vermerke auf. Von dem Leiter der Abteilung I,
dem die Vorlage am 6. August 2002 vorgelegen hat, stammt
der Vermerk: „Alternative 1 ist wegen Lautlosigkeit vorzu-
ziehen“. Ein weiterer handschriftlicher Vermerk, der perso-
nell nicht zugeordnet werden konnte, lautet: „Bin eher der
Auffassung, dass wir denkbare öffentliche Debatte aushal-
ten sollten“.
Mit Datum vom 13. August 2002 übermittelte der zustän-
dige Sachbearbeiter im Referat I A 4 dem Leiter der Unter-
abteilung I A per E-Mail Stichworte für ein Gespräch mit
dem Präsidenten des Statistischen Bundesamtes bzw. mit
dem Vizepräsidenten des Amtes zu der Frage der Verbu-
chung des Bundesbank-Gewinns in Höhe von 2,3 Mrd. €
(Dokument Nr. 50). Referat I A 4 schlug vor, dass aus Sicht
des BMF so gebucht werden solle, dass die Option, den Be-
trag als Einnahme zu buchen, erhalten bleibe. Zu der Frage,
welche Verbuchung vor diesem Hintergrund die günstigste
sei, nahm das Referat wie folgt Stellung:

„Wird jetzt als Einnahme (defizit-verbessernd) gebucht,
könnte später immer noch die Eurostat-Auffassung über-
nommen werden. Dann würde die ungünstigere Zahl erst
im Jahresergebnis 2002 berücksichtigt. Gegenüber Eu-
rostat könnte jetzt argumentiert werden, die Verbu-
chungsfrage sei derzeit noch nicht abschließend geprüft,
eine Übernahme der Eurostat-Position aber nicht ausge-
schlossen.
Wird jetzt – im Sinne von Eurostat – als finanzielle
Transaktion (nicht defizit-verbessernd) verbucht, dürfte
es schwierig werden, bei einer gegenteiligen Entschei-
dung von M zum Jahresende wieder zur Verbuchung als
Einnahme zurückzukehren.
Aus BMF-Sicht wäre daher zum jetzigen Zeitpunkt eine
Verbuchung als Einnahme vorzuziehen.“

Abschließend wies das Referat darauf hin, dass das Statisti-
sche Bundesamt gegenüber Eurostat ggf. klären müsse, dass
man zwar für das erste Halbjahr nach Methode X verfahren
sei, zum Jahresende aber nach Methode Y verbuchen werde.
Das Referat warnte daher:

„Das könnte von Eurostat als „Schönen“ der Daten für
das erste Halbjahr angesehen werden (noch dazu auf
„Anraten“ des BMF!!!).“

Auf einem handschriftlichen Vermerk auf dem in den Akten
enthaltenen Ausdruck der E-Mail geht hervor, dass der Lei-
ter der Abteilung I noch am gleichen Tag, d. h. am 13. Au-
Auf die Frage, warum er, wenn er schon Mitte Juli die Risi-
ken für das Maastricht-Defizit bei 3,3 bis 3,4 % gesehen

gust 2002, mit dem für die fachliche Entscheidung der Ver-
buchung betrauten Vizepräsidenten des Statistischen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93 – Drucksache 15/2100

Bundesamtes ein Telefongespräch führte und das Referat I
A 4 anschließend über das Ergebnis dieses Gesprächs infor-
mierte. Das Referat vermerkte daraufhin handschriftlich auf
dem Ausdruck der E-Mail:

„Telefonat AL I mit Vizepräs. Lützel am 13.8.; StatBA
bucht als Einnahme. Lieferung der Quartals-/Halbjah-
resdaten an Euro-stat erst nach 90 Tagen. Im WiSta-Auf-
satz September wird darauf hingewiesen, dass der Be-
trag strittig ist und der Sachverhalt geprüft wird.“

Am 15. August 2002 erfolgte der Rücklauf der Vorlage vom
6. August aus dem Leitungsbereich in die Fachabteilung.
Mit Datum vom 16. August 2002 vermerkte der Leiter der
Abteilung I die Anweisung für das Referat I A 4: „Bis nach
Sept. schieben“.
3. Wirbel um ein angebliches Non-Paper
Das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ vom 25. No-
vember 2002 berichtete, bereits Anfang August hätten
hochrangige Fachleute aus dem Finanzministerium erkannt,
dass das Defizitkriterium für 2002 nicht mehr einzuhalten
sein würde. Dies ginge aus einem sog. „Non-Paper“ aus
dem Haus hervor (siehe auch Erster Teil, B. IV. 4.).
Die Beweisaufnahme hat die Existenz dieses „Non-Papers“
nicht bestätigt. Die befragten Zeugen haben übereinstim-
mend erklärt, ein solches „Non-Paper“ des beschriebenen
Inhalts sei ihnen nicht bekannt. Auch eine Abfrage aller Re-
ferate des Finanzministeriums hat keinerlei Hinweise auf
die Existenz dieses Papiers ergeben.
Staatssekretär Dr. Overhaus hat erläutert, in einem Ministe-
rium entstünden jeden Tag Hunderte sog. „Non-Paper“, d. h.
Papiere, auf denen etwa Notizen festgehalten würden, die
jedoch kein Aktenzeichen erhielten und nicht zu einem offi-
ziellen Vorgang innerhalb des Hauses würden. Von einem
„Non-Paper“ des beschriebenen Inhalts habe er allerdings
keine Kenntnis. Er habe ein solches Papier jedenfalls nie ge-
sehen (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 16).
Der Leiter des Generalreferats für Finanzpolitik I A 1, der
Zeuge Dr. Kastrop, beschrieb in seiner Vernehmung durch
den Ausschuss ein „Non-Paper“ als ein Papier, das mögli-
cherweise im Entstehungsprozess eines Vorgangs produziert
werde, als Gedankenskizze, die möglicherweise schon mit
dem Vorgesetzten mündlich diskutiert worden sei, die aber
noch nicht das Stadium eines Vorgangs erreicht habe. Ein
„Non-Paper“, wie es „DER SPIEGEL“ in dem zitierten Ar-
tikel beschrieben habe, habe er jedoch nicht verfasst und sei
ihm auch nicht bekannt (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop,
S. 77 f.).
Der Leiter des für die Maastricht-Projektion zuständigen
Referats I A 4, der Zeuge Dr. Hanke, erklärte, ihm sei ein
Papier dieses Inhalts nicht bekannt; er habe es auch nicht
zur Verfügung. Seine Unterrichtungen an die Vorgesetzten
seien im Übrigen auch immer mündlich erfolgt. Es sei aller-
dings völlig klar, dass die Fragestellung, die dem Papier zu-
grunde liege, aus seinem Zuständigkeitsbereich stamme,
wobei die Zahl 3,5 eine Diktion sei, wie sie im BMF nicht
verwendet würde, weil dort üblicherweise Schätzzahlen ge-
rundet dargestellt würden. Dr. Hanke hielt es aber nicht für
ausgeschlossen, dass eine Notiz oder eine Gedankenstütze,

dem Magazin „DER SPIEGEL“ zu einem sog. „Non-Paper“
veredelt worden sei (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke,
S. 113). Im BMF ist eine flächendeckende Abfrage aller Re-
ferate nach dem Papier durchgeführt worden. In dieser Ab-
frage sind die entsprechenden Passagen aus dem „SPIEGEL“-
Artikel vom 25. November 2002 wörtlich wiedergegeben
worden. Alle Abteilungen meldeten daraufhin, dass bei ih-
nen ein entsprechendes Papier nicht existiere. (Auskunft des
Vertreters des BMF, 6. Sitzung, Protokoll S. 7 f.)

4. Meldung der VGR-Daten an die Kommission
nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung
(EG) Nr. 3605/93

a) BMF-interne Einschätzung der Defizit-
Entwicklung

aa) Die Einschätzung des Generalreferats
für Finanzpolitik I A 1

Der Zeuge Dr. Kastrop hat vor dem Ausschuss erklärt, er
hätte zu dem damaligen Zeitpunkt davon Kenntnis haben
müssen, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrschein-
lichkeit bekannt gewesen wäre, dass das Defizitkriterium
nicht eingehalten werden könne. In diesem Falle hätte er
dem Minister sicherlich auch geraten, mit solch einer Infor-
mation offensiv umzugehen. Er habe jedoch eine solche
Einschätzung über die Einhaltung bzw. Überschreitung des
Defizitkriteriums nie erhalten. Aus diesem Grunde habe es
für ihn auch „überhaupt keinen Grund“ gegeben, dem Mi-
nister aus der Sicht seines Referats „eine neue Bewertung
von bekannten Fakten vorzuschlagen“. Ihm jedenfalls sei
im Zeitraum August/September nicht bekannt gewesen,
dass das Maastricht-Kriterium nicht eingehalten werden
könne. Auch habe er nicht über Informationen verfügt, auf-
grund der er ein Überschreiten des Kriteriums hätte anneh-
men müssen (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 78). Wei-
ter führte er aus:

„Meiner Meinung nach bestand angesichts der Daten-
lage bis ausschließlich der Septemberergebnisse nach
wie vor eine begründete Möglichkeit, zwar näher an
die 3 Prozent heranzurutschen, aber auf jeden Fall die
3-Prozent Grenze einzuhalten. Das hat sich nach der
Kenntnis der Daten, die mir zur Verfügung standen, so
ergeben.
Wir kamen von einem Defizit von 2,5 Prozent, sodass es
in der Tendenz nach oben zeigte. Über diese Risiken wa-
ren alle Fachbeamten und war auch die Leitung infor-
miert, aber es bestand eben – ich wiederhole es
nochmal – keine Sicherheit und es bestanden sehr wohl
begründete Möglichkeiten und Aussichten, das einzuhal-
ten. Ich sah also keinen zwingenden Grund, hier einen
Bewertungswechsel vorzunehmen.“ (7. Sitzung, Proto-
koll Dr. Kastrop, S. 80)

Zwar habe er keine Kenntnis davon gehabt, wie hoch die
Steuereinnahmen in den Monaten September bis Dezember
2002 hätten ausfallen müssen, um die Erreichbarkeit des
Maastricht-Ziels zu gewährleisten, von den hierfür zustän-
digen Kollegen habe er jedoch vor dem September nicht die
Äußerung erhalten, aufgrund der Datenlage könne das
Maastricht-Ziel in 2002 nicht mehr erreicht werden. Er
wie sie regelmäßig innerhalb der Referate für die tägliche
Arbeit verwendet würden, möglicherweise nachträglich von

könne allerdings nicht ausschließen, dass einzelne Kollegen
der Auffassung gewesen seien, dass das Kriterium über-

Drucksache 15/2100 – 94 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

schritten werde. Sicherlich habe es auch einzelne Kollegen
gegeben, die gesagt hätten, es werde kritisch. Die konkrete
Zahl von 3,5 % sei jedoch seiner Erinnerung nach nie ge-
nannt worden (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 80 f.).
Die Tatsache, dass er keinen Anlass gesehen habe, dem Mi-
nister im Verlauf des Sommers eine Neubewertung der Lage
im Hinblick auf die Einhaltung des Defizits vorzuschlagen,
erklärte Dr. Kastrop auch mit der allgemeinen Staatspraxis.
Bevor ein Minister in einem recht wichtigen Bereich eine
schwerwiegende Veränderung der Bewertung vornehme,
würde ein Grundsatzreferat wie das seinige immer raten,
dass dafür „sehr, sehr sichere Daten“ benötigt würden.
Auf Nachfrage erklärte der Zeuge schließlich, er habe sich
seine Bewertung und Einschätzung der Lage selbst als un-
abhängiger Beamter bilden können. Von Seiten der Leitung
sei diesbezüglich keinerlei Einfluss ausgeübt worden (7. Sit-
zung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 87).
bb) Die Einschätzung des Referats I A 4
Der Zeuge Dr. Hanke berichtete dem Ausschuss, dass sich
seine Einschätzung der Risiken für das Maastricht-Defizit
im Verlaufe des Sommers nicht verändert habe. Zusätzlich
zu der letzten Schätzung für den Finanzplanungsrat im Juni
in Höhe von 2,6 % hätten auch im August und September
nach wie vor Risiken aufgrund des Haushaltsvollzugs in
Höhe von 0,2 BIP-Punkten, Risiken infolge der schlechten
Steuereinnahmen vom Juni und der revidierten Steuerschät-
zung durch das Referat I A 6 in Höhe von 0,5 BIP-Punkten
und das Risiko von 0,1 BIP-Punkt infolge der Verbuchung
des Bundesbankgewinns existiert (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Hanke, S. 113 f.).
b) Die Einschätzung der Deutschen

Bundesbank
Der Zeuge Prof. Dr. Remsperger hat vor dem Ausschuss er-
läutert, ähnlich wie eine Reihe von Experten sei auch die
Bundesbank seit etwa Mitte August 2002 der Ansicht gewe-
sen, dass eher mit einem Überschreiten der 3-Prozent-
Grenze zu rechnen sei, dass aber angesichts der großen Un-
sicherheiten auch eine Einhaltung des Limits nicht auszu-
schließen war. Dies habe auch für den Fall gegolten, dass
die vorgesehene Nettokreditaufnahme in Höhe von
21,1 Mrd. € überschritten werde, was die Bundesbank im
September durchaus erwartet habe (7. Sitzung, Protokoll
Prof. Dr. Remsperger, S. 60, 66). So sei er mit den Experten
seines Dezernats Anfang September zu folgender Einschät-
zung gelangt:

„Ob allerdings insgesamt ein Überschreiten der 3-%-
Grenze vermieden werden kann, erscheint derzeit eher
fraglich. Während wir im Frühjahr noch eine staatliche
Defizitquote von rund 2 ½ % erwartet haben, kommen
nunmehr erhebliche Steuerausfälle .. . ,ungünstigere Ab-
schlüsse der Sozialversicherungen … und die Auswir-
kungen des Hochwassers hinzu. Zwar ist die Entwick-
lung im weiteren Jahresverlauf mit erheblichen
Unsicherheiten behaftet … Allerdings kann aus heutiger
Sicht die 3-%-Grenze nur erreicht werden, wenn auf al-
len Ebenen eine sehr sparsame Haushaltsführung betrie-

Gleichzeitig hat Prof. Dr. Remsperger aber darauf hingewie-
sen, dass sich eine sichere Aussage im Hinblick auf die Ein-
haltung der Defizitobergrenze aus seiner Sicht erst relativ
spät habe treffen lassen. Erst das im Oktober veröffentlichte
Steuerergebnis des großen Steuermonats September habe
das Erreichen der 3-Prozent-Grenze aus Sicht der Bundes-
bank sehr unwahrscheinlich werden lassen (7. Sitzung, Pro-
tokoll Prof. Dr. Remsperger, S. 60). Vor diesem Zeitpunkt
habe er nicht sagen können, er sei sicher, dass es eine Über-
schreitung geben werde (7. Sitzung, Protokoll Prof.
Dr. Remsperger, S. 64). In diese Einschätzung habe er auch
die politische Absichtserklärung des Bundesfinanzministers
aus dem Frühjahr im Zusammenhang mit dem drohenden
„blauen Brief“ mit einbezogen, man habe das Ziel, die Defi-
zitobergrenze im laufenden Jahr einzuhalten. Es habe daher
durchaus die Erwartung bestanden, die Bundesregierung
wie auch die anderen staatlichen Ebenen könnten im weite-
ren Jahresverlauf noch Maßnahmen treffen, um dieses Ziel
zu erreichen (7. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Remsperger,
S. 67).
c) Die Einschätzung verschiedener

Wirtschaftsforschungsinstitute
Nachdem der IWF in seinem am 7. Juli 2002 veröffentlich-
ten Zwischenbericht im Rahmen der sog. Art.-IV-Konsulta-
tionen für das Defizit einen Wert von „below 3 %“ ange-
nommen hatte, erwartete er zu Beginn des Monats
September in seinem „World Economic Outlook“ das ge-
samtstaatliche Defizit in Deutschland 2002 „close to the
3 % limit“.
Unter den deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten gab es
in dem Zeitraum vor der Bundestagswahl lediglich ein Insti-
tut, das von einer Überschreitung des Maastricht-Kriteriums
im Jahre 2002 ausging. So hob das Institut für Weltwirt-
schaft in Kiel am 12. September 2002 seine Defizitprognose
auf 3,1 % an (vgl. unter Zweiter Teil A II. 1.).
d) Die Einschätzung des bayerischen

Finanzministers Prof. Dr. Kurt Faltlhauser
In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ vom
4. September 2002 erklärte der bayerische Finanzminister
Prof. Dr. Kurt Faltlhauser, die Union rechne für das Jahr
2002 mit einem Staatsdefizit in Deutschland von 3,4 % des
BIP. Die ergebe sich aus den Berechnungen der Bundesre-
gierung. Nach Meinung von Prof. Dr. Faltlhauser müsse der
Staat gegenüber der letzten Steuerschätzung vom Mai 2002
wegen der schlechten Wirtschaftslage mit Einnahmeausfäl-
len von 8 Mrd. € und mit Mehrausgaben von 13 Mrd. € rech-
nen. Dadurch erhöhe sich das von der Kommission ge-
schätzte Defizit von 59 auf 72 Mrd. €, was 3,4 % der
Wirtschaftsleistung Deutschlands entspreche. Prof. Dr.
Faltlhauser wies zudem darauf hin, dass auch das Defizit der
gesetzlichen Krankenversicherung von inzwischen 2,4 Mrd. €
in die Berechnungen nach dem Stabilitätspakt eingehe.
Im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Pläne der CDU/CSU
mit der Einhaltung des Maastricht-Kriteriums bestritt der
Minister, dass die Union mit dem Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt in Konflikt gerate. Er rechtfertigte insbesondere
das Vorhaben, den Wiederaufbau und die Beseitigung der
ben wird“ (7. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Remsperger,
S. 60).

Flutschäden aus dem Bundesbankgewinn und damit indi-
rekt durch eine höhere Neuverschuldung zu finanzieren

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 95 – Drucksache 15/2100

und berief sich insoweit auf die Ausnahmetatbestände des
Maastrichter Vertrages für Katastrophen, aufgrund derer
die Ausgaben für die Beseitigung der Hochwasserschäden
nicht in die offiziellen Berechnungen des gesamtstaatli-
chen Defizits eingingen. Er war allerdings der Auffassung,
dass die zusätzlichen Schulden in angemessener Zeit
wieder abgebaut werden müssten. Die übrigen von der
Union versprochenen Mehrausgaben müssten durch höhe-
res Wachstum und Umschichtungen im Haushalt finanziert
werden, so Prof. Dr. Faltlhauser.

e) Die Nichteinhaltung des vorgesehenen
Termins zur Meldung

Mit Schreiben vom 5. Juli 2002 hatte die Generaldirektion
„Economic and Financial Affairs“ dem im BMF für die
Meldung der Konvergenzkriterien im Herbst zuständigen
Referat I A 4 mitgeteilt, dass die Meldung an die Kommis-
sion „vor dem 1. September 2002“ zu erfolgen habe. Dieser
Termin verstrich jedoch, ohne dass eine Meldung nach
Brüssel abgegeben wurde. Außer Deutschland gaben mit
Frankreich, Italien und Portugal weitere drei Mitgliedsstaa-
ten ihre Meldung nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt ab.
In einem an das Bundeskanzleramt gerichteten Vermerk
vom 3. September 2002 informierten die Referate I A 1 und
I A 4 sowohl über den Zeitpunkt als auch den Inhalt einer
Defizitmeldung durch Deutschland (Dokument Nr. 51).
Seriöse, zuverlässige Angaben – so die Referate in ihrer In-
formation und Sprachregelung zur Meldung des Staatsdefi-
zits – seien der Kern einer funktionierenden haushaltspoliti-
schen Überwachung. Für die Ermittlung entsprechender
Angaben würden in Deutschland derzeit jedoch noch wei-
tere Informationen benötigt. Auch läge der Steuerschätzung
vom Frühjahr die Annahme einer kräftigen gesamtwirt-
schaftlichen Beschleunigung im zweiten Halbjahr und da-
mit zugleich die Annahme eines stärkeren Steueraufwuch-
ses zugrunde. Auf der Basis dieser gegenwärtig
vorliegenden Daten würde zurzeit eine gegenüber der Mel-
dung vom März unveränderte Defizitquote von 2 ½ % ge-
nannt werden. Angesichts der großen Unsicherheit der Da-
tenlage, insbesondere auch mit Blick auf die Fluthilfe, wäre
es aber kein seriöser Weg, eine gegenüber der letzten
Schätzrunde vom Mai/Juni unveränderte Defizitquote zu
nennen. Da es für eine abschließende Bewertung der Aus-
wirkungen der Flutkatastrophe noch zu früh sei, könne in
dieser Situation keine seriöse Zahl gemeldet werden. Eine
Meldung erfolge daher, sobald gesicherte Erkenntnisse über
die zugrunde liegenden Daten vorlägen. Im Übrigen sähe
aber auch die EU-Kommission derzeit für Deutschland
keine Gefährdung des Maastricht-Zieles.
Aus dem am 3. September 2002 vom Statistischen Bundes-
amt für das erste Halbjahr 2002 ausgewiesenen Finanzie-
rungssaldo des Sektors Staat von -36,3 Mrd. € leiteten die
Referate ein rein rechnerisches „Halbjahres-Maastricht-De-
fizit“ von 3,5 % des BIP ab. Diese Quote sei aber zum einen
nicht Gegenstand der Maastricht-Meldung an die EU-Kom-
mission, denn dort sei das geschätzte Defizit des Gesamt-
jahres 2002 anzugeben. Zum anderen lasse sich zwar aus
dem Halbjahresergebnis rein rechnerisch ein „Halbjahres-
Maastricht-Defizit“ ermitteln. Eine solche Größe sei aller-

sehr hoher Schätzanteile vor allem bei Ländern, Gemeinden
und Sozialversicherungen kaum sinnvoll interpretierbar.
Die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung zu bestimmten
unterjährigen Terminen sei keine relevante Größe für die
Haushaltspolitik, denn die Quartalssalden seien in hohem
Maße von Kassenzufälligkeiten beeinflusst und insofern
kaum aussagefähig. Dies gelte umso mehr, als viele Zah-
lungsvorgänge nur einmalig oder unregelmäßig auf die
Quartale verteilt anfielen. Die Quartalsentwicklungen lie-
ßen insofern keine Rückschlüsse auf das Jahresergebnis zu.
Eine Orientierung an den Quartalssalden berge daher das
Risiko der Fehlinterpretation. Die Gefahr sei groß, dass aus
Quartalssalden Handlungsempfehlungen an die nationale
Politik abgeleitet würden, obwohl diese Daten aufgrund
mangelnder Aktualität, Zuverlässigkeit und Aussagefähig-
keit für solche Zwecke völlig ungeeignet seien. Das BMF
habe sich aus diesen Gründen in der Vergangenheit stets ge-
gen eine Verwendung solcher unterjährigen Kennzahlen
ausgesprochen und entsprechende Daten auch nicht in einer
eigenen Argumentation verwendet.
Der Zeuge Dr. Kastrop hat dem Ausschuss gegenüber erläu-
tert, bei dem sog. Halbjahresdefizit handele es sich um eine
Hochrechnung auf der Basis des Halbjahresergebnisses.
Eine bloße arithmetische Hochrechnung auf das ganze Jahr
sei nicht möglich, da Steuereinnahmen und Ausgaben nicht
pro rata temporis, sondern in bestimmten Rhythmen anfie-
len, die sich zudem von Jahr zu Jahr verändern könnten
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 89). Berechnungen
darüber, in welchem Ausmaß sich die Steuereinnahmen hät-
ten entwickeln müssen, damit das Erreichen des Stabilitäts-
ziels gewährleistet sei, habe nicht sein Referat, sondern hät-
ten die Referate I A 4 und I A 6 angestellt. Soweit er
Kenntnis von solchen Modellrechnungen erlangt habe, hät-
ten sie ergeben, dass die Erreichung des Grenzwertes – bis
zum Bekanntwerden der Ergebnisse vom Steuermonat Sep-
tember – noch möglich war.
Auch der Zeuge Dr. Hanke bezweifelte die Aussagekraft der
nur zur zwischenzeitlichen Unterrichtung der EU-Kommis-
sion gebildeten Zahl für das Halbjahresdefizit, da die Daten-
basis hierfür „furchtbar schwach“ sei und bei der Haushalts-
schätzung die Angabe einer zeitanteiligen Größe weder
möglich noch sinnvoll sei (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke,
S. 111).
Bundesfinanzminister Eichel hat in seiner Vernehmung er-
klärt, zwar sei das zuständige Referat wegen der Flutkata-
strophe nicht daran gehindert gewesen, eine Prognose hin-
sichtlich des voraussichtlichen Maastricht-Defizits zu
erstellen, denn das Referat sei prinzipiell immer berichtsfä-
hig. Der entscheidende Punkt, warum die Meldung nicht
fristgerecht erfolgt sei, sei aber gewesen, dass man zum da-
maligen Zeitpunkt nicht gewusst habe, wie hoch die Kosten
für die Flutopfersoforthilfe und insbesondere für den Wie-
deraufbau seien und zu welchem Zeitpunkt sie anfallen wür-
den. Es habe hierzu in jener Zeit die wildesten Annahmen
gegeben (8. Sitzung, Protokoll Eichel, S. 46).
Auf die Frage, ob der vorgegebene Zeitpunkt für die Mel-
dung innerhalb der EU immer eingehalten werde, erklärte
der Zeuge Dr. Kastrop:

„Soweit mir bekannt ist, gibt es in sehr vielen Fällen

dings wegen des typischerweise ungleichmäßig über das
Jahr verteilten Einnahmen- und Ausgabenströme und wegen

eine spätere Meldung der Defizite, aus ganz verschiede-
nen Gründen. Es kommt immer wieder vor. Wenn gute

Drucksache 15/2100 – 96 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gründe vorliegen, ist das auch sinnvoll, statt einige Tage
oder Wochen zu früh unsichere oder gar falsche Zahlen
zu melden. Dann sollte man lieber warten, bis sich das
bestätigt“ (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 86)

V. Die weitere Entwicklung im September 2002
1. Die Haushaltsdebatte im Deutschen

Bundestag am 12. September 2002
a) Die Sitzung des Haushaltsausschusses

am Morgen des 12. September 2002
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte
auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf der Tagesordnung
seiner 114. Sitzung am 12. September 2002 unter Punkt 5
eine Unterrichtung durch die Bundesregierung vorgesehen,
in der die deutschen Defizitzahlen für das Jahr 2002 erläu-
tert werden sollten. Geplant war eine mündliche Unterrich-
tung durch das BMF. Hierzu war die Anwesenheit von Bun-
desfinanzminister Eichel erbeten worden.
In der Ausschusssitzung erklärte die CDU/CSU-Fraktion
den Verzicht auf den Aufruf dieses Tagesordnungspunktes
mit der Begründung, dass Bundesminister Eichel nicht an-
wesend sei. Daraufhin setzte der Ausschuss den Tagesord-
nungspunkt einvernehmlich von der Tagesordnung ab.
In seiner Vernehmung hat Bundesminister Eichel ausgesagt,
er sei natürlich bereit gewesen, an diesem Tag über die De-
fizitzahlen und den Verlauf des Haushaltsjahres zu berich-
ten, wenn die CDU/CSU-Fraktion nicht darauf verzichtet
hätte. In diesem Falle hätte das Ministerium auch darüber
berichtet, dass die Steuereinnahmen schlechter flössen als
erwartet, man jedoch bis zur November-Schätzung keinen
Anlass habe, andere Zahlen zu nennen. Er habe aber keinen
Grund gesehen, Zwischenprognosen der Fachreferate zur
Neuverschuldung abzugeben (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 20 f.).
Eichel räumte ein, zu dem Zeitpunkt, zu dem der Tagesord-
nungspunkt 5 aufgerufen worden sei, selbst nicht mehr im
Ausschuss anwesend gewesen zu sein. Hierzu erklärte er:

„Sie haben viel länger beraten. Wir hatten eine Verabre-
dung über die Frage, wann ich in den Ausschuss komme.
Dann haben Sie über ein Thema des Verteidigungsminis-
teriums praktisch Stunden über Stunden beraten, dann
musste ich wieder weg; aber mein Parlamentarischer
Staatssekretär, Herr Diller, war da, der alle Auskünfte
hätte geben können, das Ministerium war vertreten. Es
gab keinen Grund, diesen Punkt von der Tagesordnung
abzusetzen. Dazu stellt sich eigentlich nur die Frage, ob
es wirklich ein ernstes Informationsinteresse bei der
CDU/CSU gegeben hat.“ (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 21).

Für die ursprünglich geplante Berichterstattung im Haus-
haltsausschuss existiert ein von den Referaten I A 1 und I A 4
gemeinschaftlich gefertigter Sprechzettel (Dokument Nr. 52).
Dort heißt es unter „I. Aktiver Teil der Stellungnahme“:

„Auf der Basis der gegenwärtig vorliegenden Daten
würde eine gegenüber der letzten Schätzrunde vom Mai/
Juni unveränderte Defizitquote [2,6 Prozent] genannt
werden. Angesichts der großen Unsicherheit der Daten-

nimmt auch in diesem Jahr alles, um die Einhaltung der
Prinzipien des Europäischen Stabilitätspakts zu gewähr-
leisten. – Hingegen würde alleine das Sofortprogramm
der CDU/CSU Zusatzbelastungen in Höhe von rd.
21 Mrd. € mit sich bringen. (…) Dazu passt es auch,
dass sich im Wahlprogramm der Union keine Aussage
zum Ziel eines ausgeglichenen Haushalts findet. (…) Die
Entschlossenheit der Bundesregierung, die Prinzipien
des Europäischen Stabilitätspakts zu wahren, findet ih-
ren Ausdruck auch in der gewählten Lösung zur Finan-
zierung der Hochwasserhilfe (Verschieben der 2. Stufe
Steuerreform, Umschichtungen im Gesamthaushalt,
haushaltswirtschaftliche Sperre). Diese Lösung verbin-
det die notwendige substanzielle Hilfe mit den Anforde-
rungen an eine solide und nachhaltige Finanzpolitik.
Zusätzliche Ausgaben werden durch zusätzliche Einnah-
men gedeckt. Für eine abgeschlossene Bewertung der
Auswirkungen der Flutkatastrophe ist es aber ebenfalls
zu früh. In dieser Situation kann auch an die EU-Kom-
mission keine seriöse Zahl für das Staatsdefizit gemeldet
werden. Eine Meldung erfolgt daher, sobald gesicherte
Erkenntnisse über die zugrundeliegenden Daten vorlie-
gen. Im Übrigen sieht auch die EU-Kommission derzeit
für D keine Gefährdung des Maastricht-Zieles.“

In den im Sprechzettel aufgeführten Materialien für eine
Replik auf etwaige Nachfragen finden sich zudem folgende
Ausführungen:

„Das Statistische Bundesamt weist für das erste Halb-
jahr 2002 ein Finanzierungssaldo des Sektors Staat von
-36,3 Mrd. € aus. Daraus ließe sich eine Halbjahres-De-
fizit von 3,5 % des BIP ermitteln. Diese Quote ist nicht
Gegenstand der „Maastricht-Meldung“ an die Europäi-
sche Kommission. Entscheidend dafür ist das geschätzte
Defizit des Gesamtjahres 2002. Rückschlüsse auf das
Jahresergebnis sind aus einem Halbjahresergebnis nicht
ableitbar. (…) Die Orientierung an Quartalssalden
– hier dem ersten Halbjahr 2002 – birgt daher das Ri-
siko der Fehlinterpretation. Die Gefahr ist groß, dass
aus Quartalssalden Handlungsempfehlungen an die na-
tionale Politik abgeleitet werden, obwohl diese Daten
aufgrund mangelnder Aktualität, Zuverlässigkeit und
Aussagefähigkeit für solche Zwecke völlig ungeeignet
sind.“

Zu der Frage der möglichen Einleitung eines Defizitverfah-
rens nach Art. 104 EG-Vertrag, zur Unsicherheit der Daten-
lage sowie zu der verspäteten Meldung des Staatsdefizits an
die Kommission sah der Sprechzettel folgende Argumenta-
tion vor:

„Für die Kommission gibt es zum gegenwärtigen Zeit-
punkt keinen Anlaß, gegen D ein Verfahren nach
Art. 104 EG-Vertrag wegen der Überschreitung der 3 %-
Defizitgrenze einzuleiten. (…) Überdies sind wir derzeit
zuversichtlich, dass die 3%-Grenze eingehalten werden
wird.
Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass auch in die-
sem Jahr die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstums-
pakts eingehalten werden. Voraussetzung – das haben
wir, wie andere europäische Staaten auch, immer
lage, insbesondere auch mit Blick auf die Fluthilfe, wäre
dies kein seriöser Weg. (…) Die Bundesregierung unter-

gesagt – ist eine entsprechende wirtschaftliche Entwick-
lung. (…)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97 – Drucksache 15/2100

Eine nachgereichte Meldung des Staatsdefizits ist durch-
aus nicht unüblich. So gab es beispielsweise auch bei
der diesjährigen Frühjahrsmeldung zahlreiche Staaten,
die dies getan haben. Die Spannbreite umfaßte dabei
mehr als sieben Wochen. In dieser Melderunde haben
mit Stand 10. September ebenfalls mehrere Mitglieds-
staaten noch nicht gemeldet. Das ist kein begrüßenswer-
ter Umstand, wenn es aber nachweislich der Preis für
erhöhte Zuverlässigkeit und Seriosität der dann gemel-
deten Daten ist, dann gilt es abzuwägen.“

Hinsichtlich der Entwicklung der Steuereinnahmen wurde
in dem Sprechzettel darauf hingewiesen, dass es bei der
Körperschaftsteuer infolge der schlechten Gewinnlage in
2001 erhebliche Erstattungen und stark geminderte Voraus-
zahlungen gegeben habe. In den kommenden Monaten sei
kein entsprechender Effekt zu erwarten. Die Einnahmeent-
wicklung könne daher günstiger als erwartet ausfallen.
Auf Nachfrage hat Bundesfinanzminister Eichel in seiner
Vernehmung gegenüber dem Ausschuss erklärt, dass die
Regierung – wenn es zu der vorgesehenen Unterrichtung im
Haushaltsausschuss gekommen wäre – alle Zahlen, die es
zu dem Zeitpunkt über die Ist-Entwicklung gab, selbstver-
ständlich genannt, jedoch keine neue Prognose im Blick auf
das Jahresergebnis abgegeben hätte. Er hätte sich vielmehr
auf die Novembersteuerschätzung bezogen und erklärt, dass
dies der Zeitpunkt sei, um möglicherweise andere Konse-
quenzen zu ziehen. So hätte sich seiner Meinung nach jeder
Finanzminister verhalten und so habe sich auch der bayeri-
sche Finanzminister Falthauser verhalten. Er hätte zudem,
wie bereits im Sommer darauf hingewiesen, dass „es sehr
viel enger und sehr viel schwieriger geworden ist und dass
sich deswegen jede Entscheidung über zusätzliche kreditfi-
nanzierte Ausgaben verbiete(t)“ (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 30, 57).
Der Sprechzettel nahm schließlich auch zu den Forderungen
der CDU/CSU Stellung. Laut Sprechzettel werde das Wahl-
programm der Union voraussichtlich Zusatzbelastungen
bzw. Mindereinnahmen in Höhe von rund 66 Mrd. € für den
Bundeshaushalt und die Sozialversicherungsträger verursa-
chen.
b) Die Plenardebatte zur Ersten Lesung des

Bundeshaushalts 2003
In seiner Rede zur Einbringung des Haushalts 2003 im Ple-
num des Deutschen Bundestages am 12. September 2002
machte Bundesfinanzminister Hans Eichel u. a. auch Aus-
führungen zur Einhaltung des Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakts. Hierzu erklärte er:

„Wir stehen trotz aller Finanzenge fest zum Europäi-
schen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Bei der Union
habe ich da meine Zweifel - und ich wiederhole es, auch
in Brüssel sind die Zweifel sehr ausgeprägt. Auch das
überlegt man sich sehr genau, welcher Wahlausgang in
Deutschland welche Konsequenzen für den Europäi-
schen Stabilitäts- und Wachstumspakt haben wird“ (Ste-
nographisches Protokoll 14/252, S. 25469 C).

Im Hinblick auf das Wahlprogramm der CDU/CSU erklärte
er weiter:

steht in Wirklichkeit nicht hinter dem Europäischen Sta-
bilitäts- und Wachstumspakt. Mit diesem Programm
reißt Deutschland die Latte garantiert“ ((Stenographi-
sches Protokoll 14/252, S. 25469 C).

Auch der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN, Oswald Metzger, hatte im Rahmen
der Haushaltsdebatte zu der Einhaltung des Maastricht-Kri-
teriums Stellung genommen. Er erklärte:

„Zu dem, was Sie, Union wie FDP, in Ihrem Sofortpro-
gramm ankündigen – der Finanzminister hat es doch
deutlich gemacht –, kann ich nur sagen: Als Grüner Po-
litiker brauche ich mich nicht von Ihnen als Kronzeuge
missbrauchen zu lassen, dass wir bei der Defizitquote
die 3 Prozent schrammen oder gar darüber liegen könn-
ten. Wenn es schlecht läuft, liegen wir darüber, das ist
keine Frage, so ehrlich bin ich. Aber wenn wir das tun,
was Sie wollen, dann liegen wir bei einer Defizitquote
von 5 Prozent und nicht von 3 Prozent“ (Stenographi-
sches Protokoll 14/252, S. 25484 A).

Schon im Vorfeld der Debatte war Metzger in der Presse mit
Äußerungen zur Einhaltung bzw. Überschreitung des
Maastricht-Kriteriums zitiert worden. So hieß es in der Süd-
deutschen Zeitung vom 12. September 2002:

„Nach Einschätzung des grünen Haushaltsexperten
Oswald Metzger wird Deutschland 2002 die 3,0-Pro-
zent-Grenze beim Defizitkriterium „schrammen“. Laufe
es ganz schlecht, sagt Metzger voraus, werde die Bun-
desrepublik sogar drüber liegen“ (Dokument Nr. 53).

In einem Artikel der „Kieler Nachrichten“ vom
12. September 2002 zu einem Interview Metzgers heißt es
schließlich:

„Wir werden die Drei-Prozent-Hürde reißen – es sei
denn, es passiert ein Wunder. Metzger erwarte eine Neu-
verschuldung von 3,3 bis 3,5 %“ (Dokument Nr. 54).

In seiner Vernehmung durch den Ausschuss hat der Zeuge
Metzger seine Ausführungen gegenüber der Presse damit
begründet, dass er mit den Bordmitteln seines Büros, d. h.
mit dem Haushaltsreferenten der Fraktion, auf der Basis der
objektiven und für jedermann zugänglichen Daten aus dem
BMF von Ende Juli 2002 zu diesem Zeitpunkt sehr präzise
habe sagen können, dass der Arbeitsmarkt 4 bis 5 Mrd. €
mehr Geld benötigen würde als im Etat 2002 vorgesehen.
Vor dem Hintergrund der auf Bundesebene um fast 5 %
niedriger als im Soll befindlichen Steuereinnahmen Mitte
des Jahres 2002 habe man ohne Fantasie sagen können, dass
der Bundesetat eine um etwa 7 Mrd. € höhere Nettokredit-
aufnahme brauchen werde. Die Erhöhung der Nettokredit-
aufnahme hätte jedoch bedeutet, dass das Drei-Prozent-Kri-
terium überschritten werden würde. Er habe daher aufgrund
der Haushaltsdaten, der negativen Arbeitsmarktentwick-
lung, der Effekte der Riester-Rente auf die Einkommen-
steuer im Dezember wegen der Entgeltumwandlung und des
voraussichtlichen Defizits der Sozialversicherung auf jeden
Fall damit gerechnet, dass das Defizitkriterium „gerissen“
werde (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 43). Weiter führte
er aus:

„Das sind alles Mechanismen, deren Folgen man, wenn

„Wer vollmundig ein Sofortprogramm ankündigt, das
dem Staat zusätzliche Schulden aufhalsen würde (…)

man von der Praxis her denkt, schon damals wissen
konnte. Dass die 3 Prozent noch zu erreichen wären,

Drucksache 15/2100 – 98 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

hätte ein Wachstum im letzten Quartal – wie Sie rechne-
risch aufgrund des Nachlaufs sehen können – von real
rund 3 Prozent bedeutet. Dann hätte man die Defizit-
quote von 0,6 oder 0,7 Prozent durch volkswirtschaft-
liches Wachstum noch ausgleichen können. Das lag
außerhalb jeder Vorstellung. Woher hätte dieser Push
bei der Konjunktur auch kommen können?“ (28. Sitzung,
Protokoll Metzger, S. 43).

Metzger hat erklärt, seiner Auffassung nach sei klar gewe-
sen, dass derjenige, der habe sehen wollen, auch gewusst
habe, was auf Deutschland zukommen werde. Dies hätte in
gleicher Weise aber auch für die Finanzminister der Länder
gegolten, die jedoch ebenso wie die Bundespolitiker je nach
politischer Couleur in die Wahlkampfstrategie des politi-
schen Establishments eingebunden gewesen wären (28. Sit-
zung, Protokoll Metzger, S. 26).
Metzger hat weiter berichtet, er sei mit sich selbst extrem zu-
rate gegangen, vor der Bundestagwahl in seiner letzten Rede
einen Rest seiner eigenen Glaubwürdigkeit zu behalten und
das Überschreiten der Defizitquote anzusprechen. Nachdem
er die Zahlen vom Juli erhalten habe, sei ihm bewußt gewe-
sen, dass es eigentlich seine Pflicht gewesen wäre, öffentlich
die voraussichtliche Überschreitung des Defizitkriteriums
einzuräumen. Schon vor dem Hintergrund der an diesem Tag
erschienenen Pressemeldungen sei in verschiedenen Ar-
beitskreisen der Fraktion am Vormittag des 12. September
2002 die Frage gestellt worden, ob er, Metzger, im Plenum
reden dürfe (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 36). In der
nachfolgenden Fraktionssitzung habe er den Kollegen dann
seine Einschätzung der Finanzsituation mitgeteilt (28. Sit-
zung, Protokoll Metzger, S. 50). Er habe daraufhin etwa acht
bis zehn Mahnungen und Ratschläge seiner Kollegen mit auf
dem Weg bekommen. So sei ihm von der parlamentarischen
Geschäftsführung berichtet worden, dass die SPD aufgrund
der Pressemeldung in der „Süddeutschen Zeitung“ „hyper-
sensibel“ sei (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 37). Man
habe ihn zudem daran erinnert, dass man sich im Wahlkampf
befinde und er bei seiner Rede daran denken möge, dass er
nicht für sich alleine, sondern für die Fraktion spreche. In
seiner letzten Plenarrede habe man daher keine Zahlen über
Defizitquoten hören wollen. Er, der ohnehin zu diesem Zeit-
punkt den Ruf gehabt habe, „quasi in jedes Mikrofon zu bei-
ßen“ (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 50), sei deswegen
darum gebeten worden, keinen „egomanischen letzten Auf-
tritt“ zu inszenieren. Der Bundesaußenminister habe dann
während der Fraktionssitzung in seiner Einlassung zu der
Frage, wie man sich in der Haushaltsdebatte aufstellen
wolle, in seine, Metzgers, Richtung erklärt, dass im Vorder-
grund natürlich die Erfolge der Regierung und nicht das Rei-
ßen der Defizitquote stünden. Er habe jedoch nicht erklärt,
er, Metzger, solle den Mund halten, sonst würde er im Ple-
num nicht sprechen dürfen (28. Sitzung, Protokoll Metzger,
S. 37). Im Übrigen sei jedoch die vorrangige Sorge der Grü-
nen nicht gewesen, ob das Stabilitätskriterium eingehalten
werde, sondern ob man bei der bevorstehenden Wahl sechs
oder acht Prozent erreichen werde (28. Sitzung, Protokoll
Metzger, S. 51).
Mit seinen – nach Metzgers Auffassung – maßvollen Äuße-
rungen im Plenum sowie seiner ehrlichen Antwort gegenü-
ber einer Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“ habe er dann

können, da er die Gefahr des Überschreitens des Stabilitäts-
kriteriums nicht verschwiegen habe (28. Sitzung, Protokoll
Metzger, S. 26, 29, 50). Dass er nicht offen geschildert habe,
dass die Lage desaströs gewesen sei, entspringe seiner
Loyalität gegenüber der rot-grünen Regierungspolitik und
seiner Partei, ohne deren Unterstützung er gar nicht erst
habe Abgeordneter werden können (28. Sitzung, Protokoll
Metzger, S. 29, 51).
Metzger hat in seiner Vernehmung Verständnis dafür geäu-
ßert, dass Bundesfinanzminister Eichel vor der Wahl nicht
auf die Möglichkeit des Überschreitens des Maastrichtkrite-
riums hingewiesen habe und räumte zugleich ein, dass es ei-
nen gewaltigen Unterschied mache, ob ein Haushaltsspre-
cher einer Regierungsfraktion eine Zahl in den Raum stelle
oder ob der Finanzminister der größten Volkswirtschaft Eu-
ropas zu einem Zeitpunkt, in dem die Bundesregierung
Brüssel zugesichert habe, im Jahr 2002 das Defizitkriterium
einzuhalten und bis zum Jahr 2006 einen ausgeglichenen
Haushalt vorzulegen, ein paar Tage vor der Wahl erkläre,
dass Deutschland das Defizitkriterium reißen werde. Metz-
ger räumte weiterhin ein, er müsse gegen sich gelten lassen,
dass es beim Steuertermin Juli 2002 eine leichte Entspan-
nung gegeben habe, so dass ihm seine Leute erklärt hätten,
dass man – wenn der Steuertermin September wider Erwar-
ten ordentlich verliefe „vielleicht mit Glück und Spucke
knapp unter der Dreiprozentmarge (bliebe)“ (28. Sitzung,
Protokoll Metzger, S. 35).
2. Die öffentlichen Äußerungen von

Bundesfinanzminister Hans Eichel
im September 2002

In der ARD-Talkshow „Sabine Christiansen“ vom 1. Sep-
tember 2002 wies Hans Eichel Nachfragen nach der noch
nicht erfolgten Meldung bzw. nach der Wahrscheinlichkeit,
dass Deutschland im laufenden Jahr aus Brüssel einen
„Blauen Brief“ erhalten werde, entschieden zurück und er-
klärte:

„Reden Sie doch mal mit dem in Brüssel zuständigen
Kommissar. Diese Debatte gibt es nicht. Die wird hier
hochgezogen.“

Laut „Kölner Stadtanzeiger“ vom 14. August 2002 erklärte
Hans Eichel am Rande einer SPD-Veranstaltung in Wiesba-
den:

„Wir werden keinen Blauen Brief bekommen.“
Auch in der ARD-Sendung „Ihre Wahl 2002“ vom 17. Sep-
tember 2002 erklärte Hans Eichel auf die Frage, ob es für
Deutschland einen „Blauen Brief“ geben werde:

„Ich bin mir sicher, es gibt keinen Blauen Brief aus
Brüssel“.

Staatssekretär Dr. Overhaus erklärte hierzu, seiner Auffas-
sung nach sei es durchaus verantwortbar gewesen, zu die-
sem Zeitpunkt die Meinung zu haben, dass die Drei-Pro-
zent-Grenze nicht überschritten werde. Jeder habe seine
eigene Einschätzung, es gebe Optimisten und Pessimisten
auf der Welt. Er selbst habe bis in den Herbst hinein die Ein-
schätzung gehabt, man werde irgendwo „um die 3 % he-
rum“ liegen. Allerdings habe er sich für sich selbst nicht
festgelegt, ob man „ein bisschen darüber oder ein bisschen
geglaubt, einerseits die eigene Fraktion zufrieden zu stellen
und andererseits trotzdem weiter in den Spiegel schauen zu

darunter“ liegen werde (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus,
S. 25).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 99 – Drucksache 15/2100

Auch Bundesfinanzminister Hans Eichel wurde vom Aus-
schuss zu seinen Äußerungen befragt. Er erläuterte, dass das
Verfahren, welches in Deutschland mit dem Begriff „blauer
Brief“ bezeichnet werde, im Frühjahr des Jahres 2002 mit
der einstimmig durch den Rat und die EU-Kommission ge-
troffenen Entscheidung, Deutschland nicht mit einem
„blauen Brief“ zu belegen, bereits abgeschlossen gewesen
sei. Aus diesem Grund sei es völlig ausgeschlossen gewe-
sen, in diesem Sinne einen „blauen Brief“ zu bekommen.
Die Annahme, dass dies noch möglich gewesen sei, zeige
„eine völlige Unkenntnis des Maastricht-Vertrages“ (8. Sit-
zung, Protokoll BM Eichel, S. 31 ff.). Auf Nachfrage, ob an-
gesichts des offensichtlichen Zusammenhangs der Fragen in
der ARD-Sendung davon ausgegangen hätte werden kön-
nen, dass mit dem „blauen Brief“ nur das Frühwarnverfah-
ren, nicht aber das Defizitverfahren gemeint worden sei, er-
klärte Eichel vor dem Ausschuss:

„Selbstverständlich. Etwas anderes hat es in der ganzen
deutschen Publikation nicht gegeben. Ich kann nichts
dafür, wenn falsche Fragen gestellt werden. Die andere
Frage, um die es geht, habe ich zigmal beantwortet,
nämlich die Fragestellung: Reißen Sie das 3-Prozent-
Kriterium? – Auf diese Frage hätte meine Antwort so ge-
lautet, wie ich sie im „Handelsblatt“ und an anderen
Stellen gegeben habe: Wir werden es halten; aber es
wird eng“ (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 39).

Im Übrigen habe es im September sowohl bei den Wirt-
schaftsforschungsinstituten als auch beim Bundesfinanzmi-
nisterium keine Gewissheit darüber gegeben, ob Deutsch-
land am Ende des Jahres das Defizitkriterium würde
einhalten können oder nicht (8. Sitzung, Protokoll BM
Eichel, S. 45 f.).

VI. Kenntnisstand und Einschätzung des
Bundeskanzleramts zur Einhaltung
des Staatsdefizits

1. Fachliche Zuständigkeit und Kontakt zum
BMF auf Arbeitsebene

Die fachliche Zuständigkeit innerhalb des Bundeskanzler-
amts für die Frage der Einhaltung der Stabilitätskriterien des
Maastricht-Vertrags lag im Jahre 2002 ebenso wie im Falle
der Haushaltsführung und des Haushaltsvollzugs bei der
Abteilung 4, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Bereits oben,
unter Zweiter Teil B. VI. 4. wurden die Aufgaben und die
Arbeitsweise der Abteilung – insbesondere gegenüber den
Fachreferaten und Fachabteilungen des BMF – beschrieben.
Der Leiter des früheren Referats 413, der Zeuge Dietmar
Klein, erklärte in seiner Vernehmung durch den Ausschuss,
auch hinsichtlich der Frage der Einhaltung des Defizitkrite-
riums habe es zwischen ihm und den Fachbeamten des
BMF, insbesondere den Zeugen Dr. Kastrop und Dr. Hanke,
einen regelmäßigen Austausch gegeben (25. Sitzung, Proto-
koll Klein, S. 8).
Der Zeuge Claßen erklärte vor dem Ausschuss, in seiner Ei-
genschaft als Gruppenleiter 41 habe er zu Fragen der allge-
meinen Finanzpolitik, die die Defizitentwicklung und die
Entwicklung des Maastricht-Kriteriums angingen, in regel-
mäßigem Kontakt zu dem damaligen Leiter der Abteilung I

ßig verlaufen. Zu dem Zeugen Dr. Hanke habe er dagegen
keinen persönlichen Kontakt gehabt (25. Sitzung, Protokoll
Claßen, S. 30, 33).
2. Kenntnis und Einschätzung durch die

Abteilung 4
a) Referatsleiter 413
Der Zeuge Klein hat in seiner Vernehmung durch den Aus-
schuss erklärt, dass die Einhaltung des Maastricht-Kriteri-
ums für ihn im Sommer 2002 zwar sicherlich einen beson-
deren, keinesfalls aber einen absolut übergeordneten
Stellenwert besessen habe. Im Übrigen habe für diesen Be-
reich bei seinem Referat auch nicht die originäre Zuständig-
keit gelegen (25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 18). Aufgrund
der äußerst komplexen Zusammenhänge und der volkswirt-
schaftlichen Gesamtrechnung, die bei der Berechnung des
Defizits eine Rolle spielten, sei er daher auch nicht in der
Lage gewesen, das aktuelle Defizit zu berechnen, sondern
habe sich diesbezüglich auf die Informationen und Berech-
nungen des BMF verlassen müssen (25. Sitzung, Protokoll
Klein, S. 18, 20).
Zur Einschätzung der Höhe des Defizits im Verlaufe des
Sommers erklärte Klein, ihm seien selbstverständlich die
schlechten Ergebnisse des Steuermonats Juni bekannt gewe-
sen. Diesbezüglich sei er relativ früh aus dem BMF infor-
miert worden. Er, Klein, habe dann sowohl mit dem Zeugen
Dr. Kastrop als auch mit dem Zeugen Dr. Hanke eine
Sprachregelung zu der Entwicklung der Steuereinnahmen
verabredet und diese auf dem Dienstweg nach oben gegeben
(25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 11). Allerdings habe er
keine Kenntnis von dem Vermerk des Referats I A 6 des
BMF vom 17. Juli 2002 gehabt, in welchem der Zeuge
Dr. Schoof in einer Steuerrestschätzung für das Jahr 2002
Mindereinnahmen von ca. 10 Mrd. € prognostiziert habe.
Ihm sei lediglich mitgeteilt worden, dass die Steuerausfälle
im Juni hoch gewesen seien. Hierüber habe er auch umge-
hend seine beiden Vorgesetzten unterrichtet. Eine anders ge-
artete Besprechung im Kanzleramt über dieses Thema sei
ihm nicht bekannt (25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 11).
Klein räumte ein, dass es natürlich aufgrund der Ausgaben
für den Arbeitsmarkt sowie der Entwicklung bei den Steuer-
einnahmen im großen Steuermonat Juni Belastungen für
den Bundeshaushalt gegeben habe. Insofern habe er aus ei-
gener Einschätzung heraus schon erkannt, dass sich das De-
fizit um ca. 0,2 bis 0,3 % verschlechtern und man dichter an
die Drei-Prozent-Marke heranreichen könnte (25. Sitzung,
Protokoll Klein, S. 15). Diese Belastungen seien aber aus
seiner Sicht nicht so ausgefallen, dass nun daran hätte ge-
dacht werden müssen, das Ziel von 3 % aufzugeben (25. Sit-
zung, Protokoll Klein, S. 12). Für ihn habe sich die Situation
zu diesem Zeitpunkt auch deshalb als nicht bedrohlich dar-
gestellt, da man nach einhelliger Meinung, die sich bis in
den September gehalten habe, für das zweite Halbjahr mit
dem Einsetzen einer deutlichen wirtschaftlichen Erholung
und damit verbundenen erheblichen Entlastungen gerechnet
habe. Er habe es daher als nicht seriös angesehen, sich nur
aufgrund der Juni-Zahlen dezidiert eine Meinung über den
weiteren Verlauf des zweiten Halbjahres zu bilden (25. Sit-
zung, Protokoll Klein, S. 11, 23). Aus diesem Grund habe er
auch keinen Anlass gesehen, nun irgendwelche Aktivitäten
im BMF, Dr. Engelmann, gestanden. Auch hier sei der ge-
genseitige Informationsfluss im Wahljahr 2002 routinemä-

zu ergreifen (25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 11, 19). Diese
Einschätzung habe er auch als Vorgang nach oben gegeben

Drucksache 15/2100 – 100 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 16). Seine beiden Vorge-
setzten, Gruppenleiter Claßen sowie Abteilungsleiter
Dr. Pfaffenbach, hätten seine Auffassung geteilt, dass man
aus dem Halbjahresdefizit bzw. aus den Steuerergebnissen
vom Juni noch keine Rückschlüsse auf das gesamtstaatliche
Defizit für das Jahr 2002 ziehen könne (25. Sitzung, Proto-
koll Klein, S. 25).
Mit dem Zeugen Dr. Hanke habe er, Klein, keineswegs lau-
fend über dessen jeweils aktuelle Einschätzung des Defizits
gesprochen, erklärte Klein. Ihm sei auch nicht bekannt ge-
wesen, dass Dr. Hanke hierüber fortlaufende Berechnungen
angestellt habe (25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 16). Er habe
allerdings nach Bekanntwerden der schlechten Steuerergeb-
nisse vom Juni 2002 mit Dr. Hanke ein Gespräch geführt.
Hierbei sei bei ihm, Klein, jedoch nicht der Eindruck ent-
standen, dass dieser davon ausging, dass das Drei-Prozent-
Kriterium möglicherweise oder sogar in jedem Fall über-
schritten werden würde (25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 8).
Dr. Hanke habe zwar erklärt, dass Anlass bestünde, die Ver-
schlechterung der Steuerergebnisse auch im Hinblick auf
die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums zu bewerten und
dass es möglicherweise „eng“ werden könnte (25. Sitzung,
Protokoll Klein, S. 13, 21). Aber dass dadurch nun eine Ge-
fährdung des Kriteriums eintreten würde, habe er nicht in
der dem Ausschuss vorgetragenen Deutlichkeit signalisiert.
Jedenfalls habe er ihm gegenüber die Zahl 3,4 für ein mögli-
ches Defizit nicht genannt (25. Sitzung, Protokoll Klein,
S. 13 f.). Insbesondere sei ihm auch nicht von anderen Stel-
len aus dem BMF – offiziell oder inoffiziell – berichtet wor-
den, man werde das Kriterium voraussichtlich überschreiten
(25. Sitzung, Protokoll Klein, S. 20).
b) Die Beurteilung der Auswirkungen der

Hochwasserkatastrophe auf die Ein-
haltung des Maastricht-Kriteriums
durch das Referat 431

In einem Vermerk vom 15. August 2002 informierte das im
Bundeskanzleramt für die Wirtschafts- und Währungsunion
zuständige Referat 431 den Leiter der Abteilung 4 über die
Frage, ob und auf welche Weise die finanziellen Hilfen für
Hochwassergeschädigte im hypothetischen Falle einer
Überschreitung des Defizitkriteriums bei der Beurteilung
durch die Kommission und den Rat Berücksichtigung fän-
den (Dokument Nr. 55). Unter Bezugnahme auf Art. 104
EG-Vertrag wurde erläutert, dass die Kommission vor der
Eröffnung eines Defizitverfahrens prüfen müsse, ob der Re-
ferenzwert von 3 % „nur ausnahmsweise und vorüberge-
hend“ überschritten werde. Dies sei nach den Bestimmun-
gen des Stabilitätspakts dann der Fall, wenn die
Überschreitung durch ein außergewöhnliches Ereignis, das
sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedsstaates ent-
ziehe, hervorgerufen worden sei.
In seiner Bewertung kam das Referat zu dem Ergebnis, dass
diese Voraussetzung im Falle einer Naturkatastrophe wie
der Flut zwar zu bejahen sei und die durch die öffentliche
Hand gewährten finanziellen Hilfen für die Flutopfer bei der
Beurteilung der Haushaltslage Deutschlands von der Kom-
mission berücksichtigt würde. Das Referat ging jedoch da-
von aus, dass die Kommission mit großer Wahrscheinlich-
keit das Verfahren nach Art. 104 EG-Vertrag dennoch

obergrenze in erster Linie konjunkturbedingt und nur zu
einem geringen Teil auf die Hochwasserhilfen zurückzufüh-
ren sei. Bestätige der Rat die Existenz eines übermäßigen
Defizits, so habe dieser im Rahmen der Fristbestimmung für
das Ergreifen wirksamer Maßnahmen durch den Mitglieds-
staat und zur Korrektur des übermäßigen Defizits nochmals
die Möglichkeit, außergewöhnliche Umstände wie z. B. Na-
turkatastrophen zu berücksichtigen.

c) Gruppenleiter 41
Der Zeuge Claßen hat gegenüber dem Ausschuss die Aus-
sage des Zeugen Klein bestätigt. Er erklärte, insbesondere
die Steuerergebnisse vom Juni seien im Kanzleramt als
nicht so alarmierend angesehen worden. Insbesondere habe
man dies auch nicht als schlagenden Beweis dafür angese-
hen, dass die Einhaltung des Defizitkriteriums im Gesamt-
jahr nicht mehr erreichbar sei. Auch vom Abteilungsleiter I
des BMF habe er die Information erhalten, dass das
Maastricht-Kriterium aufgrund des Halbjahresergebnisses
nicht gefährdet sei (25. Sitzung, Protokoll Claßen, S. 31 f.).
Von dort aus sei ihm schließlich auch nichts über die per-
sönlichen Einschätzungen Dr. Hankes berichtet worden
(25. Sitzung, Protokoll Claßen, S. 38).
d) Abteilungsleiter 4
Der Zeuge Dr. Pfaffenbach schloss sich in seiner Aussage
vor dem Ausschuss der Darstellung der Zeugen Klein und
Claßen an. In der Frage der Einhaltung des Defizitkriteri-
ums habe er Kontakt zum Leiter der Abteilung I im BMF
sowie zu Staatssekretär Koch-Weser gehalten. Es sei zwar
immer klar gewesen, dass die Einhaltung des Defizitkriteri-
ums knapp werde, dass es aber eine gute Chance gebe, dies
zu schaffen. Dementsprechend sei ihm vor der Wahl aus
dem BMF nie übermittelt worden, dass das Kriterium tat-
sächlich überschritten werde und er sei auch nicht über die
persönlichen Einschätzungen Dr. Hankes informiert wor-
den. Diese habe er nicht gekannt. Mit dem Zeugen
Dr. Hanke habe er in dieser Sache auch niemals persönli-
chen Kontakt gehabt (25. Sitzung, Protokoll Dr. Pfaffen-
bach, S. 46 f.).
Infolge der Hochwasserkatastrophe sei man dann im Spät-
sommer im Kanzleramt ziemlich schnell „unisono“ der
Meinung gewesen, dass man in dieser besonderen Situation,
wo die Einhaltung des Kriteriums knapp, aber zu schaffen
gewesen sei, die Konvergenzkriterien vielleicht nicht ganz
pünktlich nach Brüssel melden müsse (25. Sitzung, Proto-
koll Dr. Pfaffenbach, S. 47). In einer solchen Situation wäre
es seiner Auffassung nach kontraproduktiv gewesen, eine
schlechte Stimmung zu erzeugen, die durch die Datenlage
zu diesem Zeitpunkt nicht gerechtfertigt gewesen wäre
(25. Sitzung, Protokoll Dr. Pfaffenbach, S. 48).
3. Einschätzung durch den Chef BK und

den Bundeskanzler
a) Die Beurteilung des Defizitkriteriums

im Sommer 2002
Der Zeuge Staatssekretär Dr. Steinmeier hat in seiner Ver-
nehmung erklärt, die Frage der Einhaltung des Maastricht-
eröffnen und in ihrer Empfehlung an den Rat voraussicht-
lich darlegen würde, dass das Überschreiten der Defizit-

Kriteriums sei in der fraglichen Zeit kein zentrales Thema
für seinen Schreibtisch gewesen, da nach den übereinstim-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 101 – Drucksache 15/2100

menden Erklärungen der Wirtschaftsforschungsinstitute bis
zum Herbst davon auszugehen gewesen sei, dass das Krite-
rium gehalten werden würde (30. Sitzung, Protokoll
Dr. Steinmeier, S. 25).
Mit dem Zeugen Metzger, so berichtete Dr. Steinmeier, habe
er im Jahre 2002 keinen unmittelbaren Kontakt gehabt. In-
sofern seien ihm auch dessen Berechnungen des Defizitkri-
teriums nicht geläufig. Selbstverständlich habe es über die
Frage der Einhaltung des Kriteriums aber einen Informati-
onsbedarf des Kanzleramts und daher vermutlich einen
Austausch auf den Ebenen zwischen BMF und Kanzleramt
gegeben. Das Kanzleramt sei dabei vom damaligen Stand-
punkt aus gesehen, d. h. aus der Sicht ex ante, korrekt da-
rüber informiert worden, dass keine Überschreitung des De-
fizits drohe (30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 23).
Erst die enttäuschende Entwicklung der Einnahmen des gro-
ßen Steuermonats September 2002, dessen Ergebnisse im
Oktober festgestanden hätten, sowie die Verschlechterung
der Konjunkturerwartungen hätten es im Oktober 2002 zur
Gewissheit werden lassen, dass Deutschland in 2002 das
Maastricht-Kriterium nicht würde einhalten können (30. Sit-
zung, Protokoll BK Dr. Steinmeier, S. 10).
Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte vor dem Ausschuss
klar, dass er zu keinem Zeitpunkt dahingehend informiert
worden sei, dass das Defizitkriterium nicht eingehalten wer-
den könne. Insbesondere habe er keine Kenntnisse von den
Berechnungen des Zeugen Dr. Hanke aus dem BMF gehabt.
Er würde es auch in keinem Falle akzeptiert haben, so erläu-
terte Schröder, wenn er aus einem Ministerium eine Position
erhielte, die sozusagen „alternativ“ sei. In diesem Falle
würde er den zuständigen Minister auffordern, sich zunächst
innerhalb des Ministeriums zu einigen und im Übrigen da-
rüber nachdenken, ob der Minister am richtigen Platz sei
(31. Sitzung, Protokoll BK Schröder, S. 28).
Schließlich hätte auch keine der Vorlagen, die ihm aus dem
Haus zur Kenntnis gebracht worden seien, einen den Be-
rechnungen Dr. Hankes entsprechenden Inhalt gehabt. Er er-
innere sich zwar an einen Vermerk aus dem Juli 2002, wel-
cher ihn über die enttäuschenden Steuerergebnisse des
Monats Juni unterrichtet, gleichzeitig aber klar gemacht
habe, und dies sei das Entscheidende für seine, Schröders,
Urteilsbildung gewesen, dass man die Steuereingänge des
ersten halben Jahres nicht zur Grundlage für die Verände-
rung von Prognosen machen könne (31. Sitzung, Protokoll
BK Schröder, S. 30). Er sei daher bis zur Wahl davon ausge-
gangen, dass das Kriterium von 3 % erreicht werden könne,
wenn die Annahmen, von denen die Bundesregierung im
Hinblick auf die Konjunkturbeschleunigung im 2. Halbjahr
2002 ausging, einträten (31. Sitzung, Protokoll BK Schrö-
der, S. 48).
Jedenfalls, so berichtete Schröder, habe er vor dem 22. Sep-
tember 2002 weder mit Bundesminister Eichel noch mit ei-
nem anderen Mitglied der Regierung über die Möglichkeit
einer Überschreitung des Maastricht-Kriteriums in Richtung
3,5 % und über die Möglichkeit einer Neuverschuldung in
Höhe von rund 33 Mrd. € gesprochen. Er könne sich aller-
dings gut daran erinnern, dass Bundesfinanzminister Eichel
in Interviews und öffentlichen Stellungnahmen beständig

b) Die verspätete Meldung der
Konvergenzkriterien

Mit einer von Bundeskanzler Gerhard Schröder abgezeich-
neten Vorlage vom 3. September 2002 informierte die Ab-
teilung 4 (Referat 413) den Bundeskanzler sowie den Chef
des Bundeskanzleramts, Staatssekretär Dr. Frank-Walter
Steinmeier, in Vorbereitung auf eine für den darauffolgen-
den Tag anberaumte Pressekonferenz des Kanzlers über die
in den Medien kursierenden Spekulationen hinsichtlich ei-
ner möglichen Verletzung des Defizitkriteriums (Dokument
Nr. 56). Hintergrund hierfür war der Umstand, dass das
Bundesfinanzministerium die regelmäßig zum 1. September
abzugebende Meldung der Konvergenzkriterien nach Brüs-
sel noch nicht vorgenommen hatte. Unter Bezugnahme auf
das vom Statistischen Bundesamt für das 1. Halbjahr ausge-
wiesene Finanzierungssaldo in Höhe von 36,3 Mrd. €, aus
dem sich rechnerisch ein Halbjahresdefizit von 3,5 % des
BIP ableiten lasse, wies die Abteilung 4 darauf hin, dass für
die Maastricht-Meldung das geschätzte Defizit des Gesamt-
jahres anzugeben sei und schlug im Hinblick auf den Um-
gang mit den Spekulationen eine Sprachregelung vor. Diese
lautete wie folgt:

„1.Alle Äußerungen über eine mögliche Verletzung des
EU-Defizitkriteriums sind reine Spekulation. Dieses
Thema steht auch in Brüssel überhaupt nicht auf der
Tagesordnung. Die Aufmerksamkeit der Kommission
richtet sich eher auf andere Mitgliedsstaaten als
Deutschland. Das Thema „Maastrichtkriterium“
wird vor allem aus wahlkampftaktischen Gründen
hochgespielt.

2. Klar ist allerdings, dass das 100-Tage-Programm der
Union die Finanzgrundlagen des Staates innerhalb
von 100 Tagen vollkommen zerrütten würde. Die
Union macht Versprechungen in Höhe von rund
20 Mrd. €. Dadurch würde Deutschland sein
Maastricht-Defizit um bis zu 1 Prozent-Punkt erhö-
hen und zu Recht einen „blauen Brief“ aus Brüssel
bekommen.

3. Die vorliegenden Haushaltszahlen für das 1. Halb-
jahr 2002 liefern keine auch nur halbwegs solide
Grundlage für eine Abschätzung des voraussichtli-
chen Jahresergebnisses. Und zwar aus mehreren
Gründen:
– Die Bundesregierung geht weiterhin von einer

deutlichen gesamtwirtschaftlichen Belebung
im weiteren Jahresverlauf aus. Es gibt keine
Veranlassung, von der Wachstumsannahme
von 3/4 Prozent abzurücken. Die Konjunkturbe-
lebung wird zu spürbaren Steuermehreinnahmen
und Entlastungen auf der Ausgabeseite führen.
Auch bei den Sozialversicherungen ist mit einer
Verbesserung in den nächsten Monaten zu rech-
nen.

– Die Halbjahreszahlen sind häufig von Zufällig-
keiten beeinflusst, da viele Zahlungsvorgänge im
Jahresverlauf unregelmäßig anfallen. So schla-
gen sich z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld na-
darauf hingewiesen habe, dass es eng werde (31. Sitzung,
Protokoll BK Schröder, S. 21).

turgemäß erst im 2. Halbjahr positiv bei Steuer-
einnahmen und Sozialversicherungen nieder.

Drucksache 15/2100 – 102 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Ein weiteres Unsicherheitselement sind die noch
nicht absehbaren Belastungen der öffentlichen
Haushalte durch die Fluthilfe.

4. Zum Zeitpunkt der Maastricht-Meldung:
Das BMF arbeitet derzeit unter Berücksichtigung der
neuesten Entwicklungen an der Meldung. Insbeson-
dere müssen die Auswirkungen der Flutkatastrophe
eingearbeitet werden. In einem solchen Ausnahme-
falls ist eine Verzögerung unvermeidbar und wird
auch nicht in Brüssel thematisiert. Im Übrigen haben
auch andere Mitgliedstaaten in der Vergangenheit
die Meldetermine nicht eingehalten.“

Staatssekretär Dr. Steinmeier erinnerte sich daran, dass das
Verschieben der Maastricht-Meldung seinerzeit bei ihm
keine Aufregung verursacht habe, da Bundesfinanzminister
Eichel ihm persönlich die Gründe für die Verschiebung,
nämlich die erforderliche Kalkulation der Kosten für die
Flutkatastrophe, persönlich erläutert habe (30. Sitzung, Pro-
tokoll Dr. Steinmeier, S. 16). Diese Darstellung wurde von
Bundeskanzler Gerhard Schröder bestätigt (31. Sitzung,
Protokoll BK Schröder, S. 24).

VII. Die weitere Entwicklung nach der Bundes-
tagswahl am 22. September 2002

1. Die Meldung nach Brüssel
am 24. September 2002

Zwei Tage nach der Bundestagswahl, am 24. September
2002 erfolgte durch das im BMF zuständige Referat I A 4
die Meldung der Konvergenzkriterien an die EU-Kommis-
sion. Darin teilte das Ministerium mit, dass die diesjährige
Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte gemessen am
BIP voraussichtlich 2,9 % betragen werde.
Vom Ausschuss wurde Bundesfinanzminister Eichel be-
fragt, aus welchem Grund sein Haus die Konvergenzkrite-
rien bereits zu diesem Zeitpunkt nach Brüssel gemeldet und
nicht – wie ursprünglich von ihm beabsichtigt – die Ergeb-
nisse der Steuereinnahmen aus dem Monat September abge-
wartet habe. Hierzu erklärte Bundesminister Eichel, die EU-
Kommission habe nicht länger auf die Daten warten wollen.
Der Druck aus Brüssel habe sich mehr und mehr erhöht und
sei schließlich zu groß gewesen. Obgleich er es wegen der
bis dahin unsicheren Datenbasis für vernünftiger gehalten
habe, die weitere Entwicklung abzuwarten, habe das BMF
die voraussichtlichen Daten bereits zu diesem Zeitpunkt
melden müssen (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 51).
Zum Inhalt der Meldung befragt, erklärte der Zeuge
Dr. Overhaus vor dem Ausschuss, man habe zu diesem Zeit-
punkt eine Entscheidung treffen müssen. Seine Einschät-
zung sei gewesen, dass es knapp werden könne. Weiter er-
klärte er:

„Aber man musste sich jetzt durchringen dazu zu sagen:
Wir werden überschreiten oder wir werden nicht über-
schreiten. Das ist jetzt eine subjektive Einschätzung. Wie
überall gibt es Optimisten und Pessimisten und man
muss hier sicherlich auch einschätzen: Was ist außenpo-
litisch vernünftig oder was ist unter Berücksichtigung
dessen, was im internationalen Bereich diskutiert wird,

Seiner persönlichen Einschätzung nach, so erklärte der
Zeuge Dr. Overhaus, habe jedoch zu diesem Zeitpunkt noch
eine gute Chance bestanden, unter 3 % zu bleiben. Zwar
würde er nicht mit Sicherheit entschieden haben,

„aber ich würde sagen, dass es eine sehr plausible Ent-
scheidung war, im September noch nicht davon auszuge-
hen, dass man über die 3 Prozent hinweggeht“ (7. Sit-
zung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 17).

2. Die Meldung vom 16. Oktober 2002 zur
Überschreitung des Defizitkriteriums

Am 16. Oktober 2002, dem Tag als die Koalitionsvereinba-
rung der Regierungsfraktionen unterzeichnet wurde, gab
Bundesfinanzminister Hans Eichel in der ARD folgende Er-
klärung ab:

„Ich habe gerade die Steuereinnahmen für den Septem-
ber auf den Tisch bekommen und ich habe gesagt, das
will ich abwarten. Damit muss ich wohl davon ausgehen,
dass wir das Drei-Prozent-Kriterium nicht werden ein-
halten können.“

Zu den Hintergründen dieser Erklärung befragt, erklärte Ei-
chel in seiner Vernehmung, er habe immer erklärt, die Steu-
erergebnisse des wichtigen Vorauszahlungsmonats Septem-
ber 2002 abwarten zu wollen, um eine definitive Aussage
über die Einhaltung oder Überschreitung des Defizitkriteri-
ums treffen zu können. Hieran habe er sich gehalten. Nach
Eingang dieser erneut enttäuschenden Daten sei er schließ-
lich zu der Einschätzung gelangt, dass Deutschland im Jahr
2002 das Defizitkriterium von 3 % nicht würde einhalten
können. Bis dahin habe durchaus noch die Möglichkeit be-
standen, die Grenze zu unterschreiten. Wenn z. B. – wie es
aufgrund der Konjunkturprognosen zu erwarten gewesen
wäre – die guten Ergebnisse des steuerstarken Monats De-
zember 2002 bereits im September angefallen wären und
die Entwicklung dann auf dieser Basis weiter denselben
Verlauf genommen hätte, wäre das Ziel erreicht worden
(8. Sitzung, Protokoll BM Eichel, S. 38). Er erklärte weiter:

„Erst nach der Revision der Einschätzung zur wirt-
schaftlichen Entwicklung durch die nationalen und
internationalen Prognosen sowie die wirtschaftswissen-
schaftlichen Institute und nach Vorliegen des tatsächli-
chen Verlaufs der Steuereinnahmen im September lag im
Oktober eine belastbare Grundlage für finanzpolitische
Entscheidungen vor. Erst zu diesem Zeitpunkt bestand
auch die unbedingt notwendige Klarheit, dass Deutsch-
land das Maastricht-Kriterium von 3 Prozent Verschul-
dung in laufender Rechnung nicht einhalten könne. Dies
war der frühestmögliche Termin, dies mit Sicherheit fest-
zustellen.
(…) der Finanzminister der größten Volkswirtschaft im
Euro-Raum braucht eine absolut sichere und verlässli-
che Grundlage, bevor er derartige psychologisch be-
deutsame und ökonomisch sowie politisch womöglich
mit weitreichenden Konsequenzen verbundene Feststel-
lungen in die Öffentlichkeit trägt. (…)
In der konjunkturell noch schwachen Phase im Sommer
2002 wäre es unverantwortlich gewesen, die noch nicht
gefestigte Lage durch möglicherweise falsche Ankündi-
gungen zu destabilisieren und damit den erwarteten und
angemessen und vernünftig?“ (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 16 f.).

erhofften Aufschwung zu gefährden“ (8. Sitzung, Proto-
koll Eichel, S. 11).

I. Struktur der gesetzlichen Kranken-
versicherung

1. Krankenkassen als Träger der gesetzlichen
Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wird von
rd. 317 Krankenkassen (Stand: Juli 2003) durchgeführt, die
nach regionalen, betrieblichen und berufsbezogenen Krite-
rien entstanden sind. Sie gliedern sich auf in Allgemeine
Ortskrankenkassen (AOK), Betriebskrankenkassen (BKK),
Innungskrankenkassen (IKK), landwirtschaftliche Kranken-
kassen, die See-Krankenkasse, die Bundesknappschaft – als
Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung – und
die Ersatzkassen. Bei allen Krankenkassen handelt es sich
um Selbstverwaltungskörperschaften. Sie sind finanziell
und organisatorisch selbstständig, unterliegen jedoch gem.
§ 87 Abs. 1 S. 1 SGB IV staatlicher Aufsicht.

2. Aufsicht über die Krankenkassen
Die staatliche Exekutive bleibt insbesondere gegenüber den
Parlamenten dafür verantwortlich, dass die GKV ihre öf-
fentlichen Aufgaben unter Beachtung des geltenden Rechts
erfüllt. Die Aufsicht soll sicherstellen, dass die Körperschaf-
ten im Bereich der Krankenversicherung im Einklang mit
dem Gesetz und sonstigem Recht verwaltet werden. Da die
Krankenkassen und die Verbände ihre Aufgaben aufgrund
des ihnen zugestandenen Rechts zur Selbstverwaltung in ei-

schränkt. Je nach Zugehörigkeit von Krankenkassen oder
Verbänden zur Staatsverwaltung des Bundes oder der Län-
der gibt es eine unterschiedliche Zuständigkeit für die Auf-
sicht. Die Aufsicht über die bundesunmittelbaren Kranken-
kassen, die Spitzenverbände der Krankenkassen (GKV-
Spitzenverbände) und die Kassenärztliche Bundesvereini-
gung (KBV) führt der Bund. Aufsichtsbehörden des Bundes
sind das Bundesversicherungsamt (BVA) und das Bundes-
ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS,
vormals BMG. Nachstehend wird jeweils die im Jahr 2002
geltende Bezeichnung BMG zu Grunde gelegt). Das BVA
beaufsichtigt im Bereich der GKV die bundesunmittelbaren
Krankenkassen. Das BMG führt die Aufsicht über die Bun-
desverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkas-
sen, über die Verbände der Ersatzkassen und über die KBV.

3. Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung

Die Mittel der GKV werden durch Beiträge und sonstige
Einnahmen aufgebracht. Die zur Erfüllung ihrer Aufgaben
voraussichtlich erforderlichen Ausgaben und die zu erwar-
tenden Einnahmen haben die Krankenkassen für jedes Ka-
lenderjahr im Haushaltsplan zusammenzustellen. Die Bei-
träge der Krankenkassen sind dabei so zu bemessen, dass
sie zusammen mit den sonstigen Einnahmen die im Haus-
haltsplan vorgesehenen Ausgaben und – sofern erforder-
lich – die vorgeschriebene Auffüllung der Rücklage de-
Bundesbank Prof. Dr. Hermann Remsperger zu seiner
97. Sitzung zusammen.

auf der Grundlage der Halbjahreszahlen ein voraussichtli-
ches Defizit für 2003 in Höhe von 3,8 %.

D. Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2002
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 103 – Drucksache 15/2100

Bundesminister Eichel berichtete vor dem Ausschuss, er
habe die Information, dass die Drei-Prozent-Grenze über-
schritten werde, unmittelbar öffentlich gemacht, nachdem
sie für ihn selbst festgestanden habe. Am Morgen des
16. Oktober 2002 habe er den Chef des Bundeskanzleramts
darüber informiert, dass er am Nachmittag diese Erklärung
abgeben werde. Er sei sich heute nicht mehr sicher, ob er an
diesem Morgen auch die Gelegenheit gehabt habe, den
Bundeskanzler entsprechend zu informieren. Jedenfalls
habe er den Chef des Bundeskanzleramts mit der Absicht
informiert, dass er den Kanzler unterrichte. Erst danach
habe er die Erklärung abgegeben. Eichel fügte hinzu, dass er
in normalen Jahren ohne Wahlkampf die Konsequenzen aus
den schlechten Haushaltsdaten erst in der Novembersteuer-
schätzung gezogen hätte. Dort gehörten sie seiner Auffas-
sung nach hin, denn er wende sich dagegen, dass die Fülle
von ohnehin schon existierenden Prognosen durch die Bun-
desregierung noch erweitert werde (8. Sitzung, Protokoll
BM Eichel, S. 24).

3. Projektion des Finanzplanungsrates
am 27. November 2002

Der Finanzplanungsrat trat am 27. November 2002 unter
Vorsitz des Bundesministers der Finanzen, Hans Eichel, und
unter Teilnahme des Vorstandsmitglieds der Deutschen

In seiner Projektion für das Jahr 2002 hat er ein gesamtstaat-
liches Defizit von 3 ¾ % des BIP angenommen.

4. ECOFIN-Rat am 21. Januar 2003
In seiner Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätspro-
gramm Deutschlands für 2002 – 2006 stellte der Rat fest,
dass das projizierte Defizitergebnis für 2002 (3 ¾ % des
BIP) deutlich höher ist als in dem Szenario mit geringeren
Wachstumsraten der Fortschreibung vom Dezember 2001
projiziert (2 ½ % des BIP) und entschied, dass in Deutsch-
land ein übermäßiges Defizit besteht (Amtsblatt C 26/1 der
Europäischen Union; BT-Drs. 15/798).

5. Korrektur des gesamtstaatlichen Defizits
2002

Inzwischen wurde das gesamtstaatliche Defizit für das Jahr
2002 vom Statistischen Bundesamt (Stand August 2003)
von 3 ¾ % auf 3 ½ % nach unten korrigiert.

6. Meldung des voraussichtlichen Defizits für
2003

Am 29. August 2003 meldete das BMF an die Kommission
gener Verantwortung erfüllen, ist die Staatsaufsicht gem.
§ 87 Abs. 1 SGB IV prinzipiell auf die Rechtsaufsicht be-

cken. Der Beitragssatz einer Krankenkasse richtet sich
somit nach ihrer individuellen Finanzsituation, d. h. bei

Drucksache 15/2100 – 104 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

derzeit 317 gesetzlichen Krankenkassen gibt es 317 unter-
schiedliche Beitragssätze. Unterschiede in der Mitglieder-
struktur werden dabei durch den Risikostrukturausgleich
abgemildert. Das BMG hat keinen direkten Einfluss auf die
Beitragsfestsetzung.
Auf Initiative des BMG bzw. der Bundesregierung kann mit
gesetzlichen Regelungen mittelbar auf den Beitragssatz der
GKV Einfluss genommen werden und zwar sowohl auf der
Einnahmen- als auch der Ausgabenseite der GKV.
So kann die Einnahmenseite der GKV belastet werden
durch die Reduzierung von Zuzahlungen, die Ausweitung
von Leistungen, die Kürzung der Renten oder die Kürzung
der Beiträge von Arbeitslosen. Es können zur Verbesserung
der Einnahmen die Versicherungspflichtgrenze angehoben
und zur Reduzierung der Ausgaben Leistungen aus der
GKV herausgenommen oder Eigenbeteiligungen der Versi-
cherten eingeführt werden.
Wesentlichen Einfluss auf den Beitragssatz in der GKV hat
auch die konjunkturelle Lage, insbesondere die Zahl der
Arbeitslosen. Bei Beziehern von Arbeitslosengeld und Ar-
beitslosenhilfe ist die Bemessungsgrundlage für die Erhe-
bung von Krankenkassenbeiträgen im Durchschnitt deutlich
niedriger als bei Erwerbstätigen, bei unverändert gleich ho-
hen Leistungsansprüchen wie bei den Erwerbstätigen, die in
die GKV den vollen Beitrag einzahlen. Eine hohe und wei-
ter steigende Arbeitslosigkeit führt zu Mindereinnahmen in
der GKV und damit nahezu zwangsläufig zu einer Anhe-
bung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der GKV.
Tritt der Fall ein, dass während eines Haushaltsjahres die
Mittel der Krankenkassen zur Deckung der Ausgaben nicht
ausreichen, so sind die Beiträge zwingend zu erhöhen. Die
Aufnahme von Krediten ist zur Vermeidung von Beitrags-
satzänderungen mangels gesetzlicher Grundlage nicht zu-
lässig. Übersteigen die Einnahmen der Krankenkassen die
Ausgaben und ist das gesetzliche Betriebsmittel- und Rück-
lagesoll erreicht, können andererseits die Beiträge durch
Änderung der Satzung ermäßigt werden. Auch die zuständi-
gen Aufsichtsbehörden, d. h. in der Regel die Aufsichtsbe-
hörden der Länder, müssen darauf achten, dass die Kranken-
kassen keine unzulässigen Finanzpolster anlegen. In erster
Linie ist aber die Selbstverwaltung gefordert, mögliche
Spielräume für niedrigere Beitragssätze konsequent und
auch zeitnah zu nutzen. Das Gesetz geht zwar davon aus,
dass die Beitragssätze grundsätzlich nur in jährlichen Ab-
ständen verändert werden sollen, Änderungen im laufenden
Jahr sind aber möglich. Im Gegensatz zu den Trägern der
Rentenversicherung erhalten die Krankenkassen in der Re-
gel keine Zuschüsse aus Steuermitteln des Bundes (vgl. zum
Vorstehenden: Übersicht über das Sozialrecht, Hrsg. BMA,
Bonn 2002, S. 131 ff.).
4. Schätzungen der Finanzentwicklung in der

GKV durch den gemeinsamen Schätzerkreis
Der gemeinsame Schätzerkreis von BVA und GKV-Spitzen-
verbänden (GKV-Schätzerkreis) tagt regelmäßig nach Erhalt
der Vorjahresdaten sowie der Quartalsdaten der GKV (sog.
KV 45), um für den Risikostrukturausgleich eine Voraus-
schätzung über die zu erwartende Einnahmen- und Ausga-
benentwicklung zu erstellen. Dies geschieht vor allem um

Bundesdurchschnitt notwendig wäre, um sämtliche im Risi-
kostrukturausgleich berücksichtigungsfähigen Leistungs-
ausgaben aller gesetzlichen Krankenkassen zu decken. Das
BVA legt die für die Vorausschätzung benötigten Eckdaten
für den Risikostrukturausgleich nach Anhörung der am Risi-
kostrukturausgleich beteiligten Spitzenverbände fest
(12. Sitzung, Protokoll Dr. Schröder, S. 40; 23. Sitzung, Pro-
tokoll Dr. Müller, S. 11; 12. Sitzung, Protokoll Rebscher,
S. 9).
Die Sitzungen des Schätzerkreises sind in zwei Teile unter-
teilt. In einem ersten Teil berichtet das zuständige Fachrefe-
rat des BMG über die Finanzentwicklung im jeweiligen
Quartal. Anschließend werden die Ursachen bestimmter
Entwicklungen diskutiert. Im zweiten Teil, der vom BVA
geleitet wird, werden nach Anhörung der GKV-Spitzenver-
bände, auf der Basis der Ergebnisse der jeweiligen Quartale,
die Eckdaten für den Risikostrukturausgleich festgelegt.
Das BMG hat im Schätzerkreis keine eigene Funktion, son-
dern nimmt lediglich als Gast an diesen Sitzungen teil
(23. Sitzung, Protokoll Dr. Müller, S. 11).

II. Finanzentwicklung der gesetzlichen
Krankenversicherung bis Ende 2001 und
Maßnahmen zur Kostendämpfung im Arznei-
mittelbereich zu Beginn des Jahres 2002

In den Jahren 1999 bis 2000 verlief die Finanzentwickung
der GKV insgesamt positiv. Im Jahr 1999 wurde ein um
Zahlungen im Risikostrukturausgleich bereinigter Über-
schuss von 0,7 Mrd. DM und im Jahr 2000 ein ausgegliche-
nes Finanzergebnis erzielt. Doch für das Jahr 2001 wurde
bei einem Ausgabevolumen von 270 Mrd. DM mit einem
bundesweiten Defizit in einer Größenordnung von
4 Mrd. DM gerechnet. Die Hauptursache dieser Finanzent-
wicklung lag in einer seit Ende 2000 festzustellenden annä-
hernd zweistelligen Ausgabenexpansion im Bereich der
Arzneimittelausgaben. Daneben hatten überproportionale
Ausgabenzuwächse beim Krankengeld, bei Fahrtkosten so-
wie bei den Verwaltungsausgaben der Krankenkassen das
Finanzergebnis mitgeprägt. Der durchschnittliche Beitrags-
satz blieb in den Jahren 1998 bis 2001 bundesweit stabil bei
einem Niveau von 13,6 %. Als Folge des zu erwartenden
Defizits des Jahres 2001 war mit einem Anstieg des durch-
schnittlichen Beitragssatzes im Jahr 2002 auf etwas unter
14,0 % zu rechnen. Die Bundesregierung versuchte mit der
Absenkung der Festbeträge für Arzneimittel, dem Gesetz
zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets (Arznei-
mittelbudgetablösegesetz) vom 19. Dezember 2001
(BGBl. I. S. 3773) sowie dem Gesetz zur Begrenzung der
Ausgaben im Arzneimittelbereich (Arzneimittel-Ausgaben-
Begrenzungsgesetz) vom 15. Februar 2002 (BGBl. I S. 684),
die Anfang des Jahres 2002 in Kraft getreten waren, Voraus-
setzungen dafür zu schaffen, die Wirtschaftlichkeit im Be-
reich der Medikamentenversorgung in der GKV zu verbes-
sern. Mit einem Einsparvolumen von rd. 2,5 Mrd. DM sollte
der Anteil, den der Arzneimittelbereich zur Defizitentwick-
lung des Jahres 2001 beigetragen hatte, im Jahr 2002 weit-
gehend ausgeglichen werden (vgl. zum Vorstehenden: Über-
sicht über das Sozialrecht, a.a.O., S. 125 f.).
Mit dem zu Beginn des Jahres 2002 in Kraft getretenen Arz-
den so genannten Ausgleichsbedarfssatz festzulegen, d. h.
den durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz, der im

neimittelbudgetablösegesetz (ABAG) wurde das bisherige
Arznei- und Heilmittelbudget abgelöst und die so genannte

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105 – Drucksache 15/2100

Kollektivhaftung, d. h. die gesetzlich vorgegebene Verringe-
rung der Gesamtvergütung im Falle von Budgetüberschrei-
tungen, aufgehoben. Die Neuregelung sollte dazu dienen,
eine wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Versorgung der
Patienten in der GKV durch Optimierung der Steuerungsin-
strumente zu stärken und zugleich die Akzeptanz bei den
Beteiligten zu erhöhen. Hierzu sollten auf der Ebene der
Kassenärztlichen Vereinigungen Arzneimittelvereinbarun-
gen getroffen werden, die prospektive Festlegungen von
Ausgabenvolumen, von Versorgungs- und Wirtschaftlich-
keitszielen sowie darauf ausgerichtete Maßnahmen enthiel-
ten. Die gesetzlichen Vorgaben für Richtgrößenprüfungen
wurden konkretisiert und praxisgerechter ausgestaltet. Die
Regelungen sollten für den Heilmittelbereich entsprechend
angewendet werden (vgl. zum Vorstehenden: Sozialbericht
2001 der Bundesregierung, Stand: März 2002).
Mit dem zum 1. Februar 2002 in Kraft getretenen Arzneimit-
tel-Ausgaben-Begrenzungsgesetz (AABG) sollte sicherge-
stellt werden, dass Leistungserbringer im Arzneimittelbereich
vor dem Hintergrund überproportionaler Ausgabenzu-
wächse kurzfristig einen Beitrag zur Stabilisierung der
GKV-Arzneimittelkosten erbringen. Dies sollte wesentlich
durch die zeitlich begrenzte Anhebung des Apotheken-
rabatts sowie die Ausweitung der sog. Aut-idem-Regelung
(Abgabe von wirkstoffgleichen Arzneimitteln durch die
Apotheken) erreicht werden. Zudem sollten die Neurege-
lungen zur Preisvergleichsliste auf die Arzneimittelkosten
im Marktsegment der Analogpräparate ebenso kostendämp-
fend wirken wie die für Krankenhäuser vorgesehene Pflicht,
bei einem Therapievorschlag für den weiter behandelnden
Vertragsarzt bezüglich der Arzneimittel Wirkstoffbezeich-
nungen zu verwenden. Mit der Anhebung des Apothekenra-
batts sollte den Krankenkassen ein Einsparvolumen von ca.
400 Mio. DM p. a. erschlossen werden. Der Einsparbetrag
der Aut-idem-Regelung wurde auf ein Einsparvolumen von
ca. 450 Mio. DM geschätzt. Der Einspareffekt der Empfeh-
lungen des Bundesausschusses zu den Analogpräparaten
wurde von den Empfehlungen selbst und deren Beachtung
durch die Ärzte abhängig gemacht. Nach den erforderlichen
Vorarbeiten des Bundesausschusses der Ärzte und Kranken-
kassen könnten davon – laut Gesetzentwurf – ca. ein Viertel
als realisierbare Einsparung veranschlagt werden. Darüber
hinaus stellten der Verband forschender Arzneimittelherstel-
ler der GKV einen freiwilligen Solidarbeitrag in Höhe von
400 Mio. DM zur Verfügung. Die entsprechende Regelung
sollte klarstellen, auf welcher Rechtsgrundlage der Bundes-
verband der Betriebskrankenkassen diese Summe unter den
GKV-Spitzenverbänden aufzuteilen habe (vgl. Gesetzent-
wurf, BT-Drs. 14/7827).
III. Diskussion über die Defizitentwicklung in

der gesetzlichen Krankenversicherung im
Jahr 2002

1. Finanzentwicklung in der gesetzlichen
Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2002

a) Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arznei-
mittel-vereinbarungen vom Januar 2002

Nach den Vorgaben des Art. 3 § 1 ABAG vereinbarten die
KBV und die GKV-Spitzenverbände am 31. Januar 2002 für
das Jahr 2002 verbindliche Rahmenvorgaben für die Inhalte

diesen war eine Einsparung bei den Arzneimittelausgaben
gegenüber dem Jahr 2001 von 4,6 % vorgesehen. Dem Auf-
trag zur Vereinbarung von Rahmenvorgaben für die Inhalte
der Informations- und Hinweispflicht nach § 73 Abs. 8 SGB
V wollten die Vertragsparteien in gesonderten Vereinbarun-
gen und Beschlüssen entsprechen (Dokument Nr. 57).
Von Seiten des BMG wurde diese Vereinbarung begrüßt,
gleichzeitig wurden die Vertragsparteien zu einer schnellen
Umsetzung der in der Vereinbarung angesprochenen Infor-
mations- und Hinweispflicht aufgefordert. Das ABAG ver-
pflichte die KBV und die GKV-Spitzenverbände ausdrück-
lich, Versicherte und Vertragsärzte über „preisgünstige
verordnungsfähige Leistungen, einschließlich der jeweiligen
Preise und Entgelte“ zu informieren. Die rechtliche Belast-
barkeit für derartige Informationskampagnen solle nun nicht
mehr in Zweifel gezogen werden, da mit § 73 Abs. 8 SGB V
eine tragfähige Rechtsgrundlage für derartige Informations-
aktivitäten zur Verfügung stehe (Dokument Nr. 58). Gleich-
zeitig wandte sich das BMG mit Schreiben vom 1. März 2002
an die zuständigen Staatssekretäre und Staatsräte der Länder
und forderte sie auf, in ihrem Zuständigkeitsbereich die Ver-
tragsparteien der gemeinsamen Selbstverwaltung zur Umset-
zung der Vereinbarungen nach dem ABAG anzuhalten.
Der Zeuge Dr. Müller, Leiter des Referats 228 – zuständig
für die finanziellen Angelegenheiten der GKV – im BMG,
hat bei seiner Vernehmung darauf hingewiesen, diese Ver-
einbarung habe nicht nur eine bloße Selbstverpflichtung der
Ärzteschaft dargestellt, sondern sei eine vertragliche Verein-
barung zwischen den Spitzenverbänden und der KBV gewe-
sen mit der Verpflichtung, die Arzneimittelausgaben im Jahr
2002 um 4,6 % zu senken (23. Sitzung, Protokoll Dr. Müller,
S. 7).
b) Vorläufiges Finanzergebnis der gesetzlichen

Krankenversicherung des Jahres 2001
aa) Unterrichtung über das vorläufige

Finanzergebnis im März 2002
Am 4. März 2002 unterrichtete das Referat 228 des BMG die
Bundesministerin über das vorläufige Finanzergebnis der
GKV im Jahr 2001 und die Perspektiven für die weitere Fi-
nanzentwicklung im Jahr 2002. Danach fiel das Finanzer-
gebnis deutlich ungünstiger aus als bisher erwartet. Das De-
fizit für das Jahr 2001 betrug rund 2,8 Mrd. €. Die Zuwächse
der Leistungsausgaben gegenüber dem Vorjahr lagen mit
+3,7 % um bundesweit rund 2,1 Prozentpunkte über dem
Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen von +1,6 %. Die
deutliche Grundlohnüberschreitung im Jahr 2001 sei – laut
Vorlage des Referats – weitgehend auf die zweistellige Aus-
gabenexpansion im Arzneimittelbereich (+11,2 %) zurück-
zuführen, die zu einem absoluten Ausgabenzuwachs in die-
sem Bereich von rund 2,3 Mrd. € geführt habe. Bei einer
Grundlohnüberschreitung von 9,6 Prozentpunkten habe der
Arzneimittelbereich mehr als 1,8 Mrd. € zur Defizitentwick-
lung beigetragen. Trotz dieses Defizits rechnete das Referat
228 für das Jahr 2002 aufgrund der aus den Beitragssatzan-
hebungen resultierenden Mehreinnahmen von bis zu
3,5 Mrd. € und eine konsequente Umsetzung der ausga-
bensenkenden Regelungen im Arzneimittelbereich voraus-
gesetzt auch bei einer ungünstigen konjunkturellen Entwick-
der Arzneimittelvereinbarungen sowie einen Beschluss
nach § 84 Abs. 7 SGB V (Richtgrößenvereinbarungen). In

lung mindestens mit einem ausgeglichenen Finanzergebnis
(Dokument Nr. 59).

Drucksache 15/2100 – 106 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Höhe des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes
lag zum 1. Januar 2002 bei 14 %. Nach der Referatsvorlage
sei bei diesem Wert unberücksichtigt, dass der jahresdurch-
schnittliche allgemeine Beitragssatz durch verstärkte Mit-
gliederwanderungen zu günstigeren Betriebskrankenkassen
nach den veränderten Kündigungsrechten ab 1. April 2002
wieder auf einen Wert von etwas unter 14 % sinken könne.
Beitragssatzanhebungen größerer Kassen im weiteren Jah-
resverlauf 2002 seien zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwar-
ten. Allerdings müsse bei einigen Betriebskrankenkassen
mit Anhebungen gerechnet werden (Dokument Nr. 59).

bb) Pressemitteilung des BMG über das
vorläufige Finanzergebnis 2001

Aufbauend auf der Unterrichtung durch das Referat 228
veröffentlichte das BMG am 7. März 2002 eine umfangrei-
che Pressemitteilung zu den vorläufigen Finanzergebnissen
der GKV im Jahr 2001. Unter der Überschrift „Arzneimit-
telausgaben sind Nagelprobe für die Selbstverwaltung“
wurde dargestellt, dass das Jahr 2001 mit einem Defizit von
rund 2,8 Mrd. € abgeschlossen habe, wobei 1,9 Mrd. € und
damit über zwei Drittel des Defizits zu Lasten des Arznei-
mittelsektors gegangen seien. Im Hinblick auf die Perspek-
tiven für das Jahr 2002 rechnete das BMG im Jahresdurch-
schnitt mit einem Beitragssatz von 14 % und erwartete
selbst bei vorsichtigen Annahmen ein ausgeglichenes
Finanzergebnis zur konjunkturellen Entwicklung. Weiter
wurden in der Pressemitteilung die zu Beginn des Jahres
verabschiedeten Gesetze zur Kostendämpfung im Arznei-
mittelbereich dargestellt, mit denen nach Angaben des Mi-
nisteriums die Voraussetzungen zur Senkung der Arzneimit-
telausgaben geschaffen worden seien. Ärzteschaft,
Krankenkassen, Apotheker und Pharmazeutische Industrie
stünden in diesem Jahr in der besonderen Verantwortung,
über eine Ausgabensenkung im Arzneimittelbereich einen
entscheidenden Beitrag zur finanziellen Konsolidierung und
Stabilisierung des Beitragssatzniveaus in der GKV zu leis-
ten (Dokument Nr. 60).
Ebenfalls am 7. März 2002 teilte die AOK Sachsen dem
BMG mit, dass ihr Verwaltungsrat beschlossen habe, den
Beitragssatz von 13,4 auf 12,9 % zu senken (Dokument
Nr. 61). Laut einer dpa-Umfrage vom 8. März 2002 sahen
sich die meisten anderen Kassen zu dieser Zeit finanziell
nicht in der Lage, ihren Beitragssatz zu senken (Dokument
Nr. 62).

cc) Tagung des GKV-Schätzerkreises
am 11. März 2002

Auf der Basis des vorläufigen Finanzergebnisses des Jahres
2001 gab der GKV-Schätzerkreis in seiner Sitzung am
11. März 2002 seine neuen Eckdaten für die GKV-Finanz-
entwicklung im Jahr 2002 bekannt. Der Schätzerkreis rech-
nete für das Jahr 2002 mit einem Anstieg der berücksichti-
gungsfähigen Leistungsausgaben je Mitglied um 2,2 %,
einem Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen je Mit-
glied von 1,6 %, einem Anstieg des Ausgleichbedarfssatzes
von 12,95 % auf 13,01 % sowie einem Anstieg des West-
Ost-Transfers von 2,05 Mrd. € (2001) auf 2,6 Mrd. € (2002).
Insgesamt würde der Ausgleichsbedarfssatz damit von

unter Zugrundelegung dieser Eckdaten für das Jahr 2002
rechnerisch ein ausgeglichenes Finanzergebnis der GKV zu
erwarten sei (Dokument Nr. 63).
Das Referat 228 im BMG führte in seiner Bewertung des
Ergebnisses aus, es sei abzuwarten, ob die Annahmen des
Schätzerkreises vom Dezember 2001 tatsächlich eintreten
würden. So hingen z. B. die Annahmen zur Grundlohnent-
wicklung im Jahr 2002 entscheidend von der weiteren kon-
junkturellen Entwicklung und insbesondere den noch bevor-
stehenden Tarifabschlüssen ab. Aufgrund der ab April zu
erwartenden Kassenwechsel sei weiterhin damit zu rechnen,
dass sich das Beitragssatzniveau auf einem Wert von etwas
unter 14 % einpendeln werde. Zur Sicherung des derzeiti-
gen Beitragssatzniveaus über das Jahr 2002 hinaus sei ins-
besondere eine konsequente Umsetzung der Einsparungen
im Bereich der Arzneimittelversorgung notwendig (Doku-
ment Nr. 63).
Ergänzend unterrichtete das Referat 228 die Bundesministe-
rin in einem weiteren Vermerk darüber, dass am Rande der
Sitzung des Schätzerkreises bekannt geworden sei, dass die
von den GKV-Spitzenverbänden und der KBV gemeinsam
verabschiedeten Rahmenvorgaben zur Senkung der Arznei-
mittelkosten im Jahr 2002 von den GKV-Spitzenverbänden
öffentlich kaum kommuniziert würden. Auch den Finanzex-
perten der Spitzenverbände seien die Ziele und Inhalte der
Vereinbarung offensichtlich kaum bekannt. Das Referat 228
empfahl, da dem Ausgabenrückgang im Arzneimittelbe-
reich im Hinblick auf die Finanzentwicklung im Jahr 2002
eine zentrale Bedeutung zukäme, die GKV-Spitzenverbände
aufzufordern, ihre defensive Haltung aufzugeben und ge-
meinsam mit der KBV das Einsparziel und die darauf abzie-
lenden Maßnahmen offensiv zu vertreten (Dokument
Nr. 64).

c) Weitere Entwicklung bis zum Juli 2002
aa) Rechtliche Bedenken der KBV und der GKV-

Spitzenverbände gegen die Umsetzung der
Informationskampagne nach dem ABAG

Mit Schreiben vom 18. März 2002 schlugen die KBV und
die GKV-Spitzenverbände vor, im Sinne einer anwendungs-
reifen Informationsaktion auf der Grundlage des neuen
Rechts das gemeinsam von BMG, KBV und GKV-Spitzen-
verbänden im Jahre 1999 durchgeführte gemeinsame Ak-
tionsprogramm zu aktualisieren. Wegen der hohen Anfällig-
keit für Klagen der pharmazeutischen Hersteller werde
allerdings eine Beteiligung des BMG für unverzichtbar ge-
halten (Dokument Nr. 65).
Nach Darstellung eines Vermerks vom 9. April 2002 sagte
die Bundesministerin in einem Gespräch mit den GKV-Spit-
zenverbänden die Unterstützung des BMG bei der Informa-
tionskampagne zu. Aus rechtlichen Gründen sei das BMG
aber an einer aktiven Mitwirkung bei der Neuauflage der
Aktion gehindert. Aufgrund einer fehlenden rechtlichen
Grundlage für das BMG zur Durchführung einer Informati-
onsaktion für Vertragsärzte, der gleichzeitigen aufsichts-
rechtlichen Zuständigkeit für KBV und die GKV-Spitzen-
verbände sowie immer noch laufender Rechtsstreite um die
Kampagne aus dem Jahr 1999 müsse darauf geachtet wer-
12,61 % (2000) über 12,95 % (2001) auf 13,01 % (2002)
steigen. Der Schätzerkreis gelangte zu dem Ergebnis, dass

den, dass die lediglich unterstützende Funktion des BMG
deutlich zum Ausdruck gebracht werde (Dokument Nr. 66).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107 – Drucksache 15/2100

Mit Schreiben vom 14. April 2002 forderte Staatssekretär
Dr. Schröder die zuständigen Staatssekretäre und Staatsräte
der Länder erneut auf, die in ihrem Zuständigkeitsbereich
liegenden Selbstverwaltungsparteien bei der Umsetzung der
Vereinbarungen nach dem ABAG zu begleiten.

bb) Schreiben des Sozialministers von Baden-
Württemberg an die Bundesministerin
vom April 2002

Mit Schreiben vom 15. April 2002 wandte sich der Sozial-
minister des Landes Baden-Württemberg, Dr. Friedhelm
Repnik, an die Bundesgesundheitsministerin und erklärte
Bezug nehmend auf das Finanzergebnis der GKV im Jahr
2001, die vom BMG noch im Dezember 2001 gehegten Er-
wartungen von einem Defizit im Jahr 2001 von 2 Mrd. €
hätten sich bei weitem nicht erfüllt. Er kritisierte die Äuße-
rungen des BMG in dessen Pressemitteilung vom 7. März
2002 zu den getroffenen Sparmaßnahmen und gelangte zu
dem Ergebnis, die von der Ministerin erhofften Einsparun-
gen im Arzneimittelbereich seien kurzfristig nicht zu errei-
chen. Nach Darstellung des Sozialministers erwartete der
gemeinsame GKV-Schätzerkreis, dass die für 2002 prog-
nostizierten Einsparziele in diesem Bereich um 400 bis
500 Mio. € nach unten korrigiert werden müssten. Auch die
Prognosen der Grundlohnentwicklung seien nach unten kor-
rigiert worden. Weiter äußerte er Kritik am bestehenden Ri-
sikostrukturausgleich, der dazu führe, dass einige Kranken-
kassen in Ostdeutschland ihre Beitragssätze hätten senken
können, während ihm in seinem Aufsichtsbereich keine
Krankenkasse bekannt sei, die wegen einer Überschussent-
wicklung ihren Beitrag habe senken können. Angesichts
solcher Entwicklungen könne er nicht von einem rückläufi-
gen durchschnittlichen Beitragssatz ausgehen (Dokument
Nr. 67).
Bundesministerin Schmidt antwortete mit Schreiben vom
5. Mai 2002 dahingehend, sie teile die Skepsis nicht, dass es
im Jahr 2002 erneut zu einem Defizit in der GKV kommen
werde. Aus den Beitragssatzanhebungen von knapp 0,4 Bei-
tragssatzpunkten gegenüber dem Durchschnitt des Vorjah-
res würden sich für die Krankenkassen Mehreinnahmen in
einer Größenordnung von bis zu 3,5 Mrd. € ergeben. Dies
sei deutlich mehr als zum Ausgleich des Defizits von rd. 2,8
Mrd. € aus dem vergangenen Jahr erforderlich sei. Auch
unter Zugrundelegung der jüngsten, vom gemeinsamen
Schätzerkreis veranschlagten Eckdaten, die einen Grund-
lohnanstieg um 1,6 % und einen Anstieg der berücksichti-
gungsfähigen Leistungsausgaben um 2,2 % prognostiziert
hätten, ergebe sich die Perspektive für ein ausgeglichenes
Finanzergebnis. Sie rechne weiterhin mit einem durch-
schnittlichen allgemeinen Beitragssatz von etwas unter
14 %. Im Übrigen wies sie die Kritik am Risikostrukturaus-
gleich zurück (Dokument Nr. 68).

cc) Entwicklung der Arzneimittelausgaben Ende
April 2002 und Beurteilung durch KBV und
GKV-Spitzenverbände

Mit Vorlage der Abt. 2 im BMG vom 25. April 2002 wurde
die Bundesministerin über das Ergebnis einer abteilungs-
übergreifenden Besprechung im BMG über Fragen der ak-

formationen der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher
Apotheker) seien die Arzneimittelausgaben in der GKV im
Januar und Februar 2002 um 5,5 bzw. 6,6 % gegenüber den
jeweiligen Vorjahresmonaten weiter angestiegen, wenn
auch nicht mehr so deutlich wie im Jahresdurchschnitt 2001
(9,7 %). Erste in Presseberichten lancierte Erkenntnisse,
nach denen die Umsätze im März nur noch um 1 bis 2 % ge-
stiegen seien, könnten noch nicht als Trendumkehr angese-
hen werden, da der März 2002 aufgrund des frühen Oster-
festes zwei Arbeitstage weniger gehabt habe als der März
2001. Die geringfügig niedrigere durchschnittliche Zu-
wachsrate im ersten Quartal 2002 dürfte sich vornehmlich
mit den Entlastungseffekten der Neufestsetzung der Festbe-
träge ab Januar 2002 sowie der Erhöhung des Apothekenra-
batts ab März 2002 erklären lassen. Der verbleibende Aus-
gabenanstieg gehe somit weiterhin in erster Linie auf die
Strukturkomponente zurück und hier insbesondere auf den
Wechsel zu teureren Arzneimitteln. Der von der ABDA aus
diesen Werten für das Gesamtjahr 2002 hochgerechnete
Ausgabenzuwachs in Höhe von nur 1,6 % könne nicht als
seriöse Prognose angesehen werden.
Nachfolgend werden in der Unterrichtung für die weitere
Entwicklung auf den Arzneimittelbereich sektorspezifisch
ausgerichtete Instrumente beurteilt. Im Ergebnis sollten
durch die gesetzlichen Maßnahmen die Ausgaben im Arz-
neimittelbereich im Jahr 2002 um rd. 680 Mio. €, d. h. um
3,2 % unmittelbar finanzwirksam entlastet werden. Hinzu-
träte das Potential der Aut-idem-Regelung mit rd.
100 Mio. €, d. h. rd. 0,5 %, wodurch sich insgesamt ein Ef-
fekt in Höhe von 3,7 % (780 Mio. € ) ergeben sollte.
Weiter wurde ausgeführt, der GKV-Schätzerkreis habe bei
seiner letzten Vorausschätzung im März 2002 ein Null-
Wachstum bei den Arzneimitteln gegenüber dem Vorjahr
und insgesamt einen Zuwachs der Leistungsausgaben je
Mitglied um 2,2 % angenommen. Daraus habe sich insge-
samt die Perspektive für ein annähernd ausgeglichenes Fi-
nanzergebnis ergeben. Jeder Prozentpunkt Ausgabenzu-
wachs im Arzneimittelbereich belaste die GKV in einer
Größenordnung von gut 0,2 Mrd. €. Sollte der Trend zu stei-
genden Ausgaben im Arzneimittelbereich im weiteren Jah-
resverlauf nicht gebrochen werden, so drohe der GKV er-
neut eine Defizitentwicklung. Als Fazit wurde in der
Unterrichtung dargelegt, aus der derzeitigen Perspektive
gebe es keinen Anlass zur Entwarnung. Zur Vermeidung ei-
ner erneuten Defizitentwicklung erscheine eine umgehende
und konsequente Anwendung der vom Gesetzgeber vorge-
sehenen ausgabenbegrenzenden Maßnahmen mit Unterstüt-
zung des BMG dringend geboten. Von Seiten des Ministe-
riums sollten dabei Schwerpunkte auf die flächendeckende
gemeinsame Informationskampagne der Selbstverwaltung
auf Bundesebene zum ABAG, die Aktivierung der KV-
Ebene über die Länder und die Begleitung des Bundesaus-
schusses der Ärzte und Krankenkassen bei der Erarbeitung
der Hinweise zu den Analogpräparaten gesetzt werden (Do-
kument Nr. 69).
Mit Schreiben vom 17. April 2002 wandte sich der Vor-
standsvorsitzende des Bundesverbandes der BKK an die
Bundesministerin. Er befürchtete angesichts der in der
ABDA-Frühinformation ausgewiesenen Steigerungsraten
tuellen Ausgabenentwicklung im Arzneimittelbereich am
17. April 2002 unterrichtet. Nach den vorliegenden Frühin-

bei den Arzneimittelausgaben von 5,5 % im Januar 2002
und von 6,6 % im Februar 2002, dass die im Januar

Drucksache 15/2100 – 108 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

vertraglich zugesicherten Einsparungen schon jetzt als
nicht mehr erreichbar anzusehen seien (Dokument Nr. 70).
Die Arbeitsgemeinschaft der GKV-Spitzenverbände veröf-
fentlichte am 7. Mai 2002 eine gemeinsame Presseerklä-
rung, in der sie die Vertragsärzte aufforderte, ihre Zusagen
an die Politik, die Ausgaben zu senken, endlich einzulösen
(Dokument Nr. 71).
Im Gegensatz dazu vertrat die KBV in einer am 10. Mai
2002 veröffentlichten Pressemitteilung die Ansicht, die In-
strumente zur Steuerung der Arzneimittelausgaben würden
greifen. Die niedergelassenen Ärzte müssten sich zwar wei-
ter bemühen, möglichst kostengünstig zu verschreiben, aber
die aktuellen Zahlen zeigten einen deutlichen Trend hin zu
geringeren Arzneimittelausgaben (Dokument Nr. 72).
dd) Unterrichtung über die weitere Beitragssatz-

und Mitgliederentwicklung in der GKV im
Mai 2002

In einer Vorlage vom 8. Mai 2002 informierte das Referat
228 des BMG die Bundesministerin über die aktuelle Bei-
tragssatz- und Mitgliederentwicklung in der GKV zum
1. April 2002. Der durchschnittliche allgemeine Beitrags-
satz in der GKV lag danach zum 1. April 2002 bei 13,99 %.
Die Beitragssatzspanne zwischen dem höchsten und dem
niedrigsten Beitragssatz variierte bei wählbaren geöffneten
Kassen zwischen 11,2 % und 14,9 %. Beitragssatzverände-
rungen mit nennenswerten Auswirkungen auf den durch-
schnittlichen allgemeinen Beitragssatz seien – laut
Vorlage – derzeit nicht zu erwarten, sodass auch im Jahres-
durchschnitt mit einem Beitragssatzniveau von 14,0 % zu
rechnen sei. Zu zusätzlichen Beitragssatzanhebungen auch
bei größeren Krankenkassen könne es bei zum Teil nur sehr
begrenzt vorhandenen Finanzreserven ab der zweiten Jah-
reshälfte allenfalls dann kommen, wenn es auch im Jahr
2002 zu einer weitgehend ungebremsten Ausgabenentwick-
lung bei den Arzneimitteln komme (Dokument Nr. 73).
ee) Weitere Bemühungen des BMG zur

Umsetzung der Informationskampagne
Am 14. Mai 2002 fand im BMG eine Besprechung mit Ver-
tretern der KBV und der GKV-Spitzenverbände zur weite-
ren Umsetzung der Vereinbarungen nach dem ABAG statt.
Im Mittelpunkt der Besprechung stand die Strukturierung
von Konzeption und Inhalt der bundesweiten Informations-
kampagne zur wirtschaftlichen Arzneimittelverordnung auf
der durch das ABAG in § 73 Abs. 8 SGB V konkretisierten
Rechtsgrundlage. Die KBV hatte hierzu einen an den bishe-
rigen Informationsaktivitäten ausgerichteten Entwurf vorge-
legt. Als Ergebnis der Besprechung wurde u. a. vereinbart,
dass die Unterstützung der Aktion durch das BMG auch
nach außen durch eine gemeinsame Pressekonferenz beglei-
tet werden sollte. Der vorgelegte Entwurf sollte von KBV
und GKV-Spitzenverbänden überarbeitet und bis Ende Mai
dem BMG vorgelegt werden. Das BMG sagte zu, sich an
der rechtlichen Bewertung der Informationsaktion zu betei-
ligen (Dokument Nr. 74).
Nachdem der überarbeitete Entwurf bis Ende Mai noch
nicht vorlag, drängte das BMG im Juni 2002 weiter auf eine
zügige Umsetzung der Informationskampagne, doch verzö-

In ihrer Ausgabe vom 25. Mai 2002 berichtete die Frankfur-
ter Rundschau, nach der Bundestagswahl drohten neue Bei-
tragserhöhungen in der GKV. Wegen weiter steigender Pil-
lenausgaben befürchte Hans Jürgen Ahrens, Chef des AOK-
Bundesverbandes, für die Branche zum Jahresende „Defi-
zite in Milliardenhöhe“. Nur eine „deutlich bessere Kon-
junktur- und Beschäftigungslage“ könnten dann die Verteu-
erungen des Gesundheitsschutzes verhindern (Frankfurter
Rundschau vom 25. Mai 2002). Bundesministerin Schmidt
trat Spekulationen um Beitragserhöhungen entgegen und er-
klärte, der durchschnittliche Beitragssatz zur GKV von
13,99 % bleibe stabil und könne mittelfristig sogar gesenkt
werden (Berliner Zeitung vom 27. Mai 2002).
d) Finanzergebnis der gesetzlichen Kranken-

versicherung im 1. Quartal 2002
aa) Unterrichtung über das Finanzergebnis

im 1. Quartal 2002
Mit Vorlage vom 3. Juni 2002 berichtete das Referat 228
des BMG der Bundesministerin über die vorliegenden Fi-
nanzergebnisse der GKV im 1. Quartal 2002 und die derzeit
erkennbaren Perspektiven für die weitere Finanzentwick-
lung im Jahr 2002. Die Summe der von den Kassen gemel-
deten Finanzergebnisse wies bundesweit ein Defizit von
rund 0,86 Mrd. € auf. Die Zuwächse der Leistungsausgaben
gegenüber dem Vorjahreszeitraum lagen mit rd. 2,9 % bun-
desweit um rd. 1,7 Prozentpunkte über dem Anstieg der bei-
tragspflichtigen Einnahmen von rd. 1,2 %. Die Ausgaben-
seite war im 1. Quartal durch höchst unterschiedliche
Entwicklungen in den einzelnen Ausgabenbereichen ge-
kennzeichnet. Während die Ausgaben für ärztliche und
zahnärztliche Behandlung, Arzneimittel, Krankenhäuser
und Krankengeld mit Zuwachsraten zwischen 2,4 und 2,7 %
annähernd durchschnittliche Ausgabenzuwächse verzeich-
neten, stiegen die Ausgaben für häusliche Krankenpflege,
Hilfsmittel, Fahrtkosten und Heilmittel mit Veränderungsra-
ten zwischen 5,1 und 8,6 % stark überproportional an. Der
abgeflachte Zuwachs von 2,4 % bei den Arzneimitteln
setzte auf eine fast zweistellige Ausgabenexpansion im
1. Quartal 2001 (+ 9,7 %) auf und hatte den Solidarbeitrag
der pharmazeutischen Industrie von rd. 0,2 Mrd. € bereits
größtenteils ausgabenmindernd berücksichtigt. Nach Dar-
stellung der Vorlage durfte die Zuwachsrate in keiner Weise
über die trotz der ausgabenbegrenzenden Regelungen nach
wie vor vorhandenen expansiven Dynamik hinwegtäuschen
und sei damit meilenweit von dem von KBV und GKV-
Spitzenverbänden vorgegebenen Einsparziel von 4,6 % ent-
fernt, insbesondere deshalb, weil nach den neuesten Daten
der ABDA die Ausgaben im April 2002 mit einer Zuwachs-
rate von 13,2 % auf einen neuen monatlichen Rekordwert
von 1,92 Mrd. € gestiegen seien. Die Grundlohnentwick-
lung sei aufgrund der ungünstigen konjunkturellen Entwick-
lung auf sehr niedrigem Niveau verlaufen, aber neue Tarif-
abschlüsse dürften ab der zweiten Jahreshälfte zu einem
deutlichen Aufwärtstrend führen (Dokument Nr. 77).
In der Vorlage kam man in der Beurteilung zu dem Ergeb-
nis, ein ausgeglichenes Finanzergebnis im Jahr 2002 setze
voraus, dass die deutliche Schere zwischen Ausgaben- und
Grundlohnzuwächsen wieder zusammenrücke. Auch unter
Berücksichtigung der aus den Beitragssatzanhebungen re-
gerte sich der geplante Start der Kampagne immer weiter
(Dokumente Nr. 75 und 76).

sultierenden Mehreinnahmen von bis zu 3,5 Mrd. € und zu
erwartender günstiger Grundlohnentwicklung im weiteren

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 109 – Drucksache 15/2100

Jahresverlauf 2002 sei deshalb eine konsequente Umset-
zung der ausgabensenkenden Regelungen im Arzneimittel-
bereich und dadurch eine rasche Trendwende in diesem
Leistungsbereich zur Stabilisierung der Finanzentwicklung
der GKV unverzichtbar (Dokument Nr. 77).
Der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz habe im
1. Quartal bundesweit bei 14 % gelegen und dürfte im
Jahresdurchschnitt um rund 0,4 Beitragssatzpunkte höher
als im Vorjahr liegen, d. h. es sei auch im Jahresdurchschnitt
mit 14 % zu rechnen (Dokument Nr. 77).
bb) Pressemitteilungen des BMG und der GKV-

Spitzenverbände zum Finanzergebnis
im 1. Quartal 2002

Auf der Grundlage der Unterrichtung durch das Referat 228
veröffentlichte das BMG am 5. Juni 2002 eine Pressemittei-
lung über die Finanzentwicklung in der GKV im 1. Quartal
2002. In der Pressemitteilung wurde dargestellt, dass das
Defizit bei rund 0,86 Mrd. € gelegen und der durchschnittli-
che allgemeine Beitragssatz zum 1. April 2002 bundesweit
13,99 % betragen habe. Nach zweistelligen Zuwächsen im
Jahr 2001 habe sich das Wachstum bei den Arzneimittelaus-
gaben im 1. Quartal 2002 deutlich abgeflacht. Grund für
eine Entwarnung seien diese Zahlen nicht. Im Bereich der
Arzneimittelausgaben seien weitere Einsparungen erforder-
lich (Dokument Nr. 78).
In der Pressemitteilung heißt es weiter, es bestehe „bei deut-
lich günstigerer Perspektive für die Einnahmeseite und ver-
stärkten Einsparungen auf der Ausgabenseite im weiteren
Jahresverlauf die berechtigte Erwartung auf ein ausgegli-
chenes Finanzergebnis in 2002 und ein stabiles Beitrags-
satzniveau“.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, Horst Seehofer, forderte wegen des er-
neut hohen Defizits der GKV die Einberufung einer Kon-
zertierten Aktion im Gesundheitswesen. Dies sei die rich-
tige Antwort, um kurzfristig eine finanzielle Katastrophe
der GKV abzuwenden. Angesichts der Notsituation könne
nicht bis nach der Bundestagswahl gewartet werden. Wenn
nicht sofort gehandelt werde, seien gesundheitspolitische
Fehler nicht mehr zu korrigieren. Er äußerte weiter, die Be-
sorgnis erregende finanzielle Lage der Krankenkassen gehe
einher mit einer spürbaren Verschlechterung der medizini-
schen Versorgung (ddp-Meldung vom 5. Juni 2002). Bun-
desministerin Schmidt bestätigte, dass die Ausgaben für
Arzneimittel im 1. Quartal um rund vier Prozent gestiegen
seien. Die Trendwende sei noch nicht geschafft. Sie hoffe,
dass sich der Trend abflache. Sie wies aber die Einschät-
zung zurück, die Kassen steckten in einer bedrohlichen Si-
tuation. Die GKV sei immer mit neuen Reformen fit ge-
macht worden, dieses werde auch weiter so sein (AP-
Meldung vom 5. Juni 2002).
Auch die Arbeitsgemeinschaft der GKV-Spitzenverbände
veröffentlichte am 5. Juni 2002 eine gemeinsame Presse-
erklärung zu den Finanzergebnissen des 1. Quartals 2002.
Danach sei die Steigerungsrate bei den Arzneimitteln von
2,5 % pro Mitglied nach wie vor besorgniserregend. Nichts
deute darauf hin, dass die Ärzte ihre vertragliche Zusiche-
rung, die Ausgaben für Arzneimittel im laufenden Jahr um

durch das Arzneimittelsparpaket und trotz der „Ablasszah-
lung“ der Pharmaindustrie läge die Steigerungsrate noch
deutlich über dem Anstieg der Einnahmen von 1,2 % je Mit-
glied. Ohne diese Zahlung der Pharmaindustrie wären die
Ausgaben für Arzneimittel sogar um rd. 6,5 % angestiegen.
Trotz der defizitären Finanzentwicklung im 1. Quartal
warnten die Spitzenverbände vor voreiligen Spekulationen
über mögliche Beitragssatzerhöhungen. Wie sich die Finan-
zen der GKV entwickeln würden, hänge entscheidend von
der Entwicklung der Löhne und Gehälter sowie der Arbeits-
losigkeit ab. Hier sei Entlastung in Sicht. Ein Quartal iso-
liert zu betrachten, sei wegen statistischer Effekte bei wei-
tem nicht ausreichend. Die Zahlen müssten aber auf jeden
Fall als sehr ernstes Alarmsignal gewertet werden (Doku-
ment Nr. 79).

cc) Tagung des GKV-Schätzerkreises am 6. Juni
2002

Auf der Basis der vorläufigen Finanzergebnisse für das
1. Quartal 2002 tagte am 6. Juni 2002 der GKV-Schätzer-
kreis. Der Schätzerkreis rechnete für das Jahr 2002 als Eck-
werte mit einem Anstieg der berücksichtigungsfähigen
Leistungsausgaben je Mitglied um 2,8 %, einem Anstieg der
beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied um 2,2 %, einem
Anstieg des Ausgleichsbedarfsatzes von 12,95 % auf
13,02 % (2002) und einem Anstieg des West-Ost-Transfers
von 2,05 Mrd. € auf 2,55 Mrd. €. Insgesamt sollte der Aus-
gleichbedarfsatz von 12,61 % (2000) über 12,95 % (2001)
auf 13,02 % (2002) steigen (Dokument Nr. 80).
In seiner Bewertung gelangte das Referat 228 im BMG zu
dem Ergebnis, aus den neuesten Eckdaten ergebe sich rech-
nerisch nach wie vor ein weitgehend ausgeglichenes Finan-
zergebnis für das Jahr 2002. Der Schätzerkreis habe die
Ausgabensteigerung für die Arzneimittel mit + 2,8 % höher
veranschlagt als bei der letzten Schätzung. Gleichzeitig sei
jedoch unter Berücksichtigung der aktuellen Tarifentwick-
lung und der Rentensteigerung zur Jahresmitte auch ein hö-
herer Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen veran-
schlagt worden. Der aktuelle Beitragssatz habe zum 1. Mai
2002 13,98 % betragen und sei damit gegenüber dem April-
wert von 13,99 % nochmals geringfügig zurückgegangen.
Trotz der aktuellen Perspektiven für Beitragsstabilität und
ein weitgehend ausgeglichenes Finanzergebnis erscheine
bei stark abgeschmolzenen Finanzreserven zur Sicherung
des derzeitigen Beitragssatzniveaus über das Jahr 2002 hi-
naus eine konsequente Umsetzung der Einsparungen im Be-
reich der Arzneimittelversorgung durch die Krankenversi-
cherungen und Kassen dringend geboten (Dokument
Nr. 80).

dd) Unterrichtung des Gesundheitsaus-
schusses des Deutschen Bundestages
über das Finanzergebnis der GKV im
1. Quartal 2002

Am 12. Juni 2002 unterrichtete die Bundesgesundheits-
ministerin den Gesundheitsausschusses des Deutschen Bun-
destages über die aktuelle Finanzentwicklung in der GKV.
Die Ministerin berichtete über das bestehende Defizit und
den Durchschnittsbeitragssatz von 13,98 %. Bei den bei-
eine Milliarde zu reduzieren, einhalten würden. Trotz An-
passung der Festbeträge, trotz gesetzlicher Maßnahmen

tragspflichtigen Einnahmen sei im Verlauf des Jahres ein
weiterer Zuwachs zu erwarten, da der größte Teil der

Drucksache 15/2100 – 110 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Tarifabschlüsse 2002 erst mit zeitlicher Verzögerung ab
dem 2. Quartal wirksam werde. Insgesamt erwarte das
BMG ein ausgeglichenes Finanzergebnis für das Jahr 2002.
Diese Erwartung beruhe auf der Annahme, dass durch die
Beitragssatzanhebungen von jahresdurchschnittlich rund
0,4 Beitragssatzpunkten die GKV im Jahr 2002 mehr ein-
nehmen als zum Ausgleich des Defizits aus dem Jahr 2001
benötigt werde. Auch wenn die Ausgaben um bis zu
0,6 Prozentpunkte stärker stiegen als die beitragspflichtigen
Einnahmen könne das Ziel eines ausgeglichenen Finanzer-
gebnisses im Jahr 2002 noch erreicht werden. Diese Erwar-
tung eines weitgehend ausgeglichenen Finanzergebnisses
werde vom GKV-Schätzerkreis geteilt. Bei den Arzneimit-
telausgaben seien weitere Einsparungen erforderlich. Trotz
der Verringerung der Zuwächse bei den Arzneimittelausga-
ben gäbe es keine Entwarnung. Die Selbstverwaltung sei
gefordert, die Entlastungseffekte aus dem Sparpaket der
Bundesregierung zu nutzen (Dokument Nr. 81).

2. Finanzentwicklung in der gesetzlichen
Krankenversicherung im Sommer 2002

a) Unterrichtung über die Beitragssatz- und
Mitgliederentwicklung in der GKV
zur Jahresmitte 2002

Am 9. Juli 2002 unterrichtete das Referat 228 die Ministerin
über die weitere Beitragssatz- und Mitgliederentwicklung in
der GKV zur Jahresmitte 2002. Danach lag der durch-
schnittliche allgemeine Beitragssatz zum 1. Juni 2002 bei
13,98 %. Während einige Betriebskrankenkassen ihre Bei-
tragssätze erhöht hätten, seien Beitragssatzveränderungen
bei den großen Kassenarten AOK und VdAK derzeit nicht
zu erwarten. Insgesamt sei nicht auszuschließen, dass die
14-Prozent-Grenze im Herbst, zum 1. September oder
1. Oktober, wieder erreicht werden könnte. Die entspre-
chenden Statistiken lägen allerdings erst zum 1. Oktober
bzw. zum 1. November 2002 vor (Dokument Nr. 82).

b) Fortgang der Diskussion über die
Umsetzung der Informationskampagne
nach dem ABAG

Am 8. und 9. Juli 2002 fanden im BMG Gespräche zwi-
schen Vertretern des BMG, der KBV und der GKV Spitzen-
verbände über die konkretisierten Arbeitsgrundlagen für
eine Informationskampagne insbesondere unter rechtlichen
Aspekten statt. Die Grundlagen waren zuvor federführend
von der KBV zusammengestellt und am 3. Juli 2002 dem
BMG vorgelegt worden. In den Gesprächen zeichnete sich
ab, dass sich der Start der Informationskampagne aufgrund
unterschiedlicher rechtlicher Einschätzungen zwischen
BMG, KBV und Spitzenverbänden, insbesondere zu den
Möglichkeiten und Grenzen bzw. Risiken der inhaltlichen
Darstellung und Konkretisierung der Arzneimittel-Informa-
tion, weiter verzögern werde. Ein Beginn vor August 2002
erschien ausgeschlossen. Rechtliche Bedenken bestanden
vor allem bezüglich der Informationen zu Anologpräpara-
ten. Zum weiteren Vorgehen wurde vereinbart, dass die
KBV und die GKV-Spitzenverbände die vorgelegten Ar-
beitsgrundlagen weiterentwickeln und ihre rechtlichen Ein-

dem Ziel des Abschlusses beraten werden (Dokument
Nr. 83).
Bei der Besprechung am 18. Juli 2002 wurde zwischen
KBV, GKV-Spitzenverbänden und BMG zwar eine Verstän-
digung über die Ausgestaltung des Konzepts der Informati-
onskampagne erreicht, ein kurzfristiger Start der Informa-
tion wurde aber nicht vor Ende August/Anfang September
für möglich gehalten. Am 9. August 2002 sollte die erarbei-
tete neue Konzeption der Information in einer gemeinsamen
Besprechung im BMG weiter erörtert werden. Über die Be-
sprechungen wurde die Bundesministerin jeweils mit Lei-
tungsvorlage unterrichtet (Dokument Nr. 84).
Mit Schreiben vom 5. August 2002 übersandte die Kassen-
ärztliche Vereinigung Nordrhein der Ministerin die nord-
rheinische Arzneimittelvereinbarung 2002 sowie die hierzu
bereits eingegangenen Schreiben bzw. gerichtlichen An-
träge verschiedener pharmazeutischer Unternehmen. In ei-
ner Einschätzung der nordrheinischen Arzneimittelverein-
barung 2002 für die Ministerin gelangte das zuständige
Fachreferat im BMG zu dem Ergebnis, die Vereinbarung
enthalte, wie nach § 84 Abs. 1 SGB V – neu – vorgesehen,
ein Ausgabevolumen und eine Zielvereinbarung für das Jahr
2002. Diese Zielvereinbarung beziehe sich auf vier Berei-
che, wohingegen sich die auf Bundesebene unter aktiver
Beteiligung des BMG laufende Vorbereitung der Informati-
onskampagne zunächst auf zwei Bereiche beschränke. Die
übersandten Unterlagen ließen weder auf Gesetzgebungs-
mängel noch auf eine offenkundig fehlerhafte Umsetzung
schließen. Durch die Reaktionen der Pharmaunternehmen
zeige sich jedoch, dass die Ausgabenbeeinflussung im Arz-
neimittelbereich auch in Zukunft konfliktträchtig bliebe und
von den GKV-Beteiligten mit großem Engagement und zu-
gleich mit großer Sorgfalt betrieben werden müsse.

c) Zwischenbericht zur aktuellen
Finanzentwicklung in der gesetzlichen
Krankenversicherung
vom Juli 2002

In einem Vermerk vom 15. Juli 2002 informierte das Referat
228 des BMG die Bundesministerin über die aktuelle Finanz-
entwicklung in der GKV. Gestützt auf überwiegend aus Se-
kundärquellen stammenden Hinweisen leitete das Referat
228 gewisse Trends ab, die auf eine Verschlechterung der
Finanzdaten des 2. Quartals hindeuteten. Bezüglich der Ein-
nahmenseite zeige die interne Studie einer Krankenkasse,
dass sich der Grundlohnzuwachs im Vergleich zum Vorjahr
und auch im Vergleich zum 1. Quartal deutlich abgeflacht
habe. Entscheidende Bedeutung bei der weiteren Entwick-
lung käme daher den verzögerten Tarifabschlüssen zu. Es
bleibe abzuwarten, ob der von den GKV-Spitzenverbänden
und dem BVA geschätzte Grundlohnzuwachs von +2,2 % in
2002 tatsächlich noch erreicht werde. Dabei sei zu berück-
sichtigen, dass jeder Prozentpunkt mehr oder weniger
Grundlohnanstieg für die GKV einen Gewinn oder Verlust
in Höhe von ca. 1,3 Mrd. € ausmache. Auf der Ausgaben-
seite seien nach der internen Studie immer noch Zuwächse
zu erkennen, z. B. bei den Ausgaben für Arzneimittel. Die
Arzneimittelumsätze in der GKV seien trotz des Ausgaben-
rückgangs von -1,7 % im Mai 2002 mit einer Zuwachsrate
wände schriftlich darlegen sollten. Das weiterentwickelte
Konzept sollte am 18. Juli 2002 im BMG auf Fachebene mit

von 4,6 % in den Monaten Januar bis Mai 2002 immer noch
expansiv. Auch hier sei zu befürchten, dass sich zumindest

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111 – Drucksache 15/2100

bis zur Jahresmitte keine nachhaltige Entspannung abzeich-
nen werde.
Das Referat empfahl in seiner Beurteilung, die weitere Ent-
wicklung kritisch zu beobachten. Bei der Zeitplanung für
die Pressekonferenz zum Halbjahresergebnis der GKV solle
darauf geachtet werden, dass die entsprechende Veröffentli-
chung spätestens am 3. September 2002 erfolge, damit nicht
durch Vorabmeldung von Daten einzelner Kassenarten die
Finanzentwicklung der GKV Gegenstand öffentlicher Spe-
kulation und Interpretation werde (Dokument Nr. 85).
d) Parlamentarische Anfrage von Abgeord-

neten der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen
Bundestag

Am 2. August 2002 richteten Abgeordnete der CDU/CSU-
Fraktion des Deutschen Bundestages eine Kleine Anfrage
zu den Defiziten der GKV an die Bundesregierung. Darin
wurde auf Pressemeldungen Bezug genommen, nach denen
bisher solvente Krankenkassen „tiefrote“ Zahlen schrieben.
Neben Fragen zur Höhe des Beitragssatzes einzelner Kassen
wurde auch nach der Auffassung der Bundesregierung hin-
sichtlich der Vereinbarkeit angeblicher Kreditaufnahmen
einzelner Krankenkassen mit dem gesetzlichen Verbot ge-
fragt (BT-Drs. 14/9851).
Der Gesundheitsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion, Horst Seehofer, rechnete Anfang August 2002 mit ei-
nem Defizit der GKV von weit mehr als 2 Mrd. €. Bundes-
ministerin Schmidt warf Seehofer daraufhin blanken
Populismus und Panikmache vor und erklärte, trotz des De-
fizits im 1. Quartal werde für das Gesamtjahr ein ausgegli-
chenes Ergebnis erwartet (AP vom 4. August 2002).
Zur Vorbereitung der Antwort der Bundesregierung über-
mittelte das BVA dem BMG auf Anfrage am 16. August
2002 eine Stellungnahme. Danach hatten 14 bundesunmit-
telbare Betriebskrankenkassen ihren Beitragssatz im Zeit-
raum vom 1. August bis zum 1. Oktober 2002 angehoben
bzw. wollten ihn noch anheben. Hierunter sei eine Kranken-
kasse mit rund 520.000 Mitgliedern, die ihren Beitrag zum
1. September 2002 von 12,9 % auf 13,9 % anheben würde.
Bezüglich der Kreditaufnahmen von Krankenkassen werde
derzeit geprüft, inwieweit hierbei gegen haushaltsrechtliche
Vorschriften verstoßen worden sei. Das BVA halte es für
möglich, dass zur Zeit eine erhöhte Nachfrage nach Kassen-
verstärkungskrediten vorliege. Man beabsichtige in einem
Rundschreiben, die bundesunmittelbaren Träger nochmals
auf die haushaltsrechtlichen Abgrenzungen hinzuweisen
(Dokument Nr. 86).
In seiner Antwort auf die Kleine Anfrage vom 23. August
2002 führte das BMG aus, die aktuelle Finanzentwicklung
in der GKV im Jahr 2002 sei nach Einschätzung der Bun-
desregierung weder durch eine Defizitentwicklung noch
durch einen weiteren Anstieg des Beitragssatzniveaus ge-
kennzeichnet. Der durchschnittliche allgemeine Beitrags-
satz habe zur Jahresmitte 2002 bundesweit bei 13,99 %
gelegen. Im Jahr 2002 könne nach gegenwärtigem Erkennt-
nisstand von einem weitgehend ausgeglichenen Finanz-
ergebnis in der GKV ausgegangen werden. Die Bundesre-
gierung erwarte auf der Grundlage der bislang vorliegenden
Beitragssätze bis einschließlich 1. Juli 2002 und der An-

durchschnittliche Beitragssatzniveau zu erwarten seien,
dass der allgemeine Beitragssatz auch im Jahresdurchschnitt
dem zur Jahresmitte festgestellten Wert entsprechen werde.
Spekulationen über anstehende Beitragssatzanhebungen bei
den größeren Kassen seien von den Betroffenen dementiert
worden. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass es in
der GKV in den nächsten Jahren jeweils nicht zu Defiziten
kommen werde und insofern von der GKV keine Gefahr für
die Einhaltung der „Maastricht-Kriterien“ ausgehe (BT-
Drs. 14/9896).
In der Vorbemerkung der Bundesregierung wurde bei der
Fertigung der Antwort der Bundesregierung eine Passage
gestrichen, die die Erwartung eines ausgeglichenen Finanz-
ergebnisses mit den Ergebnissen des Schätzerkreises vom
Juni begründete. Vor deren Hintergrund seien Spekulationen
über ein erneutes Defizit in der GKV ebenso unangebracht
wie Behauptungen, zum Jahreswechsel 2002/2003 stünde
eine breite Welle von Beitragssatzanhebungen bevor (Doku-
ment Nr. 87).
Der Zeuge Dr. Schröder hat hierzu erklärt, der Passus sei ge-
strichen worden, weil man ihn als zu spekulativ empfunden
habe (12. Sitzung, Protokoll Dr. Schröder, S. 46). Bundesmi-
nisterin Schmidt hat in ihrer Vernehmung angegeben, es
gebe in ihrem Haus die Regel, dass Anfragen immer mit
Fakten und nicht mit Spekulationen beantwortet werden
sollten (14. Sitzung, Protokoll BM Schmidt, S. 19).
Am 26. August 2002 veröffentlichte die Leipziger Volkszei-
tung einen Artikel mit der Überschrift „Krankenkassen
rechnen mit Milliarden-Defizit“. Darin heißt es, das Defizit
der GKV werde am Jahresende voraussichtlich deutlich hö-
her sein als bisher erwartet. Die Techniker-Krankenkasse
rechne mit einem Minus von 1,5 Mrd. Euro.
Am 28. August 2002 sandte das BVA den angekündigten
Rundbrief an die GKV-Spitzenverbände. Diese wurden da-
rin über die rechtlichen Möglichkeiten der Aufnahme eines
Kredits durch die Krankenkassen informiert. Veranlasst
wurde dieses Schreiben durch die Anfrage verschiedener
Kreditinstitute beim BVA (Dokument Nr. 88).
Der Zeuge Dr. Schröder hat in seiner Vernehmung betont, es
habe sich bei diesem Schreiben um eine rein rechtliche
Klarstellung gehandelt. Es habe vier Fälle gegeben, in de-
nen kleine Betriebskrankenkassen Kredite aufgenommen
hätten, da sie die Zahlungen im Rahmen des Risikostruktur-
ausgleichs offenbar nicht ausreichend in ihre Haushaltspla-
nung mit einbezogen hätten. Diese Fälle seien jedoch erst
Ende des Jahres 2002 festgestellt worden. Bei dem Schrei-
ben des BVA habe es sich seiner Meinung nach um eine
ganz normale Aufsichtsmaßnahme gehandelt (12. Sitzung,
Protokoll Dr. Schröder, S. 49 f.).
Der sachverständige Zeuge Rebscher, Vorstandsvorsitzen-
der des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen, VdAK,
und des Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes, hat in seiner Ver-
nehmung ausgeführt, er sei damals davon ausgegangen und
ginge noch heute davon aus, dass es eine solche rechtswid-
rige Finanzierungspraxis in seinem Verband nicht gegeben
habe (12. Sitzung, Protokoll Rebscher, S. 35). Der Zeuge Dr.
Ahrens hat erklärt, im AOK-System sei es seiner Kenntnis
nach nicht zu Auflagen aufgrund von Kassen-
nahme, dass im weiteren Jahresverlauf keine Beitragssatz-
veränderungen mit nennenswerten Auswirkungen auf das

verstärkungskrediten gekommen (12. Sitzung, Protokoll
Dr. Ahrens, S. 88 f.).

Drucksache 15/2100 – 112 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

e) Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der
AOK Baden-Württemberg

Mit Schreiben vom 5. August 2002 wandte sich der Vor-
standsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Roland
Sing, an Staatssekretär Dr. Schröder. Vorausgegangen war
ein Telefonat zwischen beiden, in dem Herr Sing seine An-
sicht über die aktuelle Finanzlage der GKV vorgetragen
hatte. In seinem Schreiben äußerte er seine Besorgnis über
die finanzielle Lage der GKV. Seit dem 1. Juli 2002 stehe
fest, dass der durchschnittliche Beitragssatz in der GKV
bundesweit auf 14 % angestiegen sei. Die Tendenz sei wei-
ter steigend. Die AOK Baden-Württemberg werde spätes-
tens zum 1. Januar 2003 ihren Beitragssatz bis nahe unter
15 % anheben müssen. Gleiches gelte für andere AOKs. Da
er in Gremien des AOK-Bundesverbandes, die sich mit Fi-
nanzfragen befassen würden, maßgeblich beteiligt sei, be-
ruhe diese Feststellung auf belegbaren Finanzdaten. Die
AOK-Berlin werde aller Voraussicht nach zum 1. Januar
2003 einen Beitragssatz zwischen 15,5 und 15,8 % beschlie-
ßen müssen. Auch eine Reihe von großen Ersatzkassen und
Innungs- und Betriebskrankenkassen müssten ihre Beitrags-
sätze zum 1. Januar 2003 anheben. Die Ursachen seien für
alle gesetzlichen Krankenkassen gleich. So würden die bei-
tragspflichtigen Einnahmen mit der Entwicklung der Lohn-
quote nicht Schritt halten. Seiner Ansicht nach werde es in
der nächsten Legislaturperiode zu einer Gesundheitsreform
kommen müssen, die sowohl die Einnahmen- als auch die
Ausgabenseite erfasse. Auch organisatorische Fragen bzgl.
der Krankenkassenarten und deren Beziehungen untereinan-
der würden eine Rolle spielen.
Um dieses Bündel von Maßnahmen sachgerecht beraten zu
können, bedürfe es Zeit. Er gehe davon aus, dass eine Ge-
sundheitsreform frühestens im Jahr 2004 in Kraft treten
könne. Diese Zeitspanne sei aber zu lang, um die Beiträge
bundesweit nicht auf über 15,5 % und darüber ansteigen zu
lassen. Aus diesem Grunde sei seiner Ansicht nach im An-
schluss an die Bildung der neuen Bundesregierung im
Herbst 2002 ein Beitragssatzsicherungsgesetz zu beschlie-
ßen, um Zeit für eine umfassende Gesundheitsreform zu ge-
winnen. Weiter führte er in seinem Schreiben detailliert ein-
zelne Überlegungen für die Ausgestaltung eines solchen
Beitragssatzsicherungsgesetzes aus. Abschließend bot er ein
gemeinsames Gespräch über seine Überlegungen an und er-
klärte, ihn treibe intensiv die Sorge um, dass die GKV in ih-
rem Wesenskern tangiert werde und man trotzdem die
Lohnnebenkosten bzw. die derzeit schon nicht mehr akzep-
table Höhe der Beitragssätze nicht in den Griff bekomme
(Dokument Nr. 89).
Der Zeuge Dr. Schröder hat in seiner Vernehmung erklärt,
Roland Sing, den er schon lange kenne, habe ihn am 2. Au-
gust 2002 angerufen und ihm seine Einschätzung der Lage
und Vorschläge für das weitere Vorgehen mitgeteilt. Er habe
ihn daraufhin gebeten, seine Überlegungen dem BMG
schriftlich zukommen zu lassen, damit diese von den Fach-
leuten im Ministerium geprüft werden könnten. Dement-
sprechend sei im Hinblick auf das Schreiben zunächst auch
nur eine Stellungnahme und kein Antwortentwurf verfügt
worden. Die Einschätzungen Sings seien damals vom AOK-
Bundesverband als eine regionale Erscheinung beurteilt
worden. Gleichzeitig hätten vom VdAK und auch von ein-

Dies habe die Einschätzung von Sings relativiert (12. Sit-
zung, Protokoll Dr. Schröder, S. 47, 52). Der Vorstandsvor-
sitzende des AOK-Bundesverbandes, der Zeuge Dr. Ahrens,
hat hierzu ausgesagt, er sei von Sing zum damaligen Zeit-
punkt über den Inhalt des Schreibens an Staatssekretär
Dr. Schröder informiert worden. Sing habe hier in Bezug auf
die AOK Baden-Württemberg ein „besonderes Problem“
gesehen und habe die Bundesregierung darauf hinweisen
wollen. Ein identisches Schreiben habe er parallel auch an
den Bundestagsabgeordneten Horst Seehofer geschickt, der
anschließend angefragt habe, ob er von dem Inhalt des
Schreibens öffentlich Gebrauch machen könne (12. Sitzung,
Protokoll Dr. Ahrens, S. 74, 77). Der Zeuge Dr. Müller hat
vor dem Ausschuss bekundet, es habe damals deutliche
Hinweise gegeben, dass es für den größeren Teil der Allge-
meinen Ortskrankenkassen keine erkennbare Notwendigkeit
zu Beitragssatzerhöhungen gebe. Es sei sicherlich so, dass
die AOK-Baden-Württemberg bestimmte Spezifika auf-
weise, die im Grenzbereich lägen (23. Sitzung, Protokoll Dr.
Müller, S. 16).
Bundesministerin Schmidt hat in ihrer Vernehmung erklärt,
ihr sei das Schreiben von Sing zum damaligen Zeitpunkt
nicht bekannt gewesen, sie habe es erst im Nachhinein zur
Kenntnis genommen (14. Sitzung, Protokoll BM Schmidt,
S. 16).
Zu dem Schreiben von Sing wurde auf Anforderung von
Staatssekretär Dr. Schröder vom Referat 221 des BMG, zu-
ständig für Grundsatzfragen, am 28. August 2002 der Ent-
wurf einer Stellungnahme zur finanziellen Lage der GKV
gefertigt. In dieser Stellungnahme wird dabei zunächst die
momentan vorgeschlagene Sprachregelung zur finanziellen
Situation in der GKV dargelegt. Danach sei im Jahr 2002
nach gegenwärtigem Kenntnisstand insgesamt von einem
ausgeglichenen Finanzergebnis in der GKV auszugehen.
Dies ergebe sich aus den aktuellen Eckwerten des GKV-
Schätzerkreises vom Juni 2002 zur Steigerung der Leis-
tungsausgaben und der beitragspflichtigen Einnahmen der
Krankenkassen sowie aus den Mehreinnahmen durch die
Beitragssatzanhebungen im Jahr 2002. Ein ausgeglichenes
Finanzergebnis mache ein Beitragssatzsicherungsgesetz
entbehrlich.
Nach der Stellungnahme sei die Finanzlage der Kranken-
kassen zwar angespannt, ein Druck auf die Beitragssätze in
dem von der AOK Baden-Württemberg befürchteten Aus-
maß sei jedoch nicht zu erkennen; zumindest beruhe die
Prognose nicht auf validen Daten. Das zu erwartende ausge-
glichene Finanzergebnis mache das von der AOK Baden-
Württemberg vorgeschlagene Beitragssatzsicherungsgesetz
entbehrlich. Die schlechten Erfahrungen mit dem Beitrags-
entlastungsgesetz aus dem Jahr 1996 ließen zusätzlich
davon abraten. Damals sei der gesetzlich verordneten Bei-
tragssatzsenkung unmittelbar ein Beitragssatzanstieg ge-
folgt. Außerdem würde ein Beitragssatzsicherungsgesetz
die Konzentration auf die eigentliche Gesundheitsreform
schwächen. Am Ende der Stellungnahme wurden die von
der AOK Baden-Württemberg vorgeschlagenen Maßnah-
men einzeln untersucht und überwiegend als untauglich be-
wertet (Dokument Nr. 90).
Der Entwurf der Stellungnahme trägt mehrere handschriftli-
zelnen großen Ersatzkassen Aussagen dahingehend vorgele-
gen, dass man nicht beabsichtige, die Beiträge zu erhöhen.

che Verfügungen. So vermerkte das Referat 228 gegenüber
dem Referat 221:

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 113 – Drucksache 15/2100

„Vor Beantwortung der Frage sollte die Pressekonferenz
von Frau Ministerin und die neuesten Bewertungen des
GKV-Schätzerkreises Ende der 1. Septemberwoche ab-
gewartet werden. Vorschlag: Fristverlängerung“.

Diesem Vorschlag wurde mit der kurzen Bemerkung „Ja“
zugestimmt. Des Weiteren wurde vom Leiter des Refe-
rats 221, dem Zeugen Hensgen, handschriftlich ergänzt:

„Herrn PR-St: Fristverlängerung bis 20. September we-
gen Urlaub von mir“ (Dokument Nr. 90).

Der Zeuge Hensgen hat hierzu erklärt, zu dem Schreiben
von Sing sei er um eine Stellungnahme gebeten worden. Er
habe daraufhin zunächst eine vorläufige Stellungnahme
entworfen und dann um die Mitzeichnung der Fachreferate
gebeten. Diese Mitzeichnung habe bis zum 2. September
2002 erfolgen sollen. Bis zu diesem Stichtag hätten alle Re-
ferate ihre Mitzeichnung, mit oder ohne Bemerkung, abge-
geben, mit Ausnahme des Referates 228, auf dessen Mit-
zeichnung er aber in der Frage der Notwendigkeit eines
Beitragssatzsicherungsgesetzes unbedingt angewiesen ge-
wesen sei, da er in dieser Frage nicht über ausreichendes
Fachwissen verfügt habe. Aus den handschriftlichen Be-
merkungen auf dem Entwurf ergebe sich, dass der Leiter
des Referats 228, Dr. Müller, vorgeschlagen habe, vor der
endgültigen Bewertung die Pressekonferenz der Ministerin
zu den Halbjahresergebnissen der GKV und die Sitzung des
GKV-Schätzerkreises Anfang September abzuwarten. In ei-
nem Gespräch habe ihm Dr. Müller erklärt, dass er es für
sinnvoll hielte, vor der Weiterleitung der endgültigen Stel-
lungnahme die neuesten Daten aus dem Bereich der GKV
abzuwarten. Er sei auf diesen Vorschlag von Dr. Müller ein-
gegangen und habe, wie aus seiner handschriftlichen Be-
merkung auf dem Entwurf ersichtlich sei, bei dem Persönli-
chen Referenten des Staatssekretärs um eine Verlängerung
der Frist für die Abgabe der Stellungnahme der Fachabtei-
lung bis nach seinem Urlaub gebeten. Als er nach seinem
Urlaub am Montag, dem 23. September 2002, zurückge-
kehrt sei, habe sich sehr schnell gezeigt, dass seine unzu-
ständigkeitshalber vorgenommene Einschätzung der finan-
ziellen Lage der GKV wohl doch nicht der Wirklichkeit
entsprochen habe. Auch die Aufforderung, Vorschläge für
eventuelle Sofortmaßnahmen zu sammeln, die er am
24. September 2002 erhalten habe, habe ihm gezeigt, dass
sich der Vorgang überholt hatte (23. Sitzung, Protokoll
Hensgen, S. 26 ff.).
Auch der Zeuge Dr. Schröder hat betont, bei den hand-
schriftlichen Bemerkungen habe es sich lediglich um eine
Bitte um Fristverlängerung während der Urlaubszeit gehan-
delt (12. Sitzung, Protokoll Dr. Schröder, S. 64).
f) Äußerungen des Abg. Horst Seehofer (CDU/

CSU) zur Höhe des Defizits in der GKV
Nach Pressemeldungen vom 10. August 2002 rechnete der
Abg. Horst Seehofer (CDU/CSU) für das Jahr 2002 mit ei-
nem Defizit von mindestens 2 Mrd. € in der GKV. Seiner
Ansicht nach drohe vor diesem Hintergrund ein Beitragsan-
stieg zwischen 0,2 und 0,5 Prozentpunkten. In einer Stel-
lungnahme zu diesen Pressemeldungen gelangte das Referat
228 am 12. August 2002 zu dem Ergebnis, die Äußerungen

die Prognose eines weitgehend ausgeglichenen Finanzer-
gebnisses weiterhin gerechtfertigt. Ob sie nach Vorliegen
der Daten des 1. Halbjahres (Anfang September) und der
anschließenden Beratung des GKV-Schätzerkreises auf-
rechtzuerhalten sei, müsse abgewartet werden. Ob der
Grundlohnzuwachs die vom Schätzerkreis erwartete Grö-
ßenordnung tatsächlich noch erreiche, sei ebenfalls noch ab-
zuwarten. Bei den Beitragssätzen sei nicht auszuschließen,
dass die 14-Prozent-Grenze im Herbst wieder erreicht
werde. Bisher gebe es hierfür aber keine konkreten Anhalts-
punkte. Entsprechende Statistiken für die Monate Septem-
ber oder Oktober lägen erst Anfang Oktober bzw. Anfang
November 2002 vor. Der prognostizierte Beitragssatzan-
stieg um 0,2 bis 0,5 Beitragssatzpunkte zum 1. Januar 2003
wäre rechnerisch nur dann nötig, wenn es im Jahr 2002 zu
einem Defizit von rd. 2 bis 5 Mrd. € käme. Dies erscheine
jedoch nicht nur spekulativ, sondern nach jetzigem Erkennt-
nisstand auch völlig unrealistisch. Das Referat empfahl, ge-
genwärtig an der Perspektive eines ausgeglichenen Finanz-
ergebnisses auf der Grundlage der aktuell vorliegenden
Eckdaten des Schätzerkreises festzuhalten. Eine valide neue
Beurteilung sei erst auf der Grundlage der endgültig vorlie-
genden Finanzdaten des 1. Halbjahres unter Berücksichti-
gung der zu erwartenden Entwicklungen im 2. Halbjahr
möglich. Hierzu solle sich das BMG frühestens bei der
Pressekonferenz Anfang September äußern (Dokument
Nr. 91).
3. Finanzergebnis der gesetzlichen

Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2002
und die weitere Entwicklung bis zur
Bundestagswahl im September

a) Erste Trends zum vorläufigen
Finanzergebnis der gesetzlichen
Krankenversicherung im 1. Halbjahr

Aufgrund einer Pressemeldung vom 21. August 2002, wo-
nach Beitragserhöhungen infolge des Defizits bei den Kran-
kenkassen immer wahrscheinlicher würden, unterrichtete
das Referat 228 die Leiterin des Leitungsstabes im BMG
über die ersten Trends zum vorläufigen Finanzergebnis der
GKV im 1. Halbjahr 2002 nach den zwischenzeitlich vorlie-
genden Vorabmeldungen der großen Kassenarten (Allge-
meine Ortskrankenkassen sowie Angestellten- und Arbei-
terersatzkassen). Hierbei gelangte das Referat zu dem
Ergebnis, aus den Vorabmeldungen könnte noch keine
Schlussfolgerung auf das Gesamtergebnis des 1. Halbjahres
bzw. des Jahres gezogen werden. In der Gesamtbetrachtung
deute aber vieles darauf hin, dass sich die Finanzsituation
im 2. Quartal verschlechtert habe. Die Einnahmen dürften
sich jedoch aufgrund von verzögerten Tarifabschlüssen,
Rentensteigerungen, Beitragssatzsteigerungen in der Kran-
kenversicherung der Rentner (ab dem 1. Juli 2002) und Ein-
malzahlungen im 4. Quartal im Jahresverlauf deutlich ver-
bessern. Die Ausgabenentwicklung hänge vor allem von der
weiteren Entwicklung im Bereich der Arzneimittelversor-
gung und im Bereich der Krankenhausbehandlung ab.
Zum weiteren Vorgehen wurde vorgeschlagen, dass das
BMG Vorabmeldungen von Einzelkassen und Kassenarten
zunächst nicht kommentieren und darauf verweisen solle,
dass eine Bewertung erst dann erfolgen werde, wenn die
seien spekulativ und entbehrten jeglicher Grundlage. Auf
Basis der neuesten bislang vorliegenden Eckdaten erscheine

gesamten Finanzdaten des 1. Halbjahres vorlägen. Dieser
Standpunkt sei fachlich geboten. Vorerst solle der Hinweis

Drucksache 15/2100 – 114 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

genügen, dass in der GKV in diesem Jahr nach dem gegen-
wärtigen Erkenntnisstand von einem insgesamt ausgegli-
chenen Finanzergebnis auszugehen sei. Dies ergebe sich
aus den aktuellen Eckwerten des GKV-Schätzerkreises
vom Juni. Bei Spekulationen über die Finanzentwicklung
und die Notwendigkeit von Beitragserhöhungen solle auf
die Dementis der Kassen verwiesen werden (Dokument
Nr. 92).
Am 22. August 2002 veröffentlichten die Ersatzkassenver-
bände eine Presseerklärung. Darin wiesen sie Bezug neh-
mend auf die Pressemeldungen über Milliardendefizite bei
den gesetzlichen Krankenkassen darauf hin, dass der in den
amtlichen Statistiken ausgewiesene Finanzsaldo nicht die
tatsächliche finanzielle Lage darstelle. Das Ergebnis des
1. Halbjahres sei durch die Zahlungen für den Risikostruk-
turausgleich verzerrt. Die überhöhten Abschlagszahlungen
des 1. Halbjahres würden im Laufe des Jahres ausgeglichen.
Ein Rückschluss auf ein Gesamtjahresdefizit oder gar auf
notwendige Beitragssatzerhöhungen sei damit völlig ver-
fehlt. Im 2. Halbjahr würden zudem Einnahmeverbesse-
rungen durch die meist erst ab der Jahresmitte wirksam wer-
denden Tariferhöhungen und die zum Jahresende
anfallenden Einmalzahlungen erwartet. Unabhängig davon
zeigten die Halbjahresergebnisse weiterhin eine unge-
bremste Dynamik, insbesondere bei den Arzneimittelausga-
ben, die erneut um 5 % gegenüber dem ohnehin hohen Vor-
jahreswert angestiegen seien (Dokument Nr. 93).

b) Schreiben des Persönlichen Referenten des
Staatssekretärs vom 2. September 2002

Im Vorfeld der Pressekonferenz der Bundesgesundheitsmi-
nisterin am 2. September 2002 und in Reaktion auf jüngste
Pressemeldungen übersandte der Persönliche Referent des
Staatssekretärs im BMG am 27. August 2002 einen internen
Informationsvermerk zur Finanzlage der GKV an den Deut-
schen Gewerkschaftsbund, den SPD-Parteivorstand, das
Bundeskanzleramt und die SPD-Wahlkampfzentrale
(KAMPA 02). Dieser Vermerk enthielt eine sog. Sprachre-
gelung zur aktuellen Situation in der GKV. Im Hinblick auf
mögliche Vorabmeldungen in der Presse über Defizite von
Einzelkassen und Kassenarten im 1. Halbjahr 2002 und im
Hinblick auf Spekulationen über notwendige Beitragssatz-
anhebungen bei größeren Krankenkassen wurde dargelegt,
dass darauf hinzuweisen sei, dass eine Gesamtbewertung
erst aufgrund der endgültigen Daten des 1. Halbjahres erfol-
gen könne. Diese Bewertung werde am 2. September 2002
durch die Bundesgesundheitsministerin auf einer Presse-
konferenz vorgenommen werden. Diese Vorgehensweise sei
fachlich geboten und auch in den vergangenen Legislaturpe-
rioden praktiziert worden. Spekulationen über ein Defizit
und notwendige Beitragssatzanhebungen im Bereich der Er-
satzkassen seien vom VdAK und größeren Ersatzkassen zu-
rückgewiesen worden. Nach bisherigem Erkenntnisstand sei
davon auszugehen, dass es in diesem Jahr in der GKV zu ei-
nem insgesamt ausgeglichenen Finanzergebnis komme.
Dies ergebe sich aus den bislang vorliegenden aktuellen
Eckwerten des gemeinsamen Schätzerkreises von BVA und
GKV-Spitzenverbänden vom Juni. Ein Ausgabenüberhang
im 1. Halbjahr sei in der GKV üblich. Es sei zu erwarten,
dass sich die Einnahmen aufgrund von verzögerten Tarifab-

Einmalzahlungen in der zweiten Jahreshälfte deutlich ver-
besserten (Dokument Nr. 94).
Die Zeugen Dr. Edwin Smigielski und Rüdiger Hensgen ha-
ben erklärt, dieses Schreiben sei ihnen nicht bekannt gewe-
sen (19. Sitzung, Protokoll Dr. Smigielski, S. 11 f.; 23. Sit-
zung, Protokoll Hensgen, S. 33).

c) Unterrichtung über das Finanzergebnis der
gesetzlichen Krankenversicherung im
1. Halbjahr 2002

Zur Vorbereitung der Pressekonferenz der Bundesministerin
am 2. September 2002, in der sie das Finanzergebnis der
GKV des 1. Halbjahres 2002 vorstellen wollte, holte das
Referat 228 mit Schreiben vom 23. August 2002 Stellung-
nahmen bei den jeweils zuständigen Referaten des BMG
ein. Es wurde darum gebeten, ergänzende Hinweise zu den
Ursachen der jeweiligen aktuellen Ausgabenentwicklung,
den möglichen in der zweiten Jahreshälfte wirkenden zu-
sätzlichen Be- und Entlastungseffekten und zu den zukünf-
tig in der nächsten Legislaturperiode beabsichtigten Steue-
rungsinstrumenten zu geben. Außerdem sollten kurze
Bausteine für Sprachregelungen vorbereitet werden, die ent-
weder in die Pressemitteilung aufgenommen oder bei even-
tuellen Nachfragen der Journalisten verwendet werden
könnten.
Einen Tag zuvor hatte der Vorsitzende des Sozialbeirates,
Prof. Dr. Dr. Bert Rürup, davor gewarnt, dass bei einer
Reihe von Kassen Anhebungen der Beitragssätze bevor-
stünden, weil viele Kassen schon an ihre Rücklagen gingen.
Anders als das Bundesgesundheitsministerium sah Prof. Dr.
Dr. Bert Rürup auch in der zweiten Jahreshälfte keine Ent-
spannung, weil sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt erst im
kommenden Jahr bessern werde. Der Vorstandsvorsitzende
der Ersatzkassen-Verbände VdAK (Verband der Angestell-
ten-Krankenkassen e. V.) und AEV (Arbeiter-Ersatzkassen
Verband e. V.), Herbert Rebscher, räumte ein, die Beitrags-
frage werde sich spätestens im nächsten Jahr stellen (dpa-
Meldung vom 1. September 2002).
Nach Eingang der einzelnen Beiträge informierte das Refe-
rat 228 die Ministerin am 30. August 2002 in einer Lei-
tungsvorlage über die vorliegenden Finanzergebnisse der
GKV im 1. Halbjahr 2002 und die derzeit erkennbaren Pers-
pektiven für die weitere Finanzentwicklung im Jahr 2002.
Einleitend merkte das Referat an, dass die Finanzschätzun-
gen für das 1. Halbjahr 2002 wegen zum Teil noch hoher
Schätzkomponenten auf der Ausgabenseite und der weitge-
hend fehlenden Berücksichtigung von Einmalzahlungen auf
der Einnahmenseite nur beschränkte Aussagekraft für die
Finanzentwicklung der GKV im gesamten Jahr hätten.
Gleichwohl habe sich die Finanzsituation der GKV vor al-
lem aufgrund einnahmeseitiger Faktoren im 2. Quartal ver-
schlechtert. Das Defizit in der GKV habe im 1. Halbjahr
2002 rd. 2,42 Mrd. € betragen. Die Leistungsausgaben seien
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rd. 3 % angestie-
gen. Demgegenüber seien die beitragspflichtigen Einnah-
men nur um rd. 0,7 % gewachsen. Im Vergleich zu den Ver-
änderungsraten des 1. Quartals habe sich die Schere
zwischen den beiden Veränderungsraten deutlich auseinan-
schlüssen, Rentensteigerungen, Beitragssatzsteigerungen in
der Krankenversicherung der Rentner ab dem 1. Juli und

der entwickelt. Dabei falle vor allem der deutliche Abfall
der Grundlohnrate ins Gewicht.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 115 – Drucksache 15/2100

Die Ausgabenseite sei im 1. Halbjahr durch höchst unter-
schiedliche Entwicklungen in den einzelnen Ausgabenbe-
reichen gekennzeichnet gewesen. Während die Ausgaben
für ärztliche und zahnärztliche Behandlungen unterdurch-
schnittliche und marginale Anstiege verzeichneten, seien
die Ausgaben für Heilmittel, Fahrtkosten und häusliche
Krankenpflege überproportional stark angestiegen. Auf-
grund ihres hohen Ausgabenanteils hätten insbesondere die
Zuwachsraten für Arzneimittel und für Krankenhausbe-
handlungen die Finanzentwicklung ungünstig beeinflusst.
Negative Veränderungsraten habe es auch bei Zahnersatz
und Krankengeld gegeben. Die Zuwachsrate von 3,9 % im
Arzneimittelbereich setzte auf eine zweistellige Ausgaben-
expansion im 1. Halbjahr 2001 auf und habe sich gegenüber
dem 1. Quartal wieder beschleunigt. Darin sei der Solidar-
beitrag der pharmazeutischen Industrie mit rd. 0,2 Mrd. €
enthalten. Die Zuwachsrate spiegele nur die unmittelbar
durch Gesetz- bzw. Verordnungsgeber veranlassten Einspa-
rungen wieder. Sie dürfe in keiner Weise über die trotz der
ausgabenbegrenzenden Regelungen nach wie vor vorhan-
dene Dynamik hinwegtäuschen und sei damit meilenweit
von dem von KBV und Spitzenverbänden vorgegebenen
Einsparziel von 4,6 % entfernt. Wenn dieses prozentuale
Einsparziel im ersten Halbjahr erreicht worden wäre, wäre
das Defizit der GKV um fast 1 Mrd. € niedriger ausgefallen.
Die neuesten Daten der ABDA ließen auch im Juli 2002 mit
einer Zuwachsrate von 8,2 % keine Trendwende, sondern
eine Beschleunigung der Ausgabenentwicklung erkennen.
Die Grundlohnentwicklung sei bei ungünstiger konjunktu-
reller Entwicklung mit rd. 0,7 % auf sehr niedrigem Niveau
verlaufen. Der niedrige Wert des 1. Quartals habe sich damit
nochmals abgeflacht.
Ein ausgeglichenes Finanzergebnis in 2002 würde voraus-
setzen, dass die deutliche Schere zwischen Ausgaben- und
Grundlohnzuwächsen wieder stärker zusammenrücke und
sich der Abstand im Gesamtjahr auf etwa einen halben Pro-
zentpunkt verringere. Auch unter Berücksichtigung der aus
den Beitragssatzanhebungen resultierenden Mehreinnah-
men und der zu erwartenden günstigeren Grundlohnent-
wicklung im weiteren Jahresverlauf seien zusätzliche ausga-
benseitige Einsparungen vor allem im Arzneimittelbereich
– die bislang nicht erkennbar seien – zur Stabilisierung der
Finanzentwicklung in der GKV unverzichtbar.
Hinsichtlich der weiteren Perspektiven für das Jahr 2002
wurden in dem Vermerk im Einzelnen ausgeführt, es sei zu
erwarten, dass die Einnahmeseite in der zweiten Jahres-
hälfte durch eine Reihe von Sonderfaktoren wesentlich
günstiger verlaufe als im 1. Halbjahr. Zu diesen positiven
Sonderfaktoren zählten insbesondere die Einmalzahlungen,
die zeitverzögerten Tarifabschlüsse, Rentensteigerungen
und die Mehreinnahmen aufgrund der Beitragssatzerhöhun-
gen in der Krankenversicherung der Rentner. Ungünstig
wirke sich dagegen für die Einnahmeseite die Neuregelung
der Versicherung von freiwillig versicherten Rentnern und
die verstärkte Nutzung von beitragsfreien Entgeltum-
wandlungen im Zusammenhang mit der Riester-Rente aus.
Möglicherweise könne es zudem zu einer Reduzierung be-
trieblich vereinbarter Einmalzahlungen kommen. Entschei-

Nach dem bisherigen Schätzerkreisszenario ergebe sich
rechnerisch die Perspektive für ein weitgehend ausgegliche-
nes Finanzergebnis im Jahr 2002. Bei einem höheren Ab-
stand zwischen Ausgaben- und Grundlohnentwicklung wäre
hingegen eine Defizitentwicklung unvermeidbar. Es sei zu
erwarten, dass der Schätzerkreis seine Annahmen bei seiner
Sitzung am 4./5. September 2002 korrigieren werde.
Der durchschnittliche Beitragssatz habe im 1. Halbjahr
2002 bundesweit bei 13,99 % gelegen. Nach gegenwärti-
gem Erkenntnisstand sei nicht damit zu rechnen, dass sich
der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz im weiteren
Jahresverlauf signifikant verändere. Entsprechende Speku-
lationen über anstehende Beitragssatzanhebungen seien zu-
mindest von den großen Versorgerkassen und von den
Innungskrankenkassen zurückgewiesen worden. Zu Bei-
tragssatzanhebungen könne es allenfalls bei Betriebskran-
kenkassen mit sehr niedrigen Beitragssätzen kommen (Do-
kument Nr. 95).
Der Zeuge Dr. Müller hat zu seinem Vermerk erklärt, er
habe darin sowohl auf die positiven Entwicklungen, die
massiv hätten sein müssen und damit den Erwartungen
sämtlicher Experten hätten entsprechen sollen, als auch auf
die Risiken hingewiesen. Bei den Krankenhauskosten habe
man davon ausgehen können, dass sich die Ausgabenent-
wicklung im weiteren Jahresverlauf deutlich abflache. Im
Bereich der Ausgaben für Arzneimittel hätten zum damali-
gen Zeitpunkt die Ausgaben bis Juli 2002 vorgelegen. Die
Entwicklung sei in der Tat besorgniserregend gewesen. Die
entscheidende Frage sei aber gewesen, ob es im weiteren
Jahresverlauf noch zu einer deutlichen Senkung der Ausga-
ben hätte kommen können. Man habe in einigen Vorjahren
die Erfahrung gemacht, dass insbesondere dann, wenn es zu
gemeinsamen Aktionen von Ärzteschaft und Kassen ge-
kommen sei, deutliche Rückgänge möglich gewesen seien.
Es sei also nicht unmöglich gewesen, in der zweiten Jahres-
hälfte im Arzneimittelbereich zu deutlichen Einsparungen
zu kommen (23. Sitzung, Protokoll Dr. Müller, S. 9 f., 13).
Ferner hat er in seiner Vernehmung darauf hingewiesen, es
habe eine ganze Reihe von Äußerungen sowohl von Verbän-
den als auch von einzelnen Kassen gegeben, wonach keine
Beitragssatzanhebungen zu erwarten gewesen seien. Es sei
eine verbreitete Einschätzung gewesen, dass insbesondere
durch die Tarifanhebungen, die in der zweiten Jahreshälfte
zeitverzögert wirksam werden sollten, mit einer wesentli-
chen Verbesserung gerechnet werden konnte. Zum Anderen
seien auch durch die zeitlich verzögerte Beitragssatzanpas-
sung in der Krankenversicherung der Rentner und durch die
generell erst in der zweiten Jahreshälfte zu berücksichtigen-
den Einmalzahlungen höhere Einnahmen erwartet worden.
Risiken hätten vor allem wegen der niedrigen Grundlohn-
entwicklung und wegen der nicht einschätzbaren Einnahme-
verluste aufgrund der Entgeltumwandlung im Zusammen-
hang mit der Riester-Rente bestanden (23. Sitzung,
Protokoll Dr. Müller, S. 12 f.).
Der Zeuge Dr. Schröder hat darauf verwiesen, der Inhalt
dieses Vermerks habe sich so in der Presseerklärung der Mi-
nisterin vom 2. September 2002 wiedergefunden. Die not-
wendigen Schlussfolgerungen seien gezogen worden. Die
Aussagefähigkeit des Halbjahresergebnisses sei nur be-
schränkt. Die Entwicklung habe daher auch nicht zwangs-
denden Einfluss auf die weitere Ausgabenentwicklung
dürfte die Entwicklung im Arzneimittelbereich haben.

läufig zu einem Defizit im Gesamtjahr führen müssen. Zum
damaligen Zeitpunkt habe man schließlich auch noch ein

Drucksache 15/2100 – 116 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Drittel des Jahres vor sich gehabt, in dem noch weitere
Maßnahmen, z. B. zur Begrenzung der Ausgaben im Arz-
neimittelbereich, möglich gewesen seien (12. Sitzung, Pro-
tokoll Dr. Schröder, S. 40, 54).
Bundesministerin Schmidt hat ebenfalls dargelegt, der Ver-
merk sei die Grundlage für ihre Pressekonferenz am 2. Sep-
tember 2002 gewesen. Aus einem negativen Finanzergebnis
des 1. Halbjahres könne erfahrungsgemäß nicht auf ein ne-
gatives Jahresergebnis geschlossen werden. Die Erfahrun-
gen der letzten Jahre hätten gezeigt, dass Defizite im
1. Halbjahr in der Regel durch Überschüsse in der zweiten
Jahreshälfte aufgrund höherer Einnahmen vor allem bedingt
durch Einmalzahlungen abgebaut würden. Erst die
schlechte Entwicklung im letzten Quartal des Jahres 2002
habe zu dem Defizit im Gesamtjahr geführt. Das Finanzer-
gebnis der GKV im Jahr 2002 sei vor der Bundestagswahl
für niemanden vorhersehbar gewesen. Sie selbst habe auch
im Sommer und nochmals Anfang September 2002 nach
Vorliegen des Halbjahresergebnisses deutlich gemacht, dass
eine Begrenzung der Arzneimittelausgaben im 2. Halbjahr
zur Stabilisierung der GKV-Finanzen unerlässlich sei
(14. Sitzung, Protokoll BM Schmidt, S. 8, 13 ff.).
Auch der Zeuge Dr. Ahrens hat betont, man könne das Fi-
nanzergebnis des 1. Halbjahres nicht auf das gesamte Jahr
hochrechnen, weil die Erfahrungen der Vergangenheit ge-
zeigt hätten, dass sich die finanzielle Lage im 2. Halbjahr in
der Regel entspanne. Die AOK habe aber nach dem Be-
kanntwerden des Halbjahresergebnisses der gesetzlichen
Krankenversicherung deutlich gemacht, dass es erheblicher
Anstrengungen bedürfe, um zu einer positiveren Entwick-
lung im 2. Halbjahr zu gelangen und Beitragssatzerhöhun-
gen zu vermeiden. Zugleich habe der AOK-Bundesverband
in einer Pressemitteilung vom 30. August 2002 darauf hin-
gewiesen, dass es verfrüht sei, zu diesem Zeitpunkt Speku-
lationen über Beitragssatzerhöhungen anzustellen. Dies sei
vor dem Hintergrund geschehen, dass die Kassen allgemein
vorsichtig mit derartigen Aussagen seien, da solche Aussa-
gen zu nachteiligen Folgen für die jeweilige Krankenkasse
im Wettbewerb führten. Die Entwicklung der Arzneimittel-
ausgaben habe die gesetzliche Krankenversicherung schon
im Mai mit Sorge gesehen (12. Sitzung, Protokoll Dr. Ah-
rens, S. 74 ff., 81 f., 90). Weiter hat er ausgeführt, die ge-
meinsame Presseerklärung der GKV-Spitzenverbände An-
fang Mai 2002 sei jedoch vor allem als frühzeitige Warnung
anzusehen, die abgegeben wurde, um die weitere Finanzent-
wicklung des Jahres möglichst frühzeitig zu beeinflussen.
Verlässliche Erkenntnisse darüber, dass die finanzielle Ent-
wicklung schlechter verlaufen sei als gedacht, habe man
aber erst im Oktober gehabt. Auch im September habe man
immer noch die Hoffnung gehabt, dass sich die Einnahmesi-
tuation verbessern werde und der Anstieg der Arzneimittel-
ausgaben gebremst werden könnte (12. Sitzung, Protokoll
Dr. Ahrens, S. 77, 83, 85).
Der sachverständige Zeuge Rebscher hat auf die vorste-
hende Presseerklärung seines Verbandes vom 22. August
2002 verwiesen, in der darauf hingewiesen worden sei, dass
aus dem Halbjahresdefizit kein Rückschluss auf ein Ge-
samtjahresdefizit oder gar auf notwendige Beitragssatzerhö-
hungen gezogen werden könne. Bei einem normalen
Verlauf eines Rechnungsjahres gleiche sich das Halbjahres-

nahmen innerhalb eines Jahres und auf hohe
Buchungspositionen zu Beginn eines Jahres, die sich zum
Ende des Jahres wieder ausglichen. Das Risiko eines Defi-
zits und von Beitragsanhebungen sei erst mit den Beitrags-
eingängen im Oktober und November sichtbar geworden
(12. Sitzung, Protokoll Rebscher, S. 8, 11, 17, 32).

d) Unterrichtung des Bundeskanzleramtes
über die Lage der GKV

Ebenfalls im Vorfeld der Presseerklärung der Bundesge-
sundheitsministerin übermittelte Staatssekretär Dr. Schröder
am 30. August 2002 sog. aktualisierte Hinweise zur Lage
der GKV an den Chef des Bundeskanzleramtes, Staatssekre-
tär Dr. Steinmeier. Danach sei es zwar im 1. Halbjahr 2002
in der GKV zu einem Defizit von über 2 Mrd. € gekommen,
nach Auskunft der Krankenkassen könne aber am Ende des
Jahres mit einem ausgeglichenen Haushalt in der GKV ge-
rechnet werden. Hierfür sprächen auch die in der zweiten
Jahreshälfte zu erwartenden Verbesserungen auf der Ein-
nahmenseite durch Einmalzahlungen, höhere Tarifab-
schlüsse, Rentensteigerungen und Beitragssatzanpassungen
in der Krankenversicherung der Rentner zum 1. Juli 2002.
Auf der Ausgabenseite müssten vor allem bei den Arznei-
mitteln zusätzliche Einsparungen erreicht werden. Durch
das Sparpaket habe die Zuwachsrate bei den Arzneimittel-
ausgaben im 1. Halbjahr 2002 gegenüber der Zuwachsrate
des Vorjahreszeitraumes mehr als halbiert werden können.
Die Maßnahmen zur Preiseindämmung griffen. Die Selbst-
verwaltung müsse jedoch ihre Anstrengungen, die Verein-
barungen zur Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlich-
keit der Arzneiverordnungen umzusetzen, verstärken. Auch
die Ausgaben im Krankenhausbereich müssten gesenkt wer-
den (Dokument Nr. 96).
Der Chef des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär
Dr. Steinmeier, äußerte in seinem Eingangsstatement vor
dem Untersuchungsausschuss am 26. Juni 2003, Fragen
etwa zur Renten- und Krankenversicherung seien auf seiner
Wahrnehmungsskala nicht so weit oben gewesen (30. Sit-
zung Protokoll Dr. Steinmeier, S. 8). Staatssekretär
Dr. Steinmeier ist nicht nur von Staatssekretär Dr. Schröder,
BMG, sondern auch im Bundeskanzleramt über die Finanz-
lage der GKV informiert worden.
In einer an den Chef des Bundeskanzleramtes gerichteten
Vorlage vom 4. Juni 2002 des für das BMG zuständigen Re-
ferats 312, von Staatsekretär Dr. Steinmeier am 5. Juni 2002
zur Kenntnis genommen, wird ausgeführt, die Ausgaben der
GKV seien in allen Sektoren – darunter auch im lange fi-
nanzstabilen Krankenhaussektor – angestiegen, eine Aus-
nahme bilde lediglich der Bereich Zahnersatz.
Die Defizitentwicklung des 1. Quartals lasse sich nicht auf
das ganze Jahr hochrechnen, weil durch Einmalzahlungen
(Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) in den letzten beiden Quar-
talen Mehreinnahmen entstünden. Gleichwohl erscheine
diese Entwicklung problematisch, zumal die Arzneimittel-
ausgaben der GKV im April 2002 um 13,2 % angestiegen
seien. Nach der bundeseinheitlichen Zielvereinbarung hät-
ten die Arzneimittelausgaben um 4,5 % sinken sollen. Die
Erreichung dieses Ziels erscheine nach den Zahlen der ers-
defizit zum Jahresende regelmäßig wieder aus. Zurückzu-
führen sei dies auf den unterschiedlichen Verlauf der Ein-

ten vier Monate mittlerweile völlig unrealistisch (Dokument
Nr. 97).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 117 – Drucksache 15/2100

In einer weiteren Vorlage an den Chef des Bundeskanzler-
amtes vom 23. August 2002, ausgelöst durch einen Artikel
in der Süddeutschen Zeitung „Kassen im Milliardenloch“
vom gleichen Tage wird auf eine Verschlechterung der
Finanzsituation der GKV wegen unerwartet hoher Arbeits-
losigkeit, der weiteren Kostendynamik im Arzneimittelbe-
reich und der Verrechnung von Sonderentnahmen aus-
schließlich im 1. Halbjahr 2002 hingewiesen. Das
Gesamtdefizit der GKV für das 1. Halbjahr werde voraus-
sichtlich sehr deutlich auf über 1 Mrd. € ansteigen. In der
abschließenden Bewertung heißt es in dieser Vorlage, da ein
möglicher Beitragserhöhungsdruck Gegenstand der Wahl-
kampfauseinandersetzung in der Gesundheitspolitik sei,
sollte die Bundesregierung die Erwartung von Beitragssatz-
stabilität zur Grundlage ihrer öffentlichen Erklärungen ma-
chen (Dokument Nr. 98). Staatsekretär Dr. Steinmeier hat
den Vermerk am 23. August 2002 zur Kenntnis genommen.
In dem Entwurf eines Vermerks vom 30. August 2002, der
für das BMG u. a. zuständigen Abteilung 3, gerichtet an den
Bundeskanzler über den Chef des Bundeskanzleramtes,
wird zu Beginn darauf hingewiesen, dass Bundesministerin
Schmidt in ihrer Presskonferenz am 2. September 2002 das
im 1. Halbjahr 2002 erwirtschaftete Defizit der GKV von
etwa 2 Mrd. € bekannt geben werde. In der Bewertung wird
in dem Vermerk ausgeführt, das in der GKV im ersten Halb-
jahr des Kalenderjahres aufgetretene Defizit sei nicht unge-
wöhnlich und mit den beitragssteigernden tariflichen Ein-
malzahlungen des 2. Halbjahres auszugleichen. Es sei zu
erwarten, dass die Krankenkassen zum Jahresende ein etwa
ausgeglichenes Finanzergebnis vorlegen und Beitragserhö-
hungen deswegen nicht erforderlich würden. Auf dem Ver-
merk ist handschriftlich verfügt „geht nicht hoch“ (Doku-
ment Nr. 99).
Der Zeuge Dr. Steinmeier hat zum Stellenwert der Entwick-
lung im Bereich der GKV im Jahr 2002 ausgeführt, im Ge-
sundheitsbereich seien die wesentlichen Entscheidungen der
letzten Legislaturperiode bereits 2001 gefallen. Insoweit
verwies er auf das Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz und
das Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz, die bereits
Ende 2001 auf den Weg gebracht worden seien. In Gesprä-
chen oder in diesen rechtlichen Regelungen hätte sich die
Pharmaindustrie bereit erklärt, einen Solidarbeitrag in Höhe
von 205 Mio. € zu leisten. Die GKV-Spitzenverbände und
die KBV hätten vereinbart, bei den Arzneimittelausgaben
gegenüber dem Vorjahr 4,5 % einzusparen. Im Kranken-
hausbereich, dem größten Ausgabenblock, habe es Budget-
abschlüsse gegeben, die lediglich eine Zuwachsrate von
1,6 % vorsahen. Ein großer Teil der Krankenkassen habe
zudem zu Beginn des Jahres 2002 die Beitragssätze angeho-
ben, so dass auch insofern für die Folgezeit Beitragserhö-
hungen aus seiner Sicht kein Thema gewesen seien. Vorher-
sagen zur Entwicklung der Beitragssätze in der GKV
würden – im Unterschied zur Konjunkturentwicklung und
zu den Rentenversicherungsbeiträgen – noch zusätzlichen
besonderen Schwierigkeiten begegnen. Ungewissheiten be-
stünden – wie bei der Rentenversicherung – natürlich zu-
nächst hinsichtlich der zu erwartenden Einnahmen. Diese
seien von der Konjunkturentwicklung, von der Lohnquote
und von der Inanspruchnahme von beitragsmindernden Al-
tersvorsorgekonzepten, der sog. Entgeltumwandlung, ab-

zusätzlich bestünde bei der Krankenversicherung auf der
Ausgabenseite noch ein erhebliches Maß an relevanter Un-
sicherheit. Die Belastung der GKV hänge wesentlich vom
Ausmaß der Inanspruchnahme durch die Versicherten und
von der Verschreibungspraxis ab. Gleichwohl könnten auf
der Basis der Erfahrungen früherer Jahre die vierteljährlich
veröffentlichten Quartalsergebnisse der GKV zu einer Prog-
nose der voraussichtlichen Finanzergebnisse im laufenden
Jahr genutzt werden. Das bedeute jedoch nicht, dass die
Halbjahreszahlen auf das Gesamtjahr hochgerechnet wer-
den dürften. In den meisten Tarifvereinbarungen sei vorge-
sehen gewesen, dass das beitragsrelevante Einkommen der
Versicherten in der zweiten Jahreshälfte auch wegen des Ur-
laubs- und Weihnachtsgeldes deutlich zunehmen sollte. Zu
berücksichtigen sei des Weiteren die konjunkturelle Ent-
wicklung in der zweiten Jahreshälfte, von der man ange-
nommen habe, dass sie besser verlaufen werde als in der
ersten Jahreshälfte. Deshalb habe im Jahr 2002 vor diesem
Hintergrund ein guter Grund zu der Annahme bestanden,
dass das Halbjahresdefizit der Kassen zum Jahresende
durchaus ausgeglichen werden könnte. Im Hinblick auf die
Tarifabschlüsse und die prognostizierte konjunkturelle Auf-
hellung habe mit einer Verbesserung der Einnahmenseite
und aufgrund der im Arzneimittelbereich von den Selbstver-
waltungspartnern abgeschlossenen Kostensenkungspro-
gramme auf der Ausgabenseite mit einer Verbesserung ge-
rechnet werden können (30. Sitzung, Protokoll
Dr. Steinmeier, S. 11 f.).

e) Presseerklärung der Ministerin zum Finanz-
ergebnis der GKV im 1. Halbjahr

Aufbauend auf der Unterrichtung vom 30. August 2002 ver-
öffentlichte das BMG am 2. September 2002 unter der
Überschrift „Alle Beteiligten müssen Verantwortung für
Qualität und Effizienz übernehmen“ eine Pressemitteilung
zur finanziellen Situation der GKV nach dem 1. Halbjahr
2002. Danach weise die GKV im 1. Halbjahr 2002 ein Defi-
zit von rd. 2,4 Mrd. € auf. In der zweiten Jahreshälfte seien
jedoch positive Effekte auf der Einnahmenseite zu erwarten.
Hierzu gehörten die Tarifabschlüsse, die Rentensteigerun-
gen, die Beitragssatzsteigerungen in der Krankenversiche-
rung der Rentner und die am Ende des Jahres zu erwarten-
den Einmalzahlungen. Der durchschnittliche allgemeine
Beitragssatz habe zum 1. Juli 2002 bundesweit bei 13,99 %
gelegen. Die beitragspflichtigen Einnahmen hätten bundes-
weit einen Zuwachs von rd. 0,7 % aufgewiesen. Trotz insge-
samt sinkender Arzneimittelpreise sei der Anstieg der Arz-
neimittelausgaben immer noch zu hoch. Die
Vereinbarungen zwischen der Ärzteschaft und den Kranken-
kassen hätten bisher keine erkennbaren Wirkungen gezeigt.
Die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzteschaft und
Krankenkassen sei deshalb gefordert, ihre Anstrengungen
zu verstärken, um die vereinbarten Ziele zu erreichen (Do-
kument Nr. 100).
Der Zeuge Dr. Schröder hat erklärt, das Scheitern der Ver-
einbarung zwischen den GKV-Spitzenverbänden und der
KBV habe sich erst im 2. Halbjahr des Jahres 2002 gezeigt.
Das Ministerium habe den Vorgang zwar begleitet, habe
aber die Durchsetzung der Vereinbarung nicht anstelle der
hängig. Letzteres betreffe insbesondere die Auswirkungen
von Einmalzahlungen in der Regel zum Jahresende. Aber

Selbstverwaltungskörperschaften übernehmen können
(12. Sitzung, Protokoll Dr. Schröder, S. 45, 57).

Drucksache 15/2100 – 118 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bundesministerin Schmidt hat ausgeführt, das Ministerium
habe die KBV und die GKV-Spitzenverbände seit Anfang
des Jahres 2002 immer wieder aufgefordert, die getroffene
Vereinbarung auf Bundes- und Landesebene umzusetzen.
Noch im August habe die zuständige Fachabteilung kon-
krete Umsetzungsgespräche mit den Beteiligten geführt. Im
Übrigen habe sie alle Daten und Fakten zur Finanzentwick-
lung der GKV im Jahr 2002 wie in allen Jahren zuvor be-
kannt gemacht (14. Sitzung, Protokoll BM Schmidt, S. 9).
Am 3. September 2002 veröffentlichte die KBV ebenfalls
eine Presseerklärung. Darin wird dargelegt, dass entgegen
der Behauptungen der Krankenkassen die Arzneimittelaus-
gaben nicht der Hauptgrund für das Defizit der GKV seien.
Die Steigerungen im Arzneimittelbereich hätten gerade ein-
mal 20 % des Defizits ausgemacht. Ausschlaggebend für
das Minus seien vielmehr die negativen Auswirkungen er-
höhter Arbeitslosigkeit und gesetzlicher Reformen der Ren-
tenversicherung auf die Beitragseinnahmen der Kranken-
kassen. Auch die Krankenhauskosten hätten immerhin ein
Drittel der Ausgaben der GKV betragen. Die Verwaltungs-
kosten der Krankenkassen seien ebenfalls wieder drastisch
gestiegen. Der Ausgabenanstieg bei den Arzneimitteln sei
hingegen im Vergleich zu den Vorjahren enorm zurückge-
gangen (Dokument Nr. 101).
f) Tagung des GKV-Schätzerkreises und

Bewertung
Am 4. und 5. September 2002 tagte der GKV-Schätzerkreis
zur Finanzentwicklung in der GKV. Auf der Basis der vor-
läufigen Finanzergebnisse für das 1. Halbjahr 2002 rechnete
der Schätzerkreis als Eckwerte für 2002 mit einem Anstieg
der berücksichtigungsfähigen Ausgaben je Mitglied um
2,8 %, einem Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen je
Mitglied um 1,4 %, einem Anstieg des Ausgleichsbedarfsat-
zes von 12,95 % (2001) auf 13,1 % (2002) und einem An-
stieg des Ost-West-Transfers von 2,02 Mrd. € (2001) auf
2,51 Mrd. € (2002). Mit der September-Schätzung legte der
Schätzerkreis auch erste Prognosen für das Jahr 2003 vor.
Danach sei ein Anstieg der berücksichtigungsfähigen Leis-
tungsausgaben je Mitglied um 2,5 %, ein Anstieg der bei-
tragspflichtigen Einnahmen je Mitglied um 1,9 %, ein An-
stieg des Ausgleichsbedarfsatzes um 13,18 % und ein
Anstieg des Ost-West-Transfers auf 3,09 Mrd. € zu erwar-
ten.
Das Referat 228 des BMG gelangte in einem Sachstands-
vermerk zu der Bewertung, der Schätzerkreis habe bei sei-
ner neuen Schätzung für das Jahr 2002 die Ausgabensteige-
rungen mit +2,8 % gegenüber seiner letzten Schätzung vom
Juni weitgehend unverändert gelassen. Es sei angenommen
worden, dass sich der Anstieg der Arzneimittelausgaben in
der zweiten Jahreshälfte noch beschleunigen könne, der Zu-
wachs bei den Krankenhausausgaben sich hingegen abfla-
chen werde. Der Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen
sei mit +1,4 % je Mitglied um 0,8 Prozentpunkte niedriger
veranschlagt worden als noch im Juni (2,2 %). Es sei davon
ausgegangen worden, dass die Grundlohnrate im 2. Halb-
jahr um etwa 2,1 % steigen werde. Insgesamt habe sich mit
den neuen Daten für 2002 der Abstand zwischen Ausgaben-
und Grundlohnanstieg von 0,6 auf 1,4 Prozentpunkte er-
höht. Für das mögliche Finanzergebnis des Jahres 2002 er-

gebnis würde demgegenüber neben den zu erwartenden Ver-
besserungen auf der Einnahmenseite erhebliche zusätzliche
Einsparungen auf der Ausgabenseite, insbesondere im Be-
reich der Arzneimittelversorgung, voraussetzen (Dokument
Nr. 102).
Nach einer möglichen Defizitentwicklung zu diesem Zeit-
punkt befragt, hat der Zeuge Dr. Müller vor dem Ausschuss
erklärt, zum damaligen Zeitpunkt sei klar gewesen, und da-
rauf habe er in diesem Vermerk auch hingewiesen, dass es,
um ein ausgeglichenes Finanzergebnis zu erreichen, neben
den zu erwartenden Einnahmeverbesserungen auch zu einer
massiven Ausgabendämpfung im Arzneimittelbereich kom-
men müsse (23. Sitzung, Protokoll Dr. Müller, S. 16).

g) Sondersitzung des Gesundheitsaus-
schusses zur aktuellen Finanzentwicklung
in der GKV

Am 12. September 2002 unterrichtete die Bundesministe-
rin den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages
über die aktuelle Finanzentwicklung in der GKV im
1. Halbjahr 2002. Die Unterrichtung stützte sich auf die
Vorlage des Referates 228 vom 30. August 2002 sowie die
anschließende Pressemitteilung vom 2. September 2002.
Danach erklärte die Ministerin in der Sitzung, dass die ge-
setzlichen Krankenkassen nach den seit Anfang September
vorliegenden vorläufigen Finanzergebnissen im 1. Halb-
jahr 2002 rund 2,4 Mrd. € mehr ausgegeben als eingenom-
men hätten. In der zweiten Jahreshälfte seien jedoch zu-
sätzliche positive Effekte auf der Einnahmenseite zu
erwarten. Hierzu würden die Tarifabschlüsse, die Renten-
steigerungen, die Anhebung der Beitragssätze in der Kran-
kenkasse der Rentner und die Einmalzahlungen gehören.
Trotzdem seien Einsparungen auf der Ausgabenseite not-
wendig. So sei der Anstieg der Arzneimittelausgaben im-
mer noch zu hoch. Der durchschnittliche allgemeine Bei-
tragssatz habe zum 1. August 2002 bundesweit bei
13,99 % gelegen (Dokument Nr. 103).

h) Presseerklärung der GKV-Spitzenverbände
zur Entwicklung der Arzneimittelkosten

Am 13. September 2002 veröffentlichte die Arbeitsgemein-
schaft der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen
eine gemeinsame Presseerklärung, in der sie erklärten, die
Ausgaben der GKV für Arzneimittel seien im Juli 2002 im
Vergleich zum Vorjahresmonat in einzelnen Kassenärztli-
chen Vereinigungen um bis zu 15 % und bundesweit um
8,2 % gestiegen. Die zu Jahresbeginn zwischen der KBV
und den Spitzenverbänden getroffene Vereinbarung, die
Ausgaben im Jahre 2002 bundesweit um 4,6 % zu senken,
werde von den Ärzten nicht eingehalten (Dokument
Nr. 104).

i) Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
im Bundestag „Klarheit über finanzielle
Situation in der gesetzlichen Renten- und
Krankenversicherung vor der
Bundestagswahl schaffen“ (BT-Drs. 14/9945)

Am 11. September 2002 brachte die CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion im Bundestag den Antrag „Klarheit über
gebe sich auf Basis der neuesten Eckdaten rechnerisch ein
Defizit von 1 bis 11/2Mrd. €. Ein ausgeglichenes Finanzer-

finanzielle Situation in der gesetzlichen Renten- und
Krankenversicherung vor der Bundestagswahl schaffen“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 119 – Drucksache 15/2100

ein (BT-Drs. 14/9945). In dem Antrag heißt es u. a., die Pro-
gnose der Bundesministerin für Gesundheit im Hinblick auf
stabile Beitragssätze und Finanzen in der GKV habe sich
bereits im Jahr 2001 nicht bewahrheitet. Auch im laufenden
Jahr stehe diese erneut vorgetragene Prognose im deutlichen
Widerspruch zu den vorliegenden Zahlen und zu den Aussa-
gen aus dem Bereich der Krankenkassen. Bei Fortsetzung
der verfehlten Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung
würden weitere Beitragssatzanhebungen somit unausweich-
lich sein.
Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, die Bür-
gerinnen und Bürger vor der Bundestagswahl über die
tatsächliche Finanzsituation, die Rücklagen und Beitrags-
satzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung zu
unterrichten, insbesondere realistische und nachvollziehbare
Fakten darzulegen, wie sich diese kurz- und mittelfristig wei-
terentwickeln werde.
Der Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde nach
einer ausführlichen Plenardebatte mit den Stimmen der Ko-
alition und der PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und
FDP abgelehnt (Stenographischer Bericht 14/252, S. 25533).
4. Entwicklung im unmittelbaren Anschluss an

die Bundestagswahl
Am 29. September 2002 erklärte die Bundesgesundheitsmi-
nisterin gegenüber der „Frankfurter Rundschau“, man brau-
che ein zustimmungsfreies Vorschaltgesetz, um die Ausga-
ben der GKV zu stabilisieren. Durch das Gesetz sollten die
Arzneimittelausgaben gebremst werden (Dokument
Nr. 105). Diese Pressemitteilung wurde vom Untersu-
chungsausschuss zum Anlass genommen, in einem eng um-
grenzten Rahmen auch Fragen nachzugehen, die eigentlich
außerhalb des Zeitraums des Untersuchungsauftrages lagen,
aus denen aber möglicherweise Rückschlüsse auf den
Kenntnisstand der Bundesministerin vor der Bundestags-
wahl gezogen werden könnten. Im Einzelnen hat der Aus-
schuss hierzu Folgendes festgestellt:

a) Auftrag an die Fachreferate, Vorschläge für
ein Sofortprogramm im Arzneimittelbereich
zu liefern

Am 24. September 2002 fanden im BMG im Rahmen der
Vorbereitung der Koalitionsverhandlungen sowohl auf
Fach- als auch Leitungsebene Besprechungen zur Arznei-
mittelversorgung statt. An dem Gespräch auf Fachebene
waren nach Aussage des Zeugen Dr. Müller diverse Refe-
rate der Abteilung 1 und 2 beteiligt. Geleitet worden sei die
Besprechung vom Leiter der Unterabteilung 22. Es sei dabei
über die grundsätzlichen Handlungsmöglichkeiten gespro-
chen worden (Dokument Nr. 106; 23. Sitzung, Protokoll
Dr. Müller, S. 15).
Der Zeuge Dr. Smigielski, Leiter der Abteilung 2 im BMG,
der an der Leitungsbesprechung teilgenommen hatte,
konnte sich an den konkreten Inhalt der Besprechung und
die einzelnen Gesprächsteilnehmer nicht erinnern (19. Sit-
zung, Protokoll Dr. Smigielski, S. 11, 13; 23. Sitzung, Proto-
koll Dr. Smigielski, S. 7).
Am 24. und 25. September 2002 wurden die zuständigen

im Arzneimittelbereich, zu erarbeiten. Dabei wurde das Re-
ferat 221 von dem zuständigen Unterabteilungsleiter feder-
führend mit der Sammlung von Vorschlägen beauftragt
(23. Sitzung, Protokoll Hensgen, S. 28). Die vernommenen
Zeugen aus dem BMG haben dabei übereinstimmend er-
klärt, dass vor der Wahl nicht an einem Vorschaltgesetz ge-
arbeitet worden sei (19. Sitzung, Protokoll Dr. Smigielski,
S. 7; 23. Sitzung, Protokoll Dr. Müller, S. 12; 23. Sitzung
Protokoll Hensgen, S. 31).
Bundesministerin Schmidt hat erklärt, es habe in der Woche
nach der Wahl aus der Pharmaindustrie mündlich übermit-
telte Trendmeldungen über die Entwicklung der Ausgaben
im Arzneimittelbereich bis einschließlich August gegeben.
Daher habe man nach Maßnahmen zur Ausgabenbegren-
zung in diesem Bereich gesucht (Erklärung zum Protokoll
Nr. 14).
Der Zeuge Dr. Smigielski hat erläutert, nach der Wahl habe
es zwei neue Entwicklungen gegeben, die dazu geführt hät-
ten, dass man im BMG Handlungsbedarf bezüglich der
Ausgaben im Arzneimittelbereich gesehen habe (19. Sit-
zung, Protokoll Dr. Smigielski, S. 8). Durch eine Anfrage bei
einem Mitarbeiter des Instituts für Medizinische Statistik,
zu dem er persönlichen Kontakt gehabt habe, habe er früh-
zeitig erfahren, dass die Arzneimittelausgaben im August
erneut gestiegen seien (19. Sitzung Protokoll Dr. Smigielski,
S. 13). Dieses Institut werde im Wesentlichen von der Phar-
maindustrie betrieben und auch bezahlt, die die Daten vor
allem für den Außendienst nutze, um beispielsweise festzu-
stellen, wie die Umsätze in den Apotheken seien (23. Sit-
zung, Protokoll Dr. Smigielski, S. 4 f., 27). Das Institut lie-
fere die Daten an Einzelunternehmen und publiziere sie
auch (19. Sitzung, Protokoll Dr. Smigielski, S. 27). Die Da-
ten würden in der Regel drei Wochen nach Monatsende ver-
öffentlicht, den Unternehmen lägen sie aber meist etwas frü-
her vor (23. Sitzung, Protokoll Dr. Smigielski, S. 5). Sie
seien, soweit er sich erinnern könne, am 24. September
2002 veröffentlicht worden (19. Sitzung, Protokoll
Dr. Smigielski, S. 27). Durch den Anruf bei seinem Bekann-
ten habe er die Daten vor der Veröffentlichung erhalten. Er
habe sie jedoch frühestens am Abend des 19. September
2002 bekommen. Man müsse beachten, dass diese Daten
nicht direkt etwas über die Ausgaben der GKV aussagten,
jedoch könne man aus ihnen sehr gut Trends erkennen
(23. Sitzung, Protokoll Dr. Smigielski, S. 5 ff.). Die andere
entscheidende Entwicklung sei gewesen, dass die KBV mit-
geteilt habe, dass mit einer gemeinsamen Informationsak-
tion mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen zur Um-
setzung der Vereinbarung vom Januar 2002 nicht mehr zu
rechnen sei. Damit sei deutlich geworden, dass die Ausga-
ben im Arzneimittelbereich nicht mehr durch die mit Betei-
ligung der Selbstverwaltung geplanten Maßnahmen beein-
flusst werden konnten. In den ersten Überlegungen zu
einem Vorschaltgesetz hätten daher auch die Ausgaben im
Arzneimittelbereich im Vordergrund gestanden. Dass sich
das Beitragssatzsicherungsgesetz nunmehr auch auf weitere
Bereiche erstrecke, sei erst ein Ergebnis der Koalitionsver-
handlungen gewesen (19. Sitzung, Protokoll Dr. Smigielski,
S. 8 f.). Wer im BMG zuerst die Idee für ein Vorschaltgesetz
aufgebracht habe, könne er nicht mehr sagen (23. Sitzung,
Protokoll Dr. Smigielski, S. 8).
Referate im BMG beauftragt, Vorschläge für mögliche kurz-
fristige Maßnahmen, insbesondere für ein Sofortprogramm

Auch der Zeuge Dr. Schröder hat in seiner Vernehmung da-
rauf hingewiesen, dass Maßnahmen zur Beitragssatzsicherung

Drucksache 15/2100 – 120 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

erst ab Ende Oktober diskutiert worden seien (12. Sitzung,
Protokoll Dr. Schröder, S. 65 f.). Ebenso hat der Zeuge
Dr. Müller in seiner Vernehmung angegeben, die Kenntnis
der weiter gestiegenen Arzneimittelausgaben im Monat Au-
gust und das endgültige Scheitern der gemeinsamen Infor-
mationskampagne der KBV und der GKV-Spitzenverbände
habe im BMG zu den Überlegungen für ein Vorschaltgesetz
geführt (23. Sitzung, Protokoll Dr. Müller, S. 14).
Am 25. September 2002 übersandte das Referat 221 dem
Abteilungsleiter 2 die erbetenen Vorschläge der Referate zu
einem Vorschaltgesetz. Vorgeschlagen wurden dabei u. a.
eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze für Berufs-
anfänger, die Reduzierung der Großhandelszuschläge, ein
Abschlag für patentgeschützte Arzneimittel und die Abkap-
pung der Handelszuschläge bei hochpreisigen Arzneimitteln
(Dokument Nr. 106).
Die Kürze der Zeit, in der die Referate in der Lage waren
Vorschläge vorzulegen, hat der Zeuge Dr. Smigielski damit
erklärt, dass einige Punkte bereits vor der Wahl sehr detail-
liert diskutiert und entwickelt worden seien, da klar gewe-
sen sei, dass sie im Rahmen einer Strukturreform eine Rolle
spielen würden (19. Sitzung, Protokoll Dr. Smigielski,
S. 15). Ebenso hat der Zeuge Dr. Müller darauf hingewie-
sen, dass der von seinem Referat mitgezeichnete Vorschlag
des Referats 222 einer Anhebung der Versicherungspflicht-
grenze bereits während des gesamten Jahres 2002 immer
wieder in die Diskussion gebracht worden sei. Es werde im
BMG grundsätzlich und permanent diskutiert, welche Maß-
nahmen man in einzelnen Ausgabenbereichen ergreifen
könne. Auch die Verbände seien an derartigen Diskussionen
beteiligt (23. Sitzung, Protokoll Dr. Müller, S. 15, 17). Auch
der Zeuge Hensgen hat angemerkt, der Großteil der von ihm
gesammelten Vorschläge der anderen Referate seien altbe-
kannte Überlegungen gewesen, die nur in dem einen oder
anderen Punkt ergänzt worden seien (23. Sitzung, Protokoll
Hensgen, S. 31 f.).

b) Vorschläge des AOK-Bundesverbandes
und der GKV-Spitzenverbände für
Sofortmaßnahmen im Arzneimittelbereich

Mit Schreiben vom 25. September 2002 wandte sich der
Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Ah-
rens, an die Ministerin. In diesem äußerte er seine Sorge um
die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung.
Er befürchtete ohne eine sofortige Intervention des Gesetz-
gebers zum Jahresende eine deutliche Anhebung der Bei-
tragssätze bei vielen Krankenkassen. Ursachen für diese
Entwicklung seien starke Einnahmenrückgänge und gestie-
gene Kosten vor allem im Bereich der Arzneimittelversor-
gung. Dr. Ahrens unterbreitete in diesem Schreiben auch
Vorschläge der AOK für kurzfristig wirksame Maßnahmen
zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenver-
sicherung (Dokument Nr. 107).
Der Zeuge Hensgen hat erklärt, dieses Schreiben sei ihm
von seinem Unterabteilungsleiter mit der Bitte um Rück-
sprache übergeben worden. Auch zu diesem Schreiben sei
er koordinierend tätig geworden und habe um Stellungnah-
men der anderen Referate gebeten. Ob Dr. Ahrens sich be-
reits zu einem früheren Zeitpunkt in dieser Angelegenheit

Am 27. September 2002 wandte sich der Vorstandsvorsit-
zende des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen an
die Ministerin. Die Ausgaben der GKV für Arzneimittel
stiegen seit Jahren an. Die Anhebung der Beitragssätze zu
Beginn des Jahres sei in erheblichem Maße durch die Arz-
neimittelausgaben notwendig geworden. Es seien struk-
turelle Veränderungen nötig, um eine dauerhafte Stabili-
sierung zu erreichen. Insbesondere den jüngsten
Interventionen mit dem Arzneimittelbudget-Ablösungsge-
setz und dem Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz sei
ein vorhersehbares Vollzugsdefizit zu Eigen gewesen. Für
das laufende Jahr sei bei den Arzneimitteln statt mit Einspa-
rungen erneut mit Mehrkosten in Höhe von 1,2 Mrd. € zu
rechnen. Weitere Beitragssatzanhebungen für das Jahr 2003
seien bereits angekündigt. Vor diesem Hintergrund forder-
ten die Spitzenverbände der Krankenkassen die Bundesre-
gierung auf, mit einem Sofortprogramm den Ausgabenan-
stieg nachhaltig zu bremsen und die Arzneimittelversorgung
mit einem schlüssigen Reformkonzept wirtschaftlich zu
stabilisieren. Abschließend unterbreitete der Vorstandsvor-
sitzende Vorschläge der Krankenkassen für ein Sofortpro-
gramm sowie für mittelfristige Strukturmaßnahmen (Doku-
ment Nr. 108).
c) Bewertung und Umsetzung der Vorschläge

für ein Sofortprogramm
In der Zeit vom 27. bis zum 30. September 2002 erfolgte im
BMG eine Bewertung der vorliegenden Vorschläge durch
die zuständigen Referate. Am 1. Oktober 2002 kam es zu ei-
nem Gespräch zwischen Staatssekretär Dr. Schröder und
Vertretern der GKV-Spitzenverbände. Der Zeuge Dr. Schrö-
der hat erklärt, er habe bei diesem Gespräch auch die ersten
aktuellen Zahlen der Kassen über das 3. Quartal erhalten,
aufgrund derer die Situation habe neu eingeschätzt werden
können (12. Sitzung, Protokoll Dr. Schröder, S. 61).
In den folgenden Tagen wurden auf der Grundlage dieses
Gesprächs in den zuständigen Referaten des BMG erste
Vorschläge für ein sog. Vorschaltgesetz erarbeitet.
Am 7. Oktober 2002 übermittelte die ABDA ihre Frühinfor-
mation zur Ausgabenentwicklung im Arzneimittelbereich
bis einschließlich August 2002 u. a. an die GKV-Spitzen-
verbände, die KBV und das BMG. Danach waren die Arz-
neimittelausgaben der GKV im August 2002 gegenüber
dem August 2001 bundesweit um 3,3 % gestiegen. Sie seien
damit jedoch um 7,3 % niedriger gewesen als die Ausgaben
im Juli 2002. Für das Gesamtjahr 2002 zeichne sich auf der
Grundlage der bisherigen Entwicklung ein Anstieg der Arz-
neimittelausgaben gegenüber dem Jahr 2001 um 3,8 % ab.
Aufgrund der Ferienzeit zeigten die Ausgaben für den Mo-
nat August weiterhin starke regionale Unterschiede zwi-
schen solchen Bundesländern, in denen noch Ferien gewe-
sen seien und solchen, in denen diese bereits beendet
gewesen seien.
Am 8. Oktober 2002 übermittelte die Abteilung 1 der Mi-
nisterin ihre Vorschläge für Maßnahmen zur Reduzierung
der Arzneimittelausgaben in der GKV. Vorgeschlagen wur-
den u. a. Rechnungsabschläge für pharmazeutische Unter-
nehmer und für den pharmazeutischen Großhandel sowie
die Modifizierung des Apothekenrabattes.
an die Ministerin gewandt habe, wisse er nicht (23. Sitzung,
Protokoll Hensgen, S. 35 f.).

Am 11. Oktober 2002 wurden Staatssekretär Dr. Schröder
erste Formulierungsvorschläge für ein Zweites Arzneimit-

Nach § 158 SGB VI ist der Beitragssatz so zu bemessen,
dass die voraussichtlichen Ausgaben des folgenden Kalen-
derjahres gedeckt und die erforderliche Schwankungsre-
serve sichergestellt ist.

1. Institutionen
a) Rentenversicherungsträger
Träger der Rentenversicherung der Arbeiter sind 22 Landes-
versicherungsanstalten, die Bahnversicherungsanstalt und
die Seekasse. Träger der Rentenversicherung der Angestell-
ten ist die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Trä-
ger der knappschaftlichen Rentenversicherung ist die Bun-
desknappschaft. Die Rentenversicherungsträger sind
Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Träger der
Rentenversicherung haben sich im Verband Deutscher Ren-
tenversicherungsträger e.V. (VDR) zusammengeschlossen.
Der VDR ist einerseits Koordinationsstelle hinsichtlich ei-
ner einheitlichen Interpretation des Rentenrechts, auf der
anderen Seite nimmt er die gemeinsamen Angelegenheiten
der Deutschen Rentenversicherungsträger gegenüber dem

Aufgabe der Bundesregierung im System der gesetzlichen
Rentenversicherung ist zum Einen die Festsetzung maßgeb-
licher Rechengrößen, insbesondere des Durchschnittsent-
gelts nach § 69 SGB VI, der Umrechnungsgrößen, der Bei-
tragsbemessungsgrenzen gem. § 275 b SGB VI sowie der
Beitragssätze gem. § 160 SGB VI durch Rechtsverordnung.
Zum Anderen erstellt sie jährlich einen Rentenversiche-
rungsbericht gem. § 154 SGB VI, der bis zum 30. Novem-
ber eines jeden Jahres den gesetzgebenden Körperschaften
zuzuleiten ist.

d) Schätzerkreis zur Arbeiter- und
Angestelltenversicherung

Der Schätzerkreis zur Arbeiter- und Angestelltenversiche-
rung schätzt die Einnahmen und Ausgaben sowie Vermögen
der gesetzlichen Rentenversicherung. Er setzt sich zusam-
men aus Mitarbeitern der Finanzabteilungen des Bundesmi-
nisteriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS,
vormals: BMA. Nachstehend für das Jahr 2002 jeweils
schnittsentgelt eine Rente, die entsprechend der Einkom-
mensentwicklung jährlich angepasst wird. Die Einnahmen
bestehen aus dem Beitragsaufkommen der Versicherten und
einem Bundeszuschuss. Der Beitragssatz wird für das je-
weilige Folgejahr durch Rechtsverordnung festgesetzt.

der Aufsicht des Bundes, der sich zur Durchführung dieser
Aufgabe des Bundesversicherungsamtes bedient, einer
selbstständigen Bundesoberbehörde.

c) Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 121 – Drucksache 15/2100

telausgaben-Begrenzungsgesetz vorgelegt. Darin vorgese-
hen waren eine Staffelung der Apothekenrabatte, Rabatte
für den pharmazeutischen Großhandel und die pharmazeuti-
schen Unternehmen sowie die Anhebung der Versiche-
rungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversiche-
rung. Außerdem wurden auch Formulierungsvorschläge für
eine Änderung des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs
vorgelegt. Diese bezog sich auf die Verwaltungskosten der
Krankenkassen. Im Zuge der Koalitionsvereinbarung wur-
den am 16. Oktober 2002 erste Maßnahmen zur Beitragssta-
bilisierung durch ein Vorschaltgesetz angekündigt. Am
17. Oktober 2002 wurde der Ministerin ein Vorschlag für ei-
nen Zeitplan für das Vorschaltgesetz vorgelegt.
Am 18. Oktober 2002 wurden der Ministerin aktualisierte
und ergänzte Unterlagen übersandt. Diese bezogen sich auf
die Maßnahmen für ein Vorschaltgesetz sowie auf Berech-
nungen zu Varianten des Sparpakets. Diskutiert wurden da-
rin u. a. die Absenkung der Großhandelsspannen, die Ab-
kappung der Handelszuschläge, der Herstellerrabatt für

Arzneimittel, die Einführung einer Positivliste, die Anhe-
bung der Versicherungspflichtgrenze, die Absenkung der
Preise für Zahntechnik, das Sterbegeld und Nullrunden in
den wesentlichen Leistungsbereichen.
Die Vorlage der Gesetzesentwürfe an den Staatssekretär
erfolgte am 22. Oktober 2002. Anschließend wurden die
Vorschläge aus der Rentenversicherung und der Kranken-
versicherung in einem Entwurf eines Beitragssatzsiche-
rungsgesetzes zusammengeführt. Nach Beratungen im
Kabinett wurde der Entwurf eines Beitragssatzsicherungs-
gesetzes und eines 12. Änderungsgesetzes für das Fünfte
Buch des Sozialgesetzbuchs durch die Koalitionsfraktionen
am 5. November 2002 in den Bundestag eingebracht.
IV. Finanzergebnis der GKV im Jahre 2002
Die gesetzlichen Krankenversicherungen schlossen das Jahr
2002 mit einem tatsächlichen Defizit von insgesamt
rd. 3 Mrd. € ab.

E. Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2002

I. Überblick über das Rentenversicherungs-
system in Deutschland

Die gesetzliche Rentenversicherung besteht aus der Renten-
versicherung der Arbeiter (ArV), der Angestellten (AnV)
und der knappschaftlichen Rentenversicherung. Sie beruht
im Wesentlichen auf einem Umlagesystem: Die Aufwen-
dungen der gesetzlichen Rentenversicherung werden aus
den aktuellen Einnahmen bestritten (§ 153 SGB VI). Die
Rentner erhalten auf der Grundlage des Verhältnisses des in-
dividuell versicherten Arbeitsentgelts zum Durch-

b) Aufsichtsbehörden
Die Rentenversicherungsträger unterstehen staatlicher Auf-
sicht. Die staatliche Aufsicht erstreckt sich auf die Beach-
tung von Gesetz und Recht sowie auf die Prüfung der Ge-
schäfts- und Rechnungsführung der Versicherungsträger
(§§ 87 ff. SGB IV). Versicherungsträger, deren Geschäfts-
bereich sich auf das Gebiet eines Bundeslandes erstreckt,
unterstehen der Aufsicht der obersten Arbeitsbehörde des
jeweiligen Landes. Versicherungsträger, deren Geschäftsbe-
reich sich auf mehrere Bundesländer erstreckt, unterstehen
Bund und dem Gesetzgeber wahr. Alle Rentenversiche-
rungsträger sind Selbstverwaltungskörperschaften.

BMA), des VDR, des BVA und der BfA. Grundsätzlich fin-
den die Finanzschätzungen vier Mal im Jahr statt.

Drucksache 15/2100 – 122 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Im Februar findet die erste Abstimmungssitzung statt, nach-
dem die vorläufigen Rechnungsergebnisse des Vorjahres
vorliegen. Dabei werden die Annahmen der Bundesregie-
rung über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auf der
Basis des Jahreswirtschaftsberichts berücksichtigt. In der
Sitzung im April werden die Rechnungsergebnisse des Vor-
jahres aktualisiert sowie das Ergebnis des Frühjahrsgutach-
tens der Wirtschaftsforschungsinstitute einbezogen. Die
Juni-Sitzung dient der Aufstellung der Haushaltspläne der
Rentenversicherung. Die endgültige Festlegung des Renten-
beitragssatzes für das nächste Jahr erfolgt auf der Grundlage
der Ergebnisse der Herbstsitzung im Oktober. Dabei wird
auch das Ergebnis des Herbstgutachtens der Wirtschaftsfor-
schungsinstitute einbezogen. Anschließend wird auch der
Rentenversicherungsbericht durch das BMA erstellt.
Grundlagen für die Schätzung sind u. a. je nach Sitzungster-
min
– die Finanzstatistik der Rentenversicherungsträger unter

Berücksichtigung der unterjährigen Finanzentwicklung,
– die Entwicklung der Löhne und Gehälter, wobei die

Festlegung der Eckwerte der Bundesregierung durch ei-
nen interministeriellen Arbeitskreis (bestehend aus Ver-
tretern BMGS – vormals: BMA und BMWi – und BMF)
erfolgt ,

– die Gutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute,
– die Gutachten des Sachverständigenrates und
– der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung.
2. Rentenbeitragsfestsetzung
a) Rechtsgrundlage für die Festlegung des

Beitragssatzes in der Rentenversicherung
der Arbeiter und der Angestellten für das
Jahr 2003

Die Festlegung des Beitragssatzes in der Rentenversiche-
rung der Arbeiter und der Angestellten ist in §§ 158 ff. SGB
VI geregelt. Für die Festlegung des Beitragssatzes 2003 war
die Vorschrift in der Fassung vom 19. Februar 2002 Grund-
lage. Die Vorschrift lautete:

„Der Beitragssatz in der Rentenversicherung der Arbei-
ter und Angestellten ist vom 1. Januar eines Jahres an zu
verändern, wenn bei Beibehaltung des bisherigen Bei-
tragssatzes die Mittel der Schwankungsreserve am Ende
des auf die Festsetzung folgenden Kalenderjahres 80
vom Hundert der durchschnittlichen Ausgaben zu eige-
nen Lasten der Träger der Rentenversicherung der Ar-
beiter und der Angestellten für einen Kalendermonat
voraussichtlich unterschreiten oder 120 vom Hundert
der genannten Ausgaben für einen Kalendermonat vo-
raussichtlich übersteigen. Der Beitragssatz ist für we-
nigstens drei Kalenderjahre gleich hoch so neu festzuset-
zen, dass die voraussichtlichen Beitragseinnahmen unter
Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der
Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich be-
schäftigten Arbeitnehmer und der Zahl der Pflichtversi-
cherten zusammen mit den Zuschüssen des Bundes und
den sonstigen Einnahmen unter Berücksichtigung von
Entnahmen aus der Schwankungsreserve ausreichen, um

Ende jedes dieser drei Kalenderjahre voraussichtlich
wenigstens 80 vom Hundert des Betrages der durch-
schnittlichen Ausgaben zu eigenen Lasten der Träger der
Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten
für einen Kalendermonat, höchstens jedoch 120 vom
Hundert der genannten Ausgaben für einen Kalender-
monat, entsprechen. Ergeben sich mehrere Beitrags-
sätze, so ist der niedrigste festzusetzen; ergibt sich rech-
nerisch ein Beitragssatz, durch den die Vorgaben des
Satzes 2 nicht erfüllt werden, ist er so festzusetzen, dass
die Mittel der Schwankungsreserve am Ende des auf die
Festsetzung folgenden Kalenderjahres 80 vom Hundert
der durchschnittlichen Ausgaben für einen Kalendermo-
nat zu eigenen Lasten der Träger der Rentenversiche-
rung der Arbeiter und Angestellten entsprechen.“

Die Bundesregierung hat gem. § 160 SGB VI durch Rechts-
verordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Beitrags-
sätze in der Rentenversicherung festzusetzen.
Der Beitragssatz für das Jahr 2003 war danach am Ende des
Jahres 2002 festzulegen, also dann, wenn die Entwicklung
der Einnahmen und Ausgaben der ersten neun Monate des
laufenden Jahres feststehen und auch eine annähernd fun-
dierte Einschätzung der Entwicklung der Einnahmen und
Ausgaben des Folgejahres auf Basis der dann prognostizier-
ten Wirtschaftsentwicklung möglich erscheint. Der Bei-
tragssatz war nach dem Gesetz so festzusetzen, dass die vo-
raussichtlichen Beitragseinnahmen zusammen mit den
Zuschüssen des Bundes und sonstigen Einnahmen ausrei-
chen, um die voraussichtlichen Ausgaben des Folgejahres
unter Berücksichtigung der erforderlichen Schwankungsres-
erve zu decken.
Alle Aussagen über den sog. richtigen Beitragssatz sind
– sogar noch zum Zeitpunkt der Beitragssatzfestsetzung
Ende des Jahres – mit Unsicherheiten behaftet. Die Schät-
zungen enthalten insoweit immer einen Prognoseanteil. Der
Leiter der Abteilung II im BMGS, der Zeuge Wittrock, hat
in seiner Vernehmung zur Festlegung des Beitragssatzes
ausgeführt, ob der Beitragssatz für das kommende Jahr rich-
tig festgesetzt worden sei, erfahre man erst nach Abrech-
nung aller Einnahmen und Ausgaben des betreffenden Jah-
res, also im übernächsten Jahr. Deshalb gebe es nicht „den
richtigen Beitragssatz“, sondern nur mehr oder weniger gut
begründete Erwartungen darüber, welcher Beitrag erforder-
lich sein könnte, um die voraussichtlichen Ausgaben zu fi-
nanzieren (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 26).

b) Die Ermittlung des Rentenbeitragssatzes in
der Herbstsitzung des Schätzerkreises

Der voraussichtliche Beitragssatz des kommenden Jahres
wird durch den Schätzerkreis anhand verschiedener Modell-
rechnungen ermittelt. Der Schätzerkreis prüft in seiner
Herbstsitzung, ob die Beibehaltung des bisherigen Beitrags-
satzes die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversiche-
rung für das kommende Jahr gewährleistet.
Führen die Schätzungen des Schätzerkreises bei Beibehal-
tung des geltenden Beitragssatzes zum Ende eines Jahres zu
einer Schwankungsreserve, die außerhalb der gesetzlich
vorgegebenen Grenzwerte liegt, muss ein neuer Beitragssatz
die voraussichtlichen Ausgaben zu decken und sicherzu-
stellen, dass die Mittel der Schwankungsreserve am

– wie oben dargelegt – auf der Grundlage der §§ 158, 160
SGB VI durch die Bundesregierung festgelegt werden.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 123 – Drucksache 15/2100

Technisch umgesetzt werden die Berechnungen des Schät-
zerkreises mit Hilfe des sog. „Finanzmodells“, eines Simu-
lationsmodells, das bei eigenständiger Programmierung
alle beteiligten Institutionen verwenden, aktualisieren und
an die sich ändernden gesetzlichen Bestimmungen anpas-
sen. Unterjährige Ergebnisse werden in einer Art Hoch-
rechnung für das voraussichtliche Ergebnis des laufenden
Jahres berücksichtigt. Darüber hinaus können mit dem
Finanzmodell durch Veränderungen von Eckdaten be-
stimmte Szenarien mit den entsprechenden Beitragssätzen
entwickelt werden.

3. Der Rentenversicherungsbericht
Nach § 154 SGB VI hat die Bundesregierung den gesetzge-
benden Körperschaften zum 30. November eines jeden Jah-
res einen jährlichen Rentenversicherungsbericht vorzule-
gen. Der Bericht enthält auf der Grundlage der letzten
Ermittlungen der Zahl der Versicherten und Rentner sowie
der Einnahmen, der Ausgaben und der Schwankungsreserve
eine Übersicht über die voraussichtliche finanzielle Ent-
wicklung der Rentenversicherung in den künftigen fünf Ka-
lenderjahren auf der Grundlage der aktuellen Einschätzung
der mittelfristigen Wirtschaftsentwicklung, eine Darstel-
lung, wie sich die Anhebung der Altersgrenzen voraussicht-
lich auf die Arbeitsmarktlage, die Finanzlage der Renten-
versicherung und andere öffentliche Haushalte auswirkt
sowie eine gesonderte Darstellung über die Entwicklung der
Renten im Beitrittsgebiet.

II. Rentenstrukturreform 2001
Nach Aufhebung des auf Initiative der früheren Bundesre-
gierung mit dem Rentenreformgesetz 1999 eingeführten
Demografiefaktors wurde die Veränderung des Rentensys-
tems durch eine Rentenstrukturreform als einer der Schwer-
punkte in das am 23. Juni 1999 von der Bundesregierung
beschlossene Regierungsprogramm aufgenommen. Die
Rentenstrukturreform war das zentrale rentenpolitische Pro-
jekt der Koalition in der 14. Wahlperiode. Als zentrales Ziel
der Reform wurde dabei festgelegt, dass die Renten der ge-
setzlichen Rentenversicherung auch in Zukunft auf einem
ausreichend hohen Niveau erbracht werden, sodass sie wei-
terhin die wichtigste Säule der Altersversorgung bilden,
ohne dabei jedoch die jeweilige Generation der Erwerbstäti-
gen mit nicht tragbaren Beiträgen zu belasten. Aus diesem
Grund sah die Bundesregierung neben der Sicherung eines
angemessenen Rentenniveaus (Vermeidung eines Absin-
kens des Rentenniveaus unter 67 %) die dauerhafte Stabili-
sierung des Beitragssatzes als vorrangiges Reformziel an.
Mit der Reform sollte ursprünglich erreicht werden, dass
der Beitragssatz selbst im Jahr 2030 die 22-Prozentmarke
nicht übersteigt.
Gegenstand der Rentenreform 2001 waren nachfolgende,
mit dem Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung
und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (verkündet im
Dezember 1998), dem Haushaltssanierungsgesetz (verkün-
det im Dezember 1999), dem Gesetz zur Reform der Renten
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (verkündet im De-
zember 2000), dem Altersvermögens-Ergänzungsgesetz

– Langfristige Stabilisierung des Beitragssatzes durch
– Verwendung des Aufkommens aus den Stufen der

Ökosteuerreform
– moderate Absenkung des Nettorentenniveaus, indem

die Renten im Jahr 2000 nicht entsprechend der Lohn-
entwicklung, sondern entsprechend dem Anstieg der
Lebenshaltungskosten des Vorjahres angepasst wur-
den und anschließend zu einer modifizierten Form
der nettolohnbezogenen Rentenanpassung zurückge-
kehrt wird,

– Aufbau einer staatlich geförderten, freiwilligen, ergän-
zenden, kapitalgedeckten Altersvorsorge zur Erhöhung
des Gesamtversorgungsniveaus im Alter für alle in der
gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten

– Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
– Neugestaltung des Rechts der Berufs- und Erwerbsunfä-

higkeitsrenten
– Verbesserung der eigenständigen Alterssicherung der

Frau und Reform des Rechts der Hinterbliebenenrenten
– Einführung einer bedarfsorientierten und steuerfinan-

zierten Grundsicherung zur Vermeidung von Armut im
Alter und bei dauerhafter Erwerbsunfähigkeit aus medi-
zinischen Gründen

– Verbesserung der Transparenz durch jährliche Auskunft
der Rentenversicherungsträger über den Stand der Ren-
tenanwartschaften

– Verbesserung der rentenrechtlichen Absicherung jünge-
rer Versicherter mit lückenhaften Erwerbsverläufen.

Die Rentenstrukturreform 2001 ist vollendet worden mit
dem Inkrafttreten des Altersvermögensgesetzes im Juli
2001. Nach Abschluss dieser Reform sah die Bundesregie-
rung im Bereich der Rentenpolitik bis zur Bundestagswahl
2002 keinen weiteren Handlungsbedarf.
III. Diskussion um den Rentenversicherungs-

beitrag 2003 im Jahre 2002
1. Der Rentenversicherungsbericht 2001 und

die Festlegung des Beitragssatzes 2002
a) Der Rentenversicherungsbericht 2001
Die Bundesregierung legte am 23. November 2001 ihren
Bericht über die gesetzliche Rentenversicherung, insbeson-
dere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben,
die Schwankungsreserve sowie den jeweils erforderlichen
Beitragssatz in den künftigen 15 Kalenderjahren gem. § 154
SGB VI (Rentenversicherungsbericht 2001) vor (BT-Drs.
14/7639). In dem Bericht wird über die Entwicklung der
Rentenversicherung in Vergangenheit, Gegenwart und Zu-
kunft berichtet. Kernstück des Berichts ist die Vorausbe-
rechnung der finanziellen Entwicklung der Rentenfinanzen.
Den Vorausberechnungen im Rentenversicherungsbericht
werden das geltende Recht zu Grunde gelegt sowie die fi-
nanzwirksamen Maßnahmen, die sich bereits im Gesetzge-
bungsverfahren befinden. Dies bedeutete für den Bericht
2001 insbesondere, dass in den Berechnungen die finanziel-
len Auswirkungen der im Sommer 2001 beschlossenen
Rentenreform sowie des Entwurfs eines Gesetzes zur Be-
(verkündet im März 2001) und dem Altersvermögensgesetz
(verkündet im Juli 2001) umgesetzte Maßnahmen:

stimmung der Schwankungsreserve in der Rentenversiche-
rung der Arbeiter und Angestellten berücksichtigt wurden.

Drucksache 15/2100 – 124 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Den Ergebnissen im mittelfristigen Zeitraum lagen bei den
Entgelten und Beschäftigten für die Jahre 2001 und 2002
die Annahmen des Interministeriellen Arbeitskreises „Ge-
samtwirtschaftliche Vorausschätzung“ vom 25. Oktober
2001 und für die Jahre 2003 bis 2005 die von den Ressorts
ebenfalls am 25. Oktober 2001 beschlossenen Eckwerte zu
Grunde.
In dem Bericht wird davon ausgegangen, dass aufgrund des
im Dezember 2000 für 2001 festgesetzten Beitragssatzes
von 19,1 % die Schwankungsreserve von 14,2 Mrd. € Ende
2000 voraussichtlich auf 13,7 Mrd. € Ende 2001 zurückge-
hen werde und damit eine Monatsausgabe um 8 Hundertstel
entsprechend 1,1 Mrd. € unterschreiten werde. Für das Jahr
2002 ergebe sich nach den Berechnungen, trotz der seit dem
Sommer 2001 im Vergleich zum Frühjahr deutlich ungünsti-
geren Wirtschaftsentwicklung, ein gegenüber dem Jahr
2001 unveränderter Beitragssatz von 19,1 %. Ohne die Sen-
kung der Schwankungsreserve würde die verschlechterte
Wirtschaftsentwicklung zu einer Erhöhung des Beitragssat-
zes in 2002 um 0,3 Punkte führen. Mit der Senkung der
Mindestschwankungsreserve von 1 auf 0,8 Monatsausgaben
werde im Jahr 2002 eine Entlastung von rd. 3 Mrd. € er-
reicht, wodurch der Beitragssatz in 2002 bei 19,1 % stabil
gehalten werden könne.
Nach dem Bericht sollte der Beitragssatz im Jahr 2003 auf
Basis der Annahmen zur mittelfristigen Wirtschaftsentwick-
lung auf 19,0 % sinken. Für das Jahr 2004 werde er – so die
Annahmen – auf 19,1 % und für das Jahr 2005 auf 18,9 %
geschätzt. Unter Berücksichtigung der ab 2004 gültigen
Verstetigungsregelung bliebe der Beitragssatz im Jahr 2005
– wie in 2004 – bei 19,1 %. Nach dem Bericht werde das
Rentenniveau in den alten Ländern im Zeitraum 2001 bis
2005 zwischen 68,8 % und 70,7 % pendeln.

b) Die Festlegung des Beitragssatzes
für das Jahr 2002

Mit dem Gesetz zur Bestimmung der Schwankungsreseve in
der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten vom
20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4010) wurde der Beitrags-
satz für das Jahr 2002 in der Rentenversicherung der Arbei-
ter und Angestellten auf 19,1 % festgelegt.

2. Situation im Bereich der gesetzlichen
Rentenversicherung Anfang des
Jahres 2002

a) Schätzung des Schätzerkreises
im Februar 2002

Ausgehend von dem für das Jahr 2002 festgelegten Bei-
tragssatz fanden im Laufe des Jahres in Hinblick auf den für
das Jahr 2003 festzulegenden Beitragssatz vier unterjährige
Schätzungen durch den Schätzerkreis zur Schätzung für die
Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung statt.
Vom 13. bis 15. Februar 2002 fand die sog. Februar-Schät-
zung des Schätzerkreises zur Arbeiter- und Angestelltenren-
tenversicherung statt. Diese Sitzung war eine erste Abstim-
mungssitzung, in der auf der Grundlage der vorläufigen
Rechnungsergebnisse des Vorjahres die Einnahmen und

einander abgestimmt wurden. Die Sitzung stellte praktisch
den Abschluss des vorangegangenen Jahres dar. In der Sit-
zung wurden darüber hinaus die Annahmen der Bundesre-
gierung über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auf der
Basis des Jahreswirtschaftsberichts 2002 einbezogen. Fer-
ner lagen die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes zur
Lohn- und Beschäftigungsentwicklung für das Jahr 2002
vor (17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen, S. 23f., 32;
23. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Ruland, S. 52).
Das Ergebnis der Schätzung wurde von dem im BMA zu-
ständigen Referat I b 1 in einem Vermerk vom 15. Februar
2002 niedergelegt. Danach wurde die Finanzentwicklung
als deutlich ungünstiger verlaufend als im Rentenversiche-
rungsbericht 2001 angenommen geschätzt. Da der Beitrags-
satz für 2002 bereits festliege, könne sich dies erst im Bei-
tragssatz ab 2003 auswirken. Die Schwankungsreserve
Ende 2002 werde nach der aktuellen Einschätzung das vor-
gesehene Soll von 0,8 Monatsausgaben um 0,3 Mrd. € un-
terschreiten. Als Ursachen für die ungünstige Entwicklung
werden in dem Vermerk die Fortschreibung der geringeren
Beitragseingänge im Jahr 2001 von 0,4 Mrd. €, die um
0,45 Mrd. € geringeren Beiträge des Jahres 2002 nach dem
Jahreswirtschaftsbericht 2002 und die um 0,1 Mrd. € höhe-
ren Aufwendungen für die Krankenversicherung der Rent-
ner aufgeführt. Diese fortschreibungsfähigen Verschlechte-
rungen in Höhe von rd. 1 Mrd. € würden zu einem um
jährlich rund ein Zehntelprozentpunkt höheren Beitragssatz
führen. Hinzu komme, dass das verminderte Mehrwertsteu-
eraufkommen des Jahres 2002 nun in gleicher Höhe auf die
Jahre ab 2003 übertragen worden sei. Dies führe zu einer
weiteren Verschlechterung um ein Zehntelprozentpunkt
durchschnittlich alle 3 Jahre. Für das Jahr 2003 würde sich
nach derzeitiger Einschätzung ein Beitragssatz von 19,3 %
ergeben (Dokument Nr. 109).
In einem Beitrag vom 12. März 2002 zur Gemein-
schaftsprognose der wirtschaftswissenschaftlichen For-
schungsinstitute im Frühjahr 2002, die vom Referat I a 3 im
BMA erstellt werden sollte, teilte das Referat I b 1 u. a. mit,
dass derzeit mit einer Erhöhung des Beitragssatzes für das
Jahr 2003 auf 19,3 % gerechnet werde (Dokument Nr. 110).
b) Parlamentarische Anfrage des

Abg. Johannes Singhammer (CDU/CSU)
vom April 2002

Für die Fragestunde des Deutschen Bundestages am
24. April 2002 stellte der Abg. Johannes Singhammer
(CDU/CSU) am 19. April 2002 eine mündliche Anfrage an
die Bundesregierung zur mittelfristigen Finanzentwicklung
in der gesetzlichen Rentenversicherung. Er fragte an, von
welcher Entwicklung die Bundesregierung in diesem Be-
reich ausgehe und für wie hoch sie die Schwankungsreserve
in den kommenden Monaten des Jahres 2002 erachte (BT-
Drs. 14/8828). Die Parlamentarische Staatssekretärin beim
BMA, Abg. Ulrike Mascher, antwortete schriftlich, dass die
Schwankungsreserve der Arbeiter- und Angestelltenversi-
cherung Ende März 2002 11,5 Mrd. € betragen habe. Dies
entspreche 0,75 Monatsausgaben. Davon seien 10,1 Mrd. €
liquide. Die liquiden Mittel würden voraussichtlich bis zum
finanzschwächsten Monat Oktober kontinuierlich auf 6,6
Mrd. € (entsprechend 0,43 Monatsausgaben) zurückgehen
Ausgaben des vorangegangenen Jahres zwischen den Trä-
gern der Rentenversicherung und dem Ministerium mit-

und danach bis Dezember auf 10,5 Mrd. € (entsprechend
0,68 Monatsausgaben) ansteigen. Die Schwankungsreserve

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 125 – Drucksache 15/2100

werde Ende 2002 voraussichtlich 12,1 Mrd. € (entsprechend
0,79 Monatsausgaben) betragen. Für die Einschätzung der
mittelfristigen Finanzentwicklung in der gesetzlichen Ren-
tenversicherung sei für die Bundesregierung allein der Ren-
tenversicherungsbericht ausschlaggebend. Nach der Mittel-
fristrechnung des Rentenversicherungsberichts 2001 werde
für die Jahre 2001 bis 2003 ein Beitragssatz für die ArV/
AnV in Höhe von 19,1 % und für die Jahre 2004 und 2005
ein Beitragssatz von 19,0 % eingeschätzt. Wie jedes Jahr
werde diese Einschätzung für die konkrete Festsetzung des
Beitragssatzes im Folgejahr und die Einschätzung der künf-
tigen mittelfristigen Finanzentwicklung in der gesetzlichen
Rentenversicherung im Oktober des Jahres mit dem dann
vorhandenen Datenmaterial aktualisiert (Stenographischer
Bericht 14/232, S. 23109).
In einem Vorentwurf einer Leitungsvorlage der Abteilung I
des BMA an die Parlamentarische Staatssekretärin Mascher
vom 22. April 2002 zur Vorbereitung der Beantwortung der
mündlichen Frage des Abg. Singhammer wurde die Passage
„Nach aktueller Einschätzung (Datenstand Jahreswirt-
schaftsbericht 2002 unter Berücksichtigung der Rentenan-
passungsverordnung) wird für die folgenden Jahre ein Bei-
tragssatz zur ArV/AnV von 19,3 v.H. für 2003 und von
19,1 v.H. für die Jahre 2004 und 2005 eingeschätzt“ gestri-
chen (Dokument Nr. 111 und Dokument Nr. 112).
Darüber hinaus enthält der Vorentwurf sowie die endgültige
Vorlage zur Beantwortung der Anfrage hinsichtlich einer
möglichen Zusatzfrage zu einer auf einem Presseseminar
der BfA am 7./8. März 2002 geäußerten Einschätzung, dass
der Beitragssatz in 2003 auf 19,3 % steigen werde, einen
Beantwortungsvorschlag. So solle geantwortet werden, dass
für die Bundesregierung unterjährige Schätzungen der aktu-
ellen Entwicklung unmaßgeblich seien. Andernfalls könne
aufgrund monatlicher Neueinschätzungen jedes Mal eine
neue mittelfristige Finanzentwicklung der gesetzlichen Ren-
tenversicherung durchgeführt werden, die das Vertrauen in
die Nachhaltigkeit der Rentenfinanzierung untergrabe. Ent-
scheidend seien und blieben die Daten, die jeweils Ende
Oktober für die dann konkret anstehende Festsetzung des
Beitragssatzes für das Folgejahr feststünden (Dokument
Nr. 111 und Dokument Nr. 112).
Der Zeuge Dabringhausen hat in seiner Vernehmung – an-
gesprochen auf die beiden Vorlagen – ausgeführt, das Pres-
seseminar der BfA habe auf der Schätzung vom Februar ba-
siert, wonach der Beitragssatz bei 19,3 % gelegen habe. Es
sei natürlich so, dass der Beitragssatz, der für das nächste
Jahr festgelegt werde, erst auf der Basis der Daten festgelegt
werden könne, die im Oktober vorlägen. Was man in Fe-
bruar errechne, könne nur ein Zwischenstand sein (17. Sit-
zung, Protokoll Dabringhausen, S. 32).

c) Schätzungen des Schätzerkreises
im April 2002

In der April-Sitzung des Schätzerkreises wurden das Rech-
nungsergebnis des Vorjahres aktualisiert sowie die Früh-
jahrsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute einbezo-
gen. Die Sitzung diente der Konsolidierung der
Finanzerwartungen des laufenden Jahres und der Vorberei-
tung des Haushalts. Zu diesem Zeitpunkt lag eine Neuein-

samtwirtschaftliche Vorausschätzungen“ geliefert, der Ende
April tagte (23. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Ruland, S. 52;
17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen, S. 26).
Das Ergebnis der Schätzung auf der Basis der Wirt-
schaftsannahmen des interministeriellen Arbeitskreises
„Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen“ sowie der vor-
läufigen Rechnungsergebnisse der Einnahmen und Ausga-
ben 2001 der ArV/AnV nach dem Stand von April 2002
wurden in einem Vermerk des Referats I b 1 vom 6. Mai
2002 dargestellt. Darin wird ausgeführt, dass nach den vor-
läufigen Rechnungsergebnissen die Schwankungsreserve
Ende 2001 13,8 Mrd. € – entsprechend 0,93 Monatsausga-
ben – betragen habe. Das bis Ende 2001 maßgebliche
Schwankungsreservesoll von einer Monatsausgabe sei um
0,07 Monatsausgaben oder 1 Mrd. € unterschritten worden.
Allerdings würde das Schwankungsreservesoll ab 2002 nur
noch 0,8 Monatsausgaben betragen. Die Finanzentwicklung
verlaufe nach der aktuellen Einschätzung mittelfristig ähn-
lich, langfristig aber günstiger als nach der Februar-Schät-
zung. Die Schwankungsreserve Ende 2002 werde nach der-
zeitiger Einschätzung das vorgesehene Soll von
0,8 Monatsausgaben – wie in der Februar-Schätzung – um
0,3 Mrd. € unterschreiten. Trotz etwas ungünstigerer Wirt-
schaftsannahmen in den Jahren 2002 und 2003 betrage der
Überschuss bei unverändertem Beitragssatz von 19,3 % in
2003 – wie schon in der Februar-Schätzung – 0,6 Mrd. €
(Dokument Nr. 113).
Das BMA legte im Folgenden für den Vorentwurf zum Bun-
deshaushalt 2003 einen Beitragssatz von 19,3 % zugrunde.
3. Die Entwicklung in den Monaten Juni/Juli

2002
a) Berechnungen im BMA im Vorfeld der

Juni-Schätzung des Schätzerkreises
Im Vorfeld der Juni-Schätzung des Schätzerkreises wurden
Anfang Juni im BMA erste Berechnungen zur Höhe des zu
erwartenden Beitragssatzes durchgeführt. Die Situation
stellte sich dabei so dar, dass die Ist-Ergebnisse der Beitrags-
einnahmen für die Monate Januar bis Mai 2002 vorlagen.
Diese waren hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auf-
bauend auf diesen vorliegenden Ist-Ergebnissen mussten die
Beitragseingänge für den Monat Juni sowie das 2. Halbjahr
2002 geschätzt werden.
Der Zeuge Dabringhausen entwarf am 11. Juni 2002 als
Leiter des Referats I b 1 in Bonn eine Leitungsvorlage zur
Unterrichtung des Ministers über die voraussichtliche
Finanzentwicklung der Arbeiter- und Angestelltenrenten-
versicherung unter Berücksichtigung der Beitragseingänge
bis Mai 2002. Er führte aus, dass nach Vorliegen der Bei-
tragseingänge des Monats Juni 2002 (ca. am 10. Juli 2002)
die Finanzschätzung auf die Ist-Ergebnisse des 1. Halbjah-
res umgestellt würde. Für das 2. Halbjahr 2002 solle die
nach Halbjahren getrennte Lohnsummenschätzung der
Wirtschaftsforschungsinstitute (+1,6 % im 1. Halbjahr,
+2,5 % im 2. Halbjahr) in der Weise berücksichtigt werden,
dass für die Schätzung der Pflichtbeitragseinnahmen im
2. Halbjahr 0,9 Prozentpunkte auf das Ist-Ergebnis des
1. Halbjahres addiert würden. Zur voraussichtlichen Ent-
wicklung im Jahre 2002 führte er aus, die Pflichtbeiträge bis
schätzung der mittelfristigen wirtschaftlichen Entwicklung
vor. Diese wurde vom interministeriellen Arbeitskreis „Ge-

einschließlich Mai 2002 hätten sich gegenüber den ersten
fünf Monaten des Vorjahres um lediglich +0,5 % erhöht.

Drucksache 15/2100 – 126 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Nehme man an, dass die Beitragseinnahmen des Monats
Juni 2002 das Ist-Ergebnis nicht verändern, so stelle sich die
Entwicklung der Pflichtbeiträge so dar, dass im 1. Halbjahr
2002 +0,5 % und im 2. Halbjahr 2002 +1,4 %, mithin im
Jahresdurchschnitt 2002 +0,5 % erreicht würden. Dies be-
deute eine Verminderung des Zuwachses bei den Pflichtbei-
trägen gegenüber der Mai-Schätzung um 1,55 Prozent-
punkte. Liquiditätsengpässe seien im Herbst nicht zu
erwarten. Die Finanzentwicklung bis 2003 wurde in der
Vorlage so eingeschätzt, dass unter Zugrundelegung des
Rückgangs des Anstiegs der Pflichtbeiträge um 1,55 Pro-
zentpunkte – hälftig aufgeteilt auf die Komponenten Be-
schäftigung und Löhne – und unter Beibehaltung der Schät-
zung der übrigen Beitragseinnahmen für das Jahr 2003 ein
Beitragssatz in Höhe von 19,6 % mit einem Reserveüber-
schuss von lediglich 11 Mio. € anzunehmen sei. Bei einer
verstärkten Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung aus
Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld) verringere sich der Bei-
tragszuwachs im 2. Halbjahr weiter, wodurch sich für 2003
ein Beitragssatz von 19,7 % mit einem Reserveüberschuss
von 318 Mio. € ergeben könne (Dokument Nr. 114).
Bei der Vorlage handelte es sich um einen Entwurf, der
nicht unterschrieben war und auch nicht als endgültige Mi-
nistervorlage in Reinschrift gefertigt wurde. Nach überein-
stimmenden Aussagen der Zeugen Anzinger, Wittrock und
Dabringhausen wurde die Vorlage auch nicht Bundesminis-
ter Riester zugeleitet. Sie stellte jedoch eine Grundlage für
die sich anschließenden Besprechungen auf Fach- und Lei-
tungsebene dar (17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen,
S. 32; 20. Sitzung, Protokoll Anzinger S. 10 f.; 20. Sitzung,
Protokoll Wittrock, S. 35).
Der Zeuge Dr. Achenbach hat in seiner Vernehmung ausge-
führt, als die Berechnungen des Zeugen Dabringhausen be-
kannt geworden seien, seien die „Alarmlampen“ angegan-
gen. Aus diesem Grunde habe es noch am selben Tage
Besprechungen im Ministerium gegeben (20. Sitzung, Pro-
tokoll Dr. Achenbach, S. 63).
Am späten Nachmittag des 11. Juni 2002 kam es in Berlin
zu einer Rücksprache des Abteilungsleiters I Wittrock, des
Abteilungsleiters IV sowie des Unterabteilungsleiters I b
Knoblich bei den Staatssekretären Dr. Achenbach und An-
zinger. Auf der Grundlage der Vorlage wurden zunächst
eine Reihe von offenen Fragen erörtert. Die Fakten wurden
abgeglichen und die zu Grunde gelegte Methode der Fach-
abteilung überprüft. Es wurde dabei thematisiert, ob es ver-
tretbar sei, das erste Halbjahr ohne Spreizung auf das zweite
Halbjahr hochzurechnen. Insbesondere wurde darüber dis-
kutiert, ob die angewendete Methode nicht nur rechnerisch,
sondern auch in der Sache zu vernünftigen Ergebnissen
führe und noch Bezug zur vermeintlichen Realität habe, wie
sie sich damals darstellte. Dann wurde der Frage nachge-
gangen, warum sich die positive Tarifentwicklung des Jah-
res nicht in der Entwicklung der Beitragssätze widerspie-
gele. Die Gesprächsteilnehmer kamen zu dem Ergebnis,
dass die rein mechanische Berechnungsmethode, wie sie
vom Referat I b 1 angewendet worden war, keinen Bezug zu
dem hatte, was man zur Mitte des Jahres noch zum weiteren
Verlauf der Wirtschaftsentwicklung annahm (20. Sitzung,
Protokoll Anzinger, S. 10 f.; 20. Sitzung, Protokoll Wittrock,

Am 13. Juni 2002 fand eine weitere Besprechung im BMA
in Berlin statt, an der u. a. Bundesminister Riester, die
Staatssekretäre Dr. Achenbach und Anzinger, zeitweise
auch die Parlamentarische Staatssekretärin Mascher sowie
der Leiter des Ministerbüros und die Leiter der
Fachabteilung I und IV teilnahmen. In dem Gespräch wurde
eingehend erörtert, ob eine Fortschreibung der Ist-Entwick-
lung der ersten fünf Monate – mit welcher Spreizung auch
immer – eigentlich Sinn mache, plausibel sei und wie hoch
eine solche Spreizung ggf. sein könne. Es wurde auch die
Frage gestellt – ohne dass sie abschließend beantwortet wer-
den konnte –, ob die schlechten Rechnungsergebnisse der
Rentenversicherungsträger vielleicht irgendetwas mit feh-
lerhaften Buchungen oder irgendwelchen anderen unge-
wöhnlichen Vorgängen im 1. Halbjahr zu tun haben könn-
ten. Diskutiert wurde ferner über die Diskrepanz zwischen
den Beitragseinnahmen und der vom Statistischen Bundes-
amt viel höher eingeschätzten Lohnsummenentwicklung. In
dem Gespräch wurde weiter alles erörtert, was dazu beige-
tragen haben könnte, dass das 1. Halbjahr so schlecht ausge-
fallen war. Nach Angaben des Zeugen Wittrock wurde über
Elemente gesprochen, die als Sonderfaktoren vielleicht eine
Rolle gespielt haben könnten, wie etwa die Streiks, die auf
die Beitragseinnahmen drückten, Kurzarbeitergeld und
Ähnliches. Dann sei darüber nachgedacht worden, wie das
2. Halbjahr verlaufen werde. Die Einschätzung sei gewesen,
dass es sicherlich deutlich besser werde, weil dann in den
Beitragseinnahmen die Tarifverhandlungen berücksichtigt
würden, die teilweise zu sehr hohen Lohnsteigerungen ge-
führt hätten. Diese seien zum Teil auch höher gewesen als
das, was man in den Eckwerten berücksichtigt hätte. Man
sei davon ausgegangen, dass Nachzahlungen anstünden. Da
zum damaligen Zeitpunkt auch von der gesamten Ökonomie
prognostiziert worden sei, dass sich das 2. Halbjahr besser
entwickeln werde, sei man davon ausgegangen, dass aus
diesem Grund auch die Beitragseinnahmen steigen würden.
So habe man angenommen, dass sich auch die Lohndrift,
die man im 1. Halbjahr verzeichnet habe, zurückbilden
würde. Zum Abschluss des Gesprächs seien verschiedene
Aufgaben verteilt worden, um diese teilweise nicht erklär-
bare Entwicklung – wie das Auseinanderlaufen zwischen
den Löhnen und den Beiträgen – zu erklären und auf-
zuarbeiten sowie festzustellen, welchen Einfluss etwa die
Tarifabschlüsse haben könnten. Man habe herauszufinden
versucht, wie viele Arbeitnehmer von welchen Tarifab-
schlüssen in welcher Höhe betroffen seien und wann diese
Tarifabschlüsse wirksam würden. Man habe versucht dies
mithilfe der Fachabteilung III und der Arbeitsrechtsabtei-
lung mit dem Tarifregister zu ermitteln und sei jeder denk-
baren Spur nachgegangen (20. Sitzung, Protokoll Wittrock,
S. 35 f.).
Das wesentliche Ergebnis der Besprechung wurde später in
einem Vermerk vom 19. Juni 2002 niedergelegt (Dokument
Nr. 115). In diesem Vermerk wurde der Versuch unternom-
men, alle Diskussionspunkte aufzubereiten. Der Vermerk
blieb allerdings im Versuchsstadium stecken (20. Sitzung,
Protokoll Wittrock, S. 35 f.).
In dem Vermerk wird zunächst das Rechnungsergebnis bis
Mai 2002 niedergelegt und dargelegt, dass die Entwicklung
der Pflichtbeiträge aus Beschäftigung mit +0,5 % erheblich
S. 26, 32; 20. Sitzung, Protokoll Dr. Achenbach, S. 55,
60 f.).

hinter der Schätzung von +2,5 % für das Gesamtjahr 2002
zurückbleibe. Dies beruhe auf einer unerwartet schwachen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127 – Drucksache 15/2100

Entwicklung seit März 2002. Dagegen seien die Beiträge
der Bundesanstalt für Arbeit für Leistungsempfänger bis
Mai mit +4,1 % stärker gestiegen als dies für das Gesamt-
jahr mit +2,9 % unterstellt worden sei. Als Gründe für diese
Entwicklung werden – ohne deren Wirkung anhand der ver-
fügbaren Daten qualifizieren zu können – aufgeführt: eine
stärkere Abnahme der Beschäftigung, eine stärkere Zu-
nahme der Arbeitslosigkeit, eine geringere Zunahme der
Pro-Kopf-Löhne – u. a. wegen einer negativen Lohndrift –
und verzögerte Tarifanhebungen gegenüber den gesamtwirt-
schaftlichen Eckwerten vom April 2002. Darüber hinaus
könnten sich die für das 2. Halbjahr erhofften Verbesserun-
gen am Arbeitsmarkt natürlich noch nicht in den vorliegen-
den ex-post-Daten niederschlagen. Danach werden die An-
nahmen aus dem Vermerk vom 11. Juni 2002 mit dem
Ergebnis dargestellt, dass unter Zugrundelegung dieser An-
nahmen für das Jahr 2003 von einem Beitragssatz von
19,6 v. H. bei einem Reserveüberschuss von 11 Mio. € aus-
zugehen wäre. Werde ergänzend für die Beiträge der Bun-
desanstalt für Arbeit die bis Mai erreichte Zunahme von
4,1 v. H. für das Gesamtjahr 2002 unterstellt, erhöhe sich
der Reserveüberschuss auf rd. 110 Mio. € bei einem unver-
änderten Beitragssatz von 19,6 v. H. Nicht berücksichtigt
seien dabei die Risiken einer Anhebung des KVdR-Bei-
tragssatzes, einer Kürzung von Einmalzahlungen, von Ent-
geltumwandlungen aus Einmalzahlungen und einer Neuein-
schätzung der Mehrwertsteuer im Oktober.
In dem Vermerk werden abschließend – teilweise stichwort-
artig – verschiedene Lösungswege zur Vermeidung eines
Beitragssatzes von 19,6 % aufgeführt. Lediglich stichwort-
artig werden „Streiktage“ und die „Spreizung 1./2. Halb-
jahr“ genannt. Weiter wird ein zusätzlicher Bundeszuschuss
aus der Mehrwertsteuer erwogen, für den aber ein Einver-
nehmen mit dem BMF hergestellt werden müsse. Ferner
wird als Lösungsweg die Wiederaufnahme von Überlegun-
gen zum Verkauf der GAGFAH (Gemeinnützige Aktienge-
sellschaft für Angestelltenheimstätten) erwogen, der unter
gewissen Voraussetzungen eine Einnahmeverbesserung von
0,7 Mrd. € bringen könne. Weiter wird angedacht, die
Schwankungsreserve auf 0,7 Monatsausgaben zurückzufüh-
ren, welches zusammen mit einem etwaigen GAGFAH-Ver-
kauf eine Senkung des Beitragssatzes um gut 0,2 % ermög-
liche. Es wird zudem darüber nachgedacht, die
Schwankungsreserve auf 0,1 Monatsausgaben abzusenken,
da in einem konsequent ausgestalteten Umlageverfahren
eine Schwankungsreserve nicht erforderlich sei, wenn der
Bund eine entsprechende Liquidität garantiere. Schließlich
wird als möglicher Lösungsweg aufgezeigt, dass sich das
Ministerium an der Juni-Schätzung des Schätzerkreises
nicht beteiligen solle, da der Beitragssatz 2003 erst im Ok-
tober festgelegt werde, wenn die erforderlichen Daten vor-
lägen, in denen sich die verzögerten Tarifanhebungen und
die erwartete verbesserte Wirtschaftsentwicklung im weite-
ren Jahresverlauf niederschlagen werde. Eine Beitragssatz-
schätzung zur Jahresmitte unterliege daher dem Risiko einer
Fehleinschätzung (Dokument Nr. 115).
Zu der im Vermerk angesprochenen Überlegung, nicht an
der Schätzung Ende Juni teilzunehmen, hat der Zeuge
Wittrock ausgeführt, diese Idee sei nicht neu gewesen, sie
sei zuletzt im Sommer 1998 in einer vergleichbaren Situa-

der Schätzungen – so beispielsweise im Februar – für das
BMA überhaupt keinen Sinn mache. Wichtiger sei zwar die
Juli-Schätzung, die in den Haushalt der Versicherungsträger
einfließe, aber das BMA, das seinen Beitrag schon einge-
stellt habe, brauche dies nicht unbedingt. Da man nicht zwei
unterschiedliche Schätzergebnisse haben wollte, habe man
aber 1998 ebenso wie 2002 die Idee wieder verworfen
(20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 34, 38).
Entsprechend dem Ergebnis der Besprechungen lieferten
einzelne Fachreferate Einschätzungen hinsichtlich der Lohn-
entwicklung 2002 und zur Höhe der Tarifabschlüsse 2002
(Dokument Nr. 116 und Dokument Nr. 117).

b) Schätzung des Schätzerkreises im Juni/Juli
2002

Vom 25. bis 27. Juni 2002 tagte der Schätzerkreis, um die
Finanzschätzung auf der Basis der bis Mai vorliegenden
Rechnungsergebnisse des Jahres 2002 vorzubereiten. Nach
Vorliegen der Beitragseingänge des Monats Juni 2002
(ca. am 10. Juli 2002) sollte die Finanzschätzung abge-
schlossen werden.
Die Juni-Sitzung diente der Aufstellung der Haushaltspläne
der Rentenversicherungsträger. Die Schätzung im Juni ist
nach Angaben des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. Ru-
land insofern wichtig, als dann von den geschätzten Beitrags-
einnahmen auf die Ist-Beitragseinnahmen umgestellt wird,
weil man nach einem halben Jahr eine relativ solide Basis
habe, um auf dem Ist-Ergebnis aufzubauen (23. Sitzung,
Protokoll Prof. Dr. Ruland, S. 52).
Die Basis der Schätzung waren die Beitragseinnahmen der
ersten fünf Monate. Im Schätzerkreis wurde – wie bereits
zuvor im Ministerium – intensiv die Frage diskutiert, wie
vor dem Hintergrund der schlechten Einnahmen des
1. Halbjahres die Wirtschaftsentwicklung des 2. Halbjahres
verlaufen würde. Nach Angaben des Zeugen Wittrock war
bereits im Vorfeld deutlich geworden, dass man sich mögli-
cherweise schwer tun würde, zu einer Einschätzung zu
kommen. Im Ministerium sei bereits deutlich geworden,
dass im Jahr 2003 nur schwer ein Beitragssatz von 19,1 %
zu halten sein würde und man habe schon zu dem Zeitpunkt,
als die Schätzer tagten, für den damals im Entwurfstadium
befindlichen Haushalt einen Beitragssatz von 19,3 % zu
Grunde gelegt (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 27).
Zur Berechnung des Beitragssatzes gab es im Schätzerkreis
verschiedene Techniken. Einerseits konnte man annehmen,
dass sich das 2. Halbjahr genauso verhalte wie das erste
Halbjahr. Dies sei aber nicht besonders realistisch gewesen,
weil das 2. Halbjahr in der Regel schon wegen der hohen
Zahlungen, die um die Weihnachtszeit eingingen, wie Weih-
nachtsgelder, Einmalzahlungen und Ähnliches, besser aus-
falle. So wurden in die Schätzung des 2. Halbjahres auch
Erwartungen über die wirtschaftliche Entwicklung einbezo-
gen (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 27).
Der erste Ansatz des Schätzerkreises bestand darin, dass
man – wie in der Vorlage des Zeugen Dabringhausen vom
11. Juni 2002 ausgeführt – hinsichtlich der Bruttolohnent-
wicklung die Gemeinschaftsdiagnose der fünf Wirtschafts-
forschungsinstitute vom April zu Grunde legte, die für das
tion ventiliert worden. Das wisse er vom Hörensagen. Die
Nichtteilnahme sei deswegen angedacht worden, da ein Teil

1. Halbjahr eine Entwicklung von +1,6 % und für das
2. Halbjahr von +2,5 % unterstellte. Im 1. Halbjahr sollte

Drucksache 15/2100 – 128 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

die Entwicklung damit um 0,9 Prozentpunkte niedriger sein
als im 2. Halbjahr. Man ging davon aus, dass im 2. Halbjahr
die Lohnsumme um 0,9 Prozentpunkte höher sei als im
1. Halbjahr. Deshalb wurde der Ansatz gemacht, dass die
Zuwachsrate für die Beiträge im 2. Halbjahr um 0,9 % hö-
her ausfalle als im 1. Halbjahr. Auf dieser Grundlage wur-
den die Beiträge für das Gesamtjahr geschätzt. Für das
1. Halbjahr lag ein Plus von 0,64 % vor, für das 2. Halbjahr
wurden dann die 0,9 % dazugelegt. Das ergab 1,54 % für
das 2. Halbjahr, welches zu einem Jahresdurchschnitt von
+1,1 % führte. Diese Schätzung führte im Ergebnis zu ei-
nem Beitragssatz von 19,6 %. Dieser Beitragssatz wurde
vor allem von den Rentenversicherungsträgern präferiert
(17. Sitzung Protokoll Dabringhausen, S. 27 ff.; 20. Sitzung,
Protokoll Wittrock, S. 27).
Im Ministerium ging man jedenfalls im Leitungsbereich
– wie oben dargelegt – davon aus, dass sich das 2. Halbjahr
noch deutlich besser entwickeln würde, da das 1. Halbjahr
extrem schlecht verlaufen war (20. Sitzung, Protokoll
Wittrock, S. 28). Der Zeuge Anzinger hat ausgeführt, man
sei der Auffassung gewesen, angesichts der Tarifabschlüsse
sei eine Lohnsummenentwicklung im Jahr 2002 von 1,1 %
einfach eine falsche Prognose bzw. eine falsche Schätzung.
Deshalb sei gesagt worden, es müsse eine Spreizung vorge-
nommen werden, die zumindestens – was später vom DIW
bestätigt worden sei – eine Lohnsummenentwicklung von
2,4 % ergebe. Dies habe bedeutet, dass für das 2. Halbjahr
3,2 % erwartet werden mussten. Über die Frage der Sprei-
zung sei im Ministerium intensiv diskutiert worden (20. Sit-
zung, Protokoll Anzinger, S. 19).
Der Zeuge Dabringhausen teilte nach dem ersten Tag der
Schätzung seinem Vorgesetzten mit, dass eine neue Sprei-
zung zur Diskussion stehe, die zu begründen eigentlich Sa-
che des „Chefökonomen des BMA“ sein sollte. Von Seiten
der „Rechner“ sei der Wunsch geäußert worden, dass die
Daten, die letztlich nicht in ihrer Kompetenz entwickelt
worden seien, sondern auf der Basis einer volkswirtschaftli-
chen Kompetenz auch von dem Vertreter der hierfür zustän-
digen Arbeitseinheit im BMA überzeugend vorgetragen
werden sollten (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 31 f., 43;
20. Sitzung, Protokoll Dr. Achenbach, S. 56).
Nach Darstellung des Zeugen Wittrock hatte es im Vorfeld
der Tagung des Schätzerkreises eine Reihe von Gesprächen
zwischen dem BMA und dem BMF auf verschiedenen Ebe-
nen über die Plausibilität einer höheren Spreizung als 0,9 %
gegeben, da das BMF damals für die Festsetzung der ge-
samtwirtschaftlichen Eckdaten federführend gewesen sei.
Dabei seien verschiedene Daten ausgetauscht und auf ihre
Plausibilität hin überprüft worden. In diesem Zusammen-
hang soll auch ein Gespräch zwischen Staatssekretär
Dr. Achenbach und Staatssekretär Dr. Overhaus aus dem
BMF stattgefunden haben, wobei sich der Zeuge Dr. Achen-
bach nicht an den genauen Zeitpunkt eines solchen Ge-
sprächs errinnern konnte. Einvernehmlich mit dem BMF
wurde letztlich eine Lohnsummenentwicklung von 3,2 %
im 2. Halbjahr 2002 angenommen (20. Sitzung Protokoll
Wittrock, S. 28, 31 f., 38, 42 f.; 20. Sitzung, Protokoll
Dr. Achenbach, S. 63, 66 ff.; 20. Sitzung, Protokoll Anzin-

Der Referatsleiter I a 3 im BMA, der Zeuge Hofmann, er-
hielt am Abend des 26. Juni 2002 von dem Unterabteilungs-
leiter der Abteilung I Knoblich wohl auf Anweisung von
Staatssekretär Dr. Achenbach den Hinweis, dass er im
Schätzerkreis die Annahmen zur Lohnsummenentwicklung
2002 und 2003 erläutern solle. Er sollte etwas ökonomi-
scher und überzeugender darstellen, dass das 2. Halbjahr
besser laufen könnte. Da der Unterabteilungsleiter Knoblich
nicht für das Referat des Zeugen Hofmann zuständig war
und diesem insofern keine Aufträge erteilen konnte, wurde
er am nächsten Morgen vom zuständigen Abteilungsleiter I,
dem Zeugen Wittrock, angewiesen, in den Schätzerkreis zu
gehen (23. Sitzung, Protokoll Hofmann, S. 40 ff.).
Der Zeuge Hofmann brachte die zuvor auch mit dem BMF
abgestimmten Daten hinsichtlich der Lohnspreizung in den
Schätzerkreis ein (20. Sitzung, Protokoll Anzinger, S. 18 f;
20. Sitzung, Protokoll Dr. Achenbach, S. 63, 66 ff., 20. Sit-
zung, Protokoll Wittrock, S. 28, 31 f., 38, 43; 23. Sitzung,
Protokoll Hofmann, S. 42, 45, 47 f.). Der Zeuge Hofmann
hat in seiner Vernehmung ausgeführt, seine Aufgabe habe
darin bestanden, die Prognose der Bundesregierung vom
Mai im Schätzerkreis darzustellen, zu verteidigen und
Gründe darzulegen, warum sie durchaus noch gültig sei
(23. Sitzung, Protokoll Hofmann, S. 42).
Als Ergebnis der Tagung errechnete der Schätzerkreis
schließlich zwei Varianten:
Bei Variante 1 wurden als Annahmen Pflichtbeiträge bis
Mai von +0,64 %, für den Monat Juni von +0,64 %, wobei
man davon ausging, dass das Juni-Ergebnis das bis Mai vor-
liegende Ergebnis nicht ändern würde, und für das 2. Halb-
jahr 2002 von +1,54 % (0,64 % plus Lohnsummenspreizung
der Institute von 0,9 %) zu Grunde gelegt. Daraus ergab sich
eine jahresdurchschnittliche Entwicklung in 2002 von
+1,1 %. Dies bedeutete eine Verminderung des Zuwachses
bei den Pflichtbeiträgen gegenüber der Mai-Schätzung (Jah-
resdurchschnitt +2,5 %) um rd. 1,4 Prozentpunkte. Die für
die Rentenanpassung 2003 maßgebliche Lohnentwicklung
wurde aus der Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsfor-
schungsinstitute (+2,3 %) mit einer Reduzierung der Ren-
tenanpassung Mitte 2003 um 0,3 % (West) und 0,5 % (Ost)
gegenüber der Mai-Schätzung übernommen. Als Ergebnis
wurde ein Beitragssatz für 2003 von 19,6 % mit einem Re-
serveüberschuss von 8 Mio. € festgestellt.
Für Variante 2 wurde ergänzend zur Ist-Entwicklung bis
Mai 2002 eine vom Referatsleiter I a 3, dem Zeugen Hof-
mann, in der Sitzung vorgestellte Annahme zur Lohnsum-
menentwicklung 2002 und 2003 unterstellt. Für die Monate
Januar bis Mai 2002 wurde das Rechnungsergebnis für die
Pflichtbeiträge von +0,64 % zu Grunde gelegt. Für den Mo-
nat Juni 2002 wurde eine Entwicklung +1,3 % und für das
2. Halbjahr 2002 von +3,2 % unterstellt. Daraus ergab sich
eine jahresdurchschnittliche Entwicklung in 2002 von
+2,0 %. Die Löhne des Jahres 2003 sollten danach um
0,5 Prozentpunkte stärker steigen als dies in den Eckwerten
von Ende April unterstellt worden war. Insgesamt ergab dies
eine Lohnsummenentwicklung in 2003 von 3,8 %. Daraus
wurde ein Beitragssatz im Jahr 2003 von 19,3 % mit einem
Reserveüberschuss von 53 Mio. € errechnet.
Die Vertreter der BfA und des VDR hielten die Variante 1
ger, S. 18 ff.; 23. Sitzung, Protokoll Hofmann, S. 40, 42;
17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen, S. 35, 43).

für tragfähig und wollten diese ihren Geschäftsführungen
empfehlen. Die Variante 2 wurde demgegenüber für unrea-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129 – Drucksache 15/2100

listisch gehalten. Für eine weitere Bewertung der Variante 2
erwarteten die Vertreter von BfA und VDR eine schriftliche
Aufzeichnung, die ihnen noch in der nachfolgenden Woche
übermittelt werden sollte (Dokument Nr. 118).
c) Unterrichtung der Leitung über das

Ergebnis der Tagung des Schätzerkreises
Das Ergebnis der Tagung des Schätzerkreises vom 25. bis
27. Juni 2002 wurde vom Leiter des Referats I b 1, dem
Zeugen Dabringhausen, in einer Leitungsvorlage zur Unter-
richtung des Ministers mit Durchschrift an die Parlamentari-
schen und die Beamteten Staatssekretäre niedergelegt. Nach
Darstellung der beiden errechneten Varianten gelangte das
Referat u. a. zu dem Ergebnis, dass die Vertreter von BfA
und VDR die Variante 1 für tragfähig und Variante 2 für un-
realistisch hielten. Auch die Abteilung I weise darauf hin,
dass die Annahmen zur Variante 2 sehr optimistisch seien
und dass deshalb Ende Oktober 2002 voraussichtlich ein
deutlich höherer Beitragssatz als 19,3 % für 2003 festzule-
gen sein werde (Dokument Nr. 119 und Dokument Nr. 120).
Diese Passage in der Vorlage mit den Hinweisen der Abtei-
lung I, wonach die Annahmen zur Variante 2 sehr optimis-
tisch seien, wurde nach Rücksprache zwischen Abteilungs-
leiter Wittrock und Staatssekretär Anzinger einvernehmlich
gestrichen (20. Sitzung, Protokoll Anzinger, S. 13 ff.). Der
Zeuge Anzinger hat in seiner Vernehmung ausgeführt, in
der Leitungsvorlage vom 27. Juni 2002 seien beide Varian-
ten dargestellt und beurteilt worden. Er habe damals zusam-
men mit dem Abteilungsleiter diesen Absatz für entbehrlich
gehalten (20. Sitzung, Protokoll Anzinger, S. 15).
Die endgültige Fassung dieser Leitungsvorlage der Abtei-
lung I mit Unterschrift des Abteilungsleiters Wittrock nahm
der Minister noch am 27. Juni 2002 zur Kenntnis (Doku-
ment Nr. 118). Auf der Grundlage dieser Vorlage kam es
noch am 27. Juni 2002 zu einer Leitungsbesprechung unter
Beteiligung des Ministers. Dabei soll auch die Einschätzung
der Abteilung I zur Sprache gebracht worden sein. Man kam
im Ergebnis in der Besprechung überein, den Präsidenten
der BfA und den Geschäftsführer des VDR anzuschreiben
und eine schriftliche Bewertung zuzuleiten (20. Sitzung,
Protokoll Anzinger, S. 14 ff.).
In einem Telefonat am Abend des 27. Juni 2002 wurde dem
Zeugen Wittrock mitgeteilt, dass die Frage des Rentenversi-
cherungsbeitrags mit dem Minister ausführlich diskutiert
worden sei. Dabei sei alles zur Sprache gekommen. Auch
die eher pessimistische Einschätzung der Abteilung I sei an-
gesprochen worden. Der Zeuge Wittrock sandte daraufhin
am Morgen des 28. Juni 2002 eine e-Mail an den Unterab-
teilungsleiter Knoblich und den Zeugen Dabringhausen, in
der er mitteilte, dass die „Botschaft“ am Abend zuvor in ei-
ner Rücksprache mit dem Minister deutlich angesprochen
worden sei (Dokument Nr. 121).
Der Zeuge Wittrock hat ausgeführt, er habe die Schlussfas-
sung der Ministervorlage in Reinschrift aus dem Büro von
Staatssekretär Anzinger zugemailt bekommen. Die Vorlage
habe den gestrichenen Absatz natürlich nicht mehr enthal-
ten. Er habe dann diese Schlussfassung wie üblich an das
zuständige Referat und an den zuständigen Unterabteilungs-
leiter, der sich an diesem Tag wahrscheinlich in Bonn auf-

glücklich darüber gewesen sei, dass ihm dieser Absatz vom
Staatssekretär abgehandelt worden sei, sei er relativ zufrie-
den gewesen, als ihm gemeldet worden sei, dass gleichwohl
die „Botschaft“ nicht untergegangen sei. Er habe dies dann
zum Anlass genommen, die Kollegen in Bonn darüber zu
informieren (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 30 f.).
d) Weitere Entwicklung im Anschluss an die

Tagung des Schätzerkreises
aa) Gespräch zwischen BMA und dem

Vorsitzenden des Sozialbeirats
Anfang Juli 2002

In einem Zeitungsinterview Ende Juni 2002 hatte sich der
Vorsitzende des Sozialbeirats, Prof. Dr. Dr. Rürup, im Rah-
men der Diskussion zur Höhe des Beitragssatzes dahinge-
hend geäußert, es sei noch nicht sicher, dass der Beitrags-
satz von 19,1 auf 19,3 % für das Jahr 2003 steigen werde
(Dokument Nr. 122). Dieses Interview nahm Staatssekretär
Dr. Achenbach zum Anlass, sich Anfang Juli 2002 mit Prof.
Dr. Dr. Rürup in Verbindung zu setzen, um ihm die vorlie-
genden unterschiedlichen Positionen zu schildern und ihn
hierzu um seine Meinung zu bitten. Prof. Dr. Dr. Rürup er-
klärte in dem Gespräch, die in Variante 2 zu Grunde geleg-
ten Daten seien aus seiner Sicht plausibler und würden auch
seiner aktuellen Einschätzung der Wirtschaftslage entspre-
chen (20. Sitzung, Protokoll Dr. Achenbach, S. 52, 63 f., 66;
17. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 51 f.).
In seiner Vernehmung hat der sachverständige Zeuge Prof.
Dr. Dr. Rürup hierzu ausgeführt, die Äußerung habe er nicht
aufgrund eines Beratungsprozesses im Sozialbeirat ge-
macht, sondern vielmehr auf der Basis der Informationen,
die er in den regelmäßigen Treffen und Analysen des Sach-
verständigenrates gewonnen habe. Bis Anfang Juli habe
man sagen können, dass die Prognose, die der Sachverstän-
digenrat hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitslosigkeit
gegeben habe, im Prinzip durchaus haltbar gewesen sei.
Man sei aber auch nicht so optimistisch gewesen wie die
Forschungsinstitute noch im Frühjahrsgutachten. Vor dem
Hintergrund der Information, dass die Projektion des Sach-
verständigenrates noch gehalten werden könnte, habe er ge-
sagt: „Die Annahmen des BMA seien näher dran.“ (17. Sit-
zung, Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 51 f.).
bb) Schreiben BMA an den Geschäftsführer

des VDR und den Präsidenten der BfA
vom 2. Juli 2002

Am 2. Juli 2002 fertigte Staatssekretär Dr. Achenbach den
Entwurf eines Schreibens an den Geschäftsführer des VDR,
Prof. Dr. Ruland, und an den Präsidenten der BfA, Dr. Ri-
sche. In dem Schreiben wurden die beiden zuvor im Schät-
zerkreis Ende Juni diskutierten Varianten aufgeführt. Es
wurde angeregt, den Vorausberechnungen zur Rentenversi-
cherung nicht die von der BfA und dem VDR favorisierte
Variante 1 zu Grunde zu legen, weil diese aufgrund des
schwachen 1. Halbjahres 2002 die Entwicklung ins Nega-
tive überzeichnen würde. Vor dem Hintergrund des einset-
zenden Aufschwungs sei sie nicht plausibel. Zudem würden
bei der unterstellten Beschäftigungsabnahme nicht entspre-
chend höhere Beiträge für Arbeitslose in Rechnung gestellt.
halten habe, weitergeleitet, um diese darüber in Kenntnis zu
setzen, was aus der Vorlage geworden sei. Weil er nicht so

Auch müsse bei unveränderter Beschäftigungsentwicklung
von -0,3 % die Pro-Kopf-Lohnentwicklung nicht von 2,6 %

Drucksache 15/2100 – 130 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

auf 1,2 % zurückgenommen werden. Demgegenüber verän-
dere die Variante 2 die gesamtwirtschaftlichen Eckwerte der
Bundesregierung nicht. Der angenommene Zuwachs der
Pflichtbeiträge in 2002 werde von 2,5 % auf 2 % reduziert.
Für 2003 werde mit einem Zuwachs der Lohnsumme um
3,8 % gerechnet. Zusammengenommen würde sich damit
für beide Jahre ein Zuwachs von 5,8 % ergeben.
In dem Schreiben wurden weiter die wesentlichen Gründe
für den schlechten Verlauf des 1. Halbjahres 2002 und
Gründe für die Verbesserung der Situation in der zweiten
Jahreshälfte (Hauptanhebungen der Tarifrunden) aufgeführt.
Das Schreiben empfahl daher, den Vorausberechnungen in
der Rentenversicherung die Variante 2 zu Grunde zu legen.
Dieser Vorschlag erfolgte im Einvernehmen mit dem Bun-
desministerium der Finanzen. Die Daten der Variante 2
seien schließlich auch aus Sicht des Vorsitzenden des Sozi-
albeirats, Prof. Dr. Dr. Rürup, plausibel und entsprächen
dessen aktueller Einschätzung der Wirtschaftslage (Doku-
ment Nr. 123).
Staatssekretär Dr. Achenbach übermittelte den Entwurf zur
Abstimmung noch am selben Tag per Fax dem zuständigen
Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt, dem Zeugen Tie-
mann, und dem BMF als Mitgliedern des interministeriellen
Arbeitskreises, da es nach Auffassung von Dr. Achenbach
erkennbar um Fragen von politischer Relevanz gegangen
sei. Das BMF war der Auffassung, dass das Jahr 2002 güns-
tiger verlaufe, und bat um Einfügung einer entsprechenden
Passage. Daraufhin, so Dr. Achenbach, sei ihm das Einver-
ständnis mitgeteilt worden (20. Sitzung, Protokoll
Dr. Achenbach, S. 55 f., 59, 67 f., 71 f., 73; 27. Sitzung, Pro-
tokoll Tiemann, S. 10).
Der Zeuge Tiemann hat in seiner Vernehmung ausgeführt,
er habe den Eindruck gehabt, dass sich das BMA durch die
Beteiligung des Bundeskanzleramtes politisch habe absi-
chern wollen, zumal die Präsidenten Dr. Rische und Prof.
Dr. Ruland in der öffentlichen Diskussion keine unbedeu-
tenden Personen seien. Während der VDR und die BfA für
2003 einen Beitragssatz in Höhe von 19,6 % prognostiziert
hätten, hätten das BMA und das BMF die Auffassung ver-
treten, dass ein Beitragssatz von 19,3 % realistisch sei. Die
unterschiedlichen Auffassungen hätten auf unterschiedli-
chen Prognosen für die Entwicklung der Beitragseinnahmen
in der zweiten Jahreshälfte 2002 basiert. Die Beitragsein-
nahmen in den ersten Monaten des Jahres 2002 seien
schlechter als erwartet ausgefallen. Die Prognosen der füh-
renden Wirtschaftsforschungsinstitute für die zweite Hälfte
seien hingegen optimistisch gewesen. Während die Berech-
nung der Rentenversicherungsträger im Wesentlichen die
schlechte Beitragsentwicklung des 1. Halbjahres hochge-
rechnet habe, hätten BMA und BMF in die Prognose für das
2. Halbjahr in stärkerem Maße die wirtschaftlichen Eck-
werte der Bundesregierung mit einbezogen. Die Methode
von BMA und BMF sei ihm plausibel erschienen, sodass er
für das Bundeskanzleramt zugestimmt habe. Das Vorgehen
der Rentenversicherungsträger habe seiner Auffassung nach
die optimistischen Aussichten für die konjunkturelle Ent-
wicklung im 2. Halbjahr und die hohen Tarifabschlüsse mit
ihren Auswirkungen auf die Beitragseinnahmen nicht aus-
reichend berücksichtigt. Über die dann später erfolgte Eini-

den Chef des Bundeskanzleramtes über den Vorgang unter-
richtet (27. Sitzung, Protokoll Tiemann, S. 10, 17).
Zum Stellenwert der Beitragssatzentwicklung in der Ren-
tenversicherung in der politischen Diskussion im Jahr 2002
und der Wahrnehmung im Bundeskanzleramt hat der Zeuge
Tiemann ausgeführt, die Beitragssatzentwicklung in der ge-
setzlichen Sozialversicherung habe grundsätzlich politische
Bedeutung, da sie Auswirkungen auf die Höhe der Lohn-
nebenkosten, die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums und
– bei der Rentenversicherung – auch auf den Bundeshaus-
halt habe. Im Gegensatz zu vielen Arbeitsbereichen seiner
Abteilung sei es in den Bereichen Rente und Gesundheit im
Jahr 2002 verhältnismäßig ruhig gewesen. Entscheidungen
hätten dort nicht angestanden. Die Rentenreform 2001 als
die wichtigste rentenpolitische Entscheidung der Legislatur-
periode sei beschlossen und in Kraft gewesen. Aus dem
Blickwinkel des Bundeskanzleramtes sei es im Jahre 2002
in den Bereichen Rente und Krankenversicherung vornehm-
lich um das laufende Geschäft gegangen, das ausschließlich
in der Verantwortung des jeweiligen Fachressorts gelegen
habe. Das sei am Ende einer Legislaturperiode auch selbst-
verständlich, da die großen Gesetzgebungsvorhaben Anfang
2002 alle unter Dach und Fach gewesen seien. Damit seien
in den beiden Bereichen der Renten- wie auch der Kranken-
versicherung die Weichen für eine stabile finanzielle Ent-
wicklung gestellt gewesen (27. Sitzung, Protokoll Tiemann,
S. 9 f.).
Am 2. Juli 2002 übermittelte Dr. Achenbach das Schreiben
an den Präsidenten der BfA, Dr. Rische, und den Geschäfts-
führer des VDR, Prof. Dr. Ruland (Dokument Nr. 124).

cc) Gespräch zwischen BfA, VDR und BMA am
8. Juli 2002 und Einschaltung des Vorsitzen-
den des Sachverständigenrates als
„Schiedsrichter“

Am 8. Juli 2002 fand im BMA ein Gespräch zwischen dem
Präsidenten der BfA und dem Geschäftsführer des VDR so-
wie den Staatssekretären Anzinger und Dr. Achenbach mit
dem Ziel statt, im Hinblick auf die Juni-Schätzung zu einer
einvernehmlichen Einigung zu kommen. Der Geschäftsfüh-
rer des VDR sowie der Präsident der BfA wollten einen hö-
heren Grad an Gewissheit dafür haben, dass die Schätzun-
gen des BMA solide seien und sich als ökonomisch haltbar
erweisen könnten. Beide Seiten legten in dem Gespräch of-
fen ihre Argumente vor. Eine Einigung konnte jedoch nicht
erzielt werden. Auf Anregung von Prof. Dr. Ruland kam
man überein, weiteren wirtschaftlichen Sachverstand von
außen einzuholen. So sollte der Minister den Vorsitzenden
des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung anschreiben und ihn bitten,
die beiden vorliegenden Varianten von Annahmen zum Ar-
beitsmarkt und zur Beschäftigung auf ihre Konsistenz und
Validität zu überprüfen. Der Sachverständigenrat sollte in-
soweit als neutrale Stelle, quasi als Schiedsrichter, einge-
schaltet werden (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 29 f.;
20. Sitzung, Protokoll, Anzinger, S. 7 f., 13, 16 f., 21; 20. Sit-
zung, Protokoll Dr. Achenbach, S. 58, 65 f.; 23. Sitzung,
Protokoll Prof. Dr. Ruland, S. 53, 60; 17. Sitzung, Protokoll
Dr. Rische, S. 65 ff., 71).
gung mit VDR und BfA hätte ihn Staatssekretär
Dr. Achenbach mündlich unterrichtet. Er habe seinerseits

Der Zeuge Anzinger hat in seiner Vernehmung ausgeführt,
natürlich sei ihm das Risiko bewusst gewesen, dass wenn

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 131 – Drucksache 15/2100

man einen „Schiedsrichter“ einschalte, auch ein Ergebnis
herauskommen könne, dass einem nicht gefalle. Dieses Ri-
siko sei man eingegangen (20. Sitzung, Protokoll Anzinger,
S. 16).
Noch mit Schreiben vom 8. Juli 2002 wandte sich Bundes-
minister Riester an den Vorsitzenden des Sachverständigen-
rates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent-
wicklung, Prof. Dr. Wolfgang Wiegard. In dem Schreiben
unterrichtete er den Vorsitzenden über die beiden unter-
schiedlichen Varianten zur Schätzung der Rentenfinanzent-
wicklung und bat für die weiteren Überlegungen um das Ur-
teil des Rates hinsichtlich der Konsistenz und Validität der
beiden Varianten bis zum 11. Juli 2002. Die Stellungnahme
des Rates sei ausschließlich für die interne Meinungsbil-
dung des Ministeriums bestimmt (Dokument Nr. 125).
dd) Antwortschreiben des Vorsitzenden des

Sachverständigenrates vom 10. Juli 2002
Nachdem der Vorsitzende des Sachverständigenrates sich
mit den übrigen Vorstandsmitgliedern telefonisch abge-
stimmt hatte, antwortete er mit Schreiben vom 10. Juli
2002, indem er mitteilte, dass die Prognose des Rates für
das Jahr 2003 noch nicht abgeschlossen sei. Deshalb könne
gegenwärtig nur die Einschätzung der voraussichtlichen
Entwicklung im laufendem Jahr erläutert werden. Die Zu-
nahme der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer
werde vom Sachverständigenrat auf 2 % geschätzt. Der Rat
gehe davon aus, dass die Zahl der registrierten Arbeitslosen
im Jahr 2002 voraussichtlich um rund 170.000 Personen ge-
genüber dem Vorjahr zunehmen werde. Die in den beiden
Varianten einheitlich unterstellte Zunahme der Arbeitslo-
senzahlen von 120.000 Personen im Jahr 2002 gegenüber
2001 sei nach Ansicht des Rates zu niedrig angesetzt. Ab-
weichungen von beiden Varianten würden sich auch bei der
Beschäftigungsentwicklung ergeben. Der Rat gehe davon
aus, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäf-
tigten um rund 122.000 Personen abnehmen werde. Damit
erscheine die Prognose des BMA (Variante 2) als etwas zu
optimistisch, die Prognose der Rentenversicherungsträger
(Variante 1) als bei weitem zu pessimistisch (Dokument Nr.
126; 17. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 53, 56 f.).
Der sachverständige Zeuge Prof. Dr. Dr. Rürup hat ausge-
führt, in der Tendenz sei er mit dem Schreiben des Vorsit-
zenden einverstanden gewesen. Ein Beitragssatz von 19,3 %
sei möglich, einer von 19,4 % wahrscheinlich gewesen
(17. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 56 f.). Zur
Datenbasis der Antwort des Sachverständigenrates hat er in
seiner Vernehmung angegeben, der Sachverständigenrat
habe immer die aktuellsten Daten hinsichtlich Einkommen-
sentwicklung, Produktionseingang sowie Produktion, die
vom Statistischen Bundesamt erhoben würden. Er habe
selbst gewusst, dass die Beitragseinnahmen relativ schlecht
gelaufen seien, und er gehe davon aus, dass dies auch dem
Vorsitzenden des Sachverständigenrates mitgeteilt worden
sei (17. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 55).
ee) Schreiben des Leiters der Abteilung

Konjunktur des DIW vom 12. Juli 2002
Das DIW hatte am 11. Juli 2002 seine routinemäßige Jah-

in den Medien – angeführt vom VDR – eine Diskussion
über die Höhe des Rentenversicherungsbeitragssatzes. Die
Prognose des DIW ging davon aus, dass man in der ersten
Jahreshälfte einen Anstieg der Bruttolohn- und Bruttoge-
haltssumme von 2,1 % im Vergleich zum Vorjahr hätte.
Diese Einschätzung basierte zum Teil auf Daten des Statisti-
schen Bundesamtes für das 1. Quartal und zum Teil auf
Schätzungen für das 2. Quartal. Prognostisch ging das DIW
zur Jahresmitte davon aus, dass in der zweiten Jahreshälfte
– insbesondere wegen der im Frühjahr vergangenen Jahres
schon erfolgten Tarifanhebung – ein Anstieg der Brutto-
lohn- und Bruttogehaltssumme um 2,6 % im Vergleich zum
2. Halbjahr 2001 zu erwarten sei. Für das gesamte Jahr wur-
den 2,4 % prognostiziert. Man erwartete eine Beschleu-
nigung in der Entwicklung der Bruttolohn- und Brutto-
gehaltssumme. Diese sei – so der sachverständige Zeuge
Dr. Horn – zum Einen üblich, weil man Weihnachtsgeldzah-
lungen und saisonale Einflüsse habe, die in jedem Jahr auf-
träten; zum Anderen seien sie noch zusätzlich durch deutli-
che Tarifanhebungen bedingt. Im vergangenen Jahr habe es
Tarifanhebungen von insgesamt 2,6 % gegeben, die sich ei-
gentlich in entsprechenden Einnahmen der Sozialkassen
hätten niederschlagen müssen (17. Sitzung, Protokoll
Dr. Horn, S. 7).
Vor diesem Hintergrund wandte sich Staatssekretär Dr.
Achenbach telefonisch auch an das DIW und fragte an, ob
das Institut in seiner Prognose davon ausgehe, dass die Ren-
tenbeiträge konstant bei 19,3 % bleiben könnten (17. Sit-
zung, Protokoll Dr. Horn, S. 8 f.).
Mit Schreiben vom 12. Juli 2002 antwortete der Leiter der
Abteilung Konjunktur im DIW, der Zeuge Dr. Horn, auf der
Grundlage der gerade veröffentlichten Prognose des Insti-
tuts. Er führte aus, das DIW habe eine Zunahme der Ar-
beitsentgelte von 2,1 % im 1. Halbjahr und von 2,7 % im
2. Halbjahr 2002 prognostiziert. Für das erste Quartal seien
die amtlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes heran-
gezogen worden. Eine der Prognose zu Grunde liegende
Annahme für das 2. Quartal sei, dass durch die höheren Ta-
riflohnvereinbarungen auch Elemente wie Einmalzahlungen
vereinbart worden seien, die noch im 2. Quartal 2002 zu ei-
nem deutlich höheren Wachstum der Tariflöhne führen soll-
ten. Vor dem Hintergrund der schwachen Entwicklung der
Beitragseinnahmen stelle sich die Frage, ob diese mit der
Prognose kompatibel sei. Für das 1. Quartal sei die Frage,
ob die Daten des Statistischen Bundesamtes zur Revision
anstehen würden oder ob es bei der Abführung der Beitrags-
einnahmen Fehler (z. B. wegen der Euroumstellung) gege-
ben habe. Diese Frage sei derzeit nicht zu entscheiden. Für
das 2. Quartal könnten folgende Entwicklungen von Bedeu-
tung sein: Aufgrund der Streiks in verschiedenen Bereichen
hätten sich die Vereinbarungen hinausgezögert, mit der
Folge, dass zwar noch Einmalzahlungen vereinbart worden
seien, z. B. in der Chemischen Industrie, Holzverarbeitung
und Druckindustrie. Allerdings sei unklar, ob diese tatsäch-
lich im 2. Quartal auch gezahlt worden seien oder die Zah-
lungen erst später erfolgen würden. Würde erst später ge-
zahlt werden, würde dies zu einer Verteilung der Entgelte
auf die Halbjahre führen. Das 1. Halbjahr würde einen nied-
rigeren Zuwachs aufweisen, während der für das 2. Halbjahr
entsprechend höher wäre. In die gleiche Richtung wirke
resmitteprognose vorgelegt und hierzu zuvor am 9. Juli
2002 eine Pressekonferenz abgehalten. Gleichzeitig gab es

sich aus, dass die Kurzarbeit mit dem Beginn des Auf-
schwungs abgebaut werde. Erste Tendenzen seien bereits

Drucksache 15/2100 – 132 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

sichtbar. Auch dies führe zu einem überproportionalen An-
stieg der Entgelte und damit der Beiträge. Hinzu komme,
dass die Lohndrift im Aufschwung weniger negativ sein
dürfte als noch im 1. Halbjahr. Das Jahresergebnis von
2,4 % Zuwachs für die Entgelte sehe das Institut auf der Ba-
sis seiner Prognose daher als nicht gefährdet an. Entspre-
chend sollten sich auch die Beitragseinnahmen entwickeln.
Lediglich die Verteilung zwischen den Halbjahren könne
sich ändern (Dokument Nr. 127; 17. Sitzung, Protokoll
Dr. Horn, S. 9 f., 16, 20).
Der sachverständige Zeuge Dr. Horn hat – angesprochen auf
den Vermerk des BMA vom 11. Juni 2002 – erklärt, er hätte
sich gewünscht, diesen Vermerk gekannt zu haben, viel-
leicht hätte er ihm bei der Prognose helfen können. Aber er
habe ihn natürlich nicht gekannt. Dem Text entnehme er
– so seine Interpretation –, dass man dort von einer wesent-
lich höheren Lohndrift ausging, als es sein Institut im Juli
getan habe. Man habe dort also die Folgewirkungen der
Stagnation sicherlich im Allgemeinen prognostisch kor-
rekter eingeschätzt als sein Institut. Auch die
Entgeltumwandlung sei dort vielleicht besser abgeschätzt
worden. Vielleicht hätten dem Ministerium hierzu Daten
vorgelegen; sein Institut hätte diese Daten nicht gehabt. Al-
lerdings hätten zu diesem Zeitpunkt noch nicht viele Daten
vorliegen können, weil die Hauptlast der Riester-Verträge ja
erst im Dezember gekommen sei. Das sei ein sehr starker
Effekt zum Jahresende, nicht zur Jahresmitte gewesen
(17. Sitzung, Protokoll Dr. Horn, S. 11 f.).

ff) Gespräch zwischen BMA, BfA und VDR
am 12. Juli 2002 und Abschluss der Juni-
Schätzung

Am 12. Juli 2002 kam es zu einem abschließenden Ge-
spräch zwischen Bundesminister Walter Riester, Staatssek-
retär Dr. Achenbach sowie dem Geschäftsführer des VDR
und dem Präsidenten der BfA. Zur Vorbereitung auf das Ge-
spräch erstellte die Abteilung I (Referat I b 1) im BMA eine
Zusammenstellung der verschiedenen Varianten zur Schät-
zung der Rentenfinanzentwicklung zum Beitragssatz 2003
unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Ein-
schätzung des DIW und des Sachverständigenrates zur Be-
gutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Doku-
ment Nr. 128).
Die Gesprächsteilnehmer einigten sich darauf, einen An-
stieg des Beitragssatzes auf 19,3 % für 2003 zu Grunde zu
legen und damit die Juni-Schätzung abzuschließen. Der Ge-
schäftsführer des VDR sowie der Präsident der BfA mach-
ten in dem Gespräch aber auch deutlich, dass sie eigentlich
von einer ungünstigeren Variante ausgingen und nur auf-
grund der Erklärung des Sachverständigenrates der günsti-
geren Variante folgen würden (20. Sitzung, Protokoll
Dr. Achenbach, S. 53, 61, 74; 17. Sitzung, Protokoll Dr. Ri-
sche, S. 71; 23. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Ruland, S. 53,
60, 63).
Der sachverständige Zeuge Prof. Dr. Ruland hat in seiner
Vernehmung ausgeführt, dem Ministerium sei klar gemacht
worden, dass der VDR seinem Haushalt den Anstieg von
19,3 % zu Grunde lege, aber hineinschreiben werde, dass
dies nur geschehe, weil die Sachverständigen eine entspre-

(23. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Ruland, S. 63). Der Zeuge
Dr. Rische hat erklärt, man habe eigentlich eher den eigenen
Zahlen getraut (17. Sitzung, Protokoll Dr. Rische, S. 71).

gg) Mitgliederrundschreiben der BfA
vom 17. Juli 2002 und des VDR
vom 19. Juli 2002

Die Geschäftsführung der BfA unterrichtete die Mitglieder
des Haushalts- und Finanzausschusses des Vorstandes mit
Schreiben vom 17. Juli 2002 über das Ergebnis der Schät-
zung. Nach Darstellung des Zeugen Dr. Rische sei zwar im
Haushalt die Zahl 19,3 % festgeschrieben worden, doch sei
gleichzeitig in das Vorwort zum Haushalt aufgenommen
worden, dass es auch mehr als 19,3 % werden könnten
(17. Sitzung, Protokoll Dr. Rische, S. 66).
Der VDR unterrichtete seine Verbandsmitglieder in einem
Schreiben vom 19. Juli 2003 über die Haushaltspläne für
das Rechnungsjahr 2003 in den alten Bundesländern und
dem Westteil Berlins dahingehend, dass auf der Basis der
Annahmen der Bundesministerien für Arbeit und Sozialord-
nung sowie der Finanzen vom 12. Juli 2002 zur wirtschaftli-
chen Entwicklung im 2. Halbjahr 2002 und im Jahr 2003
eine Vorausberechnung der Einnahmen, der Ausgaben und
des Vermögens der Rentenversicherung der Arbeiter und
Angestellten für die Jahre 2002 und 2003 vorgenommen
worden sei. Dabei hätte die Bundesregierung einerseits so-
wie die Rentenversicherungsträger und ihr Verband anderer-
seits die Entwicklung des 2. Halbjahres 2002 unterschied-
lich eingeschätzt. Hierüber habe es mehrere Gespräche mit
dem BMA – u. a. auch mit dem Minister – gegeben. Das
BMA habe sich sowohl an den Vorsitzenden des Sachver-
ständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung als auch an das Deutsche Institut für Wirt-
schaftsforschung (DIW) gewandt. Deren Auffassungen un-
terstützten die Bundesregierung in ihrer Einschätzung der
Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Löhne. Die Ren-
tenversicherer hätten daraufhin dem Minister mitgeteilt,
dass sie trotz ihrer Bedenken von den Annahmen des BMA
sowie des BMF für das 2. Halbjahr 2002 und für das Jahr
2003 ausgingen. Hieraus errechne sich für das Jahr 2003 ein
Beitragssatz von 19,3 % (Dokument Nr. 129).

4. Weitere Entwicklung bis zum 22. September
2002

a) Entwicklung der Beiträge für die Monate
Juni/Juli 2002

Der Monat Juni brachte bei den Beitragseingängen ein Mi-
nus von 1,4 %. Die Juli-Einnahmen, die Mitte August vorla-
gen, zeigten wiederum ein Plus von 1,8 %.
Der Zeuge Wittrock hat zu dieser Entwicklung angegeben,
die Beitragseingänge für den Monat Juli seien ein Signal der
Hoffnung gewesen (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 44 f.)
Ebenso hat sich der sachverständige Zeuge Prof. Dr. Dr. Rü-
rup geäußert. Nach seiner Ansicht habe der starke Anstieg
der Beitragseinnahmen für den Monat Juli als Indiz dafür
genommen werden können, dass es im 2. Halbjahr zu einer
deutlichen Spreizung der Entgelte und auch der Beitragsein-
nahmen nach oben kommen würde, da sehr üppige Tarifab-
chende Erklärung abgegeben hätten. Seine Skepsis sei
durch das Gespräch mit dem Minister nicht beseitigt worden

schlüsse vorgelegen hätten (17. Sitzung, Protokoll Prof.
Dr. Dr. Rürup, S. 49.).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 133 – Drucksache 15/2100

Nach Angaben des Zeugen Dr. Rische seien die Zahlen si-
cherlich ein Hoffnungsschimmer für all diejenigen gewesen,
die geglaubt hätten, es gehe im Jahr besser voran. Auch für
seine Bundesanstalt seien sie ein Hoffnungsschimmer ge-
wesen. Nur hätten die Folgemonate diesen Hoffnungschim-
mer nicht zu einem großen Schein werden lassen (17. Sit-
zung, Protokoll Dr. Rische, S. 74).
Der Zeuge Anzinger hat in seiner Vernehmung ausgeführt,
die Wissenschaftler hätten bestätigt, dass die Grundannah-
men die zu einer Beitragssatzerwartung von 19,3 % führten,
nicht unrealistisch gewesen seien. Zusammen mit einer im
August 2002 gemeldeten positiven Entwicklung der Bei-
tragseinnahmen habe das Ministerium daher bis September
2002 an der Auffassung festhalten können, dass ein Bei-
tragssatz von 19,3 % im Jahr 2003 erreichbar gewesen sei
(20. Sitzung, Protokoll Anzinger, S. 27).

b) Zeitungsinterview des Geschäftsführers des
VDR vom 24. August 2002

In einem Zeitungsinterview mit der „Neuen Osnabrücker
Zeitung“ vom 24. August 2002 erklärte der Geschäftsführer
des VDR, Prof. Dr. Ruland, nach den neuesten Zahlen sei
seiner Einschätzung nach der Anstieg des Beitragssatzes
nicht mehr auf 19,3 % zu begrenzen; er werde darüber lie-
gen (Dokument Nr. 130).
Der Zeuge Prof. Dr. Ruland hat in seiner Vernehmung er-
klärt, im August habe er vor der Frage gestanden, wie man
auf die Wahl Einfluss nehmen könne. Hätte er nichts gesagt,
hätte er auch Einfluss genommen. Dass die Beitragsein-
gänge hinter den Annahmen zurückblieben, habe jeder Jour-
nalist gewusst. Wenn man permanent gefragt würde, wie es
mit der Entwicklung der Beitragseinnahmen aussehe, dann
komme man irgendwann an den Punkt, an dem man abwä-
gen müsse, ob man jetzt die Wahrheit sage oder die Wahr-
heit bis nach dem 22. September verschiebe und sich dann
vorwerfen lassen müsse, durch Nichtssagen die Wahl auch
beeinflusst zu haben (23. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Ru-
land, S. 54). Er habe zu dem Zeitpunkt keine Ist-Zahlen ge-
habt sondern eine Trendaussage (23. Sitzung, Protokoll
Prof. Dr. Ruland, S. 67). Das Interview habe sich sowohl
gegen die Regierung, was den Beitragssatz anginge, als
auch gegen die Opposition, was ihre Forderungen anbetrof-
fen habe, gerichtet. Er habe lange überlegt, damit er ein aus-
gewogenes Interview gebe und habe sich bemüht, beiden
Seiten etwas „auf die Füße zu treten“( 23. Sitzung, Proto-
koll Prof. Dr. Ruland, S. 63).
Der Zeuge Dr. Rische hat bei seiner Vernehmung angege-
ben, die BfA habe sich im Hinblick auf Presseerklärungen
verhältnismäßig zurückgehalten. Er habe vielfältige Inter-
viewanfragen in diesem Zeitraum weitgehend abgelehnt.
Grund dafür sei gewesen, dass dies gerade in dieser Zeit
letzten Endes eine Frage des Wahlkampfes gewesen sei. Er
hätte die Auffassung gehabt, dass er sich als Präsident der
BfA nicht als Wahlkampfmunition links- oder rechtsherum
verbrauchen lassen sollte. Anderseits habe man auf Anfrage
natürlich immer wieder darauf hingewiesen, wie man seine
Entscheidungen getroffen habe. So habe man zum Beispiel
auch darauf hingewiesen, dass man zwar 19,3 % technisch
für den Haushalt festgesetzt habe, dass man aber durchaus

Der Pressesprecher im BMA, der Zeuge Vater, erklärte
– vor dem Hintergrund seines Kenntnisstandes über die Juli-
Schätzung im Anschluss an das Interview – gegenüber den
Medien, die Bundesregierung habe mit der Bereitstellung
von zusätzlichen Mitteln im Bundeshaushalt 2003 Vorsorge
getroffen, um einen Beitragssatz von 19,3 % zu finanzieren.
Der Bund habe rund 400 Mio. € zusätzlich zur Verfügung
gestellt. Bundesminister Riester sei davon überzeugt gewe-
sen, dass dies ausreichen werde. Bis Oktober/Anfang No-
vember habe es keinen Entscheidungsbedarf gegeben; erst
dann habe verlässlich gesagt werden können, wie der Bei-
tragssatz im darauffolgenden Jahr fixiert werden müsse. Die
Äußerung von Prof. Dr. Ruland sei eine unverantwortliche
Spekulation gewesen (20. Sitzung, Protokoll Vater, S. 77,
79). In seiner Vernehmung hat er angegeben, die Äußerung
von Prof. Dr. Ruland sei im Kontext der bis dahin von ihm
eingeschlagenen Linie nicht zu verstehen gewesen. Sie sei
für ihn unbegründet und im Kontext des Wahlkampfes zu
sehen gewesen. Sie sei dazu angetan gewesen, ein öffentli-
ches mediales Feuerwerk zu entzünden. Daher sei sie für
ihn nicht zu rechtfertigen gewesen (20. Sitzung, Protokoll
Vater, S. 78). Seine – Vaters – Äußerung gegenüber den Me-
dien sei nicht mit dem Minister abgestimmt gewesen, aber
nachträglich von diesem nicht beanstandet worden (20. Sit-
zung, Protokoll Vater, S. 79, 82).
In der Presse wurde die Äußerung des Pressesprechers des
BMA dahingehend aufgenommen, dass diese Äußerung von
Prof. Dr. Ruland ein „unverantwortliches Gerede“ darstelle
(Dokument Nr. 131).
In einem Zeitungsinterview vom 27. August 2003 äußerte
sich der sachverständige Zeuge Prof. Dr. Dr. Rürup dahin-
gehend, nach den vorliegenden Daten sei mit einem Bei-
tragssatz von 19,3 % zu rechnen. Natürlich gebe es Risiken.
Niemand könne gegenwärtig mit Sicherheit sagen, wie hoch
der Beitragssatz im nächsten Jahr sein werde. Er sehe der-
zeit noch keinen Anlass, an den Annahmen, die zu einem
Prognosewert von 19,3 % geführt hätten, fundamentale
Zweifel zu äußern (Dokument Nr. 132; 17. Sitzung, Proto-
koll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 51, 54 f.).

c) Schreiben des Abg. Singhammer (CDU/CSU)
vom 30. August 2002

Mit Schreiben vom 30. August 2003 wandte sich der Abg.
Johannes Singhammer (CDU/CSU) an Bundesminister
Walter Riester mit fünf Fragen zur wirtschaftlichen Ent-
wicklung im 2. Halbjahr 2002 und zur Beitragssatzstabilität
von 19,3 % in 2003 sowie zu der Möglichkeit der weiteren
Absenkung der Schwankungsreserve (Dokument Nr. 133).
Bundesminister Riester antwortete mit Schreiben vom
4. September 2002 und teilte unter Bezugnahme auf die
Juli-Schätzung mit, dass sich VDR, BfA und BMA einig
seien, dass aus der ungünstigen Beitragsentwicklung des
1. Halbjahres 2002 nicht auf eine entspechend ungünstige
Entwicklung im 2. Halbjahr geschlossen werden könne. Ge-
meinsam seien vielmehr die Rentenversicherungsträger und
die Bundesregierung – in Übereinstimmung mit dem Sach-
verständigenrat und den meisten Forschungsinstituten – da-
von ausgegangen, dass die Finanzentwicklung der Renten-
versicherungsträger im 2. Halbjahr 2002 und im Verlauf des
in eigenen Einschätzungen eine höhere Zahl annehme
(17. Sitzung, Protokoll Dr. Rische, S. 66 f.).

Jahres 2003 von der zu erwartenden konjunkturellen Wende
geprägt sein würde. Nach gemeinsamer Einschätzung seien

F. Der Vorwurf der vereinbarten falschen bzw. unvollständigen Information
des Bundestages und der Öffentlichkeit

Die vernommenen Zeugen, soweit sie dazu befragt wurden,
haben vor dem Ausschuss erklärt, es habe keine Verabre-
dung zu einer falschen bzw. unvollständigen Information
der Öffentlichkeit gegeben bzw. ihnen sei derartiges nicht
bekannt.
Der Zeuge Metzger hat in seiner Vernehmung durch den
Ausschuss ausgeführt, es habe keine Verabredung in dem
Sinne gegeben, dass die Finanzpolitiker der Koalition zu-
sammengesessen und beschlossen hätten, das Volk über die
wahre Lage der Staatsfinanzen systematisch im Unklaren zu
lassen bzw. „die Wähler quasi am Narrenseil durch die po-
litische Arena zu führen“ (28. Sitzung, Protokoll Metzger,
S. 37). Jedenfalls habe er an keiner solchen Verabredung
teilgenommen oder von ihr Kenntnis erlangt (28. Sitzung,
Protokoll Metzger, S. 29).
Zu seinen Äußerungen in dem Interview mit dem ZDF-
Fernsehmagazin „Frontal 21“ vom 19. November 2002, die
Bundesregierung sei in einem Abwägungsprozess zu dem
Ergebnis gekommen, dass es besser sei, die tatsächliche Fi-
nanzsituation zu verschleiern, so wie man üblicherweise in
Wahljahren schönzeichne befragt, erklärte der Zeuge Metz-
ger, damit habe er nicht sagen wollen, dass es einen Ver-
schwörungsakt auf Seiten der Koalition bzw. einen Wähler-
betrug gegeben habe, sondern, dass es das übliche, alle vier

turperiode im Wahlkampf unrealistisch freundlich darzu-
stellen (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 47, 56).
In Wahljahren habe die Politik dieses Landes seit Jahrzehn-
ten immer das Vorurteil der Wählerinnen und Wähler be-
dient, in Wahlkämpfen belogen zu werden. Dementspre-
chend sei im Jahr 2002 sowohl auf Seiten der Regierung als
auch auf Seiten der Opposition die finanzielle Lage „weich-
gezeichnet“ worden (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 39).
So habe die Bundesregierung – wie dies jede andere Bun-
desregierung in dieser Situation getan hätte – nicht kurz vor
der Wahl der Opposition eine Steilvorlage liefern können,
indem sie einen Nachtragshaushalt angekündigt hätte. Diese
Form von Ehrlichkeit hätte man praktisch als Dummheit be-
zeichnen müssen (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 56).
Vor dem Hintergrund der auch den Finanzpolitikern der Op-
positionsfraktionen sowie den Länderfinanzministern der
Union bekannten desaströsen Finanzsituation hätten aber
auch die Wahlprogramme der Union und der FDP mit ihren
umfangreichen Versprechungen, die im Falle der Realisie-
rung Kosten in Höhe von deutlich über 100 Mrd. € verur-
sacht hätten, keinen Bestand gehabt (28. Sitzung, Protokoll
Metzger, S. 42). Stimmen wie die des haushaltspolitischen
Sprechers der CDU/CSU-Fraktion Dietrich Austermann,
der in seinen Pressemitteilungen über den gesamten Som-
mer 2002 hinweg auf den voraussichtlichen Anstieg der
Der Zeuge Dabringhausen hat angegeben, bei den August-
zahlen, die Mitte September vorgelegen hätten, sei es dann
problematisch geworden. Es sei immer unwahrscheinlicher
geworden, dass das Beitragsziel noch erreicht werde. Diese

5. Festlegung des Beitragssatzes für das Jahr
2003

Nach den Ergebnissen des Schätzerkreises im Oktober 2002
wurde der Beitragssatz im Beitragssatzsicherungsgesetz
2003 Ende des Jahres 2002 auf 19,5 % festgesetzt.
Drucksache 15/2100 – 134 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

im 2. Halbjahr deutliche Mehreinnahmen durch das Wirk-
samwerden von Tarifverträgen und durch die üblichen Ein-
malzahlungen am Jahresende zu erwarten. Vor diesem Hin-
tergrund seien in den am 12. Juli 2002 abgeschlossenen
Berechnungen die Annahmen der Bundesregierung zu
Grunde gelegt worden. Nicht anders als in der Vergangen-
heit werde es eine neue Schätzung erst Ende Oktober/An-
fang November 2002 geben. Wegen der teilweise erhebli-
chen Schwankungen im Ablauf der Monate würden
zwischenzeitliche zusätzliche Berechnungen keine zuver-
lässige Einschätzung des Beitragssatzbedarfs von 2003 er-
möglichen. Die aktuellste Schätzung stamme vom
12. Juli 2002. Danach betrage der Beitragssatz in 2003 19,3
%. Weiterhin wurde ausgeführt, dass der Beitragssatz bei
Verwirklichung der Unionsvorschläge keinesfalls stabil
würde bleiben können (Dokument Nr. 134).

d) Entwicklung der Beiträge für die Monate
August/September 2002

Die Beitragszahlen für den Monat August gingen Mitte Sep-
tember ein. Die Beitragseinnahmen lagen um 0,4 % unter
denen des Vormonats. Die Zahlen für den Monat September
gingen Mitte Oktober ein.

Zahlen seien aber nicht bekannt gewesen, als der Brief an
den Abg. Singhammer geschrieben wurde (17. Sitzung, Pro-
tokoll Dabringhausen, S. 37).
Der Zeuge Wittrock hat in seiner Vernehmung angegeben,
mit dem Eingang der Daten für den Monat September Mitte
Oktober sei es extrem unwahrscheinlich gewesen, dass das
hätte gut gehen können. Definitiv habe man dies nicht wis-
sen können (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 49).
Der sachverständige Zeuge Prof. Dr. Dr. Rürup hat ausge-
führt, nach dem Vorliegen der August-Zahlen im September
habe man entscheiden müssen, ob der Juli ein „positiver
Ausreißer“ nach oben oder der August ein „Ausreißer“ nach
unten gewesen sei. Zu dem Zeitpunkt habe man in der Tat
einen gewissen Gestaltungsspielraum gehabt, welche An-
nahmen über die weitere Konjunkturentwicklung man zu
Grunde lege. Das habe möglicherweise dazu geführt, dass
– dies mache eigentlich jede Regierung – noch Annahmen
hinsichtlich einer anziehenden Wirtschaftsentwicklung zu
konstatieren gewesen seien (17. Sitzung, Protokoll Prof.
Dr. Dr. Rürup, S. 49).
Jahre zu beobachtende Ritual bzw. der „Common Sense“ in
der Politik sei, die Finanzlage im letzten Jahr einer Legisla-

Nettokreditaufnahme auf etwa 30 Mrd. € hingewiesen habe,
hätten nicht zu dem Wahlprogramm der Union gepasst und

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135 – Drucksache 15/2100

seien deshalb in den eigenen Reihen nicht gehört worden.
Auch der Umstand, dass der Bayerische Finanzminister
Prof. Dr. Falthauser – ebenso wie der Bundesfinanzminis-
ter – mit der Vorlage seines Nachtragshaushalts bis nach der
Steuerschätzung vom November 2002 gewartet habe, sei ein
„Witz“ gewesen, da die Fachbeamten im Bayerischen Fi-
nanzministerium bereits Monate zuvor mit der entsprechen-
den Vorbereitung begonnen hätten. Da der aus Bayern stam-
mende Spitzenkandidat allerdings einen Weichzeichner-
Wahlkampf betrieben habe, hätte eine frühzeitige Einbrin-
gung des Nachtragshaushalts ebenfalls nicht ins Bild ge-
passt (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 31).
Das Problem der Weichzeichnung habe seines Erachtens be-
reits im Februar 2002 begonnen, als auf Drängen der Spitze
der Bundesregierung entgegen den Warnungen der Finanz-
politiker der Koalition und der Bundesfinanzministers der
„blaue Brief“ aus Brüssel verhindert worden sei:

„Wenn dieser blaue Brief im letzten Frühjahr nicht ver-
hindert worden wäre, dann wären die Wahlprogramme
der Parteien – da muss ich konzedieren, das der SPD
war das, das am wenigsten Versprechungen gemacht
hat, wir Grünen habe mehr Versprechungen gemacht –,
aber vor allem auch die Wahlprogramme der Union und
der FDP vor dem Hintergrund dieser objektiv desaströ-
sen Situation nicht darstellbar gewesen“ (28. Sitzung,
Protokoll Metzger, S. 21).

Hätte man dagegen den „blauen Brief“ in Demut angenom-
men, so wäre Deutschland nach Metzgers Auffassung zum
Wohl der Wählerinnen und Wähler keine „Volksbeglü-
ckungspolitik“, sondern ein ehrlicherer Wahlkampf und ein
Einspielen auf die Wahrheiten der notwendigen Strukturre-
formen in den sozialen Sicherungssystemen beschert wor-
den (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 22).
Den Vorwurf, gegen gesicherte Erkenntnisse über die Situa-
tion des Bundeshaushalts gegenüber der Öffentlichkeit ge-
logen zu haben, wies Bundesfinanzminister Hans Eichel in
seiner Vernehmung als unerhört zurück. Es gehe hier zudem
nicht um die Frage, ob jemand gelogen habe, sondern es
gehe um die Frage, wie die Prognosen zur Jahresmitte in
Bezug auf das Jahresende aussahen und wie sie zu bewerten
gewesen seien. Die Vorlagen der Fachreferate seien von der
Leitung des BMF einer Bewertung unterzogen worden, die
sich im Rahmen der Bewertungen aller Institute und aller
derjenigen bewegt habe, die in der Zeit Konjunkturprogno-
sen und Abschätzungen über die Entwicklung des Staatsde-
fizits gemacht hätten (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel,
S. 35). Die Unsicherheit von Prognosen sei schließlich auch
der Grund, warum man auf der Basis der Schätzungen vom
Sommer keine so schwerwiegenden politischen Aktionen
wie etwa die Erklärung, Deutschland werde das Maastricht-
Kriterium verletzen, gründen könne (8. Sitzung, Protokoll
BM Eichel, S. 34). Aus politischen wie aus wirtschaftlichen
Gründen müsse man in der Funktion als Bundesfinanzmi-
nister mit derartigen Äußerungen vorsichtig umgehen.
Hierzu führte Eichel aus:

„Wenn jemand eine Aussage über das 3-Prozent-Krite-
rium macht – das kann jeder tun –, ist das nicht weiter
wichtig für den weiteren Ablauf. Wenn aber der deutsche
Finanzminister sie macht, löst er sofort das Verfahren in

spiel deutlich zu machen. Dann muss man daran denken
(...), wie das andere Länder handhaben. Das heißt, eine
zwingende Voraussetzung ist, dass Sie absolut sicher
sein müssen. Wenn Sie das nicht sind, ist es verantwor-
tungslos, eine solche Debatte zu führen oder ihr auch
nur Vorschub zu leisten“ (8. Sitzung, Protokoll Eichel,
S. 41 f.).

Auch der Chef BK, Staatssekretär Dr. Steinmeier, wandte
sich in seiner Vernehmung durch den Ausschuss gegen den
Vorwurf der Verabredung zu einer falschen bzw. unvollstän-
digen Information der Öffentlichkeit und des Bundestages.
Hierzu habe man zu der fraglichen Zeit weder Anlass noch
die Zeit gehabt (30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 17).
Allein das Vorgehen der Bundesregierung im Hinblick auf
die Finanzierung der Hochwasserhilfe zeige, dass dieser
Vorwurf absurd sei. Sowohl die Verhängung einer Haus-
haltssperre als auch das Verschieben der für 2003 vorgese-
henen Steuerabsenkung um ein Jahr seien insbesondere drei
Wochen vor der Bundestagswahl keine einfache Entschei-
dung gewesen. Wenn man tatsächlich vorgehabt hätte, die
Öffentlichkeit zu täuschen, dann hätte man es sich einfacher
machen können und solche Entscheidungen in der relevan-
ten Schlussphase einer Legislaturperiode vermieden
(30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 11).
Im Übrigen, so führte Dr. Steinmeier aus, sei der Vorwurf
der Lüge schon allein deshalb nicht plausibel, weil die rele-
vanten Berechnungen und Beratungen die wirtschaftliche
Entwicklung betreffend in den meisten Fällen der Öffent-
lichkeit zur Kenntnis gebracht worden seien, so dass ein
sehr hohes Maß an Transparenz gewährleistet gewesen sei
(30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 7).
Er könne sich auch nicht an etwaige Gespräche zwischen
dem Bundeskanzler und dem Regierungssprecher erinnern,
in denen es um die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums
gegangen sei und in denen der Bundeskanzler Hinweise er-
teilt habe, wie dies in die Öffentlichkeit transportiert werden
solle. Da es keine Verabredungen gegeben habe, habe es für
solche Gespräche aber auch keinen Anlass gegeben (30. Sit-
zung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 33).
Bundeskanzler Gerhard Schröder schließlich wies den
Vorwurf der Verabredung zu einer falschen oder unvollstän-
digen Information mit aller Entschiedenheit zurück (31. Sit-
zung, Protokoll BK Schröder, S. 8). Das Bundesfinanzminis-
terium veröffentliche regelmäßig – so auch im vergangenen
Jahr – monatlich die Zahlen für die Einnahmen- und Ausga-
benseite des Bundeshaushalts, sodass diese allen Interessier-
ten zugänglich gewesen seien. Die Zahlen seien korrekt ge-
wesen und auch nie in Frage gestellt worden. Die aktuelle
Entwicklung des Bundeshaushalts sei damit bekannt gewe-
sen.
Auf der Basis der veröffentlichten Zahlen seien sowohl von
der Bundesregierung als auch von den unabhängigen Wirt-
schaftsforschungsinstituten Prognosen erstellt worden. Hier-
bei habe sich die Bundesregierung im Einklang mit den un-
abhängigen Wirtschaftsforschungsinstituten befunden. Im
Hinblick auf die Konjunkturerwartungen habe sich die Bun-
desregierung sogar am unteren Rand der Prognosen bewegt.
Ihrer erhöhten Wachsamkeit habe die Bundesregierung
schließlich auch dadurch öffentlich Ausdruck verliehen,
Brüssel aus, obwohl eigentlich das Verfahren erst begin-
nen soll, wenn Jahreszahlen vorliegen, um das als Bei-

dass der Bundesfinanzminister wiederholt darauf hingewie-
sen habe, dass die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums

Drucksache 15/2100 – 136 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zwar gelingen, dass es aber eng werde. Erst die Entwick-
lung im Verlauf der Monate Oktober und November habe
aber den bisherigen positiven Prognosen die Grundlage
entzogen. Dies zeige lediglich, dass die Erwartungen der
Wirtschaftsexperten und der Bundesregierungen enttäuscht
worden seien, es zeige dagegen nicht, dass die ganz über-
wiegend übereinstimmenden Prognosen vor der Bundes-
tagswahl aus der damaligen Sicht – und nur darauf komme
es an – falsch gewesen seien. Das enttäuschende Jahreser-
gebnis könne daher die Erwartungshaltung der Bundesre-
gierung nicht nachträglich delegitimieren.

Schließlich wies Bundeskanzler Schröder darauf hin,
dass die künftige Konjunkturentwicklung auch durch öf-
fentlich geäußerte Konjunkturerwartungen beeinflusst
werde. Eine Bundesregierung, die durch negative Prog-
nosen der Wirtschaft negative Impulse gebe, könne dies
daher nur dann verantworten, wenn sie sehr, sehr gute
Gründe hierfür habe. Mindestens benötige sie aber be-
lastbare Daten, die eine sichere negative Einschätzung
stützten. Solche Daten habe es jedoch vor der Bundes-
tagswahl nicht gegeben (Eingangsstatement BK Schrö-
der, S. 1 bis 11 f.).

niemandem mehr behauptet.
Von solchen Informationen über konkrete Zahlen zur gegen-
wärtigen wirtschaftlichen und finanziellen Situation zu tren-
nen sind Erwartungen und Prognosen für die Zukunft. Es
liegt in ihrer Natur, dass diese einer Unschärfe unterliegen.
Auch Mitglieder der Bundesregierung äußerten im Jahr
2002 öffentlich ihre Einschätzungen und Prognosen über
die weitere Entwicklung im Jahresverlauf 2002. Diese ha-

ging die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den
meisten wirtschaftswissenschaftlichen Instituten und auch
der Bundesbank von einer Belebung der Konjunktur in der
zweiten Jahreshälfte aus. Erst Mitte Oktober mit dem Vor-
liegen der Ergebnisse des aufkommensstarken Steuermonats
September und damit nach der Bundestagswahl hatte die
Bundesregierung belastbare Daten darüber, dass die Steuer-
einnahmen im Gesamtjahr spürbar unter den Erwartungen
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 137 – Drucksache 15/2100

Dritter Teil
Bewertung
A. Ergebnis

Der gegen Mitglieder der Bundesregierung erhobene Vor-
wurf,

Bundestag und Öffentlichkeit im Jahr 2002 über die Si-
tuation des Bundeshaushalts, die Finanzlage der gesetz-
lichen Kranken- und Rentenversicherung sowie über die
Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages vor
der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder
unvollständig informiert zu haben,

ist ausgeräumt.
Nach dem Abschluss der Arbeit des Untersuchungsaus-
schusses des Deutschen Bundestages zu dem angeblichen
„Wahlbetrug“ von Rot-Grün darf sich die Bundesregierung
in ihrem Informationsverhalten im vergangenen Bundes-
tagswahljahr bestätigt sehen. Für den von der Opposition
vermittelten Eindruck eines Wahlbetruges konnten keinerlei
Anhaltspunkte gefunden werden. Die Bundesregierung hat
sich im Jahr 2002 genauso verhalten, wie es ihrer Aufgabe
und Verantwortung entspricht.
Der erhobene Vorwurf war von Anfang an nicht plausibel:
Er setzt voraus, dass die Bundesregierung über ein Monopol
an Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung, die
Haushalte von Bund und Ländern und die Sozialversiche-
rungen verfügt. Das Gegenteil ist richtig: Alle Daten zur
Wirtschafts- und Finanzlage, insbesondere die Einnahmen
und Ausgaben des Bundes, sind öffentlich und jedermann
zugänglich.
Die Behauptung, die Bundesregierung habe falsche Daten
über die wirtschaftliche Entwicklung oder die Situation des
Bundeshaushalts und der Sozialversicherungssysteme ver-
öffentlicht bzw. entscheidende Daten verheimlicht, ist wi-
derlegt worden. Die Bundesregierung hat den Bundestag
und die Öffentlichkeit über die statistischen Daten zur Si-
tuation des Bundeshaushalts und der Sozialversicherungs-
systeme regelmäßig und entsprechend der Staatspraxis
unterrichtet. Fehler in den Unterrichtungen oder den Veröf-
fentlichungen konnten nicht festgestellt werden. Verstöße
gegen eine Berichtspflicht, insbesondere gegenüber dem
Bundestag, sind nicht zu erkennen und werden auch von

vernommenen Ministeriumsmitarbeiter als auch die befrag-
ten unabhängigen Wirtschaftsexperten bestätigt. Nicht fest-
stellen konnte der Ausschuss, dass die jeweilige Leitungs-
ebene der Ministerien Kenntnisse und Warnungen aus den
Fachreferaten ignoriert hat.
Die Bundesregierung hielt sich vorsichtig innerhalb des
Prognosespektrums der Wirtschaftsforschungsinstitute, als
sie davon ausging, dass in der zweiten Jahreshälfte 2002
eine deutliche konjunkturelle Belebung eintreten würde. Die
Bandbreite der Prognosen der Wirtschaftsforschungsinsti-
tute reichte im Sommer 2002 von 0,6 % Wachstum (DIW)
bis 1,2 % (IfW), die Bundesregierung erwartete 0,75 %. In
den Monaten August/September gab es lediglich einen ein-
zigen ersten Hinweis aus der Wissenschaft, dass der erwar-
tete Herbstaufschwung ausbleiben könnte. Der Bundes-
finanzminister konnte überzeugend darlegen, dass sich die
Bundesregierung wegen eines einzelnen Warnsignals kei-
nesfalls an die Spitze der Pessimisten hätte stellen dürfen.
Ohne verlässliche empirische Grundlage wäre das unverant-
wortlich gewesen. Äußerungen eines Finanzministers sind
für die Wirtschaft psychologisch bedeutsam und können
selbst ein ökonomischer Faktor werden.
Dem Bundesfinanzminister wurde vorgehalten, er hätte
schon vor der Wahl einen Nachtragshaushalt ankündigen
bzw. vorlegen müssen; angekündigt wurde er von einem Ver-
treter der Bundesregierung erstmals am 14. November 2002.
Hierzu hat der Ausschuss festgestellt: Der Bundesfinanz-
minister hat wie auch der Haushaltsstaatssekretär die Verab-
schiedung eines Nachtragshaushaltes für das Haushaltsjahr
2002 vor der Bundestagswahl nicht für notwendig gehalten.
Nur aus heutiger Sicht ist der Nachtragshaushalt erforderlich
geworden, weil die Steuereinnahmen erheblich hinter den
Erwartungen zurückblieben und der Zuschussbedarf für die
Bundesanstalt für Arbeit konjunkturbedingt anstieg.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass wegbrechende Steuer-
einnahmen in dem eingetretenen Umfang weder vom Bun-
desministerium der Finanzen noch von unabhängigen Wirt-
schaftsforschungsinstituten vorhergesehen worden waren.
Zwar gab es vereinzelte Anzeichen für eine Verschlechte-
rung des Steueraufkommens. Aber noch im Sommer 2002
ben sich – was von Anfang an unstreitig war – rückblickend
teilweise als falsch erwiesen. Sie entsprachen allerdings den
damaligen tatsächlichen Erwartungen der Bundesregierung.
Dass diese auch dem jeweils aktuellen professionellen
Kenntnisstand entsprachen, haben sowohl die als Zeugen

bleiben würden. Insbesondere zum Zuschussbedarf der
Bundesanstalt für Arbeit bestand die Erwartung, dass mit
einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt das Defizit der
Bundesanstalt – wie in Vorjahren – gegen Jahresende wie-
der ausgeglichen sein würde. Vor der Bundestagswahl sah

vorgelegen hätten. Der Ausschuss hat hierzu festgestellt,
dass es langjähriger parlamentarischer Praxis entspricht, bei
dieser Rede die Soll-Zahlen des aktuellen Haushalts mit denen
des Entwurfs zu vergleichen. Deswegen hat jeder interes-
sierte Zuhörer unschwer erkennen können, dass der Bundes-
finanzminister keine unterjährige „Wasserstandsmeldung“
vorträgt, sondern die geltenden Haushalts-Sollzahlen.
Ein weiterer Vorwurf lautete, der Bundesfinanzminister
habe über das Überschreiten des „Maastricht-Defizits“ ge-
täuscht. Öffentlich äußerte der Minister wiederholt die Er-
wartung, die Maastricht-Referenzkriterien würden gehalten,
aber es würde „eng“ werden.
Hierzu hat der Ausschuss festgestellt: Die interne Einschät-
zung des Bundesministeriums der Finanzen über das zu er-
wartende gesamtstaatliche Defizit (Bund, Länder, Gemein-
den und Sozialversicherungen) in der Abgrenzung des
Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes entsprach
genau diesen öffentlichen Äußerungen. Im September 2002
wurde intern von einem Defizit in Höhe von 2,6 bis 2,9 %
ausgegangen. Das Bundesfinanzministerium stand mit sei-
ner Einschätzung nicht alleine: Auch die unabhängigen
Wirtschaftsforschungsinstitute erkannten erst im Oktober
2002, dass die 3 %-Defizitgrenze nicht eingehalten würde.
Nur ein einziges Institut, das IfW, korrigierte schon wenige
Tage vor der Wahl seine Prognose auf 3,1 %.
Die nach einer EG-Verordnung vorgesehene Meldung der
vorläufigen Defizitzahlen an die Europäische Kommission
erfolgte nach den Feststellungen des Ausschusses in Über-
einstimmung mit der in der Europäischen Union geübten
Praxis erst nach dem vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt,
um Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Fluthilfe und
der Verbuchung von Bundesbankgewinnen vorher klären zu

stellte sie nicht an. Das ist auch nicht ihre Aufgabe.
Ihr wurde weiter vorgeworfen, das am Jahresende 2002 ver-
abschiedete Beitragssatzsicherungsgesetz sei schon vor der
Bundestagswahl in ihrem Ministerium vorbereitet worden,
worüber sie geschwiegen habe.
Hierzu hat der Ausschuss festgestellt: Erst nach der Bundes-
tagswahl gelangten dem Bundesgesundheitsministerium
Hinweise aus der Pharmaindustrie zur Kenntnis, die darauf
hindeuteten, dass die Arzneimittelausgaben – anders als bis-
lang eingeschätzt – weiter überproportional steigen und die
Vereinbarung zwischen der GKV und der KBV vom
30. Januar 2002 zur Reduzierung der Arzneimittelkosten
um 4,6 % für den Rest des Jahres nicht mehr in dem erwar-
teten Umfang greifen würde. Ein Vorschaltgesetz zur Bei-
tragssatzstabilisierung zu verabschieden, wie es von einer
einzelnen Krankenkasse gefordert worden war, wurde vor
Bekanntwerden der Abschlüsse des 3. Quartals der Kran-
kenkassen im Bundesgesundheitsministerium weder für er-
forderlich noch für hilfreich gehalten.
Wegen der Anhebung des Beitragssatzes 2003 für die Arbei-
ter und Angestellten von 19,1 % auf 19,5 % im November
2002 war der Bundesregierung vorgehalten worden, auch
dies habe sie vor der Wahl voraussehen können und der Öf-
fentlichkeit mitteilen müssen. Die von der Bundesregierung
vor der Bundestagswahl geäußerte Erwartung, der Renten-
versicherungsbeitragssatz 2003 werde bei 19,3 % liegen,
entsprach der festen Überzeugung des Bundesarbeitsminis-
teriums und der zuständigen Abteilung im Bundeskanzler-
amt. Das Ministerium konnte sich hierbei auf eine entspre-
chende Einschätzung des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung e. V. (DIW) und des Sachverständi-
genrates stützen.

B. Vorbemerkungen

I. Zu den Motiven für die Untersuchung
Am 22. September 2002 fand die Wahl zum 15. Deutschen
Bundestag statt. Nachdem die Parteien CDU und CSU über
viele Monate in den Umfragen geführt hatten, gelang es der
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kurz vor dem Wahl-
tag, den Trend umzukehren. Mitentscheidend für diese Ent-
wicklung war das zügig eingeleitete erfolgreiche Krisen-
management zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe
in den neuen Bundesländern im August 2002 und die klare
Haltung der Bundesregierung in dem sich zunehmend ver-

Deutschland erlebte am 22. September 2002 einen der span-
nendsten Wahlabende. Die ersten Hochrechnungen ergaben
für die Parteien von CDU und CSU einen leichten Vorsprung.
Es zeichnete sich eine Zusammensetzung des 15. Deutschen
Bundestages ab, in dem die CDU/CSU-Fraktion zusammen
mit der FDP-Fraktion über eine Mehrheit der Mandate ver-
fügen würde. Etwas vorschnell erklärte sich der Unionskan-
didat für das Amt des Bundeskanzlers, Dr. Edmund Stoiber,
am frühen Wahlabend kurz vor 19:00 Uhr mit den Worten:
„Wir haben die Wahl gewonnen“, zum Wahlsieger. Nach
2003 am 12. September 2002 bei der Vorstellung der Soll-
Zahlen des Haushaltsentwurfs diese Zahlen mit den Soll-
Zahlen des laufenden Jahres verglichen, ohne dies kenntlich
zu machen, obwohl ihm aktualisierte Hochrechnungen aus
seiner Haushaltsabteilung über die vermutlichen Ist-Zahlen

schaftet“ hätten. Wegen einer möglichen Beitragssatzanpas-
sung der gesetzlichen Krankenkassen am Ende des Jahres
2002 verwies die Bundesgesundheitsministerin vor der
Bundestagswahl jeweils auf die entsprechenden Stellung-
nahmen der zuständigen Krankenkassen. Eigene Prognosen
Drucksache 15/2100 – 138 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

das Bundesministerium der Finanzen neben der Verhän-
gung einer Haushaltssperre im August nach der Flutkata-
strophe keine Notwendigkeit für die Verabschiedung eines
Nachtragshaushaltes. Vernünftig war es dann, für die Auf-
stellung des Nachtragshaushalts die November-Steuerschät-
zung – und damit eine belastbare Datenbasis – abzuwarten.
Weiter war dem Bundesfinanzminister vorgeworfen worden,
er habe in seiner Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts

können. Ein Zusammenhang zwischen der Verspätung und
der Bundestagswahl lässt sich nicht feststellen.
Der Bundesgesundheitsministerin war vorgeworfen worden,
sie habe die Öffentlichkeit nicht ausreichend auf die finanzi-
elle Situation der gesetzlichen Krankenkassen hingewiesen.
Dabei hat sie selbst kurz vor der Wahl – wahrheitsgemäß –
die Öffentlichkeit darüber unterrichtet, dass die Kassen im
ersten Halbjahr 2002 ein Defizit von 2,4 Mrd. € „erwirt-
schärfenden Irak-Konflikt. Gleichwohl war der Ausgang der
Wahl noch am Wahltag völlig offen.

Mitternacht des Wahlabends dann die Überraschung: Das
vorläufige amtliche Endergebnis ergab, dass die bisherige

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 139 – Drucksache 15/2100

Koalition aus SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch
im neu gewählten Bundestag über eine Mehrheit verfügen
würde. Die Bundesregierung wurde von den Wählerinnen
und Wählern bestätigt.
Die Union fühlte sich um den sicher geglaubten Wahlsieg
gebracht. Diese Enttäuschung war vielleicht das eigentliche
Motiv, den Wahlkampf in einem Untersuchungsausschuss
aufzuarbeiten.
Dafür waren die Umstände günstig.
Im Oktober 2002 korrigierten einige Wirtschaftsforschungs-
institute ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im lau-
fenden Jahr deutlich nach unten. In ihrer Gemeinschafts-
diagnose rechneten die Institute nur noch mit einem
Wachstum von 0,4 % statt bisher 0,9 % (Das tatsächliche
Ergebnis war noch enttäuschender: 0,2 %). Mitte Oktober
lagen der Bundesregierung die Ergebnisse der Steuereinnah-
men aus dem Monat September vor. Es zeichnete sich ab,
dass ein Nachtragshaushalt verabschiedet werden müsste
und das gemeinsame Defizit von Bund, Ländern, Gemein-
den und Sozialversicherungen die Maastricht-Grenze von
3 % überschreiten würde.
Die ungünstige Beschäftigungsentwicklung und ein entspre-
chender Druck auf die Effektiv-Löhne (negative Lohndrift)
verschlechterte die Einnahmen der gesetzlichen Kranken-
und Rentenversicherung. Infolgedessen musste der Bei-
tragssatz 2003 für die Rentenversicherung nicht wie vorge-
sehen um 0,2, sondern um 0,4 Prozentpunkte angehoben
werden. Die Krankenkassen erhöhten ihre Beiträge zur Jah-
reswende von durchschnittlich 14,0 auf 14,3 %.
Am 14. November 2002 legte der Parlamentarische Staatsse-
kretär im Bundesministerium der Finanzen vor dem Deut-
schen Bundestag Rechenschaft über den aktualisierten Stand
des Bundeshaushalts ab und erläuterte die Ursachen für die
Korrektur der Einschätzung seitens der Bundesregierung,
nachdem er am Vortag bereits den Haushaltsausschuss infor-
miert hatte.
Nachdem der ehemalige haushaltspolitische Sprecher von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Oswald Metzger in einer
Fernseh-Sendung erklärt hatte, die Haushaltslöcher seien
schon vor der Wahl voraussehbar gewesen, forderte der hes-
sische Ministerpräsident Koch einen Untersuchungsaus-
schuss im Deutschen Bundestag und sprach in diesem Zu-
sammenhang von „vorsätzlichem Wahlbetrug“.
In der CDU/CSU hatte es zunächst Kritik an der Idee eines
Untersuchungsausschusses gegeben. Nach Darstellung des
Magazins „DER SPIEGEL“ zögerte die Bundesvorsit-
zende der CDU, Dr. Angela Merkel, zunächst, sich dem
Vorschlag des hessischen Ministerpräsidenten anzuschlie-
ßen (DER SPIEGEL vom 25. November 2002). Die Berliner
Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ berichtete, „die CDU-Vize
Anette Schavan habe sich empört, dass Koch die Fraktions-
führung und deren Vorsitzende Angela Merkel regelrecht er-
presst habe“ (u. a. Die Welt vom 30. November 2002).
Am 18. November 2002 kündigte die Vorsitzende der CDU/
CSU-Fraktion, Dr. Angela Merkel, an, ihre Fraktion werde
„schnellstmöglich“ einen parlamentarischen Untersuchungs-
ausschuss mit dem Titel „Vorsätzlicher Wahlbetrug“ einset-
zen. Die Opposition wie auch die Öffentlichkeit habe das

wusst habe. Dies gelte vor allem für den Bundesfinanz-
minister Hans Eichel (Die Welt vom 19. November 2002,
Dokument Nr. 4).
II. Ein unplausibler Vorwurf
Der Untersuchungsausschuss hatte sich laut Einsetzungs-
beschluss mit der Frage zu befassen, ob und in welchem
Umfang Mitglieder der Bundesregierung Bundestag und
Öffentlichkeit hinsichtlich der Situation des Bundeshaus-
halts, der Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und Ren-
tenversicherung sowie der Einhaltung der Kriterien des EG-
Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und Wachstums-
pakts durch den Bund vor der Bundestagswahl falsch oder
unvollständig informiert haben.
1. Kein Informationsmonopol der

Bundesregierung
Der Ausschuss konnte herausarbeiten, dass der Vorwurf der
„Wahllüge“ schon vom Ansatz her nicht plausibel war. Die
Bundesregierung verfügt nicht über ein Informationsmono-
pol und hat auch keinen relevanten Informationsvorsprung
gegenüber der Öffentlichkeit. Alle Daten zur Wirtschafts-
und Finanzlage, insbesondere die Einnahmen und Ausgaben
des Bundes, sind öffentlich und jedermann zugänglich. Nur
wenn es ein solches Informationsmonopol gäbe, stellte sich
die Frage, ob dieses missbraucht oder gegebenenfalls fehl-
gebraucht worden ist.
Überzeugend insoweit war die Stellungnahme des ehemali-
gen Regierungssprechers, des Zeugen Uwe-Karsten Heye
(28. Sitzung, Protokoll Heye, S. 6). Er sagte dem Ausschuss:

„Wenn mir jemand einen solchen Vorschlag gemacht
hätte, in Zeiten des Wahlkampfes den Versuch zu machen,
die Öffentlichkeit zu düpieren und den Bundestag gar,
dann hätte ich den ausgelacht und des Feldes verwie-
sen.“

2. Keine falschen Tatsachen
Die jeweils von der Bundesregierung veröffentlichten Zah-
len, etwa über die tatsächlichen Steuereinnahmen, die Aus-
gaben des Bundes oder das Halbjahresdefizit der gesetzlichen
Krankenversicherungen sind von niemandem in Frage ge-
stellt worden und waren nachweislich richtig. Die Veröffent-
lichungen waren vollständig. Damit blieb nur noch der Streit
darüber, ob Erwartungen und Prognosen für die Zukunft dem
jeweiligen Kenntnisstand der Bundesregierung entsprachen.
3. Keine Täuschung über Erwartungen
Die Fragestellung, ob die Bundesregierung über ihre Erwar-
tungen getäuscht hat, setzt voraus, dass es eine von äußeren
Einflüssen unabhängige, nur der Bundesregierung bekannte
Wahrheit über den Zustand der öffentlichen Haushalte so-
wie der Renten- und Krankenversicherungsträger gibt und
dass diese Wahrheit insbesondere unabhängig von dem
Handeln und Sagen der Bundesregierung existiert. Diese
Grundannahme ist falsch.
Die im Untersuchungsauftrag unterstellte „Täuschung“ der
Öffentlichkeit müsste sich – wenn man das Wort „Täu-
schung“ ernst nimmt – auf Tatsachen beziehen. Nicht über
Recht zu erfahren, was die rot-grüne Regierungskoalition
vor der Bundestagswahl von der „Haushaltsschieflage“ ge-

– als solche kenntliche – Erwartungen, sondern nur über die
tatsächliche Basis von Erwartungen kann getäuscht werden.

Drucksache 15/2100 – 140 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Tatsachen stehen jedoch gerade nicht in Frage. Niemand
konnte im Juli, August oder September letzten Jahres sicher
voraussagen, wie sich die Haushaltslage tatsächlich entwi-
ckeln würde. Prognosen im Sinne von unumstößlich siche-
ren Erwartungen waren nicht möglich.
Der Ausschuss hat sich intensiv mit der wirtschafts- und
konjunkturpolitischen Beratung beschäftigt, insbesondere
damit, was an Prognosegenauigkeit möglich war und ist so-
wie damit, was die Bundesregierung an Möglichkeiten
hatte, die Wirtschaftsentwicklung positiv zu beeinflussen.
Dabei ist klar geworden, dass die Vorhersagen in einem
komplexen System von ineinander greifenden Gremien for-
muliert werden, in das neben der Bundesregierung, den
Bundesländern – auch den unionsgeführten – und den kom-
munalen Spitzenverbänden auch wirtschaftswissenschaft-
liche Institute und Versicherungsträger, Verbände und unab-
hängige Experten eingebunden sind.
Die Prognosegenauigkeit, die sich mit diesem komplexen
Instrumentarium erzielen lässt, nimmt im Jahresverlauf
deutlich zu. Wirklich belastbare Voraussagen sind – ob
Wahljahr oder nicht – erfahrungsgemäß aber erst im Herbst
möglich. Die Ergebnisse dieser Beratungen und Berechnun-
gen werden in den meisten Fällen auch der Öffentlichkeit
und den zuständigen Gremien des Deutschen Bundestages
zur Kenntnis gebracht, so dass ein hohes Maß an Transpa-
renz gewährleistet ist. In die Überlegungen dieser Gremien,
etwa in der Renten- und Krankenversicherung, fließen nicht
nur alle verfügbaren Informationen über kassenmäßige Zu-
und Abflüsse ein, sondern auch langjährige Erfahrungen mit
saisonalen Schwankungen, Einmaleffekten wie Weihnachts-
und Urlaubsgeld sowie nicht zuletzt die Konjunkturprogno-
sen der etablierten Wirtschaftsforschungsinstitute.
Von daher haben sich die Lügenvorwürfe als unplausibel er-
wiesen.
III. Wahlversprechen der Union und

das Verhalten der B-Länder
1. Die Wahlversprechen der Union
Widersprüchlich ist der Vorwurf der Wahllüge von Seiten
der Unions-Parteien und der FDP angesichts ihrer eigenen
Ankündigungen im Bundestagswahlkampf im Jahre 2002.
In den entscheidenden Gremien, Arbeitskreis „Steuerschät-
zungen“ und Finanzplanungsrat, sitzen der Bund und die
Länder gemeinsam. Aus diesen Gremien hatte insbesondere
der Finanzminister des damaligen Kanzlerkandidaten der
Unionsparteien den gleichen Informationsstand wie der
Bundesfinanzminister (so Prof. Dr. Faltlhauser vor dem
Bayerischen Landtag, Plenarprotokoll 14/103, S. 7510).
Einerseits ist von CDU/CSU geltend gemacht worden, sie
hätten frühzeitig erkannt und öffentlich gemacht, dass der
Bundeshaushalt 2002 schon im Juni 2002 „geplatzt“ sei und
das Maastricht-Kriterium von 3 % verfehlt werden würde
(Faltlhauser, Pressekonferenz vom 25. Juli 2002: „unter
keinen Umständen“). Andererseits hinderte dies den dama-
ligen Kanzlerkandidaten der Unionsparteien nicht daran, in
seinem 100-Tage-Programm zusätzliche Ausgaben von weit
über 20 Mrd. € allein für das „Familiengeld“ und Steuer-
senkungen von rund 60 Mrd. € für den Fall seines Wahlsie-

rung der Flutschäden über neue Schulden sei auch noch Luft
(BT-Drs. 14/9905).
Vor diesem Hintergrund verwahrte sich der frühere haus-
haltspolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, Oswald Metzger, im Ausschuss auch mit Nach-
druck gegen das Ansinnen der Union, ihn zum Kronzeugen
gegen die Bundesregierung zu machen und fügte hinzu
(28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 41):

„Unser Haushaltsreferent hat mit unseren Bordmitteln
die Wahlprogramme aller damaligen Bundestagspar-
teien analysiert und die Wahlversprechungen in Zahlen
quantifiziert. Ich habe vorhin einfließen lassen, dass das
ehrlichste Wahlprogramm die Sozialdemokratische Par-
tei Deutschlands hatte. Sie haben von allen Parteien am
wenigsten versprochen. Die Grünen waren großzügiger.
Die CDU war sehr großzügig. Und am großzügigsten
waren die Liberalen. Nach dem Programm der Liberalen
hätten wir, wenn wir das Programm ernst genommen
hätten, pro Jahr gesamtstaatlich dreistellige Milliarden-
Euro-Beträge verloren. (…)
Das Sofortprogramm, das Fünf- oder Sieben-Punkte-
Programm der Union hätte nach unserer Hochrechnung
20 Mrd. € gekostet. Das gesamte Programm – die drei-
mal 40, also: 40 % Staatsquote, Sozialversicherungsbei-
träge und Grenzsteuersatz – hätte fast einen Betrag im
dreistelligen Milliarden-Euro-Bereich gekostet. Und der
Tarif der Liberalen war – trotz Subventionsabbaus und
Abbaus von Mehrausgaben – deutlich im drei-
stelligen Milliarden-Euro-Bereich. Das waren unsere
Bordmittelhochrechnungen (...)“

Die vom Zeugen Metzger vorgetragenen Zahlen lassen sich
anhand des CDU/CSU-Wahlprogramms leicht verifizieren.
Auszug aus dem Wahlprogramm von CDU/CSU für die
Bundestagswahl 2002:

Mit der Anzahl der im Jahre 2001 in Deutschland lebenden
minderjährigen Kinder (Statistisches Bundesamt, Jahr-
buch 2003: bis 3 Jahre: 2.197.000 Kinder; 3 bis 18 Jahre:
12.633.900 Kinder) multipliziert würden sich die jährlichen

„Wir tun was für alle Familien – indem wir schrittweise
ein Familiengeld einführen. So holen wir Kinder aus der
Sozialhilfe heraus.
● Ab 2004 werden wir mit der Einführung eines Fami-

liengeldes beginnen. Für jedes Kind unter drei Jahren
erhalten Eltern 600 Euro Familiengeld pro Monat. Für
jedes Kind ab drei bis unter 18 Jahren werden 300 Euro
pro Monat gezahlt. Für Kinder ab 18 Jahre, die sich in
Ausbildung befinden, bekommen Eltern 150 Euro
(170 ab dem vierten Kind).

● Bei den Beiträgen zur Sozialversicherung wollen wir
Eltern durch einen Kinder-Bonus für jedes Kind entlas-
ten. Auch damit werden wir ein deutlich besseres Klima
für Kinder in unserem Land schaffen. Familie und Be-
ruf werden durch das Familiengeld besser miteinander
vereinbar sein.
ges zu versprechen. Im Deutschen Bundestag vertrat er
noch kurz vor der Wahl die Auffassung, für die Finanzie-

Ausgaben allein für minderjährige Kinder in der Bundes-
republik auf 61,3 Mrd. € belaufen. Im Jahre 2002 sind nach

In seiner Einbringungsrede bezog sich der hessische Finanz-
minister Weimar auf die aktuellen Ergebnisse des Arbeits-
kreises „Steuerschätzungen“ und führte zu seiner Rechtfer-
tigung aus:

„Die Landesregierung hat nach Erlass einer Sofort-
sperre unverzüglich und angemessen gehandelt und am
3. Juli 2002 eine Bewirtschaftungsregelung erlassen.
Wir befanden uns mit dieser Maßnahme – Haushalts-
sperre bzw. Bewirtschaftungsregelung statt Nachtrags-
haushalt – im Einklang mit fast allen anderen Bundes-
ländern. Ich sage dazu: auch mit dem Bund, wie
allgemein bekannt ist. Hätten wir damals dennoch einen
Nachtragshaushalt eingebracht, so würden wir heute vor

Zunächst einmal zur ersten Klage. Es hat überhaupt kei-
nen Wert, Sie müssen den Haushalt auf der Basis einer of-
fiziellen Steuerschätzung aufstellen. (…) Alle Länder und
der Bund halten sich an die Steuerschätzung, und zwar an
die aktuellste. Die aktuellste war für die Aufstellung die-
ses Haushalts die Mai-Steuerschätzung. Anders kann und
darf ich mich nicht verhalten. Wer dies leugnet, kennt das
System in unserem Land nicht. Wer das leugnet, will von
Seriosität und Berechenbarkeit abgehen. (…)“ (Bay.
Landtag, Plenarprotokoll 14/107 S. 4464 f.)

Überzeugender hätte Herr Prof. Dr. Faltlhauser auch als
Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss den Bundesfinanz-
minister nicht entlasten können.

C. Zu den Vorwürfen im Einzelnen

I. Die konjunkturelle Entwicklung
In dem Untersuchungsauftrag ist die Prüfung der Frage, ob
Mitglieder der Bundesregierung Bundestag und Öffentlich-
keit über die wirtschaftliche Entwicklung falsch oder un-
vollständig informiert haben, nicht explizit enthalten. We-
gen der maßgeblichen Bedeutung der wirtschaftlichen
Entwicklung für die Einnahmen und Ausgaben des Bundes
sowie für die Einnahmen der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherung schließt der Untersuchungsauftrag
diese Fragestellung jedoch notwendigerweise ein.

1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme
Für die Planung der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik
von Bund und Ländern gibt es einen eingeübten Prognose-
kalender. Im Herbst des Vorjahres begutachtet der Sachver-
ständigenrat die wirtschaftliche Entwicklung und gibt Emp-
fehlungen an die Politik. Die Bundesregierung legt im Januar
als Planungsgrundlage für ihre Wirtschafts-, Finanz- und So-

schaftsdiagnose „zur Lage der Weltwirtschaft und zur Lage der
deutschen Wirtschaft“. Im April trifft ein „interministerieller
Arbeitskreis“ der Bundesregierung eine aktualisierte mittel-
fristige Vorausschätzung. Diese ist Grundlage für die Mai-
Schätzung des Bund-Länder-Arbeitskreises „Steuerschätzun-
gen“ und die Koordination der Haushaltspolitik von Bund und
Ländern in der Juni-Sitzung des Finanzplanungsrates. Im Ok-
tober legen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute eine
erneute Gemeinschaftsdiagnose vor. Darauf aufbauend gibt
der interministerielle Arbeitskreis seine kurzfristige Voraus-
schätzung für die Novembersitzungen des Arbeitskreises
„Steuerschätzungen“ und den Finanzplanungsrat.
Dazwischen beobachtet die Bundesregierung die Konjunk-
tur, ohne eigene aufwändige Schätzungen vorzunehmen.
Der Sachverständigenrat ist nach § 6 Abs. 2 des Sachver-
ständigenratsgesetzes verpflichtet, zwischendurch ein zu-
sätzliches Gutachten zu erstatten, wenn Entwicklungen er-
kennbar werden, welche die Stabilitätsziele gefährden.
Für das Jahr 2002 erwartete der Sachverständigenrat in
heißt es:
„Nach Bekanntwerden und Auswertung der Steuerergeb-
nisse des dritten Quartals, das den steuerstarken Monat
September mit einschließt, zeichnet sich eine markante
Ausweitung der Finanzierungslücke ab“ (a.a.O., S. 3).

wicklung der Steuereinnahmen auf der Grundlage der
Mai-Steuerschätzung aufgestellt wurde und zweitens,
dass erst im November die Konsequenzen aus der
schlechten Entwicklung für den Entwurf des Doppel-
haushalts 2003/2004 gezogen wurden.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 141 – Drucksache 15/2100

geltendem Recht für Kindergeld, Kinderfreibeträge und Er-
ziehungsgeld rund 39,5 Mrd. € aufgewendet worden.
2. Verhalten der Landesfinanzminister

der B-Länder
a) Hessen
Einen Tag, nach dem der hessische Ministerpräsident Koch
in der Öffentlichkeit diesen Untersuchungsausschuss gefor-
dert hatte (Leipziger Volkszeitung vom 15. November 2002),
brachte sein Kabinett für das Jahr 2002 einen Nachtrags-
haushalt in den Landtag ein, in welchem die Nettokreditauf-
nahme von 817,8 Mio. € auf 1.987,8 Mio. € mehr als ver-
doppelt werden sollte (Haushaltsgesetz 2002: Gesetz- und
Verordnungsblatt für das Land Hessen, Teil I – 21. De-
zember 2001; Entwurf Nachtragshaushaltsgesetz 2002:
Hess LT-Drs. 15/4635). In der Begründung des Entwurfs

keiner anderen Situation stehen und müssten erneut
einen Nachtragshaushalt einbringen (…)“ (Hessischer
Landtag, Plenarprotokoll 15/124, S. 8700).

b) Bayern
Widersprüchlich ist die Kritik an der Bundesregierung, sie
habe vor der Bundestagswahl ihrer Finanzplanung die Mai-
Schätzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ zu-
grunde gelegt. Genau so verhielt sich auch der bayerische
Finanzminister mit seinem Entwurf für den Doppelhaushalt
2003/2004 (Bay. LT-Drs. 14/10114) bis in den November
hinein und rechtfertigte sich hierfür vor dem Bayerischen
Landtag am 12. Dezember 2002:

„(…) gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zum Verfah-
ren: Es ist nötig, weil sich die Kollegen der SPD (…)
über zwei Dinge beklagt haben, nämlich, dass erstens
der Haushaltsentwurf trotz der verschlechterten Ent-
zialpolitik den Jahreswirtschaftsbericht vor. Im März erstellen
die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Gemein-

seinen Empfehlungen vom November 2001 ein reales Wirt-
schaftswachstum von 0,7 % (Jahresgutachten 2001/02

Drucksache 15/2100 – 142 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung; BT-Drs. 14/7569, S. 174,
Tz. 281). In ihrer Jahresprojektion 2002 im Jahreswirt-
schaftsbericht vom 31. Januar 2002 ging die Bundesregie-
rung in realer Rechnung von einem BIP-Zuwachs von rund
einem ¾ % aus (BT-Drs. 14/8175, Tz. 204, 208). Sie wies
dabei ausdrücklich auf die Unsicherheit ihrer Projektion hin:

„Die Wachstumsprognosen sind gegenwärtig mit außer-
gewöhnlich großen Unsicherheiten behaftet.“

Die Projektion aus dem Jahreswirtschaftsbericht legte die
Bundesregierung ihrer Finanzplanung im Jahre 2002 zu-
grunde und hielt sie bis nach der Bundestagswahl aufrecht
(Finanzplan des Bundes 2002 bis 2006 vom 16. August
2002, BT-Drs. 14/9751, S. 87). Sie überprüfte sie laufend
anhand der Wachstumsprognosen der unabhängigen Wirt-
schaftsforschungsinstitute, des IWF, der OECD sowie ein-
zelner Banken. Diese Prognosen bewegten sich bis ein-
schließlich August 2002 in einem Rahmen von 0,6 % bis
1,2 %. Besondere Bedeutung kommt hierbei der Gemein-
schaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforschungsins-
titute vom April 2002 zu. Diese rechneten für das Jahr 2002
mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von real
0,9 % (Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirt-
schaft im Frühjahr 2002 vom 19. April 2002, ifo Schnell-
dienst 8/2002, S. 16). Allen Prognosen gemein war die An-
nahme, dass das Jahr 2002 verhalten starten und die Kon-
junktur in der zweiten Jahreshälfte deutlich an Fahrt gewinnen
würde (Jahresgutachten SVR, BT-Drs. 14/7569, S. 174:
4. Quartal um 2,8 %; Gemeinschaftsdiagnose, ifo Schnell-
dienst 8/2002, S. 22: „im Jahresverlauf 2002 um 2 ¼ %“).
Für diese Entwicklung sprach auch der von der Bundesregie-
rung beobachtete Konjunkturklima-Index des ifo-Instituts
München: Seit den Terror-Anschlägen in New York und
Washington D.C. vom 11. September 2001 hatten sich die
Geschäftserwartungen der westdeutschen Industrieunterneh-
men Monat für Monat verbessert und dann stabilisiert; erst
im August rutschte der Index wieder leicht ins Minus.
Nur ein einziges Institut korrigierte seine Wachstumspro-
gnose schon vor der Bundestagswahl nach unten: Das Insti-
tut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) reduzierte am 18. Sep-
tember 2002 seine Wachstumserwartung für 2002 von
1,2 % auf 0,4 % und machte dies öffentlich.
Erst die Daten zum Auftragseingang und zur Produktion für
August und September, die Anfang Oktober bzw. Anfang
November vorlagen, ließen eine Belebung im Jahresverlauf
zunehmend unwahrscheinlich werden. In ihrem Herbstgut-
achten vom 22. Oktober 2002 kamen die Institute dann zu
dem Schluss:

„Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer schwieri-
gen Lage. Der für dieses Jahr prognostizierte Auf-
schwung hat nicht eingesetzt, weil mit den drastischen
Einbrüchen an den Aktienmärkten und den internatio-
nalen politischen Spannungen unvorhersehbare Schocks
aufgetreten sind, welche die Konjunkturaussichten ab-
rupt verschlechtert haben. Diese Entwicklung kann je-
doch nicht der Wirtschaftspolitik angelastet werden.“
(Herbstgutachten, ifo Schnelldienst 20/2002, S. 32)

Die Institute korrigierten ihre Wachstumsprognose für 2002
nach unten auf nunmehr 0,4 %, die Bundesregierung auf
½ %. Im Nachhinein ermittelte das Statistische Bundesamt

Die Fachleute der großen Wirtschaftsforschungsinstitute
gingen bis in den Oktober 2002 nicht von einer im Herbst
erheblich verschlechterten Konjunktur aus. Zu seiner eige-
nen skeptischeren Prognose vom 18. September 2002 sagte
Prof. Dr. Ullrich Heilemann vom IfW vor dem Ausschuss,
sie sei ein „Signal“ gewesen, allerdings für die Bundesre-
gierung „keine Verpflichtung zur Prognoserevision“ (5. Sit-
zung Protokoll Sachverständigenanhörung, S. 23).
Für eine Revision der eigenen Prognose zum Wirtschafts-
wachstum (0,7 %) sah auch der Sachverständigenrat zur Be-
gutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung keine
Veranlassung. Die Sachverständigen hatten die Entwicklung
durchaus verfolgt, aber sich nicht veranlasst gefühlt, dem
Bundeskanzler einen Brief zu schreiben, wie es bei anderen
Gelegenheiten schon praktiziert worden ist, geschweige
denn ein Sondergutachten vorzulegen. Prof. Dr. Heilemann
beschreibt das Verhalten des Sachverständigenrates: „Es hat
eine Art business as usual gegeben und die Korrekturen wa-
ren durchaus im Bereich des Üblichen.“ (5. Sitzung, Proto-
koll Sachverständigenanhörung, S. 23).
Mit einem wirtschaftlichen Aufschwung in der zweiten Jah-
reshälfte 2002 rechnete übrigens auch die Berliner CDU.
Ihren Normenkontrollantrag beim Berliner Verfassungs-
gerichtshof (Az: VerfGH 125/02) gegen das Berliner Haus-
haltsgesetz 2002/2003 begründete sie damit, dass die Be-
urteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage durch den
Haushaltsgesetzgeber in deutlichem Gegensatz zur Auf-
fassung der gesetzlich verankerten Organe der finanz- und
wirtschaftspolitischen Meinungs- und Willensbildung stehe.
Sie beruft sich dabei auf den Sachverständigenrat, nach dem
im Jahr 2002 mit einer positiven Konjunkturentwicklung
zu rechnen gewesen sei, und auf die Frühjahrsdiagnose der
wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute, die für
2002 eine erhebliche Wachstumsbeschleunigung erwartet hät-
ten (http://www.berlin.de/SenJust/Gerichte/LVerfGH/presse/
archiv/16056/ index.html).
2. Bewertung
Die Bundesregierung hat sich in ihrer Konjunktureinschät-
zung für das Jahr 2002 im Wesentlichen an den Wirtschafts-
forschungsinstituten orientiert. Daraus kann ihr kein Vor-
wurf gemacht werden. Sie hatte auch keine Veranlassung,
von ihrer bisherigen Wachstumsprognose für das laufende
Jahr von einem ¾ % abzugehen, als es im August und Sep-
tember erstmals vereinzelte Anzeichen für eine wirtschaft-
liche Eintrübung gab.
Ihre Wirtschaftsprognose vom Januar 2002 orientierte die
Bundesregierung erkennbar an den Empfehlungen des
Sachverständigenrates und an den sonst zur Verfügung ste-
henden Prognosen. Sie bewegte sich gemessen an den Er-
wartungen unabhängiger Institute vorsichtig im unteren
Mittelfeld des Prognosespektrums.
Prognosen nimmt die Bundesregierung nicht als unbeteilig-
ter Beobachter zur Kenntnis. Das Handeln der Bundesregie-
rung selbst ist ein wichtiger Faktor, um wirtschaftlichen
Positivszenarien zum Durchbruch zu verhelfen und Einbrü-
che zu verhindern. Auch das Abrücken von Erwartungen
– gleich, ob Wahljahr oder nicht – ist selbst ein ökonomi-
sches Faktum, das einer Rechtfertigung bedarf. Eine solche
Rechtfertigung war im Sommer und Spätsommer 2002 nicht
ein BIP-Wachstum für 2002 in Höhe von 0,2 % (Stand
4. Juli 2003).

gegeben. Der Finanzminister der größten Volkswirtschaft
im Euro-Raum braucht eine sichere und verlässliche Grund-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 143 – Drucksache 15/2100

lage, bevor er psychologisch bedeutsame und ökonomisch
mit weitreichenden Konsequenzen verbundene Feststellun-
gen in die Öffentlichkeit weiterträgt.
Ein ernst zu nehmendes Anzeichen für eine Verschlechte-
rung der Konjunkturlage war die dritte Absenkung des ifo-
Geschäftsklimaindex in Folge, die Ende August vom ifo-
Institut für Wirtschaftsforschung München angezeigt
wurde. Auch zu dieser Zeit jedoch war der Trend bei den
wichtigen Konjunkturindikatoren Auftragseingang und Pro-
duktion in der Industrie noch aufwärts gerichtet. Die Bun-
desregierung hatte daher zwar Anlass zu erhöhter Wach-
samkeit, aber keineswegs Veranlassung, der von den
Wirtschaftsexperten erwarteten gesamtwirtschaftlichen Be-
lebung im weiteren Jahresverlauf zu widersprechen. Sie
hatte auch keine verlässliche Basis, von ihrer Wachstum-
sprognose von ¾ % abzurücken. Dies umso weniger, als die
nächste turnusmäßige und auf gesicherten Daten beruhende
Überprüfung der Projektion im Oktober anstand.
In der konjunkturell schwachen Phase 2002 wäre es fahrläs-
sig gewesen, die noch nicht gefestigte Lage durch mögli-
cherweise falsche Ankündigungen zu destabilisieren und
damit den erwarteten und erhofften Aufschwung zu gefähr-
den. Hier liegt die politische Verantwortung des Bundes-
finanzministers. Wirtschaftspolitisch war das Wirkenlassen
der automatischen Stabilisatoren angesichts der konjunk-
turellen Lage zwingend geboten. Eine andere Politik hätte
zur Verschärfung der sich erst zum Ende des Jahres abzeich-
nenden Wachstumsdelle geführt.
Von Seiten der Bundesregierung trotz dieser Ausgangslage
öffentlich Negativprognosen abzugeben, hätte die Gefahr
äußerst negativer wirtschaftlicher Auswirkungen mit sich
gebracht. Aussagen zur wirtschaftlichen Entwicklung selbst
sind wichtige konjunkturelle Einflussfaktoren. Sie prägen
das Stimmungsbild der Wirtschaftssubjekte. Negative Pro-
gnosen auf der Basis nicht belastbarer Daten, die zudem im
Widerspruch zu der Einschätzung der meisten Wirtschafts-
experten gestanden hätten, hätten Verbraucher und Inves-
toren tief verunsichert und der Volkswirtschaft geschadet.
II. Situation des Bundeshaushalts
1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme
Zu dem Vorwurf, die Bundesregierung habe den Bundestag
und die Öffentlichkeit über die Situation des Bundeshaus-
haltes falsch oder unvollständig informiert, hat der Aus-
schuss im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Bundeshaushalt
sah Steuereinnahmen in Höhe von 199,2 Mrd. € und eine
Nettokreditaufnahme von 21,1 Mrd. € vor (Haushaltsgesetz
2002 vom 20. Dezember 2001, BGBl. I S. 3964). In öffent-
lichen Erklärungen wies der Bundesfinanzminister wieder-
holt darauf hin, „der Haushalt ist auf Kante genäht“ und
Platz für zusätzliche Ausgabenwünsche gebe es nicht, auch
keine Risikoreserven (Bundesminster Hans Eichel bei der
Beschlussfassung des Deutschen Bundestages über den
Bundeshaushalt 2002 am 27. November 2001, Plenarproto-
koll 14/203, S. 19939 (A)).
Über die Entwicklung des Bundeshaushalts, insbesondere
über die Einnahmen und Ausgaben des Bundes unterrichtete
die Bundesregierung den Bundestag und die Öffentlichkeit

August 2001 monatlich sowohl in gedruckter Fassung als
auch im Internet veröffentlicht werden, listete die Bundes-
regierung alle ihr zur Verfügung stehenden Daten über die
Einnahmen und Ausgaben des Bundes auf. In diesen Be-
richten wird für alle Steuerarten getrennt der aktuelle kas-
senmäßige Eingang aufgeführt und sowohl mit dem im
Bundeshaushalt veranschlagten Soll als auch mit dem je-
weiligen Ergebnis des entsprechenden Vorjahreszeitraumes
verglichen. In gleicher Weise werden die bereits getätigten
Ausgaben dargestellt – und zwar zum einen getrennt nach
ökonomischen Arten und zum anderen getrennt nach Auf-
gabenbereichen. Fehler in den Unterrichtungen oder den
Veröffentlichungen konnten nicht ermittelt werden.
Im Mai 2002 tagte der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“.
Für den Bund rechnete der Arbeitskreis mit einem Steuer-
aufkommen für 2002 in Höhe von 196,4 Mrd. €. Er korri-
gierte damit seine vorangegangene Schätzung vom Novem-
ber 2001 um 1,5 Mrd. € nach unten. Die Ergebnisse der
Steuerschätzung wurden vom Bundesfinanzministerium im
Monatsbericht Juni 2002 veröffentlicht (BMF, Monats-
bericht 06.2002, S. 39 ff.). Zusätzlich wurde der Finanzaus-
schuss des Bundestages am 5. Juni 2002 von der Parlamen-
tarischen Staatssekretärin im BMF Dr. Barbara Hendricks
und dem Vorsitzenden des Arbeitskreises „Steuerschätzun-
gen“ Dr. Schoof über die Ergebnisse des Arbeitskreises vom
Mai detailliert unterrichtet.
Die nächste Schätzung des Arbeitskreises stand danach tur-
nusmäßig erst wieder im November an. Dazwischen erfol-
gen keine Steuerschätzungen. Das Bundesfinanzministe-
rium beobachtet zwar in der Zwischenzeit die
kassenmäßigen Einnahmen der einzelnen Steuerarten und
die Ausgaben aus dem Bundeshaushalt und veröffentlicht
diese Zahlen im aktuellen Monatsbericht. Die positiven
bzw. negativen Sollabweichungen sowohl auf der Ein-
nahme- als auch auf der Ausgabenseite werden addiert bzw.
subtrahiert. Der Minister erhält aus der Haushaltsabteilung
für jeden Monat eine so erstellte Haushalts-Übersicht. Eine
solche Übersicht wird nicht veröffentlicht.
Im Juli 2002 gingen beim Bundesfinanzministerium die vor-
läufigen Zahlen über die Steuereinnahmen aus dem Monat
Juni ein, welche deutlich hinter den Erwartungen zurück-
blieben. Auch diese Zahlen wurden im Monatsbericht Juli
des BMF veröffentlicht (BMF, Monatsbericht 07.2002, S. 14,
18-22). Eine schematische Hochrechnung dieser Steuerzah-
len auf das Gesamtjahr, ohne Berücksichtigung der Konjunk-
turprognosen, ergab ein zusätzliches Defizit von über
10 Mrd. €. Für die Verabschiedung eines Nachtragshaushal-
tes für das Haushaltsjahr 2002 sah die Bundesregierung zu
diesem Zeitpunkt jedoch keinen Anlass. Die Leitung des
Bundesfinanzministeriums (Minister und Staatssekretäre)
war der festen Überzeugung, trotz dieser Schwierigkeiten
den Haushalt 2002 im Einklang mit dem Haushaltsrecht ohne
Nachtrag abschließen zu können. Zum Einen hielt das Fi-
nanzministerium diese Hochrechnung aufgrund eines einzi-
gen Monats für eine nicht ausreichende Basis, zum Anderen
stützte es sich auf die Erfahrung früherer Jahre, in denen es
gelungen war, Mehrausgaben von bis zu 9 Mrd. € ohne Er-
höhung der Nettokreditaufnahme im Ergebnis ausgleichen
zu können. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums be-
standen selbst für den Fall eines beträchtlichen zusätzlichen
Kreditbedarfes noch mehrere haushaltsrechtlich zulässige
im Laufe des Jahres 2002 fortlaufend. Insbesondere in den
Monatsberichten des Bundesfinanzministeriums, die seit

Handlungsoptionen: Es hätten noch nicht ausgeschöpfte Kre-
ditermächtigungen aus den Vorjahren in Höhe von 7,5 Mrd. €

Drucksache 15/2100 – 144 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

genutzt werden können. Zusätzliche Privatisierungserlöse hät-
ten durch Verkauf von Telekom-Aktien an die Kreditanstalt für
Wiederaufbau erzielt werden können. Erwogen wurde auch,
den Haushalt nach § 25 Bundeshaushaltsordnung i.V.m. § 2
Haushaltsgesetz 2002 mit einem Fehlbetrag abzuschließen.
Bestätigt sah sich die Leitung des Ministeriums in ihrer Ein-
schätzung, als sich die Entwicklung nur einen Monat später
wieder verbesserte: Die Lücke in der Haushaltshochrechnung
sank wieder um 1,1 Mrd. € (Dokument Nr. 31).
Nicht bestätigen ließ sich ein zu dieser Frage in der Öffent-
lichkeit mehrfach konstruierter Dissens zwischen Fach- und
Leitungsebene im Ministerium. Alle wesentlichen Überle-
gungen und Einschätzungen aus den Fachreferaten über die
Steuereinnahmen und die Haushaltsentwicklung wurden von
dem Minister mit den Staatssekretären im Leitungskollegium
analysiert und beraten. Insbesondere waren die Vermerke des
Steuerschätzers Dr. Schoof und die Übersichten aus der
Haushaltsabteilung vom Juli 2002 Gesprächsthema zwi-
schen dem Minister und seinen Staatssekretären. Der zustän-
dige Staatssekretär Dr. Overhaus, der auf Jahrzehnte lange
Erfahrung mit Bundeshaushalten zurückblicken konnte,
überzeugte den Minister davon, dass die Juni-Zahlen allein
keine hinreichende Handlungsgrundlage für weitreichende
Schritte sein könnten. Auch die Fachreferate sahen das so:
– Das Haushaltsreferat II A 2 hatte in seinem Vermerk

vom 17. Juli 2002 darauf hingewiesen: „Aus dem derzei-
tigen Finanzierungssaldo ... können keine Rückschlüsse
auf den weiteren Jahresverlauf gezogen werden.“

– Der vom Ausschuss angehörte Steuerschätzer Dr. Schoof
bestätigte das mit Blick auf die Körperschaftsteuer, die
im Juni 2002 mit -76,3 % besonders deutlich eingebro-
chen erschien: „Diese Kassenergebnisse sagen also
nichts darüber aus, was tatsächlich passiert“ (7. Sitzung,
Protokoll Dr. Schoof, S. 103).

– Explizit gegen das Ziehen voreiliger Schlüsse aus den
Steuerzahlen sprach sich der als Zeuge vernommene
Leiter des Generalreferats Finanzpolitik, Dr. Kastrop,
aus: „Wir hatten aber insbesondere die Ergebnisse von
Juli und August. Nach meiner Erinnerung gab es da auch
auf der Haushaltsseite eine Verbesserung, sodass die Da-
ten, über die ich zu dem Zeitpunkt unterrichtet war, es je-
denfalls nicht nahe legten, dem Minister irgendeinen
Wechsel in der Bewertung der Situation vorzuschlagen“
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 77).

Nicht nur die Fachbeamten des Ministeriums, auch der
Sachverständigenrat hielt nichts von Zwischenschätzungen.
Der „Wirtschaftsweise“ Prof. Dr. Kromphardt erläuterte
dem Ausschuss: „Bevor die amtlichen September-Zahlen
über das Steueraufkommen vorliegen, kann man zwar im-
mer eine Prognose machen, aber eine fundierte Schätzung,
auf die man in starkem Maße politische Entscheidungen
basieren kann, konnte man eigentlich erst machen, als die
September-Zahlen vorlagen. Das war im Oktober der Fall“
(5. Sitzung, Protokoll Sachverständigenanhörung, S. 15).
Am 12. September 2002 stand erst Minister Eichel, später
der Parlamentarische Staatssekretär beim BMF, Karl Diller,
dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages für
Fragen über den aktuellen Stand des Bundeshaushalt zur
Verfügung. Die der Fraktion der CDU/CSU angehörenden

In der Bundestagsdebatte vom selben Tage stellte der Bun-
desfinanzminister den Regierungsentwurf für den Bundes-
haushalt 2003 vor (Plenarprotokoll, 14/252, S. 25460). Dieser
war – wie in allen Vorjahren – auf der Grundlage der Mai-
Schätzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ aufge-
stellt. Der Minister referierte über die Veränderungen des
Entwurfs gegenüber den Zahlen des Haushalts 2002. Unter
anderem verglich er – wie in der Einbringungsrede eines
Bundesfinanzministers üblich – die Soll-Zahlen der Nettokre-
ditaufnahme in dem Entwurf mit den Soll-Zahlen des in Kraft
befindlichen laufenden Haushalts (Plenarprotokoll, 14/252,
S. 25461 (B)). Dies war für jeden Abgeordneten erkennbar.
Für die Annahme, der Bundesminister habe abweichend von
der parlamentarischen Praxis eine aktuelle Hochrechnung
über den voraussichtlichen Jahresabschluss 2002 verkünden
wollen, gab es aus dem Plenum, etwa durch Zwischenrufe,
Zwischenfragen oder in Redebeiträgen, keine Hinweise.
Um den 20. September 2002 verbreitete der haushaltspoli-
tische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Austermann, im
Haushalt 2003 klaffe eine Lücke von 20 Mrd. €, für die
Staatssekretär Dr. Overhaus unter dem Namen „Giftliste“
Sparvorschläge habe erarbeiten lassen. Tatsächlich hatte der
Staatssekretär seine Mitarbeiter aufgefordert, für den Fall,
dass die wirtschaftliche Entwicklung sehr schlecht läuft, die
Verteilung irgendeines einzusparenden Gesamtbetrages pro-
portional zum Haushaltsvolumen auf die Einzelpläne vorzu-
überlegen. Eine Liste mit konkreten Einzelmaßnahmen ist
nicht erstellt worden. In den Fachreferaten eines jeden
Finanzministeriums werden solche Listen zur Überprüfung
von Einsparpotentialen permanent geführt. Die „Giftliste“
ist eine langjährige Einrichtung des Bundesfinanzministe-
riums. In ihr finden sich alle denkbaren Möglichkeiten, zu
höheren Einnahmen und zu niedrigeren Ausgaben zu gelan-
gen. Dort finden sich viele „alte Bekannte“, die immer wie-
der in der politischen Diskussion eine Rolle spielen.
Mitte Oktober lagen dem Bundesfinanzministerium die
Steuerzahlen für den aus der Sicht des Bundesfinanzminis-
teriums bedeutenden Steuermonat September vor. Die er-
wartete Einnahmeverbesserung trat nicht ein und das Minis-
terium vermutete, dass die Steuereinnahmen des Bundes
wohl um ca. 6 Mrd. € hinter den Erwartungen zurückbleiben
würden. Hiervon waren nicht nur das Bundesfinanzministe-
rium, sondern auch die meisten Wirtschaftsforschungsins-
titute überrascht (vgl. hierzu: Gemeinschaftsdiagnose der
wirtschaftswissenschaftlichen Institute vom 18. Oktober
2002, ifo Schnelldienst 20/2002, S. 29). Auf der Ausgaben-
seite erforderten die inzwischen auch verschlechterten Ar-
beitmarktzahlen einen Mehrbedarf von ca. 4,5 Mrd. €.
Nachdem der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ im Novem-
ber 2002 die prognostizierten Steuereinnahmen für den Bund
nochmals nach unten korrigiert hatte (BMF, Monatsbericht
12.2002, S. 43 ff.), hielt die Bundesregierung die Einbrin-
gung eines Nachtragshaushalts für notwendig. Durch das
Nachtragshaushaltsgesetz 2002 vom 23. Dezember 2002
wurde die Nettokreditaufnahme auf 34,6 Mrd. € festgesetzt
(BGBl. I 4593). Der vorläufige Abschluss des Haushalts
2002 ergab ein tatsächliches Defizit von 31,9 Mrd. Die Steu-
ereinnahmen des Bundes in 2002 betrugen im Ergebnis
192,1 Mrd. €. Das Defizit war nicht zuletzt deswegen deut-
lich kleiner als im Nachtragsetat veranschlagt, weil die Kör-
perschaftsteuer anders als die noch im November von dem
Ausschussmitglieder verzichteten auf die Beratung dieses
Tagesordnungspunktes. Dieser wurde daraufhin abgesetzt.

Arbeitskreis geschätzten 425 Mio. € tatsächlich 1.432 Mio. €
ergab (BMF, Monatsbericht 01.2003, S.11).

ganze Sätze aus den internen Unterrichtungen des Bundes-
finanzministers in den Monatsberichten des BMF wieder.
Irgendeine objektive Falschinformation der Öffentlichkeit
oder des Parlaments kann ihm nicht vorgehalten werden, zu-
mal Bundesminister Eichel die umfassende Veröffent-
lichung dieser Berichte 2001 selbst eingeführt hat.
Dem Bundesfinanzminister wurde vorgeworfen, er habe in
seiner Haushaltsrede am 12. September 2002 noch von einer
Nettokreditaufnahme im laufenden Jahr in Höhe von
21,1 Mrd. € gesprochen, obwohl ihm schon ein Vermerk aus
seiner Haushaltsabteilung vorgelegen habe, nach dem sich am
Jahresende eine Nettokreditaufnahme von 32 Mrd. € ergeben
könnte. Der Minister gab in dieser Debatte keinerlei Anlass

durch jeden Interessierten verfolgen.
Die Monatsberichte des BMF sind übersichtlich gestaltet und
ermöglichen es jedem Leser, sich einen Eindruck von dem
Zustand der Bundesfinanzen zu machen. Sie geben einen um-
fassenden Überblick über die Konjunkturentwicklung und
die finanzwirtschaftliche Lage. Der Vergleich des monat-
lichen Eingangs der unterschiedlichen Steuern mit dem
Ganzjahressoll und dem Aufkommen aus dem Vorjahres-
monat lässt den Leser nachvollziehen, ob die Entwicklung
über oder unter den Erwartungen liegt. Auch auf der Aus-
gabenseite kann der Leser erkennen, wie viel des Ganzjahres-
ansatzes z. B. für Arbeitslosenversicherung und die Arbeits-
losenhilfe bereits aufgewandt worden ist. Die Ergebnisse der
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 145 – Drucksache 15/2100

Nettokreditaufnahme im Vergleich in Mrd. €:

Quelle: jeweiliges BGBl.; BMF, Finanzbericht 2004

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
HaushaltsG 23,2 22,0 35,3 24,9 30,6 27,3 28,8 27,4 25,3 22,3 21,1
NachtragsHH 20,7 34,5 36,2 34,6
Ist 19,7 33,8 25,6 25,6 40,0 32,6 28,9 26,1 23,8 22,8 31,8

Von dem schlechten Steueraufkommen im Herbst 2002 wa-
ren die Länderfinanzminister genauso überrascht worden
wie das Bundesfinanzministerium. Auch die hessische Lan-
desregierung wartete die November-Steuerschätzung ab, be-
vor sie am 15. November 2002 einen Entwurf eines Nach-
tragshaushaltsgesetzes in den Landtag einbrachte.
2. Bewertung
Über die Situation des Bundeshaushalts hat die Bundesre-
gierung stets zutreffend und vollständig informiert. Sie hat
gegenüber dem Bundestag alle Berichtspflichten erfüllt und
ist dem Anspruch der Öffentlichkeit auf Information umfas-
send gerecht geworden.
Ihre Erwartungen stützte die Bundesregierung auf solide
Grundlagen und zog daraus plausible Schlüsse. Dass sich
die Steuereinnahmen rückblickend anders entwickelten als
erwartet, war weder für die Bundesregierung noch für Wirt-
schaftsforscher und Länderfinanzminister vorhersehbar.
a) Umfassende Informiertheit des

Bundesfinanzministers
Bundesfinanzminister Hans Eichel konnte dem Ausschuss
überzeugend darlegen, dass ihn alle wesentlichen Infor-
mationen und Erkenntnisse seines Ministeriums tatsächlich
erreichten. Das haben alle vernommenen Mitarbeiter des
Bundesfinanzministeriums bestätigt. In Bezug auf den Bun-
deshaushalt ließ er sich ständig über die Einnahmen- und
Ausgabenentwicklung auf dem Laufenden halten.
b) Keine Falschinformation
Die in den Publikationen der Bundesregierung veröffent-
lichten Zahlen über den Bundeshaushalt geben vollständig
und exakt die in den Vermerken des Bundesfinanzministe-
riums genannten Zahlen wieder. Teilweise finden sich sogar

zu den Kommastellen exakt die Zahlen vor, die den Abgeord-
neten in den Bundestagsdrucksachen vorlagen: Die Sollzah-
len des Entwurfs für einen Haushalt 2003 im Vergleich mit
den Sollzahlen des laufenden Jahres. Gegenstand der Debatte
war die erste Beratung dieses Entwurfs. Es war offensichtlich,
dass über die Sollzahlen in der Vorlage diskutiert werden
sollte. Es ist nicht ersichtlich, warum irgendjemand annehmen
sollte, diese Zahlen seien ein voraussichtliches „Ist“. Bemer-
kenswerterweise griff in der nachfolgenden Aussprache kein
einziger Redner diese Zahl auf. Sie war ja hinlänglich be-
kannt, mit Sicherheit auch auf Seiten der Union. Sie hat diese
Debatte unzulässigerweise uminterpretiert dahingehend, dass
Bundesminister Eichel angeblich einen Bericht über die ak-
tuelle Lage des Bundeshaushalts abgegeben hat.
Auch der dieser Debatte zugrunde liegende Entwurf für den
Bundeshaushalt 2003 entsprach dem aktuellen Erkenntnis-
stand. Er basierte auf den Ergebnissen der jüngsten Steuer-
schätzung vom Mai 2002 unter Berücksichtigung geplanter
Steuerrechtsänderungen und war solide durchgerechnet. Als
der Entwurf am 19. Juni 2002 im Bundeskabinett beschlos-
sen wurde, lag die Steuerschätzung gerade einmal vierein-
halb Wochen zurück. Die Aktualisierung sollte während der
parlamentarischen Beratung auf der Grundlage der Novem-
ber-Steuerschätzung erfolgen. Das ist die langjährige und
bewährte Praxis.
c) Keine Verletzung von Berichtspflichten
Die gegenüber dem Deutschen Bundestag bestehenden Be-
richtspflichten wurden vom Bundesfinanzministerium voll-
ständig erfüllt.
aa) Vollständige Transparenz durch

die Monatsberichte des BMF
Die Haushaltsentwicklung des Bundes lässt sich monatlich
anzunehmen, dass er eine aktuelle Hochrechnung verkünden
würde. Er trug – wie jeder Bundesfinanzminister vor ihm – bis

Sitzungen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ werden
ebenso veröffentlicht wie die des Finanzplanungsrates.

Drucksache 15/2100 – 146 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Dem Anspruch, den Bundesfinanzminister Hans Eichel bei
der Vorstellung der ersten Ausgabe im August 2001 formu-
liert hat, durch Transparenz die Informationsbasis für die
Diskussion über finanz- und wirtschaftspolitische Maßnah-
men zu verbessern und die Meinungsbildung zu erleichtern,
wird die Publikation vollständig gerecht.
bb) § 10 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung
Nach § 10 Abs. 2 BHO ist die Bundesregierung verpflichtet,
Bundestag und Bundesrat über erhebliche Änderungen der
Haushaltsentwicklung und deren Auswirkung auf die Fi-
nanzplanung zu unterrichten. Auch dieser Verpflichtung
kam die Bundesregierung laufend und umfassend nach.
Die Bundesregierung hat allen Mitgliedern des Bundestages
jeweils den Monatsbericht des BMF zugesandt. Zusätzlich
wurde der Finanzausschuss des Bundestages am 5. Juni
2002 über die Ergebnisse des Arbeitskreises vom Mai de-
tailliert unterrichtet. Kein Abgeordneter kann ernsthaft gel-
tend machen, z.B. über die Ausfälle bei der Körperschaft-
steuer nicht unterrichtet worden zu sein.
Dass der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages
am 12. September 2002 über den aktuellen Stand des Bun-
deshaushalts nicht unterrichtet werden wollte, lag nicht am
Bundesfinanzministerium. Wenn die Ausschussmitglieder
auf den Bericht verzichteten, ist dies der Bundesregierung
nicht zuzurechnen.
cc) Unterrichtungspflicht aus ungeschriebenem

Recht
Der einzelne Abgeordnete hat grundsätzlich einen Anspruch
auf die Informationen, die er zur Erfüllung der ihm durch
sein Mandat zukommenden parlamentarischen Aufgaben
und Befugnisse benötigt. Das Bundesverfassungsgericht
hat, ausgehend von allgemeinen Verfassungsgrundsätzen
und Funktionsbedingungen des parlamentarischen Regie-
rungssystems, das Frage- und Interpellationsrecht und die
verfassungsrechtliche Pflicht der Bundesregierung anerkannt,
auf Fragen Rede und Antwort zu stehen und den Abgeord-
neten die zur Ausübung ihres Mandats erforderlichen Infor-
mationen zu verschaffen (BVerfGE 57, 1 [5]; 67, 100 [129],
70, 325 [355 f.]).
Es ist weder von Abgeordneten geltend gemacht worden
oder sonst ersichtlich, dass die Bundesregierung auf kleine
oder große Anfragen oder in der Fragestunde des Parla-
ments, wie sie in der Geschäftsordnung des Bundestages
vorgesehen sind, oder auf Ersuchen eines Ausschusses zu
Fragen des Bundeshaushalts nicht informiert hat.
Möglicherweise wollte der ein oder andere wahlkämpfende
Unionskandidat angesichts der eigenen Wahlversprechen
gar nicht so genau Bescheid wissen und fragte erst gar nicht.
dd) Zur Pflicht und Sinnhaftigkeit der Veröffent-

lichung von Referatsvermerken
Kritisiert worden ist, dass bestimmte ministeriumsinterne
Vermerke und Vorlagen zur Unterrichtung des Ministers, die
Wertungen einzelner Ministeriumsmitarbeiter enthielten,
nicht veröffentlicht worden sind. Eine solche allgemeine
Veröffentlichungspflicht der Bundesregierung besteht nicht.
Nach derzeitiger Rechtslage ist die Bundesregierung zwar

möglichen oder von den Abgeordneten für ihre Entschei-
dungsfindung benötigt werden. Erkenntnisse, die eine
interne Meinungsbildung bzw. Bewertung voraussetzen,
müssen aber in ihrer Entstehung nicht weitergegeben wer-
den. Referatsvermerke dienen der internen Information zur
Meinungs- und Willensbildung des Ministers. Mit ihnen
wird die Leitung eines Ministeriums auf dem Dienstweg
über Vorgänge in den einzelnen Referaten informiert. Da-
bei laufen aus einer Vielzahl von Referaten Spezial- und
(De-) Teilkenntnisse in der Spitze zusammen, die mitunter
erst in der Summe die hinreichende Beurteilung einer
Frage erlauben. Die Meinung des Ministeriums bildet al-
lein der Minister. Dies ist Ausfluss des Demokratieprin-
zips (Art. 20 GG): Nur der parlamentarisch verantwortli-
che Minister selbst ist hierzu demokratisch legitimiert. Und
Bundesminister Eichel hat eine verantwortungsbewusste
Entscheidung insofern getroffen.
Es wäre zu dem nicht sinnvoll gewesen, monatliche Steuer-
oder Haushaltshochrechnungen zu verbreiten. Entscheidend
ist, was anhand eines breiten Datenkranzes zu den offiziel-
len Schätzterminen, also Mai und November, ermittelt wird.
Diese werden dann auch jeweils veröffentlicht. Der Aus-
schuss hat sich sachkundig gemacht über die Güte und Aus-
sagekraft der Hochrechnungen aus den Fachreferaten zwi-
schen den offiziellen Schätzterminen durch Befragen der
zuständigen Fachbeamten des Ministeriums. Die befragten
Referatsleiter rieten davon ab, diese Hochrechnungen zur
Grundlage weitreichenden politischen Handelns zu machen
oder gar zu veröffentlichen.
Der Leiter des Generalreferats Finanzpolitik, Dr. Kastrop,
sagte vor dem Ausschuss:

„Aus meiner Erfahrung heraus – das gilt sowohl für die
Haushaltszahlen als auch für die Steuereinnahmezah-
len – hat es viele Jahre gegeben, in denen sehr irregu-
läre Entwicklungen stattfanden, sowohl bei einzelnen
Monaten der Steuerentwicklung als auch in Form von
Ausreißern im Bereich des Haushalts.
Ich habe grundsätzlich versucht – ich denke, das ist auch
für ein Bewertungsreferat wichtig –, mir keine voreiligen
Schlüsse zu Eigen zu machen, sondern immer erst zu
warten, bis sich bestimmte Trends sehr deutlich ausprä-
gen oder gar bestätigen, sodass man mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Entwick-
lung nicht mehr erwarten kann. Da muss ich sagen, dass
ich aus meiner Erfahrung heraus Zahlen, die ich vom
Haushalt bekomme, aber auch Zahlen, die einzelne Mo-
natsergebnisse im Bereich der Steuereinnahmen sind,
zunächst einmal misstraue und warte, ob sich das bestä-
tigt“ (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 85).

Der Referatsleiter Steuerschätzungen Dr. Schoof ergänzte:
„Man steht als Steuerschätzer vor dem Problem eines
ständigen Hin- und Herreißens. Deswegen machen wir
natürlich nicht jeden Monat eine Anpassung (…) son-
dern da wir wissen, dass es ständig hin- und herreißt,
beobachten wir das und sagen dann etwas, wenn wir das
Gefühl haben: Da scheint sich etwas anzubahnen. –
Wenn also beispielsweise ein Monat besonders schlecht
verpflichtet, dem Parlament feststehende Tatsachen mitzu-
teilen, die eine Beurteilung des Regierungshandelns er-

ausfällt, schreiben wir natürlich in unsere Berichterstat-
tung hinein: Wir haben einen schlechten Monat. – Aber

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 147 – Drucksache 15/2100

wir schreiben nicht hinein: Daraus gibt es Konsequen-
zen für die Steuerschätzung (…)
Wir führen keine Hochrechnungen von einzelnen Steuer-
monaten her durch (…) weil wir wissen, dass dies bei
Steuereinnahmen nicht funktioniert“ (7. Sitzung Proto-
koll Dr. Schoof, S. 98 und 102).

Der für Finanzprojektionen zuständige Leiter des Referats
„Öffentliche Haushalte“ Dr. Hanke erläuterte:

„Die Bundesregierung hat, wenn man so will, zwei
Haupttermine für gesamtwirtschaftliche Schätzungen
und für Haushaltsschätzungen, nämlich den ersten Ter-
min im Frühjahr und den zweiten im Herbst. (…) Dies
sind die beiden Termine, an denen wir einen relativ gu-
ten und abgestimmten konsistenten Datenkranz zur Ver-
fügung haben. In diesem Rahmen erfolgt dann die Schät-
zung. Für mich ist das Ganze dann beendet, wenn wir
unsere Vorlage für den Finanzplanungsrat vorlegen.
Dazwischen beobachten wir die Haushalte, registrieren
Abweichungen und ziehen natürlich in Form einer gro-
ben Peilung auch die Ergebnisse nach. Dies hat dann
aber nicht mehr den Charakter einer Schätzung, sondern
wir nehmen Änderungen isoliert auf und addieren sie. Im
Regelfall unterstellen wir je nach Anlass auch Verhal-
tensreaktionen, aber das hat dann vom Charakter und
von der Qualität her nicht die gleiche Klasse wie die bei-
den Standardschätzungen, die wir im Frühjahr und im
Herbst als Kurzfristschätzung noch einmal für die Haus-
haltsaufstellung durchführen (…)“ (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Hanke, S. 107 f.).

Zusätzlich sei angeführt: Der Erkenntnisgewinn aus den
Regierungsakten ist für denjenigen, der die Monatsberich-
te des BMF studiert hat, gering. Im Grunde handelt es sich
bei den Unterrichtungsvorlagen im Wesentlichen um kom-
primierte Zusammenstellungen dessen, was auch veröffent-
licht wird.
Einen Vorwurf lässt sich der Bundesregierung aus dem
Umstand, dass sie Referatsvermerke über Steuereinnah-
men und Haushaltshochrechnungen zwischen den übli-
chen Schätzterminen nicht veröffentlicht hat, nicht ernst-
lich machen.
d) Keine Täuschung über die Notwendigkeit

eines Nachtragshaushaltes
Über die Notwendigkeit eines Nachtragshaushaltes für das
Haushaltsjahr 2002 hat die Bundesregierung weder Öffent-
lichkeit noch Parlament getäuscht. Aus der Sicht vom Som-
mer 2002 musste im Jahr 2002 nicht mit der Erforderlich-
keit eines Nachtragshaushalts gerechnet werden. Selbst
unter der damals noch unwahrscheinlichen Annahme, dass
die parlamentarische Kreditermächtigung von 21,1 Mrd. €
nicht ausreichen würde, musste nicht über einen Nachtrags-
haushalt entschieden werden.
aa) Die Erwartung eines ausreichenden

finanziellen Spielraumes
Für den in Haushaltsfragen erfahrenen Staatssekretär
Dr. Overhaus – bereits unter der Vorgängerregierung unter

nachfolgenden Monaten ausreichend Steuern eingenom-
men würden, um mit den bisherigen Haushaltsansätzen aus-
zukommen. Diese Einschätzung wurde auch von den Sach-
verständigen geteilt (s. o. Prof. Dr. Kromphardt).
Der Ausschuss hält die Entscheidung der Leitung des BMF,
zunächst die weitere Entwicklung bis zu dem Eingang der
Zahlen über den aufkommensstarken Steuermonat Septem-
ber abzuwarten, für plausibel. Das umso mehr, als auch die
Landesfinanzminister, insbesondere von Bayern und Hes-
sen, zunächst die Steuerschätzung im November 2002 ab-
warteten, bevor sie Maßnahmen einleiteten (s. o.: „Verhal-
ten der Finanzminister der B-Länder“, S. 141).
bb) Keine rechtliche Notwendigkeit für einen

Nachtragshaushalt
Aus der Perspektive Sommer 2002 bestand aus Rechtsgrün-
den keine Veranlassung, den Entwurf eines Nachtragshaus-
halts vorzulegen.
Die Ansätze im Haushaltsgesetz 2002 auf der Ausgabenseite,
die nicht eingehalten werden konnten, betrafen gesetzliche
Zahlungsverpflichtungen des Bundes, für die eine zusätzli-
che parlamentarische Ausgabenermächtigung nicht erforder-
lich war. Es handelte sich im Einzelnen um die Titel 681 01
(Arbeitslosenhilfe) und 616 31 (Zuschuss an die Bundes-
anstalt für Arbeit) im Einzelplan 11, Kapitel 12. Zu diesen
Leistungen war der Bund nach §§ 363 Abs. 1 und 364 des
Dritten Buch Sozialgesetzbuchs verpflichtet. Nach § 37
Abs. 1 Satz 4 Bundeshaushaltsordnung bedarf es eines Nach-
tragshaushalts nicht, wenn Rechtsverpflichtungen zu erfül-
len sind. Erforderlich ist in diesen Fällen nur die überplan-
mäßige Bewilligung durch das Bundesfinanzministeriums
nach vorheriger Unterrichtung des Haushaltsausschusses des
Deutschen Bundestages nach § 7 Abs. 2 Haushaltsgesetz
2002.
Wegen einer etwaigen Überschreitung der in § 2 Abs. 1 des
Haushaltsgesetzes 2002 bestimmten Kreditermächtigung
war ein Nachtragshaushalt ebenfalls nicht geboten. Hierfür
standen folgende rechtlichen Optionen zur Verfügung:
– Inanspruchnahme von Restkreditermächtigungen in

Höhe von 7,5 Mrd. € nach Maßgabe des § 2 Abs. 9
Haushaltsgesetz 2002.

– Erzielung von zusätzlichen Privatisierungserlösen durch
Verkauf von Telekom-Aktien an die Kreditanstalt für
Wiederaufbau. Privatisierungserlöse können im Haus-
halt als Einnahmen verbucht werden und mindern die
Nettokreditaufnahme.

Dies hätte gereicht, die „worst case“-Annahme der Haus-
haltsabteilung aus dem Juli 2002 auszugleichen. Auf die wei-
tere Option, den Haushalt 2002 entsprechend § 25 Abs. 3
Bundeshaushaltsordnung mit einem Fehlbetrag abzuschlie-
ßen, hätte gar nicht mehr zurückgegriffen werden müssen.
e) Keine Täuschung über fest geplante

Sparmaßnahmen – die „Giftliste“
Der Ausschuss konnte herausarbeiten, dass es sich bei der
sogenannten „Giftliste“ um eine unspektakuläre Angelegen-
heit handelte. Aus ihr lässt sich eine von der offiziellen Dar-
Finanzminister Dr. Waigel erst Haushaltsdirektor, dann
Staatssekretär – war es durchaus noch möglich, dass in den

stellung abweichende ministeriumsinterne Einschätzung der
Situation des Bundeshaushalts nicht ableiten.

Drucksache 15/2100 – 148 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Als Dauereinrichtung des Finanzministeriums lässt sich diese
Liste auch nicht in den Zusammenhang mit der Bundestags-
wahl stellen. Die Zusammenstellung aller denkbaren Mög-
lichkeiten, zu höheren Einnahmen und zu niedrigeren Ausga-
ben zu gelangen, wird von einem Finanzministerium auch
benötigt, um schnell auf aktuelle Bedürfnisse reagieren zu
können.
Das ist auch in den Finanzministerien der Länder nicht an-
ders. Der Umstand, dass der bayerische Finanzminister
Prof. Dr. Faltlhauser auf die Novembersteuerschätzung um-
gehend mit Einsparlisten reagieren konnte, zeigt, dass sich
auch hier zahlreiche Vorschläge fertig „in der Schublade“
fanden.

III. Einhaltung der Stabilitätskriterien
des EG-Vertrages

1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme
Zu dem Vorwurf, die Bundesregierung habe den Bundestag
oder die Öffentlichkeit über die Einhaltung der Stabilitäts-
kriterien des EG-Vertrages falsch oder unvollständig infor-
miert, hat der Ausschuss im Wesentlichen folgenden Sach-
verhalt festgestellt:
Nach den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstums-
paktes sind die Euro-Teilnehmerstaaten verpflichtet, der
Kommission jährlich aktualisierte Stabilitätsprogramme
vorzulegen. Dem kam die Bundesregierung Ende 2001
nach: Das deutsche Stabilitätsprogramm war auf der Grund-
lage der Steuerschätzung vom 8./9. November 2001 und der
Annahme eines BIP-Wachstums im Jahre 2002 von real
1 ¼ % durchgerechnet und prognostizierte für 2002 ein ge-
samtstaatliches Defizit von 2 %. Wegen der weltwirtschaft-
lichen Unsicherheiten in Folge des 11. Septembers 2001
legte das BMF vorsichtshalber eine Alternativrechnung auf
der Grundlage einer Wachstumserwartung von einem ¾ %
vor. Nach dieser Alternative sollte das gesamtstaatliche
Defizit 2 ½ % betragen. Das Stabilitätsprogramm veröffent-
lichte die Bundesregierung (BMF, Fachblick Dezember
2001).
In ihrem Jahreswirtschaftsbericht im Januar 2002 ging die
Bundesregierung nunmehr von dem schwächeren Wachs-
tum in Höhe von einem ¾ % aus und erwartete folglich ein
gesamtstaatliches Defizit von 2 ½ % („spitz“ gerechnet:
2,4 % – Dokument Nr. 135). Wegen der Nähe zu dem Refe-
renzwert von 3 %, bei dessen Überschreiten zu prüfen ist,
ob ein „übermäßiges Defizit“ im Sinne des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes vorliegt, erwog die Kommission, dem
ECOFIN-Rat (Wirtschafts- und Finanzministerrat der EU)
vorzuschlagen, gegen Deutschland ein Defizitfrühwarnver-
fahren einzuleiten (umgangssprachlich: „blauer Brief“).
Der hierfür zuständige ECOFIN-Rat vom 12. Februar 2002
stellte für Deutschland kein „übermäßiges Defizit“ fest. Das
in dem von der Bundesregierung vorgelegten Stabilitätspro-
gramm durchgerechnete Wachstumsszenario hielt der Rat für
„überzeugend“ und begrüßte die Entschlossenheit der deut-
schen Regierung, sicherzustellen, dass der Referenzwert von
3 % des BIP nicht überschritten wird. Das einzige, was er an-

(also auch durch Länder und Kommunen) gebe. Diese Stel-
lungnahme wurde im Amtsblatt der EG sowie in einer Bun-
destagsdrucksache veröffentlicht (BT-Drs. 14/8844).
Der Bundesfinanzminister berichtete am 14. Februar 2002
der (Länder-) Finanzministerkonferenz über das Ergebnis
des ECOFIN-Rates. In der Sondersitzung des Finanzpla-
nungsrates vom 21. März 2002 bekannten sich Bund, Län-
der und Gemeinden zu ihrer gemeinsamen Verantwortung
für das Einhalten des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und
verabredeten Eckwerte für die Ausgabenentwicklung der
einzelnen staatlichen Ebenen.
In ihrer Gemeinschaftsdiagnose zur „Lage der Weltwirt-
schaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2002“ vom
19. April 2002 schätzten die führenden deutschen wirt-
schaftswissenschaftlichen Institute das gesamtstaatliche De-
fizit 2002 auf 2,3 % (ifo Schnelldienst 8/2002, S. 11). Die
Kommission und die OECD gingen in der selben Woche
von 2,8 % aus.
In dieser Zeit führte die Deutsche Bundesbank an den Bund
einen bisher in der Defizitrechnung noch nicht berücksich-
tigten Gewinn von 11,2 Mrd. € ab, darunter 2,8 Mrd. € aus
Erlösen für Gold- und Devisenverkäufe, die als „finanzielle
Transaktionen“ bei der Maastricht-Rechnung unberücksich-
tigt bleiben. Nach Rechnung des zuständigen Referats im
BMF hätte der verbuchbare Gewinn in Höhe von 8,4 Mrd. €,
von dem etwa die Hälfte in der Januar-Projektion schon be-
rücksichtigt sei, das Defizit um 0,2 %-Punkte gemindert.
Eine erneute (verbesserte) Projektion seitens des BMF stand
turnusgemäß nicht an und unterblieb deshalb.
Die Mai-Steuerschätzung ergab Steuerausfälle in Höhe von
7 Mrd. €, die bei der Defizit-Projektion der Bundesregie-
rung vom Januar noch nicht berücksichtigt waren, was
ca. 0,3 Prozentpunkte mehr Defizit bedeutete. Turnusgemäß
erstellte die Bundesregierung unter Einbeziehung des Bun-
desbankgewinns und der Steuerschätzung sowie der bis da-
hin vorliegenden Daten über den Bundeshaushalt (Finan-
zierungssaldo: - 23 ½ Mrd. €) eine neu durchgerechnete
Defizitprojektion: Für das laufende Jahr wurde nunmehr
intern mit einem Defizit von 2,6 % gerechnet (Dokument
Nr. 46). Am 12. Juni 2002 legte die Bundesregierung dem
Finanzplanungsrat ihre gerundete Projektion von 2 ½ %
vor. Die Rundung auf ¼ % genau entspricht einer langjäh-
rigen Übung aller Bundesregierungen.
Die nächste durchgerechnete Projektion stand erst wieder
für die Herbstsitzung des Finanzplanungsrates auf der dann
vorliegenden Basis der November-Steuerschätzung an. Bis
zur Bundestagswahl wurden von der Bundesregierung
– auch von den Fachreferaten im BMF – keine Projektionen
durchgeführt. Allerdings wurde die weitere Entwicklung
des Bundeshaushalts, insbesondere die Steuereinnahmen
und die arbeitsmarktbedingten Ausgaben, beobachtet. Der
Leiter des zuständigen Referats I A 4 im BMF, Dr. Hanke,
erklärte dem Ausschuss hierzu:

„Dazwischen beobachten wir die Haushalte, registrieren
Abweichungen und ziehen natürlich in Form einer gro-
ben Peilung auch die Ergebnisse nach. Dies hat dann
aber nicht mehr den Charakter einer Schätzung, sondern
merkte, war, dass es noch keine volle Gewähr für eine Erfül-
lung des Stabilitätsziels durch sämtliche staatlichen Ebenen

wir nehmen Änderungen isoliert auf und addieren sie“
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke, S. 108).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149 – Drucksache 15/2100

Bei seinen Beobachtungen waren für den Referatsleiter
Dr. Hanke im wesentlichen folgende Entwicklungen von
Interesse:
– Am 15. Juli 2002 meldete die Haushaltsabteilung, es

könnte zu einer Erhöhung der Nettokreditaufnahme ge-
genüber dem Soll von 7 Mrd. € kommen. Nicht relevant
für das Maastricht-Defizit waren von diesem Betrag
2 ½ Mrd. € niedrigere Münzeinnahmen. Von den ver-
bleibenden 4 ½ Mrd. € waren in der Juni-Projektion
bereits 3 Mrd. € berücksichtigt. Gegenüber der Juni-
Projektion war „Maastricht-relevant“ von einer Mehr-
belastung, insbesondere für den Arbeitsmarkt, in Höhe
von 1 ½ Mrd. € auszugehen.

– Die Mitte Juli im BMF vorliegenden Juni-Steuereinnah-
men waren gegenüber der Steuerschätzung vom Mai un-
günstig ausgefallen. Das Referat I A 6 zog hieraus den
Schluss, das Gesamtjahressteueraufkommen könnte für
Bund, Länder und Gemeinden um rund 10 Mrd. € niedri-
ger liegen, als in der Mai-Steuerschätzung geschätzt.
Diese entspricht annähernd ½ Prozentpunkt. Einen Mo-
nat später signalisierte die Haushaltsabteilung, das Haus-
haltsloch würde nun wieder um über 1 Mrd. € niedriger,
also günstiger, eingeschätzt.

– Im August 2002 gab es einen Konflikt zwischen Euro-
stat, dem Statistischen Amt der Europäischen Gemein-
schaften, und dem Statistischen Bundesamt über die Ver-
buchung der Auflösung von Rückstellungen der
Bundesbank. Eurostat wollte diese Einnahmen in Höhe
von 2,3 Mrd. € – anders als beim Aufbau der Rücklage
im Jahr 2000 – nicht „Maastricht-verbessernd“ werten.
Hieraus ergab sich ein Risiko für die Defizitgrenze in
Höhe von ca. 0,1 Prozentpunkt.

Nicht aussagekräftig war für das Referat I A 4, dass Ende
August, Anfang September 2002 das Statistische Bundes-
amt für das erste Halbjahr einen Finanzierungssaldo des
Sektors Staat von -36,3 Mrd. € auswies. In der öffentlichen
Diskussion wurde von manchen der Schluss gezogen, das
Gesamtjahresdefizit ergebe sich durch Verdoppelung dieser
Zahl, woraus sich ein Defizit von 3,5 % ableiten ließe. Das
Bundesfinanzministerium wies darauf hin, dass ein Halb-
jahresdefizit wegen der typischerweise ungleichmäßig über
das Jahr verteilten Einnahmen- und Ausgabenströme und
wegen sehr hoher Schätzanteile kaum sinnvoll interpretier-
bar sei. Deswegen könne es nicht zu einem Ganzjahresdefi-
zit hochgerechnet werden. Der Zeuge Dr. Kastrop bestätigte
dies dem Ausschuss:

„(…) arithmetisch kann man das so nicht machen. Steu-
ereinnahmen und Ausgaben fallen ja nicht pro rata tem-
poris an, sondern das hat verschiedene Rhythmen, die
sich eben auch (…) von Jahr zu Jahr schon mal sehr ver-
ändern können“ (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 89).

Seine Zahlenadditionen übermittelte Dr. Hanke über seine
Vorgesetzten an die Leitung des Ministeriums. Im Kollegium
wurden die einzelnen Risikoposten bewertet. Insbesondere
die Vorhersage über die schlechten Steuereinnahmen, die sich
auf die Zahlen aus einem einzigen Monat stützte, wurde von
der Leitung des Hauses zur Kenntnis genommen, aber nicht
übernommen. Staatssekretär Dr. Overhaus war zuversicht-

auch der Auffassung des Generalreferats Finanzpolitik. Nach
Auffassung des Zeugen Dr. Kastrop bestand „angesichts der
Datenlage bis ausschließlich der Septemberergebnisse nach
wie vor eine begründete Möglichkeit, zwar näher an die 3 %
heranzurutschen, aber auf jeden Fall die 3 %-Grenze einzu-
halten“ (7. Sitzung, Protokoll Dr. Kastrop, S. 80).
Diese Auffassung des Bundesfinanzministeriums wurde
vom Sachverständigenrat und von der Deutschen Bundes-
bank geteilt. Der „Wirtschaftsweise“ Prof. Dr. Kromphardt
sagte dem Ausschuss:

„Eine fundierte Schätzung des Defizits im Jahre 2002
konnte man eigentlich erst vornehmen, als man die Zah-
len über das Steueraufkommen in den ersten drei Quar-
talen hatte. Die Steuereinnahmenentwicklung ist ja so
überraschend verlaufen, nicht nur bei der Körperschaft-
steuer. Der September ist ein aufkommensstarker Monat.
Was im Juli und August an Steuern zufließt, ist nicht so
wichtig. Der entscheidende Monat ist der dritte Monat,
also der September, gewesen. Die Zahlen hatte man im
Oktober“ (5. Sitzung, Protokoll Sachverständigenan-
hörung, S. 15).

Der Zeuge Prof. Dr. Hermann Remsperger, Vorstandsmit-
glied der Deutschen Bundesbank, zuständig u. a. für die Be-
reiche Volkswirtschaft und Statistik, bestätigte:

„Erst das im Oktober veröffentlichte Steuerergebnis
des großen Steuermonats September ließ das Errei-
chen der 3-Prozent-Grenze dann aus unserer Sicht sehr
unwahrscheinlich werden“ (7. Sitzung, Protokoll Prof.
Dr. Remsperger, S. 15).

In diesen Monaten bewegten sich die Schätzungen der un-
abhängigen wirtschaftwissenschaftlichen Institute in der
Nähe der Annahme des Bundesfinanzministeriums. Im Juli
2002 schätzte das DIW das gesamtstaatliche Defizit auf
2,5 %, das RWI auf 2,4 %, das IWH auf 2,6 % und das ifo-
Institut auf 2,8 %. Im September 2002 prognostizierte das
IfW als einziges Institut ein Überschreiten des Referenz-
werte, es ging von einem Defizit in Höhe von 3,1 % aus.
Die OECD schätzte noch im Juni in ihrem „Economic Out-
look“ 2,8 % und der Internationale Währungsfond (IWF)
veröffentlichte am 7. Juli 2002: „we expect the general go-
vernment deficit in 2002 to be below 3 % of GDP“.
Im August/September stellte die Bundesregierung umfang-
reiche Mittel zur Soforthilfe für die Flutopfer bereit. Am
18. August 2002 wurde zwischen dem Bundeskanzler und
dem Kommissionspräsidenten Prodi ein Gespräch darüber
geführt, ob und inwiefern die Fluthilfe für das Maastricht-
Defizit von Bedeutung sein würde und ob die EU wegen
der Fluthilfe bereit wäre, Deutschland in Bezug auf den
Referenzwert entgegenzukommen. Am Tag darauf schloss
der Bundesfinanzminister in der Bundespressekonferenz
aber aus, dass die Flutkatastrophe die Kriterien aufwei-
chen könnte und fügte hinzu: „Wie angestrengt das Ganze
ist, weiß jeder. Das habe ich zu jeder Zeit deutlich ge-
macht.“
Zum 1. September 2002 stand die Meldung der vorläufigen
Defizitzahlen 2002 an die Europäische Kommission an. Das
Bundesfinanzministerium wog intern die Alternativen ab,
entweder pünktlich sehr unsichere Daten zu melden oder
lich, dass das gesamtstaatliche Defizit unter 3 % des Brutto-
inlandsproduktes bleiben würde. Diese Meinung entsprach

einige Wochen abzuwarten, um eine sicherere Datenbasis für
die Meldung zu haben. Die Unsicherheiten standen im

Defizit in Höhe von 2,6 bis 2,9 % melden müssen, da an-
dere darstellbare Zahlen nicht zur Verfügung standen. Der
Referatsleiter Dr. Hanke vermerkte am 3. September 2002
(Dokument Nr. 136):

„Auf der Basis der gegenwärtig vorliegenden Daten
würde eine unveränderte Defizitquote genannt werden.
Angesichts der großen Unsicherheit der Datenlage, ins-
besondere auch mit Blick auf die Fluthilfe, wäre dies
kein seriöser Weg.“

Im Ergebnis erfolgte die Meldung entsprechend einer in der
Europäischen Union geübten Praxis erst nach dem vertrag-
lich vorgesehenen Zeitpunkt. Für einen Zusammenhang
zwischen der Terminüberschreitung und der Bundestags-
wahl konnte der Ausschuss keinerlei Anhaltspunkte ermit-
teln.
Am 17. September 2002 trat der Bundesfinanzminister in
einer Fernsehsendung auf und sagte dort im Zusammenhang
mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt: „Ich bin mir si-
cher: Wir kriegen keinen blauen Brief aus Brüssel.“ In zahl-
reichen öffentlichen Äußerungen betonte er immer wieder,
er wolle „an dem Stabilitätspakt festhalten“, aber es würde
„eng“.
Erst einige Wochen nach der Bundestagswahl korrigierten
die Forschungsinstitute und Institutionen ihre Defizitprog-
nosen zum Teil deutlich. In ihrer Gemeinschaftsdiagnose
vom 18. Oktober rechneten die führenden wirtschaftswis-
senschaftlichen Institute mit einem Defizit von 3,2 %. Der
Sachverständigenrat schätzte in seinem Gutachten das De-
fizit auf 3,7 %. Aufgrund der Ergebnisse des Arbeitskreises
„Steuerschätzungen“ legte der Bundesfinanzminister dem
Finanzplanungsrat am 27. November 2002 seine revidierte
Projektion mit einem Defizit von 3 ¾ % vor.
Inzwischen wurde das Defizit vom Statistischen Bundesamt
auf 3,5 % nach unten korrigiert (Stand: August 2003, siehe
Tabelle unten.)

2. Bewertung
Die öffentlichen Äußerungen des Bundesfinanzministers
über die Einhaltung des Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes entsprachen jeweils der internen Ein-
schätzung des Bundesministeriums der Finanzen. Diese
Einschätzungen waren plausibel und entsprachen dem wirt-
schaftswissenschaftlichen Sachverstand. Dem Bundes-
finanzminister in diesem Zusammenhang gemachte Vor-
würfe sind unbegründet.

inlandsprodukt von 3 % überschreitet. Diese Vorstellung ist
falsch. Entscheidend ist, ob die Mitgliedsstaaten „übermä-
ßige Defizite vermeiden“. Dies wird nicht nur an dem Refe-
renzwert von 3 % gemessen, sondern nach Art. 104 Abs. 2
des EG-Vertrages in Verbindung mit dem Protokoll zum
Maastricht-Vertrag auch daran, ob das Defizit „erheblich
und laufend“ zurückgeht und die „Nähe des Referenzwertes
erreicht“ und ob der Referenzwert „nur ausnahmsweise und
vorübergehend überschritten“ wird.
Ob ein Mitgliedsstaat ein „übermäßiges Defizit“ vermeidet
oder nicht, ist also eine politische Entscheidung, die eine
Würdigung der Gesamtumstände voraussetzt. Diese Ent-
scheidung zu treffen, steht dem ECOFIN-Rat zu. In einem
Kommentar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom
15. Oktober 2003 heißt es hierzu:

„Der Pakt (…) lässt den Finanzministern viel Spiel-
raum. Die Verpflichtung zu mittelfristig nahezu ausgegli-
chenen Etats ist eine politische Vereinbarung, die von
Fall zu Fall unterschiedlich ausgelegt werden kann. Sie
ist keine starre Regel, die automatisch zu Sanktionen
führt“.

Die öffentliche Diskussion im Jahre 2002 darüber, ob die
Bundesrepublik Deutschland den Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt verletzen würde, drehte sich ausschließlich um die
„3 %-Hürde“ und war damit verkürzt.
b) Keine „geschönten“ Zahlen in den

Meldungen
Das im Februar 2002 vorgelegte deutsche Stabilitätspro-
gramm war solide durchgerechnet und entsprach exakt den
internen Erwartungen der Bundesregierung. Es stand gewiss
auf der Basis einer Annahme, nämlich dass sich im Jahre
2002 eine konjunkturelle Erholung einstellen würde. Hier-
für sprachen alle Indikatoren, die gesamte Fachwelt teilte
diese Auffassung. Auch in ihrer (vorsichtigen!) Einschät-
zung, das gesamtstaatliche Defizit würde am Ende des Jah-
res 2 ½ % am BIP betragen, stand die Bundesregierung
nicht allein, sondern fand sich mit allen Wirtschaftsexperten
einig.
Die dem Finanzplanungsrat im Juni vorgelegte Projektion
eines voraussichtlichen Defizits von 2 ½ % wich insofern
von den internen Berechnungen ab, als sich in den Akten
des zuständigen Referats die Zahl 2,6 findet. Wegen der
Unschärfe jeder Defizitprognose ist es aber bewährte
Übung des Finanzministeriums, Prognosen nur auf ein
¼ % scharf abzugeben. Die Rundung auf 2 ½ ist nicht zu
beanstanden.

Gesamtstaatlicher Finanzierungssaldo im Vergleich in % des BIP:

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Drucksache 15/2100 – 150 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zusammenhang mit der Fluthilfe und der ungeklärten Verbu-
chung des Bundesbankgewinns aus der Auflösung von
Rückstellungen sowie der bislang offenen Frage, ob sich aus
den Steuerzahlen des Sommers schon ein Trend ablesen
ließe. Zu dieser Zeit hätte das Bundesfinanzministerium ein

a) Grundlegendes Missverständnis
Nach weit verbreitetem Missverständnis liegt ein Verstoß
gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt bereits dann vor,
wenn das gesamtstaatliche Defizit einen Anteil am Brutto-
Quelle: Statistisches Bundesamt
- 3,1 - 2,4 - 3,3 - 3,4 - 2,7 - 2,2 - 1,5 + 1,3 - 2,8 - 3,5

Datum Ereignis rung
in Mrd. € gesamt Maastricht-relevant

„spitz“
gerechnet

auf ¼
gerundet

Jan 02 JWB Defizitprognose 2,40% 2 ½
Feb 02 aktual. Stabilitätsprog. 2,40% 2 ½
Apr 02 Bundesbankgewinn 11,2 0,53%

davon Maastrichtrelevant 8,4 0,40%
hiervon im JWB bereits unterstellt 4,0 0,19%
„Maastricht-verbessernd“ 4,4 -0,21% 2,19% 2 ¼

Mai 02 Steuerausfälle Mai-Schätzung 11,7 0,51%
davon im JWB nicht berücksichtigt 7,0 0,33% 2,53% 2 ½

Jun 02 Abschläge aus der Haushaltsabteilung 1,6 0,07% 2,60% 2 ½
= Basis für Finanzplanungsrat

15.07.02 Abt. II meldet: NKA höher als Soll 7,0 0,33%
Ausfall Münzeinnahmen (nicht M-rel) 2,5 0,12%
bereits in Juni-Projektion berücksichtigt 3,0 0,14%
„Maastricht-verschlechternd“ also 1,5 0,07% 2,67% 2 ¾

17.07.02 Verschlechterte Steuerprognose auf-
grund der Juni-Ist-Zahlen

10,0 0,47% 3,15% 3 ¼
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 151 – Drucksache 15/2100

Der Ausschuss hat nachgerechnet und festgestellt, dass auch
die sonstigen Rechnungen nachvollziehbar und plausibel
sind:
– Das Ministerium ging im Januar von einem Defizitwert

von 2,4 % aus (gerundet 2 ½). Im April kam der Bundes-
bankgewinn in Höhe von 11,2 Mrd. € hinzu, der in Höhe
von 8,4 Mrd. € „Maastricht-relevant“ war. Im Januar
hatte man nur mit 4 Mrd. € gerechnet. „Maastricht-ver-
bessernd“ zu berücksichtigen waren also 4,4 Mrd. €, was
bei einem BIP von 2.100 Mrd. € ca. 0,21 % ausmacht.
Das hätte zu einem spitzen Wert von 2,19 % führen kön-
nen (gerundet: 2 ¼), was aber nicht veröffentlicht wurde,
weil eine Projektion turnusgemäß nicht anstand.

– Die Mai-Steuerschätzung ergab für Bund und Länder
11,7 Mrd. € weniger Steuereinnahmen, von denen im
Jahreswirtschaftsbericht 7 Mrd. € noch nicht berücksich-
tigt waren; dies sind ca. 0,33 %-Punkte. Die Haushalts-
abteilung meldete in der Vorbereitung des Finanzpla-
nungsrates eine weitere Belastung von ca. 1,6 Mrd. €.
Dies ergibt zusammen mit den Steuerausfällen ein vor-
aussichtliches Defizit von 2,6 % (gerundet 2 ½). Dies
war dann auch die letzte gesicherte und durchgerechnete
Prognose der Bundesregierung vor der Wahl.

– Am 15. Juli 2002 informierte die Haushaltsabteilung
über eine gegenüber dem Haushaltssoll höhere Netto-

kreditaufnahme von 7 Mrd. €, davon – weil nicht
„Maastricht-relevant“ – abzuziehen ein Münzeinnah-
menausfall in Höhe von 2,5 Mrd. € und in der Juni-
Projektion bereits berücksichtigte Belastungen von
3 Mrd. €. Ergibt „Maastricht-verschlechternd“ also
1,5 Mrd. € (0,07 %-Punkte). Die „spitz“ gerechnete Pei-
lung ergab: 2,67 %.

– Die verschlechterte Aussicht auf Steuereinnahmen auf-
grund der Ist-Zahlen Juni in Höhe von 10 Mrd. € erge-
ben eine Belastung von 0,47 Prozentpunkten. Die Ver-
besserung im August in Höhe von 1,1 Mrd. € wiederum
eine Entlastung von 0,05 Prozentpunkten. Die „spitze“
Rechnung hätte 3,09 % ergeben. Gegebenenfalls hin-
zuzurechnen: Auflösung der Rückstellungen der Bun-
desbank in Höhe von 2,3 Mrd. € macht weitere 0,11 Pro-
zentpunkte. Alles zusammen: 3,2 %. Verblieb die Erfah-
rung aus Vorjahren, dass im Haushaltsvollzug bis zu
9 Mrd. € eingespart werden können. Auch wenn hiervon
nur die Hälfte als „Maastricht-verbessernd“ gewertet
wird (0,24 Prozentpunkte), wäre man im „worst case“
mit 2,97 % Defizit unter dem Referenzwert angekom-
men.

Also auch rein rechnerisch und unter Einschluss aller Risi-
ken durfte von dem Unterschreiten des Referenzwertes aus-
gegangen werden.

Verände- Anteil am BIP Maastricht-Defizit

lungnahmen des Bundesfinanzministers aus dem Wahl-
Sommer 2002 zu der Frage, ob Deutschland den Stabilitäts-
und Wachstumspakt verletzten würde. Auch wer sich nur
die Protokolle der Bundespressekonferenz durchsieht, der
erkennt schon sehr deutlich: Bundesminister Hans Eichel
äußerte sich das ganze Jahr 2002 mit größtmöglicher Vor-
sicht und Zurückhaltung zu diesem Vorgang. Er stellte von
Anfang an klar, der Haushalt 2002 sei „auf Kante genäht“.
Er ließ kaum eine Gelegenheit aus, auf Risiken hinzuweisen
und wies jegliche neuen Ansprüche an den Bundeshaushalt
zurück.
bb) Der Begriff „blauer Brief“
Was umgangsprachlich als „blauer Brief“ bezeichnet wird,
ist das Frühwarnverfahren (drohende Nichtversetzung).
Dieses Verfahren war für das Jahr 2002 bereits im Februar
abgeschlossen. Der Ecofin-Rat stellte fest, dass es kein
„übermäßiges Defizit“ gibt. Für 2002 konnte es also keinen
„blauen Brief“ mehr geben.
Selbst wenn mit „blauer Brief“ ein Defizitverfahren im wei-
testen Sinne verstanden würde, hinge auch ein Defizitver-
fahren gerade nicht nur an der Überschreitung der 3 %-
Hürde. Diese ist nur ein Referenzwert, an dem sich die
Kommission zu orientieren hat, wenn sie prüft dem Ecofin-

Referenzwert von 3 % zu unterschreiten.
Die vom Ausschuss befragten Sachverständigen haben
übereinstimmend bestätigt, dass vor der Bundestagswahl
das Überschreiten des Kriteriums nicht zu befürchten war
(5. Sitzung, Protokoll Sachverständigenanhörung):
Prof. Dr. Ullrich Heilemann, Vizepräsident des Rheinisch-
Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V., Es-
sen, sagte in der Anhörung:

„Ich denke, wir hatten bis zum Sommer wenig Veranlas-
sung, daran zu zweifeln, dass das Ziel, unter 3 Prozent
zu bleiben, erreicht wird.“ (5. Sitzung, Protokoll Sach-
verständigenanhörung S. 30)

Dr. habil. Gustav Adolf Horn, Deutsches Institut für Wirt-
schaftsforschung e.V., Berlin:

„Wir haben seinerzeit bei einer Konjunkturentwicklung
von 0,6 %, die wir im Vergleich zum Jahresbeginn unver-
ändert gelassen hatten, ein Staatsdefizit von 2,5 % er-
rechnet. Das war unsere letzte Prognose vor der Wahl.“
(5. Sitzung, Protokoll Sachverständigenanhörung, S. 11)

Prof. Dr. Joachim Scheide, Institut für Weltwirtschaft, Kiel:
„Die Prognosen für das Budgetdefizit im Jahr 2002 la-
Drucksache 15/2100 – 152 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Aug 02 Verbesserung aufgrund der Juli-Ist-
Steuerzahlen

1,1 -0,05% 3,09% 3

06.08.02 Rüge von ECB u Eurostat wegen
BBankGewinn
Auflösung von Rückstellungen 2,3 0,11% 0,11% 3,20% 3 ¼

Generell Erfahrung aus Vorjahren, dass bis zu
9 Mrd. € im Haushaltsvollzug einspar-
bar sind
nur die Hälfte „Maastricht-verbes-
sernd“

5,0 -0,24% 2,97% 3

Datum Ereignis
Verände-
rung

in Mrd. €

Anteil am BIP Maastricht-Defizit
gesamt Maastricht-relevant

„spitz“
gerechnet

auf ¼
gerundet

c) Informationspolitik der Bundesregierung
Aus dem rückblickenden Wissen von heute, dass das ge-
samtstaatliche Defizit im Jahre 2002 mit 3,5 % (Schätzung
des Statistischen Bundesamtes vom August 2003) über dem
Referenzkriterium von 3 % gelegen hat, ist dem Bundes-
finanzminister insbesondere eine Äußerung, die er in einer
Fernseh-Sendung am 17. September 2002 gemacht hat, als
Fehlinformation der Öffentlichkeit vorgeworfen worden.
Wörtlich sagte er: „Ich bin mir sicher: Wir kriegen keinen
„blauen Brief“ aus Brüssel.“
aa) Die Äußerungen des Bundesfinanzministers
Diese vorgenannte Äußerung ist eine von zahllosen Stel-

Das „Reißen“ der 3 %-Hürde ist nicht gleichzusetzen mit ei-
nem „blauen Brief“, da keinerlei Automatismus zwischen
dem Verfehlen von 3 % und der Feststellung eines „übermä-
ßigen Defizits“ besteht. Vielmehr kommt es darauf an, dass
die Bundesregierung alles unternimmt, um sich dem Ziel ei-
nes ausgeglichenen Haushalts zu nähern.
Insofern hatte der Bundesfinanzminister keinerlei Anlass,
einen „blauen Brief“ zu befürchten.
cc) Aussicht auf Einhaltung des Referenz-

kriteriums?
Der Ausschuss hat sich durch die Anhörung von Sachver-
ständigen am 30. Januar 2003 darüber sachkundig gemacht,
wie aus der Perspektive Sommer 2002 die Aussicht war, den
Rat vorzuschlagen, ein „übermäßiges Defizit“ festzustellen,
das wiederum Voraussetzung für Sanktionsmaßnahmen ist.

gen auch alle recht nah beieinander, nämlich bei 2,5 %.
Damals meinte man, dass die Wahrscheinlichkeit, dass

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 153 – Drucksache 15/2100

wir die 3 % erreichen oder überschreiten würden, gering
sei. Eine Überschreitung hat damals niemand für mög-
lich gehalten“ (5. Sitzung, Protokoll Sachverständigen-
anhörung, S. 13).
„Zur Jahresmitte, also im Juni, war es aus der Sicht der
meisten Prognostiker unwahrscheinlich, dass wir die
3 %-Marke erreichen oder überschreiten. Nur ist diese
Wahrscheinlichkeit, an die 3 % heranzukommen, im
Laufe des dritten Quartals größer geworden. Sie ist nicht
auf 100 % gestiegen“ (5. Sitzung, Protokoll Sachver-
ständigenanhörung, S. 46).

Prof. Dr. Jürgen Kromphardt, Mitglied des Sachverständi-
genrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent-
wicklung, TU Berlin:

„Erst ab August und dann etwas deutlicher ab Septem-
ber verschlechtern sich die Prognosen. Aber der Mittel-
wert der Prognosen ... lag immer noch unter 3 %. Im Ok-
tober war das dann anders. Aber da war der 22. Sep-
tember auch schon vorbei“ (5. Sitzung, Protokoll Sach-
verständigenanhörung, S. 15).

Zu einer hiervon abweichenden Einschätzung sieht sich der
Ausschuss nicht veranlasst.
d) Bewertung durch die Presse
dpa vom 30. Januar 2002:

„Namhafte Wirtschafts-Sachverständige haben im Un-
tersuchungsausschuss zum angeblichen Wahlbetrug von
Rot-Grün die Position der Bundesregierung weitgehend
gestützt. Das Ausmaß der veränderten wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen und das Verfehlen des Stabilitäts-
kriteriums der Europäischen Union hätten sich erst im
August angedeutet, meinten die fünf Konjunkturforscher
am Donnerstag in der zweiten Ausschusssitzung in Ber-
lin. Finanzminister Hans Eichel (SPD) hätte trotz der
Warnungen nicht zwingend seinen Kurs korrigieren müs-
sen. (…)“

Handelsblatt vom 30. Januar 2003
„(...) Die Wissenschaftler stellten übereinstimmend fest,
dass ihre eigenen Prognosen über die Konjunkturent-
wicklung im vergangenen Jahr bis zum Sommer nicht zu-
treffend gewesen seien. Alle Institute waren bis dahin
noch von einer wesentlich höheren Wachstumsrate und
damit von einem Defizit von weniger als 3 Prozent aus-
gegangen. Den Trend ihrer Prognosen änderten sie erst-
mals zwischen Juli und August. (…)“

ARD – Tagesschau vom 30. Januar 2003
„(...) Zwar räumten die fünf Wissenschaftler in Berlin
ein, dass es bereits im Spätsommer 2002 Hinweise auf
eine deutliche Verschlechterung der Haushaltssituation
gegeben habe. Die offizielle Korrektur der Prognosen sei
aber erst nach der Wahl erfolgt. (…)
Erst im Zeitraum Juli / August habe sich abgezeichnet,
dass die Defizitgrenze überschritten werden könnte. Eine
fundierte Basis habe es aber erst im Oktober gegeben.
Vorher könne man zwar Prognosen abgeben, aber keine

IV. Finanzsituation der GKV
1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme
Zu dem Vorwurf, die Bundesregierung habe den Bundestag
oder die Öffentlichkeit über die Finanzlage der gesetzlichen
Krankenversicherung falsch oder unvollständig informiert,
hat der Ausschuss im Wesentlichen folgenden Sachverhalt
festgestellt:
Die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland be-
stand im Jahre 2002 aus 349 Kassen, die selbstverwaltet und
in ihrer Haushaltsführung autonom sind. Insbesondere set-
zen sie ihre Beitragssätze selbstständig fest. 148 Kassen
unterstanden der Rechtsaufsicht des Bundes und 201 derje-
nigen der Länder.
Nach einem starken Zuwachs der Ausgaben für Arzneimit-
tel im Jahre 2001 (+ 11,2 %) stiegen die durchschnittlichen
Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung zum
1. Januar 2002 von 13,6 % auf 13,99 %. Ein weiteres An-
steigen der Arzneimittelkosten sollte durch das Arzneimit-
telbudget-Ablösungsgesetz (ABAG) und das Arzneimittel-
ausgaben-Begrenzungsgesetz (AABG), die Anfang 2002 in
Kraft traten, verhindert werden (geschätztes Einsparvolu-
men: 2,5 Mrd. €). Im Januar 2002 vereinbarten die Spitzen-
verbände der Ärzte und der Krankenkassen Einsparungen
im Bereich der Arzneimittel von 4,6 %. Die Kassenärztliche
Vereinigung sagte zu, dass die Vertragsärzte ihr Verschrei-
bungsverhalten entsprechend anpassen.
Anfang März 2002 lag das vorläufige Finanzergebnis der
gesetzlichen Krankenversicherung aus 2001 vor (sog. „KV
45“): Die Kassen schlossen das Jahr 2001 mit einem Defizit
von insgesamt 2,8 Mrd. € ab. Dieses Ergebnis wurde veröf-
fentlicht. Das endgültige Finanzergebnis („KJ1“) stand erst
im Juni fest und ergab gegenüber dem vorläufigen Ergebnis
keine signifikanten Änderungen (Defizit: 3,02 Mrd. €). Am
11. März trat der GKV-Schätzerkreis zusammen, um den
Ausgleichsbedarfssatz für Transfers zwischen den Kranken-
kassen zu berechnen. Trotz der Absprache zwischen Ärzten
und Kassen, in 2002 die Arzneimittelkosten um 4,6 % zu
senken, ging der Schätzerkreis sicherheitshalber davon aus,
die Arzneimittelkosten würden auf dem Vorjahresniveau
bleiben. Im Ergebnis erwartete der Schätzerkreis bei einem
Anstieg der Ausgaben je Mitglied von 2,2 % und einem An-
stieg der Einnahmen je Mitglied von 1,6 % ein ausgegliche-
nes Finanzergebnis der GKV im Jahr 2002.
Im April erfuhr das Bundesministerium für Gesundheit
(BMG) von der Bundesvereinigung Deutscher Apotheker in
Form der sog. „ABDA-Meldung“, dass die Arzneimittelaus-
gaben im Januar und Februar 2002 gegenüber den Vorjah-
resmonaten um 5,5 bzw. 6,6 % angestiegen seien. Unter Be-
rücksichtigung einiger, in den ersten beiden Monaten des
Jahres noch nicht greifenden Kostendämpfungsmaßnahmen
wie AABG und ABAG rechnete die Abteilung 2 des BMG
weiter mit einem Einsparpotential im Arzneimittelbereich
von 3,7 %. Die Abteilung schlug vor, gemeinsam mit den
Aufsichtsbehörden der Länder mit Informationskampagnen
und Wirtschaftlichkeitsprüfungen weiter auf Kostenein-
sparungen hinzuwirken. Insbesondere im Jahre 1996 war es
gelungen, mit einer solchen Kampagne der Selbstverwal-
tungspartner deutliche Ausgabenrückgänge zu erreichen.
fundierte Schätzung, die als Grundlage für politische
Entscheidungen gelten könne. (…)“

Infolgedessen einigte sich das BMG Mitte Mai 2002 mit
den Vertretern der kassenärztlichen Bundesvereinigung und

Drucksache 15/2100 – 154 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

den GKV-Spitzenverbänden auf eine bundesweite Informa-
tionskampagne zur wirtschaftlichen Arzneimittelverord-
nung.
Anfang Juni lag dem BMG das Finanzergebnis der Kassen
(KV 45) aus dem ersten Quartal des Jahres 2002 vor: Ge-
genüber dem Vorjahreszeitraum waren die Leistungsausga-
ben um 2,9 % und die Beitragseinnahmen um 1,2 % ange-
stiegen. In der Summe wiesen die Kassen ein Defizit von
0,86 Mrd. € auf. Diese Zahlen veröffentlichte das BMG am
5. Juni 2002. In dieser Pressemitteilung hieß es, im Bereich
der Arzneimittel seien weitere Einsparungen erforderlich.
Auf der Basis der Eckdaten des GKV-Schätzerkreises vom
6. Juni 2002 konnte nach wie vor von einem ausgeglichenen
Finanzergebnis ausgegangen werden. Gegenüber der Schät-
zung vom März rechnete er zwar mit einem um 0,6 Prozent-
punkte höheren Ausgabenzuwachs. Allerdings sei wegen
der aktuellen Tarifentwicklung und der höheren Rentenstei-
gerung zur Jahresmitte auch der Zuwachs bei den Beitrags-
einnahmen um 0,6 Prozentpunkte höher zu veranschlagen.
Über die KV 45 und das Ergebnis der Tagung des Schätzer-
kreises unterrichtete die Bundesgesundheitsministerin den
Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages am
12. Juni 2002.
Zum 1. Juli 2002 stiegen die Renten im Westen um 2,16 %
und im Osten um 2,89 % (Verordnung vom 7. Juni 2002
[BGBl. I S. 1799] gegenüber Verordnung vom 14. Juni 2001
[BGBl. I S. 1040]). Höhere Renten führen zu höheren Bei-
tragseinnahmen der GKV. Zum gleichen Zeitpunkt trat eine
Beitragssatzanhebung für Rentner in Kraft.
In einem Telefonat vom 2. August 2002 informierte der Vor-
standsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg Staatsse-
kretär Dr. Schröder im BMG über die angespannte Finanz-
lage seiner Kasse. Der Staatssekretär bat ihn, seine
Überlegungen und Vorschläge dem BMG schriftlich zu-
kommen zu lassen. In dem nachfolgenden Schreiben
(„Sing-Brief“) kündigte der AOK-Landesvorsitzende an, in
Baden-Württemberg müsste der Beitragssatz spätestens
zum 1. Januar 2003 auf 15 % angehoben werden und schlug
vor, im Herbst 2002 ein Beitragssatzsicherungsgesetz zu be-
schließen. Der AOK-Bundesverband, dem das Schreiben
aus Baden-Württemberg ebenfalls zuging, hielt die in dem
Schreiben geäußerten Finanzsorgen für ein regionales Pro-
blem und rechnete nicht mit entsprechenden Beitragserhö-
hungen anderer Kassen. In seiner Stellungnahme vom
28. August 2002 zu dem Schreiben der AOK Baden-
Württemberg riet der im BMG zuständige Leiter des Refe-
rats „Grundsatzfragen der GKV“, der Zeuge Hensgen, da-
von ab, zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Beitragssatzsi-
cherungsgesetz zu initiieren, da aufgrund der Juni-Zahlen
des Schätzerkreises von einem ausgeglichenen Finanzer-
gebnis der GKV auszugehen sei und er gegen die Einzelvor-
schläge sachliche Bedenken hatte. Er wies darauf hin, „dass
die Kostenentwicklung auf dem Arzneimittelsektor proble-
matisch verläuft“, die Notwendigkeit für ein Vorschaltge-
setz jedoch „zur Zeit (noch) nicht“ begründet sei.
Ende August gingen im BMG die vorläufigen Finanzergeb-
nisse der Kassen (KV 45) aus dem ersten Halbjahr ein: Ge-
genüber der vorangegangenen Schätzung verschlechterte
sich die Finanzsituation der Kassen sowohl auf der Einnah-

parallel zur Grundlohnentwicklung um 0,7 % gestiegen, die
Leistungsausgaben lagen um 3,0 % höher. Das Halbjahres-
defizit betrug 2,42 Mrd. €. Die Ausgabenentwicklung
wurde im Wesentlichen durch Zuwächse für Arzneimittel
(3,9 %) und Krankenhausbehandlung (3,6 %) bestimmt.
Der im BMG zuständige Leiter des Referats „Finanzielle
Angelegenheiten der GKV“ vermerkte daraufhin für die Mi-
nisterin am 30. August 2002:

„(…) Die Zuwachsrate von 3,9 % im Arzneimittelbe-
reich (…) ist damit meilenweit von dem von KBV und
Spitzenverbänden vorgegebenen Einsparziel von 4,6 %
entfernt. (…)
Ein ausgeglichenes Ergebnis in 2002 würde vorausset-
zen, dass die deutliche Schere zwischen Ausgaben- und
Grundlohnzuwächsen wieder stärker zusammenrückt …
Auch unter Berücksichtigung (…) zu erwartender günsti-
ger Grundlohnentwicklung im weiteren Jahresverlauf,
sind zusätzliche ausgabenseitige Einsparungen vor al-
lem im Arzneimittelbereich – die bislang nicht erkennbar
sind – zur Stabilisierung der Finanzentwicklung der
GKV unverzichtbar. (…)
Es ist zu erwarten, dass vor allem die Einnahmenseite in
der 2. Jahreshälfte durch eine Reihe von Sonderfaktoren
wesentlich günstiger verläuft als im 1. Halbjahr und da-
mit zu einem Abbau des Defizits beiträgt. (…)
Es ist zu erwarten, dass der Schätzerkreis seine Eckda-
ten bei seiner Sitzung am 4./5. September korrigieren
wird. (…)
Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ist nicht damit zu
rechnen, dass sich der durchschnittliche allgemeine Bei-
tragssatz im weiteren Jahresverlauf signifikant verän-
dert. Entsprechende Spekulationen über anstehende Bei-
tragssatzanhebungen wurden zumindest für die großen
Versorgerkassen und für die Innungskassen zurückge-
wiesen. (…)“

In ihrer Pressekonferenz vom 2. September 2002 gab die
Bundesgesundheitsministerin das Halbjahresdefizit sowie
die Kennzahlen zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung
bekannt. Sie bemerkte, dass die Arzneimittelausgaben im-
mer noch zu hoch seien und die Vereinbarungen zwischen
Ärzten und Kassen keine Wirkung zeigten. Im Kranken-
hausbereich seien die Ausgaben um 3,6 % gewachsen. Auf
der Einnahmenseite sei in der zweiten Jahreshälfte jedoch
mit positiven Effekten zu rechnen. Die Tarifabschlüsse im
Jahre 2002 würden erst in der zweiten Jahreshälfte zu Bei-
tragseinnahmen führen. Hinzu kämen die zum 1. Juli stei-
genden Rentnerbeiträge und am Jahresende das Weihnachts-
geld. Eine eigene Prognose zur Beitragssatzentwicklung gab
sie nicht ab.
Auf seiner Tagung vom 4./5. September, an der Vertreter
des BMG als Gäste teilnahmen, erhöhte der Schätzerkreis
seine Prognose für den Ausgleichsbedarfssatz. Auf der Ba-
sis der Schätzerkreisdaten hätte sich rechnerisch ein Ge-
samtjahresdefizit von 1 bis 1,5 Mrd. € ergeben. In der Sit-
zung des Bundestagsausschusses für Gesundheit am 12.
September informierte die Bundesgesundheitsministerin die
Abgeordneten über die jüngsten Entwicklungen. In der sich
anschließenden Diskussion befragte keiner der Abgeordne-
men- als auch auf der Ausgabenseite: Die beitragspflichti-
gen Einnahmen waren gegenüber dem Vorjahreszeitraum

ten, die alle sachkundig sind, die Ministerin zu den Beratun-
gen des Schätzerkreises.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 155 – Drucksache 15/2100

Bis zur Bundestagswahl bestand im Bundesgesundheitsmi-
nisterium die begründete Erwartung, dass die GKV das Jahr
2002 mit einem ausgeglichenen Ergebnis abschließen
könnte, somit Beitragssatzerhöhungen auf breiter Front zum
Jahreswechsel zu vermeiden seien. Dabei wurde von folgen-
den Voraussetzungen ausgegangen:
– Halbjahresdefizite waren aus Vorjahren bekannt. In der

Regel wurden diese durch höhere Beitragseinnahmen in
der zweiten Jahreshälfte wieder ausgeglichen. In den
vergangenen sieben Jahren überstiegen die Beitragsein-
nahmen in der zweiten Jahreshälfte die aus der ersten
Jahreshälfte um 3,5 Mrd. bis 4,5 Mrd. €, unter anderem
aufgrund von Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

– Im Jahr 2002 traten tarifvertragliche Lohn- und Gehalts-
bzw. Entgelterhöhungen für insgesamt rd. 16,2 Millio-
nen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kraft. Für
etwa eine Million waren diese bereits in den Jahren 2000
und 2001 in Form von Stufenanhebungen vereinbart
worden, für rd. 15,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer wurden im Jahr 2002 neue Tarifverträge
über die Höhe des Arbeitsentgelts abgeschlossen. Insge-
samt ergab sich aus den Stufenanhebungen und den Neu-
abschlüssen ein gesamtdeutscher Durchschnittszuwachs
von 3,2 % (Tarifbericht 2002, S. 21; Stand: 31. Dezem-
ber 2002). Die Tarife, die im Frühjahr 2002 geschlossen
wurden, führten erst im Laufe des Jahres zu entsprechen-
den Lohn- und Gehaltszahlungen (einschließlich Nach-
zahlungen). Insofern sollten auch die an der Bruttolohn-
und -gehaltssumme orientierten Beitragseinnahmen in
die zweite Jahreshälfte fallen.

– Die kumulierten Budgetabschlüsse der Krankenhäuser
für das Jahr 2002 ließen eine Steigerung der Kranken-
hauskosten von 1,6 % erwarten. Nach dem Zuwachs im
ersten Halbjahr von 3,6 % wurde im zweiten Halbjahr
mit einer deutlichen Abflachung der Kostenentwicklung
gerechnet.

– Bis in den Sommer hinein wurden die Spitzenverbände
von Seiten des Ministeriums gedrängt, eine Informa-
tionskampagne zu machen, damit jeder einzelne Arzt
und jede einzelne Ärztin ihr Verschreibungsverhalten an-
passt.

– Die Aut-idem-Regelung, nach der Arzneimittel immer
durch ein kostengünstigeres wirkstoffgleiches Medika-
ment zu ersetzen sind, trat in seiner ersten Stufe zum
1. Juli 2002 und in seiner zweiten Stufe zum 1. Oktober
2002 in Kraft. Auch dies ließ Einsparungen im Bereich
der Arzneimittel gegenüber dem sich aus den Finanzsta-
tistiken ergebenden Trend erwarten.

– Als nicht kalkulierbar schätzte das Bundesgesundheits-
ministerium das Risiko der Entgeltumwandlung im Rah-
men der „Riester-Rente“ ein. Für Arbeitnehmer besteht
die Möglichkeit, sich Lohnbestandteile in Zuschüsse zur
Alterssicherung umwandeln zu lassen. Diese Lohnbe-
standteile fallen aus der Basis für die Beitragsbemessung
heraus. Die Entgeltumwandlung führt so zu einer Ver-
minderung der Beitragseinnahmen der GKV.

Diese Erwartung hatte nicht nur die Ministerin und ihr
Staatssekretär. Auch die Fachbeamten auf Abteilungs- und

Trotzdem stellte die Bundesgesundheitsministerin in ihren
öffentlichen Äußerungen vor der Bundestagswahl keine
eigenen Prognosen über ein ausgeglichenes Ergebnis der
gesetzlichen Krankenkassen am Ende des Jahres 2002 auf,
sondern blieb vorsichtig und verwies jeweils auf die ent-
sprechenden Stellungnahmen der zuständigen Krankenkas-
sen. Worauf Ministerin Ulla Schmidt stets hinwies, war das
Risiko der Arzneimittelkosten. So sagte die Bundesgesund-
heitsministerin am 12. September 2002 im Fernsehen, die
großen Kassen gingen nicht von einer Beitragserhöhung
aus, eine Erhöhung des durchschnittlichen Beitragssatzes
sei mithin nicht wahrscheinlich.
In dem Zeitraum zwischen dem 19. und dem 24. September
2002 gelangten dem BMG erste Hinweise aus der Pharma-
industrie zur Kenntnis, die darauf hindeuteten, dass die Arz-
neimittelausgaben wesentlich stärker als bislang einge-
schätzt steigen würden. Der zuständige Abteilungsleiter des
BMG hatte sich regelmäßig bei einer Kontaktperson in der
Pharmaindustrie nach den monatlichen sogenannten „ISM-
Daten“ (Institut für Medizinische Statistik) erkundigt. Ge-
genüber den Informationen von den Krankenkassen
(KV 45) und der Apothekerbundesvereinigung (ABDA-
Meldung) haben diese ISM-Daten den Vorteil, dass sie viel
früher verfügbar sind. Über die aktuellen Trends informierte
der Abteilungsleiter die Ministerin wohl zwei Tage nach der
Bundestagswahl.
Ende September 2002 schlossen die Kassen das dritte Quar-
tal ab. Diese waren beunruhigend. Daher setzten sich Ver-
treter der Kassen mit dem BMG-Staatssekretär Dr. Schröder
am 2. Oktober 2002 zusammen, um über Maßnahmen zur
Beitragssatzstabilisierung nachzudenken. Die großen Kas-
sen räumten erstmals im Oktober 2002 ein voraussichtliches
Gesamtjahresdefizit von zunächst 1,5 Mrd. €, später von
2,5 Mrd. € ein.
Am 1. Oktober 2002 berichtete die Frankfurter Rundschau,
das BMG rechne mit einem Defizit der GKV von bis zu
1,5 Mrd. € und Bundesministerin Ulla Schmidt wolle durch
Notmaßnahmen die drohenden Beitragserhöhungen für
Kassenpatienten verhindern: „Wir brauchen ein zustim-
mungsfreies Vorschaltgesetz, um die Ausgaben der gesetz-
lichen Krankenversicherung zu stabilisieren.“ Der Ministe-
rin schwebe als Sofortmaßnahme die Einführung von
Festpreisen für neue patentgeschützte Arzneimittel vor, die
keinen nachweisbaren zusätzlichen Nutzen bringen.
Am 5. November 2002 legten die Koalitionsfraktionen zwei
Gesetzentwürfe vor:
– Beitragssatzsicherungsgesetz: Weitergabe von Pharma-

Rabatten an Kassen, Anhebung der Versicherungs-
pflichtgrenze, Sterbegeldkürzung, Ausgabenfestschrei-
bung im Krankenhausbereich, Preissenkung für Zahn-
technik und Beitragssatzfestschreibung,

– SGB V-Änderungsgesetz: Einbeziehung von hochprei-
sigen patentgeschützten Analogpräparaten in die Fest-
betragsregelung.

Die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze war bereits
vor der Wahl diskutiert worden und Gegenstand der öffent-
lichen Auseinandersetzung. Sie war Teil des SPD-Wahlpro-
gramms.
Referatsebene teilten diese Einschätzung, wie die vernom-
menen Zeugen dem Ausschuss bestätigten.

Seit Juni 2003 stehen die endgültigen Finanzergebnisse der
GKV nach der Statistik „KJ 1“ fest: Den Einnahmen in Höhe

erhöhten fünf ihre Beiträge, ein Landesverband senkte sie
(siehe Tabelle unten).
Rückblickend stellten sich mehrere Ursachen für die Ver-
schlechterung der Finanzsituation der Kassen heraus:
– Die Beitragseinnahmen litten vor allem unter einer „ne-

gativen Lohndrift“. Darunter wird das Abweichen der
Effektivlohnentwicklung von der Tariflohnentwicklung
verstanden. Während die Löhne entsprechend den Tarif-
abschlüssen um 3,2 % steigen sollten, stagnierten sie
nahezu (+ 0,7 %). Wahrscheinlich ist, dass sich die Ef-
fektivlohnentwicklung negativ von der Tariflohnent-
wicklung wegen Tarifflucht und dem Abbau übertarif-
licher Zulagen und Sonderzahlungen abkoppelte.

– Anders als noch im Sommer erwartet stiegen die Kran-
kenhauskosten statt um 1,6 % tatsächlich um 3 % an.
Die Arzneimittelkosten stiegen gegenüber 2001 noch-
mals um 4,5 % an.

– Ob und inwieweit sich die Entgeltumwandlung zum
Aufbau der „Riester-Rente“ beitragseinnahmenmin-
dernd ausgewirkt hat, lässt sich zum gegenwärtigen Zeit-
punkt noch immer nicht präzise sagen.

Absprachen zwischen dem BMG und dem Ersatzkassenver-
band über die öffentliche Einschätzung der Finanzlage der
GKV gab es im Sommer 2002 nicht. Das hat der Zeuge
Rebscher dem Ausschuss gegenüber ausgeschlossen
(12. Sitzung, Protokoll Rebscher, S. 31).
2. Bewertung
Der Bundesgesundheitsministerin wurde im Wesentlichen
vorgeworfen, sie habe die Öffentlichkeit nicht ausreichend
auf die finanzielle Situation der GKV hingewiesen. Weiter
wurde ihr vorgeworfen, das Beitragssicherungsgesetz sei
schon vor der Bundestagswahl in ihrem Ministerium vorbe-
reitet worden, worüber sie geschwiegen habe.
a) Adressat des Informationsbedürfnisses der

Öffentlichkeit über die Finanzentwicklung
der GKV

Anders als beim Bundeshaushalt verfügt die Bundesregie-
rung in Bezug auf die GKV über keine aktuelle Kassenüber-
sicht. Das liegt schon an der Vielzahl der Akteure. Die über
300 Krankenkassen haushalten eigenverantwortlich und sind
nur ihrer jeweiligen Aufsicht gegenüber rechenschafts-
pflichtig. Vierteljährlich erhält das BMG etwa zwei Monate
nach dem jeweiligen Quartalsende von den Kassenverbän-
den die vorläufige Finanzstatistik KV 45. Das Bundesminis-
terium weiß nicht mehr, als ihm die Kassen an Daten liefern.

wicklung der GKV auch noch entscheidend auf das Verhal-
ten der zahlreichen Leistungserbringer, Ärzte, Apotheker,
Krankenhäuser und Pharmaindustrie, sowie die Versicher-
ten an. Dies ist kaum kalkulierbar. Auch hier muss sich die
Bundesregierung auf die Angaben der Beteiligten verlassen.
Zu bedenken ist: Bei der gesetzlichen Krankenversicherung
geht es insgesamt um ein Ausgabevolumen von über
140 Mrd. €. Das Defizit lag 2002 bei gut 3 Mrd. €, also ge-
messen an den Ausgaben rd. 2 %. Dies ein halbes Jahr im
Voraus exakt prognostizieren zu wollen, ist ein kühnes Vor-
haben.
b) Keine falschen Informationen durch

die Bundesregierung
Im Ausschuss wurde von keiner Seite der Vorwurf erhoben,
die Bundesgesundheitsministerin habe Bundestag oder Öf-
fentlichkeit aktiv mit falschen Zahlen über die Finanzlage
der GKV getäuscht. Insbesondere die von ihr in der Presse-
konferenz vom 2. September 2002 vorgetragenen Zahlen
über die Ergebnisse des ersten Halbjahres decken sich exakt
mit denen der Finanzstatistik KV 45.
Richtig ist vielmehr: Bundesministerin Schmidt selbst ver-
kündete das Halbjahresdefizit von über 2 Mrd. € und wies
mit Nachdruck darauf hin, dass die Arzneimittelausgaben
zu hoch seien.
c) Keine Pflichtverletzung durch unterlassene

Information
Der Bundesgesundheitsministerin kann auch nicht zum Vor-
wurf gemacht werden, sie hätte der Öffentlichkeit die An-
nahmen des Schätzerkreises vom 4./5. September 2002
nicht mitgeteilt.
Es wäre sogar schädlich gewesen. Öffentliche Prognosen
zur Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversiche-
rung haben eine nicht zu unterschätzende psychologische
Wirkung. Wird die Beitragssatzstabilität von vorneherein
als unerreichbar kommuniziert, ist mit hoher Wahrschein-
lichkeit mit einer verringerten Kostendisziplin der Leis-
tungserbringer zu rechnen. Die öffentlich geäußerte Be-
fürchtung einer Beitragssteigerung destabilisiert des
Weiteren gerade die schwächeren gesetzlichen Krankenkas-
sen durch die Gefahr der Abwanderung der Mitglieder mit
den hohen Beiträgen. Werden Beitragserhöhungen angekün-
digt, verlieren die Kassen insbesondere junge und gesunde
Beitragszahler zu Hunderttausenden. Das Defizit, welches
durch höhere Beiträge gedeckt werden sollte, würde noch-
mals vergrößert. Negative Prognosen haben somit die Wir-
kung einer self-fulfilling prophecy.

Gesamtjahressaldo der GKV im Vergleich in Mrd. €:

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Drucksache 15/2100 – 156 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

von 140,26 Mrd. € standen Ausgaben in Höhe von
143,36 Mrd. € gegenüber. Dies ergab ein Defizit von
3,37 Mrd. €. Einige Krankenkassen mussten ihre Beiträge
erhöhen, im Ergebnis auf einen durchschnittlichen Beitrags-
satz von 14,3 %. Von den sechzehn AOK-Landesverbänden

Der eigentliche Adressat des öffentlichen Informationsbe-
dürfnisses ist damit nicht die Bundesregierung, sondern die
jeweilige Krankenkasse.
Was Voraussagen für die Zukunft angeht, ist die Lage noch
schwieriger. Neben den Kassen kommt es für die Finanzent-
Quelle: GKV-Jahresrechnung KJ1
- 4,78 5,32 1,40 - 3,66 - 3,55 0,86 0,28 0,28 - 0,02 - 3,03 - 3,37

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 157 – Drucksache 15/2100

Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Angestellten-
Krankenkassen e.V. Rebscher sagte hierzu dem Ausschuss:

„Ich hätte in der Situation der Ministerin vor der Bun-
destagswahl keine anderen Informationen gehabt und
verwenden können, ohne Kassen im Wettbewerb massiv
zu behindern. Es ist, glaube ich, auch eine Aufgabe der
Ministerin, sich in diesem hoch sensiblen Bereich der
beitragssatzreagiblen Wettbewerbssituation nach Mög-
lichkeit ausschließlich auf ganz objektive Daten und Ent-
wicklungen zu stützen, bevor man mit Gerüchten die
Kasse ruiniert“ (12. Sitzung, Protokoll Rebscher, S. 25).

Dem pflichtete der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundes-
verbandes Dr. Ahrens bei:

„Die Frage, wie man mit zukünftigen Beitragssatzanhe-
bungen umgeht, ist eine relativ sensible, da es kontra-
produktiv ist, wenn man zu einem zu frühzeitigen und un-
gesicherten Zeitpunkt Beitragssatzanhebungen in die
Welt setzt“ (12. Sitzung, Protokoll Dr. Ahrens, S. 75).

Auch und wesentlich aus diesem Grund ist die Korrektur
von Erwartungen mit größter Sensibilität zu handhaben.
Das ist geschehen, bei voller Berücksichtigung des Informa-
tionsanspruchs der Öffentlichkeit, aber gleichzeitigem
Augenmerk auf Vermeidung unnötiger destabilisierender
Tendenzen. Die Ministerin wäre – hätte sie, wie es der erho-
bene Vorwurf nahe legt, im Sommer öffentlich Beitrags-
erhöhungen für den Jahreswechsel in Aussicht gestellt –
selbst zur Ursache einer Verschlechterung der Finanzsitua-
tion der GKV geworden. Das hätte ihr die Opposition dann
zu Recht vorwerfen können.
Es stellt sich die Frage, ob sie wenigstens den Gesundheits-
ausschuss des Bundestages über die Annahmen des Schätzer-
kreises hätte aktiv informieren müssen. Dass der Schätzer-
kreis getagt hatte, war den Experten des Gesundheitswesens,
zu denen auch die Mitglieder des Gesundheitsausschusses
gehören, bekannt. Man darf auch davon ausgehen, dass die
meisten Mitglieder des Gesundheitsausschusses über den
Inhalt der Gespräche des Schätzerkreises informiert waren.
Dass im Gesundheitsausschuss nicht nachgefragt wurde, ist
der Ministerin nicht zuzuschreiben.
Zu dem Verhalten der Bundesgesundheitsministerin im
Sommer 2002 gab es keine verantwortbare Alternative.
d) „Vorschaltgesetz“ bzw. Beitragssatz-

sicherungsgesetz
Das zum Streitthema gemachte Vorschaltgesetz zielte nicht
darauf, im Jahre 2002 zu einem ausgeglichenen Finanz-
ergebnis der GKV zu gelangen. Vordringlicher Zweck von
Vorschaltgesetzen ist es, dem Gesetzgeber eine Atempause
zu verschaffen, um große Reformen einleiten zu können.
Im Übrigen: Ende September/Anfang Oktober gab es zu-
nächst nur erste Überlegungen, mit einer Festpreisregelung
für Analogpräparate auf die sich andeutende Ausgabenent-
wicklung zu reagieren, die anderen Regelungen des Bei-
tragssatzsicherungsgesetzes kamen mit einer Ausnahme erst
nach und nach bis zum 5. November 2002 dazu. Diese Aus-
nahme, die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze, stand
im SPD-Wahlprogramm und führte zu massiven Auseinan-
dersetzungen mit den privaten Krankenversicherungen.

e) Plausibilität der Erwartungen des
Bundesgesundheitsministeriums

Vorhersagen zur Entwicklung der Beitragssätze in der ge-
setzlichen Krankenversicherung begegnen besonderen
Schwierigkeiten. Ungewissheiten bestehen – wie bei der
Rentenversicherung – zunächst hinsichtlich der zu erwar-
tenden Einnahmen. Diese sind von der Konjunkturentwick-
lung, der Lohnquote und der Inanspruchnahme von bei-
tragsmindernden Altersvorsorgekonzepten im Rahmen der
betrieblichen Direktumwandlung abhängig. Letzteres be-
trifft insbesondere die Auswirkungen von Einmalzahlungen,
in der Regel zum Jahresende („Weihnachtsgeld“). Zusätz-
lich besteht in der Krankenversicherung auf der Ausgaben-
seite ein erhebliches Maß prognostisch relevanter Unsicher-
heit. Die Belastung der gesetzlichen Krankenversicherung
hängt wesentlich vom Ausmaß der Inanspruchnahme durch
die Versicherten und der Verschreibungspraxis ab.
Gleichwohl können auf der Basis der Erfahrungen zurück-
liegender Jahre die vierteljährlich veröffentlichten Quartals-
ergebnisse der gesetzlichen Krankenversicherung zu einer
Prognose der voraussichtlichen Finanzergebnisse im laufen-
den Jahr genutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass
die Halbjahreszahlen auf das Gesamtjahr hochgerechnet
werden dürften. In den meisten Tarifvereinbarungen war
vorgesehen, dass das beitragsrelevante Einkommen der Ver-
sicherten in der zweiten Jahreshälfte auch wegen des Ur-
laubs- und Weihnachtsgeldes deutlich zunimmt. Zu berück-
sichtigen war des Weiteren die konjunkturelle Entwicklung
der zweiten Jahreshälfte.
Im Jahr 2002 bestand vor diesem Hintergrund guter Grund
zu der Annahme, dass das Halbjahresdefizit der Kassen zum
Jahresende ausgeglichen werden könnte. Im Hinblick auf
die Tarifabschlüsse und die prognostizierte konjunkturelle
Aufhellung konnte mit einer Verbesserung der Einnahmen-
seite, im Hinblick auf die im Arzneimittelbereich von den
Selbstverwaltungspartnern abgeschlossenen Kostensen-
kungsprogramme mit einer Verbesserung der Ausgabenseite
gerechnet werden:
– Die vergleichsweise hohen Tarifabschlüsse in 2002 lie-

ßen erwarten, dass die Beitragseinnahmen signifikant
steigen. Dies konnte sich in der ersten Jahreshälfte noch
nicht auf die Statistik auswirken, da die Zahlungen erst
im Jahresverlauf erfolgen sollten.

– Statt der erwarteten Zunahme der für die Beitragseinnah-
men maßgeblichen Bruttolohn- und Gehaltssumme kam
es im Jahresergebnis zu einer Abnahme der Effektiv-
löhne („negative Lohndrift“). Alle Wirtschaftsforscher
erwarteten für die zweite Jahreshälfte 2002 einen Auf-
schwung. In Zeiten der wirtschaftlichen Belebung
kommt es erfahrungsgemäß eher zu einer „positiven
Lohndrift“, weil zwischen den Unternehmen ein Abwer-
bewettlauf stattfindet, bei dem Mitarbeiter mit übertarif-
lichen Bezahlungen gelockt werden. Als sich die kon-
junkturelle Lage im Herbst 2002 eher abkühlte, wurden
hingegen außer- und übertarifliche Entgelte abgebaut.

– Die Krankenhauskosten sind äußerst schwer zu kalkulie-
ren, da Mehr- und Mindererlösausgleiche mit den Daten,
die aus der Rechnungslegung von Krankenhäusern in
Dies in einer Wahlkampfsituation gegen Widerstand zu ver-
treten, ist das genaue Gegenteil von Wählertäuschung.

den aktuellen Monaten kommen, erst im nachgehenden
Jahr verrechnet werden. Die einzige Orientierung boten

Drucksache 15/2100 – 158 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

die kumulierten Budgetverhandlungsergebnisse mit den
Krankenhäusern, was eine Steigerung von 1,6 % vorsah.
Daran gemessen war die tatsächliche Steigerung um
3,8 %, die Verdoppelung des Budgetabschlusses, nicht
zu erwarten.

– Arzneimittelkosten: Der Bundesgesetzgeber und die
Bundesregierung hatten entscheidende Maßnahmen zur
Begrenzung der Arzneimittelausgaben auf den Weg ge-
bracht: Festbeträge, Aut-idem-Regelung, Apothekenra-
batt und Solidarbeitrag der Pharmaindustrie – meistens
gegen massiven Widerstand der jeweiligen Interessen-
verbände. Nachdem die Ausgaben für Arzneimittel im
Vorjahr um über 11 % angestiegen waren, sprach alles
dafür, dass aufgrund dieser Maßnahmen ein weiterer An-
stieg vermieden würde.

– Der Erwartung des Bundesgesundheitsministeriums ei-
nes ausgeglichenen Jahresergebnisses kann auch nicht
die Beratung des GKV-Schätzerkreises vom September
2002 entgegengehalten werden. Dessen Aufgabe ist es,
den sogenannten Ausgleichsbedarfssatz für den Risiko-
strukturausgleich vorherzuschätzen, um den Kassen eine
Orientierung zu geben. Seine Aufgabe ist es gerade
nicht, Prognosen über Finanzergebnisse abzugeben oder
die tatsächliche Entwicklung zu beschreiben.

Diese Erwägungen und Erwartungen des BMG waren in
sich schlüssig und nicht zu beanstanden. Heute weiß man,
dass sich die Regierungsprognosen nicht realisiert haben.
Daraus kann nicht der Vorwurf abgeleitet werden, dass vor
der Wahl falsche, geschweige denn bewusst falsche Progno-
sen veröffentlicht wurden. Alle Einschätzungen waren vom
damaligen Wissensstand aus gut begründet. Sie erfolgten
aus der damaligen Perspektive zu Recht. Die im Zusam-
menhang mit der „Riester-Rente“ erwartete beitragseinnah-
menmindernde Entgeltumwandlung war im Sommer 2002
als Risiko für die Beitragseinnahmen bekannt, nicht ab-
schätzbar. Auch dass sich die Arbeitslosenzahlen so negativ
entwickeln würden, konnte von Politik und Wirtschaftsfor-
schern nicht vorausgesehen werden.
Die spätere Erkenntnis, dass doch alles anders kam, kann
die damaligen Prognosen nicht delegitimieren. Sie demon-
striert nur, dass Prognosen ihrem Wesen nach lediglich be-
gründete Vermutungen sind.
f) Bewertung durch die Presse
Johannes Leithäuser in der Frankfurter Allgemeinen Zei-
tung vom 4. April 2003:

„Die von der Union betriebene parlamentarische Unter-
suchung vermuteter Wahllügen der Bundesregierung hat
in der jüngsten Zeugenvernehmung zum Gesundheits-
wesen keine belastenden Erkenntnisse ergeben.“

Jakob Augstein in der Süddeutschen Zeitung vom 4. April
2003:

„Der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Angestell-
ten-Krankenkassen, Herbert Rebscher, hat am Donners-
tag vor dem Untersuchungsausschuss wegen angebli-
chen Wahlbetrugs die Bundesregierung entlastet. Weder
das Defizit der Krankenkassen noch die darauf hin not-

Christoph D. Frieß, ddp vom 3. April 2003:
„Die Ersatzkassenverbände geben der Bundesregierung
im „Wahlbetrugs“-Untersuchungsausschuss Rücken-
deckung.“

Ulrike Herrmann in der tageszeitung vom 11. April 2003:
„Für CDU-Obmann Peter Altmaier verlief die Sitzung
enttäuschend. Er konnte der Gesundheitsministerin nicht
nachweisen, dass sie schon vor der Bundestagswahl im
September hätte wissen müssen, dass die Kassenbeiträge
zum Jahresende durchschnittlich von 14 auf 14,3 % stei-
gen würden.“

Sabine Rieser im Deutschen Ärzteblatt vom 18. April 2003:
„Schmidt nutzte diese und andere Fragen, um zu beto-
nen, dass sie bei ihren Einschätzungen zur Finanzlage
stets auf die Risiken hingewiesen hätte, die noch bestün-
den. Etwas anderes war ihr in der vergangenen Woche
trotz oder gerade wegen einer Vielzahl von Interviews
und Presseberichten über ihre Aussagen, mit denen sie
konfrontiert wurde, nicht nachzuweisen. Glaubhaft ver-
mittelte Schmidt zudem, dass man mit gutem Grund rela-
tiv lange von einem ausgeglichenen GKV-Ergebnis aus-
gehen durfte.“

V. Finanzsituation der Rentenversicherung
1. Wesentliches Ergebnis der Beweisaufnahme
Zu dem Vorwurf, die Bundesregierung habe den Bundestag
oder die Öffentlichkeit über die Finanzlage der gesetzlichen
Rentenversicherung falsch oder unvollständig informiert,
hat der Ausschuss im Wesentlichen folgenden Sachverhalt
festgestellt:
Jeweils zum Ende eines Jahres wird der Beitragssatz zur ge-
setzlichen Rentenversicherung von Arbeitern und Ange-
stellten durch die Bundesregierung für das folgende Jahr per
Rechtsverordnung festgesetzt. Die Bundesregierung muss
die Höhe des Beitragssatzes so festsetzen, dass die voraus-
sichtlichen Ausgaben durch die Beiträge finanziert werden
können. Diese jährliche Festsetzung erfolgt anhand der Er-
gebnisse der Oktober-Sitzung des Schätzerkreises zur Ar-
beiter- und Angestelltenversicherung, der sich aus Mitarbei-
tern der Bundesregierung, des Verbandes Deutscher
Rentenversicherungsträger (VDR), des Bundesversiche-
rungsamtes und der Bundesversicherungsanstalt für Ange-
stellte (BfA) zusammensetzt.
In den Jahren 1997 und 1998 betrug der Beitragssatz
20,3 %. Mit den Rentenreformen der Rot-Grünen-Koalition
in der 14. Wahlperiode
– konnte insbesondere durch den Einstieg in die Ökologi-

sche Steuerreform der Beitragssatz auf zunächst 19,5 %,
dann auf 19,3 % und schließlich für die Jahre 2001 und
2002 auf 19,1 % abgesenkt werden,

– wurde zur langfristigen Sicherung der Altersvorsorge
neben der umlagefinanzierten Rentenversicherung eine
staatlich geförderte kapitalgedeckte Alterssicherung
(„Riester-Rente“) als zweite Säule geschaffen und

– führte der Gesetzgeber eine bedarfsorientierte und steuer-
finanzierte Grundsicherung zur Vermeidung von Armut
wendigen Beitragserhöhungen seien vor der Bundes-
tagswahl im September 2002 absehbar gewesen.“

im Alter und bei dauerhafter Erwerbsunfähigkeit aus
medizinischen Gründen ein.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 159 – Drucksache 15/2100

Die Stabilität des Beitragssatzes in 2002 basierte auf der im
Oktober 2001 getroffenen Annahme einer Zunahme der
Durchschnittsentgelte der Arbeitnehmer in 2002 von 2,7 %
und einer Erhöhung der Zahl der beschäftigten Arbeitneh-
mer und Angestellten um 0,19 %. Aufgrund dieser Annah-
men ging die Bundesregierung davon aus, dass der Bei-
tragssatz auch im Jahre 2003 stabil bei 19,1 % bleiben
würde (Rentenversicherungsbericht 2001 der Bundesregie-
rung, BT-Drs. 14/7639).
Im Frühjahr 2002 wurde in der Öffentlichkeit über einen
möglichen Beitragssatzanstieg für 2003 auf 19,3 % speku-
liert. Anlass für diese Spekulationen waren Hochrechnun-
gen aus dem damaligen Bundesministerium für Arbeit
(BMA) auf der Basis der aktuellen Beitragseinnahmen. Im
Ministerium war man der Auffassung, diese Hochrechnun-
gen seien eine „Momentaufnahme“ und „unmaßgeblich“, da
Aussagen zum künftigen Beitragssatz zu einem so frühen
Zeitpunkt äußerst spekulativ seien. Entsprechend äußerte
sich die Ministeriumssprecherin in der Öffentlichkeit.
Die Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversiche-
rung blieben im ersten Halbjahr 2002 wegen Streiks und
überdurchschnittlich vieler Feiertage (negativer Lohnsum-
meneffekt: 0,3 %) unterhalb des erwarteten monatlichen
Durchschnittszuwachses. Ein Mitarbeiter des BMA fertigte
im Juni 2002 gleichwohl einen Vermerk für den zuständigen
Staatssekretär, in welchem er die ihm gemeldeten Beitrags-
einnahmen aus den Monaten Januar bis Mai auf das Ge-
samtjahr linear hochrechnete, wobei er annahm, dass die
Beitragseinnahmen – wie im Vorjahr – im zweiten Halb-
jahr 0,9 % über denen des ersten Halbjahres liegen würden.
Mit dieser Hochrechnung gelangte er zu einem möglichen
Beitragssatz 2003 von 19,6 %. Nicht berücksichtigt worden
sind insbesondere die relativ hohen Tariflohnsteigerungen,
die u.a. wegen verzögerter Auszahlung der Tariferhöhungen
erst in der zweiten Jahreshälfte wirksam werden sollten, und
die zu diesem Zeitpunkt von den Wirtschaftsinstituten ange-
nommene Verbesserung der Konjunktur und einem damit
einhergehenden Beschäftigungszuwachs im zweiten Halb-
jahr.
Bei der Aufstellung des Bundeshaushalts 2003 im Juni 2002
kalkulierte die Bundesregierung den Bundeszuschuss vor-
sorglich auf einen Beitragssatz von 19,3 % entsprechend der
April-Prognose des Schätzerkreises und kommunizierte das
auch öffentlich. Das von der Bundesregierung vorrangig
verfolgte Ziel einer Beitragsstabilität – also 19,1 % – wurde
ausdrücklich an die Voraussetzung der prognostizierten
konjunkturellen Entwicklung (Wachstum von 2,5 % für
2003) geknüpft. Der Bundeskanzler sagte bei der Vorstel-
lung des Bundeshaushalts am 19. Juni 2002 wörtlich:
„Wenn die konjunkturelle Entwicklung sich so vollzieht,
wie prognostiziert, kann man für Stabilität sorgen.“ Er wies
in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass mit
einer derartigen Erwartung eine „Unsicherheit“ verbunden
war.
Auf der Tagung des Schätzerkreises Ende Juni 2002, die der
Haushaltsaufstellung der Rentenversicherungsträger diente,
konnten sich die Vertreter des BMA und der Rentenversi-
cherungsträger nicht auf eine gemeinsame Schätzung des
Beitragssatzes 2003 einigen. Einig war man sich, dass die

tragssatz von 19,3 % zu bekommen. Kenntnis hatte man da-
von, dass in den ersten fünf Monaten die Beitragseinnah-
men gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 0,64 %
angestiegen waren. Während die Rentenversicherungsträger
davon ausgingen, dass die Beitragseinnahmen im 2. Halb-
jahr lediglich um 1,5 % steigen würden und deswegen ein
Beitragssatz für 2003 in Höhe von 19,6 % festgesetzt wer-
den müsste, ging das BMA davon aus, dass wegen der Tarif-
erhöhungen und der erwarteten wirtschaftlichen Belebung
mit einem Zuwachs der Beitragseinnahmen von 3,2 % und
damit mit einem Beitragssatz in 2003 von 19,3 % zu rechnen
sei. Der zuständige Staatssekretär im BMA, Dr. Achenbach,
besprach sich hierauf mit dem Vorsitzenden des Sozialbei-
rates, Prof. Dr. Dr. Rürup. Dieser versicherte dem Staatssek-
retär, die Prognose des BMA sei plausibler und entspreche
der aktuellen Wirtschaftslage.
Die Kontroverse zwischen BMA und Rentenversicherungs-
träger über die voraussichtliche Rentenbeitragshöhe in 2003
wurde im Juli 2002 offen in den Medien ausgetragen. Inzwi-
schen lagen die Beitragseinnahmen aus dem Monat Juni
vor: Der Anstieg der Einnahmen im ersten Halbjahr lag bei
0,29 %. Wegen der unterschiedlichen Einschätzung der
zweiten Jahreshälfte einigten sich der Staatssekretär
Dr. Achenbach mit dem VDR-Direktor Prof. Dr. Ruland
und dem BfA-Präsidenten Dr. Rische darauf, die den jewei-
ligen Schätzungen zugrunde liegenden Annahmen von un-
abhängigen Institutionen, dem Deutschen Institut für Wirt-
schaftsforschung (DIW) und dem Sachverständigenrat
(SVR) beurteilen zu lassen. Dieses Vorgehen befand auch
der Referatsleiter aus dem BMA, der die Hochrechnung mit
dem Ergebnis 19,6 % angefertigt hatte, „völlig in Ordnung“
(17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen, S. 41). Dem Sach-
verständigenrat erschien die Prognose des BMA „als etwas
zu optimistisch, die der Rentenversicherungsträger hinge-
gen bei weitem zu pessimistisch.“ (Dokument Nr. 126). Das
DIW blieb bei seiner die Bundesregierung stützenden An-
nahme: „Das Jahresergebnis von 2,4 % Zuwachs für die
Entgelte sehen wir auf der Basis unserer Prognosen daher
als nicht gefährdet an. Entsprechend sollten sich auch die
Beitragseinnahmen entwickeln. Lediglich die Verteilung
zwischen den Halbjahren könnte sich ändern.“ (Dokument
Nr. 127).
Im August lagen dem Arbeitsministerium die Beitragszah-
len aus dem Monat Juli vor, die wieder deutlich günstiger
als im Juni waren. Wegen dieser positiven Entwicklung und
aufgrund der Bestätigung der Position des BMA durch den
unabhängigen Sachverstand von SVR und DIW blieb die
Bundesregierung bis zur Bundestagswahl bei ihrer festen
Erwartung, der Rentenversicherungsbeitragssatz 2003 würde
bei 19,3 % liegen. Dies haben alle aus dem ehemaligen
BMA und dem Kanzleramt hierzu vernommenen Zeugen
dem Ausschuss bestätigt.
So äußerte sich Bundesarbeitsminister Riester auch gegen-
über dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit. Am
28. August 2002 sagte er der Frankfurter Rundschau, die
Bundesregierung habe zunächst mit einem Lohnsummenzu-
wachs von 2,5 % gerechnet, tatsächlich seien es im ersten
Halbjahr nur 0,3 % gewesen. „Ich rechne im Moment mit
einem Beitragssatz von 19,3 % für 2003.“ Einem CDU/
CSU-Bundestagsabgeordneten teilte der Minister mit
Beitragseinnahmen im gesamten Jahr 2002 gegenüber dem
Vorjahr um 1,8 % steigen müssen, um für 2003 einen Bei-

Schreiben vom 4. September sämtliche seiner Einschätzung
zugrunde liegenden Rechnungsergebnisse und Annahmen

Drucksache 15/2100 – 160 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(Beitrags-, Lohn- und Beschäftigungsentwicklung) mit (Do-
kument Nr. 134).
Im Oktober korrigierte die Bundesregierung ihre gesamt-
wirtschaftliche Erwartung. Aufgrund des Ergebnisses des
Schätzerkreises wurde der Rentenbeitrag für das Jahr 2003
durch das Beitragssatzsicherungsgesetz auf 19,5 % festge-
setzt.
Wäre – wie von der CDU/CSU im Wahlkampf versprochen –
die nächste Stufe der Ökosteuer ausgesetzt worden, hätte der
Beitragssatz gut 0,2 Prozentpunkte höher festgesetzt werden
müssen. Eine – wie von dem stellvertretenden CDU/CSU-
Fraktionsvorsitzenden, Horst Seehofer, im August 2002 vor-
geschlagene – nachträgliche Kompensation für die im Jahr
2000 ausgebliebene Rentenanpassung hätte den Beitragssatz
um weitere 0,2 bis 0,3 Beitragssatzpunkte erhöht. Hätten
CDU und CSU die Bundestagswahl gewonnen, läge der Bei-
tragssatz zur Rentenversicherung heute bei 20 %.

2. Bewertung
Vorgeworfen worden ist der Bundesregierung im Wesent-
lichen, dass sie bis zur Bundestagswahl von einem Renten-
versicherungsbeitragssatz von voraussichtlichen 19,3 %
sprach, obwohl ein Beamter des ehemaligen Bundesarbeits-
ministeriums, der Zeuge Dabringhausen, den damaligen
Bundesarbeitsminister Walter Riester frühzeitig in einer
Hochrechnung auf einen möglichen Beitragssatz 2003 von
19,6 % hingewiesen hatte. Dieser scheinbare Widerspruch
ist aufgelöst.
a) Keine falschen Informationen
Die Vermutung, die Bundesregierung habe falsche Informa-
tionen über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversiche-
rung verbreitet, hat sich nicht bestätigt. Sie wurde widerlegt.
Über die tatsächlichen Beitragseinnahmen sowie über den
angestrebten Zuwachs der noch ausstehenden Einnahmen
herrschte vollkommene Transparenz. Insbesondere das
schwache Beitragsaufkommen des ersten Halbjahres wurde
von Bundesarbeitsminister Riester genauso der Presse ge-
genüber erwähnt wie das rechnerisch Erforderliche, um zu
dem Beitragssatz für 2003 von 19,3 % zu gelangen.
Entschieden werden musste über den Beitragssatz für das
Jahr 2003 nach den Bundestagswahlen im November 2002.
Dies konnte vernünftigerweise nur anhand der Prognose des
Schätzerkreises zur gesetzlichen Rentenversicherung erfol-
gen, die erst im Oktober 2002 vorlag. Grundlage der Pro-
gnose des Schätzerkreises konnten nur die neuen Eckdaten
der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Entwicklung sein,
die ebenfalls erst im Oktober 2002 vorlagen.
Auf dieses langjährig geübte und bewährte Verfahren zur
Bestimmung des Beitragssatzes und den Zeitpunkt der Ent-
scheidung hat die Bundesregierung vor der Wahl stets hin-
gewiesen. Über die für eine Prognose erforderlichen
Grundannahmen wurde öffentlich diskutiert. Falsch darge-
stellt oder verheimlicht worden ist darüber nichts.
Vor Oktober 2002 gab es keine hinreichend verlässlichen
Daten, die eine fundierte Prognose über die Entwicklung
des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung

b) Keine Täuschung über die
eigene Einschätzung

Über ihre eigene Einschätzung hätte die Bundesregierung
nur dann getäuscht, wenn sie öffentlich eine Erwartung ge-
äußert hätte, die zu ihrer internen Erwartung im Wider-
spruch stand. Für einen solchen Widerspruch ließen sich
keinerlei Anhaltspunkte finden. Insbesondere kann ein Wi-
derspruch nicht darauf gestützt werden, dass im BMA ein
Referatsvermerk angefertigt wurde, dessen Ergebnis sich
die Leitung des Ministeriums nicht zu Eigen gemacht hat.
Entscheidend ist, zu welchem Urteil der parlamentarisch
verantwortliche Minister kommt.
Die als Zeugen vom Ausschuss vernommenen Staatssekre-
täre Anzinger und Dr. Achenbach bestätigten, dass die Lei-
tung des Arbeitsministeriums fest davon überzeugt war,
dass die Beitragseinnahmen in der zweiten Jahreshälfte bes-
ser als im ersten Halbjahr verlaufen würden und von daher
der Beitragssatz stabil bliebe. Der Bundesarbeitsminister,
von Hause aus Tarifexperte, habe sich sehr für die schlech-
ten Beitragseinnahmen des ersten Halbjahres interessiert,
aber keiner im Ministerium habe dies schlüssig erklären
können. Alles habe für steigende Einnahmen gesprochen.
Wörtlich sagte der Zeuge Staatssekretär Anzinger dem Aus-
schuss:

„Im Übrigen, wenn ich darauf hinweisen darf, dass
Walter Riester vorher einer anderen Tätigkeit in einer
großen Gewerkschaft der Bundesrepublik Deutschland
nachgegangen ist, dann weiß man auch, dass er genau
diese Fragen immer gestellt hat: Was ist eigentlich mit
den Tarifabschlüssen? Nun hatte „seine“ IG Metall im
April einen Tarifabschluss von 3,2 Prozent, der, je nach-
dem, wie man ihn rechnet, sogar auf 4 Prozent hochge-
rechnet werden konnte. Er hat uns auch diese Frage ge-
stellt: Wo sind die Tarifabschlüsse? Die müssen sich
doch in den Beitragseinnahmen abzeichnen. Es war
niemand, weder der Staatssekretär Achenbach noch ich
noch unsere Fachleute, in der Lage, das zu beantwor-
ten. Wir konnten es in dem Punkt – ich sage das ganz
offen – nicht erklären“ (20. Sitzung, Protokoll Anzin-
ger, S. 15).

Eben weil dies nicht erklärbar war, habe man im Ministe-
rium an der Dreisatz-Methode der Hochrechnung
Beitragseinnahmen = Beitragseinnahme x Spreizung
2. Halbjahr 1. Halbjahr
erhebliche Zweifel bekommen. Eine realitätsnahe Einschät-
zung schien nach Angaben des Staatssekretärs Dr. Achenbach
„im Ergebnis allein auf der Basis von Annahmen möglich,
die dem positiven Konjunkturverlauf entsprachen“, wie der
damals für die zweite Jahreshälfte durchgängig erwartet wor-
den sei (20. Sitzung, Protokoll Dr. Achenbach, S. 52). Die
Plausibilität der Hochrechung des Referatsleiters Dabring-
hausen sei deswegen in Frage gestellt worden:

„Wir kamen (…) zu dem Ergebnis, dass diese mehr me-
chanische Hochrechnungsweise, die zunächst angedacht
worden war, keinen Bezug zu dem hatte, was man in der
Mitte des vergangenen Jahres noch zum weiteren Verlauf
2003 zugelassen hätten. Feste Versprechen eines bestimm-
ten Beitragssatzes hat die Bundesregierung nie abgegeben.

der Wirtschaftsentwicklung annahm“ (20. Sitzung,
Protokoll Dr. Achenbach, S. 55).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 161 – Drucksache 15/2100

Der zuständige Abteilungsleiter, der Zeuge Wittrock, sagte
dem Ausschuss:

„Ich (…) teile diese Zweifel auch. Sicherlich macht es
auch Sinn, zu sagen: Wenn das erste Halbjahr ganz be-
sonders schlecht ausgefallen ist und wenn verschiedene
Faktoren im ersten Halbjahr zu diesem Ergebnis geführt
haben, ist es plausibel, dass das zweite Halbjahr deut-
lich besser ausfällt, und deswegen ist es auch legitim,
eine größere Steigerungsrate zugrunde zu legen. – Das
ist das Ergebnis gewesen, das am Ende der Vorsitzende
des Sachverständigenrates und auch Herr Horn vom
DIW mitgetragen und für plausibel gehalten haben.“
(20. Sitzung, Protokoll Wittrock,, S. 37)

Der Zeuge Hofmann erläuterte dem Ausschuss diese ver-
schiedenen Sonderfaktoren des ersten Halbjahres:

„Das erste Halbjahr 2002 war durch außerordentliche
Ereignisse gekennzeichnet, die so auch in unserer Erfah-
rung nicht vorgelegen haben. Das war der Streik; das
war das Ausbleiben von Nachzahlungen oder dann von
Abschlüssen. Dann gab es saisonale Unterschiede in den
Arbeitstagen. Es gab also eine ganze Gemengelage – ich
habe das irgendwo in den Vermerken dargestellt –, die
das erste Halbjahr in der Entwicklung belastet hat, die
also auch eine Erklärung dafür war, warum die Beitrags-
eingänge so schwach waren. Es gab auch den Split zu
dem damaligen Ergebnis des Statistischen Bundesamtes
für die Lohnsumme, das bei 1,4 lag, während die Renten-
versicherungsträger, glaube ich, eine Lohnsumme, also
eine Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen,
von nur 0,3 hatten. Es war also eine etwas diffuse Ge-
mengelage, die durchaus auch vor dem Hintergrund des
erwarteten Konjunkturaufschwungs und bis weit in das
erste Halbjahr hinein. – – Wenn Sie sich den Ifo-Index
anschauen, gab es berechtigte Hoffnungen, dass der
Konjunkturaufschwung einsetzen würde und dann zu-
sammen mit den doch recht ordentlichen Tarifabschlüs-
sen eine Beschleunigung der Wirtschaftsentwicklung
hervorbringen würde.“ (23. Sitzung, Protokoll Hofmann,
S. 44)

Der Zeuge Dabringhausen, Verfasser der Hochrechnung aus
dem Juni 2002, nach der für das Jahr 2003 mit einem Bei-
tragssatz von 19,6 % gerechnet werden müsste, bestätigte,
dass die in 2002 abgeschlossenen Tarifverträge und die Pro-
gnose, dass die Wirtschafts- und Beschäftigungsentwick-
lung im zweiten Halbjahr positiver verlaufe, in seiner Hoch-
rechnung noch nicht berücksichtigt gewesen seien (17. Sit-
zung, Protokoll Dabringhausen, S. 30). Zur Einschaltung
des SVR als „neutralem Schiedsrichter“ befand er, das
BMA sei für Schätzungen der wirtschaftlichen Entwicklung
nicht zuständig: „Wir sind Laien auf dem Gebiet der wirt-
schaftlichen Entwicklung“. Die Mitarbeiter des BMA seien
„bei den Wirtschaftsdaten Konsumenten, aber keine Produ-
zenten“ (17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen, S. 35, 43).
Deswegen fand er es „völlig in Ordnung“, dass DIW und
SVR herangezogen worden sind, um die Entwicklung der
Bruttolohn- und Gehaltssumme für das zweite Halbjahr zu

c) Die Erwartung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hatte auch nach der am 12. Juli 2002
abgeschlossenen Juni-Schätzung keine Veranlassung, von
ihrer bisherigen Prognose eines Beitragssatzes von 19,3 %
abzuweichen. Dieser Schätzung lagen die Eckdaten der
Bundesregierung zur wirtschaftlichen Entwicklung vom
Mai 2002 zugrunde, die im Schätzerkreis an die aktuellen
Einschätzungen angepasst wurden. Die Bundesregierung
konnte zu diesem Zeitpunkt entsprechend den Annahmen
des gesamten Prognosespektrums davon ausgehen, dass die
Konjunktur sich wieder erholen würde. Es sprach alles da-
für, dass sich die relativ hohen Tarifabschlüsse positiv auf
die Entwicklung der Beitragseinnahmen im 2. Halbjahr
2002 auswirken. Der Umstand, dass sich dies im Nach-
hinein als Fehleinschätzung (nicht nur der Bundesregie-
rung) erwiesen hat, ändert nichts an der Legitimität der da-
maligen Einschätzung.
Auch die Rentenversicherungsträger haben trotz ursprüng-
licher Bedenken einen Beitragssatz von 19,3 % der Aufstel-
lung ihrer Haushaltspläne zugrunde gelegt. Der Vorsitzende
des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung, Prof. Dr. Wiegard, der Vorsit-
zende des Sozialbeirats, Prof. Dr. Dr. Rürup, und das DIW
unterstützten die Bundesregierung in ihrer Einschätzung
über die zu erwartende Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
und bei den Löhnen.
Dass die Erwartung und Einschätzung der Bundesregierung
zur Finanzlage der Rentenversicherung schlüssig und plau-
sibel war, haben die von dem Ausschuss vernommenen
Zeugen und Sachverständigen bestätigt.
Der Sachverständige Dr. Horn vom DIW führte aus, für die
Einnahmen der Rentenversicherung entscheidend sei die
Entwicklung der Bruttolohn- und Gehaltssumme. Das DIW
habe Mitte des Jahres 2002 für das Gesamtjahr einen Zu-
wachs von 2,4 % und für die zweite Jahreshälfte 2,6 % pro-
gnostiziert. Das Ergebnis sei dann aber nur 0,8 % gewesen.
Zu der Prognose der Rentenversicherungsträger (VDR und
BfA) vom Juli, nach welcher der Beitragssatz 2003 auf
19,6 % steigen müsse, meinte er: Verbände neigten dazu,
ihre Anliegen in der Öffentlichkeit „relativ drastisch (…)
darzustellen“ (17. Sitzung, Protokoll, Dr. Horn, S. 15). Die
Zahlen, die dem DIW vorlagen, hätten die Prognose des
VDR nicht hergegeben. Zum Zeitpunkt 12. Juli 2002 habe
das DIW einen Beitragssatz von 19,3 % für „wahrschein-
lich“ gehalten. Aus fachlicher Sicht habe auch die Bundes-
regierung keinen Anlass gehabt, ihre Rentenbeitragsprog-
nose zu revidieren.
Prof. Dr. Dr. Rürup vom Sachverständigenrat bestätigte
ebenfalls den Zusammenhang zwischen der Bruttolohn- und
Gehaltssumme und den Beitragseinnahmen. Während die
Veränderungsraten in der Vergangenheit in etwa parallel
verlaufen seien, sei es im Jahr 2002 zu einem starken Aus-
einanderdriften dieser beiden Größen gekommen (0,8 % zu
0,1 %). Die Ursache hierfür sei noch ungeklärt (17. Sitzung,
Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 49). Wahrscheinlich liege
es an der Entgeltumwandlung im Dezember letzten Jahres.
Von großer Bedeutung seien Weihnachtsgeldzahlungen, die
zu etwa 4 % der jährlichen Beitragseinnahmen der Renten-
prognostizieren (17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen,
S. 41).

versicherung führten. Mitte 2002 habe aufgrund der relativ
hohen Tarifabschlüsse damit gerechnet werden können, dass

troverse mit dem VDR sagte Prof. Dr. Dr. Rürup: Der SVR
habe mit den Daten aus der Volkswirtschaftlichen Gesamt-
rechnung des Statistischen Bundesamtes argumentiert, wäh-
rend sich der VDR auf rentenstatistische Daten gestützt
habe. Die nackten Zahlen seien aber die gleichen gewesen;
auch über die schlechte Beitragsentwicklung sei der SVR
informiert gewesen. Letztlich wäre es darauf angekommen:
„Wie schätze ich die Konjunktur ein?“ (17. Sitzung, Proto-
koll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 54 f.) Da habe es Optimisten und
Pessimisten gegeben. Ein Beitragssatz von 19,3 % sei
„möglich“, einer von 19,4 % „wahrscheinlich“ (17. Sitzung,
Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 57). Die Einschätzung von
Riester vom September, 19,3 % seien zu halten, sei eine
Einschätzung gewesen, „die man zu der damaligen Zeit ha-
ben konnte, aber nicht haben musste.“ Erst Ende September
sei absehbar gewesen, dass der Aufschwung nicht mehr
kommen würde (17. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup,
S. 59).
Der BfA-Präsident Rische bestätigte ebenfalls die Erwar-
tung der Bundesregierung, Sonderzahlungen zum Jahres-
ende hätten einen erheblichen Anteil am Jahresergebnis:
Die Beiträge in den Monaten November und Dezember zu-
sammen lägen regelmäßig um rund 4,5 Mrd. € über dem
Durchschnitt der restlichen Monate. Das entspräche 0,4 bis
0,5 Beitragspunkten (17. Sitzung, Protokoll Rische, S. 62).
Eine konjunkturell ungünstige Entwicklung vermindere die
Sonderzahlungen. Das Jahr 2002 sei durch eine „äußerst
unklare Situation hinsichtlich der Einnahmeentwicklung
gekennzeichnet“ gewesen. Aufgrund der abgeschlossenen
Tarifverträge sei erwartet worden, dass sich die Beitrags-
einnahmen in der zweiten Jahreshälfte erhöhen würden
(17. Sitzung, Protokoll Rische, S. 63 f.). Dazu sei es nicht
gekommen, da die tariflichen Erhöhungen zu betrieblichen
Leistungen gegengerechnet worden seien. Die Beitragsein-
nahmen 2002 dürften auch wegen Entgeltumwandlungen
geringer ausgefallen sein, was sich aber auch nach einem
Jahr noch nicht abschätzen ließe.
Auch BfA und VDR hätten sich ziemlich verrechnet: Bei
der Schätzung am 17. Oktober 2002 „hatten wir dann we-
sentlich schlechtere Zahlen, als wir selbst in unserer
schlechtesten Variante auch noch im Juli angenommen ha-
ben“. Der Unterschied zwischen den Annahmen der Wirt-

rierte, die Zahlen könnten besser werden“. Am 12. Juli 2002
habe er dem Minister gesagt, „wir liegen über 19,3“ und
„trauen eigentlich eher unseren Zahlen“. Die Bundesregie-
rung dürfe sich zwar nicht nur auf die Zahlen der Renten-
versicherer verlassen, sondern müsse auch auf Einschätzun-
gen von Sachverständigen und Wirtschaftsinstituten achten.
Diese hätten hinsichtlich der Prognose den größeren Sach-
verstand bzw. sollten ihn haben. Überzeugt hätten diese
Zahlen Prof. Dr. Ruland und ihn allerdings nicht, deswegen
hätten sie in ihrer Vorlage an ihren Haushalts- und Finanz-
ausschuss am 17. Juli 2002 auch nicht auf ihre Version ver-
zichtet. Das sei aber nicht als eine systematische Kritik an
den Methoden der Wirtschaftsforschungsinstitute zu verste-
hen.
VI. Zusammenfassende Bewertung
Nach dem Abschluss der Arbeit des Untersuchungsaus-
schusses des Deutschen Bundestages zu dem angeblichen
„Wahlbetrug“ von Rot-Grün darf sich die Bundesregierung
in ihrem Informationsverhalten im vergangenen Bundes-
tagswahljahr bestätigt sehen. Der von der Opposition erho-
bene Vorwurf des Wahlbetrugs konnte ausgeräumt werden.
Die Behauptung, die Bundesregierung habe falsche Daten
über die wirtschaftliche Entwicklung oder die Situation des
Bundeshaushalts und der Sozialversicherungssysteme ver-
öffentlicht bzw. entscheidende Daten verheimlicht, ist wi-
derlegt worden. Die Bundesregierung hat den Bundestag
und die Öffentlichkeit über die statistischen Daten zur Si-
tuation des Bundeshaushalts und der Sozialversicherungs-
systeme regelmäßig und entsprechend der Staatspraxis
unterrichtet. Fehler in den Unterrichtungen oder den Veröf-
fentlichungen konnten nicht festgestellt werden.
Der gegen Mitglieder der Bundesregierung erhobene Vor-
wurf,

Bundestag und Öffentlichkeit im Jahr 2002 über die Si-
tuation des Bundeshaushalts, die Finanzlage der gesetz-
lichen Kranken- und Rentenversicherung sowie über die
Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages vor
der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder
unvollständig informiert zu haben,

ist ausgeräumt.
Drucksache 15/2100 – 162 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

die Bruttolohn- und Gehaltssumme in der zweiten Jahres-
hälfte steigen würde.
Löhne des Monats Juli führten zu Beitragseinnahmen im
August, wovon erst im September Kenntnis erlangt würde.
Als Indiz für die beitragssteigernde Wirkung der Lohnab-
schlüsse habe der Anstieg der Beitragseinnahmen im Juli
von + 1,8 % (davor + 0,3 %) gewertet werden können
(17. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 49). Zur Kon-

schaftsforschungsinstitute und des SVR und den Annahmen
der Rentenversicherungsträger im Juli 2002 läge darin be-
gründet, dass die Rentenversicherungsträger aus den Zu-
wachsraten aus dem ersten Halbjahr auf die Zuwachsraten
des zweiten Halbjahres geschlossen hätten, während die In-
stitute bei ihrer günstigeren Beurteilung für das zweite
Halbjahr geblieben seien. Im Juli habe es eine „etwas positi-
vere Entwicklung“ gegeben, die „vielleicht auch sugge-

ben. Der Haushalt sei konsolidiert, das Wachstum solide,
die Sozialversicherungssysteme befänden sich dank rot-grü-
ner Reformen in einem guten Zustand:

„Wir sind auf dem Weg zu einem gesamtstaatlichen
Haushalt ohne neue Schulden und zu einem Bundeshaus-
halt ohne Neuverschuldung.“
(BM Eichel, Stenographischer Bericht 14/252 des Deut-
schen Bundestages vom 12. September 2002,
S. 25460–25470, Dokument Nr. 137)

„Alles, was unsere Finanzpolitik auszeichnet, ist für die
Union ein Fremdwort: Solidität, Nachhaltigkeit, Aus-
gabenkontrolle und Rückführung der Neuverschul-
dung.“
(Stenographischer Bericht vom 12. September 2002,
S. 25461)
„Ihre Methode aber ist die folgende: erst das Land
schlecht regieren und dann, wenn Sie nicht mehr regie-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 163 – Drucksache 15/2100

Vierter Teil

Sondervoten

A. Sondervotum der CDU/CSU im 1. Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode
(„Lügenausschuss“)

„Die Leute waren stinksauer, dass wir ihnen vor der
Bundestagswahl die Probleme weitgehend verschwie-
gen haben und dann mit 50 Steuererhöhungen an-
kamen.“
(Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger niedersächsischer
Ministerpräsident, Stern Nr. 46 vom 6. November 2003)
„Jedem ist klar, dass es lobenswürdig ist, wenn ein Fürst
sein Wort hält und mit Rechtschaffenheit und ohne Hin-
terlist seinen Weg geht. Allein die Erfahrung unserer
Tage lehrt, dass bloß jene Fürsten mächtig geworden
sind, die es mit Treu und Glauben leicht nahmen und
sich darauf verstanden, andere zu täuschen und zu be-
trügen, während jene, welche redlich ihre Verbindlich-
keiten befolgten, am Ende übel wegkamen.“
(Niccolo Machiavelli, Der Fürst)

I. Zusammenfassung
Durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses steht fest,

dass Mitglieder der Bundesregierung im Jahre 2002 den
Bundestag und die Öffentlichkeit in wichtigen Fragen
falsch oder unvollständig informiert und auf diese Weise
getäuscht haben.

1. Vorgeschichte
Vor dem Hintergrund alarmierender Berichte in den Medien
rückte in der Schlussphase des Bundestagswahlkampfes
2002 die Auseinandersetzung über die finanzielle Lage der
öffentlichen Haushalte und der Sozialkassen verstärkt in den
Mittelpunkt der politischen Diskussion.
Die Vertreter der Koalition hielten an ihrer bisherigen Wahl-
kampfstrategie fest und schilderten die Lage in rosigen Far-

„Der Aufschwung in Deutschland hat bereits einge-
setzt. (…)
Für das Gesamtjahr 2002 erwarte ich weiterhin eine
reale Wachstumsrate von einem Dreiviertelprozent.“
(BM Eichel, Stenographischer Bericht vom 12. Septem-
ber 2002, S. 25463)
„Eine solche Beitragserhöhung kommt für uns nicht in
Frage.“
(BM Riester laut Süddeutscher Zeitung vom 11. Juni
2002 zu Meldungen über einen möglichen Anstieg der
Rentenversicherungsbeiträge von 19,1 auf 19,5 oder
19,6 %)
„Unverantwortliches Gerede von Herrn Ruland“
(Sprecher des Arbeits- und Sozialministeriums zu Be-
richten über Defizite in der Rentenversicherung und Bei-
tragssteigerungen nach der Wahl, Leipziger Volkszeitung
vom 26. August 2002)
„Es gibt keinen Anlass, hier Panik zu machen.“
(BM Schmidt laut FAZ vom 3. September 2003 zu Be-
richten über drohende Defizite und Beitragserhöhungen
in der gesetzlichen Krankenversicherung)

Demgegenüber wiesen Politiker von CDU/CSU und FDP
nachdrücklich auf die enormen Risiken für das Wirtschafts-
wachstum, die Neuverschuldung, das Erreichen des
Maastricht-Stabilitätsziels sowie auf das Risiko von Bei-
tragssteigerungen in der Renten- und Krankenversicherung
hin.
In der Bundestagsdebatte vom 9. bis 12. September bekräf-
tigten die Redner von Rot-Grün noch einmal die optimis-
tischen Regierungsprognosen vom Jahresanfang und warfen
der Opposition vor, den Interessen des Landes zu schaden.
Finanzminister Eichel (SPD) führte u. a. aus:
„Über eine Aufweichung der Maastricht-Kriterien ist
mit uns nicht zu diskutieren. Da fahren wir eine ganz
harte Linie.“
(BM Eichel, Sächsische Zeitung vom 13. Juni 2002)

ren dürfen, das Land schlechtreden. So, meine Damen
und Herren, darf man mit diesem Land nicht um-
gehen.“
(Stenographischer Bericht vom 12. September 2002,
S. 25463)

Drucksache 15/2100 – 164 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bis zur Wahl am 22. September 2002 hielten Mitglieder der
Bundesregierung in einer Vielzahl von Stellungnahmen und
Erklärungen daran fest, dass
– es im Jahre 2002 bei einer Nettokreditaufnahme von

21,1 Mrd. € bleibe und Deutschland sich auf dem Weg
zu einem schuldenfreien Haushalt befinde;

– das Maastricht-Defizitkriterium von 3 % eingehalten
werde;

– die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenver-
sicherung stabil blieben und

– der wirtschaftliche Aufschwung bereits begonnen habe
und eine Wachstumsrate von 0,75 realistisch sei.

Nur wenige Tage nach der Wahl wurde dann das gewaltige
Ausmaß der Zerrüttung der Staatsfinanzen und der desola-
ten Situation der Renten- und Krankenversicherung bekannt
und von der Bundesregierung faktisch auch zugegeben. Die
Befürchtungen von CDU/CSU erwiesen sich in allen Berei-
chen als berechtigt und wurden teilweise von der Realität
noch übertroffen:
– Die Nettokreditaufnahme des Bundes explodierte auf

über 32 Mrd. €;
– das Maastricht-Defizit erreichte dramatische 3,5 %;
– das Wirtschaftswachstum brach ein, der Aufschwung

fand nicht statt;
– die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung stan-

den vor Milliarden-Defiziten und drastischen Beitrags-
steigerungen.

Noch nie in der Nachkriegsgeschichte musste eine Bundes-
regierung ihre eigenen Vorhersagen innerhalb so kurzer Zeit
so grundlegend revidieren.
Bereits am 16. Oktober räumte Finanzminister Eichel (SPD)
die Überschreitung des Drei-Prozent-Kriteriums und die
Möglichkeit eines Nachtragshaushalts ein:

„Ich habe gerade die Steuereinnahmen für den Septem-
ber auf den Tisch bekommen – ich habe ja gesagt, das
will ich abwarten, das ist ein großer Steuermonat und sie
sind wiederum schlechter als erwartet. Damit muss ich
wohl davon ausgehen, dass wir das Drei-Prozent-Krite-
rium nicht werden einhalten können. Ganz genau weiß
man das, wenn die Steuerschätzung November vorliegt,
aber es spricht leider alles dafür. Das heißt dann auch,
dass wir möglicherweise einen Nachtragshaushalt ma-
chen werden.“
(ZDF/16. Oktober 2002, heute-journal)

In der Öffentlichkeit entstand der Eindruck, Mitglieder der
Regierung hätten die Lage vor der Wahl bewusst besser dar-
gestellt, als sie war.
In den Medien wurde der Regierung offen Wahlbetrug und
Verschleierung vorgeworfen. So schrieb z. B. der Stern:

„Wie lange hält die Regierung? Schlappe acht Wochen
nach der Wahl hat diese Diskussion begonnen….Wen
wundert’s denn auch: Im innersten Zirkel schlagen sich
die Spin-Doktoren der Macht ja selbst triumphierend auf
die Schultern, wie perfekt es ihnen im Wahlkampf gelun-

vertrauensseligen Publikum zu verbergen. Gäbe es noch
Anstand in der Politik, wäre – in Japan kennt man solche
Demutsgesten – eine Entschuldigung des Kanzlers fällig
für das beispiellose Betrugs- und Verschleierungsmanö-
ver.“
(Hans-Ullrich Jörges, Stern vom 21. November 2002)

Erheblich verstärkt wurde dieser Eindruck durch Äußerungen
von Politikern der rot-grünen Koalition. So erklärte der da-
malige niedersächsische Ministerpräsident Gabriel (SPD):

„Die Wahrheit vor der Wahl – das hätten Sie wohl gerne
gehabt.“
(laut Bild vom 20. November 2002)

Der brandenburgische Ministerpräsident Platzeck (SPD) er-
klärte in einer ARD-Sendung:

„Zum Einen ist das ja so, dass es keinen danach drängt,
nur böse Dinge vor’ner Wahl zu sagen … Aber dass es
so dramatisch ist und dass es so tiefgehend ist und dass
es auch ein Prozess sein wird, der in jeden Lebensbe-
reich hineingehen wird – ich glaube, das ist auch nicht
richtig zutage getreten.“
(laut Bild vom 20. November 2002)

Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Simonis
(SPD) äußerte am 23. Oktober 2002:

„Alle haben vor der Wahl gewusst – und das war ja zum
Teil auch Wahlkampfthema der Opposition –, dass wir in
einigen Bereichen bei der sozialen Sicherung und bei
anderen Sachen zu wenig Geld haben, um unsere Aufga-
ben zu machen.“
(DLF, Informationen am Morgen)

Schließlich warf auch der ehemalige Bundestagsabgeord-
nete Oswald Metzger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) man-
gelnde Ehrlichkeit vor:

„Das wäre der größte anzunehmende Unfall in der Fi-
nanzpolitik für die Regierung gewesen. Und in diesem
Abwägeprozess hat sich die SPD und die Bundesregie-
rung und auch der Bundesfinanzminister fürs Weiterre-
gieren für die Möglichkeit entschieden und gegen die
Ehrlichkeit.“
(ZDF, Frontal 21 vom 12. November 2002)

Auch viele Bürger fühlten sich durch Äußerungen der Bun-
desregierung vor der Bundestagswahl getäuscht:
– Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts

Forsa fühlten sich 56 % der Deutschen „von Rot-Grün
betrogen“ (Der Spiegel vom 28. Oktober 2002, S. 21).

– Nach einer Umfrage des Instituts polis waren 68 % der
Wahlberechtigten der Auffassung, dass SPD und Grüne
den Wahlkampf mit falschen Versprechungen geführt
hätten (Kölnische Rundschau vom 18. November 2002).

– Noch deutlicher ist eine Umfrage des Meinungsfor-
schungsinstituts infratest dimap (Quelle: Frankfurter
Rundschau vom 2. November 2002): Die Behauptung
der Bundesregierung, dass das ganze Ausmaß der Fi-
nanzlücken erst nach der Bundestagswahl erkennbar
war, hielten 84 % aller Befragten für unglaubwürdig. Bei
den Anhängern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lag
gen ist, das Fiasko der Sozialsysteme, den Ruin der
Staatskassen, das Abschmieren der Wirtschaft vor dem

dieser Wert sogar bei 89 %, bei den SPD-Anhängern im-
merhin noch bei 74 %.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 165 – Drucksache 15/2100

Beim Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages
gingen hunderte von Wahleinsprüchen ein (Dokument
Nr. 138), in denen Wähler geltend machten, sie seien vor der
Wahl getäuscht worden. So heißt es z. B.:

„(…) Als Wähler bei der Bundestagswahl am 22. Sep-
tember fühle ich mich durch gezielte Falsch- und Desin-
formation, besonders seitens der SPD im Vorfeld der
Wahl, getäuscht. Aufgrund der gezielten Desinformation
habe ich meine Stimme abgegeben und fühle mich nun
arglistig getäuscht. Zu keiner Zeit wurden von Herrn Fi-
nanzminister Eichel und Herrn Bundeskanzler Schröder,
trotz besserem Wissen und trotz der Kenntnis der Verant-
wortungsträger der sozialdemokratischen Fraktion und
ihrer Staatssekretäre, die Wählerinnen und Wähler über
die tatsächliche desolate Lage der Bundesrepublik
Deutschland informiert.
In arglistiger Täuschung des Wählers wurde die schwie-
rige Lage der Bundesrepublik Deutschland nicht nur
verschwiegen, sondern in betrügerischer Absicht be-
wusst falsch dargestellt.
Da die Bürgerinnen und Bürger also bewusst getäuscht
und betrogen wurden, handelt es sich um eine vorsätzli-
che Wahlmanipulation, die von unserem Rechtsstaat
nicht hingenommen werden darf.
(…)“
(Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung, WP 222/02 eingegangen 25. November 2002 –
Anlage 1)

Der Bundestag wies die Wahleinsprüche am 26. Juni 2003
zurück und wies dabei darauf hin, dass, selbst wenn sich im
Untersuchungsausschuss herausstellen sollte, es unlautere
Wahlaussagen von Koalitionspolitikern – wie etwa des Bun-
desfinanzministers oder des Bundeskanzlers – gegeben hat,
dies keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Bun-
destagswahl habe (BT-Drs. 15/1150, S. 586).
Darüber hinaus gingen u. a. bei der Staatsanwaltschaft Ber-
lin eine Vielzahl von Strafanzeigen wegen „Wahlbetrugs“
ein, wie die Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) dem Un-
tersuchungsausschuss mit Schreiben vom 16. Juni 2003
(Dokument Nr. 139) mitteilte. Danach sahen die Anzeigen-
den überwiegend die Vorschriften der §§ 263 StGB (Be-
trug), 108 StGB (Wählernötigung), 108 a StGB (Wählertäu-
schung) und 108 b StGB (Wählerbestechung) als erfüllt an.
Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungsverfahren – 76 Js
959/02 – ein, die jedoch mit unterschiedlichen Begründun-
gen wieder eingestellt wurden.
Die Bundesregierung und insbesondere Bundesfinanzminis-
ter Eichel (SPD) hielten während der gesamten Zeit an der
Darstellung fest, sie hätten erst durch neue Erkenntnisse
nach der Wahl Klarheit über die desaströse Lage der Staats-
finanzen und Sozialkassen erhalten.
2. Einsetzung des Untersuchungs-

ausschusses und Verfahren
Dass die von der Bundesregierung bis zur Wahl verkünde-
ten Prognosen unzutreffend und falsch waren, stand Ende
November 2002 zweifelsfrei fest und wurde nicht mehr be-

die Behauptung von Bundesfinanzminister Eichel), oder ob
sie das Parlament und die Öffentlichkeit vor der Wahl ab-
sichtlich und vorsätzlich falsch oder unvollständig infor-
miert hatten.
Zur Klärung dieser Frage war die Einsetzung eines Untersu-
chungsausschusses notwendig, weil nur so die Möglichkeit
bestand, Einsicht in die Akten der zuständigen Ministerien
und des Bundeskanzleramtes zu nehmen und die Zeugen
unter Wahrheitspflicht anzuhören. Nur so konnte festgestellt
werden, über welche Erkenntnisse die einzelnen Minister
und Ministerien vor der Wahl tatsächlich verfügten und wie
sie mit diesen Erkenntnissen verfuhren.
Nach immer heftiger werdenden Diskussionen in der Öf-
fentlichkeit beantragten Mitglieder der CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion und die Bundestagsfraktion als Ganzes daher
am 20. Dezember 2002 die Einsetzung des Untersuchungs-
ausschusses. Dieser sollte klären,

„ob und in welchem Umfange Mitglieder der Bundesre-
gierung, insbesondere Bundeskanzler Gerhard Schröder,
Bundesfinanzminister Hans Eichel, Bundesministerin
Ulla Schmidt sowie der damalige Arbeits- und Sozialmi-
nister Walter Riester, und Parlamentarische Staatssekre-
täre im Jahr 2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsicht-
lich der Situation des Bundeshaushaltes, der Finanzlage
der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung so-
wie der Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Ver-
trages und des europäischen Stabilitäts- und Wachstums-
pakts durch den Bund vor der Bundestagswahl am
22. September 2002 falsch oder unvollständig informiert
haben; ob und gegebenenfalls wer von allen Vorgenann-
ten dieses wie und mit wessen Hilfe insbesondere auch
im Verantwortungsbereich der Bundesregierung getan
und ob und gegebenenfalls welche Vereinbarungen es
dazu gegeben hat“ (BT-Drs. 15/256).

Damit war klargestellt, dass der Untersuchungsausschuss
– entgegen anders lautenden und bewusst falschen Behaup-
tungen von Rot-Grün – gerade nicht die Aufgabe hatte,
Wahlversprechen politischer Parteien zu überprüfen und zu
sanktionieren. Die parteipolitische Auseinandersetzung in
Wahlkampfzeiten eignet sich hierfür grundsätzlich nicht.
Daher war z. B. das Versprechen des Bundeskanzlers aus
dem Wahlkampf 1998, die Zahl der Arbeitslosen auf unter
3,5 Mio. zu senken, zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer
parlamentarischen Untersuchung.
Gegenstand des Untersuchungsausschusses war vielmehr
ausschließlich die Frage nach dem Umgang von Regie-
rungsmitgliedern mit amtlichem Wissen. Bei dieser Frage-
stellung handelt es sich um den klassischen Fall der Tätig-
keit von Untersuchungsausschüssen.
Zum amtlichen Wissen gehören nicht nur Daten und Fakten,
sondern auch Prognosen, Erwartungen und Einschätzungen,
die von einer Regierung erstellt werden und als Grundlage
ihrer Regierungspolitik dienen.
Die Mitglieder jeder demokratisch gewählten Regierung ha-
ben die Verpflichtung, Parlament und Öffentlichkeit umfas-
send und wahrheitsgemäß über relevante Sachverhalte zu
unterrichten. Diese Verpflichtung besteht zu jeder Zeit, ganz
stritten. Unklar war jedoch, ob die verantwortlichen Regie-
rungsmitglieder hiervon selbst überrascht wurden (so z. B.

gleich, ob gerade Wahlen stattfinden oder nicht. Regierun-
gen sind keine Parteien, sie dürfen diese in Wahlkämpfen

Drucksache 15/2100 – 166 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

nicht dadurch unterstützen, dass sie ihre verfassungsmäßi-
gen Pflichten verletzen, indem sie Täuschungshandlungen
vornehmen oder daran mitwirken.
Die Verpflichtung zur umfassenden und wahrheitsgemäßen
Information besteht umso mehr, wenn eine Regierung durch
die Veröffentlichung regierungsamtlicher Prognosen für das
Entstehen einer bestimmten Erwartungshaltung verantwort-
lich ist. Regierungsamtliche Prognosen werden in vielen
Fällen von Dritten zur Grundlage ihrer eigenen Planungen
und Handlungen gemacht, viele Wähler vertrauen darauf,
dass die Einschätzungen der Regierung die Lage des Landes
objektiv und wirklichkeitsgetreu wiedergeben.
Verändern sich die den Prognosen zu Grunde liegenden An-
nahmen und Basisdaten in erheblicher Weise, so besteht für
die Regierung die Verpflichtung, die überholten Prognosen
zu korrigieren oder ganz zurückzuziehen. Tut sie dies wider
besseres Wissen nicht oder hält sie an überholten Prognosen
weiterhin fest, so täuscht sie Parlament und Öffentlichkeit.
Entgegen parlamentarischem Brauch und Praxis versuchte
die Mehrheit von Rot-Grün, die Einsetzung und Arbeitsauf-
nahme des Untersuchungsausschusses zu verzögern und sei-
nen Arbeitsauftrag zu verwässern:
Gegen den ausdrücklichen Willen der Antragsteller wurde
der Antrag in unzulässiger Weise an den Geschäftsord-
nungsausschuss verwiesen und in rechtswidriger Weise mit
zusätzlichen Untersuchungsgegenständen „bepackt“. Damit
setzte die SPD ihre lange Tradition von Verstößen gegen das
parlamentarische Untersuchungsrecht nach Art. 44 Grund-
gesetz fort. Ob es sich um
– die verfassungswidrige Überschreitung der Bundeskom-

petenz im U-Boot-Untersuchungsausschuss (AG Bonn,
Beschluss v. 23. September 1988 – 50Gs500/88)

– das verfassungswidrige Herausgabeverlangen von Un-
terlagen im Treuhand-Untersuchungsausschuss (BVerfG,
Beschluss v. 22. August 2000 – 2BvE 2/94)

– den unzulässigen Eingriff in die Beweisaufnahme im
Plutonium-Untersuchungsausschuss (BVerfG, Beschluss
v. 8. Juli 1997 und 25. Oktober 2001 – 2BvE 1/97) oder

– den massiven Eingriff in die Minderheitenrechte im
Spenden-Untersuchungsausschuss (BVerfG, Urt. v.
8. April 2002 – 2BvE 2/01)

handelte: Immer wieder musste die SPD von den Gerichten
auf den Boden von Art. 44 Grundgesetz zurückgeholt wer-
den.
Erst nach den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hes-
sen gaben die Regierungsfraktionen ihre Verzögerungs-
taktik auf. Obwohl es auch danach noch zu einzelnen Ver-
suchen kam, das zu Gunsten der Minderheit neu geregelte
Zeugenterminierungsverfahren zu unterlaufen und die Zu-
lässigkeit von Beweisanträgen der Opposition infrage zu
stellen, konnte der Untersuchungsausschuss seine Arbeit ab
März 2003 zügig durchführen und die Beweisaufnahme
durch Zeugenvernehmung am 3. Juli 2003 abschließen.
Bis dahin fanden 32 Sitzungen statt. Der Untersuchungsaus-
schuss hörte 36 Personen und zog ca. 40.000 Blatt Akten bei.
Bereits im Dezember 2002 hatten sich CDU/CSU dafür aus-
gesprochen, die Arbeit des Untersuchungsausschusses auf

sentlichen Fragen konzentriert hat und zeitraubende gericht-
liche Auseinandersetzungen konsequent vermieden wurden.
Damit wurde auch die von Rot-Grün gezielt verbreitete Er-
wartung widerlegt, der Ausschuss werde sich jahrelang hin-
schleppen und durch endlose Streitereien zum Anwachsen
der Politikverdrossenheit beitragen.

3. Ergebnis
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses war erfolgreich:
Er hat in erheblichem Umfang Sachverhalte ermittelt, die
dem Parlament und der Öffentlichkeit bis dahin nicht be-
kannt waren und in klarem Gegensatz zu früheren offiziel-
len Bekundungen von Regierungsmitgliedern stehen.
Es stellte sich heraus, dass dieselben Beamten und Fachab-
teilungen, die ihren Ministern zu Beginn des Jahres 2002
noch positive Berechnungen und Prognosen geliefert hatten,
diese ab Ende Juni 2002 grundlegend revidierten und somit
das ganze Ausmaß der finanziellen Misere der öffentlichen
Haushalte und der Sozialkassen schon Wochen vor der Bun-
destagswahl zutreffend voraussagten:
– Im Juli 2002 revidierten z. B. die zuständigen Beamten

im Finanzministerium ihre Berechnung für die Neuver-
schuldung von 21,1 Mrd. € auf 33 Mrd. €.

– Ebenso bereits im Juli wurde das Maastricht-Defizit-
Risiko mit 3,5 % beziffert.

– Im BMA wurde von dem zuständigen Fachbeamten be-
reits Ende Juni ein Anstieg der Rentenversicherungs-
beiträge auf 19,6 % bzw. 19,7 % errechnet.

Über diese alarmierenden Erkenntnisse wurde die politische
Führung in den jeweiligen Ministerien (Abteilungsleiter,
Staatssekretäre, Minister) von den Fachbeamten entweder
schriftlich oder mündlich korrekt und umfassend unterrichtet.
Die politisch Verantwortlichen, die die positiven Prognosen
vom Jahresanfang bereitwillig übernommen und öffentlich
propagiert hatten, weigerten sich nach eigenem Bekunden
nun plötzlich, die revidierten (und inzwischen wesentlich
genaueren) Prognosen zu akzeptieren. Stattdessen hielten
sie gegenüber Parlament und Öffentlichkeit an den alten,
längst überholten Prognosen fest, für die es keinerlei Grund-
lage mehr gab.
Obwohl die verantwortlichen Minister bereits seit Jahres-
mitte von den revidierten Berechnungen ihrer eigenen Fach-
leute wussten, wurden alle Zweifel, die von unabhängigen
externen Sachverständigen und Oppositionspolitikern geäu-
ßert wurden, bis zum Tag der Bundestagswahl als unseriös
oder als Panikmache zurückgewiesen. Teilweise wurde so-
gar versucht, die neuen Berechnungen zu schönen oder ihr
zufälliges Bekanntwerden zu verhindern. Hierzu wurden
„Sprachregelungen“ entwickelt und mit amtlicher Autorität
offizielle Dementis verbreitet. Hierdurch ist es gelungen,
die Bedeutung der betreffenden Themen für den Wahlkampf
erheblich zu relativieren und teilweise gar zu neutralisieren.
Ein derartiger Vorgang ist in der Geschichte der Bundes-
republik Deutschland ohne Beispiel.
Dies scheint auch die Koalitionsmehrheit so zu sehen, da sie
maximal ein Jahr zu begrenzen. Die Einhaltung dieses Zeit-
planes wurde möglich, weil sich der Ausschuss auf die we-

– entgegen der von ihr vorgenommenen verfassungswi-
drigen Erweiterung des Untersuchungsgegenstandes und

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 167 – Drucksache 15/2100

entgegen ihren eigenen Ankündigungen – auf jede vertiefte
Befassung mit der Regierungspraxis früherer Jahre verzich-
tet hat.
Das „Strickmuster“, nach dem in den betroffenen Ministe-
rien vorgegangen wurde, war in allen Fällen nahezu iden-
tisch:
– Die Fachbeamten in den Ministerien erledigen korrekt

und gewissenhaft ihre Arbeit und kommen ab Ende Juni
2002 zu immer verheerenderen Prognosen.

– Das Ergebnis ihrer Berechnungen teilen sie ihren Vorge-
setzten (Abteilungsleiter, Staatssekretäre) mit, woraufhin
hektische Überlegungen zur „Schadensbegrenzung“ an-
gestellt werden.

– Nach Rücksprache mit dem zuständigen Minister wird
dann entschieden, die neuen Erkenntnisse dem Parla-
ment und der Öffentlichkeit vorzuenthalten und stattdes-
sen an den völlig überholten alten Prognosen festzuhal-
ten.

– „Begründet“ wird dies mit der „unsicheren Datenbasis“
(obwohl diese im Juni/Juli natürlich wesentlich sicherer
war, als im Januar oder Februar) und der Notwendigkeit,
die Steuerschätzung im November 2002 abzuwarten.

– Warnungen von unabhängigen Experten oder von Oppo-
sitionspolitikern, die sich weitgehend mit den internen
Erkenntnissen der Bundesregierung decken, werden re-
gierungsamtlich als „Panikmache“, „schlechtreden“ oder
„unverantwortlich“ diskreditiert.

– Nach der Bundestagswahl wird die tatsächliche Lage
schrittweise enthüllt, auf den Termin der Steuerschät-
zung kommt es nun nicht mehr an.

Dieses „Strickmuster“ findet sich im Finanzministerium so-
wohl im Hinblick auf die Nettokreditaufnahme als auch im
Hinblick auf das Defizitkriterium des Vertrages von
Maastricht, im Arbeits- und Sozialministerium im Hinblick
auf die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und
– mit einigen Modifikationen (dort werden keine eigenen
Berechnungen der Beiträge angestellt) – im Bundesgesund-
heitsministerium.
Bundeskanzler Schröder (SPD) hat – ebenso wie die zustän-
digen Minister – bis zur Bundestagswahl an den Prognosen
vom Jahresanfang festgehalten und damit zur Täuschung
der Öffentlichkeit beigetragen, obwohl er aufgrund der im
Kanzleramt vorhandenen Erkenntnisse über die tatsächliche
Lage schon lange vor der Wahl informiert sein musste.
Der Untersuchungsausschuss hat mit seiner Arbeit den
Nachweis geliefert, dass Parlament und Öffentlichkeit vor
der Bundestagswahl am 22. September 2002 von Mitglie-
dern der Bundesregierung vorsätzlich falsch und unvollstän-
dig informiert und getäuscht wurden, indem sie wider bes-
seres Wissen an Prognosen und Einschätzungen festhielten,
die zu diesem Zeitpunkt durch neuere Berechnungen längst
überholt waren.
Eine weitere Täuschung bestand darin, dass Mitglieder der
Bundesregierung, insbesondere BM Eichel, nach der Wahl
behaupteten, erst durch die Steuereingänge für den Monat

II. Die Ergebnisse des Untersuchungsaus-
schusses im Einzelnen

1. Die Verschleierung der desolaten
Haushaltslage des Bundes durch
Bundesfinanzminister Hans Eichel

a) Die Situation bis zur Bundestagswahl
Im Bundeshaushalt für das Jahr 2002 war die Nettokredit-
aufnahme mit 21,1 Mrd. € veranschlagt (BGBl. I 2001,
S. 3964).
Ab Jahresmitte häuften sich die Warnungen insbesondere
von Vertretern der Opposition, dass aufgrund höherer Aus-
gaben und geringerer Einnahmen in Milliardenhöhe die
Zahl von 21,1 Mrd. € nicht einzuhalten sei (Stenographi-
scher Bericht 14/252, S. 25472, 25490).
Die Bundesregierung und insbesondere Bundesfinanzminis-
ter Eichel (SPD) wiesen derartige Befürchtungen bis zur
Wahl stets mit großer Entschiedenheit zurück:

„Wir sind auf dem Weg zu einem gesamtstaatlichen
Haushalt ohne neue Schulden und zu einem Bundeshaus-
halt ohne Neuverschuldung.“
(BM Eichel, Stenographischer Bericht 14/252 vom
12. September 2002, S. 25460–25470, Dokument Nr.
137).
„Mit der Bundesregierung wird es eine solche Kehrt-
wende zurück in den Verschuldungsstaat nicht geben
(…)“
(Presseerklärung des BMF vom 22. Juli 2002)
„Wir machen keine Schulden, das haben wir immer klar
gemacht, wir weichen nicht in Schulden aus.“
(BM Eichel, ARD-Sendung „Sabine Christiansen“ vom
1. September 2002)
„Deshalb bleibt es bei dem eingeschlagenen Konsolidie-
rungskurs mit dem Ziel, im Jahr 2006 einen Haushalt
ohne neue Schulden vorzulegen.“
(BM Eichel, a. a. O.)
„Mit dem Bundeshaushalt 2003 haben wir die Nettokre-
ditaufnahme im Vergleich zu 1998 fast halbiert. Die ein-
geplanten 15,5 Milliarden Euro stellen den niedrigsten
Wert seit der Wiedervereinigung dar.
(BM Eichel, a. a. O.)
„Nach 21,1 Milliarden Euro (in diesem Jahr) bleibt es
bei der für 2003 geplanten Neuverschuldung in Höhe
von 15,5 Milliarden Euro. An diesem Wert werden wir
festhalten.“
(BM Eichel a. a. O.)

Insbesondere durch die letztgenannte Aussage hat der Bun-
desfinanzminister somit noch zwei Wochen vor der Bundes-
tagswahl vor dem Parlament die ursprüngliche Zahl von
21,1 Mrd. € Nettokreditaufnahme für 2002 ausdrücklich
und ohne jede Einschränkung bekräftigt und das Erreichen
dieses Zieles als praktisch sicher dargestellt.
b) Die Situation nach der Bundestagswahl
Nach der Bundestagswahl wurde die Zahl von 21,1 Mrd. €
September und die Steuerschätzung im Monat November
von den negativen Entwicklungen erfahren zu haben.

Nettokreditaufnahme für das Jahr 2002 vom Bundesfinanz-
minister nicht mehr öffentlich vertreten.

Projektionen des für die Haushaltsüberwachung
zuständigen Referates II A 2 im BMF im Jahre

2002

33,0033,0033,0033,00

26,4026,40

21,10

26,40

20,00

22,00

24,00

26,00

28,00

30,00

32,00

34,00

. . . . . . . .

M
rd

.
E

u
ro

Tatsächlich
erwartete
Nettokredit-
aufnahme

Vorgesehene
Nettokredit-
aufnahme
Drucksache 15/2100 – 168 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Am 16. Oktober räumte BM Eichel erstmals öffentlich ein,
dass eine höhere Nettokreditaufnahme nötig werden könnte:

„Das heißt dann auch, dass wir möglicherweise einen
Nachtragshaushalt machen werden."
(ZDF-heute journal, 16. Oktober 2002, 21.45 Uhr)
„Und damit ist auch klar, dass wir dieses Jahr ein ganz
deutliches Loch haben werden. (Wie viel), das kann ich
noch nicht genau sagen. Dazu warte ich die Steuerschät-
zung im November ab.“
(ntv-Maischberger, 16. Oktober 2002, 17.15 Uhr)

Am 20. November 2002 verabschiedete das Bundeskabinett
einen Nachtragshaushalt, in dem die Nettokreditaufnahme
von 21,1 Mrd. € auf 34 Mrd. € nach oben korrigiert wurde.
Die tatsächliche Neuverschuldung belief sich schließlich
auf 31,8 Mrd. €.
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme
Aus den Akten des BMF ergibt sich, dass der Fachebene des
Hauses bereits Mitte des Jahres 2002 bewusst war, dass die
von der Bundesregierung in der Öffentlichkeit verkündeten
Haushaltsziele und die Einhaltung der Stabilitätskriterien
des Maastricht-Vertrages verfehlt werden würden. Hierüber
wurden die Leitungsebene des Hauses und auch Bundes-
minister Eichel unterrichtet.
In dem für die Aufstellung des Haushalts zuständigen Gene-
ralreferat II A 1 wurde fortlaufend eine Liste geführt, die die

aktuelle Entwicklung des Bundeshaushalts verzeichnet.
Diese Liste berücksichtigt sowohl die Entwicklung der Ein-
nahmen als auch der Ausgaben für die wichtigsten Bereiche
des Haushalts und vergleicht sie mit den ursprünglichen An-
gaben im Bundeshaushalt, die auf diese Weise fortgeschrie-
ben werden können.
In den ersten Monaten des Jahres 2002 blieb die so errech-
nete Nettokreditaufnahme zunächst im vorgesehenen Rah-
men von 21,1 Mrd. €.
Bereits am 31. Mai 2002 wurde dann jedoch ein Überschrei-
ten der vorgesehenen Nettokreditaufnahme um 5,4 Mrd. €
registriert (26,4 Mrd. € statt der vorgesehenen 21,1 Mrd. €)
(Dokument Nr. 140).
Am 26. Juli 2002 hatte sich die zu erwartende Neuverschul-
dung dann bereits auf rund 33 Mrd. € erhöht, und es war ein Mi-
nus von 12 Mrd. € erreicht (Dokument Nr. 141). Dieses Defizit
blieb bis zum letzten Stand der Fortschreibung vor der Bundes-
tagswahl im Wesentlichen unverändert (Dokument Nr. 142).
Auch nach der Bundestagswahl, als Bundesminister Eichel
gegenüber der Öffentlichkeit behauptete, „neue“ Zahlen und
Erkenntnisse zu haben, hatte die Fachebene des BMF kei-
nen Anlass die Berechnungen, die seit Juli nicht mehr ver-
ändert worden waren, zu korrigieren und hielt sie unverän-
dert aufrecht (Stand 14. Oktober 2002 – Dokument Nr. 143).
Im Einzelnen stellten sich diese Prognosen wie folgt dar:
01
.01

31
.05

19
.06

23
.07

26
.07

23
.09

26
.09

14
.10

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 169 – Drucksache 15/2100

Das für die Haushaltsführung zuständige Grundsatzreferat
II A 2 hatte in einer Abteilungsleitervorlage vom 5. August
2002 zur Unterrichtung der Leitung auf die schlechte Ent-
wicklung des Bundeshaushalts und auf die zu erwartenden
Mehrbelastungen in Höhe von 12 Mrd. € hingewiesen. Um
der negativen Entwicklung entgegenzuwirken, wurden Vor-
schläge für die Haushaltsführung unterbreitet. Der Leiter
der Haushaltsabteilung (Abteilung II) des BMF notierte auf
dieser Vorlage dann am 6. August 2002:

„St O ist unterrichtet. M hat im Kollegium entschieden,
daß zunächst die weitere Entwicklung (Steuerschätzung)
abzuwarten ist.“ (Dokument Nr. 28)

Bereits mit Ministervorlage vom 17. Juli 2002 des Referats
II A 2, die von Bundesminister Eichel am 31. Juli 2002 zur
Kenntnis genommen wurde, wurde u. a. auf Folgendes hin-
gewiesen:

„Die Einschätzung des Haushaltsverlaufs verschlechtert
sich zunehmend. Ursache bleibt die fehlende konjunk-
turelle Dynamik, deren Auswirkungen auf den Arbeits-
markt und das Steueraufkommen ein zunehmendes
Haushaltsrisiko bedeuten. Die Mehrbelastungen beim
BA-Zuschuß und der Arbeitslosenhilfe in Höhe von
3,7 Mrd. € können nicht mehr durch weitere Entlastun-
gen, beispielsweise bei den Verwaltungseinnahmen,
kompensiert werden. Die zusätzlichen Steuerausfälle in
Höhe von 5 Mrd. € gefährden das Stabilitätsziel.
Insgesamt steigt im Jahresergebnis die Nettokreditauf-
nahme rechnerisch von 21,1 Mrd. € auf 33,1 Mrd. €
(Vormonat 28,1 Mrd. €). (…)
Das Referat I A 6 hat auf der Basis der Juni-Ergebnisse
gegenüber der aktuellen Steuerschätzung einen zusätzli-
chen Rückgang des Steueraufkommens für den Bund, bei
unveränderten EU-Abführungen, in Höhe von rd.
5 Mrd. € prognostiziert. Begründet werden die Minder-
einnahmen vornehmlich mit einem Einbruch bei der
Körperschaftssteuer (u.a. verminderte Zahlungen der
Großbanken) nach einem bereits schwachen Vorjahres-
ergebnis und einer rückläufigen Entwicklung bei den
Steuern vom Umsatz.
Die Mindereinnahmen belaufen sich auf insgesamt
7,8 Mrd. €. (…)
Die Nettokreditaufnahme erhöht sich im Haushalt 2002
rechnerisch auf rd. 33,1 Mrd. € (Vormonat: 28,1 Mrd. €).
Sie liegt damit um rd. 12 Mrd. € (Vormonat 7 Mrd. €)
über dem im Bundeshaushalt 2002 vorgesehenen Defizit.
Obwohl nicht sämtliche Positionen Maastricht-Relevanz
aufweisen, wie z.B. die Mindereinnahmen bei den Münz-
titeln, gefährdet die Abweichung das nationale Stabili-
tätsziel“ (Dokument Nr. 26).

Die in diesem Vermerk angesprochene Prognose des für die
Schätzung des Steueraufkommens und den Berichtsdienst
über die Steuereinnahmen zuständigen Referats I A 6,
wurde mit Ministervorlage dieses Referates, ebenfalls vom
17. Juli 2002, Bundesminister Eichel zur Kenntnis gebracht.
Hierin wurde er über die erheblich neben der Planung des

„Bis einschließlich Juni 2002 lagen die Steuereinnah-
men des Bundes und der Länder sowie der Gemeinde-
anteil an Einkommensteuer und Steuern vom Umsatz um
– 5,2 v. H. unter dem Vorjahresergebnis. Damit unter-
schreiten die Steuereinnahmen bislang deutlich die im
Mai 2002 für das Gesamtjahr geschätzte Zunahme um
+ 2,1 v. H. (…)
Auf der Basis der Steuereinnahmen im ersten Halbjahr
2002 wurde eine Neueinschätzung der für das Gesamt-
jahr 2002 zu erwartenden Steuereinnahmen vorgenom-
men. Dabei wurden die gesamtwirtschaftlichen Annah-
men, die der Maischätzung zugrunde lagen, unverändert
übernommen, d. h. für das zweite Halbjahr ist eine deut-
liche Wachstumsbeschleunigung unterstellt.
Die Restschätzung der Steuereinnahmen kommt nach
heutigem Kenntnisstand für das Jahr 2002 zu Minder-
einnahmen im Vergleich zur Mai-Schätzung in einer
Größenordnung von rd. - 10 Mrd. € auf allen Ebenen“
(Dokument Nr. 25).

Die Fachebene des BMF hatte bei ihrer schlechten Prognose
also bereits die von Bundesminister Eichel und Bundes-
kanzler Schröder angeblich erwartete wirtschaftliche Erho-
lung im 2. Halbjahr 2002 unterstellt. An dem bereits Mitte
des Jahres 2002 erwarteten Haushaltsdesaster für das Ge-
samtjahr hat dies trotzdem nichts geändert, da der Grund für
die wegbrechenden Einnahmen zu einem erheblichen Teil in
dem drastischen Rückgang bei der Körperschaftssteuer lag,
wofür andere als konjunkturelle Gründe maßgeblich waren.
Staatssekretär Dr. Overhaus musste vor dem Untersu-
chungsausschuss einräumen, dass diese Zahlen der Fach-
ebene brisant waren:

„Zwei Monate später, im Juli, gab es bei uns, den Haus-
hältern, die Meldung – wie eben dargestellt –: Wir wer-
den beim Bund 5 Milliarden weniger Steuereinnahmen
haben. Das hieße für den öffentlichen Gesamthaushalt
etwa 10 Milliarden. Dies ist eigentlich eine Bombe. Es
ist die Frage, ob diese Zahl als unabänderlich, als fest
und als sicher angesehen werden musste. Dazu muss je-
der seine eigene Einschätzung haben.
Ich will Ihnen meine sagen. Meine Einschätzung war:
Diese Zahl konnte unter keinen Umständen zu dieser
Zeit akzeptiert werden“ (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Overhaus, S. 6).
“Die Alarmlampen leuchteten aufgrund dieser Informa-
tion” (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 30).

Staatssekretär Dr. Overhaus hat im Untersuchungsausschuss
ausgesagt, er sei der Auffassung gewesen, dass es zu dem
Zeitpunkt, als die Zahlen im BMF bekannt wurden, keine
Handlungsnotwendigkeit im Hinblick auf eine Korrektur
der in der Öffentlichkeit verkündeten Zahlen gegeben habe.
Er habe sich den „Luxus“ leisten können, seine Meinung
noch nicht genau auf einen Punkt festzulegen (7. Sitzung,
Protokoll Dr. Overhaus, S. 6).
Er musste allerdings einräumen, dass es von Seiten der
Fachebene des BMF kein einziges Dokument gibt, in dem
die Zahlen der Fachreferate angezweifelt wurden. Es habe
BMF liegende Entwicklung der Steuereinnahmen unterrich-
tet. Dort heißt es unter anderem:

lediglich entsprechende Äußerungen von ihm im Kollegium
gegeben (7. Sitzung, Protokoll Dr. Overhaus, S. 17).

Drucksache 15/2100 – 170 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bundesminister Eichel hat vor dem Untersuchungsaus-
schuss eingeräumt, dass ihm die schlechten Zahlen der
Fachreferate ab Juli 2002 bekannt waren (8. Sitzung, Proto-
koll BM Eichel, S. 25 f.). Trotzdem hat er – ebenso wie
Staatssekretär Dr. Overhaus – diese Zahlen der Öffentlich-
keit vorenthalten. In seiner Vernehmung vor dem Untersu-
chungsausschuss versuchte er dies wie folgt zu rechtfer-
tigen:

„Der Minister bildet die Meinung des Hauses und er bil-
det sie nach sorgfältiger Beratung mit der gesamten Lei-
tung des Hauses. Dies ist hier geschehen und dies habe
ich im Einzelnen dargelegt. (…)“ (8. Sitzung, Protokoll
BM Eichel, S. 22).

BM Eichel war allerdings ebenso wenig wie zuvor schon
Staatssekretär Dr. Overhaus in der Lage, irgendwelche Aus-
sagen von Fachbeamten anzuführen, die die schlechten Zah-
len der zuständigen Fachreferate in Zweifel gezogen hätten.
Da Bundesminister Eichel bis zum Wahltag in der Öffent-
lichkeit den Eindruck aufrechterhalten hatte, dass im Hin-
blick auf die Entwicklung des Bundeshaushalts alles in bes-
ter Ordnung sei und er sich in der Haushaltsdebatte am
12. September 2002 sogar noch einmal ausdrücklich auf die
Zahl von 21,1 Mrd. € festgelegt hatte, versuchte er vor dem
Untersuchungsausschuss, diese Aussage als Soll-Aussage
und nicht als Ist-Aussage zu deklarieren (8. Sitzung, Proto-
koll BM Eichel, S. 26). Er vertrat die Auffassung, es sei für
die Zuhörer erkennbar gewesen, dass es sich dabei nicht um
die Angabe der tatsächlich zu erwartenden Neuverschul-
dung, sondern um die Wiedergabe der – längst überholten –
Zahlen aus dem Bundeshaushaltsplan gehandelt habe.
Bundesminister Eichel musste auch einräumen, dass bei der
ursprünglich geplanten Unterrichtung des Haushaltsaus-
schusses am 12. September 2002, die entfallen musste, weil
der Minister nicht wie ursprünglich zugesagt für die Unter-
richtung persönlich zur Verfügung stand, die neuen Projek-
tionen der Fachreferate des BMF den Abgeordneten nicht
mitgeteilt worden wären (8. Sitzung, Protokoll BM Eichel,
S. 26).
d) Bewertung
Ab dem 31. Mai 2002 gab es für das Festhalten an der alten
Prognose von 21,1 Mrd. € Neuverschuldung keinerlei
Rechtfertigung mehr. An diesem Tag war die „Kante“, auf
die Finanzminister Eichel seinen Haushalt genäht hatte,
geplatzt, da die Fachbeamten im Ministerium ab diesem
Zeitpunkt bereits von einer Neuverschuldung in Höhe von
26,4 Mrd. € ausgingen. Diese neuen Berechnungen wurden
jedoch gegenüber Parlament und Öffentlichkeit genauso
verschwiegen, wie die Berechnungen von Ende Juli 2002,
als die voraussichtliche Neuverschuldung den Wert von
33 Mrd. € erreicht hatte.
Dass BM Eichel und die übrige politische Leitung des
Finanzministeriums vollumfänglich von den Berechnungen
der Fachbeamten unterrichtet waren, steht aufgrund der
Beweisaufnahme und insbesondere der Aussage von BM
Eichel eindeutig fest.

im Wesentlichen nur auf den ungünstigen Steuereinnahmen
für den Monat Juni beruht, ist falsch, da in die aktualisierten
Zahlen der Fachleute sämtliche Veränderungen bei Einnah-
men und Ausgaben seit Januar 2002 eingeflossen waren.
Die Projektionen waren Ende Juli somit wesentlich aussage-
kräftiger und aktueller, als sie zu Jahresbeginn jemals sein
konnten. Da es sich zudem bei den Fachbeamten, die Ende
Mai und Ende Juli die schlechten Zahlen errechneten, um
dieselben Fachbeamten handelte, die zu Jahresanfang nach
derselben Methode die Zahl von 21,1 Mrd. € errechnet hat-
ten, kann BM Eichel auch nicht überzeugend erklären, wa-
rum er deren Zahlen zu Jahresanfang ohne Weiteres ver-
traute, zur Jahresmitte – als sie schlechter wurden – aber
plötzlich „Zweifel“ hatte.
Völlig unglaubwürdig ist zudem die Schutzbehauptung des
Bundesfinanzministers, er habe zunächst noch die Steuer-
eingänge für den Monat September abwarten wollen. Dies
zeigt in aller Deutlichkeit das Vorgehen der Bundesregie-
rung im laufenden Jahr 2002: Bereits Anfang Juli, in der
Kabinettsvorlage für den Haushalt 2004, wurde die im
Haushalt 2003 vorgesehene Nettokreditaufnahme in Höhe
von 15,5 Mrd. € auf 35 Mrd. € korrigiert. Auch ohne die
Zahlen für September konnte Eichel nun plötzlich erkennen,
dass die Zahlen von Jahresanfang nicht mehr einzuhalten
waren.
In diesem Jahr, in dem keine Bundestagswahl stattfand, ver-
ließ BM Eichel sich wieder ganz auf die Berechnungen sei-
ner Experten, so wie er dies auch in den Vorjahren stets ge-
tan hatte.
Auch das Argument, er habe erst noch die Steuerschätzung
im Monat November abwarten müssen, ist damit widerlegt.
In diesem Jahr war Finanzminister Eichel sogar imstande,
lange vor der November-Schätzung bereits am 23. Oktober
2003 einen formellen Nachtragshaushalt (43,4 Mrd. €
Nettokreditaufnahme) vorzulegen, in den die voraussichtli-
chen Ergebnisse der Steuerschätzung bereits „eingearbeitet“
waren.
Somit steht fest, dass BM Eichel die Zahl von 21,1 Mrd. €
Neuverschuldung ab Jahresmitte 2002 nicht mehr hätte
vertreten dürfen, da sie ab diesem Zeitpunkt überholt und
nicht mehr einzuhalten war. Seine Aussage vor dem Unter-
suchungsausschuss, bei der Bekräftigung der Zahl von
21,1 Mrd. € in der Plenardebatte am 12. September habe es
sich dabei lediglich um eine Soll- und nicht um eine Ist-Zahl
gehandelt, stellt den verzweifelten, aber völlig untauglichen
Versuch einer Ausrede dar, wie sich aus dem Zusammen-
hang der betreffenden Rede eindeutig ergibt: BM Eichel hat
die Zahl von 21,1 Mrd. € im Zusammenhang mit den Ist-
Ergebnissen früherer Haushalte genannt und nirgendwo
auch nur die geringste Andeutung gemacht, dass es sich le-
diglich um eine Soll-Zahl handeln könnte. Im Übrigen gibt
es aus den Schlusswochen des Wahlkampfes eine Fülle von
Äußerungen des Ministers, in denen er neue oder höhere
Schulden jeweils ausgeschlossen hat, obwohl er dafür – wie
wir aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme wissen –
längst keinerlei Grundlage mehr hatte.
Damit steht fest, dass Bundesfinanzminister Eichel Parla-
Das von BM Eichel und der Ausschussmehrheit verwandte
Rechtfertigungsargument, die neuen Berechnungen hätten

ment und Öffentlichkeit im Hinblick auf die Höhe der Neu-
verschuldung getäuscht hat.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 171 – Drucksache 15/2100

Das Verhalten von Bundesminister Eichel ist auch im Hin-
blick auf die Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung
(BHO) höchst bedenklich. § 10 Abs. 2 BHO lautet:

„Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag und
den Bundesrat über erhebliche Änderungen der Haus-
haltsentwicklung und deren Auswirkungen auf die Fi-
nanzplanung.“

In einem der führenden Fachkommentare zur BHO wird zu
dieser Vorschrift u. a. Folgendes ausgeführt:

„Die Regierung muss diese Unterrichtungspflicht groß-
zügig handhaben und sich davon leiten lassen, dass der
gesamte Ablauf des Haushalts und auch die Zukunfts-
projektion der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung
grundsätzlich vom Willen des Parlaments getragen wer-
den müssen“ (v. Köckritz/Ermisch, Kommentar zur Bun-
deshaushaltsordnung, Stand 1. Januar 2002, § 10 BHO,
Rn 4).

Die unterbliebene Unterrichtung des Deutschen Bundesta-
ges stellt darüber hinaus einen Verstoß gegen die Gemein-
same Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) dar.
In der GGO wird u. a. die Unterrichtung des Deutschen
Bundestages in den Fällen des § 10 Abs. 2 BHO geregelt:

„§ 32 Unterrichtung des Deutschen Bundestages über
Änderungen der Haushaltsentwicklung
Wenn erhebliche Änderungen der Haushaltsentwick-
lung eingetreten sind, die nicht lediglich geringfügige
Auswirkungen auf die Finanzplanung haben, leitet das
Bundesministerium der Finanzen zur Vorbereitung der
Unterrichtung des Bundestages (§ 10 Abs. 2 Bundes-
haushaltsordnung) dem Bundeskanzleramt eine Kabi-
nettvorlage hierüber zu. Nach dem Beschluss der Bun-
desregierung unterrichtet die Bundeskanzlerin oder der
Bundeskanzler die Präsidentin oder den Präsidenten
des Deutschen Bundestages“ (GMBl. 2000, S. 526,
532 f).

Bundesminister Eichel hat keine Kabinettsvorlage erstellen
lassen, die Bundesregierung hat keinen Beschluss gefasst
und der Bundestag wurde nicht unterrichtet. Die Bundesre-
gierung hat aus wahltaktischen Gründen bewusst von ihr
selbst aufgestelltes Recht verletzt.

2. Die Verschleierung der Verfehlung des
EU-Defizitkriteriums durch Bundesfinanz-
minister Hans Eichel

Auch bezüglich der Einhaltung der Stabilitätskriterien des
Maastricht-Vertrages war Bundesminister Eichel bereits
früh bewusst, dass Deutschland das EU-Defizitkriterium
von 3 % voraussichtlich deutlich überschreiten werde. Den-
noch hat er bis zur Wahl das Erreichen dieses Ziels als si-
cher dargestellt.
a) Die Situation bis zur Bundestagswahl
Für das Jahr 2002 erwartete die Bundesregierung ein ge-
samtstaatliches Defizit (Maastricht-Kriterium) in Höhe von
2,5 %.

könnte und die EU-Kommission in der Folge ein Defizitver-
fahren gegen Deutschland einleiten müsste. Diese Debatte
lief unter dem Stichwort „blauer Brief“.

„Die rot-grüne Wirtschaftspolitik führt dazu, dass der
„blaue Brief“ von Brüssel diesmal definitiv kommen
wird.“
(Ministerpräsident Edmund Stoiber, Süddeutsche Zei-
tung vom 13. August 2002).
„Wir werden die 3%-Hürde reißen.“
(Oswald Metzger, seinerzeit haushaltspolitischer Spre-
cher der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, Schwäbische Zeitung vom 12. September
2002).
Deutschland wird Spitzenreiter bei der Defizitüber-
schreitung sein. (…) Das Problem, das Europa hat, hat
einen Namen. Der Name ist Hans Eichel und seine
Finanzpolitik. Sie gefährden den Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt.“
(Friedrich Merz am 12. September 2002 im Deutschen
Bundestag, Stenographischer Bericht 14/252, S. 25472).

Die Bundesregierung wies diese Berichte jeweils mit großer
Entschiedenheit zurück und erklärte, das Defizitkriterium
des Vertrages von Maastricht werde eingehalten.
Beispielsweise erklärte Finanzminister Eichel:

„Es wurde festgestellt, was ich immer gesagt habe und
die Kommission nie bestritten hat: Die Bundesregierung
verhält sich konform zum Stabilitätspakt.“
„(…) Es war immer klar: 2004 müssen wir, wie die Ver-
einbarung sagt, „close to balance“ sein, also den Haus-
halt für den Gesamtstaat „nahezu“ ausgleichen.“
„(…) Im Stabilitätsprogramm sind wir immer von einem
ausgeglichenen Gesamthaushalt 2004 ausgegangen.
Nur unter ungünstigen Bedingungen könnte es 2006
werden.“
„(…) Der Stabilitätspakt ist eine gemeinschaftsrechtli-
che Verpflichtung. Es wäre für niemanden auszuhalten,
wenn Deutschland da ausschert.“
(Der Spiegel vom 18. Februar 2002)
„Über eine Aufweichung der Maastricht-Kriterien ist
mit uns nicht zu diskutieren. Da fahren wir eine ganz
harte Linie.“
(Sächsische Zeitung vom 13. Juni 2002)
„Wir werden keinen „blauen Brief“ bekommen“, sagte
Eichel.
(Kölner-Stadt-Anzeiger vom 14. August 2002)
Hans Eichel: „Wir stehen trotz aller Finanzenge fest
zum europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt.“
(Auszug aus dem Stenographischen Bericht des Deut-
schen Bundestages vom 12. September 2002, 14/252)

Und noch am 17. September, vier Tage vor der Wahl, er-
klärte BM Eichel in der ARD-Sendung „Ihre Wahl“:

Frage: „Sind wir an einem Punkt angelangt, an dem

Ab Jahresmitte häuften sich Pressemeldungen und Warnun-
gen, dass die Drei-Prozent-Grenze überschritten werden

man sagen muss, dass man den Stabilitätspakt in Europa
nicht mehr halten kann?“

Drucksache 15/2100 – 172 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Eichel: „Nein, auf gar keinen Fall. Wir werden unsere
Hand dazu auch nicht reichen.“
Frage: „Herr Eichel, es gibt keinen „blauen Brief“ aus
Brüssel?“
Eichel: „Ich bin sicher, es gibt keinen „blauen Brief“
aus Brüssel.“

Damit schloss der Bundesfinanzminister endgültig jeden
Zweifel an der Erreichbarkeit dieses Zieles aus.
b) Die Situation nach der Wahl
Nach der Bundestagswahl änderte sich die Haltung der Bun-
desregierung schlagartig.
Am 24. September 2002, also nur zwei Tage nach der Wahl,
gab die Bundesregierung die verspätete Meldung nach
Brüssel ab und nannte bereits ein voraussichtliches Defizit
in Höhe von 2,9 %.
Schon kurz darauf, am 16. Oktober 2002, änderten sich die
Einlassungen dramatisch; Finanzminister Eichel räumte in
mehreren Interviews ein, dass die Grenze von 3 % mög-
licherweise überschritten werden könnte:

ZDF/16. Oktober 2002/21.45/Loy
HEUTE-JOURNAL
Eichel (vor Journalisten): „Ich habe gerade die Steuer-
einnahmen für den September auf den Tisch bekommen –
ich habe ja gesagt, das will ich abwarten, das ist ein gro-
ßer Steuermonat und sie sind wiederum schlechter als
erwartet. Damit muss ich wohl davon ausgehen, dass wir
das Drei-Prozent-Kriterium nicht werden einhalten kön-
nen. Ganz genau weiß man das, wenn die Steuerschät-
zung November vorliegt, aber es spricht leider alles da-
für. Das heißt dann auch, dass wir möglicherweise einen
Nachtragshaushalt machen werden.“
Bericht: Dennoch geht die Regierung auch weiter davon
aus, dass Deutschland im Jahr 2006 ohne Neuverschul-
dung auskommt. So zumindest steht es im Koalitionsver-
trag.
n-tv/16. Oktober 2002/17.15/cj
MAISCHBERGER
Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen, zur Haus-
haltslage, zur Steuerentwicklung im Hinblick auf den
Stabilitätspakt sowie zum Vorwurf des Wahlbetruges:
Frage (Sandra Maischberger): „Ab Juli, August und
September wurde die Haushaltslage schwieriger. Sie ha-
ben sich dazu nicht geäußert und gesagt, Sie müssten
erst einmal die neue Schätzung abwarten.“
Antwort: „Dieses Jahr haben wir die Situation, dass
etwa ab Juni sichtbar geworden ist, der Aufschwung, der
im zweiten Halbjahr wesentlich stärker werden sollte,
wird wohl so nicht kommen. Die Steuern übrigens haben
sich im Juni und August besser entwickelt als erwartet,
im September nicht mehr. Das habe ich gerade auf dem
Tisch. Und damit ist auch klar, dass wir dieses Jahr ein
ganz deutliches Loch haben werden. (Wie viel), das kann
ich noch nicht genau sagen. Dazu warte ich die Steuer-

Drei-Prozent-Defizit-Grenze zu bleiben. So sieht das
jetzt aus.“

Tatsächlich belief sich das Defizit für das Jahr 2002 dann
auf 3,5 %.
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme
Das Referat I A 4 ist im Bundesfinanzministerium für die
Ermittlung des gesamtstaatlichen Defizits im Hinblick auf
das EU-Defizitkriterium zuständig. Die Fachbeamten ver-
folgen hierzu die Entwicklung des staatlichen Gesamthaus-
halts und aktualisieren vor diesem Hintergrund ihre Progno-
sen in unregelmäßigen Abständen.
Mit Ministervorlage vom 15. Juli 2002 wollte das für die
Maastricht-Kriterien zuständige Referat I A 4 Bundesminis-
ter Eichel über die Entwicklung des Maastricht-Defizits
2002 unter Berücksichtigung der aktuellen Abweichungen
in der Haushaltsentwicklung unterrichten. In dieser Vorlage
wird u. a. ausgeführt:

„Abt. II geht – bei Berücksichtigung der derzeit bekann-
ten Abweichungen – von einer Nettokreditaufnahme
2002 in Höhe von 28,1 Mrd. € aus. Damit würde das Soll
von 21,1 Mrd. € um 7 Mrd. € überschritten.
(…)
Gelingt es nicht, die für Maastricht relevanten Abwei-
chungen in Höhe von 4 ½ Mrd. € im Bundeshaushalt zu
kompensieren, ergäbe sich hieraus eine Defizitver-
schlechterung um zwei Zehntelpunkte des BIP. Ausge-
hend von der aktuellen Projektion wäre mit einem
Maastricht-Defizit 2002 von -2,8 % des BIP zu rech-
nen. Ein Ausgleich durch zusätzliche Privatisierungs-
maßnahmen hätte keinen Einfluss auf das Maastricht-
Defizit.
(…)
Bestätigen sich die o. g. Risiken für das Defizit, würde der
„Spielraum“ bis zur 3 % Defizitobergrenze auf nur noch
zwei Zehntelpunkte des BIP reduziert; dies entspricht
4 bis 5 Mrd. €. Zusätzliche „Überraschungen“ könnten
das Defizit dann nahe an das 3 % Limit bringen.“ (Doku-
ment Nr. 48).

Auf dieser Ministervorlage ist schriftlich vermerkt, dass die
Vorlage nicht abgeschickt worden ist. Sie war zu diesem
Zeitpunkt schon überholt, weil die auf der Fachebene des
Ministeriums errechnete, zu erwartende Nettokreditauf-
nahme bereits nicht mehr bei 28,1 Mrd. €, sondern bei
33,1 Mrd. € lag. Damit waren die befürchteten zusätzlichen
„Überraschungen“ eingetreten.
Der Leiter des Referats I A 4, Dr. Hanke, hat in seiner Ver-
nehmung vor dem Untersuchungsausschuss bestätigt, dass
ihn diese neuen Zahlen Mitte Juli 2002 erreicht hätten und
er daraufhin eine große Gefahr für das Erreichen des Stabili-
tätsziels gesehen habe (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke,
S. 104). Insgesamt habe sich das von ihm am 17. Juli er-
rechnete Defizit auf 3,3 bis 3,4 % des BIP erhöht
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke, S. 104, 108 ff.). Über diese
Zahl habe er die Hausleitung allerdings nicht schriftlich,
sondern mündlich unterrichtet:
schätzung im November ab. Aber ich sage mal, ich
glaube schon, dass es uns nicht gelingen wird, unter der

„In diesem Fall habe ich meinen direkten Vorgesetzten
mündlich unterrichtet, weil es mir schon wegen der

ihm danach bekannt, dass das Defizit auf bis zu 3,5 % an-
steigen könnte.
Der Zeuge Dr. Hanke hat weiter ausgeführt, dass sich seine
Einschätzungen bis zum Zeitpunkt der Bundestagswahl
nicht mehr geändert hätten (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke,
S. 110).
Das Ergebnis seiner Berechnungen wurde weder dem Parla-
ment noch der Öffentlichkeit mitgeteilt. Stattdessen hielt
das Bundesfinanzministerium offiziell an seiner früheren
Prognose fest. Berechnungen Dritter, die zu ähnlichen Er-
gebnissen kamen wie Dr. Hanke, wurden als unbegründet,
falsch oder als Spekulation zurückgewiesen.
Als BM Eichel bei seiner Vernehmung vor dem Untersu-
chungsausschuss damit konfrontiert wurde, dass er noch
vier Tage vor der Wahl erklärt hatte, er sei sich sicher, kei-
nen „blauen Brief“ aus Brüssel zu erhalten, versuchte er
diese Aussagen wie folgt zu erklären (7. Sitzung, Protokoll
Dr. Hanke, S. 27 f., 35):

„Das Verfahren, das wir in Deutschland mit dem merk-
würdigen Begriff ‚blauer Brief’ belegt haben – wir müs-
sen ja immer alles aus der Schule nehmen – die Andro-
hung der Nichtversetzung war im Frühjahr
abgeschlossen.

menhangs beider Fragen – es geht um die ARD Sendung
am 17. September – wirklich weiterhin behaupten, dass
mit dem „blauen Brief“ aus Brüssel nur die Warnung
des Ecofin-Rates und nicht das Überschreiten des
Maastricht-Kriteriums von 3 Prozent gemeint war?
Habe ich Sie vorhin richtig verstanden, dass Sie sich
trotz dessen, was ich Ihnen eben vorgehalten habe, si-
cher waren, dass er nicht ausgelöst würde, nur die War-
nung des Ecofin-Rates gewesen ist? Wollen Sie ange-
sichts dieses Zusammenhangs der beiden Fragen in der
ARD-Sendung wirklich sagen, dass mit dem „blauen
Brief“ nur dieses Frühwarnsystem gemeint war?
Zeuge Eichel: Selbstverständlich. Etwas anderes hat es
in der ganzen deutschen Publikation nicht gegeben. Ich
kann nichts dafür, wenn falsche Fragen gestellt wer-
den.“

Bei den im Saal anwesenden Zuhörern brach daraufhin
Kopfschütteln und Heiterkeit aus.
Das nachfolgende Schaubild verdeutlicht, wie die offiziel-
len Projektionen der Bundesregierung und die Projektionen
des Fachbeamten Dr. Hanke differierten und wie nahe
schließlich Dr. Hanke beim tatsächlichen Ergebnis lag:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 173 – Drucksache 15/2100

gebotenen Vertraulichkeit und um dem Minister seine
Entscheidungsfreiheit zu lassen nicht geboten erschien,
schriftliche Vorlagen zu unterbreiten“ (7. Sitzung, Proto-
koll Dr. Hanke, S. 103).

Der Zeuge Dr. Hanke erklärte dem Untersuchungsaus-
schuss, dass diese „Entscheidungsfreiheit“ von Bundesmi-
nister Eichel nicht mehr gewährleistet gewesen wäre, wenn
schriftliche Aufzeichnungen von ihm über das zu erwar-
tende Maastricht-Defizit an die Presse gelangt wären, wie
das zuvor verschiedentlich mit anderen Unterrichtungen aus
seinem Referat passiert sei (7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke,
S. 106).
Bundesminister Eichel musste in seiner Vernehmung vor
dem Untersuchungsausschuss einräumen, dass ihm die Be-
rechnungen von Dr. Hanke unterbreitet worden sind (8. Sit-
zung, Protokoll BM Eichel, S. 22). Bereits im Juli 2002 war

[Hans-Joachim Otto (Frankfurt)(FDP): Aha, es konnte
keinen mehr geben, weil der schon da war! (...)]
Nein. Es hat ihn nicht gegeben, Herr Otto. Es ist nämlich
stattdessen – das war nämlich der ganze Gegenstand des
Streites; wenn Sie sich noch einmal erinnern, was gewe-
sen ist – im Ecofin-Rat ohne eine Frühwarnung abge-
schlossen worden, in gemeinsamer Entscheidung, ein-
stimmig durch den Rat und die Kommission. Damit war
das Verfahren abgeschlossen. Es war völlig ausgeschlos-
sen, in dem Sinne einen „blauen Brief“ zu kriegen. Das
Verfahren war längst erledigt. Das zeigt eine völlige Un-
kenntnis des Maastricht-Vertrages.
(...)
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)(FDP):
(…) Herr Eichel, wollen Sie hier angesichts des Zusam-

Drucksache 15/2100 – 174 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

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Bundesregierung

Januar 2002, 1)

Juni-Schätzung

Overhaus, 2)

Juli-Schätzung

Hanke, 3)

Oktober-

Schätzung

Overhaus, 2)

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 175 – Drucksache 15/2100

Nach geltendem EU-Recht war die Bundesregierung ver-
pflichtet, gegenüber der Europäischen Kommission in Brüs-
sel vor dem 1. September eine so genannte „Maastricht-
Meldung“ über das zu erwartende Staatsdefizit abzugeben.
Dieser Termin wurde nicht eingehalten.
Zur Begründung wurde im Bundesfinanzministerium – an-
ders als sonst üblich – keine ministerielle Vorlage mit eige-
ner Bewertung durch die Fachbeamten gefertigt, sondern
lediglich eine „Sprachregelung“ erstellt. Bei einer Sprach-
regelung wird der Verfasser von der Notwendigkeit einer ei-
genen Beurteilung entbunden und gibt nur das, was von der
jeweiligen Hausleitung vorgegeben ist, wieder. In dem inso-
weit von dem Generalreferat für Finanzpolitik I A 1 und
dem Referat I A 4 erarbeiteten Papier vom 3. September
2002 wird u. a. Folgendes ausgeführt:

„Für die Ermittlung entsprechender Angaben werden in
D derzeit jedoch noch weitere Informationen benötigt. …
Auf der Basis der gegenwärtig vorliegenden Daten
würde eine unveränderte Defizitquote genannt werden.
Angesichts der großen Unsicherheit der Datenlage, ins-
besondere auch mit Blick auf die Fluthilfe, wäre dies
kein seriöser Weg.
(…)
Das Statistische Bundesamt weist für das erste Halbjahr
2002 einen Finanzierungssaldo des Sektors Staat von
- 6,3 Mrd. € aus. Daraus ließe sich rein rechnerisch ein
‚Halbjahres-Maastricht-Defizit’ von 3,5 % des BIP ermit-
teln. Diese Quote ist nicht Gegenstand der „Maastricht-
Meldung“ an die Europäische Kommission – dort wird
das geschätzte Defizit des Gesamtjahres 2002 angege-
ben. Ein ‚Halbjahres-Maastricht-Defizit’ ist zudem
kaum sinnvoll interpretierbar. Vor allem sind Rück-
schlüsse auf das Jahresergebnis („Deutschland verfehlt
Maastricht-Kriterien“) nicht ableitbar:“ (Dokument
Nr. 136).

Es folgen dann Erläuterungen, warum angeblich die Daten
des 1. Halbjahres aufgrund verschiedener Umstände zu un-
zuverlässig seien, um darauf eine zuverlässige Prognose für
das Jahresergebnis gründen zu können. Dabei fällt auf, dass
es sich ausschließlich um Faktoren handelt, die für jedes
Jahr gelten, so dass eine termingerechte Maastricht-Mel-
dung nach der Logik des BMF nie möglich wäre. Dies zeigt
sich auch daran, dass Bundesminister Eichel sich im laufen-
den Jahr nicht gehindert sah, fristgemäß eine Defi-
zitmeldung gegenüber der EU-Kommission abzugeben. In
der Pressemitteilung des BMF vom 29. August 2003 heißt
es u. a.:

„Das Bundesministerium der Finanzen hat heute die
halbjährliche ‚Maastricht-Meldung’ mit den für 2003
erwarteten gesamtstaatlichen Defizit- und Schuldenwer-
ten an die Europäische Kommission übermittelt. Die
Meldung ist regelmäßiger Teil des Europäischen Haus-
haltsüberwachungsverfahrens und erfolgt auf Arbeits-
ebene.
Das Staatsdefizit 2003 wird nach der aktuellen Einschät-
zung bei 3,8 % des Bruttoinlandsprodukts liegen, nach
3,5 % im Vorjahr. (…)

rückzuführen. Dieses Ziel ist auch erreichbar, wichtige
Konjunkturindikatoren weisen bereits nach oben.“ (Do-
kument Nr. 144).

Dass auch der für das kommende Jahr behauptete Optimis-
mus wieder eine Täuschung der Öffentlichkeit darstellte,
machte bereits zwei Tage später der Präsident der Deut-
schen Bundesbank Ernst Welteke (SPD) deutlich. Bundes-
bankpräsident Welteke, der von 1991 bis 1995 Wirtschafts-
und später Finanzminister in der damaligen hessischen
Landesregierung unter Hans Eichel war, äußerte sich im
Hinblick auf das Maastricht-Defizit wie folgt:

„Leider haben wir dieses Ziel letztes Jahr verfehlt. Lei-
der werden wir es dieses Jahr nicht erreichen, und leider
werden wir es auch im nächsten Jahr nicht einhalten.“
(Handelsblatt vom 2. September 2003).

Weniger als zwei Monate nach der Maastricht-Meldung für
2003 musste Bundesminister Eichel in der Sitzung des
Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am
23. Oktober 2003 eingestehen, dass Deutschland im Jahre
2004 die Defizitmarke von 3 % aller Voraussicht nach er-
neut verfehlen wird.
Die EU-Kommission schenkt mittlerweile den „Berechnun-
gen“ und Versprechungen von Bundesminister Eichel kei-
nerlei Vertrauen mehr. Sie geht laut Handelsblatt vom
28. Oktober 2003 in ihrer Herbstprognose von einem Defi-
zit von 4,25 % im Jahre 2003 und von 3,9 % im Jahre 2004
für Deutschland aus.
Außer dem Wahltag 22. September 2002 ist kein Grund
ersichtlich, weshalb eine fristgerechte Meldung des
Maastricht-Defizits im Vorjahr nicht möglich war. Davon,
dass die Flutkatastrophe kein stichhaltiger Grund für eine
Verschiebung der Maastricht-Meldung oder eine Verletzung
der Maastricht-Kriterien sein konnte, ging die Bundesregie-
rung offenbar selbst aus. In einer Abteilungsleitervorlage
des für EU-rechtliche Fragen der Wirtschafts- und Wäh-
rungsunion zuständigen Referats 431 im Bundeskanzleramt
vom 15. August 2002 heißt es hierzu u. a.:

„Nur gesetzt den (bisher hypothetischen) Fall, dass D in
diesem Jahr das gemeldete Defizit von 2,6 % des BIP
nicht halten können sollte und die 3%-Schwelle über-
schreitet, würde die KOM mit großer Wahrscheinlichkeit
dennoch das Verfahren nach Art. 104 EG-Vertrag eröff-
nen und dem Rat Bericht, Stellungnahme und Empfeh-
lung vorlegen. In ihrem Bericht würde die KOM dann
voraussichtlich darlegen, dass das Überschreiten der
3%-Schwelle in erster Linie konjunkturbedingt und nur
zu einem geringen Teil auf die Hochwasserhilfen zurück-
zuführen ist.“ (Dokument Nr. 55).

Im Übrigen muss bezüglich der Problematik Maastricht-
Kriterien und -Meldung auf den Geheimbericht verwiesen
werden.
d) Bewertung
Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass die Fachbe-
amten im Bundesfinanzministerium seit dem 19. Juli 2002
mit einem Defizit von bis zu 3,5 % rechneten.
Ziel bleibt es, das Staatsdefizit im kommenden Jahr wie-
der unter die 3 %-Grenze des Maastricht-Vertrages zu-

Ebenso steht fest, dass Bundesfinanzminister Eichel hiervon
frühzeitig unterrichtet war.

Drucksache 15/2100 – 176 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Weder hat er versucht – z. B. durch Sparmaßnahmen oder
Einnahmeverbesserungen – an dieser alarmierenden Ent-
wicklung etwas zu ändern, noch hat er die Europäische
Kommission, das Parlament oder die Öffentlichkeit darüber
unterrichtet. Er hat es sogar vermieden, deutlich auf die be-
stehenden Risiken hinzuweisen und stattdessen den Ein-
druck erweckt, die Lage sei beherrschbar und der Stabili-
tätspakt werde eingehalten.
Auch die von Dr. Hanke geäußerte Befürchtung, eine
schriftliche Unterrichtung des Ministers über die neuen
Zahlen könne durch Indiskretionen bekannt werden, zeigt
letztlich, dass den Beamten klar war, dass die öffentlichen
Bekundungen von Bundesminister Eichel mit der Realität
nicht mehr in Einklang zu bringen waren.
Der Versuch des Bundesfinanzministers, sich vor dem Un-
tersuchungsausschuss mit einer formaljuristischen Begrün-
dung (den „blauen Brief“ gibt´s nur im Frühjahr) aus seiner
Verantwortung zu stehlen, war durchsichtig und für jeder-
mann als dürftige Ausrede zu erkennen.
Damit ist erwiesen, dass er auch in diesem Punkt das Parla-
ment und die Öffentlichkeit getäuscht hat.

3. Die Verschleierung der finanziellen Situation
der gesetzlichen Rentenversicherung durch
den damaligen Arbeits- und Sozialminister
Riester

Der damalige Arbeits- und Sozialminister Riester (SPD)
war frühzeitig über drohende Beitragserhöhungen in der ge-
setzlichen Rentenversicherung (GRV) informiert. Gegen-
über Parlament und Öffentlichkeit hat er gleichwohl bis zur
Wahl den Eindruck vermittelt, es werde keine oder nur eine
geringfügige Beitragserhöhung geben.
a) Die Situation bis zur Bundestagswahl

am 22. September 2002
Bei der Verabschiedung der rot-grünen Rentenreform im
Mai 2001 war für 2003 ein Beitragssatz von nur 18,7 % prog-
nostiziert worden.
Es zeigte sich jedoch schon bald, dass diese Erwartung un-
realistisch war. Zu Beginn des Wahljahres 2002 belief sich
der Beitrag bereits auf 19,1 %.
Als daraufhin die Wirksamkeit der Reform in Zweifel gezo-
gen und weitere Beitragssteigerungen für möglich gehalten
wurden, reagierte Minister Riester mit großer Entschieden-
heit:

Saarbrücker Zeitung vom 2. Januar 2002:
„Frage: ‚Herr Riester, (…) Sind Sie mit der Reform zu
kurz gesprungen?’ Riester: ‚Ich bin nicht zu kurz ge-
sprungen. Mit dem Rentenbeitrag, der nicht steigt, son-
dern bei 19,1 Prozent stabil bleibt, schaffen wir eine der
Voraussetzungen für den konjunkturellen Aufschwung in
diesem Jahr’.“
Rheinischer Merkur vom 11. Januar 2002:
„Mit einem stabilen Rentenbeitrag sorgen wir dafür,
dass der Druck aus den gesetzlichen Lohnnebenkosten
nicht steigt.“

Walter R i e s t e r , Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung, zu arbeitsmarktpolitischen Fragen
(zu Fragen von Thomas Bellut und Klaus Bresser)
Frage: „Sie sagen definitiv: Es gibt keine neue Renten-
reform.“
Antwort: „Es gibt keine neue Rentenreform … Wir haben
jetzt die zweite kapitalgedeckte Rente aufgebaut, die ent-
wickelt sich in den nächsten acht Jahren ja erst richtig…“

Anfang März 2002 wurde dann eine Schätzung der Bundes-
versicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bekannt, die von
einem Anstieg der Beiträge im Jahre 2003 auf 19,3 % ausging.
Auch hiergegen wandte sich Minister Riester energisch:

Kieler Nachrichten vom 9. März 2002:
„Arbeitsmarkt: Riester warnt vor übereilten Reformen
Der Sozialminister widersprach auch der Prognose der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), wo-
nach der Rentenbeitrag im nächsten Jahr von 19,1 auf
19,3 Prozent steigen werde. Die Regierung geht bisher
von einem stabilen Beitrag von 19,1 Prozent aus.“
Süddeutsche Zeitung vom 11. Juni 2002
„Seehofer: Höhere Rentenbeiträge unvermeidlich
Riester reagierte auf Seehofers Ankündigung einer Erhö-
hung des Rentenbeitrags von heute 19,1 auf 19,5 oder
19,6 Prozentpunkte ungewohnt heftig. ‚Eine solche Bei-
tragserhöhung kommt für uns nicht in Frage’, sagte
Riester. (…)
Ob die Rentenbeiträge im kommenden Jahr steigen
müssten, entscheide sich, wenn der Schätzerkreis im No-
vember seine Prognose abgebe.“

Erst Mitte Juni wurde der Minister vorsichtiger und schloss
erstmals eine Anhebung von 19,1 % auf 19,3 % nicht mehr
grundsätzlich aus, wiederholte aber seinen Willen, die Bei-
träge stabil zu halten:

die tageszeitung vom 13. Juni 2002:
„Riester lobt Riester-Rente
Jede Angabe darüber, ob die Rentenbeiträge – derzeit
19,1 Prozent – nach der Wahl steigen werden, erklärte
Riester gestern als ’reine Spekulation’.“
Frankfurter Rundschau vom 18. Juni 2002:
„Rentenbeitrag wird 2003 steigen
Entgegen der Beteuerung von SPD-Generalsekretär
Franz Müntefering, der Beitragssatz bleibe stabil, sagte
ein Sprecher von Bundesarbeitsminister Walter Riester
(SPD) auf Anfrage der FR, dass die Regierung in ihrem
Haushaltsentwurf für 2003 von einer Steigerung des Bei-
tragssatzes von derzeit 19,1 auf 19,3 Prozent des Brutto-
lohnes ausgehe.
(…)
Sollte sich die wirtschaftliche Situation nicht deutlich
bessern, werde man den Beitrag 2003 gleichwohl auf
19,3 Prozent anheben müssen, hatte im Mai der Verband
Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) erklärt.
Riester nannte dies eine ‚reine Spekulation’. Er habe
‚weder in die eine noch in die andere Richtung Hin-
ZDF/27. Februar 2002/22.15/St/De
– WAS NUN, HERR RIESTER? –

weise’ auf eine Veränderung des Beitragssatzes. Die
Entscheidung falle ohnehin erst im Oktober.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 177 – Drucksache 15/2100

Bei der Verabschiedung der rot-grünen Rentenreform im
Mai 2001 war für 2003 ein Satz von nur 18,7 Prozent
prognostiziert worden. Der Anstieg sei ‚eine kalkulato-
rische Größe’, erklärt das Arbeitsministerium nun.“
Deutscher Bundestag – Tickerdienst vom 18. Juni 2002:
„Union und FDP attackieren Regierung wegen Renten-
beitrags
Das Arbeitsministerium wies die Vorwürfe zurück: Ver-
lässliche Aussagen zum Beitragssatz, der derzeit bei
19,1 Prozent liegt, seien erst im Herbst möglich. Die An-
hebung sei vorsichtshalber unterstellt worden. Am Ziel
der Beitragssatzstabilität halten wir fest, sagte eine
Sprecherin des Ministeriums.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. Juni 2002:
„Riester: Verlässliche Aussagen zur Rente erst im
Herbst
Verlässliche Aussagen zum Beitragssatz seien erst im
Herbst möglich, sagte ein Sprecher von Bundesarbeits-
minister Riester (SPD). Die Etatvorlage enthalte eine
rein kalkulatorische Größe. Sie berücksichtige auch
noch nicht die jüngsten, hohen Tarifabschlüsse und das
erwartete höhere Wirtschaftswachstum in der zweiten
Jahreshälfte.“
Neue Osnabrücker Zeitung vom 25. Juni 2002:
„Regierung empört
Der Minister zeigte sich zuversichtlich, dass der Renten-
beitragssatz 2003 stabil bei 19,1 Prozent bleiben kann.
Zur Begründung sagte er, in der zweiten Jahreshälfte
würden ‚die Einnahmen der Rentenkassen wegen der
Lohnerhöhungen stärker steigen als geplant’. Dennoch
verteidigte Riester, dass Bundesfinanzminister Hans
Eichel (SPD) im Bundeshaushalt mit einem höheren Bei-
tragssatz von 19,3 Prozent kalkuliert hatte.“

Ab August 2002 gab es dann neue Berichte und Meldungen
über drohende Beitragssteigerungen über den Betrag von
19,3 % hinaus. Das Arbeits- und Sozialministerium demen-
tierte erneut:

Frankfurter Rundschau vom 26. August 2002:
„Bundesregierung betont Stabilität der Rentenbeiträge
BERLIN, 25. August (ap/rtr). Bis zu einem Rentenbei-
tragssatz von 19,3 Prozent habe der Bund Vorsorge ge-
troffen, um seinen Anteil an höheren Sätzen abzufangen.
‚Wir sind überzeugt, dass das reicht’, sagte ein Sprecher
des Arbeitsministeriums am Samstag in Berlin.“
Leipziger Volkszeitung vom 26. August 2002:
„Rentenkassen rechnen mit Milliarden-Defizit
Das Bundesarbeitministerium widersprach den Renten-
versicherern. Bis zu einem Satz von 19,3 Prozent habe der
Bund Vorsorge getroffen, um seinen Anteil an höheren Sät-
zen abzufangen. ‚Wir sind überzeugt, dass das reicht’, so
Ministeriumssprecher Klaus Vater. Er halte die Äußerun-
gen ‚für unverantwortliches Gerede von Herrn Ruland’.“
Frankfurter Rundschau vom 29. August 2002:
„An stabile Beiträge glaubt auch Riester nicht mehr

doe BERLIN.‚ Ich rechne im Moment mit einem Bei-
tragssatz von 19,3 Prozent für 2003’, sagt Arbeitsminis-
ter Walter Riester (SPD) und bestätigt damit erstmals of-
fiziell den bislang als ‚Rechengröße’ titulierten Wert, der
dem Bundeshaushalt zugrunde liegt. Derzeit beträgt der
Satz 19,1 Prozent. Für einen stärkeren Anpassungs-
bedarf gebe es jedoch ‚keine Hinweise’, betont Riester.
Demgegenüber warnt der Verband Deutscher Renten-
versicherungsträger (VDR) erneut: ‚Die 19,3 Prozent
sind nach unseren Prognosen nicht zu halten.’
Riester zeigt sich sichtlich verärgert von der Debatte, die
VDR-Präsident Franz Ruland am Wochenende losgetre-
ten hatte: ‚Die Aussagen von Herrn Ruland überraschen
mich.’ Sehr erklärlich sei ihm hingegen, weshalb die Op-
position im Wahlkampf vor steigenden Beiträgen
warne.’“

b) Die Situation nach der Bundestagswahl
Nach der Bundestagswahl stellte sich heraus, dass die ge-
setzliche Rentenversicherung vor einem Milliardendefizit
stand und dass ohne Eingreifen des Gesetzgebers Beitrags-
erhöhungen bis zu 19,8 % erforderlich geworden wären.
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme
Das nach der Bundestagswahl 2002 neu gegründete Bun-
desministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
(BMGS), das nunmehr für den Bereich der GRV zuständig
ist, hat auf Ersuchen des Untersuchungsausschusses Akten
zum Untersuchungsgegenstand vorgelegt (MAT A 23 und
A 28). Hier fällt auf, dass Unterrichtungen der Hausleitung
zum Teil nur im Entwurf vorliegen, sodass nicht ersichtlich
ist, ob die Vorlagen die Leitungsebene auch erreicht haben.
Der Leiter des für Grundsatz- und Methodenfragen der Fi-
nanzierung der Rentenversicherungen der Arbeiter und An-
gestellten zuständigen Referates I b 1 im ehemaligen Bun-
desministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA),
Dabringhausen, erklärte dem Untersuchungsausschuss,
hierzu, dass aufgrund der Arbeitsteilung Bonn/Berlin der
Gang der Vorlagen im Einzelnen nicht immer nachzuvoll-
ziehen sei (17. Sitzung, Protokoll Dabringhausen, S. 33).
Die Fachebene im BMA hat ausweislich der Akten bereits
frühzeitig steigende Beiträge für die GRV prognostiziert. In
einem Vermerk des Referates I b 1 vom 15. Februar 2002
notierte der Referatsleiter Dabringhausen:

„Die Finanzentwicklung verläuft ungünstiger als im RVB
01 geschätzt wurde. Da der Beitragssatz für 2002 bereits
festliegt, kann sich dies erst im Beitragssatz ab 2003 aus-
wirken. Die Schwankungsreserve Ende 2002 wird nach
derzeitiger Einschätzung das vorgesehene Soll von
0,8 Monatsausgaben um 0,3 Mrd. Euro unterschreiten.
Die ungünstige Entwicklung hat folgende Ursachen:
(…)
Diese fortschreibungsfähigen Verschlechterungen führen
zu einem um jährlich rd. 1 Zehntel Prozentpunkte höhe-
ren Beitragssatz.
Hinzu kommt, dass das verminderte Mehrwertsteuerauf-
kommen des Jahres 2002 (im Oktober 2001 nur für 2002
um rd. 300 Mio. Euro geringer eingeschätzt) nun (nach
Minister weist Prognosen der Rentenversicherer aber
zurück/‚Bei Seehofer droht Nullrunde’

Abstimmung mit dem BMF) in gleicher Höhe auf die
Jahre ab 2003 übertragen wurde. Dies führt zu einer

18,2%

18,4%

18,6%

18,8%

19,0%

19,2%

19,4%

19,6%

Prognose
Bundesregierung

vom Mai 2001

tatsächlicher
Stand Anfang

2002

Vermerk
Dabringhausen

15.Feb. 2002

Vermerk
Dabringhausen

15.Juni 2002

tatsächlicher
Beitragssatz 2003
Drucksache 15/2100 – 178 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

weiteren Verschlechterung um 1 Zehntel Prozentpunkt
durchschnittlich alle 3 Jahre. Im Jahre 2003 ergibt sich
nach derzeitiger Einschätzung ein Beitragssatz von
19,3 v. H.“ (Dokument Nr. 109).

Obwohl also für die Fachleute im BMA seit dem 15. Fe-
bruar feststand, dass der Beitragssatz voraussichtlich von
19,1 % auf 19,3 % steigen würde, hat BM Riester derartige
Berichte noch bis Anfang Juni mit aller Entschiedenheit de-
mentiert.
Ausweislich der handschriftlichen Verfügungen wurde die-
ser Vermerk an Abteilungsleiter im BMA verteilt. Diese
Einschätzung des Fachreferats zur voraussichtlichen Bei-
tragshöhe 2003 setzte sich bis zum Juni 2002 fort. In einem
Vermerksentwurf für eine Ministerunterrichtung vom
11. Juni 2002 geht der Zeuge Dabringhausen dann sogar
von einem zu erwartenden Beitragssatz von 19,6 bzw.
19,7 % aus:

„(…)
Abschätzung der Finanzentwicklung bis 2003
Für die folgende Schätzung wird der Rückgang des An-
stiegs der Pflichtbeiträge um 1,55 Prozentpunkte hälftig

auf die Komponenten Beschäftigung und Löhne auf-
geteilt. Die Schätzung der übrigen Beitragseinnahmen
bleibt unverändert. Gleiches gilt für die Ausgabenseite:
Die Rentenausgaben verlaufen auf dem Pfad, der be-
reits seit Februar 2002 den Berechnungen zugrunde
liegt.
Unter diesen Annahmen ergibt sich für 2003 ein Bei-
tragssatz zur ArV/AnV in Höhe von 19,6 v. H. mit einem
Reserveüberschuss von lediglich 11 Mio. €.
Szenario bei steigender Entgeltumwandlung
Unterstellt man eine verstärkte Inanspruchnahme der
Entgeltumwandlungen aus Einmalzahlungen (Weih-
nachtsgeld), verringert sich der Beitragszuwachs im
2. Halbjahr weiter. Bei einer Reduzierung auf 1,0 v. H. (er-
gibt jahresdurchschnittlich + 0,75 v. H.) und Aufteilung
wie oben ergäbe sich ein Beitragssatz 2003 von 19,7 %
v. H. mit einem Reserveüberschuss von 318 Mio. €“ (Do-
kument Nr. 114).

Die Entwicklung der Prognosen zum Beitragssatz in der ge-
setzlichen Rentenversicherung verdeutlicht das nachfol-
gende Schaubild:

Beitragssatz zur gesetzlichen
Rentenversicherung für 2003

19,8%

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 179 – Drucksache 15/2100

Vom 19. Juni 2002 datiert eine Unterrichtung des Staats-
sekretärs Anzinger durch das Referat I b 1, in der ebenfalls
auf den zu erwartenden Beitragssatz von 19,6 % hingewie-
sen wird, und in der Lösungswege zur Vermeidung eines
derartigen Beitragssatzes vorgeschlagen werden (Doku-
ment Nr. 115). Unter anderem wird vorgeschlagen, dass sich
das BMA nicht an der Juli-Sitzung des Schätzerkreises Ren-
tenversicherung beteiligen solle, weil die Schätzung zur
Jahresmitte im Jahr 2002 aufgrund unsicherer Datenlage
dem Risiko einer Fehleinschätzung unterliege. Der Zeuge
Dabringhausen, der dem Untersuchungsausschuss erläu-
terte, dass dieser Vorschlag nicht von ihm stamme, sondern
von einem Vorgesetzten eingebracht worden sei, notierte
hierzu handschriftlich auf der Vorlage:

„Dies gilt für jedes Jahr!“
Der Zeuge Wittrock, der Leiter der Grundsatz- und Pla-
nungsabteilung (Abteilung I) im BMA, erklärte vor dem
Untersuchungsausschuss, dass diese Idee seiner Erinnerung
nach in einem Gespräch mit Bundesminister Riester am
13. Juni 2002 ventiliert worden sei (20. Sitzung, Protokoll
Wittrock, S. 30).
Referatsleiter Dabringhausen vermochte nicht zu sagen, ob
diese Vorlagen Bundesminister Riester erreicht haben
(20. Sitzung, Protokoll Dabringhausen, S. 28, 30). Auch
Staatssekretär Anzinger vermochte nicht zu sagen, ob dies
der Fall war. Er erinnerte sich aber, am 11. Juni 2002 über
diese neuen Zahlen informiert worden zu sein und eine Be-
sprechung zu diesen Zahlen und ihrer Werthaltigkeit durch-
geführt zu haben (20. Sitzung, Protokoll Anzinger, S. 6 f.).
In einer weiteren Ministervorlage vom 27. Juni 2002 unter-
breitete Referat I b 1 dann erneut die Berechnungen zur vor-
aussichtlichen Beitragshöhe in 2003. Hier musste allerdings
bereits in zwei Varianten gerechnet werden: Variante 1 mit
einem Beitragssatz von 19,6 % (der fachlichen Meinung des
Referats) und Variante 2 mit dem von Bundesminister
Riester ins Auge gefassten Beitragssatz von 19,3 %. In dem
Entwurf dieser Vorlage wird u. a. Folgendes ausgeführt:

„Bewertung
Die Vertreter von BfA und VDR halten Variante 1 für
tragfähig und werden diese ihrer Geschäftsführung emp-
fehlen. Die Annahmen der Variante 2 werden als unrea-
listisch bezeichnet. Für eine Bewertung erwartet man
hierzu eine schriftliche Aufzeichnung. Diese wird den
Trägern in der kommenden Woche übermittelt.
Abteilung I weist darauf hin, dass die Annahmen zu Va-
riante 2 sehr optimistisch sind und dass deshalb Ende
Oktober ein deutlich höherer Beitragssatz als 19, 3 v. H.
für 2003 festzulegen sein wird“ (Dokument Nr. 120).

Wie aus den handschriftlichen Änderungen auf diesem Do-
kument ersichtlich, musste diese deutliche Warnung der Ab-
teilung I nach Rücksprache mit Staatssekretär Anzinger ge-
strichen werden.
Der Zeuge Wittrock erklärte dem Untersuchungsausschuss
hierzu, er sei über diese Streichung nicht ganz glücklich ge-
wesen, aber da ihm Staatssekretär Anzinger versichert habe,
dass die Botschaft gleichwohl an Bundesminister Riester

auch in einer E-Mail an das Referat I b 1 mitgeteilt (Doku-
ment Nr. 121). Staatssekretär Anzinger hat ebenfalls bestä-
tigt, mit Bundesminister Riester über dieses Thema gespro-
chen zu haben (20. Sitzung, Protokoll Anzinger, S. 10).
Bundesminister Riester erreichte dann schließlich eine Vor-
lage ohne den inkriminierten Absatz (Dokument Nr. 118).
Der Zeuge Wittrock räumte in seiner Vernehmung vor dem
Untersuchungsausschuss ein, dass der Wahlkampf bei der
Behandlung der internen Schätzergebnisse im BMA auch
eine Rolle gespielt habe (20. Sitzung, Protokoll Wittrock,
S. 32):

„Sicherlich war eine Sorge, dass diese Schätzergebnisse
in die Öffentlichkeit gelangen würden. Wir haben nicht
immer, aber zu manchen Schätzterminen schon regis-
triert, dass sich auch die Öffentlichkeit für solche Ergeb-
nisse interessiert.“

Gleichwohl habe im Ministerium das Interesse bestanden,
dass die Ergebnisse zwischen Schätzerkreis und Ministe-
rium nicht auseinander laufen.
Im Juli 2002 entspann sich dann ein Streit zwischen den
Rentenversicherungsträgern und dem Ministerium über die
Entwicklung der Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2002 bat Staatssekretär Dr. Achen-
bach den Vorsitzenden des Verbandes der Rentenversiche-
rungsträger, Prof. Dr. Ruland, und den Vorsitzenden der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Dr. Rische, von
der Annahme der Bundesregierung, die zu diesem Zeitpunkt
intern bereits mit 19,3 % Rentenbeitrag für 2003 rechnete,
auszugehen und nicht die eigene Prognose von 19,6 % zu
verwenden (Dokument Nr. 124).
In diesem Schreiben behauptet Staatssekretär Dr. Achenbach,
er habe für die Position der Bundesregierung auch den Vor-
sitzenden des Sozialbeirats, Prof. Dr. Dr. Rürup, gewinnen
können. Dieser Kontakt zwischen Prof. Dr. Dr. Rürup und
dem Ministerium ist in den Akten nicht dokumentiert. Prof.
Dr. Dr. Rürup hat gegenüber dem Untersuchungsausschuss
bestätigt, dass diese Sachverständigeneinschätzung in ei-
nem Telefongespräch erfolgt sei (20. Sitzung, Protokoll
Prof. Dr. Dr. Rürup, S. 47 f.).
Nach weiterem Schriftwechsel zwischen Dr. Rische,
Prof. Dr. Ruland und BMA (Dokument Nr. 145) bat Bundes-
minister Riester den Vorsitzenden des Sachverständigen-
rates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent-
wicklung, Prof. Dr. Wiegard, um eine Stellungnahme
(Dokument Nr. 125). Dieses Schreiben liegt ebenfalls nur im
Entwurf vor. Der Sachverständigenrat teilte mit Schreiben
seines Vorsitzenden vom 10. Juli 2002 mit, dass die An-
nahme des Ministeriums „etwas zu optimistisch“, diejenige
der Rentenversicherungsträger aber „bei weitem zu pessi-
mistisch“ sei ( Dokument Nr. 126).
Alle Zeugen aus dem BMA haben bestätigt, dass der Sach-
verständigenrat zuvor noch nie im Rahmen der Schätzungen
eingeschaltet worden sei. Auch das DIW (Dr. Horn) äußerte
sich im Sinne des Ministeriums (Dokument Nr. 127).
Dr. Horn erklärte zu diesem Vorgang allerdings bei seiner
übermittelt worden sei, habe er sich damit zufrieden gege-
ben (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 31). Dies hatte er

Vernehmung als sachverständiger Zeuge am 8. Mai 2002,
dass ihm der Vermerk des Referats I b 1 vom 11. Juni 2002

Drucksache 15/2100 – 180 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war (20. Sitzung, Proto-
koll Dr. Horn, S. 7):

„Ich wünschte, ich hätte diesen Vermerk gekannt; viel-
leicht hätte er mir bei der Prognose geholfen. Aber ich
kannte ihn natürlich nicht.“

Nach diesen Stellungnahmen teilte der Verband der Renten-
versicherungsträger seinen Mitgliedern mit Schreiben vom
19. Juli 2002 mit, dass er aufgrund der Äußerungen der
Bundesregierung und unter Zurückstellung der eigenen Be-
denken von den Annahmen der Bundesregierung ausgehen
werde (Dokument Nr. 146).
Der Zeuge Dabringhausen hat dem Untersuchungsaus-
schuss beschrieben, wie es zu den beiden Schätzvarianten
bezüglich des Beitragssatzes 2003 kam. In der Sitzung des
Schätzerkreises zur Rentenversicherung vom 25. bis 27. Ju-
ni 2002 waren die Beteiligten zunächst von der von
Dabringhausen errechneten Variante mit einem Beitragssatz
von 19,6 % ausgegangen. Im Laufe dieser Sitzung wurden
dann aber andere Zahlen aus dem für gesamtwirtschaftliche
Fragen der Sozialpolitik zuständigen Referat I a 3 des BMA
in die Runde eingespielt. Der Zeuge Dabringhausen schil-
derte dies wie folgt (20. Sitzung, Protokoll Dabringhausen,
S. 25):

„Dann sind uns aber – gegen Ende des zweiten Tages
oder am Anfang des dritten Tages – neue Wirtschafts-
daten von dem für die Wirtschaftsentwicklung zustän-
digen Referat geliefert worden. Auf Basis dieser Wirt-
schaftsannahmen ist eine zweite Variante entstanden.
Diese Variante sah für 2003 wieder einen Beitragssatz
von 19,3 % vor.“

Nach Aussage des Zeugen Wittrock sind diese neuen Wirt-
schaftsdaten in Abstimmung mit BMF entstanden. Bei die-
sen Wirtschaftsdaten habe die ursprünglich den Berechnun-
gen zu Grunde gelegte Lohnspreizung – d. h. des Abstandes
um den die Löhne im 2. Halbjahr höher sind, als im 1. Halb-
jahr – von 0,9 %, die der Gemeinschaftsdiagnose der Wirt-
schaftsforschungsinstitute zu Grunde lag, auf 1,5 % erhöht
werden müssen. Diese Variante sei vom BMA gegen den
anfänglichen Widerstand des BMF dann durchgesetzt wor-
den (20. Sitzung, Protokoll Wittrock, S. 39):

„Das BMA ist in diese Gespräche mit dem Vorschlag hin-
eingegangen, die große Spreizung vorzunehmen. Das
BMF hat zunächst Zweifel an der Plausibilität einer sol-
chen Spreizung geäußert. Darüber haben wir diskutiert.
Es hat dazu auch einen Austausch von Zahlen gegeben,
die man gegenseitig beguckt hat, auf Plausibilität unter-
sucht hat. Am Ende dieser Diskussionsrunden mit dem
BMF – mehrere wie gesagt – stand dann das grüne Licht
von Herrn Overhaus am Vorabend, ich glaube: des zwei-
ten Tages dieser Schätzung.“

Intern wurde im BMA in einem Vermerk des Referates I a 3
eingeräumt, dass man sich bezüglich der Bruttolohnent-
wicklung „nach wie vor am oberen Rand des Schätzspek-
trums“ bewege (Dokument Nr. 116). Bezüglich der Einnah-
men der GRV wurde darauf hingewiesen, dass schon die
schnelle Steigerungsrate der Gemeinschaftsdiagnose „in der

Am 9. Juli 2002 wurde dann in einer Vorlage desselben Re-
ferates, die sich mit der monatlichen Arbeitsmarktprojek-
tion befasst, darauf hingewiesen, dass die aktuelle Arbeits-
marktprojektion nicht mehr den gesamtwirtschaftlichen
Eckwerten der Bundesregierung vom Mai entspreche und
die dort zu Grunde gelegten Werte nicht mehr zu erreichen
seien (Dokument Nr. 147).
In der entsprechenden Meldung im August wird darauf hin-
gewiesen, dass „die Arbeitsmarktentwicklung auch im Juli
2002 „enttäuschend“ verlaufen sei und die Konjunkturent-
wicklung noch immer zu schwach sei, um die saisonberei-
nigte Zahl der Arbeitslosen zu reduzieren (Dokument
Nr. 148).
In der entsprechenden Meldung vom 5. September 2002
heißt es dann:

„Die Arbeitsmarktentwicklung verlief im August etwas
besser, als man nach der Entwicklung im ersten Halb-
jahr befürchten musste. Der Vorjahresabstand der Ar-
beitslosenzahl verringerte sich im zweiten Monat hinter-
einander. Allerdings ist diese Entwicklung wesentlich auf
die Abmeldung von Arbeitslosen in Nichterwerbstätig-
keit zurückzuführen. Die Entwicklung der Erwerbstätig-
keit wird dagegen immer ungünstiger.
(…)
Die dargestellten Arbeitsmarktverläufe befinden sich im
optimistischen Bereich des darstellbaren Prognosespekt-
rums“ (Dokument Nr. 149).

In einer Ministervorlage des Referats I a 3 vom 22. August
2002 wurde Bundesminister Riester über die Konjunktur-
entwicklung unterrichtet. Dort wird der offizielle Konjunk-
turoptimismus der Bundesregierung mit folgender Ein-
schränkung versehen:

„Freilich zeigen die jüngsten Konjunkturindikatoren
wieder eine verhaltene Entwicklung an“ (Dokument Nr.
150),

Wie sehr die Ministeriumsspitze darum bemüht war, dass
keine Zweifel an der offiziellen Linie aufkamen, zeigt auch
die Reaktion des Sprechers von Bundesminister Riester,
Klaus Vater, auf eine Äußerung von Prof. Dr. Ruland. Die-
ser hatte am 24. August 2002 in einem Interview mit der
Neuen Osnabrücker Zeitung erklärt, dass nach den neuesten
Zahlen seiner Einschätzung nach der Anstieg des Beitrags-
satzes zur GRV nicht mehr auf 19,3 % zu begrenzen sei,
sondern darüber liegen werde. Die Äußerungen von Prof.
Dr. Ruland, immerhin Vorsitzender des Verbandes der Ren-
tenversicherungsträger, wurden daraufhin laut Leipziger
Volkszeitung vom 26. August 2002 von Vater umgehend als
„unverantwortliches Gerede von Herrn Prof. Dr. Ruland“
abqualifiziert. Vater versuchte in seiner Vernehmung vor
dem Untersuchungsausschuss dann diese unsachliche Atta-
cke auf Prof. Dr. Ruland zu relativieren, indem er behaup-
tete, er habe die Äußerung so nicht getan, sondern sich da-
hingehend geäußert, dass alle anderen Darstellungen als die
19,3 %-Prognose der Bundesregierung unverantwortliches
Wahlkampfgerede seien (20. Sitzung, Protokoll Vater, S.
75). In der Sache laufen auch diese Äußerungen auf das hin-
aus, was die Leipziger Volkszeitung berichtet hatte. Deshalb
Vermittlung an die Rentenversicherungsträger erheblicher
Überzeugungskraft“ bedürfe (Dokument Nr. 116).

hat Vater offenbar auch keine Gegendarstellung erwirkt.
Wie sehr der Wahlkampf in den Köpfen der Ministeriums-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181 – Drucksache 15/2100

spitze verhaftet war, zeigt der Umstand und die Heftigkeit
und Polemik, mit der der Ministeriumssprecher auf die Äu-
ßerung eines Nichtpolitikers reagierte.
Bundesminister Riester antwortete noch am 4. September
2002 auf eine Frage des Abg. Johannes Singhammer (CDU/
CSU) zur Höhe des Rentenversicherungsbeitrages 2003,
dass dieser bei 19,3 % liegen werde. Er behauptete darüber
hinaus noch, ein höherer Beitragssatz werde nur dann not-
wendig, wenn die von der Opposition im Bereich der GRV
vorgeschlagenen Maßnahmen verwirklicht würden (Doku-
ment Nr. 134). Dieses Schreiben wurde in Kopie auch dem
Bundeskanzleramt zugeleitet (Dokument Nr. 151).
Mit Wirkung vom 1. Januar 2003 wurde von der Bundesre-
gierung ein Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversiche-
rung von 19,5 % festgelegt. Angesichts eines erneuten Fi-
nanzlochs von mindestens 8 Mrd. € im Jahre 2003 beschloss
die Bundesregierung am 19. Oktober 2003 erstmals in der
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine faktische
Rentenkürzung, um ein weiteres Ansteigen der Beiträge im
Jahre 2004 zu vermeiden. Bundeskanzler Schröder musste
im Plenum des Deutschen Bundestages am 10. September
2003 einräumen, dass die bisherige Rentenpolitik der rot-
grünen Bundesregierung mit erheblichen Mängeln behaftet
war:

„Ich will auch zugeben, dass die Frage, ob es richtig
war, den demographischen Faktor, der seinerzeit von Ih-
nen eingeführt worden ist – auch das haben Sie gestern
angesprochen, Herr Merz –, aufzuheben, durchaus be-
rechtigt gestellt werden kann. Ich sage Ihnen: das war
ein Fehler.
(…)
Das war ein Fehler, keine Frage. Natürlich haben wir
den zu verantworten. …“ (Stenographischer Bericht
15/59, S. 4995).

d) Bewertung
Die zuständigen Fachbeamten im Arbeits- und Sozialminis-
terium haben die drohenden Steigerungen der Renten-
beiträge jeweils frühzeitig und korrekt ermittelt und die Lei-
tungsebene des Ministeriums, insbesondere auch den
zuständigen Minister, hierüber informiert.
Minister Riester hat das Parlament und die Öffentlichkeit
vor der Bundestagswahl insgesamt zweimal über die finan-
zielle Lage der GRV getäuscht:
– Obwohl er ab Mitte Februar 2002 wusste, dass das zu-

ständige Referat seines Ministeriums einen Anstieg der
Beiträge auf 19,3 % für unvermeidlich hielt, hat er ge-
genüber der Öffentlichkeit noch bis weit in den Sommer
hinein mit großer Entschiedenheit behauptet, der Satz
von 19,1 % könne gehalten werden. Selbst als die BfA
die korrekte Zahl von 19,3 % im März 2002 veröffent-
lichte, hat er entschieden dementiert und damit Zweifel
an ihrer Glaubwürdigkeit provoziert.

– Obwohl er ab Juni 2002 wusste, dass das zuständige Re-
ferat seines Hauses einen weiteren Anstieg der Beiträge
auf 19,6 % für wahrscheinlich hielt, hat er bis zur Bun-

seines Ministeriums entsprechende Äußerungen des Vor-
sitzenden des VdR, Prof. Dr. Ruland, als „unverantwort-
liches Gerede“ qualifizierte.

Während im Bundesfinanzministerium die korrekten Be-
rechnungen der Fachbeamten intern nie korrigiert oder ver-
ändert wurden (getäuscht wurden „lediglich“ Öffentlichkeit
und Parlament) wurde im BMA ab Juni 2002 alles getan,
um die unliebsamen Zahlen des Referatsleiters Dabringhau-
sen schön zu rechnen und damit so zu verändern, dass das
politisch gewünschte Ergebnis bis zur Bundestagswahl öf-
fentlich vertreten werden konnte. Den Rentenversiche-
rungsträgern wurden die geschönten Zahlen gegen ihren
Willen aufgezwungen, so dass sie unseriöse Haushalte be-
schließen mussten. Auch diese haben den Wahltag nicht
lange überlebt.

4. Die Verschleierung der Finanzprobleme der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
durch Bundesministerin Ulla Schmidt

Die jetzige Bundesministerin für Gesundheit und Soziale
Sicherung, in der 14. Wahlperiode Bundesministerin für Ge-
sundheit, Ulla Schmidt, hat bis zur Bundestagswahl am 12.
September 2002 die Öffentlichkeit und den Deutschen Bun-
destag falsch und unvollständig über die Finanzlage der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) informiert.
Sie hat vorgetäuscht, die Finanzlage der GKV im Jahr 2002
sei ohne Beitragserhöhungen beherrschbar, trotz der deut-
lichen Anzeichen für insgesamt höhere Ausgaben und ge-
ringere Einnahmen. Sie hat in Kenntnis der desaströsen Fi-
nanzlage der GKV öffentlich wiederholt erklärt, sie erwarte
stabile Krankenkassenbeiträge auch nach der Bundestags-
wahl. Aus den zahlreichen Warnungen externer Experten
und den Hinweisen der Fachleute des Bundesministeriums
für Gesundheit (jetzt Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung, im Folgenden zitiert BMG) hat sie
vor der Bundestagswahl nicht die dringend notwendigen
Konsequenzen gezogen. Diese Warnungen bezogen sich auf
die explodierenden Arzneimittelausgaben, die Unsicherhei-
ten im Hinblick auf die Einführung der Riester-Rente und
die negative Konjunkturentwicklung.
a) Die Situation bis zur Bundestagswahl
Die GKV steuerte schon zu Beginn des Jahres 2002 nach
den Berechnungen der Spitzenverbände der Krankenkassen
und des Bundesversicherungsamtes auf ein weiteres Milliar-
dendefizit zu (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. De-
zember 2001).
Bundesministerin Schmidt hingegen erklärte bis zur Bun-
destagswahl am 22. September 2002, in der GKV drohten
im Jahr 2002 weder Beitragserhöhungen noch ein Defizit.
In einer Pressemitteilung vom 7. März 2002 des BMG heißt
es:

„In diesem Jahr können wir davon ausgehen, dass die
gesetzliche Krankenversicherung wieder schwarze Zah-
len schreibt und die Beitragssätze stabil bleiben. Der
durchschnittliche allgemeine Beitragssatz, der zum
01. Januar 2002 bundesweit bei 14,0 % lag, wird sich im
destagswahl an dem Ziel der Beitragssatzstabilität fest-
gehalten. Er ließ darüber hinaus zu, dass der Sprecher

Jahresdurchschnitt 2002 wieder auf etwas unter 14 %
einpendeln.“

so z. B.:
„Schmidt: In diesem Jahr können wir davon ausgehen,
dass die gesetzliche Krankenversicherung schwarze
Zahlen schreibt und die Beitragssätze stabil bleiben.
Deshalb erwarte ich trotz hoher Arbeitslosigkeit keine
höheren Beiträge“ (Bremer Nachrichten vom 9. März
2002).

Demgegenüber wurden bereits Ende Mai 2002 erste War-
nungen von Expertenseite laut. Der Vorsitzende des AOK-
Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens, sprach von
„Defiziten in Milliardenhöhe“ zum Jahresende:

„Nach der Bundestagswahl drohen neue Beitrags-
erhöhungen in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Wegen weiter steigender Pillen-Ausgaben befürchtet
Hans Jürgen Ahrens, der Chef des AOK-Bundesverban-
des, für die Branche zum Jahresende ‚Defizite in Milliar-
denhöhe’“ (Frankfurter Rundschau vom 25. Mai 2002).

Bundesministerin Schmidt tat diese Warnungen als Speku-
lationen ab:

„Gesundheitsministerin Schmidt trat unterdessen Speku-
lationen um Beitragserhöhungen entgegen. Sie sagte,
der durchschnittliche Beitragssatz zur gesetzlichen
Krankenversicherung von 13,99 Prozent bleibe stabil
und könne mittelfristig sogar gesenkt werden“ (Berliner
Zeitung vom 27. Mai 2002).

Anfang Juni 2002 musste Bundesministerin Schmidt für das
1. Quartal 2002 erneut ein hohes Defizit in der GKV be-
kannt geben. Die GKV hatte nach den vorliegenden vorläu-
figen Finanzergebnissen im 1. Quartal 2002 ein Defizit von
rd. 860 Mio. € erzielt. Sie äußerte dennoch die Erwartung,
die GKV könne zum Ende des Jahres ein ausgeglichenes Er-
gebnis erreichen:

„Insofern besteht bei deutlich günstigerer Perspektive
für die Einnahmeseite und verstärkten Einsparungen auf
der Ausgabenseite im weiteren Jahresverlauf die berech-
tigte Erwartung auf ein ausgeglichenes Finanzergebnis
in 2002 und ein stabiles Beitragssatzniveau.“ (BMG –
Pressemitteilung vom 5. Juni 2002).

Der Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Andreas Storm prognostizierte hingegen für das Jahr 2002
einen Fehlbetrag auf Vorjahreshöhe der GKV von knapp
3 Mrd. € und einen Anstieg der Kassenbeiträge zum Jah-
resende (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. Juni
2002).
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, Horst Seehofer, warnte vor einer „fi-
nanziellen Katastrophe“ in der GKV. Wenn nicht sofort ge-
handelt werde, seien gesundheitspolitische Fehler nicht
mehr zu korrigieren (ddp-Meldung vom 5. Juni 2002). In

von mindestens 2 bis hin zu 4 Mrd. €. Bundesministerin
Schmidt warf ihm daraufhin „Populismus“ und „Panik-
mache“ vor:

„Ulla Schmidt: Seehofer betreibt blanken Populismus.
Mit den Einnahmeverbesserungen im 2. Halbjahr kann
trotz des Defizits von rd. 860 Millionen Euro im 1. Quar-
tal 2002 ein ausgeglichenes Finanzergebnis für das Jahr
2002 erwartet werden“ (BMG – Pressemitteilung vom 3.
August 2002).

In der Antwort der Bundesregierung vom 27. August 2002
auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
vom 2. August 2002 zu den Defiziten in der GKV heißt es,
die Bundesregierung gehe davon aus, dass es in der GKV in
den nächsten Jahren jeweils nicht zu Defiziten kommen
werde und insofern von der GKV keine Gefahren für die
Einhaltung der Maastricht-Kriterien ausgingen (BT-Drs. 14/
9896 vom 27. August 2002).
Kurz darauf warnte der Vorsitzende des Sozialbeirats der
Bundesregierung, Prof. Dr. Dr. Bert Rürup, vor steigenden
Krankenkassenbeiträgen u. a. wegen der schlechten Arbeits-
marktlage (Welt am Sonntag vom 1. September 2002).
Trotz aller Warnungen blieb Bundesministerin Schmidt
auch nach Bekanntgabe des riesigen GKV-Defizits für das
1. Halbjahr 2002 in Höhe von 2,4 Mrd. € dabei, dass zum
Jahresende wegen der angeblich steigenden Einnahmen der
GKV in der zweiten Jahreshälfte stabile Beiträge zu erwar-
ten seien.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. September
2002 berichtete:

„Ungeachtet eines Defizits von 2,4 Milliarden Euro im
ersten Halbjahr erwartet Bundesgesundheitsministerin
Schmidt (SPD) in der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) keine Beitragserhöhungen auf breiter Front. Zu-
sätzliche Einnahmen in der zweiten Jahreshälfte würden
die höheren Ausgaben der ersten sechs Monate wieder
ausgleichen, sagte Schmidt am Montag in Berlin. „Es
gibt keinen Anlass, hier Panik zu machen“, sagte die
SPD-Politikerin.“

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Gesundheits-
experte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Horst Seehofer,
hingegen hielt angesichts dieser Zahlen Beitragerhöhungen
in der GKV für unvermeidbar. Es werde zu einer „Welle von
Beitragserhöhungen“ kommen. Es sei eine „blanke Illusion“
zu glauben, dass das Defizit im 2. Halbjahr „ganz oder we-
sentlich ausgeglichen“ werden könne. Die Notsituation der
Krankenversicherung sei evident (Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 3. September 2002).
Der SPD-Parteivorstand unter dem SPD-Bundesvorsitzen-
den Bundeskanzler Schröder verbreitete am 3. September
2002 mitten im Bundestagswahlkampf die Botschaft:
Drucksache 15/2100 – 182 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Diese und ähnliche Zitate der Gesundheitsministerin wur-
den in den folgenden Monaten in der Presse wiedergegeben,

der Zeitung „Die Welt“ vom 3. August 2002 warnte er er-
neut vor einem drohenden GKV-Defizit zum Jahresende

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 183 – Drucksache 15/2100

S c h a u b i l d 5

Drucksache 15/2100 – 184 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Am 11. September 2002 brachte die CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion im Bundestag den Antrag ein „Klarheit über
finanzielle Situation in der gesetzlichen Renten- und Kran-
kenversicherung vor der Bundestagwahl schaffen“. In dem
Antrag heißt es:

„Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
1. (…)
2. (…) Die Prognose der Bundesministerin für Gesund-
heit im Hinblick auf stabile Beitragssätze und Finanzen
in der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich bereits
im Jahr 2001 nicht bewahrheitet. Und auch im laufen-
den Jahr steht diese erneut vorgetragene Prognose in
deutlichem Widerspruch zu den vorliegenden Zahlen und
zu den Aussagen aus dem Bereich der Krankenkassen.
Bei Fortsetzung der verfehlten Gesundheitspolitik dieser
Bundesregierung werden weitere Beitragssatzanhebun-
gen somit unausweichlich sein.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,
1. (…)
2. die Bürgerinnen und Bürger vor der Bundestagswahl
über die tatsächliche Finanzsituation, die Rücklagen
und Beitragssatzentwicklung der gesetzlichen
Krankenversicherung zu unterrichten (…)“ (Dokument
Nr. 152).

In der Plenardebatte im Deutschen Bundestag über diesen
Antrag am 12. September 2002 ging Bundesministerin
Schmidt mit keinem Wort auf die aktuelle niederschmet-
ternde Finanzlage und das drohende Defizit der GKV zum
Jahresende 2002 ein. Stattdessen versuchte sie, von den Fi-
nanzproblemen der GKV abzulenken. Der Antrag wurde
mit den Stimmen der Koalition und der PDS gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt (Stenographi-
scher Bericht 14/252, S. I, III, 25510, 25521–25524, 25533,
Dokument Nr. 153).
Am 12. September 2002 erläuterte Bundesministerin
Schmidt ihre weiter optimistische Einschätzung zur GKV-
Finanzentwicklung in der 156. Sitzung des Ausschusses für
Gesundheit des Deutschen Bundestages wie folgt:

„Nach den seit Anfang September 2002 vorliegenden
vorläufigen Finanzergebnissen im ersten Halbjahr 2002
haben die gesetzlichen Krankenkassen bei einem Ausga-
bevolumen von rund 70,2 Milliarden Euro rund 2,4 Mrd.
Euro mehr ausgegeben als eingenommen (…)
Für die zweite Hälfte 2002 gehen wir insgesamt von ei-
ner positiveren Entwicklung aus als in der ersten Hälfte
2002“ (Dokument Nr. 103).

Die aktuellen Ergebnisse des Schätzerkreises der GKV vom
4./5. September 2002, dass mit einem GKV-Defizit von
1 bis 1,5 Mrd. € im Gesamtjahr 2002 zu rechnen sei, sprach
sie ebenso wenig an, wie in der o. g. Bundestagsdebatte
vom gleichen Tage.
Trotz der schlechten Zahlen zur GKV, die in ihrem Hause
über Monate diskutiert wurden, hielt Bundesministerin

b) Die Situation nach der Bundestagswahl
Nur wenige Tage nach der Bundestagswahl wurden das
enorme Defizit der GKV und der dringende gesetzliche
Handlungsbedarf deutlich:
Nicht einmal 48 Stunden nach der Wahl begann man im Mi-
nisterium mit hektischen Vorbereitungen für ein so genann-
tes Vorschaltgesetz.
Wenige Tage nach der Bundestagswahl wurde dann unter
Berufung auf interne Schätzungen des BMG öffentlich be-
kannt, dass in der GKV für 2002 mit einem Defizit von
1,5 Mrd. € zu rechnen sei (AFP-Meldung vom 30. Septem-
ber 2002). Am Ende des Jahres 2002 betrug das Defizit der
GKV 3,37 Mrd. €.
c) Das Ergebnis der Beweisaufnahme
Die GKV zeichnet im System der Sozialversicherungen die
Besonderheit aus, dass es keinen durch Verordnung des
BMG festgelegten Beitragssatz gibt. Die Selbstverwaltungs-
organe aller Krankenkassen kalkulieren ihren Beitragssatz
anhand der jeweiligen Einnahmen- und Ausgabensituation
eigenverantwortlich. Die gesetzlichen Krankenkassen sind
nur der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Rechenschaft ver-
pflichtet. Die Finanzdaten werden dann bei den jeweiligen
Kassenverbänden gesammelt. Das BMG erhält diese gesam-
melten Daten von den Kassenverbänden, führt diese zusam-
men und errechnet daraus den durchschnittlichen allgemei-
nen Beitragssatz für die GKV.
Das BMG ist letztlich dafür verantwortlich, die Finanzent-
wicklung in der GKV zu steuern und die entsprechenden ge-
setzlichen Rahmenbedingungen für ein leistungsfähiges und
für alle Bürger bezahlbares Finanzsystem der GKV zu
schaffen. Die Bundesregierung kann mit gesetzlichen Maß-
nahmen Einfluss auf die Stabilisierung des Beitragsniveaus
in der GKV nehmen. Dies kann erfolgen mit Regelungen
zur Steuerung der Arznei- und Heilmittelausgaben, in dem
z. B. bestimmte Leistungen von der Erstattung ausgenom-
men werden. Sie kann die Versicherungspflichtgrenze her-
aufsetzen und damit die Einnahmen der GKV erhöhen.
Besonders problematisch im Bereich der GKV waren nach
2001 auch im Jahr 2002 die enormen Steigerungsraten im
Bereich der Arzneimittelausgaben sowie der Krankenhaus-
ausgaben. Die Arzneimittelausgaben nehmen einen ca.
20 %igen Anteil an dem Gesamthaushalt der GKV ein.
Die weiteren problematischen Ausgabenentwicklungen be-
standen im Bereich des Krankenhaussektors. Dieser bildet
mit einem Ausgabenanteil von etwa einem Drittel den größ-
ten Ausgabenblock im Bereich der GKV.
Dem BMG stehen für die Einschätzung der Finanzlage der
GKV Statistiken zur Verfügung, die Aufschluss über die
Einnahmen und Ausgaben der GKV geben.
Von wesentlicher Bedeutung für die Einschätzung der Lage
der GKV ist die vom BMG vierteljährlich veröffentlichte
Statistik über die Einnahmen und Ausgaben der GKV (sog.
KV 45-Statistik). Sie wird dem BMG regelmäßig zwei Mo-
nate nach Quartalsende mit den vollständigen Finanzdaten,
Schmidt also bis zur Bundestagswahl an ihren optimis-
tischen Prognosen fest.

d. h. den Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Kassen-
verbände, zur Verfügung gestellt.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 185 – Drucksache 15/2100

Im Arzneimittelbereich als einzigem Ausgabenbereich lie-
gen dem BMG darüber hinaus auch Informationen der Apo-
thekerverbände (ABDA-Meldungen) vor, die monatlich
über Entwicklungen der GKV-Arzneimittelumsätze Aus-
kunft geben. Diese Berichte basieren auf den Daten der
Apothekenrechenzentren. Damit kann die Entwicklung der
Arzneimittelausgaben jeweils zum Monatsende kontrolliert
werden.
Wesentlich für die Datenbeschaffung über die Lage der
GKV sind für das BMG schließlich auch die Feststellungen
des Schätzerkreises der GKV. Dieses Gremium besteht aus
Mitgliedern der einzelnen Kassenverbände und des Bundes-
versicherungsamtes in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbe-
hörde der bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger.
Der Schätzerkreis kommt vierteljährlich zusammen, um die
Eckwerte zur Beitragsentwicklung und Ausgabenentwick-
lung der GKV festzulegen. Ein Vertreter des BMG nimmt
als Gast an den Sitzungen des GKV-Schätzerkreises teil.
Das BMG ist damit über die Ergebnisse des Schätzerkreises
der GKV informiert.
Eine grundlegende Trendwende bei den problematischen
Ausgabenbereichen der GKV trat im Jahr 2002 nicht ein.
Die Kostenexplosion im Gesundheitsbereich konnte im Jahr
2002 nicht eingedämmt werden. So gelang auch nicht die
angestrebte Rückführung der Arzneimittelausgaben um
4,6 %. Tatsächlich gab es einen kontinuierlichen Anstieg in
diesem kostenintensiven Bereich. Im Ergebnis waren die
Kosten für die Arzneimittel im Jahr 2002 insgesamt um
4,8 % höher als im Vorjahr.
Ein wesentlicher Risikofaktor auf der Einnahmenseite der
GKV waren die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der
im Jahr 2002 eingeführten Riester-Rente. Es war zu be-
fürchten, dass zum Jahresende die üblichen Beitragseinnah-
men durch die Anteile am Weihnachtsgeld geringer als
sonst sein würden, sofern viele Beschäftigte ihr Weihnachts-
geld beitrags- und steuerfrei zum Aufbau einer Riesterrente
einsetzen würden. Bundesministerin Schmidt konnte schon
deshalb nicht von einer wesentlichen Verbesserung der
GKV-Finanzen aufgrund von höheren Beitragseingängen in
der zweiten Jahreshälfte ausgehen.
Die Finanzsituation der GKV wurde im BMG im Laufe des
Jahres 2002 immer kritischer eingeschätzt. Dies galt insbe-
sondere für den Bereich der Arzneimittel- und der Kranken-
hausausgaben.
Bundesministerin Schmidt erhielt aus ihrem Hause kontinu-
ierlich Informationen zur finanziellen Lage der GKV, in de-
nen auf die zunehmenden erheblichen Probleme der GKV-
Finanzlage und den daraus resultierenden Handlungsbedarf
hingewiesen wurde.
In einer von Bundesministerin Schmidt zur Kenntnis ge-
nommenen Vorlage des Referats 228 – Finanzielle Angele-
genheiten der GKV – vom 4. März 2002 wird ausgeführt,
dass die vorläufigen Finanzergebnisse KV 45 für 2001 deut-
lich ungünstiger ausgefallen waren als erwartet. Besonders
dazu beigetragen hatte die zweistellige Ausgabenexplosion
im Arzneimittelbereich in Höhe von 11,2 % (Dokument
Nr. 59).

band e.V. das BMG über die Ausgabenentwicklung der
Arzneimittel bis einschließlich April 2002. Danach lagen
die Arzneimittelausgaben der GKV im April 2002 mit
1,923 Mrd. € um 13,2 % über denen des Vorjahres. Für die
Monate März und April zusammengefasst ergab sich ge-
genüber dem Vorjahr eine Steigerungsrate von 6,6 %,
ebenso wie im Februar (Dokument Nr. 154).
Trotz dieser katastrophalen Zahlen behauptete Bundesmi-
nisterin Schmidt in ihrer Presseerklärung vom 5. Juni 2002
zur Zukunft der Finanzentwicklung der GKV:

„Insofern besteht bei deutlich günstigerer Perspektive
für die Einnahmeseite und verstärkten Einsparungen auf
der Ausgabenseite im weiteren Jahresverlauf die berech-
tigte Erwartung auf ein ausgeglichenes Finanzergebnis
in 2002 und ein stabiles Beitragssatzniveau.“

Wie bedeutsam für Bundesministerin Schmidt die Ergeb-
nisse der Beratungen des GKV-Schätzerkreises waren, er-
gibt sich schon daraus, dass das Referat 228 sie am 7. Juni
2002 wegen der Eilbedürftigkeit unmittelbar über die Er-
gebnisse der Beratungen des GKV-Schätzerkreises zur
GKV-Finanzentwicklung vom 6. Juni 2002 informierte. In
der Vorlage wird darauf hingewiesen, dass der Schätzerkreis
die Ausgabensteigerungen um insgesamt 0,6 Prozentpunkte
höher geschätzt hat als in seiner letzten Schätzung vom
März.
Es wird folgender Handlungshinweis gegeben:

„Trotz der aktuellen Perspektive für Beitragsstabilität
und ein weitgehend ausgeglichenes Finanzergebnis in
2002 erscheint bei – aufgrund der Defizitentwicklung im
Jahr 2001 – stark abgeschmolzenen Finanzreserven zur
Sicherung des derzeitigen Beitragssatzniveaus über das
Jahr 2002 hinaus insbesondere eine kurzfristig zu ver-
stärkende konsequente Umsetzung der Einsparungen im
Bereich der Arzneimittelversorgung durch KV`en und
Kassen dringend geboten“ (Dokument Nr. 80).

Am 20. Juni 2002 informierte das Referat 228 Bundesmi-
nisterin Schmidt erneut. Unter Verweis auf die Arzneimit-
telproblematik wird Folgendes festgehalten:

„Gleichwohl erscheinen insbesondere die konsequente
Umsetzung der ausgabenbegrenzenden Regelungen im
Arzneimittelbereich vor dem Hintergrund der nur sehr
begrenzt vorhandenen Finanzreserven der GKV unver-
zichtbar“ (Dokument Nr. 155).

Diesen Hinweis nahm Bundesministerin Schmidt am
28. Juni 2002 ausdrücklich zur Kenntnis.
Hinsichtlich der besorgniserregenden Arzneimittelumsätze
heißt es in der von Bundesministerin Schmidt am 18. Juli
2002 abgezeichneten Vorlage des Referats 228 vom 15. Juli
2002, dass die GKV-Finanzentwicklung im 2. Quartal 2002
sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig schwierig ver-
laufen könnte, daher bestehe berechtigter Anlass, weitere
Erkenntnisse kritisch zu beobachten (Dokument Nr. 85).
Am 21. August 2002 meldete sich das Referat 228 erneut
mit einer Vorlage betreffend Pressemeldungen zur Defizit-
entwicklung einzelner Ersatzkassen. In dem Vermerk an die
Leiterin Leitungsstab im BMG heißt es:
Mit der Frühinformation zur Ausgabenentwicklung vom
28. Mai 2002 informierte der Deutsche Apothekerver-

„In der Gesamtbetrachtung deutet allerdings – trotz der
nur eingeschränkten Aussagefähigkeit der bislang

Drucksache 15/2100 – 186 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

vorliegenden Daten – vieles darauf hin, dass sich die
Finanzsituation im 2. Quartal verschlechtert hat“ (Do-
kument Nr. 92).

Dennoch wird als Sprachregelung vorgeschlagen, die Per-
spektive eines ausgeglichenen Finanzergebnisses damit zu
begründen, in der GKV sei nach gegenwärtigem Erkennt-
nisstand in diesem Jahr von einem insgesamt ausgegliche-
nen Finanzergebnis auszugehen.
Das im BMG für Grundsatzfragen der GKV zuständige Re-
ferat 221 erarbeitete am 28. August 2002 den Entwurf einer
Stellungnahme zu einem Schreiben des Vorsitzenden der
AOK Baden-Württemberg, Roland Sing.
Getrieben von der Sorge um die finanzielle Lage der GKV
warnte der Vorsitzende der AOK Baden-Württemberg,
Roland Sing, in einem Brief vom 5. August 2002 an den
Staatssekretär im BMG, Dr. Klaus Theo Schröder, vor der
Notwendigkeit von Beitragssatzerhöhungen in der GKV. Er
schrieb, seine Kasse werde den Beitrag zum 1. Januar 2003
anheben müssen

„und damit nahe der 15-Prozent-Marke landen. Diese
Prognose gilt auch für weitere AOK’s.“

Er berief sich auf „belegbare Finanzdaten“ und forderte
einen „Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik“ (Do-
kument Nr. 89).
Der Brief von Roland Sing wurde seitens des BMG nicht
beantwortet.
In einem vom Referat 221 des BMG, zuständig für Grund-
satzfragen der GKV, erarbeiteten Entwurf einer Stellung-
nahme vom 28. August 2002 hieß es dazu:

„Momentan vorgeschlagene Sprachregelung zur finan-
ziellen Situation der gesetzlichen Krankenversicherung
ist:
In der gesetzlichen Krankenversicherung ist in diesem
Jahr nach gegenwärtigem Erkenntnisstand von einem
insgesamt ausgeglichenen Finanzergebnis auszugehen“
(Dokument Nr. 90).

Angesichts der dramatisch negativen Entwicklung der GKV
informierte der Referatsleiter des Referats 228 Bundes-
ministerin Schmidt mit Vorlage vom 30. August 2002 über
die vorliegenden Finanzschätzungen der GKV im
1. Halbjahr 2002 und die derzeit erkennbaren Perspektiven
für die weitere Finanzentwicklung im Jahr 2002 und mahnte
dringend Maßnahmen an. Er führte zum Arzneimittel-
bereich aus:

„Die neuesten Daten der ABDA lassen auch im Juli
2002 mit einer Zuwachsrate von 8,2 v. H. keine Trend-
wende, sondern eine erneute Beschleunigung der Ausga-
benentwicklung erkennen.“

Weiter heißt es:
„Ein ausgeglichenes Finanzergebnis in 2002 würde vor-
aussetzen, dass die deutliche Schere zwischen Ausgaben-
und Grundlohnzuwächsen wieder stärker zusammen-
rückt und sich der Abstand im Gesamtjahr auf etwa
½ Prozentpunkt verringert.“

„Auch unter Berücksichtigung der aus den Beitrags-
satzanhebungen resultierenden Mehreinnahmen von bis
zu 3 ½ Milliarden Euro im Jahr 2002 und zu erwar-
tender günstigerer Grundlohnentwicklung im weiteren
Jahresverlauf sind zusätzliche ausgabenseitige Ein-
sparungen vor allem im Arzneimittelbereich – die bis-
lang nicht erkennbar sind – zur Stabilisierung der Fi-
nanzentwicklung der GKV unverzichtbar“ (Dokument
Nr. 95).

Der Schätzerkreis der GKV kam am 4. und 5. September
2002 auf der Basis der neuesten Daten und verfügbaren
Fakten zu dem Ergebnis, dass mit einem GKV-Defizit von
1 bis 1,5 Mrd. € im Gesamtjahr 2002 gerechnet werden
müsse, falls kurzfristig keine erheblichen zusätzlichen Ein-
sparungen auf der Ausgabenseite erreicht werden sollten.
In dem Vermerk über die „Ergebnisse der Beratungen des
GKV-Schätzerkreises zur GKV-Finanzentwicklung vom
4. und 5. September 2002“ wird festgestellt:

„Ein ausgeglichenes Finanzergebnis würde demnach
neben den zu erwartenden Verbesserungen auf der Ein-
nahmeseite erhebliche zusätzliche Einsparungen auf der
Ausgabenseite – insbesondere im Bereich der Arznei-
mittelversorgung voraussetzen“ (Dokument Nr. 156.).

Diese brisanten Informationen über die nunmehr gegen-
über dem 1. Halbjahr geänderten Einschätzungen des
Schätzerkreises erwähnte Bundesministerin Schmidt nicht
in der kurze Zeit später, am 12. September 2002 einberufe-
nen Sitzung des Gesundheitsausschusses des Deutschen
Bundestages mit dem einzigen Tagesordnungspunkt „Be-
richt des Bundesministeriums für Gesundheit über die ak-
tuelle Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenver-
sicherung“.
Zu den Gründen ihres Vorgehens äußerte Bundesministerin
Schmidt gegenüber dem Untersuchungsausschuss:

„Die Daten des Schätzerkreises liegen den Mitgliedern
des Gesundheitsausschusses in der Regel vor. Die haben
Fragen, die sie dann auch stellen. Ich habe alles das be-
antwortet, was an diesem Tag auch notwendig war. Es
ging nämlich um die Frage der Halbjahresabrechnun-
gen, die ich auch in der Bundespresskonferenz der Öf-
fentlichkeit schon zugänglich gemacht hatte. An Bundes-
tagsdebatten im September, bei denen wir dieses Thema
Gesundheitspolitik beraten hätten, erinnere ich mich
nicht; ich erinnere mich nicht, dass ich dem Bundestag
hätte Auskunft geben können“ (14. Sitzung, Protokoll
BM Schmidt, S. 25).

In der Bundestagsdebatte am 12. September 2002 über den
Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Klarheit über
finanzielle Situation in der gesetzlichen Renten- und Kran-
kenversicherung schaffen“ (Dokument Nr. 152) griff sie die
Opposition scharf an. So äußerte sie, nach einem Wahlsieg
der Union sei jeder

„(…) gut beraten, dann ein dickes Portemonnaie mitzu-
bringen, wenn er zum Arzt oder ins Krankenhaus geht.
Denn das ist die Politik der CDU/CSU. (…)
Abschließend wird festgestellt, dass unverzügliches Han-
deln geboten ist:

Zur FDP will ich mich nicht weiter äußern. Mir wurde
gesagt, dass es in einzelnen Regionen schon zu Hamster-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 187 – Drucksache 15/2100

käufen in den Apotheken gekommen ist, ausgelöst allein
durch die Ankündigung, dass Möllemann Gesundheits-
minister werden will. (…)
Sie reden einzig und allein über die Frage, wie die Ar-
beitgeber entlastet werden können.“ (Stenographischer
Bericht 14/252, S. I, III, 25510, 25521–25524, 25533,
Dokument Nr. 153).

Bemerkenswert ist abschließend noch ein Vermerk der Prüf-
gruppe des BMG vom 18. September 2002, die die Spitzen-
verbände der Krankenkassen in Bezug auf die Wirtschaft-
lichkeit ihrer Tätigkeit prüft. In dem Vermerk geht es um
eine Denkschrift des Leiters der Prüfgruppe im März 2000
zu den Einsparungsmöglichkeiten im Arzneimittelbereich.
In dem Vermerk heißt es:

„Die seinerzeit in einer Denkschrift zusammengefassten
Überlegungen zur Senkung der Kosten im Arzneimittel-
bereich haben aufgrund mangelnder Resonanz ihr Ende
im Reißwolf gefunden“ (Dokument Nr. 157).

Der Untersuchungsausschuss hat den Anlass und die kon-
kreten Umstände dieser Vernichtungsaktion nicht klären
können.
Nicht einmal 48 Stunden nach Schließung der Wahllokale
lagen im BMG für die am Dienstag, den 24. September
2002 um ca. 8.30 Uhr anberaumte Leitungsbesprechung
erste Vorschläge für ein Vorschaltgesetz zur Sicherung der
Beitragssätze in der GKV vor. Anlass sollen ganz aktuelle
Zahlen zum Ausgabenanstieg im Arzneimittelbereich gewe-
sen sein.
Trotz mehrfacher Befragung vor dem Untersuchungsaus-
schuss konnte kein Teilnehmer der Leitungsbesprechung
vom 24. September 2002 überzeugend erklären, wer die
Idee für ein Vorschaltgesetz hatte und wie der eigentliche
Beratungsverlauf von statten gegangen ist.
Aktuelle Zahlen zur GKV im Jahr 2003 belegen, dass die
Verschuldung der GKV sich angesichts der verfehlten Ge-
sundheitspolitik von Rot-Grün weiter fortsetzt. Nach einem
Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28. Au-
gust 2003 ist in der GKV im 1. Halbjahr trotz der Beitrags-
erhöhung zum 1. Januar 2003 ein Defizit von mehr als
1,9 Mrd. € aufgelaufen.
d) Zusammenfassende Bewertung
Bundesministerin Schmidt hat bis zur Bundestagswahl am
22. September 2002 zur Finanzlage der GKV stereotyp eine
einseitige optimistische Darstellung gegenüber der Öffent-
lichkeit vertreten. Sie behauptete stets eine ausgeglichene
Finanzlage der GKV mit stabilen Beiträgen zum Jahresende
sei zu erreichen. Sie berief sich dabei auf die höheren Tarif-
abschlüsse und Einmalzahlungen zum Jahresende.
Für diese Darstellung gab es aufgrund der Erkenntnisse, die
ihr und ihrem Ministerium vorlagen, keinerlei Grundlage.
Die ungünstigen Daten, insbesondere alarmierende Anzei-
chen für höhere Ausgaben im Arzneimittel- und Kranken-
hausbereich und niedrigere Einnahmen der GKV wurden je-
doch bis zur Bundestagswahl am 22. September 2002

Ab Anfang August 2002 brachen die geschönten Prognosen
der rot-grünen Bundesregierung über die finanzielle Lage
der GKV wie ein Kartenhaus zusammen. Bundesministerin
Schmidt konnte sich zu ihrer Entlastung lediglich auf eine
Aussage des Vorstandsvorsitzenden des Verbandes der An-
gestellten-Krankenkassen, Herbert Rebscher, berufen. Vor
dem Untersuchungsausschuss hatte er ausgesagt, vor der
Bundestagswahl 2002 seien weder ein Defizit der Kranken-
kassen noch die in Folge notwendigen Beitragserhöhungen
absehbar gewesen. Nach Auffassung Rebschers sei ein De-
fizit-Risiko erst mit den Beitragseingängen im Oktober/No-
vember sichtbar geworden (12. Sitzung, Protokoll Rebscher,
S. 16 f.). Damit steht er allerdings im Kreise seiner Fachkol-
legen weitgehend allein. So hat der Vorsitzende der Be-
triebskrankenkassen, Wolfgang Schmeinck, bereits vor der
Wahl prophezeit, der durchschnittliche Beitrag werde 2003
auf 14,3 % des Bruttolohns steigen.
Das Mittelungsblatt der Kassenzahnärztlichen Vereinigung
Bayerns, der KZVB-Express, berichtet in diesem Zusam-
menhang unter der Überschrift „Lügenausschuss-Kartell
des Schweigens“ wie folgt:

„Haarsträubende Unfähigkeit
Sauer reagierte der Chef des BKK-Landesverbandes
Bayern, Gerhard Schulte, auf die beharrliche Fehl-
einschätzung seines Ersatzkassen-Kollegen: ‚Wenn
Rebscher vor dem sogenannten Lügenausschuss des
Bundestages am vergangenen Donnerstag behauptet
hat, die gesetzliche Krankenversicherung hätte im Sep-
tember nicht gewusst, wie es um ihre Finanzlage steht,
dann stehen mir die Haare zu Berge’“ (KZVB-Express
8/2003, Dokument Nr. 158).

Die Aussagen der Sachverständigen aus dem Bereich der
GKV widerlegen die vor dem Untersuchungsausschuss wie-
derholt vorgebrachte Argumentation von Gesundheitsminis-
terin Schmidt, wonach das Finanzergebnis der GKV im Jahr
2002 von niemandem vorhersehbar gewesen sein soll.
Spätestens der Vermerk ihrer Fachbeamten vom 30. August
2002 und die verheerenden Ergebnisse des Schätzerkreises
der GKV vom 4./5. September 2002 über ein Defizit in der
GKV in Höhe von 1,5 Mrd. € für das Jahr 2002 hätten Bun-
desministerin Schmidt veranlassen müssen, sofort die not-
wendigen Konsequenzen für die GKV zu ziehen. Sie hat
dies offenkundig wegen der anstehenden Bundestagswahl
unterlassen.
Unmittelbar nach der Bundestagswahl zog Bundesministe-
rin Schmidt dann jedoch mit der Ankündigung eines Vor-
schaltgesetzes zur Stabilisierung der GKV-Finanzen die
Notbremse. Sie blieb auch vor dem Untersuchungsaus-
schuss eine überzeugende Klärung dafür schuldig, welche
dramatisch geänderte Datenlage der GKV quasi unmittelbar
nach Schließung der Wahllokale Anlass für dieses Vor-
schaltgesetz war. Die „Vorwahl-Gelassenheit“ der Ministe-
rin Schmidt bezüglich der Krankenkassen-Finanzlage ist
nicht zu vereinbaren mit der „Nachwahl-Eile“ (Frankfurter
Allgemeine Zeitung vom 11. April 2003), mit der die Arbei-
ten an dem Vorschaltgesetz begonnen wurden. Die Schnel-
verharmlost, die negative Konjunkturentwicklung und die
unverändert steigende Arbeitslosigkeit ausgeblendet.

ligkeit, mit der die ersten Entwürfe für das Vorschaltgesetz
erarbeitet werden konnten belegt, dass man im BMG von

Drucksache 15/2100 – 188 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

der „neuen“ Situation keineswegs überrascht war und ledig-
lich den Tag der Bundestagswahl abwarten wollte.
Die Kostendämpfungsregelungen der rot-grünen Bundes-
regierung waren seit 2001 gescheitert. Die Ausgabenergeb-
nisse im Arzneimittelbereich waren verheerend. Angesichts
des kontinuierlichen und nahezu ungebremsten Anstiegs der
Arzneimittelausgaben in den Jahren 2001/2002 konnte
Bundesministerin Schmidt das völlige Scheitern rot-grüner
Gesundheitspolitik nur durch konsequentes Leugnen der
Faktenlage bis zur Wahl verschleiern.
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass entgegen den voll-
mundigen Aussagen der Bundesregierung vor der Bundes-
tagswahl die GKV das Jahr 2002 mit einem Defizit von
3,37 Mrd. € abgeschlossen hat. Damit verbunden war zum
Jahreswechsel ein Anstieg des durchschnittlichen allgemei-
nen Beitragssatzes in der GKV von 14 auf 14,3 %.
Der Untersuchungsausschuss hat somit bewiesen, dass Mi-
nisterin Schmidt das Parlament und die Öffentlichkeit über
die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung
getäuscht hat.

5. Das Verhalten des Bundeskanzlers und des
Bundeskanzleramtes zu den Bereichen
1 bis 4

a) Bundeshaushalt und Maastricht-
Defizitkriterium

Die geschilderten Alarmsignale und Fehlentwicklungen
hinsichtlich der von der Bundesregierung in der Öffentlich-
keit verkündeten Haushaltsziele und die Einhaltung der Sta-
bilitätskriterien des Maastricht-Vertrages waren auch im
Bundeskanzleramt frühzeitig bekannt.
aa) Die Situation bis zur Bundestagswahl
Bis zur Bundestagswahl hat sich Bundeskanzler Schröder
an der Verschleierung der bestehenden Probleme durch eine
Vielzahl öffentlicher Erklärungen zumindest beteiligt. Es
kam ihm darauf an, sich als wirtschafts- und sozialpoli-
tischer Reformer mit strahlender Leistungsbilanz zu präsen-
tieren. Dies belegen beispielhaft die folgenden Zitate:

Handelsblatt vom 11. Februar 2002
„Wir werden sehen, ob das Frühstück von Kreide hilft
Schröder: Im Wahlkampf werden wir verdeutlichen, dass
wir den Abbau des von der alten Regierung produzierten
Reformstaus kräftig vorangetrieben haben und dass sich
wirklich etwas bewegt hat in den letzten drei Jahren. Wir
haben einen Schuldenberg von 1,5 Bill. Mark vorge-
funden. Es gibt also keine Alternative: Wir bleiben bei
unserem Konsolidierungskurs, machen keine neuen
Schulden, legen keine kreditfinanzierten Konjunkturpro-
gramme auf und erhöhen auch nicht die Steuern, weil
das schädlich für das Wachstum wäre.
HB: Zurzeit brechen die Steuereinnahmen weg, was zu-
sammen mit der konjunkturellen Lage vor allem bei den
Ländern zu steigender Verschuldung und damit zu dem
drohenden blauen Brief der EU-Kommission geführt hat.

Schröder: Nein, das wollen wir nicht. Ich halte den Sta-
bilitätspakt für richtig und vernünftig und stehe dazu.
Man muss aber auch schauen, wie er angewendet wird.
Sanktionen hat danach derjenige zu erwarten, der die
Kriterien des Stabilitätspaktes nicht erfüllt. Außerdem
soll derjenige verwarnt werden, der eine falsche Stabili-
tätspolitik betreibt. Nach allem, was wir wissen, wirft
uns die Kommission nicht vor, die Kriterien verletzt zu
haben. Die Kommission geht von 2,7 % Defizit aus, wir
von 2,5 %. Egal, wer Recht behält – die Grenze von 3 %
wird jedenfalls nicht überschritten.“
ZDF/24. April 2002/21.50/cj/db
HEUTE-JOURNAL
Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Vorsitzender,
zum Wahlprogramm der SPD:
„Dass der Kurs der Sparsamkeit weiter gefahren wird,
dafür steht der Bundesfinanzminister. Und deswegen
seien Sie sicher, dass das, was wir versprochen haben,
auch auf Punkt und Komma gerechnet worden ist.“
ZDF/19. Juni 2002/21.50/Loy
HEUTE-JOURNAL
Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Vorsitzender,
zum Haushaltsentwurf 2003
Schröder (PK-Ausschnitt): „Das ist ein Haushalt der
Vernunft und der Verantwortung. Wir machen keine un-
bezahlbaren Versprechungen. Und wir rütteln nicht an
den Kriterien des europäischen Stabilitätspaktes.“
Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 25. Juli 2002:
„Bundeskanzler Schröder im Interview mit der West-
deutschen Allgemeinen Zeitung
WAZ: ‚Kommen wir zur Politik. Wie sieht Ihre persönli-
che Bilanz nach vier Jahren Regierungsarbeit aus?’
Schröder: ‚Wir haben einen Schuldenberg vorgefunden,
der den Bundeshaushalt jedes Jahr mit 40 Mrd. € Zinsen
belastet. Es ging darum, mit der Schuldenpolitik Schluss
zu machen und den Reformstau aufzulösen.’
WAZ: ‚Was meinen Sie konkret?’
Schröder: ‚Erstens haben wir eine Konsolidierungspoli-
tik eingeleitet, die dazu geführt hat, dass wir die Neuver-
schuldung drastisch zurücknehmen konnten. 2006 wer-
den wir einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.
Zweitens haben wir eine Steuerreform gemacht, die eine
sorgfältige Balance ist zwischen den Interessen der Ar-
beitnehmer und der Wettbewerbsfähigkeit der Unterneh-
men. Drittens sind wir diejenigen gewesen, die Ernst ge-
macht haben mit einer Rentenreform, die sowohl auf
Umlagefinanzierung als auch auf private Vorsorge setzt.
Das ist über 16 Jahre lang schlicht verpennt worden’.“
8. August 2002
Aus der Wahlkampfrede Gerhard Schröders im hessi-
schen Altenstadt
Geraten wir nicht in eine gefährliche Debatte über die
Kriterien des Stabilitätspaktes?

(Auszüge aus der Sendung Report aus München (ARD)
vom 21. Oktober 2002)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 189 – Drucksache 15/2100

„Konsolidierung, sparsames Umgehen mit den Steuern
der Bürgerinnen und Bürger. Das ist für uns eine Selbst-
verständlichkeit. Und das muss weiter Leitlinie von Poli-
tik bleiben. (…)
Auch die, die nach uns kommen, die jünger sind oder
ganz jung sind – auch die haben ein Recht auf ein selbst-
bestimmtes Leben in Würde und in Wohlstand und dieses
Recht darf ihnen nicht kaputtgemacht werden durch das
immerwährende Anhäufen von Schuldenbergen in dieser
Zeit, meine Damen und Herren.“
RTL/SAT.1/25. August 2002/20.30/St/HS/as/RB/Bk
– DAS DUELL / SCHRÖDER GEGEN STOIBER –
Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Vorsitzender, zu
aktuellen innen- und aussenpolitischen Themen
(auf Fragen von Peter Limbourg und Peter Kloeppel)
Schröder: „Und die Alternative, die die Union anbie-
tet, sind Schulden. Das bedeutet im Klartext, dass wir
darangingen, die Schäden, die die heutige Generation
ausgleichen muss, auf die künftigen Generationen zu
verschieben. Das wollen die Menschen nicht, denn sie
sagen: Wir haben Kraft genug und den festen Willen,
das, was die Flut uns zerstört hat, mit eigenen Mitteln,
mit den Mitteln unserer Generation auszugleichen. Und
wir wollen damit nicht unsere Kinder und Enkelkinder
belasten. Denn das wäre die logische Konsequenz des-
sen, was der Ministerpräsident vorgeschlagen hatte.
Das wäre der weitere Marsch in den Schuldenstaat.
Und das begrenzt die Politikmöglichkeiten der künfti-
gen Generationen zugunsten der heutigen.“

bb) Die Situation nach der Bundestagswahl
Nach der Bundestagswahl hielt Bundeskanzler Schröder
nicht länger an seiner positiven Einschätzung der Situation
fest. Das öffentliche Eingeständnis, dass die von der Regie-
rung bis zur Wahl verkündeten Einschätzungen allesamt
falsch gewesen waren, überließ er allerdings den zuständi-
gen Ministern Eichel und Schmidt.

cc) Das Ergebnis der Beweisaufnahme
Anders als im BMF begann im Kanzleramt bereits auf der
Fachebene die Schönfärberei der Fakten. Dennoch enthal-
ten auch diese Unterlagen Hinweise, die die Leitung des
Kanzleramtes und den Bundeskanzler gewarnt haben und
zu einem vorsichtigeren Umgang mit der Wahrheit über die
Finanzlage des Bundeshaushalts hätten veranlassen müs-
sen.
Wie bereits ausgeführt, waren die vom Bundeskanzleramt
vorgelegten Akten zunächst nahezu vollständig als Ver-
schlusssache eingestuft. Den von den Mitgliedern der CDU/
CSU-Fraktion im Untersuchungsausschuss beantragten He-
rabstufungen von Teilen dieser Akten wurde nur zum Teil
entsprochen. Darüber hinaus war erstaunlich, dass die Ak-
ten des Bundeskanzleramtes zum Thema Wirtschaft und
Finanzen lediglich einen Leitzordner und einen Schnellhef-
ter umfassten. Von wirklicher Aussagekraft im Hinblick auf

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Voll-
ständigkeit der übergebenen Akten. Auf eine entsprechen-
den Frage des Obmanns der Mitglieder der CDU/CSU-
Fraktion im Untersuchungsausschuss, Abg. Peter Altmaier,
entgegnete der Bundeskanzler:

„Da müssten Sie den Registrator des Bundeskanzler-
amtes fragen, Herr Altmaier.“ (31. Sitzung, Protokoll
BK Schröder, S. 31).

Diese Aussage steht im diametralem Gegensatz zur Haltung
des von Bundeskanzler Schröder beauftragten „Sonder-
ermittlers“ Dr. Burkhard Hirsch im Hinblick auf angeblich
verschwundene Akten der Vorgängerregierung, der bei sei-
ner informatorischen Anhörung vor dem 1. Untersuchungs-
ausschuss der 14. Wahlperiode am 28. Juni 2000 die Rolle
der Registratoren noch wie folgt beschrieben hatte:

„Aber Sie dürfen nicht die Vorstellung haben, dass der
Registrator die Eingänge der vielen Akten, die er zu be-
wältigen hat, im Einzelnen verfolgt, dass er jedes Blatt
liest und nach Jahren noch im Kopf hat. Das können Sie
von einem Registrator nicht erwarten.
Sie können von einem Registrator erwarten, dass er die
formalen Positionen einhält und die Schreiben notiert,
die über die Registratur hereinkommen. Sie können er-
warten, dass er die Ausleihen notiert und dass er nach-
hält, ob sie zurückkommen. Aber Sie können von einem
Registrator nicht erwarten, dass er den inhaltlichen Lauf
einer Akte verfolgt und bewertet.“ (Prot. Nr. 29 des
1. UA 14. WP, S. 47).

Ob es weitere Unterlagen des Bundeskanzleramtes zu den
Untersuchungsgegenständen gibt, konnte der Untersu-
chungsausschuss nicht klären, weil nach Auskunft von
Staatssekretär Dr. Steinmeier eine Paginierung der Ori-
ginalakten der Bundesregierung nicht üblich sei (30. Sit-
zung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 15). Die auf den dem
Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten enthaltene Pa-
ginierung wurde von der Bundesregierung eigens für die-
sen Zweck auf den dort zusammengestellten Aktenteilen
angebracht.
Bundesfinanzminister Eichel hat vor dem Untersuchungs-
ausschuss ausgesagt, er habe mit dem Bundeskanzler vor
dem 22. September 2002 nicht über die neuen dramatischen
Prognosen der Fachbeamten seines Hauses (33 Mrd. € Neu-
verschuldung, 10 Mrd. € Steuerausfälle für den Gesamt-
staat, 3,5 % Maastricht-Risiko) gesprochen (8. Sitzung, Pro-
tokoll BM Eichel, S. 41).
Dennoch waren die wesentlichen Katastrophen in der Haus-
haltsentwicklung des Jahres 2002 im Bundeskanzleramt be-
kannt:
Staatssekretär Dr. Steinmeier musste in seiner Vernehmung
vor dem Untersuchungsausschuss einräumen, dass auch
dem Bundeskanzler der Einbruch der Steuereinnahmen im
Juni bekannt war:

„Der Bundeskanzler hatte Kenntnis von diesen Vorgän-
gen, wobei ich Ihnen jetzt nicht sagen kann, ob von den
konkreten Größenordnungen, wie ich das allerdings für
den Untersuchungsauftrag war dabei wiederum nur ein ge-
ringer Teil dieser Akten.

mich bestätige“ (30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier,
S. 17).

Drucksache 15/2100 – 190 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Das für Haushalts- und Finanzpolitik zuständige Referat
413 berichtet am 22. August 2002 an den Chef des Bundes-

nur 100 Tagen vollkommen zerrütten würde. Die Union
macht Versprechungen in Höhe von rund 20 Mrd. €. Da-
kanzleramtes, dass sich das Maastricht-Defizit für 2001 von
-2,7 % des BIP auf -2,8 % des BIP verschlechtert habe
(Dokument Nr. 159). Im Hinblick auf das zu erwartende
Maastricht-Defizit für 2002 heißt es dann in dieser Vorlage:

„Daher ergibt sich aus der Verschlechterung 2001 kein
negativer Basiseffekt für das Defizit des laufenden Jah-
res. Allerdings bestehen die bekannten Risiken für das
Defizit 2002 unverändert fort.“

Die Risiken werden nicht näher erläutert, sondern es wird
darauf verwiesen, dass sie Staatssekretär Dr. Steinmeier be-
kannt seien. Da Staatssekretär Dr. Steinmeier offensichtlich
nicht nachgefragt hat, ist davon auszugehen, dass die Lei-
tung des Bundeskanzleramtes sich durchaus des Ernstes der
Lage bewusst war.
Dennoch hat Bundeskanzler Schröder diese Risiken in
seinen öffentlichen Reden bis zur Wahl völlig ausgeblendet.
Angesichts der bedrohlichen Lage meldete sich das Referat
413 kurze Zeit später wieder. In der Vorlage vom 3. Septem-
ber 2002 wird über die Berechnungen des Statistischen
Bundesamtes hinsichtlich des Staatsdefizits im 1. Halbjahr
2002 berichtet:

„I. Sachverhalt:
In den Medien wird derzeit über eine mögliche Verlet-
zung des EU-Defizit-Kriteriums durch Deutschland spe-
kuliert. Daneben wird insbesondere von politischer Seite
die Tatsache angesprochen, dass BMF die regelmäßig
zum 1. September abzugebende Maastricht-Meldung
nicht in Brüssel abgeliefert hat.
Das Statistische Bundesamt weist für das 1. Halbjahr
einen Finanzierungssaldo von -36,3 Mrd. € aus. Rechne-
risch ließe sich hieraus ein „Halbjahresdefizit von 3,5 v.
H. des BIP ableiten. Für die Maastricht-Meldung wird
jedoch das geschätzte Defizit des Gesamtjahres 2002
angegeben.“

Es folgt dann allerdings erneut nicht die – sonst auch in
Kanzleramtsvorlagen übliche – Bewertung dieser drama-
tischen Zahlen, sondern es wird einmal mehr eine „Sprach-
regelung“ vorgeschlagen, die sich mit der im BMF entwi-
ckelten Sprachregelung weitgehend deckt:

„II. Vorschlag für eine Sprachregelung:
1) Alle Äußerungen über eine mögliche Verletzung des
EU-Defizitkriteriums sind reine Spekulation. Dieses
Thema steht auch in Brüssel überhaupt nicht auf der
Tagesordnung. Die Aufmerksamkeit der Kommission
richtet sich eher auf andere Staaten als auf Deutsch-
land. Das Thema Maastricht-Kriterium wird vor allem
aus wahlkampftaktischen Gründen hochgespielt.
2) Klar ist allerdings, dass das 100-Tage-Programm der
Union die Finanzgrundlagen des Staates innerhalb von

durch würde Deutschland sein Maastricht-Defizit um bis
zu 1 Prozent-Punkt erhöhen und zu Recht einen ‚blauen
Brief’ aus Brüssel bekommen.
3) Die vorliegenden Haushaltszahlen für das 1. Halb-
jahr liefern keine auch nur halbwegs solide Grundlage
für eine Abschätzung des voraussichtlichen Jahres-
ergebnisses. Und zwar aus mehreren Gründen:
– Die Bundesregierung geht weiterhin von einer deutli-

chen gesamtwirtschaftlichen Belebung im weiteren
Jahresverlauf aus. Es gibt keine Veranlassung, von
der Wachstumsannahme von ¾ % abzurücken. Die
Konjunkturbelebung wird zu spürbaren Steuermehr-
einnahmen und Entlastungen auf der Ausgabenseite
führen. Auch bei den Sozialversicherungen ist mit ei-
ner Verbesserung in den nächsten Monaten zu rech-
nen.

– Die Halbjahreszahlen sind häufig von Zufälligkei-
ten beeinflusst, da viele Zahlungsvorgänge im Jah-
resverlauf unregelmäßig anfallen. So schlagen sich
z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld naturgemäß erst
im 2. Halbjahr positiv bei Steuereinnahmen und So-
zialversicherungen nieder.

– Ein weiteres Unsicherheitselement sind die noch
nicht absehbaren Belastungen der öffentlichen Haus-
halte durch die Fluthilfe.

4) Zum Zeitpunkt der Maastricht-Meldung:
Das BMF arbeitet derzeit unter Berücksichtigung der
neuesten Entwicklungen an der Meldung. Insbesondere
müssen die Auswirkungen der Fluthilfe eingearbeitet
werden. In einem solchen Ausnahmefall ist eine Verzö-
gerung unvermeidbar und wird auch nicht in Brüssel
thematisiert. Im Übrigen haben auch andere Mitglied-
staaten in der Vergangenheit die Meldetermine nicht ein-
gehalten“ (Dokument Nr. 56).

Bundeskanzler Schröder hatte zu den dramatischen Haus-
haltszahlen des 1. Halbjahres keine Rückfragen. Er gab sich
mit dem oberflächlichen und weitgehend rein polemischen
Vorschlag einer Sprachregelung zufrieden, wie die Abzeich-
nung auf dem Dokument belegt. Er sah vielmehr, wie er in
seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss be-
tonte, „nicht die geringste Veranlassung“ aufgrund dieses
Vermerks „irgendeinen Auftrag zu erteilen“ (31. Sitzung,
Protokoll BK Schröder, S. 27). Es ist nicht glaubwürdig,
dass die dramatischen Fehlentwicklungen des Bundeshaus-
halts den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
nicht interessiert haben sollten.
Bundeskanzler Schröder sah sich trotz dieses Wissens um
die von ihm und seiner Regierung zu verantwortende desas-
tröse Finanzlage nicht gehindert, seine Partei, deren Bun-
desvorsitzender er ist, mit dem folgenden Plakat bundesweit
im Bundestagswahlkampf werben zu lassen:

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 191 – Drucksache 15/2100

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Drucksache 15/2100 – 192 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bezüglich der Maastricht-Meldung fällt auf, dass die für die
angebliche Unmöglichkeit, das Gesamtdefizit für 2002 „zu-
verlässig“ zu schätzen und für die Verzögerung der
Maastricht-Meldung genannten Gründe mit Ausnahme der
Flutkatastrophe jedes Jahr gelten könnten und merkwürdi-
ger Weise in diesem Jahr nicht zum Tragen kommen. Dass
die Flutkatastrophe auch aus Sicht der Bundesregierung
kein triftiger Grund für die Verzögerung der Maastricht-
Meldung sein konnte, ergibt sich aus dem bereits oben unter
2. a) erwähnten Vermerk des für EU-rechtliche Fragen der
Wirtschafts- und Währungsunion zuständigen Referats 431
vom 15. August 2002 (Dokument Nr. 55), in dem im Übri-
gen auch von einer Verschiebung der Maastricht-Meldung
noch nicht die Rede war.
Bereits im Frühjahr 2002 waren Probleme mit dem
Maastricht-Defizit 2002 aufgetaucht. Der ECOFIN-Rat
hatte Anfang 2002 beabsichtigt, ein Frühwarnverfahren
(„blauer Brief“) gegen die Bundesrepublik Deutschland ein-
zuleiten, weil die Kommission die Gefahr einer Überschrei-
tung der Drei-Prozent-Defizit-Grenze sah.
Bundeskanzler Schröder übte daraufhin massiven Druck auf
die EU-Kommission aus. In dem Interview mit der Interna-
tional Herald Tribune vom 2. Februar 2002 unterstellte er
der Kommission sachfremde Motive für ihr Vorhaben:

„Es muss andere als ökonomische Gründe geben“ (zi-
tiert in deutscher Übersetzung).

Im ECOFIN-Rat konnte die Bundesregierung schließlich
durchsetzen, dass kein „blauer Brief“ an Deutschland ging.
Weil diese Entscheidung in der Öffentlichkeit, aber auch in
den eigenen Reihen auf Kritik stieß, griff die Bundesregie-
rung einmal mehr zu ihrem beliebten Mittel der „Sprach-
regelung“. Diese Sprachregelung hatte folgenden Wort-
laut:

„Sprachregelung zu den Ergebnissen des Ecofin in
Brüssel:
1. Die Bundesrepublik Deutschland wird alle Ver-

pflichtungen des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes einhalten.

2. Der Bund, die Länder, die Kommunen und Sozial-
versicherungen müssen ihren Beitrag zur Errei-
chung des Defizitziels 2004 (Close to balance) leis-
ten.

3. Der Bund wird deshalb zusätzliche Anstrengungen,
auch im Zuge der anspringenden Konjunktur in sei-
ner Konsolidierungspolitik unternehmen.

4. Steuererhöhungen wird es nicht geben“ (Dokument
Nr. 41).

Diese Sprachregelung wurde zwischen Bundesminister
Eichel, Staatssekretär Dr. Steinmeier, dem damaligen SPD-
Fraktionsvorsitzenden Peter Struck und dem damaligen Ge-
neralsekretär der SPD Franz Müntefering abgestimmt, wie
sich aus einem handschriftlichen Vermerk auf einem Fax-
schreiben des Persönlichen Referenten von Bundesminister
Eichel an das Bundeskanzleramt ergibt (Dokument Nr. 41).

Keine einzige der in der „Sprachregelung“ erwähnten Zusa-
gen der Bundesregierung zur Abwendung des „blauen Brie-
fes“ wurde eingehalten.
Der frühere haushaltspolitische Sprecher der Bundestags-
fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Oswald Metzger,
der ausweislich des Verteilers einer der Empfänger dieser
Sprachregelung war, kritisierte das Verhalten des Bundes-
kanzlers heftig. In seiner Vernehmung vor dem Untersu-
chungsausschuss erklärte er:

„Ich bin als ehemaliger Abgeordneter klug genug zu
wissen, dass man nicht die Funktion von Ausschüssen,
von Untersuchungsausschüssen in Frage stellt; aber für
mich hat das Problem des letzten Jahres im Februar
angefangen, als auf Drängen der Spitze der Bundes-
regierung entgegen der Warnungen der Finanzpolitiker
dieser Koalition, inklusive des Bundesfinanzministers
Hans Eichel, der Regierungschef Gerhard Schröder den
„blauen Brief“ aus Brüssel verhindert hat.
Also: Faktisch ist der Hauptfehler im letzten Jahr ge-
macht worden, dass wir als Deutsche – die Bundesre-
gierung – diesen „blauen Brief“ verhindert hatten. Hät-
ten wir den in Demut angenommen – das war die
Formulierung von Hans Eichel und auch von mir –
wäre uns ein ehrlicherer Wahlkampf beschert worden
zum Wohle der Wählerinnen und Wähler, keine Volksbe-
glückungspolitik, sondern Einspielen auf die Wahrhei-
ten der notwendigen Strukturreformen in den sozialen
Sicherungssystemen“ (28. Sitzung, Protokoll Metzger,
S. 21 f.).

Seine Kritik an dem Verhalten des Bundeskanzlers hatte er
seinerzeit auch öffentlich geäußert. Die Reaktion des Bun-
deskanzlers schilderte er dem Untersuchungsausschuss wie
folgt:

„Zeuge Metzger: Ich weiß, wie der Kanzler auf eine Ein-
lassung reagiert hat, die an Weiberfastnacht abends in
den ‚Tagesthemen’ kam, wo ich quasi zitiert wurde, dass
ich den Amoklauf gegen die Brüsseler Kommission aus
Deutschland nicht gut finde, und der Kanzler in dieser
Nacht den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, damals
Rezzo Schlauch, kurz vor Mitternacht ins Kanzleramt zi-
tiert und ihm eröffnet hat, dass dieser Alleingang des
Abgeordneten Metzger gestoppt werden sollte, und dann
eine Pressemitteilung vorbereitet wurde – –
Vorsitzender Klaus Uwe Benneter: So schildern Sie das
ja – –
Zeuge Metzger: So entspricht es auch den Tatsachen.
Das wäre schon längst korrigiert worden von den Leu-
ten, die es wissen. Am nächsten Tag gab es dann keine
Pressemitteilung, die vorbereitet war, weil sich über Wei-
berfastnacht dieser Vorgang versendet hat. So einfach
war das“ (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 22).

Bundeskanzler Schröder hat in seiner Aussage vor dem Un-
tersuchungsausschuss behauptet, sich an diesen Vorgang
nicht mehr genau erinnern zu können. Er hat allerdings auch
nicht ausgeschlossen, sich bei Rezzo Schlauch über Oswald
Darüber hinaus wurde es vom BMF an Haushaltspolitiker
der rot-grünen Koalition verteilt (Dokument Nr. 42).

Metzger beschwert zu haben (31. Sitzung, Protokoll BK
Schröder, S. 6).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 193 – Drucksache 15/2100

Das Bundeskanzleramt hat es abgelehnt, die Dokumente,
die den Vorwurf der bewussten Falschinformation der Öf-
fentlichkeit im Bereich Haushalt und Finanzen weiter bele-
gen könnten, von „VS-Vertraulich“ auf „Offen“ herabzustu-
fen. Sie mussten daher in dem Geheimbericht der
Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Untersuchungsaus-
schuss erläutert und bewertet werden.
dd) Bewertung
Das Kanzleramt und dessen Chef, Staatssekretär Dr. Stein-
meier, waren frühzeitig über alle wesentlichen Probleme im
Hinblick auf die explodierende Neuverschuldung und die
Gefährdung des Maastricht-Stabilitätsziels schriftlich oder
mündlich informiert.
Angesichts der Dramatik der Lage waren sowohl Staats-
sekretär Dr. Steinmeier als auch die zuständigen Abteilun-
gen des Kanzleramtes verpflichtet, ihrerseits den Bundes-
kanzler zu informieren.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist es mehr als
wahrscheinlich, dass Bundeskanzler Schröder auch tatsäch-
lich hierüber unterrichtet war. Hierfür sprechen sowohl die
öffentliche Debatte im Sommer 2002 als auch die Brisanz der
ihm bzw. seinem Staatssekretär vorliegenden Informationen.
b) Rentenversicherung
aa) Die Situation bis zur Bundestagswahl
Bundeskanzler Schröder hat bis zum Wahltag den Eindruck
vermittelt und vermitteln lassen, es werde keine Beitragser-
höhungen geben. Besonders prägnant war insoweit eine An-
zeige der SPD, deren Parteivorsitzender der Bundeskanzler
ist, vom Juni 2002, die auf Plakatwänden im gesamten Bun-
desgebiet und in Zeitungsanzeigen publiziert wurde (Doku-
ment Nr. 160 sowie Schaubild 7, siehe S. 194).
Bundeskanzler Schröder äußerte sich u. a. wie folgt:

„ARD/ZDF/08. September 2002/20.30/Bk/to/HS/cj/db
– DAS TV-DUELL / SCHRÖDER – STOIBER –
Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Vorsitzender, zu
aktuellen innen- und außenpolitischen Themen (auf Fra-
gen von Sabine Christiansen und Maybrit Illner)
Illner: ‚Herr Schröder, man muss sich ja fast fragen: Auf
(welchen) dieser Einwürfe würden Sie jetzt am liebsten
reagieren, entweder Rente oder Gesundheitssystem?
Beides sieht gleichermaßen fatal aus.’
Schröder: ‚Was die Rente angeht, ist wirklich ein großes
Reformvorhaben gelungen, worauf alle anderen euro-
päischen Länder in vergleichbarer Situation, die grö-
ßeren meine ich, jetzt noch warten. (…) Aber deswegen
haben wir ja gerade diese große Reform gemacht, um
das im Griff zu behalten. Und das ist auch so.“

bb) Ergebnis der Beweisaufnahme
Der Untersuchungsausschuss war verwundert, dass die vom
Bundeskanzleramt vorgelegten Akten lediglich einen hal-
ben Leitzordner umfassten.
Hinzu kommt, dass Staatssekretär Dr. Steinmeier in seiner
Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss erklärte,

Dinge standen (30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 4).
Die Rentenversicherung habe „vor der Wahl in der Tat je-
denfalls nicht mehr im Zentrum seiner Aufmerksamkeit“
gestanden (30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 7).
Angesichts des Umstandes, dass Bundeskanzler Schröder
praktisch unmittelbar nach der Bundestagswahl die so ge-
nannte Rürup-Kommission einsetzte, die sich aufgrund der
ernsten demographischen Probleme mit der Zukunft der
Rentenversicherungssysteme befassen sollte, ist diese Dar-
stellung absolut unglaubwürdig.
Immerhin ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen aber,
dass Bundeskanzler Schröder über eine Alternativberech-
nung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger,
die von einem Beitragssatz von 19,5 % in 2003 ausging, in-
formiert wurde. Eine sachliche Auseinandersetzung mit die-
ser Berechnung erfolgte aber nicht; stattdessen wurde in
dem Vermerk vorgeschlagen, die Opposition zu beschimp-
fen (Dokument Nr. 151).
Der Bundeskanzler konnte ganz offensichtlich schlechte
Nachrichten bezüglich der finanziellen Situation der GRV in
der Wahlkampfzeit nicht gebrauchen. Rückfragen von Sei-
ten der Leitungsebene oder des Bundeskanzlers zu den Hin-
weisen auf die ernsten Probleme der Rentenversicherung
sind aus den Akten nicht ersichtlich. Auch die Vernehmung
des Bundeskanzlers hat keinerlei Hinweise darauf ergeben,
dass er die unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der zu
erwartenden Beitragshöhe in der GRV einer seriösen Bewer-
tung unterzogen hätte. Auf die Frage, ob ihm bekannt gewe-
sen sei, dass schon zur Mitte des Jahres im BMA die Mög-
lichkeit des Anstiegs des Rentenversicherungsbeitrags auf
19,6 % diskutiert worden sei, antwortete er:

„Wie sollte mir bekannt sein, dass in irgendeinem Minis-
terium irgendetwas diskutiert wird? Da überfordern Sie
mich jetzt aber wirklich“ (31. Sitzung, Protokoll BK
Schröder, S. 35).

Nimmt man die Äußerungen des Bundeskanzlers ernst, so
hat er sich für die existentiellen Probleme der Rentenver-
sicherung offenbar kaum interessiert. Es sind keinerlei sub-
stantiierte Nachfragen des Bundeskanzlers zu den auch öf-
fentlich diskutierten Varianten über die Beitragshöhe 2003
bekannt geworden. Das hat den Bundeskanzler aber nicht
daran gehindert, in der Öffentlichkeit bis zur Wahl den Ein-
druck zu erwecken, die Beiträge zur Rentenversicherung
würden stabil bleiben.
cc) Bewertung
Die Darstellung von Staatssekretär Dr. Steinmeier, die fi-
nanziellen Probleme der Rentenversicherung hätten vor der
Wahl nicht mehr im Zentrum seiner Aufmerksamkeit ge-
standen, sowie die Dürftigkeit der im Bundeskanzleramt
hierzu angeblich nur vorhandenen Akten, ist nicht glaubhaft
und zudem eine Verhöhnung der Sorgen und Ängste von
Millionen von Rentnern.
Bundeskanzler Schröder wusste zumindest von der Mög-
lichkeit von Beitragssteigerungen und hätte die Pflicht ge-
habt, sich hierüber auch angesichts der zunehmenden Hi-
obsmeldungen in den Medien ein umfassendes Bild zu
verschaffen. Entweder hat er diese Pflicht verletzt oder aber
dass Fragen zur Renten- oder Krankenversicherung in sei-
ner „Wahrnehmungsskala“ „nicht so weit oben“ wie andere

der Untersuchungsausschuss wurde falsch über den Kennt-
nisstand des Bundeskanzlers unterrichtet.

Drucksache 15/2100 – 194 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 195 – Drucksache 15/2100

c) Krankenversicherung
aa) Die Situation bis zur Bundestagswahl
Bundeskanzler Schröder und der Chef des Bundeskanzler-
amtes, Staatssekretär Dr. Steinmeier, hatten im Wahljahr
2002 ein herausragendes Interesse, an der angekündigten
Beitragsstabilität bei den gesetzlichen Krankenkassen, um
die langfristige Stabilität der Lohnnebenkosten insgesamt
als ein für die Bundestagswahl entscheidendes Argument
aufrechterhalten zu können.
Obwohl das Haushaltsdefizit der GKV im ersten Halbjahr in
Höhe von 2,4 Mrd. € bereits bekannt war, erklärte Bundes-
kanzler Schröder noch am 8. September 2002 im so genann-
ten zweiten Fernsehduell der Kanzlerkandidaten, aufgrund
der von seiner Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen
im Bereich der GKV würden die dazu in die Welt gesetzten
negativen Prophezeiungen nicht eintreten:

„Was die Beiträge selbst angeht, darf man bei den Kran-
kenversicherungen nie nur das erste Halbjahr sehen,
sondern muss das ganze Jahr sehen. Und da wird es ei-
nige, jetzt zu Beginn wirkende Maßnahmen geben, die
dafür sorgen werden, dass die Prophezeiungen, die da in
die Welt gesetzt werden, nicht eintreten.“

bb) Das Ergebnis der Beweisaufnahme
Das im Bundeskanzleramt für das BMG zuständige Refe-
rat 312 hat am 4. Juni 2002 zur Lage der GKV dem Chef
des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Steinmeier, wie
folgt berichtet:

„Die Krankenkassen haben für das erste Quartal 2002
eine besorgniserregende Defizitentwicklung mitge-
teilt...“
„Mit Ausnahme des Zahnersatzes sind die Ausgaben in
allen Sektoren – darunter auch im lange finanzstabilen
Krankenhaussektor – angestiegen.“
„Die Defizitentwicklung des I. Quartals lässt sich nicht
auf das ganze Jahr hochrechnen, weil durch Einmal-
zahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) in den letz-
ten beiden Quartalen Mehreinnahmen entstehen.
Gleichwohl erscheint diese Entwicklung problematisch,
zumal die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Kran-
kenversicherung im April 2002 um 13,2 % angestiegen
sind…“
„Nach der bundeseinheitlichen Zielvereinbarung hätten
die Arzneimittelausgaben im Jahre 2002 um 4,5 % sin-
ken sollen. Die Erreichung dieses Ziels erscheint nach
den Zahlen der ersten vier Monate mittlerweile völlig
unrealistisch“ (Dokument Nr. 97).

Staatssekretär Dr. Steinmeier hat dies am 5. Juni 2002 zur
Kenntnis genommen.
Danach war klar, dass die Arzneimittelausgaben völlig aus
dem Ruder gelaufen waren und ein Ausgleich des schon be-
stehenden Defizits der GKV bis zum Ende des Jahres 2002
überhaupt nicht mehr zu erreichen war.
Ein Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 23. August 2002

kanzleramtes am gleichen Tage. Außer der Hoffnung auf
positive Effekte für die GKV infolge erwarteter Beitragsein-
nahmen und Kosteneinsparungen wird deutlich vor einer
Verschlechterung der Finanzsituation der GKV wegen uner-
wartet hoher Arbeitslosigkeit, der weiteren Kostendynamik
im Arzneimittelbereich und der Verrechnung von Sonder-
einnahmen ausschließlich im ersten Habjahr 2002 gewarnt.
Nachdem bereits im Vermerk vom 4. Juni 2002 auf die „be-
sorgniserregende Defizitentwicklung“ im ersten Halbjahr
hingewiesen wurde, wird jetzt ausgeführt, das Gesamtdefi-
zit der GKV für das erste Halbjahr werde auf „voraussicht-
lich sehr deutlich über 1 Mrd. €“ ansteigen. In der Bewer-
tung heißt es in dieser Vorlage dennoch:

„Da ein möglicher Beitragserhöhungsdruck Gegenstand
der Wahlkampfauseinandersetzung in der Gesundheits-
politik ist, sollte die Bundesregierung die Erwartung von
Beitragssatzstabilität zur Grundlage ihrer öffentlichen
Erklärungen machen“ (Dokument Nr. 98).

Die am 2. September 2002 anstehende Pressekonferenz von
Bundesministerin Schmidt über die Finanzentwicklung der
GKV war am 30. August 2002 Anlass für den Entwurf eines
Vermerks der u. a. für das BMG zuständigen Abteilung 3 an
den Bundeskanzler über den Chef des Bundeskanzleramtes.
Auf der Verfügung ist vermerkt „geht nicht hoch“.
Erläuterungen zu dieser Verfügung sind an dieser Stelle aus
Gründen des Geheimschutzes nicht möglich. Es wird inso-
fern auf den als Verschlusssache eingestuften Bericht der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion verwiesen.
In dem Vermerk wird einleitend darauf hingewiesen, dass
Bundesministerin Schmidt in dieser Pressekonferenz das im
ersten Halbjahr erwirtschaftete Defizit der GKV von etwa
2 Mrd. € bekannt geben würde. In der Bewertung heißt es
dazu:

„Es ist nicht ungewöhnlich, dass in der gesetzlichen
Krankenversicherung im 1. Halbjahr eines Kalenderjah-
res ein Defizit auftritt. Die weit verbreiteten und bei-
tragssteigernden tariflichen Einmalzahlungen (Urlaubs-
geld und Weihnachtsgeld) entstehen in aller Regel erst
im 2. Halbjahr.
Es ist zu erwarten, dass die Krankenkassen zum Jahres-
ende ein etwa ausgeglichenes Finanzergebnis vorlegen
und Beitragserhöhungen deswegen nicht erforderlich
werden.“ (Dokument Nr. 99).

In dem Vermerk ist keine Rede mehr von den explodieren-
den Arzneimittelausgaben und anderen negativen Effekten
für die GKV.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der
damalige Abteilungsleiter 3 sich vor dem Untersuchungs-
ausschuss damit rühmte, er habe sich mit Beginn seiner Tä-
tigkeit zum Ziel gesetzt, in den vier Jahren im Kanzleramt
keinen eigenen Vermerk zu schreiben; dieses Ziel habe er
auch erreicht (27. Sitzung, Protokoll Tiemann, S. 21, Doku-
ment Nr. 161).
Der Chef des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Stein-
meier, äußerte vor dem Untersuchungsausschuss, Fragen
mit der Überschrift „Kassen im Milliardenloch“ war Anlass
für eine Vorlage des Referats 312 an den Chef des Bundes-

der GKV seien auf seiner Wahrnehmungsskala von nach-
rangiger Bedeutung gewesen.

Drucksache 15/2100 – 196 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

„Fragen wie etwa die zur Rentenversicherung oder zur
Krankenversicherung, die sie stellen werden, standen
jedenfalls in meiner Wahrnehmungsskala in dieser frag-
lichen Zeit nicht so weit oben“ (30. Sitzung, Protokoll
Dr. Steinmeier, S. 8, Dokument Nr. 162).
Auf die Frage, ob es Vermerke über Gespräche gebe, die
er mit dem Bundeskanzler zu den Untersuchungs-
ausschuss betreffenden Angelegenheiten geführt habe,
antwortete Staatssekretär Dr. Steinmeier, über Gesprä-
che, die er mit dem Bundeskanzler führe, würden in der
Regel keine Vermerke erstellt (30. Sitzung, Protokoll
Dr. Steinmeier, S. 31, Dokument Nr. 162).

Es ist davon auszugehen, dass Staatsekretär Dr. Steinmeier,
Informationen, die er zum Thema GKV erhalten hat, an den
Bundeskanzler weitergeleitet hat, wie es seiner Verantwor-
tung als Chef des Bundeskanzleramtes entspricht. Aus der
Äußerung von Bundeskanzler Schröder im sog. zweiten
Fernsehduell am 8. September 2002, die von seiner Regie-
rung getroffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der GKV
würden die negativen Prophezeiungen zur Finanzlage der
GKV widerlegen, ist zu schließen, dass Bundeskanzler
Schröder über die Finanzlage der GKV Informationen hatte
und er in irgendeiner Weise mit diesem Komplex beschäf-
tigt war. Es entsprach der politischen Linie des Bundeskanz-
lers, mit seiner Äußerung auf diese Weise über die kritische
Zeit des Bundestagswahlkampfes hinwegzukommen.
Bereits eine geringfügige Besserung der finanziellen Lage
der GKV vor den Bundestagswahlen am 22. September
2002 hätte für Bundeskanzler Schröder im Bundestagswahl-
kampf sicherlich höchste Priorität gehabt und wäre von ihm
als Erfolg seiner Regierung gefeiert worden.
d) Bewertung
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass das Kanzleramt über
die dramatische Entwicklung im Bereich der GKV infor-
miert war. Vor diesem Hintergrund ist es völlig unglaubwür-
dig, dass auch Ministerin Schmidt vor dem Ausschuss er-
klärt hat, mit dem Bundeskanzler über diese Fragen vor der
Wahl nicht gesprochen zu haben.
Die Tatsache, dass Bundeskanzler Schröder noch am 8. Sep-
tember 2002 im Kanzlerkandidaten-TV-Duell erklären
konnte, die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen wür-
den dafür sorgen, dass die in die Welt gesetzten negativen
Prophezeiungen nicht einträten, lässt nur zwei Schlüsse zu:
– Entweder war der Bundeskanzler über die Problemlage

im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung besser
informiert als er dies vor dem Untersuchungsausschuss
zugegeben hat – in diesem Fall war seine Behauptung im
Kandidatenduell eine bewusste Täuschung der Öffent-
lichkeit, oder

– der Bundeskanzler hat diese Behauptung vor Millionen
von Zuschauern ohne jede eigene Kenntnis der Sach-
und Problemlage gemacht – in diesem Fall war sie ver-
antwortungslos.

III. Das Verhalten der Bundesregierung
in anderen Bereichen

schränkt. Gleichwohl hat die Frage nach der Vorhersehbar-
keit der Konjunkturentwicklung in der gescheiterten Entlas-
tungsstrategie von Rot-Grün eine gewisse Rolle gespielt,
weshalb nachfolgend darauf eingegangen wird. Die Ausfüh-
rungen zum Thema „Steuererhöhungen“ belegen, mit wel-
cher Sorglosigkeit die Regierung vor der Wahl Ankündigun-
gen gemacht hat, die sich unmittelbar nach der Wahl als
völlig haltlos erwiesen.
1. Konjunkturaufschwung
Bundeskanzler Schröder und Bundesminister Eichel haben
vor dem Untersuchungsausschuss argumentiert, die angeb-
lich unerwartete Konjunkturentwicklung des Jahres 2002
sei ursächlich für das Platzen des Bundeshaushalts, das
Überschreiten des Maastricht-Defizit-Kriteriums und die
Milliarden-Defizite der Sozialversicherungen gewesen.
Diese Argumentation ist nicht stichhaltig, da
– sich das Ausbleiben des Aufschwungs ab Jahresmitte

immer deutlicher abgezeichnet hat und zudem
– das fehlende Wachstum nur zu einem geringen Teil für

die dramatischen Fehlentwicklungen ursächlich war.
Zu Jahresanfang gingen die Prognosen der Wirtschaftsfor-
schungsinstitute von Wachstumsraten zwischen 0,6 % und
1,2 % aus und unterstellten dabei eine Belebung der Kon-
junktur in der zweiten Jahreshälfte 2002.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsfor-
schung (RWI), das im Juli 2002 von einem Wachstum von
0,9 % ausgegangen war, wies bei der Vorstellung dieser Pro-
gnose ausdrücklich auf die erheblichen Risiken dieser Pro-
gnose hin.

„Die Prognose steht aber unter erheblicher Unsicher-
heit. Die Risiken nach unten sind beträchtlich.“,

sagte RWI-Vizepräsident Prof. Dr. Ulrich Heilemann bei der
Vorstellung dieser Prognose (Handelsblatt vom 19. Juli
2002).
Den gesamten Sommer über mehrten sich die Anzeichen,
dass der Aufschwung ausbleiben könnte. Spätestens zu die-
sem Zeitpunkt konnte auch keine Rede mehr davon sein,
dass sich die Bundesregierung mit ihren Wachstumserwar-
tungen „am unteren Rand des Prognosenspektrums“ befand.
Prof. Dr. Hermann Remsperger, Vorstandsmitglied der
Deutschen Bundesbank, hat dem Ausschuss den rapiden
Rückgang der Prognosen in den Sommermonaten des Jahres
2002 geschildert:

„Dann, meine Damen und Herren Abgeordneten, kris-
tallisierte sich im Verlauf der Sommermonate heraus,
dass einige der im Frühjahr vielfach angeführten Risi-
ken für die Konjunkturaussichten eingetreten waren.
Selbst unsere vorsichtige Wachstumsprognose in Höhe
von 0,6 % vom Frühjahr erschien uns nunmehr eher op-
timistisch.
Im Monatsbericht August, der am 19. August veröffent-
licht wurde, stellten wir fest:
Die Erholung der Weltwirtschaft hat sich im Frühjahr
zwar moderat fortgesetzt, doch haben sich die Aussich-
Aus Gründen der Arbeitsökonomie war der Auftrag des
Untersuchungsausschusses auf wenige Kernbereiche be-

ten für die kommenden Monate unter dem Eindruck der
Entwicklungen an den Finanzmärkten zuletzt wieder

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 197 – Drucksache 15/2100

eingetrübt. Auch im Hinblick auf Deutschland betonten
wir, dass negative Vertrauenseffekte der hartnäckigen
Aktienbaisse im Inland und gewisse Beeinträchtigungen
beim Export nicht auszuschließen (sind). Zudem könne
man von einem gefestigten Aufschwung deshalb nicht
sprechen, weil die Investitionsbereitschaft der Unterneh-
men nach wie vor von Vorsicht und Zurückhaltung ge-
kennzeichnet ist. Solange die Konjunktur noch nicht an
Kraft und Dynamik gewonnen hat, bleibt die Wirtschaft
gegenüber neuen Belastungen, ob von außen oder ‚haus-
gemacht’, störanfällig.
In dieses Bild fügten sich auch die Umfragen des IFO-
Instituts und des ZEW in den Sommermonaten ein. Sie
zeigten – und ich zitiere wieder aus unserem Monatsbe-
richt vom August -, dass die Einschätzung der aktuellen
Lage auf gedrücktem Niveau (verharrt) und die Beurtei-
lung der näheren Perspektiven sich in jüngerer Zeit wie-
der etwas eingetrübt (haben). Offensichtlich waren die
im Frühjahr in der gewerblichen Wirtschaft und bei
Finanzmarktexperten gehegten Erwartungen über die
weiteren Konjunkturperspektiven von zuviel Optimis-
mus geprägt und machten deshalb im Verlauf des Som-
mers einer zurückhaltenderen Einschätzung Platz.
Kurzum, im Sommer verblasste das Bild einer konjunk-
turellen Erholung im zweiten Halbjahr 2002. So kamen

wir im August zum Ergebnis, dass die von uns im Früh-
jahr erwartete Zunahme des BIP um 0,6 % nunmehr
eher die Oberkante des Erreichbaren darstellen würde.“
(8. Sitzung, Protokoll Prof. Dr. Remsperger, einleitende
Stellungnahme, S. 5 f.)

Diese Unsicherheiten haben Bundesminister Eichel den-
noch nicht daran gehindert, in der Öffentlichkeit mit gro-
ßem Getöse einen Wirtschaftsaufschwung zu verkünden.
Beredtes Beispiel hierfür ist das nachfolgende Wahl-
kampfplakat (siehe unten).
Bereits am 12. September 2002 korrigierte dann das Institut
für Weltwirtschaft (IfW) seine Wachstumsprognose auf
0,4 %.
Noch am selben Tag erklärte Bundesminister Eichel vor
dem Deutschen Bundestag:

„Der Aufschwung in Deutschland hat bereits eingesetzt.
„Für das Gesamtjahr 2002 erwarte ich weiterhin eine
reale Wachstumsrate von einem Dreiviertelprozent.“
(Stenographischer Bericht vom 12. September 2002,
S. 25463)

Damit bezog sich der Bundesfinanzminister auf die Schät-
zung der Bundesregierung vom April 2002, für die es aller-
dings zu diesem Zeitpunkt keinerlei Grundlage mehr gab.

S c h a u b i l d 8

Quelle: Daten des BMF vom 19.02.2003, Anlage zum Protokoll Nr. 8 der Vernehmung des Bundesfinanzministers Eichel vom 28.02.2003

1,25

0,75

0,5

0,2

0

0,5

1

1,5

2

1. Schätzung
Apr 01

2. Schätzung
Okt 01

3. Schätzung
Apr 02

4.Schätzung
Okt 02

Ist 2002
Drucksache 15/2100 – 198 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Tatsächlich war die Bundesregierung seit April 2001 ge-
zwungen, ihre Prognosen für 2002 ständig nach unten zu
korrigieren (siehe Grafik unten).
Die Befragung von Sachverständigen und Zeugen hat zu-
dem ergeben, dass die enttäuschende Konjunkturentwick-
lung nicht die alleinige Ursache für die dramatischen Fehl-
entwicklungen war.
– Maßgeblich für den massiven Einbruch der Steuerein-

nahmen im Jahre 2002 war in erster Linie der völlige
Einbruch bei den Einnahmen der Körperschaftssteuer,
der seinerseits auf schwerwiegende Fehler der Bundes-
regierung bei der Körperschaftssteuerreform zurück-
ging. Diese Reform führte dazu, dass große Konzerne im
Jahre 2002 teilweise überhaupt keine Steuern mehr zahl-
ten.

– Maßgeblich für die Defizite bei der Rentenversicherung
waren die enttäuschende Entwicklung der Lohnsumme
und Entgeltumwandlungen zum Jahresende, die durch
die so genannte „Riester-Rente“ möglich geworden wa-
ren und dazu führten, dass der GRV Beitragseinnahmen
in enormer Höhe entgingen.

– Maßgeblich für die Defizite bei der gesetzlichen Kran-
kenversicherung waren neben den bereits genannten
Beitragsrückgängen aufgrund geringerer Lohnsumme
und beträchtlicher Entgeltumwandlungen vor allem die
galoppierende Entwicklung der Arzneimittelausgaben,
die völlig unabhängig vom Konjunkturverlauf war.

2. Steuererhöhungen
Ungeachtet des ausbleibenden Konjunkturaufschwungs und
der alarmierenden Berechnungen der Fachbeamten in den
einzelnen Ministerien, schloss die Bundesregierung Steuer-
erhöhungen bis zur Bundestagswahl kategorisch aus:
So erklärte Bundskanzler Schröder:

n-tv/26. Juli 2002/18.15/HS/St/Loy
– SOMMERGESPRÄCHE –
Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Vorsitzender, zu
innenpoltischen Themen:
Antwort: „Eben. Da gibt es immer zwei Wege. Steuer-
erhöhungen sind in der jetzigen konjunkturellen Situa-
tion ökonomisch unsinnig, und deswegen ziehen wir sie
auch nicht in Betracht. Im Gegenteil.

Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen für das Jahr 2002
durch den Bundesfinanzminister und Ist-Wert

(realer BIP-Anstieg gg. Vorjahr in Prozent)

2,25
2,5

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 199 – Drucksache 15/2100

Schröder:
Süddeutsche Zeitung vom 13. August 2002
„Wer bringt die Wirtschaft besser in Schwung?
(…)
Frage: ‚Herr Bundeskanzler, sind für Sie Steuererhöhun-
gen tabu?’
Schröder: ‚Das kann man ausschließen.’“

Bundesminister Eichel sekundierte:
Weserkurier vom 19. Juni 2002 / Bildzeitung vom 15. No-
vember 2002:
„Wir machen die größte Steuersenkung, die es in der Ge-
schichte der Bundesrepublik gegeben hat. Wir reduzie-
ren 2003 und 2005 die Steuern, wir planen keine Erhö-
hungen.“
Berliner Zeitung vom 15. August 2002:
Frage: „Wird es Steuererhöhungen nach der Wahl ge-
ben?“
Antwort: „Nein. Im Gegenteil: Wir haben Steuersenkun-
gen für die Jahre 2003 und 2005 per Gesetz festgelegt.
Planungen für eine Steuererhöhung gibt es nicht.“

Wenige Wochen nach der Bundestagswahl legte die Bun-
desregierung dann ein Paket mit umfassenden Steuererhö-
hungen vor, das nur durch den Widerstand des Bundesrates
in wesentlichen Teilen verhindert werden konnte. Finanzmi-
nister Eichel versuchte anschließend, den Wortbruch der
Bundesregierung wie folgt zu bemänteln:

n-tv/16.Oktober 2002/17.15/cj
Maischberger
Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen zur Haus-
haltslage, zur Steuerentwicklung im Hinblick auf den
Stabilitätspakt sowie zum Vorwurf des Wahlbetruges:
Frage: „Sie haben vor der Wahl gesagt, es würde nach
der Wahl keine Steuererhöhungen geben?“
Antwort: „Ich habe gesagt, das steht in unserem Wahl-
programm, dass wir Subventionsabbau machen werden
(…)“
Frage: „Sie haben wörtlich gesagt, ‚Wir planen keine
Steuererhöhungen, sondern führen Steuersenkungen
durch.’ Und Sie haben gesagt, ‚Ich sehe keine Mehr-
wertsteuererhöhung.’ Das ist nicht wahr?“
Antwort: „Doch“.
Frage: „Sie haben die Mehrwertsteuern erhöht. Es wer-
den ein paar Sachen teurer.“
Antwort: „Das sind steuerliche Subventionen, weil wir
bei einer Reihe von Sachverhalten auf die volle Versteue-
rung verzichten... Das sind steuerliche Subventionen.“
Frage: „Das sind Steuererhöhungen.“
Antwort: „Moment, der einzelne Betroffene muss mehr
zahlen. Das ist aber auch so (…): Es gibt Subventionen
sowohl dadurch, dass ich bei den Steuern Erleichterun-
gen oder Ausnahmetatbestände schaffe, und das ist übri-
gens genau die Zerstörung des Steuerrechts, von der wir

nicht mit Steuersenkungen verbinden können... Das ist
nicht zu finanzieren. Aber Abbau von steuerlichen Sub-
ventionen steht auch bei uns im Wahlprogramm, muss
auch so sein (…).“
Frage: „Wenn der Mehrwertsteuersatz auf Blumen, der
bisher bei 7 Prozent lag, auf 16 Prozent erhöht wird, sa-
gen Sie, das ist keine Mehrwertsteuererhöhung, sondern
ein Subventionsabbau. Das ist nicht das Gleiche, oder?“
Antwort: „Wenn Sie Subventionen abbauen, egal ob Sie
das in den Steuern tun oder ob Sie das bei den Ausgaben
(tun), nehmen Sie Leuten Geld weg. Wenn Sie das mei-
nen, haben Sie Recht (…).“
Frage: „Das sind Steuererhöhungen … Sie nennen auch
die Einführung der Gewinnsteuer für Unternehmen
keine Steuererhöhung?“
Antwort: “Nein, das ist überhaupt keine Steuererhöhung.
Sondern da geht es darum, dass steuerliche Gestaltungs-
möglichkeiten, die auch keiner gewollt hat – keiner kann
wollen, dass Unternehmen, die Gewinne machen, über-
haupt keine Steuern zahlen. Und inzwischen – das ist
doch ein ständiger Wettlauf (…).

Weder die öffentliche Meinung noch seine eigenen Partei-
freunde haben ihm diese Wortspiele abgenommen, wie z. B.
das nachfolgende Zitat des ehemaligen niedersächsischen
Ministerpräsidenten belegt:

„Die Leute waren stinksauer, dass wir ihnen vor der
Bundestagswahl die Probleme weitgehend verschwiegen
haben und dann mit 50 Steuererhöhungen kamen.“
(Sigmar Gabriel (SPD), Stern Nr. 46 vom 6. November
2003)

Vor der Wahl schloss die Regierung zudem „Steuererhöhun-
gen auf Pump“ kategorisch aus, wie das nachfolgende Zitat
von Bundeskanzler Schröder belegt:

„Frage: ‚Erst Sparen schafft Spielräume für Steuersen-
kungen, sagen Sie. Wie wäre es zuerst mit Steuersenkun-
gen, um die Wirtschaftsdynamik zu stärken?’
Antwort: ‚Ich mache keine Steuerreform auf Pump.’
Frage: ‚Sie bleiben also hart: erst sparen, dann Steuern
senken?’
Antwort: ‚Konsolidierung ist ein mühsamer Prozess. Die
Vorstellung, über niedrigere Steuern auf Pump mehr
Wachstum zu erzeugen, was später mehr Steuereinnah-
men bringt, ist unsolide.’“
(Bundeskanzler Schröder in FAZ-Sonntagszeitung vom
9. Juni 2002).

Im Frühsommer 2003 beschloss Rot-Grün dann, das Vorzie-
hen der 3. Stufe der Steuerreform praktisch ausschließlich
durch die Aufnahme neuer Schulden zu finanzieren.

IV. Gesamtergebnis
„Der Patient ist heute deshalb so krank, weil er die
Wahrheit so lange verschleppt hat. In seinen zwei Wahl-
kämpfen 1998 und 2002 nährte Gerhard Schröder die Il-
lusion, es könne im Prinzip alles so weitergehen wie bis-
die ganze Zeit geredet haben... Der einzige Unterschied
ist der, dass wir jetzt den Abbau der Steuersubventionen

her; ganz nach der beruhigenden Melodie: ‚Wir wollen
nicht alles anders, aber vieles besser machen.’

Drucksache 15/2100 – 200 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Umso schlimmer fällt jetzt die Konfrontation mit der
Wahrheit aus (…).“
(Auszug aus „Auf Entzug“ von Daniel Goffart, Handels-
blatt vom 30. Oktober 2003)

Bundeskanzler Schröder und seine Regierung haben dem
Parlament und der Öffentlichkeit über die gesamte Wahl-
periode 1998 – 2002 und insbesondere vor der Bundes-
tagswahl 2002 ein grundlegend falsches Bild von der wirt-
schaftlichen und finanziellen Lage der Bundesrepublik
Deutschland vermittelt. Die schwerwiegenden Strukturpro-
bleme wurden verschwiegen, die Notwendigkeit grund-
legender Reformen mit tiefgreifenden Einschnitten in die
sozialen Sicherungssysteme und in die Staatsausgaben
wurde geleugnet. Dem politischen Gegner wurden die Ge-
fährdung und der Abbau des Sozialstaates unterstellt. Da-
durch wurden bei vielen Menschen Hoffnungen und Erwar-
tungen geweckt, die nach der Wahl bitter enttäuscht werden
mussten.
In dieser unverfrorenen Verfälschung der Realität besteht
der eigentliche politische Wahlbetrug der rot-grünen Bun-
desregierung, für den Bundeskanzler Schröder die volle per-
sönliche Verantwortung trägt.
Auf diesen politischen Wahlbetrug bezog sich offensichtlich
auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes,
Michael Sommer, als er erklärte:

„Gerhard Schröder gehört vor den Lügenausschuss.“
(Financial Times Deutschland, …)

Erst mit seiner Rede am 14. März 2003 vor dem Deutschen
Bundestag (Plenarprotokoll 15/32 vom 14. März 2003) hat
Bundeskanzler Schröder ein wenigstens teilweise realis-
tisches Bild der Lage und der staatlichen Handlungsnotwen-
digkeiten vermittelt.
Zur Aufrechterhaltung der von Kanzler Schröder und Rot-
Grün im Wahlkampf erzeugten politischen Illusion fehlen-
den Handlungs- und Reformbedarfs war es notwendig, der
Öffentlichkeit ein strahlendes Bild vom guten Zustand des
Landes und den angeblichen Konsolidierungs- und Sanie-
rungserfolgen der Bundesregierung zu vermitteln.
Trotz der nach wie vor völlig ungelösten Strukturprobleme
auf allen staatlichen Ebenen schien diese Rechnung bis zum
Frühjahr 2002 auch aufzugehen, da die gute Lage der Welt-
wirtschaft positive Auswirkungen auf die Staatsfinanzen
und die Lage der Sozialkassen hatte. So war es möglich,
rein konjunkturell bedingte Effekte von außen zu Unrecht
als eigene Erfolge und Leistungen darzustellen.
Seit April 2002 brach dieses politische Täuschungsmanöver
jedoch in sich zusammen, weil sich die Lage der Weltwirt-
schaft verschlechterte und eigene hausgemachte Fehler und
Versäumnisse mehr und mehr ihre Wirkung entfalteten. In
der ohnehin verzweifelten politischen Lage, in der sich Rot-
Grün zu diesem Zeitpunkt befand, erschien den Verantwort-
lichen ein Kurswechsel hin zu mehr Ehrlichkeit gegenüber
der Öffentlichkeit offensichtlich als zu riskant.
Stattdessen entschied sich Rot-Grün für den Versuch, den
tatsächlichen Zustand der Wirtschaft und der Staatsfinanzen
sowie der Sozialkassen bis nach der Wahl weiter zu ver-
schleiern.

amtlichen Autorität daran beteiligte. Der Grund hierfür liegt
darin, dass praktisch alle Zahlen, die Aufschluss über die
wirtschaftliche Entwicklung geben können (z. B. Steuerein-
nahmen) automatisch und zeitnah veröffentlicht werden und
damit für Interpretationen zur Verfügung stehen. Aufgrund
der negativen Wirtschafts- und Finanzdaten war daher damit
zu rechnen, dass die Öffentlichkeit bis zur Wahl durch eine
Vielzahl schlechter Nachrichten und Prognosen tiefgreifend
beunruhigt und verunsichert würde. Einer solchen Entwick-
lung konnte mit einer rein parteipolitischen Strategie nicht
mit Aussicht auf Erfolg entgegen getreten werden.
Nur dadurch, dass offizielle Stellen, insbesondere Minister
und Ministerien, mit der ganzen Autorität ihres Amtes den
schlechten Nachrichten und Prognosen entgegentraten und
sie als „Panikmache“ oder „unverantwortliches Gerede“
diskreditierten, konnte deren politische Wirkung bis zur
Bundestagswahl neutralisiert werden.
Der ehemalige SPD-Wahlkampfchef Matthias Machnig hat
die Existenz einer Neutralisierungsstrategie vor wenigen
Tagen eingeräumt, indem er erklärte, schwierige Themen

„wurden bestenfalls für die öffentliche Kommunikation
neutralisiert“ (taz vom 1. September 2003).

Dies hat die Bundesregierung dann auch tatsächlich mit den
ihr zur Verfügung stehenden Mitteln getan.
Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses bestand darin,
herauszufinden, ob dies wider besseres Wissen geschehen
ist, da in diesem Falle eine Amtspflichtverletzung und eine
Täuschung der Öffentlichkeit vorliegt.
Die Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss hat er-
geben, dass:
– Bundesfinanzminister Eichel spätestens ab Mitte Juli

2002 wusste, dass die geplante Nettokreditaufnahme in
Höhe von 21,1 Mrd. € bei Weitem überschritten werden
würde. Dadurch, dass er diese Erkenntnisse unter Ver-
schluss hielt und bis zur Wahl die Einhaltung des Kredit-
rahmens als möglich oder gar sicher darstellte, hat er
Parlament und Öffentlichkeit getäuscht.

– Bundesfinanzminister Eichel spätestens ab Ende Juli
2002 wusste, dass das Maastricht-Deifizitkriterium in
Höhe von 3 % voraussichtlich überschritten werden
würde. Dadurch, dass er diese Erkenntnisse unter Ver-
schluss hielt und stattdessen die Einhaltung des
Maastricht-Kriteriums als „sicher“ darstellte, hat er Par-
lament und Öffentlichkeit getäuscht.

– Der damalige Bundesarbeits- und Sozialminister Riester
spätestens seit Mitte Februar 2002 vom wahrschein-
lichen Anstieg der Rentenversicherungsbeiträge von
19,1 % auf 19,3 % wusste. Dadurch, dass er diese Er-
kenntnisse unter Verschluss hielt und stattdessen bis An-
fang Juni 2002 die Beiträge als stabil darstellte, hat er
Parlament und Öffentlichkeit getäuscht.

– Der damalige Bundesarbeits- und Sozialminister Riester
spätestens ab Ende Juni 2002 vom wahrscheinlichen An-
stieg der Rentenversicherungsbeiträge auf 19,7 % infor-
miert war. Dadurch, dass er diese Erkenntnisse unter
Verschluss hielt und bis zur Wahl behauptete, die Bei-
Erfolg versprechend war eine solcher Versuch allerdings
nur, wenn sich die Bundesregierung als solche mit ihrer

träge würden nicht über den Wert von 19,3 % hinaus an-
steigen, hat er Parlament und Öffentlichkeit getäuscht.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 201 – Drucksache 15/2100

– Die damalige Gesundheitsministerin Schmidt spätestens
seit Ende August 2002 wusste, dass die gesetzlichen
Krankenkassen vor einem Milliarden-Defizit standen
und Beitragsanhebungen im Durchschnitt unvermeidlich
würden. Dadurch, dass sie diese Erkenntnisse unter Ver-
schluss gehalten und bis zur Wahl behauptet hat, die
Lage der GKV sei stabil, hat sie Parlament und Öffent-
lichkeit getäuscht.

– Bundeskanzler Schröder sich bis zur Wahl aktiv an der
Schönfärberei der Bundesregierung durch öffentliche
Erklärungen beteiligt hat. Dass es ab Jahresmitte hierfür
keine Grundlage mehr gab, wusste der Bundeskanzler
oder hätte es wissen müssen. Dadurch, dass er die dra-
matische Lage in den verschiedenen Bereichen entweder
bewusst verschwiegen oder sich nicht um sie gekümmert
hat, hat er Parlament und Öffentlichkeit getäuscht oder
dieser Täuschung Vorschub geleistet.

Konfrontiert mit den eindeutigen Ergebnissen der Beweis-
aufnahme hat Rot-Grün im Untersuchungsausschuss argu-
mentiert, Prognosen seien generell unsicher; daher könne
man der Regierung das Abweichen der Realität von ihren
Prognosen nicht zum Vorwurf machen. Diesen Vorwurf ha-
ben CDU/CSU allerdings zu keinem Zeitpunkt gegen die
Bundesregierung erhoben: Die Täuschung bestand vielmehr
darin, dass die Bundesregierung an längst überholten und
veralteten (positiven) Prognosen festgehalten hat, obwohl
ihr intern bereits längst neuere (negative) Prognosen vorla-
gen, die sie intern auch zur Grundlage ihrer Planungen ge-
macht hat.
Nach der Wahl hat die Bundesregierung behauptet, erst
durch neuere Zahlen von dem Ernst der Lage erfahren zu
haben. Dass sie jedoch bereits Monate vor der Wahl über
genaue und zutreffende Berechnungen von Fachbeamten
der jeweiligen Ministerien verfügte, hat erst die Arbeit des
Untersuchungsausschusses offenbart.
Dass es sich dabei um Schutzbehauptungen handelte, wird
auch am Verhalten der Bundesregierung in diesem Jahr
deutlich: Es zeigt sich bereits daran, dass die Bundesregie-
rung im Jahre 2003 wieder in der Lage war, Mitte August
die Überschreitung der im Haushalt 2003 vorgesehenen
Nettokreditaufnahme einzuräumen. Auch die Überschrei-
tung des Maastricht-Defizitkriteriums und das Entstehen
neuer Milliarden-Löcher bei der Sozialversicherung wurden
bereits zur Jahresmitte bekannt.
Insoweit hat der Untersuchungsausschuss bereits heilsame
Wirkung gezeigt.

„Bereits jetzt gibt er [Eichel] zu, dass er sich mindestens
35 Mrd. Euro an neuen Krediten beschaffen muss – fast
doppelt so viel wie im Etat veranschlagt. Immerhin: Das
ist ein Fortschritt, vor einem Jahr noch, im Wahlsommer
2002, ließ Eichel solche Meldungen noch dementieren.
Dem heilsamen Lügenausschuss sei Dank“ (Süddeut-
sche Zeitung vom 5. August 2003).

V. Verfahren
1. Doppelter Verfassungsbruch bei Einsetzung
a) Die beabsichtigte parlamentarische Untersuchung zum
Informationsverhalten der rot-grünen Bundesregierung im

vergangenen Legislaturperiode vom Bundesverfassungs-
gericht wegen Verletzung der Minderheitenrechte der CDU/
CSU gerügt werden musste (vgl. Bericht des 1. Untersu-
chungsausschusses der 14. Wahlperiode, BT-Drs. 14/9300,
S. 103 ff., Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
8. April 2002, Az: 2 BvE 2/01), entschloss Rot-Grün sich
auch diesmal zum Verfassungsbruch: Unter dem Vorwand
einer erforderlichen verfassungsrechtlichen Prüfung wurde
der Antrag auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses
nicht sofort im Plenum beschlossen, sondern an den Ge-
schäftsordnungsausschuss überwiesen.
Wegen des Anspruchs der qualifizierten Minderheit auf un-
verzügliche Einsetzung des Untersuchungsausschusses darf
die Überweisung an einen Ausschuss, wie z. B. an den für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, nicht ge-
gen den Willen der Einsetzungsminderheit erfolgen, wie der
SPD-Abgeordnete Dr. Wiefelspütz richtig feststellt (Dieter
Wiefelspütz, Die Änderung des Untersuchungsauftrags von
Untersuchungsausschüssen, DÖV 2002, 803 f.).
Gleichwohl hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen
der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die von den Koalitionsfraktionen verlangte Überweisung an
den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU
und FDP beschlossen.
b) Obwohl das einstimmig vom Deutschen Bundestag im
Jahre 2001 beschlossene Untersuchungsausschussgesetz
(PUAG) die aus Art. 44 GG abgeleitete Verfassungsrechts-
lage wie folgt festhält:

„Der Einsetzungsbeschluss darf den in dem Einset-
zungsantrag bezeichneten Untersuchungsgegenstand
nicht ändern, es sei denn, die Antragstellenden stimmen
der Änderung zu“ (§ 2 Abs. 2 PUAG)

erweiterte die rot-grüne Mehrheit den Gegenstand des Un-
tersuchungsauftrags in erheblicher Weise, um so die Unter-
suchung u. a. auf das Verhalten sämtlicher Regierungen seit
1990 ausdehnen zu können (s. Ziffer 2). Der vollständige
Untersuchungsauftrag, wie er später im Plenum des Deut-
schen Bundestages mit der rot-grünen Mehrheit durchge-
setzt wurde, lautet wie folgt:

„1. Es wird ein Untersuchungsausschuss gemäß Arti-
kel 44 des Grundgesetzes eingesetzt.
Dem Untersuchungsausschuss sollen 11 Mitglieder
(SPD 5, CDU/CSU 4, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1,
FDP 1) und die entsprechende Anzahl von stellvertreten-
den Mitgliedern angehören.
Der Untersuchungsausschuss soll klären,
ob und in welchem Umfange Mitglieder der Bundesre-
gierung, insbesondere Bundeskanzler Gerhard Schröder,
Bundesfinanzminister Hans Eichel, Bundesministerin
Ulla Schmidt sowie der damalige Arbeits- und Sozial-
minister Walter Riester und Parlamentarische Staatssek-
retäre im Jahr 2002 Bundestag und Öffentlichkeit hin-
sichtlich der Situation des Bundeshaushaltes, der
Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und Rentenver-
sicherung sowie der Einhaltung der Stabilitätskriterien
des EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und
Jahre 2002 vor der Bundestagswahl erfüllte Rot-Grün offen-
sichtlich mit großer Sorge. Obwohl Rot-Grün bereits in der

Wachstumspakts durch den Bund vor der Bundestags-
wahl am 22. September 2002 falsch oder unvollständig

Drucksache 15/2100 – 202 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

informiert haben; ob und gegebenenfalls wer von allen
Vorgenannten dieses wie und mit wessen Hilfe insbeson-
dere auch im Verantwortungsbereich der Bundesregie-
rung getan und ob und gegebenenfalls welche Vereinba-
rungen es dazu gegeben hat, soweit hierdurch nicht der
Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen ist.
2. Der Untersuchungsausschuss muss deshalb auch im
Rahmen der Zuständigkeit des Bundestages klären,
– inwiefern seit der Wiedervereinigung die Prognosen

und Modellrechnungen für die Finanzplanung des
Bundes und die Haushalte der Kranken- und Ren-
tenversicherung zutrafen und ob die Praxis im Jahr
2002 von der Staatspraxis seit 1990 abgewichen ist,

– ob und in welchem Umfang die Mitglieder des Bun-
desrates, des Finanzplanungsrates und des Haus-
haltsausschusses des Deutschen Bundestages, ins-
besondere die Ministerpräsidenten Roland Koch,
Peter Müller und Dr. Edmund Stoiber, im Jahr 2002
hinsichtlich
a) der Situation der öffentlichen Haushalte, insbe-

sondere im Hinblick auf das für 2002 zu erwar-
tende Gesamt-Steueraufkommen,

b) der Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherung, insbesondere im Hinblick
auf die zu erwartende Gesamteinnahmen- und
Ausgabensituation 2002, sowie

c) der Problematik der Einhaltung der Stabilitäts-
kriterien des EG-Vertrages und des europäi-
schen Stabilitäts- und Wachstumspaktes von
Bund und Ländern einschließlich ihrer Gemein-
den und Gemeindeverbände, insbesondere unter
Beachtung der Aufgabenerfüllung durch den Fi-
nanzplanungsrat,

falsche oder unvollständige Erklärungen vor dem
22. September 2002 abgegeben haben“ (BT-Drs.
15/256).

Der Blick auf Ziffer 2 des Untersuchungsauftrags, also die
rot-grüne Bepackung, lässt sofort erkennen, dass dies eine
unzulässige Erweiterung ist. Das Bundesverfassungsgericht,
auf dessen Entscheidung sich der Gesetzgeber des PUAG
ausdrücklich beruft, hat eine Erweiterung des Untersu-
chungsauftrags nur dann zugelassen, wenn derselbe Unter-
suchungsgegenstand betroffen ist, dieser im Kern unverän-
dert gelassen wird und die Voraussetzung für eine
Ergänzung offen zu Tage liegt. Ausdrücklich hat das Bun-
desverfassungsgericht im konkreten Fall bei einer regie-
rungsgerichteten Untersuchung entschieden, dass die Frage
entsprechenden Verhaltens des Oppositionsführers nichts
mit diesem Gegenstand zu tun habe (BVerfGE 49, 70 ff.).
Der rot-grüne Verfassungsbruch liegt also auf der Hand.
Zu Recht hat der SPD-Abgeordnete Dr. Wiefelspütz (in sei-
ner Eigenschaft als Wissenschaftler) erklärt:

„Wegen der durch Artikel 44 Abs. 1 Satz 1 GG vorgege-
benen Ausgestaltung des parlamentarischen Untersu-
chungsrechts als Minderheitenrecht ist die Befugnis der

Bei dieser Ergänzung des Untersuchungsgegenstandes ging
es allein darum, vom eigentlichen Untersuchungsgegen-
stand, nämlich dem Verhalten der Bundesregierung vor der
Wahl, abzulenken.
Diese Ergänzung des Untersuchungsgegenstandes ist aber
auch schon deswegen verfassungswidrig, weil das Verhalten
von Ministerpräsidenten der Länder nicht Gegenstand der
Kontrolle des Bundestages ist. An dieser Verfassungswi-
drigkeit ändert auch die Klausel „im Rahmen der Zuständig-
keit des Bundestages“ nichts, da der Bundestag nicht für die
Kontrolle von Ministerpräsidenten der Länder zuständig ist.
Dies gilt übrigens auch dann, wenn sie sich in Angelegenhei-
ten der Bundespolitik geäußert haben. Rot-Grün musste sich
dieses bereits im U-Boot Untersuchungsausschuss vom Er-
mittlungsrichter des Bonner Amtsgerichts sowie vom Land-
gericht Bonn bescheinigen lassen. Insoweit kann man schon
von einer rot-grünen Verfassungsbruchstradition sprechen.
Mit dieser verfassungswidrigen Bepackung des Untersu-
chungsauftrags hat Rot-Grün gegen das Minderheitenrecht
und gegen die Zuständigkeitsbegrenzung nach Art. 44 GG
verstoßen und damit die Position des Untersuchungsaus-
schusses geschwächt. Denn diese Verfassungswidrigkeit
kann nämlich nicht nur mittels Organklage innerhalb der
Sechsmonatsfrist beim Bundesverfassungsgericht angegrif-
fen werden, sondern sie kann jederzeit im Verfahren des
Untersuchungsausschusses, z. B. von Zeugen, geltend ge-
macht werden. In Rechtsstreitigkeiten mit dem Untersu-
chungsausschuss, z. B. bei Zwangsmaßnahmen, ist diese
Verfassungswidrigkeit zu berücksichtigen. Somit hat Rot-
Grün kontinuierlich die Arbeit des Untersuchungsausschus-
ses in verfassungswidriger Weise gefährdet, was beabsich-
tigt gewesen sein dürfte.
CDU/CSU haben gleichwohl auf eine Klage vor dem Bun-
desverfassungsgericht verzichtet, da dies die Arbeit des Un-
tersuchungsausschusses enorm verzögert und vom eigent-
lichen Untersuchungsgegenstand – der Täuschung der
Öffentlichkeit durch Mitglieder der Bundesregierung – wei-
ter abgelenkt hätte.

2. Aussagegenehmigung für Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD)

Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde am 3. Juli 2003
aufgrund eines von der CDU/CSU herbeigeführten Beweis-
beschlusses als Zeuge vernommen. Hierzu bedurfte er einer
Aussagegenehmigung:

Kopie der Aussagegenehmigung für
Bundeskanzler Gerhard Schröder

Ausschussvorsitzender Benneter (SPD) hat mit Schreiben
vom 20. Oktober 2003 die Herausgabe einer Kopie der
Aussagegenehmigung verweigert mit der Begründung, er
habe sie in der Ausschusssitzung verlesen. Tatsächlich
dürfte das Schreiben an den Untersuchungsausschuss mit
der Aussagegenehmigung mehr enthalten haben, als das,
was verlesen wurde.
Mehrheit, den Untersuchungsgegenstand zu ergänzen,

allerdings restriktiv auszulegen“ (a. a. O., S. 807).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 203 – Drucksache 15/2100

Es ist ein bedeutender und machtmissbräuchlicher Vorgang,
dass der von der Mehrheit gestellte Ausschussvorsitzende
Benneter (SPD) vermutlich zum Schutz des Bundeskanzlers
Gerhard Schröder (SPD) die Herausgabe einer Kopie besag-
ten Schreibens zur Veröffentlichung im Schlussbericht ver-
weigert, obwohl dieses Schreiben keinerlei Restriktionen
unterliegt. Es ist also zu vermuten, dass dieses Schreiben
Unkorrektheiten oder Peinlichkeiten für die Bundesregie-
rung enthält. In jedem Falle würde der Abdruck einer Kopie
hier die lange Liste der Einschränkungen der Aussagege-
nehmigung besonders deutlich machen.
3. Arkanbereich
Rechtsprechung, Literatur und parlamentarische Praxis billi-
gen der Bundesregierung einen für Untersuchungsaus-
schüsse unausforschbaren Bereich der Willensbildung zu,
den so genannten Arkanbereich. Diesen stellte Rot-Grün
zum Schutze der Bundesregierung in besonderer Weise her-
aus, z. B. durch einen entsprechenden Hinweis in Ziffer 1 des
Untersuchungsauftrags, dem die Antragsteller zustimmten.
Dies ist allerdings unvereinbar mit Äußerungen des SPD-
Abgeordneten Dr. Wiefelspütz:

„Der Regierung einen dauerhaft unerforschbaren Ar-
kanbereich zuzubilligen, entspricht vorkonstitutionellem
Denken und ist nicht durch das Prinzip der horizontalen
Gewaltenteilung geboten.“
(Dieter Wiefelspütz, Das Untersuchungsausschussge-
setz des Bundes in ZParl, 3/2002, S. 554 (557)).

4. Geheimhaltung
Die von der Bundesregierung vorgenommene Einstufung
von Akten als Verschlusssachen war zu umfangreich. Sie
wurde auf Antrag der CDU/CSU nur teilweise korrigiert;
sehr viel mehr Dokumente hätten auf „offen“ herabgestuft
werden können.
Das Bundeskanzleramt stufte, wie der Chef des Bundes-
kanzleramtes Staatssekretär Dr. Steinmeier mit Schreiben
vom 10. Februar 2003 mitteilte, Akten auch deshalb als
Verschlusssache ein, weil dies die Fürsorgepflicht des
Dienstherrn für namentlich aufgeführte Mitarbeiter des
Bundeskanzleramtes gebiete. Diese Begründung ist nicht
überzeugend, zumal die Mitarbeiter des Bundeskanzler-
amtes, um die es hier geht, alle auch im Außenverhältnis
als solche schriftlich in Erscheinung treten dürften. Die
Maßnahme ist umso weniger verständlich, als das Bundes-
kanzleramt in der Vergangenheit sich hinsichtlich seiner
Bediensteten sehr viel weniger fürsorglich zeigte, z. B. als
dem Ermittlungsführer im disziplinaren Vorverfahren gegen
Unbekannt Einsicht in Personalakten von (ehemaligen) Be-
diensteten des Bundeskanzleramtes gewährt wurde, ohne
dass dafür Gründe ersichtlich waren und Dr. Hirsch auch
keine nannte (BT-Drs. 14/4915, S. 5 und BT-Drs. 14/9300,
S. 424 f.).
Anlagen:

– Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 10. Februar
2003, (Dokument Nr. 163)

– Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 28. Februar
2003, (Dokument Nr. 164)

Diese unverständliche Geheimhaltung ist ein Beweis für das
schlechte Gewissen der Bundesregierung und steht in völ-
ligem Gegensatz zu der von Rot-Grün stets erhobenen For-
derung nach größtmöglicher Transparenz staatlichen Han-
delns.
Die Bundesregierung versuchte sogar, eine Antwort des
Zeugen Metzger auf die Frage des CDU/CSU-Abgeordne-
ten Altmaier zum Thema Abgabe der Defizitmeldung nach
Brüssel in öffentlicher Sitzung zu verhindern. Dieses Ver-
halten war so extrem verfassungswidrig, dass selbst der
Ausschussvorsitzende Benneter nicht umhin konnte, auf die
Zulässigkeit der Behandlung in öffentlicher Sitzung hinzu-
weisen (28. Sitzung, Protokoll Metzger, S. 37, Dokument
Nr. 166).

5. Inhalt von Beweisbeschlüssen
Entgegen langjährigem parlamentarischem Brauch und Pra-
xis führten die Obleute von SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN einen monatelangen juristischen Kampf gegen
die Beweisanträge der CDU/CSU. Diese Beweisanträge wa-
ren formal und inhaltlich völlig korrekt und entsprachen
Art. 44 GG, dem PUAG und dem in Untersuchungsaus-
schüssen des Bundestages Üblichen.
Bei der Beschlussfassung über die Beweisanträge auf Zeu-
genvernehmung von Ministerialrat Dr. Hanke, Ministerial-
rat Dr. Kastrop und Staatssekretär Dr. Overhaus (alle Bun-
desministerium der Finanzen) behaupteten die Vertreter von
Rot-Grün, diese Anträge seien zu unbestimmt und damit
rechtswidrig. Ausgehend vom Flick-Urteil des Bundesver-
fassungsgerichts (BVerfGE 67, 100, 133) wurde kurzerhand
behauptet, nach § 244 StPO sei die Bezeichnung einer hin-
reichend bestimmten Beweistatsache notwendiger Inhalt ei-
nes Beweisantrags. Daraus wurde gefolgert, ein Beweisan-
trag auf Zeugenvernehmung müsse angeben, was
Gegenstand der Wahrnehmung des Zeugen sein soll:

„Die Behauptung, die Bundesregierung bzw. ihre Mit-
glieder habe Bundestag und Öffentlichkeit falsch infor-
miert, ist eine Schlussfolgerung, die nicht ohne die Tat-
sachengrundlage, auf der sie beruhen mag (Was hat der
Bundesfinanzminister gesagt, was wusste er?), beurteilt
werden kann. Die Beweiserhebung muss sich deshalb
auf diese Tatsachen erstrecken.
So müsste die Antragstellerin in ihren Anträgen Um-
stände aufzeigen, aus denen sich der in dem Antrag for-
mulierte Vorwurf der falschen oder unvollständigen In-
formation der Öffentlichkeit schließen ließe. Das gilt
sowohl für die Art und Weise der Information von Bun-
destag und Öffentlichkeit als auch für die der Bundes-
regierung unterstellten abweichenden Erkenntnisse.
Die Antragstellerin müsste in ihrem Antrag jedenfalls
den Inhalt der unterstellten Erkenntnisse ungefähr be-
schreiben“ (Ausschussdrucksache 47, S. 6 f).

Für diese Behauptungen gibt es allerdings keine juristische
Grundlage, insbesondere nicht aus § 244 StPO. In strafge-
richtlicher Praxis werden Zeugen in einer bestimmten Sache
– Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 22. Mai
2003, (Dokument Nr. 165)

geladen und ohne besonderen Hinweis darauf, zu welchem
konkreten Gegenstand sie aussagen sollen.

Drucksache 15/2100 – 204 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Außerdem hat Rot-Grün mit dieser Argumentation den Auf-
trag des Untersuchungsausschusses verfälscht: Dort wird
nämlich gerade nicht behauptet, die Bundesregierung bzw.
ihre Mitglieder habe den Bundestag und die Öffentlichkeit
falsch informiert, sondern lediglich ein Untersuchungsauf-
trag zur Prüfung der Frage erteilt, „ob“ die Bundesregierung
bzw. ihre Mitglieder solches getan hat. Gerade hierin be-
steht der entscheidende – und von Rot-Grün völlig ver-
kannte – Unterschied zu einer Anklageschrift nach der
Strafprozessordnung. Während bei einem Gerichtsverfahren
polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Untersuchungen
vorausgingen und der Vorwurf gegen den Angeklagten in
Form einer Anklageschrift erhoben ist, beginnt eine parla-
mentarische Untersuchung sozusagen ganz am Anfang.
Nachdem den Vertretern von Rot-Grün dieser Unterschied
aufgrund der Diskussionen im Ausschuss offenbar bewusst
wurde, versuchten sie, die Beweisanträge der CDU/CSU in
Beschlüsse zur Beweisvorbereitung und deren Vollzug, die
der eigentlichen parlamentarischen Beratung voranzustellen
seien, umzuinterpretieren. So teilten die Koalitionsfraktio-
nen dem Untersuchungsausschuss mit:

„Die Koalitionsfraktionen halten nochmals ausdrücklich
fest:
Dem Antrag fehlen auch in der geänderten Fassung An-
gaben zu den Tatsachen, über die Beweis erhoben wer-
den soll. Für die Zulässigkeit eines Beweisantrages ist
die Angabe dessen, was der Zeuge im Kern bekunden
soll, unverzichtbar (BGHSt 39, 251). Völlig unbestimmt
ist in dem Antrag, was Gegenstand der Wahrnehmung
des Zeugen sein soll.
Im Kern handelt es sich um einen Beweisermittlungsan-
trag, der – zur Vorbereitung einer Beweiserhebung – erst
mögliche Tatsachen liefern soll, über die gegebenenfalls
später Beweis zu erheben ist. Zwar kann Beweisermitt-
lungsanträgen nach freiem Ermessen nachgegangen
werden, ein Anspruch der qualifizierten Minderheit nach
§ 17 PUAG auf Beschluss eines solchen Beweisermitt-
lungsantrages besteht jedoch nicht. Eine aufgrund eines
Beweisermittlungsantrages geladene Person könnte ei-
gentlich auch nur im Wege einer informatorischen Anhö-
rung, nicht aber als Zeuge vernommen werden. Die Koa-
litionsfraktionen behalten sich ausdrücklich vor, in
Zukunft entsprechend zu verfahren.
Ansonsten gehen die Koalitionsfraktionen davon aus,
dass der Zeuge nur über Erkenntnisse aus seiner Zustän-
digkeit befragt wird“ (Dokument Nr. 167).

Um endlose Debatten und Verzögerungen zu vermeiden,
wurden die Beweisanträge von CDU/CSU schließlich mit
einem Zusatz versehen, der sich auf den von CDU/CSU for-
mulierten Untersuchungsauftrag bezieht. Diese Zusätze lau-
teten z. B. wie folgt:

„Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Dr. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Verneh-
mung von Herrn Bundesminister der Finanzen Hans-
Eichel als Zeuge“ (Dokument Nr. 168).

In der Sache änderte sich damit nichts.

„Der 1. Untersuchungsausschuss hat in seiner 3. Sitzung
am 16. Januar 2003 den Beweisbeschluss über die
Zeugenvernehmung des Bundesministers der Finanzen
dem Grunde nach und mit der Maßgabe gefasst, dass
das Beweisthema genauer bestimmt werde. Hierzu ha-
ben die Abgeordneten Dr. Dieter Wiefelspütz und Jerzy
Montag in der 4. Sitzung des Untersuchungsausschusses
am 30. Januar 2003 für ihre Fraktionen abschließend
nochmals deutlich gemacht, dass mit diesem Kompro-
miss ihre grundsätzlichen Bedenken gegen die man-
gelnde Bestimmtheit des vorliegenden Zeugen-Beweis-
antrages nicht ausgeräumt seien und dass die Zulassung
dieses Antrags keine Präjudiz für die Zulässigkeit un-
bestimmter Beweisanträge darstellen dürfe.
Der Abgeordnete Montag legte zudem Wert darauf, dass
der dem Grunde nach gefasste Beweisbeschluss nur so
zu verstehen sei, dass der Zeuge nur zu Tatsachen oder
Behauptungen vernommen werden könne, die in sein ei-
genes Wissen gestellt seien. Der Beweisantrag diene
nicht dazu, Ausforschungen zu betreiben.“

Obwohl sämtliche Zeugenvernehmungen aufgrund von Be-
weisanträgen der CDU/CSU völlig unproblematisch verlie-
fen und zu keinerlei Beanstandungen Anlass gaben, hat Rot-
Grün bis hin zur Vernehmung des Zeugen, Bundeskanzler
Schröder, immer wieder seine Argumentation wiederholt.
Vor der Vernehmung des Bundeskanzlers erklärte der Aus-
schussvorsitzende, Abg. Benneter (SPD):

„Zu dem Beweisbeschluss wird noch angemerkt, dass
die Koalitionsfraktionen diesem Beweisantrag hinsicht-
lich seiner mangelnden Bestimmtheit nur unter der Prä-
misse zugestimmt haben, dass Sie lediglich zu Tatsachen
und Behauptungen vernommen werden dürfen, die in Ihr
eigenes Wissen gestellt sind. Der Beweisantrag darf
nicht dazu dienen, Ausforschung zu betreiben“ (Doku-
ment Nr. 169).

Eine weitere Sorge der Koalitionsobleute bestand darin,
der Untersuchungsausschuss könnte „Ausforschung“ be-
treiben: Dabei ist die Aufklärung eines bestimmten Sach-
verhalts die klassische Aufgabe jedes Untersuchungsaus-
schusses. Ebenso unzutreffend war die Erklärung von Rot-
Grün, ein Zeuge könne grundsätzlich nur über seine ei-
gene Wahrnehmung vernommen werden: Selbstverständ-
lich kann ein Zeuge auch berichten, was er von anderen
gehört hat, wie dies im Untersuchungsausschuss auch
mehrfach geschehen ist. Unzutreffend war schließlich auch
die Behauptung, Zeugen dürften nur im Rahmen ihrer Zu-
ständigkeit aussagen.
Die Argumentation von Rot-Grün war möglicherweise von
der Sorge geprägt, der Untersuchungsausschuss könnte für
die Regierung unangenehme Erkenntnisse zutage fördern,
wie dies dann ja auch tatsächlich geschehen ist. Hätten sich
CDU/CSU dieser Argumentation gebeugt, so hätte dies für
alle künftigen Untersuchungsausschüsse eine wesentliche
Einschränkung ihrer Tätigkeit bedeutet.

6. Zeugenreihenfolge
Obwohl das PUAG mit § 17 den in Untersuchungsausschüs-
Zur Gesichtswahrung gab Rot-Grün dann jeweils folgende
Protokollerklärung ab:

sen der Vergangenheit üblichen Streit über die Reihenfolge
der Vernehmung von Zeugen geregelt hat, machte Rot/Grün

deutlich, dass man diese Regelung aushebeln wolle. In § 17
Abs. 3 PUAG ist geregelt, dass im Falle der nicht einver-
nehmlichen Verständigung über die Reihenfolge die Vor-
schriften der Geschäftsordnung des Bundestages zur Rei-
henfolge der Redner entsprechend anzuwenden sind, sog.
Reißverschlussprinzip. Die Koalitionsobleute ließen sich
dazu folgenden Trick einfallen: Das im PUAG vorgesehene
Reißverschlussverfahren betreffe lediglich die Reihenfolge
der Zeugenvernehmung innerhalb bestimmter Themen-
blöcke, wobei die Festlegung der Themenblöcke nach
Mehrheitsrecht erfolge (Protokoll der 4. (nicht-öffentlichen)
Sitzung vom 31. Januar 2003, S. 11 f., 15), daraus ergebe
sich dann die Terminplanung.
Mit der Drohung, notfalls im Wege von Mehrheitsabstim-
mungen zu entscheiden, konnte Rot-Grün erreichen, dass
BM Eichel erst nach den Landtagswahlen in Hessen und
Niedersachsen und erst nach den Fachbeamten seines Mi-
nisteriums vor dem Ausschuss aussagen musste. Dadurch
sollte verhindert werden, dass Aussagen des Ministers von
den nachfolgend vernommenen Fachbeamten als falsch
oder unwahr entlarvt werden konnten.

7. Vollständigkeitserklärungen
Nach § 18 Abs. 2 Satz 3 PUAG ist die Vorlage von Akten
durch die Bundesregierung mit einer Erklärung über die
Vollständigkeit zu verbinden. Während der Chef des Bun-
deskanzleramtes dem nachkam, taten sich die Bundesminis-
terien mit der Beachtung dieser Gesetzesnorm schwer. So
hat das Bundesministerium der Finanzen erst nach heftigem
Drängen und erst am 26. Juni 2003 eine Vollständigkeitser-
klärung abgegeben (Dokument Nr. 170).
Es ist nicht bekannt geworden, dass der Ausschussvorsit-
zende von sich aus jeweils nach Akteneingang aus den Bun-
desministerien dort auf die Einhaltung der Vorschrift von
§ 18 Abs. 2 Satz 3 PUAG gedrängt hätte.
Soweit im Zusammenhang mit der in § 18 PUAG festgehal-
tenen Ministerverantwortlichkeit das Bundesministerium
der Finanzen gegenüber dem Untersuchungsausschuss die
Auffassung vertreten hat, bei einer Wortlautauslegung die-
ser Vorschrift würde das Untersuchungsausschussverfahren
lahm gelegt, weil Bundesminister in einem wochenlangen
Aktenstudium persönlich die Entscheidung über Aktenvor-
lage herbeiführen müssten, ist diese Auffassung abwegig.
Denn selbstverständlich wird wie in den vergangenen Jahr-
zehnten in der Weise verfahren, dass die Bediensteten des
jeweils betroffenen Ministeriums die an den Untersu-
chungsausschuss herauszugebenden Akten zusammenstel-
len und herausgeben. Lediglich in Abgrenzungsfragen, also
etwa über die Nichtherausgabe wegen Inanspruchnahme des
Arkanbereichs oder aus anderen Gründen ist ggf. die Minis-
terentscheidung herbeizuführen. Die Ministerverantwort-
lichkeit gegenüber dem Untersuchungsausschuss war vor
Inkrafttreten des Untersuchungsausschussgesetzes kein Pro-
blem und ist es auch jetzt nicht.

8. Missachtung des Untersuchungs-
ausschusses

Es ist üblich, dass Schreiben der Bundesministerien an den
Deutschen Bundestag und an seine Ausschüsse von Mitglie-
dern der Bundesregierung, Parlamentarischen Staatssekretä-
ren oder Staatssekretären unterschrieben werden. Dies wurde
in der Vergangenheit auch gegenüber den Untersuchungsaus-
schüssen des Bundestages als Regelfall praktiziert.
Gegenüber diesem Untersuchungsausschuss ist die Bundes-
regierung – mit Ausnahme des insoweit korrekt handelnden
Bundeskanzleramtes – davon abgewichen. Dies kann nur als
demonstrative Missachtung des Untersuchungsausschusses
verstanden werden. Dies umso mehr, als der oben erwähnte
Brauch in § 17 der Neufassung der Gemeinsamen Geschäfts-
ordnung der Bundesministerien vom 26. Juli 2000 ausdrück-
lich geregelt ist, dass nämlich die Bundesministerin oder der
Bundesminister Schreiben von grundsätzlicher Bedeutung
sowie Vorlagen oder wichtige Mitteilungen an Verfassungs-
organe der Bundesrepublik Deutschland zeichnen. Heraus-
gabe von Akten sowie Vollständigkeitserklärungen sind
wichtige Mitteilungen. Da § 17 Abs. 2 der GGO sagt, dass
dieses nur gilt, soweit nichts anderes bestimmt ist, muss an-
genommen werden, dass z. B. der Bundesfinanzminister
Hans Eichel und Bundesministerin Ulla Schmidt anderes be-
stimmt haben. Dies wäre ein Novum in der Geschichte des
Umganges zwischen Bundesregierung und Bundestag.
Es ist nicht bekannt geworden, dass der Ausschussvorsit-
zende Abg. Benneter (SPD) wegen dieser Missachtung des
Untersuchungsausschusses gegenüber den jeweiligen Mi-
nistern vorstellig geworden wäre.

9. Empfehlungen
Dem Präsidenten des Deutschen Bundestages wird generell
empfohlen, um der Bedeutung des Art. 44 GG gerecht zu
werden, im Amtlichen Protokoll ausdrücklich diejenigen
Entscheidungen festzuhalten, die für das parlamentarische
Untersuchungsrecht von besonderer Bedeutung sind: zum
einen, dass es sich um einen Antrag der qualifizierten Min-
derheit handelt zum anderen, ob im Falle einer Ausschuss-
überweisung dies mit Zustimmung oder gegen den Willen
der Antragsteller erfolgt ist.
Im Amtlichen Protokoll der 14. Sitzung des Deutschen Bun-
destages vom 5. Dezember 2002 ist bei Zusatzpunkt 6 der
Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
nicht mit dem Hinweis versehen, dass es sich um einen An-
trag handelt, dem der Bundestag zustimmen muss. Auch der
Überweisungsbeschluss ist ohne Hinweis auf die Ableh-
nung durch die Antragsteller festgehalten.

VI. Geheimbericht zu Akten des Bundeskanzler-
amtes und des Bundesministeriums der
Finanzen (VS-Vertraulich wegen VS-
Dokumenten der Bundesregierung)

Dieser VS-Vertraulich eingestufte Bericht befindet sich in
der Geheimregistratur des Deutschen Bundestages.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 205 – Drucksache 15/2100

Fachbeamten der Ministerien, durch die Wissenschaft
oder durch die Verbände andererseits.

2. Bereits unmittelbar nach der Bundestagswahl vollzog
die Bundesregierung einen abrupten Wandel der Positio-
nen in allen untersuchten Politikbereichen. Dieser gra-
vierende Wandel erfolgte in extrem kurzem Zeitabstand.

zusätzlich auf wissenschaftliche Gutachten und Kommissio-
nen. Kennzeichen für die Ministerien ist eine tiefgehende
Untergliederung, die die Zuständigkeitsbereiche möglichst
klar in Abteilungen, Unterabteilungen und Referate ab-
grenzt. Die Abteilungsleiter, Unterabteilungsleiter und Re-
feratsleiter sind in der Regel hochqualifizierte Fachleute.
Sie verfügen nicht nur über das notwendige Grundwissen
Drucksache 15/2100 – 206 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B. Sondervotum der FDP-Bundestagsfraktion

I. Untersuchungsauftrag und Ergebnis
Von dem umfassenden Auftrag, den sich der Ausschuss ur-
sprünglich gegeben hatte (s. Erster Teil, A.III.), befasste er
sich fast ausschließlich mit der Frage

„ob und in welchem Umfange Mitglieder der Bundesre-
gierung, insbesondere Bundeskanzler Gerhard Schröder,
Bundesfinanzminister Hans Eichel, Bundesministerin
Ulla Schmidt sowie der damalige Arbeits- und Sozialmi-
nister Walter Riester, (...) im Jahr 2002 Bundestag und
Öffentlichkeit hinsichtlich
– der Situation des Bundeshaushaltes,
– der Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und Ren-

tenversicherung sowie
– der Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Ver-

trages und des Europäischen Stabilitäts- und Wachs-
tumspakts durch den Bund

vor der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch
oder unvollständig informiert haben (…).“

Aus der Sicht der FDP-Bundestagsfraktion hat die Arbeit
des Untersuchungsausschusses hinreichend Belege dafür er-
bracht, dass der in dem Untersuchungsauftrag enthaltene
Vorwurf der falschen oder unvollständigen Information
durch die Bundesregierung erhoben werden kann. Die Wäh-
ler haben mithin ihr Votum auf der Basis von Informationen
der Bundesregierung, resp. von Mitgliedern des Bundeska-
binetts, abgegeben, die hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts
fragwürdig waren.
Bei der Untersuchung, die dieser Ausschuss zu leisten hatte,
ging es nicht um die Überprüfung der Einhaltung von Wahl-
versprechen.
Wahltermine verleiten dazu, mehr zu versprechen, als man
tatsächlich einhalten kann. Dies hängt auch damit zusam-
men, dass die späteren Machtkonstellationen vor den Wah-
len nur schwer vorhersagbar sind. Dies ist ein generelles
Phänomen der Politik und war nicht Gegenstand dieses Un-
tersuchungsausschusses.
Kennzeichen der Informationspolitik der Bundesregierung
im Verlauf des Wahljahres 2002 – dies ergibt sich aus viel-
fältigen Feststellungen dieses Berichts – waren insbeson-
dere:
1. In den vom Untersuchungsausschuss behandelten Poli-

tikbereichen gab es bis zur Bundestagswahl am 22. Sep-
tember 2002 eine zunehmende Kluft zwischen den an
die Öffentlichkeit gerichteten politischen Botschaften ei-
nerseits und der kompetenten Beurteilung durch die

ursprünglichen Vorwahlbotschaft der Bundesregierung
im Widerspruch oder gaben eine völlig veränderte Per-
spektive wieder.

II. Komplexität des Untersuchungs-
gegenstands

Beim Bundeshaushalt sowie bei der gesetzlichen Kranken-
und Rentenversicherung handelt es sich um komplexe
volkswirtschaftliche Rechen- und Regelsysteme. Die Frage
der Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages und
des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes kann
nur durch eine umfassende volkswirtschaftliche Analyse be-
antwortet werden.
Zur Bewertung solcher Systeme werden zum einen Statis-
tiken herangezogen. Sie stellen eine Momentaufnahme dar
und sind die unumgängliche Ausgangsbasis eines jeden Be-
wertungsprozesses. Entscheidend ist, dass diese Statistiken
verlässlich sind und zeitgerecht vorliegen. Wenn diese Vor-
aussetzungen nicht erfüllt sind, muss jede Beurteilung
volkswirtschaftlicher Daten zu Fehleinschätzungen führen.
Zu einer Bewertung der hier angesprochenen Regelsysteme
und Zahlenwerke gehört zum anderen eine Analyse des ge-
samtwirtschaftlichen Umfeldes. Hier kommt eine Fülle von
Einflussfaktoren zum Tragen, die zudem von System zu
System unterschiedlich sind. Es müssen insbesondere die
konjunkturellen Einflüsse, die strukturellen Bedingungen
sowie Sonderfaktoren herangezogen und bewertet werden.
Dies lässt Raum für Interpretationen. Zu einer Bewertung
gehört schließlich die Einschätzung von Perspektiven. Hier
werden die Interpretationsspielräume noch größer.
III. Die Meinungsbildung in den Ministerien
Eine fundierte Beurteilung der hier angesprochenen volks-
wirtschaftlichen Regel- und Zahlenwerke, eine sachge-
rechte Aufzeichnung der Zusammenhänge und eine ange-
messene Einschätzung der Interpretationsspielräume sind
nur mit Hilfe hoch spezialisierter Fachleute möglich. Die
Politik wäre, auf sich allein gestellt, überfordert. Sie tut des-
halb gut daran, sich in der eigenen Interpretation von Sach-
verhalten nicht allzu weit von den Fachleuten zu entfernen.
Missachtet sie dieses Gebot, so werden die Ankündigungen
von Politikern über kurz oder lang von der Wirklichkeit wi-
derlegt – ein Phänomen, das sich schon häufiger ereignet
hat. Nicht zuletzt die Arbeit dieses Untersuchungsausschus-
ses hat dies deutlich gemacht.
Zur Fundierung der Urteilsbildung stützt sich die Regierung
in erster Linie auf die Fachkompetenz ihrer Beamten und
Innerhalb von vier Wochen nach der Bundestagswahl
waren alle Positionen neu beschrieben und standen zur

ihres Fachgebietes, sie sind auch eingebunden in den aktuel-
len Dialog mit der Wissenschaft, den Verbänden oder den

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 207 – Drucksache 15/2100

internationalen Organisationen. Sie sind es auch, die die Er-
gebnisse externer Beratung einzuordnen wissen und sie für
die Ministerin oder den Minister aufbereiteten und mit einer
Stellungnahme versehen.
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat eine klare Di-
vergenz zwischen den Bewertungen der Fachleute und de-
nen der politischen Leitungsebene gezeigt. Die Bundesre-
gierung und ihre Minister haben sich in den hier
angesprochenen Politikbereichen zum Teil weit von dem
Rat ihrer fachkompetenten Beamten entfernt und von den
vorhandenen Interpretationspielräumen umfassend, ja miss-
bräuchlich Gebrauch gemacht.
Unmittelbar nach der Bundestagswahl trat ein, was voraus-
zusehen war. Die Politik wurde von der Wirklichkeit wider-
legt – und zwar in rasantem Tempo.
IV. Die einzelnen Beweisergebnisse
1. Situation des Bundeshaushalts und

Einhaltung des Maastricht-Kriteriums
im Jahre 2002 (Bundesministerium der
Finanzen)

In den Monaten vor der Wahl hat der Finanzminister in viel-
fältigen Beiträgen seine politische Botschaft wiederholt, die
sich dahingehend zusammenfassen lässt,
– dass der Bundeshaushalt 2002 solide finanziert sei,
– dass man nicht in eine höhere Neuverschuldung auswei-

che,
– dass die im Haushalt 2002 beschlossene Neuverschul-

dung von 21,1 Mrd. € nicht überschritten werde,
– dass die Kriterien des europäischen Stabilitätspaktes ein-

gehalten würden.
Die Ausführungen dazu im Sondervotum der CDU/CSU-
Fraktion belegen dies mit zahlreichen Zitaten.
Richtig ist zwar, dass der Finanzminister schon bei der Ein-
bringung des Haushalts 2002 im November 2001 dargelegt
hatte, dass der Haushalt „auf Kante genäht“ sei. Richtig ist
auch, dass der Finanzminister im Zusammenhang mit der
Maastrichtproblematik immer mal wieder darauf hingewie-
sen hat, dass es „eng“ würde (s. Dritter Teil C.II.1. und
C.III.1.).
Richtig ist aber auch, was die Bewertung der Mehrheitsfrak-
tionen in diesem Zusammenhang unerwähnt lässt, dass die-
ser Sachverhalt nicht im Vordergrund seiner Botschaften
stand. Beispielhaft sei auf die Haushaltsdebatte des Deut-
schen Bundestages am 12. September 2002 hingewiesen,
wo Finanzminister Eichel wörtlich sagte:

„Wir sind auf dem Wege zu einem gesamtstaatlichen
Haushalt ohne neue Schulden und zu einem Bundeshaus-
halt ohne Neuverschuldung.“

oder
„Wir stehen trotz aller Finanzenge fest zum Europäi-
schen Stabilitäts- und Wachstumspakt (...)“ (Plenarpro-
tokoll 14/252 des Deutschen Bundestages vom 12. Sep-
tember 2002).

„Nach 21,1 Mrd. Euro in diesem Jahr bleibt es bei der
für 2003 geplanten Neuverschuldung in Höhe von
15,5 Mrd. Euro“ (a.a.O.).

Eichel erwähnte jedoch nicht, dass er unter den von ihm ge-
nannten Zahlen die Sollzahlen verstand. Bei seiner Verneh-
mung im Ausschuss erklärte Staatssekretär Dr. Overhaus:
„jeder Abgeordnete im Plenum habe gewusst, dass die Zahl
21,1 Mrd. Euro natürlich nur die Sollzahl habe sein kön-
nen“ (s. Zweiter Teil, B. X. 1.).
Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sich eine nennenswerte
Anzahl von Abgeordneten dessen bewusst gewesen ist. Die
Öffentlichkeit, an die die Botschaft Eichels gerichtet war,
wusste es mit Sicherheit nicht.
Ein anderes Beispiel dieser Art von Irreführung der Öffent-
lichkeit durch bewusste sprachliche Unschärfen zeigte die
ARD-Sendung „Ihre Wahl“ am 17. September 2002. Dort
erklärte Finanzminister Eichel auf die Frage nach der Wah-
rung der Kriterien des europäischen Stabilitätspaktes: „Ich
bin sicher, es gibt keinen „blauen Brief“ aus Brüssel.“
Seine Antwort war zwar objektiv nicht falsch. Denn das
Verfahren (des „blauen Briefes“ nach Art. 99 EG-Vertrag)
war bereits im Frühjahr abgeschlossen worden, ohne dass
eine solche Mahnung ausgesprochen worden war. Die Bun-
desregierung hatte dies mit erheblichem politischem Druck
verhindert. Der Öffentlichkeit aber, an die diese Botschaft
gerichtet war, sind die komplexen Bestimmungen der
Maastricht-Kriterien und des Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes nicht bekannt. Für sie stand und steht im
Zweifel der Begriff „blauer Brief“ für die Einhaltung des
Stabilitäts- und Wachstumspaktes insgesamt. Es drängt sich
die Vermutung auf, dass der Finanzminister genau dieses
Missverständnis einkalkuliert hat, zumal er ja nach der Ein-
haltung der Stabilitätskriterien gefragt worden war.
Im Gegensatz zu diesen Wertungen des Ministers stehen die
Analysen und Bewertungen der Referate des Bundesfinanz-
ministeriums. Beispielhaft sei hier darauf hingewiesen, dass
das für die Haushaltsführung zuständige Referat II A 2 be-
reits am 17. Juli 2002 zu dem Ergebnis kam, dass die Netto-
kreditaufnahme im Jahre 2002 rechnerisch von 21,1 Mrd. €
auf 33,1 Mrd. € steige (Dokument Nr. 26).
An diesem Votum änderte sich bis zur Bundestagswahl
nichts. Die politische Leitung des Bundesfinanzministeri-
ums sah, als sie sich mit den Zahlen befasste, keine Veran-
lassung, die Öffentlichkeit und das Parlament darüber zu in-
formieren (s. Zweiter Teil, B. VII. 3. c) und d)).
Ebenfalls Mitte Juli unterrichtete der für die „Maastricht-
Meldung“ zuständige Leiter des Referats I A 4, Dr. Hanke,
die Leitung des Hauses mündlich, dass sich das rechneri-
sche Defizit nunmehr auf 3,3 bis 3,4% des BIP erhöht habe
(s. Zweiter Teil, C. IV. 2.).
Nach der Wahl, am 16. Oktober 2002, räumte Finanzminis-
ter Eichel dann im ZDF-„heute-journal“ ein, dass sich alle
seine vor der Wahl erklärten Botschaften nicht mehr halten
ließen:

„Ich habe gerade die Steuereinnahmen für den Septem-
ber auf den Tisch bekommen (…). Damit muss ich wohl
davon ausgehen, dass wir das Drei-Prozent-Kriterium
nicht werden halten können. (...) Das heißt dann aber
In dieser Haushaltsdebatte verkündete der Finanzminister
darüber hinaus:

auch, dass wir möglicherweise einen Nachtragshaushalt
machen werden.“

Drucksache 15/2100 – 208 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Finanzlage der gesetzlichen Kranken-
versicherung im Jahre 2002
(Bundesministerium für Gesundheit)

Auch im Gesundheitsbereich findet sich die gleiche Proble-
matik wie in den übrigen vom Untersuchungsausschuss be-
handelten Politikfeldern. Die Untersuchungen zeigten eine
signifikante Diskrepanz zwischen den Informationen, wel-
che die Ministerin der Öffentlichkeit mitteilte und denen,
die innerhalb des Ministeriums vorhanden waren.
Während die Ministerin den ganzen Sommer über die Öf-
fentlichkeit im Glauben ließ, dass die Beiträge stabil und
unter 14 % bleiben und der Haushalt der GKV ausgeglichen
sein würde, mehrten sich in der Fachwelt bereits die kriti-
schen Stimmen.
Roland Sing, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Würt-
temberg, informierte mit Schreiben vom 5. August 2002 das
Ministerium, dass seiner Ansicht nach die Beitragssätze
nicht bei durchschnittlich 14 % zu halten seien. Dabei be-
ziehe sich die schwierige Finanzlage und bevorstehende
Beitragssatzerhöhungen nicht allein auf seine Kasse, son-
dern auch auf weitere Ersatz-, Betriebs- und Innungskran-
kenkassen (Dokument Nr. 89).
Dr. Rainer Daubenbüchel, Präsident des Bundesversiche-
rungsamtes, mahnte die bundesunmittelbaren Krankenver-
sicherungsträger aufgrund von Anfragen verschiedener Kre-
ditinstitute mit Schreiben vom 28. August 2002, keine
Kredite für die laufenden Ausgaben aufzunehmen. Dieses
Schreiben wurde auch an das Gesundheitsministerium ge-
sandt (Dokument Nr. 88). Nach dem Sozialgesetzbuch V
dürfen die Krankenkassen lediglich sog. Kassenverstär-
kungskredite zur Überbrückung vorübergehender Liquidi-
tätsengpässe aufnehmen, nicht aber Deckungskredite zur Fi-
nanzierung laufender Ausgaben. Diese strukturellen
Defizite müssen laut § 220 Abs. 2 SGB V durch eine Anhe-
bung des Beitragssatzes ausgeglichen werden.
Prof. Dr. Dr. Bert Rürup warnte in einem Focus-Interview
am 8. September 2002 „vor nicht absehbaren Finanzrisiken
für die Krankenversicherung“.
Neben den Warnungen der Fachwelt lagen dem Ministerium
aber auch die Ergebnisse der Finanzschätzungen der GKV
des ersten Halbjahres 2002 vor. Darüber informierte der
Leiter des Referats 228 am 30. August 2002 die Ministerin:

„Auch unter Berücksichtigung der aus den Beitragssatz-
anhebungen resultierenden Mehreinnahmen von bis zu
3 ½ Mrd. Euro im Jahr 2002 und zu erwartender günsti-
gerer Grundlohnentwicklung im weiteren Jahresverlauf,
sind zusätzliche ausgabenseitige Einsparungen vor al-
lem im Arzneimittelbereich – die bislang nicht erkennbar
sind – zur Stabilisierung der Finanzentwicklung der
GKV unverzichtbar“ (Dokument Nr. 95).

Zu den Arzneimittelausgaben schrieb er:
„Die neuesten Daten der ABDA lassen auch im Juli
2002 mit einer Zuwachsrate von 8,2 v.H. keine Trend-
wende, sondern eine erneute Beschleunigung der Ausga-
benentwicklung erkennen“ (Dokument Nr. 95).

Dass ein Defizit nicht mehr zu vermeiden war, stand nach

„Für das mögliche Finanzergebnis des Jahres 2002 er-
gibt sich auf der Basis der neuesten Eckdaten unter Be-
rücksichtigung des Defizits von 3 Mrd. Euro in 2001, der
zu erwartenden jahresdurchschnittlichen Beitragssatz-
anhebung von 0,4 Prozentpunkten in 2002 mit Mehrein-
nahmen von rd. 3 ½ Mrd. Euro und den Eckdaten zu den
Grundlohn- und Ausgabensteigerungen rechnerisch ein
Defizit von 1 bis 1 ½ Mrd. Euro. Ein ausgeglichenes Fi-
nanzergebnis würde demnach neben den zu erwartenden
Verbesserungen auf der Einnahmeseite erhebliche zu-
sätzliche Einsparungen auf der Ausgabenseite – insbe-
sondere im Bereich der Arzneimittelversorgung voraus-
setzen“ (Dokument Nr. 102).

Diese neuen Erkenntnisse und die daraus resultierende
Schlussfolgerung, dass man ein ausgeglichenes Finanz-
ergebnis nicht mehr ernsthaft erwarten konnte, verschwieg
die Ministerin sowohl dem Bundestag (am 12. September
2002 berichtete sie dem Gesundheitsausschuss über „die ak-
tuelle Lage der Finanzentwicklung der gesetzlichen Kran-
kenversicherung“) als auch der Öffentlichkeit.
Die Ausführungen der Ministerin vor dem Untersuchungs-
ausschuss zur Genese des Vorschaltgesetzes sind in höchs-
tem Maße unglaubwürdig.
Vor der Wahl hatte Bundesministerin Schmidt jegliche Mut-
maßungen über ein solches Beitragssatzsicherungsgesetz
zurückgewiesen. Doch bereits acht Tage nach der Bundes-
tagswahl, am 30. September 2002, kündigte die Ministerin
in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau an, dass
sie ein Vorschaltgesetz für notwendig halte, um die Ausga-
ben der gesetzlichen Krankenversicherung zu stabilisieren.
Gleichzeitig wurde bekannt, dass das BMG mit einem Defi-
zit von 1 bis 1,5 Mrd. € für das Jahr 2002 rechnet.
In ihrer Befragung durch den Untersuchungsausschuss be-
hauptete die Ministerin, dass diese Erkenntnis auf Zahlen
beruhe, die sie zwischen dem 23. und dem 29. September
2002 erhalten habe. Spätere Zeugenbefragungen ergaben je-
doch, dass bereits am 24. September 2002 mit den Arbeiten
an diesem Vorschaltgesetz begonnen worden ist. Dies bele-
gen diverse Vermerke vom 25. September 2002 aus der Ab-
teilung 2 des damaligen BMG mit den Titeln „Vorschaltge-
setz für eine künftige Gesundheitsreform“, „Vorbereitung
eines Vorschaltgesetzes“, „Besprechung am 24. September
2002“ (Dokument Nr. 106).
Diese Erkenntnisse verkürzen den angeblichen Zeitraum
nach der Wahl, in der die Ministerin laut ihrer Aussage neue
Informationen über die Finanzsituation der GKV erhalten
habe, auf weniger als zwei Tage.
Es ist daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich-
keit auszuschließen, dass der Ministerin nicht schon vor der
Wahl die Unabweislichkeit eines Beitragssatzsicherungs-
gesetzes in Form eines nicht zustimmungsbedürftigen Vor-
schaltgesetzes bewusst war. Ihre gegenteiligen Aussagen
hat sie jedoch in der Öffentlichkeit vor der Wahl nicht korri-
giert.
In einem Brief an den Vorsitzenden des Untersuchungsaus-
schusses vom 9. Mai 2003 schränkte Bundesministerin
Schmidt ihre vorherige Zeugenaussage dahingehend ein,
dass sich ihre in der Franfurter Rundschau (FR) wiederge-
den Beratungen des GKV-Schätzerkreis am 4. und 5. Sep-
tember 2002 fest:

gebene Aussage lediglich auf eine Maßnahme zur Aus-
gabenbegrenzung im Bereich der Arzneimittelversorgung

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 209 – Drucksache 15/2100

beschränkt habe. Auch diese Schutzbehauptung konnte
durch die Auswertung der beigezogenen Dokumente wider-
legt werden. Den Akten ist zu entnehmen, dass in der Haus-
besprechung vom 24. September 2002 bereits weiterge-
hende Maßnahmen geplant waren: „Begleitmaßnahmen für
alle Leistungssektoren“, „Anhebung der Versicherungs-
pflichtgrenze für Berufsanfänger“, „Begrenzung der Ver-
waltungskosten der Krankenkassen“ (Dokument Nr. 103).
Mithin steht nach der Beweisaufnahme fest, dass die dama-
lige Bundesministerin für Gesundheit, Ulla Schmidt, die Öf-
fentlichkeit und den Deutschen Bundestag über die tatsäch-
liche Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen
zumindest unvollständig informiert hat.
Eine Falschaussage der Ministerin vor der Bundestagswahl
konnte insofern nicht nachgewiesen werden, als sie jegliche
ihrer Äußerungen zur Beitragsstabilität vom Einhalten der
Ausgabendisziplin oder vom Verhalten der großen Kranken-
kassen abhängig gemacht hatte. Sie verwies immer auf die
Unsicherheitsfaktoren wie die Ausgabensteigerungen bei
den Arzneimittel- und Krankenhauskosten, die ungewissen
Auswirkungen der Inanspruchnahme der Riester-Rente zum
Jahresende und auf die Unwägbarkeiten der Konjunkturent-
wicklung. Als die Unsicherheiten aber zunehmend zur Ge-
wissheit wurden, dass ein ausgeglichenes Finanzergebnis
nicht mehr erreicht werden könne, informierte die Ministe-
rin die Öffentlichkeit und das Parlament darüber nicht.
Bundesministerin Schmidt ist ferner vorzuwerfen, dass sie
vor dem Untersuchungsausschuss insofern die Unwahrheit
gesagt hat, als sie behauptete, die Notwendigkeit eines Vor-
schaltgesetzes beruhe auf neuen Erkenntnissen, die sie erst
zwischen dem 23. und dem 29. September 2002 erhalten
habe und beschränke sich lediglich auf eine Maßnahme zur
Ausgabenbegrenzung.
Die beigezogenen Akten widerlegen diese Behauptungen
eindeutig.

3. Finanzlage der gesetzlichen Renten-
versicherung im Jahre 2002
(Bundesministerium für Arbeit und Soziales)

Der damalige Bundesminister für Arbeit und Soziales, Walter
Riester, war frühzeitig darüber informiert, dass die Beiträge
in der gesetzlichen Rentenversicherung mit großer Wahr-
scheinlichkeit steigen werden. Diese Informationen hat er
bis zur Bundestagswahl der Öffentlichkeit und dem Parla-
ment vorenthalten.
Sein Sprecher ging harsch gegen anderslautende Einschät-
zungen vor – auch wenn diese mit der Auffassung der Fach-
referate des BMA vollkommen im Einklang standen. Dies
zeigte sich in der Reaktion auf ein Interview, welches Prof.
Dr. Franz Ruland, der Geschäftsführer des Verbandes Deut-
scher Rentenversicherungsträger (VDR), der Neuen Osnab-
rücker Zeitung am 23. August 2002 gegeben hatte. In die-
sem Interview, das am folgenden Tag abgedruckt wurde,
gab Prof. Dr. Ruland die Einschätzung, dass der Rentenbei-
tragssatz über die von der Regierung prognostizierte Marke
steigen werde. Wörtlich sagte er: „Nach den neuesten Zah-
len ist meiner Einschätzung nach der Anstieg des Beitrags-

Diese Aussage wurde von dem Sprecher des Arbeitsminis-
teriums als „reine Spekulation“ („Die Welt“ vom 3. Septem-
ber 2002 zitiert ihn mit „unverantwortliche Spekulation“)
zurückgewiesen: Bis zu einem Rentenbeitragssatz von
19,3 Prozent habe der Bund Vorsorge getroffen, um seinen
Anteil an höheren Sätzen abzufangen. „Wir sind überzeugt,
dass das reicht“ (Frankfurter Rundschau, 26. August 2002).
Noch in der Bundestagsdebatte am 12. September 2002
sagte Bundesminister Walter Riester:

„Die Umsetzung dieser Vorschläge würde uns erneut in
den alten Zustand zurückfallen lassen, dass Beiträge
steigen und Leistungen sinken. Ich kann Ihnen sagen:
Die jetzige Regierung steht davor; das wird nicht passie-
ren.“ (Plenarprotokoll 14/252 des Deutschen Bundesta-
ges vom 12. September 2002).

Seit Anfang Juni war im zuständigen Referat des BMA be-
kannt, dass der Beitragssatz von 19,3 Prozent in der Renten-
versicherung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu
halten war.
Grundlage dieser Einschätzung war die Entwicklung der
Pflichtbeiträge bis einschließlich Mai 2002, die im Ver-
gleich zum Vorjahr lediglich um 0,5 Prozent gestiegen wa-
ren. Bei der Schätzung der Pflichtbeitragseinnahmen für das
zweite Halbjahr sollten die nach Halbjahren getrennte
Lohnsummenschätzung der Wirtschaftsforschungsinstitute
(+1,6 % im 1. Halbjahr, +2,5 % im 2. Halbjahr) in der Weise
berücksichtigt werden, dass auch bei den Erwartungen der
Rentenversicherungseinahmen das zweite Halbjahr um
0,9 Prozent besser ausfalle als das erste (Dokument Nr. 114).
Bei den hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Ergeb-
nissen des ersten Halbjahres hatte diese Rechnung natürlich
auch Auswirkungen auf das Gesamtjahr.
Am 11. Juni 2002 informierte der Leiter des Referates I b 1
des damaligen Bundesministeriums für Arbeit und Sozial-
ordnung die Leitungsebene in einer Ministervorlage über
die „Finanzentwicklung der ArV/AnV unter Berücksich-
tigung der Beitragseingänge bis Mai 2002“:

„Unter diesen Annahmen ergibt sich für 2003 ein Bei-
tragssatz zur ArV/AnV in Höhe von 19,6 v.H. mit einem
Reserveüberschuss von lediglich 11 Mio. Euro. (…) Un-
terstellt man eine verstärkte Inanspruchnahme der Ent-
geltumwandlung aus Einmalzahlungen (Weihnachts-
geld), (…) ergäbe sich ein Beitragssatz von 19,7 v.H.“
(Dokument Nr. 114).

Damit war bereits im Juni für die Mitarbeiter des zuständi-
gen Referates klar, dass der Beitragssatz von 19,3 Prozent
nicht zu halten war.
Alle folgenden Aktionen des BMA zielten darauf ab, das
Bekanntwerden dieser Einschätzung zu verhindern, bzw.
Gegenrechnungen zu erstellen, die diese Entwicklung zu-
mindest anders aussehen ließen.
Als Reaktion auf diese Berechnungen wurden im BMA ver-
schiedene Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt und disku-
tiert:
Eine der erwogenen Handlungsalternativen war tatsächlich,
den ungünstigen Prognosen durch die „Nichtteilnahme des
BMA an der Juli-Schätzung“ zu entgehen. Dieser Vorschlag
satzes aber nun leider nicht mehr auf 19,3 Prozent zu be-
grenzen; er wird darüber liegen“ (Dokument Nr. 130).

findet sich als „Lösungsweg zur Vermeidung von 19,6“ in
einer Vorlage für Staatssekretär Anzinger vom 19. Juni 2002

Drucksache 15/2100 – 210 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

„Aktuelle Finanzlage der Rentenversicherung/Beitragssatz
2003“ (Dokument Nr. 115).
Das Ministerium entschloss sich schließlich doch dazu, an
der Sitzung des Schätzerkreises der Rentenversicherer vom
25. bis 27. Juni 2002 teilzunehmen. Um die eigenen Erwar-
tungen an die Entwicklung des Beitrags der Rentenversiche-
rung halten zu können, entschied sich die Leitung des Hau-
ses dazu, die eigenen Prognosen zur Lohnentwicklung
„stimmig“ zu machen. Da die tatsächliche Entwicklung des
ersten Halbjahres schlechter als erwartet ausgefallen war,
musste nun die Prognose für das zweite Halbjahr umso stär-
ker angehoben werden. Da der Lohnzuwachs im ersten
Halbjahr lediglich 0,3 statt 1,6 Prozent betragen hatte,
musste er für die zweite Jahreshälfte statt der zu Jahresbe-
ginn prognostizierten 2,4 Prozent mit 3,2 Prozent angenom-
men werden (Dokument Nr. 116).
Diese willkürliche Anpassung der Prognosen an das ge-
wünschte Ergebnis sprach Staatssekretär Dr. Achenbach mit
seinem Kollegen aus dem BMF, Dr. Overhaus, ab. Diese
neue Prognose wurde am 26. Juni 2002 in die laufenden Be-
ratungen des Schätzerkreises hineingetragen und führte im
Ergebnis zu zwei Varianten der Beurteilung der Entwick-
lung der Rentenversicherungsbeiträge – einer optimisti-
schen und einer pessimistischen (20. Sitzung, Protokoll
Dr. Achenbach, S. 42).
Über den Umgang mit den Ergebnissen der Schätzerkreis-
sitzung gibt folgender Vorgang innerhalb des BMA beredtes
Zeugnis:
In einem Entwurf einer Ministervorlage über die Ergebnisse
der Schätzerkreissitzung vom 25. bis 27. Juni 2002 berich-
tet das Referat I b 1 über die „Finanzentwicklung der ArV/
AnV unter Berücksichtigung der Beitragseingänge bis Mai
2002 – Beitragssatz 2003“. Dieser Vermerk enthält die ab-
schließende Einschätzung:

„Abteilung I weist darauf hin, dass die Annahmen zu Va-
riante 2 sehr optimistisch sind und dass deshalb Ende
Oktober voraussichtlich ein deutlich höherer Beitrags-
satz als 19,3 v.H. für 2003 festzulegen sein wird“ (Doku-
ment Nr. 120).

Diese Passage wurde von Staatssekretär Anzinger nach
Rücksprache mit Staatssekretär Dr. Achenbach gestrichen
(Dokument Nr. 120). Diese Streichung erfolgte jedoch nicht
– dies ergaben die Zeugenvernehmungen – weil man sie für
falsch hielt, sondern weil sie zu brisant waren (20. Sitzung,
Protokoll Dr. Achenbach, S. 30 f.). Dies belegt eine E-Mail
des Leiters der Abteilung I vom folgenden Tag:

„Die „Botschaft“ wurde allerdings gestern Abend noch
in Rspr. mit Min. deutlich angesprochen“ (Dokument
Nr. 121).

Dieser Vorgang ist auch ein Beweis dafür, dass Bundes-
minister Riester über die wahre finanzielle Lage in der GKV
frühzeitig Bescheid wusste.
Bereits am 15. November 2002 – also nicht einmal zwei
Monate nach der Wahl – verabschiedete der Bundestag mit
den Stimmen der Regierungskoalition eine Vielzahl von Ge-
setzen in den Bereichen Rentenversicherung und Gesund-
heitswesen. Der Beitrag in der gesetzlichen Rentenversiche-

5100 Euro erhöht, um das sich abzeichnende Defizit im
Haushalt der Rentenversicherungsträger zu schließen. Zu-
gleich wurden auch die Kriterien für die „Schwankungsres-
erve“ geändert. Bis zum Ende des Jahres 2002 galt, dass die
Rentenversicherer 80 Prozent einer Monatsausgabe als ge-
setzliche Mindestreserve zurücklegen mussten. Zum 1. Ja-
nuar 2003 wurde diese Anforderung auf 50 Prozent einer
Monatsausgabe gesenkt.

4. Kenntnis und Bewertung der einzelnen
Politikbereiche im Bundeskanzleramt

Vor der Bundestagswahl wurden von Seiten des Bundes-
kanzlers gegenüber der Öffentlichkeit keine Positionen ver-
treten, die von denen der Fachminister abwichen.
Die Vernehmung der Zeugen aus dem Bundeskanzleramt
hat gezeigt, dass es einen regelmäßigen Meinungsaustausch
mit den Fachministerien auf Arbeitsebene gab. Es ist daher
davon auszugehen, dass das Bundeskanzleramt über die
problematische Lage des Haushalts und der Sozialversiche-
rungssysteme grundsätzlich informiert war. Das impliziert,
dass darüber auch der Leitung des Hauses berichtet wurde.
Rückfragen von Seiten der Leitung hat es – jedenfalls der
Aktenlage nach – aber nicht gegeben. Die Aussagen der
Zeugen Klein, Claßen und Dr. Pfaffenbach bestätigten diese
Feststellung, zum Teil auch die Vernehmung des Chefs des
Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Steinmeier.
Finanzminister Hans Eichel und Gesundheitsministerin Ulla
Schmidt haben vor dem Ausschuss bekundet, dass sie über
die im jeweiligen Hause diskutierten problematischen Zah-
len zum Haushalt und zur Finanzlage der Sozialversiche-
rungssysteme nicht mit dem Bundeskanzler gesprochen ha-
ben, was dieser wiederum bei seiner Vernehmung bestätigte
(s. auch Zweiter Teil, C. VI. 3. a) und b)).
Dieses Ergebnis der Vernehmungen der Zeugen aus dem
Kanzleramt ebenso wie die Einlassungen des Bundeskanz-
lers in diesem Zusammenhang erscheinen wenig glaubwür-
dig. Wäre es so, wie vor dem Untersuchungsausschuss dar-
gestellt wurde, vermittelte sich der Eindruck, dass der
Bundeskanzler und sein Amt bei zentralen Fragen des
Staatswesens gemessen am Wissensstand seiner Minister
geradezu desinformiert gelassen wurden.
Für diesen erstaunlichen Sachverhalt gibt es lediglich zwei
Erklärungen: Entweder haben der Bundeskanzler und die
übrigen Zeugen aus dem Kanzleramt gegenüber dem Unter-
suchungsausschuss – und auch gegenüber der Öffentlichkeit
im Jahr 2002 – über ihre Kenntnisse der finanziellen Lage
des Bundeshaushalts und der sozialen Sicherungssysteme
falsche oder unvollständige Aussagen gemacht.
Oder aber, er und seine Mitarbeiter waren tatsächlich so
schlecht informiert über die Finanzlage in dem betreffenden
Zeitraum. Dies wäre unverantwortlich, angesichts der im-
mensen Bedeutung, die gerade die in Frage stehenden Poli-
tikbereiche für die Zukunft unseres Landes haben.
Dass der Bundeskanzler zumindest in manchen Teilberei-
chen besser informiert war, als er es vor dem Unter-
suchungsausschuss angegeben hat, zeigen seine Auftritte
beispielsweise in den Fernsehduellen. Hier vermittelte er
rung wurde auf 19,5 Prozent des Bruttogehalts erhöht.
Darüber hinaus wurde die Beitragsbemessungsgrenze auf

zumindest den Eindruck, über Kenntnisse der vollen Pro-
blematik zu verfügen. Das ist auch naheliegend. Schließlich

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 211 – Drucksache 15/2100

ist es die Aufgabe des Kanzleramtes, genau diese Informa-
tionen zu beschaffen, aufzubereiten und dem Bundeskanzler
mitzuteilen.
Offensichtlich gibt es andere Kanäle des Informationsflus-
ses, deren Untersuchung vom Auftrag des Ausschusses
möglicherweise nicht abgedeckt ist. Dafür spricht auch,
dass die Unterlagen, die dem Ausschuss vom Kanzleramt
zur Verfügung gestellt wurden, nicht nur inhaltlich, sondern
bereits vom Umfang her äußerst dürftig waren.
V. Gesamtergebnis
Die Bundesregierung, namentlich der Bundeskanzler und
die für Finanzen und die Sozialsysteme verantwortlichen
Minister haben die bei der Bewertung der Haushaltslage
und der Situation der Sozialversicherungssysteme vorhan-
denen Interpretationsspielräume missbraucht. Sie haben die
zwar unscharfen, aber noch zulässigen Grenzen der poli-
tisch gefärbten Deutung der Sachverhalte überschritten. Das
ist durch die Beweiserhebung, insbesondere die beigezoge-
nen Akten, hinreichend belegt.
Mit dem bewussten und zielgerichteten Festhalten an veral-
teten Prognosen und der Ausgabe von vagen Hoffnungen
als gesicherte Erkenntnisse wurden Parlament und Wähler
vorsätzlich getäuscht.
Somit hat sich die im Untersuchungsauftrag formulierte Be-
weisfrage einer falschen oder unzureichenden Information
des Bundestages und der Öffentlichkeit durch Mitglieder
der Bundesregierung erweisen lassen.
Der Bundesregierung gelang es, die Widersprüche zwischen
dem Urteil der Fachbeamten des Ministeriums und ihren öf-
fentlichen Aussagen bis zum Wahltag zu verdecken. Ein
Instrument dafür war die Ablenkung der öffentlichen Dis-
kussion in andere wichtige Themenbereiche. Die Bundes-
regierung ergriff diese Chance vor allem mit den Themen
Irak-Krieg und Flutkatastrophe (s. Zweiter Teil, XI. 3. a) und
b)).
In dieses Bild passt die vor dem Untersuchungsausschuss
gemachte Äußerung des Chefs des Bundeskanzleramtes,
Staatssekretär Dr. Steinmeier, wonach Fragen der finanziel-
len Lage der Renten- und Krankenversicherung in seiner
„Wahrnehmungsskala (…) nicht so weit oben“ standen
(30. Sitzung, Protokoll Dr. Steinmeier, S. 8).
Zum Beleg des Vorwurfs einer Täuschung der Öffentlich-
keit lässt sich auch anführen, der fundamentale und vor al-
lem rasche Positionswechsel der Bundesregierung nach der
Wahl. Schon am 16. Oktober 2002 wurde der neue Koali-
tionsvertrag geschlossen. Sein Kennzeichen war, dass er in
allen hier angesprochenen Politikbereichen neue Positionen
definierte, die zu den bisherigen im Widerspruch standen
oder eine völlig veränderte Perspektive zeichneten. Dieser
schnelle Meinungswandel ist ein starkes Indiz dafür, dass
die Regierung um die desolate Lage der Staatsfinanzen und
der Sozialversicherungssysteme schon vor der Bundestags-
wahl wusste, ihr Wissen aber vor der Öffentlichkeit und
dem Bundestag bewusst verschwiegen hat.
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat gezeigt, dass
diese Strategie von allen drei Ministern, deren Verantwor-

mit hinreichender Sicherheit nachweisen, dass der Bundes-
kanzler und die Minister ressortübergreifend ihre Strategie
ausdrücklich im Kabinett oder im Koalitionsausschuss ab-
gestimmt hatten. Lediglich Äußerungen des damaligen Ab-
geordneten und haushaltspolitischen Sprechers von BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN, Oswald Metzger, bei einem
Interview am 19. November 2002 beim ZDF-Journal „Fron-
tal 21“ ließen sich in diesem Sinne interpretieren. Dort sagte
er:

„... und dass wir nicht die Einnahmen erreichen, und die
Ausgabenlinie halten können, aus der Planung, das war
von vorneherein klar, aber man durfte es nicht sagen,
also das galt praktisch als Verstoß gegen den Kodex“.

Hiervon unabhängig gilt: Angesichts der vielfältigen Kon-
takte der handelnden Personen, sei es im Kabinett, im Bun-
destag, auf der Parteiebene oder bei Veranstaltungen, und
angesichts der identischen Zielrichtung aller hier behandel-
ten politischen Botschaften, nämlich dass der Bundeshaus-
halt solide gestaltet sei, die Finanzen der Sozialversiche-
rungssysteme ausgeglichen seien und Beitragserhöhungen
nicht anstünden, drängt sich der Eindruck einer „konzertier-
ten Aktion“ geradezu auf - wenn nicht im Kabinettsrahmen,
so doch auf Parteiebene, was aber nicht ausdrücklich Unter-
suchungsgegenstand war.

VI. Beurteilung der Bewertung der Bericht-
erstatter der Fraktionen von SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Sonder-
votums der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

1. Zum Feststellungs- und Verfahrensteil
Eine Einigung auf einen gemeinsam von allen Fraktionen
getragenen Feststellungs- und Verfahrensteil des Abschluss-
berichtes des 1. Untersuchungsausschusses ist nicht gelun-
gen (Dass dies hinsichtlich des Bewertungsteils gelingen
würde, war angesichts des Untersuchungsgegenstandes von
Beginn an praktisch ausgeschlossen). Trotz langer und in-
tensiver Verhandlungen über die genaue Ausgestaltung des
vom Sekretariat vorgelegten Entwurfs des Feststellungsteils
und zu einem Zeitpunkt, als auf der Arbeitsebene bereits
eine Einigung erzielt worden war, teilte die CDU/CSU-
Fraktion überraschend mit, dass sie den überarbeiteten Ent-
wurf des Sekretariats nicht mittragen werde – obwohl in
diesen mehrere Änderungsvorschläge von CDU/CSU einge-
flossen waren.
Die FDP-Fraktion kann sich dem Sondervotum der CDU/
CSU-Fraktion in erster Linie deshalb nicht anschließen,
weil die saubere Trennung und formale Unterscheidung
zwischen objektivem Sachverhalt und subjektiver Bewer-
tung nach Auffassung der FDP-Fraktion für eine nachvoll-
ziehbare Urteilsfindung unabdingbar ist und der gängigen
rechtsstaatlichen Praxis, auch bei früheren Untersuchungs-
ausschüssen, entspricht. Insofern ist es der Anspruch des
Sondervotums der FDP-Bundestagfraktion, einen möglichst
objektiven und differenzierten Eindruck von den Ergebnis-
sen dieses Untersuchungsausschusses zu geben.
Aus diesem Grund hält die FDP-Fraktion fest an dem auf
Arbeitsebene abgestimmten, vom Sekretariat des Unter-
tungsbereiche Gegenstand der Untersuchung waren, ver-
folgt wurde. Der Untersuchungsausschuss konnte aber nicht

suchungsausschusses vorbereiteten Feststellungs- und Ver-
fahrensteil. Dieser gibt zwar nicht in allen Punkten die

Drucksache 15/2100 – 212 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Schwerpunktsetzung des Berichterstatters der FDP-Frak-
tion wieder, doch ist im Interesse der Übersichtlichkeit und
Klarheit des Untersuchungsergebnisses der getroffene
Kompromiss einem eigenen Feststellungsteil der FDP-Frak-
tion vorzuziehen.

2. Zu den Bewertungsteilen
a) Bewertungen von SPD und BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN
Die FDP-Fraktion widerspricht der Bewertung seitens der
Berichterstatter von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN. Angesichts der Ergebnisse der Zeugenvernehmungen
ist es nicht nachvollziehbar, wie SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN in ihrer Bewertung zu dem Ergebnis kom-
men, die mit dem Untersuchungsauftrag erhobenen Vor-
würfe seien vollständig ausgeräumt. Ihr Bericht, Dritter
Teil, Bewertung, spiegelt die Erörterungen und Zeugenver-
nehmungen des Ausschusses nur bedingt wider. Zum Teil
werden Fragen aufgeworfen, die im Ausschuss kaum oder
gar keine Rolle spielten. Zum Teil widersprechen die Aus-
führungen dem Ergebnis der Beweiserhebung. Dazu seien
hier drei Beispiele angeführt:
1. In der Bewertung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN wird nachdrücklich und immer wieder auf
vielen Seiten darauf verwiesen, dass die Bundesregie-
rung „den Bundestag und die Öffentlichkeit über statis-
tische Daten zur Situation des Bundeshaushalts und der
Sozialversicherungssysteme regelmäßig und entspre-
chend der Staatspraxis unterrichtet (hat). Fehler in den
Unterrichtungen oder den Veröffentlichungen konnten
nicht festgestellt werden“ (vgl. Dritter Teil, A.).
Diese Frage war jedoch nicht Gegenstand der Untersu-
chungen des Ausschusses. Niemand im Ausschuss hat
jemals vermutet oder behauptet, dass die Bundesregie-
rung Statistiken manipuliert oder deren Veröffentlichung
absichtlich verzögert habe.

2. In der Bewertung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN wird behauptet, der Ausschuss habe festge-
stellt: „Die interne Einschätzung des Bundesministe-
riums der Finanzen über das zu erwartende gesamtstaat-
liche Defizit (...) in der Abgrenzung des Europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspaktes entsprach genau die-
sen öffentlichen Äußerungen“ (vgl. Dritter Teil, A.).
Zum Einen zeigt sich hier erneut die Irreführung der Öf-
fentlichkeit. Wer weiß in Deutschland schon zu unter-
scheiden zwischen dem Defizit nach der Volkswirt-
schaftlichen Gesamtrechnung und dem nach dem
Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt? Die hier
erkennbare Rabulistik mit der Zielsetzung der Irrefüh-
rung ist eine Fortsetzung entsprechender Äußerungen
von Bundesfinanzminister Hans Eichel vor der Wahl.
Als Beispiele hierfür seien die Episode mit dem „blauen
Brief“ und die Nennung von „Sollzahlen“ in der Haus-
haltsdebatte vom 12. September 2002 bereits angeführt.
Hinzu kommt, dass im Finanzministerium sehr wohl
schon frühzeitig, nämlich im Juli des Jahres 2002, be-
rechnet worden war, dass nach dem damals absehbaren
Verlauf des Haushalts das Maastricht-Kriterium über-

3. In der Bewertung von SPD und BÜNDNIS 90/ DIE
GRÜNEN wird behauptet: „Die von der Bundesregie-
rung vor der Bundestagswahl geäußerte Erwartung, der
Rentenversicherungsbeitragssatz 2003 würde bei 19,3%
liegen, entsprach der festen Überzeugung des Bundes-
arbeitsministeriums und der zuständigen Abteilung im
Bundeskanzleramt“ (vgl. Dritter Teil, A.).
Auch hier werden die Ergebnisse des Untersuchungsaus-
schusses ausgeblendet. Zum Einen hat es, wie dargelegt,
eine sehr kontroverse Diskussion im Arbeitsministerium
um die Beitragssätze gegeben (Beitragssatz von 19,3 %
oder 19,6 %, die sog. Varianten I und II, vgl. Dokumente
Nrn. 120 ff.). Zum Anderen hat die zuständige Abteilung
im Kanzleramt hierzu keine eigene Meinung gehabt.
Vielmehr war die Arbeitsweise dort so, wie im Zweiten
Teil, B XI. 1. dieses Berichtes im Zusammenhang mit
den Erörterungen zur Haushaltslage dargelegt wird, dass
die „Fakten und Zahlen (des BMF) übernommen und in
der Form von Vorlagen aufbereitet (würden)“. Der
Zeuge Tiemann, damals zuständiger Abteilungsleiter im
Bundeskanzleramt, hat in seiner Vernehmung lediglich
dargelegt, dass ihm die zwischen BMA und BMF abge-
stimmte Berechnungsmethode plausibel erschienen sei
(vgl. Zweiter Teil, E. 3. d), cc)). Dies als „feste Überzeu-
gung“ zu interpretieren, heißt, die Wahrheit zurechtzu-
biegen.

b) Bewertungen der CDU/CSU
Was die Bewertungen der CDU/CSU-Fraktion in ihrem
Sondervotum angeht, so entsprechen sie denen der FDP-
Fraktion in weiten Teilen. Sie können aber nicht in allen
Teilen von der FDP-Bundestagsfraktion getragen werden.
Zum Einen führte eine unscharfe Trennung von Feststellun-
gen zum Sachverhalt und Bewertungen im Sondervotum der
CDU/CSU-Fraktion zu der Entscheidung, eine eigene Be-
wertung seitens der FDP-Fraktion abzugeben.
Zum Anderen fehlt es aus der Sicht der FDP-Fraktion im
Sondervotum der Union an Hinweisen, die anerkennen, dass
der Finanzminister und die Gesundheitsministerin gelegent-
lich ihre positiven Perspektiven – wenn auch meistens
sprachlich etwas verdeckt – konditionierten oder ein-
schränkten. Dafür stehen die Worte des Finanzministers,
dass der Haushalt „auf Kante genäht“ sei und es mit den
Maastricht-Kriterien „eng“ werden würde. Dafür stehen
auch die wiederholten Äußerungen der Gesundheitsministe-
rin, wonach die Perspektive einer ausgeglichenen Finanz-
lage der Krankenversicherung und stabiler Beitragssätze nur
unter der Bedingung günstiger Einnahmenentwicklung und
strikter Ausgabendisziplin einträte. Der CDU/CSU-Fraktion
ist allerdings einzuräumen, dass zum Zeitpunkt derartiger
Äußerungen die Ausgaben – vor allem bei Arzneimitteln
und Krankenhäusern – schon lange aus dem Ruder gelaufen
waren.
Das Sondervotum der CDU/CSU-Fraktion lässt andererseits
unerwähnt, dass jedenfalls die Gesundheitsministerin vor
dem Untersuchungsausschuss – und zwar zur Frage ihrer
angeblichen Erkenntnisse unmittelbar nach der Wahl – eine
schritten würde (vgl. Zweiter Teil, C. IV. 1. b) und 2.,
Vernehmung des Zeugen Dr. Hanke).

Aussage gemacht hat, deren Wahrheitsgehalt durch die Ak-
tenlage klar zu widerlegen ist.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 213 – Drucksache 15/2100

VII. Verfahrenskritik
Bei diesem Untersuchungsausschuss fand zum ersten Mal
das im Jahr 2001 vom Deutschen Bundestag verabschiedete
neue Untersuchungsausschussgesetz (PUAG) Anwendung.
Neben der Beurteilung der inhaltlichen Ergebnisse des
1. Untersuchungsausschusses der 15. Wahlperiode stellt
sich damit auch die Frage nach der Bewertung dieser neuen
Rechtsgrundlage, die durch die Vorschriften der Geschäfts-
ordnung des Bundestages und die Strafprozessordnung er-
gänzt wird.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber das
PUAG so ausgestaltet hat, dass das Verfahren – wie schon
zuvor nach den sog. IPA-Regeln – nicht ausschließlich auf
die Wahrheitsfindung zielt. Nach dem PUAG handeln Un-
tersuchungsausschüsse in einem parlamentarischen Zusam-
menhang, der zwar auf Transparenz und Publizität ausge-
richtet ist, aber auch wesentlich von der politischen
Auseinandersetzung der Parteien geprägt wird. Die Fortset-
zung dieser Tradition des deutschen Untersuchungsaus-
schussrechts war ausdrücklich erwünscht.
Trotz dieses historischen Hintergrundes hat sich nach Auf-
fassung der FDP-Fraktion die Rolle des Vorsitzenden als
problematisch gezeigt und insbesondere sein unbegrenztes
Fragerecht als deutliche Behinderung der Aufklärungsarbeit
des Untersuchungsausschusses erwiesen.
Gemäß § 24 Abs. 5 PUAG kann der Vorsitzende zur Auf-
klärung und zur Vervollständigung der Aussage des Zeugen
weitere Fragen stellen. Ausweislich der Beschlussempfeh-
lung zum Entwurf des PUAG des 1. Ausschusses ist die
Vernehmung des Zeugen zunächst Aufgabe des Vorsitzen-
den, bevor die anderen Mitglieder das Wort erhalten. Deren
Redezeit und die Rednerreihenfolge richteten sich nach der
GOBT. In diesem Untersuchungsausschuss bedeutete dies,
dass nach dem Vorsitzenden zunächst die Mitglieder der
CDU/CSU-Fraktion 24 Minuten befragen durften, anschlie-
ßend Mitglieder der SPD-Fraktion 25 Minuten, danach die
FDP-Fraktion sechs und die Fraktion von BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sieben Minuten. Die vorgenannten Zeitan-
teile umfassen neben den Fragen des Abgeordneten auch die
Antwort des jeweiligen Zeugen. Die Fragezeit des Vorsit-
zenden ist hingegen nicht begrenzt.
Hierin gründete eine immer wiederkehrende Problematik
der Befragungen im Untersuchungsausschuss. Der Vorsit-
zende nutzte sein Fragerecht dahingehend, dass er regelmä-
ßig bis zu einer Stunde oft belanglose Fragen an die Zeugen
stellte, bevor der erste Vertreter der Opposition an der Reihe
war. Diese Zermürbungstaktik stellte die Geduld und Auf-
merksamkeit der Zuhörer auf eine harte Probe und behin-
derte eine stringente Beweisaufnahme in erheblichem
Maße. Überdies verschiebt das unbegrenzte Fragerecht des
– nicht unparteiischen – Vorsitzenden die Gewichtsverhält-
nisse zwischen den Fraktionen. Bevor beispielsweise die
FDP-Fraktion die erste Frage an einen Zeugen richten
konnte, waren meist eineinhalb Stunden vergangen – sofern
der Zeuge und/oder der Vorsitzende nicht noch zusätzlich
einleitende Bemerkungen gemacht hatten.
Dieser Missbrauch des unbegrenzten Fragerechts ist sicher-
lich nicht im Sinne des PUAG. Er wiegt nach Ansicht der

in Bedrängnis gebrachten Zeugen in gelegentlich unzulässi-
ger Weise zur Seite sprang und die an sie gerichteten Fragen
selbst beantwortete oder zurückwies.

VIII. Wirkung der Ausschussarbeit und Ausblick
Dieser Untersuchungsausschuss hat mehrere wichtige Funk-
tionen erfüllt.
Zum Einen hat er – trotz der restriktiven Herausgabepraxis
insbesondere im Kanzleramt – zahlreiche Dokumente her-
vorgebracht, die der Öffentlichkeit ansonsten verborgen ge-
blieben wären.
Zum Anderen geht von diesem Ausschuss die Signal-
wirkung aus, dass künftig für Regierungen ein ähnlicher
Umgang mit wichtigen Informationen zumindest die unan-
genehme Befragung und Beleuchtung durch einen Unter-
suchungsausschuss zur Folge haben kann. Denn wenn wei-
terhin so verfahren würde und die korrekte Information der
Öffentlichkeit durch die Bundesregierung von den Wahlter-
minen abhängig gemacht würde, weiß kaum noch jemand,
was wahr ist und was gelogen. Die Folgen eines solchen
Handelns treffen alle politischen Parteien und verringern
das Vertrauen der Bürger in die Verlässlichkeit und Seriosi-
tät der Politik. Insofern war dieser UA ein positiver Beitrag
zur politischen Kultur unseres Landes. Dieser Beitrag wird
bereits dadurch deutlich, dass die Bundesregierung während
der Arbeit des Untersuchungsausschusses im Jahr 2003 eine
deutlich offenere Informationspolitik (z. B. im Hinblick auf
das Überschreiten des Maastricht-Kriteriums) betreibt als
im Vorjahr.
Auf der Grundlage der beigezogenen Akten aus den Minis-
terien und der Befragung der Zeugen ließ sich der Beweis
führen, dass die politisch Verantwortlichen weit mehr wuss-
ten, als sie in der Öffentlichkeit bereit waren zu sagen. Dies
wäre allein mit den öffentlich zugänglichen Dokumenten
nicht zu belegen gewesen.
Damit hat sich das in Art. 44 GG niedergelegte Minderhei-
tenrecht, einen Untersuchungsausschuss einsetzen zu kön-
nen, bewährt. Dies gilt, auch wenn es – wie in diesem Falle –
um einen Untersuchungsgegenstand geht, der wenig über-
einstimmende Bewertungen erwarten lässt. Denn bereits die
erweiterte Information über regierungsinterne Sachverhalte
versetzt die Öffentlichkeit in die Lage, sich ein eigenes Ur-
teil zu bilden.
Die beigezogenen und damit der öffentlichen Diskussion
zugänglichen Dokumente haben neben den Zeugenbefra-
gungen auch deutlich gemacht, dass die Brisanz der zurück-
gehaltenen Informationen den Handelnden durchaus be-
wusst war. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der schon
angesprochene Vermerk aus dem BMA (Dokument Nr. 120),
in dem ein Staatssekretär eine inhaltlich richtige Aussage
wegen ihrer Brisanz streicht und sie anschließend dem Mi-
nister mündlich vorträgt.
Auch im BMF unterrichtet Mitte Juli der Referatsleiter
I A 4, Dr. Hanke, seine Vorgesetzten lediglich mündlich
über seine neuesten Berechnungen – weil es ihm „schon
wegen der gebotenen Vertraulichkeit und um dem Minister
seine Entscheidungsfreiheit zu lassen nicht geboten er-
FDP-Fraktion fast noch schwerer als die Folgen einer oft
festzustellenden Parteilichkeit des Vorsitzenden, mit der er

schien, schriftliche Vorlagen zu unterbreiten“ (7. Sitzung,
Protokoll Dr. Hanke, S. 107). Die Information, die

Drucksache 15/2100 – 214 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Dr. Hanke auf diesem Wege seinem Minister zukommen
ließ, war, dass man nach den Ergebnissen des Steuermonats
Juni hinsichtlich des gesamtstaatlichen Defizits bei etwa 3,3
bis 3,4 % des BIP liege und man daher „ein großes Risiko
für die Erreichung des Maastricht-Defizits sehen musste“ “
(7. Sitzung, Protokoll Dr. Hanke, S. 107 ff.).
Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel aus den beigezoge-
nen Dokumenten ist ein „interner Informationsvermerk“
des BMG zur Finanzlage der GKV vom 27. August 2002
(Dokument Nr. 94), der nicht nur an das Kanzleramt und den

SPD-Parteivorstand, sondern auch an die KAMPA 02 und
den Deutschen Gewerkschaftsbund (!) gesandt wurde.
Auch im BMF fanden sich solch aufschlussreiche Doku-
mente, wie ein Vermerk zur „Behandlung des Bundesbank-
Gewinns bei der Berechnung des Maastricht-Defizits“ vom
6. August 2002 (Dokument Nr. 49), der verschiedene Hand-
lungsmöglichkeiten aufzeigt. Handschriftlich vermerkt sind
dort u. a. die Einschätzung „Alternative 1 ist wegen Laut-
losigkeit vorzuziehen“ und der wohl entscheidende Kom-
mentar: „bis nach Sept. schieben“.

kannten Situation der öffentlichen Haushalte abenteuer-
lichen Wahlversprechen von CDU und CSU.
Anders als der Berichterstatter der CDU/CSU anerkennt
Abg. Otto in seinem Sondervotum für die FDP diesen Um-
stand ausdrücklich (S. 206) und fügt an anderer Stelle hinzu:

versicherungsträger (VDR) auf der anderen Seite nicht auf
die Grundannahmen für die weitere Beitragsentwicklung
einigen konnten, wurden einvernehmlich als unabhängige
„Schiedsrichter“ das Deutsche Institut für Wirtschaftsfor-
schung und der Sachverständigenrat eingeschaltet. Diese
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 215 – Drucksache 15/2100

C. Erwiderung der SPD-Fraktion auf das Sondervotum der CDU/CSU-Fraktion zum Abschlussbericht
des 1. Untersuchungsausschusses der 15. Wahlperiode

I. Für Union bleibt Untersuchungsgegenstand
unklar

Auf Seite 165 ihres Sondervotums verwendet die CDU/
CSU viel Mühe darzulegen, dass in der Untersuchung nur
amtliches Regierungshandeln, nicht aber Wahlversprechen
politischer Parteien zu überprüfen und zu sanktionieren wa-
ren. Verständlich, angesichts der eigenen Wahlversprechen
wäre das für sie auch peinlich geworden.
An späterer Stelle des Sondervotums kommt aber wieder
das verquere Staatsverständnis der CDU/CSU zum Aus-
druck, indem sie Regierung und Partei – wie es der ehema-
lige Bundeskanzler Kohl während seiner Amtszeit immer
wieder getan hat – gleichsetzt. Weil an den offiziellen Re-
gierungspublikationen aus dem Sommer 2002 nichts zu be-
anstanden war, unternimmt die CDU/CSU-Fraktion in ih-
rem Bericht zur Begründung ihres Verdachts den
untauglichen Versuch, ihre Thesen mit dem Abdruck von
Wahlplakaten und Wahlbroschüren der SPD zu begründen.
II. Die angeblichen Enthüllungen der CDU/

CSU- Fraktion
1. Finanzminister acht Wochen vor der Wahl

über „Katastrophe“ der Staatsfinanzen
informiert …

Als „sensationell“ bezeichnet der Unions-Berichterstatter
die „Enthüllung“, dass der Bundesfinanzminister bereits
acht Wochen vor der Wahl über die tatsächliche Situation
des Bundeshaushalts informiert worden sei. Selbstverständ-
lich war der Bundesfinanzminister zu jeder Zeit über alle
wichtigen Aspekte des Bundeshaushalts informiert. Daraus
hat er nie einen Hehl gemacht. Im Gegenteil: Auf diese
Feststellung legte er sogar Wert. Diese umfassende Infor-
miertheit zeichnet diesen Finanzminister aus.
Sensationell ist vielmehr, dass die Union selbst nach einem
Jahr Untersuchungsausschuss immer noch nicht bereit ist
zur Kenntnis zu nehmen, dass all diese „sensationellen“ In-
formationen zu jeder Zeit in den veröffentlichten Monatsbe-
richten des BMF nachzulesen und Gegenstand der öffent-
lichen Auseinandersetzung waren.
Der Bundesfinanzminister hat bei jeder sich bietenden Gele-
genheit betont, der Bundeshaushalt sei „auf Kante genäht“
und erteilte allen weiteren Forderungen an den Haushalt
eine Absage, insbesondere den angesichts der allgemein be-

2. In der Haushaltsrede wenige Tage vor
der Wahl über die wahre Verschuldung
gelogen …

Die Union behauptet, der Bundesfinanzminister habe zehn
Tage vor der Wahl im Deutschen Bundestag über die vor-
aussichtliche Höhe der Nettokreditaufnahme im Jahre 2002
gelogen, als er sagte, nach 21,1 Mrd. € liege sie im Jahre
2003 bei 15,8 Mrd. €, obwohl ihm von seiner Haushaltsab-
teilung vorgerechnet worden sei, sie liege bei 32 Mrd. €.
Dies ist glatter Unsinn. Es ging in dieser Debatte um den
Entwurf für den Haushalt 2003. Hier ist es üblich – dies
wurde auch von den Vorgängern von Hans Eichel genauso
praktiziert – dass die Entwurfszahlen für das Folgejahr mit
den Sollzahlen des laufenden Jahres verglichen werden. Ge-
nau dies tat der Bundesfinanzminister.
Kein Mensch kam auf die absurde Idee anzunehmen, der
Bundesfinanzminister gebe eine Hochrechnung für die – nie-
mals im Voraus bekannte – exakte Nettoneuverschuldung
des laufenden Jahres ab. Mit Sicherheit auch nicht auf
Seiten der Union. So musste sie ein Missverständnis vor-
täuschen, um den Vorwurf der Falschinformation über die
Situation des Bundeshaushalts konstruieren zu können.
Wie genau es die Union mit ihren angeblichen Hochrech-
nungen zum Abschluss des Haushaltes nahm, zeigte sich
besonders deutlich in der Haushaltsdebatte im Dezember
2002, in welcher der haushaltspolitische Sprecher der CDU/
CSU-Fraktion prognostizierte, der Haushalt 2002 würde mit
einem Minus von 40 Mrd. € abschließen. Vier Wochen spä-
ter war klar: Es waren lediglich 31,8 Mrd. €.

3. Rentenzahlen schöngerechnet
Dem ehemaligen Bundesarbeitsminister wirft die Union
vor, er habe interne Zahlen über die Rentenversicherung
schöngerechnet, um das politisch gewünschte Ergebnis bis
zur Bundestagswahl öffentlich vertreten zu können, und
diese geschönten Zahlen den Rentenversicherungsträgern
aufgezwungen.
Fakt ist: Über die mögliche Beitragssatzhöhe im Jahre 2003
fand vor der Bundestagswahl eine heftige öffentliche De-
batte statt. Als klar wurde, dass sich das Bundesarbeits- und
das Bundesfinanzministerium auf der einen und die Renten-
„Niemand im Ausschuss hat jemals vermutet oder be-
hauptet, dass die Bundesregierung Statistiken manipu-
liert oder deren Veröffentlichung absichtlich verzögert
habe.“ (Sondervotum FDP, S. 212)

stellten fest:
– Die Prognose des VDR zum Beitragssatz 2003 (19,6 %)

wird als „bei weitem zu pessimistisch“, die Prognose des
BMA (19,3 %) „als etwas zu optimistisch“ bewertet.

Drucksache 15/2100 – 216 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Der von der Bundesregierung für die Höhe des Beitrags-
satzes zu Grunde gelegte Zuwachs der Entgelte von
2,4 % wird „als nicht gefährdet“ angesehen.

4. Nur wenige Tage nach der Wahl Situation
zugegeben...

Die Union wirft der Bundesregierung vor, sie habe kurz
nach der Wahl ihre Vorhersagen grundlegend revidieren
müssen. Insbesondere habe Bundesfinanzminister Eichel
bereits am 16. Oktober 2002 die Möglichkeit eines Nach-
tragshaushaltes eingeräumt.
Das Verhalten des Bundesministers ist nicht zu beanstan-
den. Zutreffend erfuhr er erst zu diesem Zeitpunkt über die
ungünstigen kassenmäßigen Steuereinnahmen aus dem be-
deutenden Steuermonat September. Hinzu kam, dass erst
Mitte Oktober 2002 die Aussicht auf die von allen erwartete
konjunkturelle Belebung in der zweiten Jahreshälfte aufge-
geben werden musste.
In ihrem Bericht völlig ausgeblendet hat die Union das Er-
gebnis der Sachverständigenanhörung des Ausschusses vom
30. Januar 2003. Die vernommenen Wirtschaftswissen-
schaftler hatten die Bundesregierung entlastet. Die konjunk-
turelle Entwicklung in der zweiten Hälfte des Jahres 2002
sei schlechter gelaufen als von allen vorausgesehen.

5. Widerspruch zwischen Fachebene der
Ministerien und der politischen Führung

Die Union behauptet, in allen drei Ministerien lasse sich
dasselbe Muster erkennen, die korrekten, pflichtbewussten
Beamten hätten ihren Ministern die Wahrheit rechtzeitig
und ungeschminkt geschildert, die politische Führung der
Ministerien hätte aber alles getan, um diese Erkenntnisse
unter der Decke zu halten und zu verhindern.
Auch durch Wiederholungen wird dies nicht wahrer:
Es gab zwar eine Reihe von Vermerken aus den Ministerien,
die darstellten, wie die Situation am Ende des Jahres ausse-
hen könnte. Diese Vermerke zeigten in der Tat für das Ende
des Jahres 2002 jeweils eine ungünstige Situation des Bun-
deshaushalts und der Finanzen der Rentenversicherung.
Diese Hochrechnungen waren eine lineare Fortschreibung
der vorliegenden und veröffentlichten Ist-Zahlen aus dem
ersten Halbjahr 2002.
Da der gesamte wirtschaftswissenschaftliche Sachverstand
der Republik allerdings davon ausging, dass im zweiten
Halbjahr eine deutliche konjunkturelle Belebung stattfinden
würde, hatte die Bundesregierung begründeten Anlass, ihre
Erwartungen für die Zukunft auf mehr als nur Dreisatzrech-
nungen zu stützen. Sie tat dies in einer Weise, wie es von
unabhängigen Wirtschaftswissenschaftlern nahegelegt und
letztlich auch von denselben Fachbeamten, welche die skep-
tischen Vermerke angefertigt hatten, für gut und richtig be-
funden worden ist. Der Ausschuss hat diese Beamten ver-
nommen und die Aussagekraft dieser Vermerke und deren
Grenzen erläutert bekommen. In keinem Fall hielt ein Fach-
beamter die politische Entscheidung, wie mit den vorliegen-

III. Zum Verfahren im Ausschuss
1. Verzicht auf Vernehmung von Mitgliedern

der Regierung Kohl und von CDU-
Landespolitikern

Die Koalition verzichtete darauf, Mitglieder der Regierung
Kohl und CDU- bzw. CSU-Landespolitiker vor den Aus-
schuss zu laden. Daraus zieht die Union den Schluss, das In-
formationsverhalten der Bundesregierung im Sommer 2002
sei beispiellos gewesen.
Mit Einführung der Monatsberichte des Bundesfinanzminis-
teriums ist die Transparenz über die Finanzen des Bundes in
der Tat beispiellos geworden. Dies ist jedoch offenkundig
und bedurfte keiner Beweisaufnahme.
Auch das Verhalten der unionsgeführten Landesregierungen
in dem ungewöhnlichen Jahr 2002 ergibt sich aus Landtags-
drucksachen und -protokollen und bedurfte daher keiner Be-
weisaufnahme. Offenkundig ist insbesondere, dass auch die
hessische Landesregierung die November-Steuerschätzung
2002 abwartete, bevor sie per Nachtragshaushalt die Netto-
kreditaufnahme mehr als verdoppelte. Das Gleiche gilt für
den bayerischen Finanzminister, der seinen Entwurf des
Doppelhaushalts 2003/2004 bis in den November hinein auf
die Mai-Steuerschätzung stützte. Vor dem Bayerischen
Landtag rechtfertigte er sich hierfür am 12. Dezember 2002:

„(…) gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zum Verfah-
ren: Es ist nötig, weil sich die Kollegen der SPD (…)
über zwei Dinge beklagt haben, nämlich, dass erstens
der Haushaltsentwurf trotz der verschlechterten Ent-
wicklung der Steuereinnahmen auf der Grundlage der
Mai-Steuerschätzung aufgestellt wurde und zweitens,
dass erst im November die Konsequenzen aus der
schlechten Entwicklung für den Entwurf des Doppel-
haushalts 2003/2004 gezogen wurden.
Zunächst einmal zur ersten Klage. Es hat überhaupt kei-
nen Wert, Sie müssen den Haushalt auf der Basis einer of-
fiziellen Steuerschätzung aufstellen. (…) Alle Länder und
der Bund halten sich an die Steuerschätzung, und zwar an
die aktuellste. Die aktuellste war für die Aufstellung die-
ses Haushalts die Mai-Steuerschätzung. Anders kann und
darf ich mich nicht verhalten. Wer dies leugnet, kennt das
System in unserem Land nicht. Wer das leugnet, will von
Seriosität und Berechenbarkeit abgehen. (…)“

2. Vertraulichkeit von Regierungsakten
Offenbar schon vor Anhörung der politisch Verantwort-
lichen stand für die Vertreter der Bundestagsfraktion von
CDU/CSU das Ergebnis der Beweisaufnahmen fest. Ent-
sprechende Schwierigkeiten bereitete das Beharren auf die-
sen Vorverurteilungen, als die Beweisaufnahme ganz anders
verlief als von ihnen angekündigt. Eine Ausrede war schnell
gefunden: Die eigentlichen Beweise stünden in den ver-
traulichen Akten. Über die sei nur in Geheimsitzungen ge-
sprochen worden. Jetzt wurde der Regierung plötzlich
„Geheimniskrämerei“ vorgeworfen. Wer in der Hauptaus-
einandersetzung seine Felle davon schwimmen sieht, sucht
Nebenkriegschauplätze.
Am Morgen des 20. Februar 2003 behauptete der Obmann
der Unionsfraktion im Untersuchungsausschuss, Abg.
den Ist-Zahlen in der Öffentlichkeit zu verfahren ist, für ver-
fehlt.

Altmaier, gegenüber der Nachrichtenagentur AP, also bevor
Hans Eichel vernommen worden war, der Minister habe die

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 217 – Drucksache 15/2100

Öffentlichkeit über die katastrophale Haushaltslage vor der
Bundestagswahl bewusst nicht informiert. Gegenüber dem
Info-Radio Berlin behauptete er, Eichel habe ein Zwölf-Mil-
liarden-Haushaltsloch acht Wochen lang verheimlicht – of-
fenbar hatte Abg. Altmaier zu diesem Zeitpunkt noch nicht
einmal die Monatshefte des BMF vom Sommer 2002 stu-
diert. Unmittelbar vor der Vernehmung der Bundesgesund-
heitsministerin am 9. April 2003 behaupteten die Abgeord-
neten Altmaier und Otto (FDP), dass Ulla Schmidt ihre
Informationspflichten verletzt habe.
Weil die Beweisaufnahme all dies nicht zu bestätigen ver-
mochte, wurde kurz vor der Vernehmung des Bundeskanzlers
ein Aktenstreit initiiert. Dem Kanzleramt wurde medien-
wirksam ein Ultimatum gestellt, innerhalb von 24 Stunden
auch diejenigen Akten der Öffentlichkeit zugänglich zu ma-
chen, die den kanzleramtsinternen Willensbildungsprozess
nachzeichnen oder regierungsinterne Erwägungen für Ver-
handlungen mit der Europäischen Kommission festhalten.
Sachlich begründet war dies nicht, denn dem Ausschuss
hatten diese Akten schon monatelang vorgelegen ohne ein
besonderes Interesse zu wecken.
Die Bundesregierung hat dem Ausschuss alle beantragten
Akten vollständig zur Verfügung gestellt. Von dem Recht,
Akten wegen des Schutzes des Kernbereichs exekutiver
Eigenverantwortung nicht herausgeben zu müssen, hat die
Bundesregierung äußerst zurückhaltend und parlaments-
freundlich Gebrauch gemacht: Statt diese Akten komplett
für sich zu behalten, übergab sie entsprechende Schrift-
stücke dem Ausschuss mit einer Verschlusssachen-Einstu-
fung („VS-Vertraulich“ bzw. „VS-NfD“), das heißt, der
Ausschuss hat die Schriftstücke einsehen, nicht aber veröf-
fentlichen können. Im Laufe der Beweisaufnahme hat die
Bundesregierung auf Antrag der CDU/CSU-Bundestags-
fraktion eine Vielzahl von Aktenteilen auf „offen“ herab-
gestuft, um sie in der öffentlichen Beweisaufnahme verwen-
den zu können.
Sowohl in der öffentlichen Beweisaufnahme als auch in
den vertraulichen Vernehmungen der Beamten aus dem
Bundeskanzleramt, des Chefs des Bundeskanzleramtes
Staatssekretär Dr. Steinmeier und des Bundeskanzlers
Gerhard Schröder konnte der Nachweis geführt werden,
dass der Bundeskanzler, der Bundesminister Eichel, die
Bundesministerin Schmidt und der ehemalige Bundes-
minister Riester den Bundestag und die Öffentlichkeit stets
zutreffend und vollständig informiert haben.
Von einer von den Oppositionsfraktionen in der Öffentlich-
keit behaupteten Verabredung der Bundesminister Eichel,
Riester und Schmidt und des Bundeskanzlers Schröder, den
Bundestag und die Öffentlichkeit falsch oder unvollständig
zu informieren, ergibt sich weder aus den dem Ausschuss
vorgelegten offenen bzw. vertraulichen Akten noch aus den
öffentlichen bzw. nichtöffentlichen Beweisaufnahmen auch
nur der Ansatz einer Spur.
Die Zeugen aus dem Kanzleramt Claßen, Klein,
Dr. Pfaffenbach und Staatssekretär Dr. Steinmeier sowie die
Zeugen aus dem BMF, Minister Eichel, Staatssekretär
Dr. Overhaus, Dr. Hanke haben in den vertraulichen Sitzun-
gen nichts anderes als in den öffentlichen Sitzungen ausge-
sagt. Die vom Kanzleramt und dem BMF vertraulich einge-

Defizits und der Finanzlage der Renten- und Krankenver-
sicherungen vertraulich eingestuft (diese Zahlen waren alle
im Frühjahr und Sommer des Jahres 2002 Gegenstand von
Veröffentlichungen), sondern weil in den Vorlagen der Re-
ferate an den Finanzminister, den Chef des Bundeskanzler-
amtes und den Bundeskanzler vorrangig Bewertungen ent-
halten sind, die den Prozess der Willensbildung der
Bundesregierung nachzeichnen. Dieser Willensbildungspro-
zess ist dem „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“
zuzuordnen, der die interne Willensbildung der Regierung
vor öffentlicher Auswertung schützen soll. Dazu hat der
Zweite Senat des BVerfG in seinem Urteil (Leitsätze) im
Zusammenhang mit dem „Flick-Untersuchungsausschuss“
vom 17. Juli 1984, Az.: 2 BvE 11/83; 2 BvE 15/83 ausge-
führt:

„5.3.3 Nur unter ganz besonderen Umständen können
sich Gründe finden lassen, dem Untersuchungsausschuß
Akten unter Berufung auf das Wohl des Bundes oder
eines Landes vorzuenthalten. Solche Gründe können
sich insbesondere aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz
ergeben. Die Verantwortung der Regierung gegenüber
Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kern-
bereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der ei-
nen auch von parlamentarischen Untersuchungsaus-
schüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren
Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbe-
reich einschließt.“

Andere Bundesregierungen haben in der Vergangenheit
von diesem Recht extensiven Gebrauch gemacht. So zum
Beispiel im „Treuhand-Untersuchungsausschuss“ (BT-Drs.
12/8404), als die Regierung Kohl die Herausgabe der Proto-
kolle des Verwaltungsrates der Treuhand mit der Begrün-
dung, „diese gehören zum Kernbereich exekutiver Eigen-
verantwortung“, verweigerte.
Schon vor der Vernehmung des Bundeskanzlers am 3. Juli
2003 bereitete der Obmann der CDU/CSU-Fraktion, Abg.
Peter Altmaier, die Legendenbildung vor, in den vertrau-
lichen Akten des Bundeskanzleramtes seien die Beweise,
dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag und die
Öffentlichkeit im Jahre 2002 über die Situation des Bundes-
haushalts, die Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherungen sowie über die Einhaltung der Stabi-
litätskriterien des EG-Vertrages vor der Bundestagswahl
vom 22. September 2002 falsch oder unvollständig infor-
miert habe. Abg. Altmaier forderte das Kanzleramt in einer
Pressekonferenz am 1. Juli 2003 ultimativ auf, fünf als ver-
traulich eingestufte Ordner müssten bis zum Mittwoch
(2. Juli 2003) 15:00 Uhr – genau 24 Stunden vor der Ver-
nehmung von Bundeskanzler Gerhard Schröder – für die
Vernehmung in öffentlicher Sitzung freigegeben werden.
Die „Geheimniskrämerei“ des Kanzleramtes sei skandalös
und rechtswidrig. Abg. Altmaier behielt sich vor, die Offen-
legung der Akten notfalls auf juristischem Wege zu erzwin-
gen (Süddeutsche Zeitung vom 2. Juli 2003).
Die CDU/CSU-Fraktion hat weder die Herabstufung der
fünf Aktenordner noch eine vertrauliche Befragung des
Bundeskanzlers formell beantragt. Die angekündigten
rechtlichen Schritte wurden ebenfalls nicht eingeleitet.
Der nun durch die Ausschuss-Mitglieder der CDU/CSU-
stuften Akten sind nicht wegen der dort genannten Zahlen
zur Entwicklung des Bundeshaushalts, des Maastricht-

Fraktion vorgelegte VS-Vertrauliche Abschlussbericht so-
wie entsprechende Hinweise in dem der Öffentlichkeit

Drucksache 15/2100 – 218 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zugänglichen Abschlussbericht sollen die erdrückende Be-
weislast über unredliche Absprachen und Verschwörungen
suggerieren und damit die Legende der CDU/CSU-Fraktion
untermauern.

3. Umgang von Koalition und Opposition
miteinander

Der 1. Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode ist der
erste Untersuchungsausschuss, der ohne gerichtliche Aus-
einandersetzung zu Ende gegangen ist. Verfahrensfragen
wurden im Ausschuss stets einvernehmlich entschieden.
Das gilt nicht nur für die Beweisbeschlüsse und die Ent-
scheidung über die Reihenfolge der Vernehmungen. Einver-
nehmen konnte auch darüber erzielt werden, dass sich der
Ausschuss zunächst über jeden Untersuchungskomplex
durch entsprechende Anhörungen sachkundig gemacht hat,
anschließend die Arbeitsebene aus den jeweiligen Ministe-
rien und zum Schluss die politisch verantwortliche Leitung
der Häuser vernommen hat.
Völlig unverständlich sind deswegen die Ausführungen der
CDU/CSU über das Verhalten des Ausschussvorsitzenden.
In Ziffer 2. auf S. 202 f. unterstellt die CDU/CSU dem Aus-
schussvorsitzenden, sein Amt missbräuchlich zum Schutz
des Bundeskanzlers Gerhard Schröder genutzt zu haben.

Der Ausschussvorsitzende habe – so die CDU/CSU-Frak-
tion – im Ausschuss nicht den gesamten Wortlaut der Aus-
sagegenehmigung des Bundeskanzlers verlesen und ver-
mutet, dass dieses Schreiben „Unkorrektheiten und
Peinlichkeiten für die Bundesregierung“ enthalte.
Mit diesen böswilligen Unterstellungen wird ein weiteres
Mal von der CDU/CSU-Fraktion versucht, die gesamte
Ausschussarbeit – also auch ihre eigene – zu diskreditieren.
Eine angebotene Einsichtnahme in die Aussagegenehmi-
gung nahm der Berichterstatter, Abg. Dr. Gehb, nicht wahr,
weil damit sein aufgebautes Lügengebäude zusammenge-
brochen wäre.
Hierzu wird der Schriftverkehr zwischen dem Abg. Dr.
Jürgen Gehb und dem Ausschussvorsitzenden sowie die
Aussagegenehmigung und der Protokollauszug aus der Ver-
nehmung des Bundeskanzlers Gerhard Schröder am 3. Juli
2003 als Dokument Nr. 171 beigefügt.
Völlig unverständlich ist dies insbesondere deshalb, weil
sich der Obmann der Unionsfraktion, Abg. Altmaier, am
28. Mai 2003 gegenüber CDU-online noch ganz anders äu-
ßerte:

„ich kann ganz offen sagen, dass die Arbeit in den letz-
ten Wochen im Untersuchungsausschuss von einem ho-
hen Maß an Fairness und Kooperation geprägt war.“

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 219 –

Fünfter Teil
A. Register
I. Abkürzungsverzeichnis

A
AABG Arzneimittel-Ausgaben-Begrenzungsgesetz
a. a. O. am angegebenen Ort
ABAG Arzneimittelablösegesetz
ABDA Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
Abg. Abgeordneter/Abgeordnete
Abs. Absatz
Abt. Abteilung
abzgl. abzüglich
a. D. außer Dienst
A-Drs. Ausschussdrucksache
AG Aktiengesellschaft
Anl. Anlage
anlässl. anlässlich
Anm. Anmerkung
AOK Allgemeine Ortskrankenkassen
Art. Artikel
ArV/AnV Arbeiter- und Angestellten-Rentenversicherung
Az. Aktenzeichen

B
BA Bundesanstalt für Arbeit
BB Beweisbeschluss
Bd. Band
betr. betreffend
BfA Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BHO Bundeshaushaltsordnung
BIP Bruttoinlandsprodukt
BK Bundeskanzleramt
BKK Betriebskrankenkassen
Bl. Blatt
BMA Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung

BMF Bundesministerium der Finanzen
BMG Bundesministerium für Gesundheit
BMGS Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
BMWA Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 220 – Deutscher

BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
BReg. Bundesregierung
BRH Bundesrechnungshof
bspw. beispielsweise
BT-Drs. Bundestagsdrucksache
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts
BVA Bundesversicherungsamt
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise

C
ca. cirka
CDU Christlich-Demokratische Union
CSU Christlich-Soziale Union

D
d. Verf. der Verfasser
DGB Deutscher Gewerkschaftsbund
DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
Dr. Doktor

E
ECOFIN Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der Europäischen

Union
ehem. ehemalige, -r, -s
e.V. eingetragener Verein
EG Europäische Gemeinschaft
einschl. einschließlich
EStG Einkommensteuergesetz
etc. et cetera
EU Europäische Union
Eurostat Statistisches Amt der Europäischen Union
EZB Europäische Zentralbank

F
FDP Freie Demokratische Partei
f. folgende
ff. fortfolgende

G
GAGFAH Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Angestelltenheimstätten

gem. gemäß
GG Grundgesetz

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 221 –

ggf. gegebenenfalls
ggü. gegenüber
GKV Gesetzliche Krankenversicherung
GKV-Spitzenverbände Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenversicherung
GKV-Schätzerkreis Gemeinsamer Schätzerkreis von Bundesversicherungsamt und

den Spitzenverbänden der Gesetzlichen Krankenversicherung
GO BT Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
GVG Gerichtsverfassungsgesetz

H
h. c. honoris causa
HGrG Haushaltsgrundsätzegesetz
HWWA Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv

I
ifo-Institut ifo Institut für Wirtschaftsforschung e. V.
IfW Institut für Weltwirtschaft a. d. Universität Kiel
i.H.v. in Höhe von
IKK Innungskrankenkassen
insbes. insbesondere
insges. insgesamt
i.V.m. in Verbindung mit
IWH Institut für Wirtschaftsforschung Halle e.V.
IWF Internationaler Währungsfonds
IW Institut der deutschen Wirtschaft e.V.

J
JWB Jahreswirtschaftsbericht

K
KBV Kassenärztliche Bundesvereinigung
KVdR Krankenversicherung der Rentner
KV45 Quartalsdaten der GKV

L
lfd. Nr. laufende Nummer
LT Landtag
lt. laut
LV Landesverband

M
MaßstG Maßstäbegesetz

MAT Materialie(n)
MD Ministerialdirektor

Bundestag – 15. Wahlperiode
Drucksache 15/2100 – 222 – Deutscher

MdB Mitglied des Deutschen Bundestages
MDg Ministerialdirigent
MdL Mitglied des Landtags
Mio. Million(en)
MR Ministerialrat
Mrd. Milliarde(n)

N
NfD Nur für den Dienstgebrauch
Nr. Nummer

O
o. g. oben genannt
OAR(n) Oberamtsrat/Oberamtsrätin
OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
ORR(n) Oberregierungsrat/Oberregierungsrätin

P
PD Privatdozent
Prof. Professor
Prot. Protokoll
PStS Parlamentarischer Staatssekretär
PUAG Parlamentarisches Untersuchungsausschussgesetz
PV Parteivorsitzender

R
RD Regierungsdirektor
rd. rund
Red. Redaktion
Ref. Referat
RG rechtliches Gehör
RWI Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.

S
S. Seite
SFG Solidarpaktfortführungsgesetz
SGB Sozialgesetzbuch
SGB IV Sozialgesetzbuch 4. Buch
s. siehe
sog. so genannte (r)
SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands

StA Staatsanwaltschaft
StGB Strafgesetzbuch

Drucksache 15/2100
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 223 –

StPO Strafprozessordnung
StS Staatssekretär
stv. Vors. stellvertretender Vorsitzender

T
Tgb.-Nr. Tagebuchnummer
Tsd. Tausend

U
u. ä. und ähnliches
u. a. unter anderem
UA Untersuchungsausschuss
usw. und so weiter

V
VA(e) Verwaltungsangestellter, Verwaltungsangestellte
VdAK Verband der deutschen Angestellten-Krankenkassen
VDR Verband Deutscher Rentenversicherungsträger
vgl. vergleiche
v. von, vom
Vorl-VV Vorläufige Verwaltungsvorschriften
Vors. Vorsitzender
VS-V Verschlusssache – Vertraulich
VwGO Verwaltungsgerichtsordnung
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz

W
WP Wahlperiode
WPrüfG Wahlprüfungsgesetz

Z
z. Zt. zur Zeit
z. B. zum Beispiel
ZDF Zweites Deutsches Fernsehen
zuzügl. zuzüglich

sonstige Abkürzungen
% Prozent
§ (§§) Paragraph(en)

Drucksache 15/2100 – 224 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

II. Personenregister

A
Achenbach, Klaus, Dr.
Ahrens, Hans Jürgen, Dr.
Altmaier, Peter
Anzinger, Rudolf

B
Bellnt, Thomas
Benneter, Klaus Uwe
Beck, Volker
Boss, Alfred, Dr.
Bresser, Klaus

C
Christiansen, Sabine
Claßen, Horst

D
Dabringhausen, Jürgen
Daubenbüchel, Rainer, Dr.
Dicke, Hugo, Dr.
Diller, Karl

E
Edathy, Sebastian
Ehlers, Gerd
Eichel, Hans
Eichstädt-Bohlig, Franziska
Engelmann, Harald

F
Faltlhauser, Kurt, Prof. Dr.
Friedrich, Hans-Peter, Dr.
Fuchtel, Hans-Joachim

G
Gabriel, Sigmar
Gehb, Jürgen, Dr.

H
Hanke, Bernd, Dr.
Heil, Hubertus
Heilemann, Ullrich, Prof. Dr.
Hensgen, Rüdiger
Heye, Uwe-Karsten
Hirsch, Burkhard, Dr.
Hofmann, Claus
Hofmann, Frank
Horn, Gustav Adolf, PD Dr. habil.

I
Illner, Maybritt

J
Jochheim, Ulrich

K
Kauder, Volker
Kastrop, Christian, Dr.
Klaeden von, Eckart
Klein, Dietmar
Kloeppel, Peter
Klusen, Norbert, Dr.
Koch, Roland
Knoblich, Bernhard
Kramme, Anette
Kromphardt, Jürgen, Prof. Dr.

L
Lämmel, Peter
Lambrecht, Christine
Lammert, Norbert, Dr.
Leithäuser, Johannes
Limbourg, Peter

M
Machiavelli, Niccolo
Maischberger, Sandra
Mascher, Ulrike
Merkel, Angela, Dr.
Glos, Michael
Goffart, Daniel

Metzger, Oswald
Mießen, Peter

O
Otto, Hans-Joachim
Overhaus, Manfred, Dr.

P
Perschau, Hartmut
Pfaffenbach, Bernd Dr.
Platzeck, Matthias
Pronold, Florian

R
Rebscher, Herbert
Remsperger, Hermann, Prof. Dr.
Repnik, Friedhelm, Dr.
Riester, Walter
Rische, Herbert, Dr.
Rombach, Wolfgang
Ruland, Franz, Prof. Dr.
Rürup, Bert, Prof. Dr. Dr. h.c.
Runde, Ortwin

S
Schäper, Hans-Jörg
Scheide, Joachim, Prof. Dr.
Schlauch, Rezzo
Schmeinck, Wolfgang

Seehofer, Horst
Simonis, Heide
Sing, Roland
Singhammer, Johannes
Smigielski, Edwin, Dr.
Stadler, Max, Dr.
Steinmeier, Frank-Walter, Dr.
Stoiber, Edmund, Dr.
Struck, Peter, Dr.

T
Thiele, Carl-Ludwig
Tiemann, Heinrich
Tillmann, Antje

U
Uhl, Hans-Peter, Dr.

V
Vater, Klaus

W
Walzik, Wilhelm
Weimar, Karlheinz
Wiegard, Wolfgang, Prof. Dr.
Wiefelspütz, Dieter, Dr.
Wittrock, Achim
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 225 – Drucksache 15/2100

Montag, Jerzy
Müller, Joachim, Dr.
Müller, Peter
Müntefering, Franz

N
Noll, Michaela

Schmidt, Ulla
Schneider, Carsten
Schoof, Dieter, Dr.
Schröder, Gerhard
Schröder, Klaus Theo, Dr.
Schubert, Karin
Schwartz, Friedrich Wilhelm, Prof. Dr.

Drucksache 15/2100 – 226 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B. Übersichten und Verzeichnisse
I. Übersicht der Ausschussdrucksachen

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-
1 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-

schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch
Vernehmung von Herrn Bundesminister der Finanzen
Hans Eichel.

20.12.02 16.01.03
(dem Grunde

nach)
30.01.03

1 (neu)

2 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der sog. 100-Punkte-Liste des Bundesministeriums
der Finanzen einschl. aller in diesem Zusammenhang ent-
standenen Akten und sonstigen Unterlagen bis zum Ende
der 14. WP beim Bundesministerium der Finanzen.

20.12.02 16.01.03 2

3 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung des Anfang August 2002 lt. DER SPIEGEL vom
25. November 2002 im Bundesministerium der Finanzen
erstellten „Non-Paper“, in dem dargelegt sein soll, dass
das „deutsche Staatsdefizit“ im Jahr 2002 auf bis zu 3,5 %
steigen könnte und eines Vermerks vom 22. August 2002,
mit dem der Bundesminister der Finanzen und seine
Staatssekretäre über das nach oben korrigierte Defizit für
das Jahr 2001 unterrichtet worden sein sollen, einschließl.
aller in diesem Zusammenhang entstandenen Akten und
sonstigen Unterlagen beim Bundesministerium der Finan-
zen.

20.12.02 16.01.03 3

4 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung des internen Finanzentwicklungsberichts der Bun-
desanstalt für Arbeit vom August 2002, mit dem der Vor-
stand der Nürnberger Bundesanstalt dem früheren
Bundesministerium für Arbeit und Soziales lt. DER
SPIEGEL vom 25. November 2002 gemeldet haben soll,
dass die Behörde im laufenden Jahr ein „gigantisches De-
fizit“ habe, einschl. aller in diesem Zusammenhang ent-
standenen Akten und sonstigen Unterlagen beim Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Arbeit.

20.12.02 30.01.03 32

5 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch
Vernehmung von Bundeskanzler Gerhard Schröder.

20.12.02 16.01.03
(dem Grunde

nach)
26.06.03

4 (neu)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 227 – Drucksache 15/2100

6 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Unterlagen der Referate
411, 413 und 431 des Bundeskanzleramtes bis zum Ende
der 14. WP, soweit sie den Bundeshaushalt bzw. die Ein-
haltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages und des
europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes durch den
Bund betreffen, beim Bundeskanzleramt.

20.12.02 16.01.03 5

7 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Unterlagen des Referates
311 des Bundeskanzleramtes, soweit sie die Finanzlage
der gesetzl. Rentenversicherung bis zum Ende der 14. WP
betreffen, beim Bundeskanzleramt.

20.12.02 16.01.03 6

8 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Unterlagen des Referats
312 des Bundeskanzleramtes, soweit sie die Finanzlage
der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum Ende der
14. WP betreffen, beim Bundeskanzleramt.

20.12.02 16.01.03 7

9 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Vorlagen für den Bundesminister der Finanzen,
Hans Eichel, betr. die an die EU-Kommission am 30. Au-
gust 2002 zu meldende „aktualisierte Prognose für die
Entwicklung des Defizits“ beim Bundesministerium der
Finanzen.

20.12.02 16.01.03 8

10 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Unterlagen der Referate II
A 1 und II A 2 des Bundesministerium der Finanzen, so-
weit sie die Situation des Bundeshaushalts bis zum Ende
der 14. WP betreffen, beim Bundesministerium der
Finanzen.

20.12.02 16.01.03 9

11 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256) wird das Bundeskanzler-
amt aufgefordert, dem Untersuchungsausschuss einen Or-
ganisationsplan, einen Geschäftsverteilungsplan sowie
einen Aktenplan erfassend den Zeitraum von Anfang

20.12.02 16.01.03 10

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-
2002 bis 22. September 2002 zur Verfügung zu stellen.

Drucksache 15/2100 – 228 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

12 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), wird das Bundesministe-
rium der Finanzen aufgefordert, dem Untersuchungsaus-
schuss einen Organisationsplan, einen
Geschäftsverteilungsplan sowie einen Aktenplan erfas-
send den Zeitraum von Anfang 2002 bis 22. September
2002 zur Verfügung zu stellen.

20.12.02 16.01.03 11

13 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1,
wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
aufgefordert, dem Untersuchungsausschuss einen Organi-
sationsplan, einen Geschäftsverteilungsplan sowie einen
Aktenplan des früheren BMA erfassend den Zeitraum von
Anfang 2002 bis 22. Sept. 2002 zur Verfügung zu stellen.

20.12.02 16.01.03 12

14 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1,
wird das Bundesministerium für Gesundheit und soziale
Sicherung aufgefordert, dem Untersuchungsausschuss ei-
nen Organisationsplan, einen Geschäftsverteilungsplan
sowie einen Aktenplan des früheren BMG erfassend den
Zeitraum von Anfang 2002 bis 22. September 2002 zur
Verfügung zu stellen.

20.12.02 16.01.03 13

15 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Unterlagen der Referate IV
b 2 des früheren Bundesministeriums für Arbeit und
Sozialordnung, soweit sie die Finanzlage der gesetzlichen
Rentenversicherung bis zum Ende der 14. WP betreffen,
beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale
Sicherung.

20.12.02 16.01.03 14

16 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Unterlagen der Referate
221 und 228 des früheren Bundesministeriums für Ge-
sundheit, soweit sie die Finanzlage der gesetzlichen Kran-
kenversicherung bis zum Ende der 14. WP betreffen,
beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale
Sicherung.

20.12.02 16.01.03 15

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 229 – Drucksache 15/2100

17 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Vorgänge des Referats E B
2 des Bundesministeriums für Finanzen, soweit sie den
Bundeshaushalt und die Einhaltung der Stabilitätskrite-
rien des EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts-
und Wachstumspaktes durch den Bund bis zum Ende der
14. WP betreffen, beim Bundesministerium der Finanzen.

20.12.02 16.01.03 16

18 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Dezember 2002:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Beizie-
hung der Akten und sonstigen Unterlagen der Referate
IA 1, IA 4, IA 6, IB 5, IIA 5, IIC 1, IIC 2, soweit sie bis
zum Ende der 14. WP jeweils die Situation des Bundes-
haushalts, die Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherung sowie die Einhaltung der Stabilitäts-
kriterien des EG-Vertrages und des europäischen Stabili-
täts- und Wachstumspaktes durch den Bund betreffen,
beim Bundesministerium der Finanzen.

20.12.02 16.01.03 17

19 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, wie die Staatspraxis bei der Planung der Finanzen
der gesetzlichen Krankenversicherung seit 1990 gewesen
ist, welche Rolle hierbei Wirtschaftsforschungsinstitute,
Sachverständigenräte und Beiräte sowie internationale In-
stitutionen spielen und inwiefern die Bundesregierung auf
Planungsdaten und Erhebungen der Länder zurückgreift,
soll zur Erläuterung der dem Untersuchungsausschuss zu
diesem Thema übergebenen Akten der Leiter des für
finanzielle Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenver-
sicherung zuständigen Referats beim Bundesministerium
für Gesundheit und Soziale Sicherung informatorisch ge-
hört werden.

09.01.03 16.01.03 18

20 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, wie die Staatspraxis bei der Planung der Finanzen
der gesetzlichen Rentenversicherung seit 1990 gewesen
ist, welche Rolle hierbei Wirtschaftsforschungsinstitute,
Sachverständigenräte und Beiräte sowie internationale In-
stitutionen spielen und inwiefern die Bundesregierung auf
Planungsdaten und Erhebungen der Länder zurückgreift,
soll zur Erläuterung der dem Untersuchungsausschuss zu
diesem Thema übergebenen Akten der Leiter des für
finanzielle Angelegenheiten der Rentenversicherung zu-
ständigen Referats beim Bundesministerium für Gesund-
heit und Soziale Sicherung informatorisch gehört werden.

09.01.03 16.01.03 19

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 230 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

21 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, wie die Staatspraxis bei der Planung der Finanzen
seit 1990 gewesen ist, welche Rolle hierbei Wirtschafts-
forschungsinstitute, Sachverständigenräte und Beiräte so-
wie internationale Institutionen spielen und inwiefern die
Bundesregierung auf Planungsdaten und Erhebungen der
Länder zurückgreift, soll zur Erläuterung der dem Unter-
suchungsausschuss zu diesem Thema übergebenen Akten
der Leiter des für Steuerschätzung zuständigen Referats
beim Bundesministerium der Finanzen informatorisch ge-
hört werden.

09.01.03 16.01.03 20

22 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, inwiefern in der Vergangenheit, insbesondere in
den Jahren seit 1990 die Prognosen u. Modellrechnungen
für die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung
zutrafen und welche Gründe ggf. zu erheblichen Abwei-
chungen führten, wird die Bundesministerin für Gesund-
heit und Soziales aufgefordert, dem Untersuchungsaus-
schuss alle Prognosen u. Modellrechnungen, die für die
Begleitung der finanziellen Angelegenheiten der gesetzli-
chen Krankenversicherung seit 1993 zugrunde gelegt
worden sind, zu übermitteln.

09.01.03 16.01.03 21

23 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, inwiefern in der Vergangenheit, insbesondere in
den Jahren seit 1990 die Prognosen u. Modellrechnungen
für die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung
zutrafen und welche Gründe ggf. zu erheblichen Abwei-
chungen führten, wird die Bundesministerin für Gesund-
heit und Soziales aufgefordert, dem Untersuchungsaus-
schuss alle Prognosen und Modellrechnungen, die für die
Begleitung der finanziellen Angelegenheiten der gesetzli-
chen Rentenversicherung seit 1993 zugrunde gelegt wor-
den sind, zu übermitteln.

09.01.03 16.01.03 22

24 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, inwiefern in der Vergangenheit, insbesondere in
den Jahren seit 1990 die Prognosen u. Modellrechnungen
für die Finanzplanung des Bundes zutrafen und welche
Gründe ggf. zu erheblichen Abweichungen führten, wird
der Bundesminister der Finanzen aufgefordert, dem Un-
tersuchungsausschuss alle Prognosen und Modellrech-
nungen, die in die Finanzplanung des Bundes seit 1993

09.01.03 16.01.03 23

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-
eingeflossen sind, zu übermitteln.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 231 – Drucksache 15/2100

25 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, wie die Staatspraxis bei der Planung der Finanzen
des Bundes seit 1990 gewesen ist, wird die Bundesminis-
terin für Gesundheit und Soziales aufgefordert, dem Un-
tersuchungsausschuss eine Übersicht über alle empiri-
schen Erhebungen und Prognosen, die Grundlage für die
Planung der Renten- und Gesundheitspolitik der Bundes-
regierung seit 1993 gewesen sind, zu übermitteln.

09.01.03 16.01.03 24

26 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der
Frage, wie die Staatspraxis bei der Planung der Finanzen
des Bundes seit 1990 gewesen ist, wird der Bundesminis-
ter der Finanzen aufgefordert, dem Untersuchungsaus-
schuss eine Übersicht über alle empirischen Erhebungen
und Prognosen, die Grundlage für die Planung der Haus-
halts- und Finanzpolitik der Bundesregierung seit 1993
gewesen sind, zu übermitteln.

09.01.03 16.01.03 25

27 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2
Abs. 1 zweiter Spiegelstrich und Ziffer 2 a), wird die Bei-
ziehung aller finanzwirksamen Anträge der Mitglieder der
CDU/CSU-Fraktion im Haushaltsausschuss des Bundes-
tages zu den Haushaltsberatungen des Bundeshaushalts
2002 beim Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes-
tages beantragt.

09.01.03 16.01.03 26

28 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2
Abs. 1 und Ziffer 2 a) und c), wird die Beiziehung der
Protokolle der Sitzungen des Finanzplanungsrates im Mai
2001, im November 2001 und im Mai 2002 beim Bundes-
minister der Finanzen beantragt.

09.01.03 am 16.01.03
zurückgestellt

_

28 (neu) Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. Januar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag (BT-
Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2 Abs. 1 und Ziffer 2
a) und c), durch Beiziehung der Protokolle der Sitzungen
des Finanzplanungsrates im Mai 2001, November 2001
und Mai 2002 sowie im Mai 1997, November 1997 und
Mai 1998 beim Bundesministerium der Finanzen.

23.01.03 30.01.03 33

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 232 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

29 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2 Abs. 1 und
Ziffer 2 b) durch Beiziehung der Protokolle der Sitzungen
des Arbeitskreises Steuerschätzung im Mai 2001, im No-
vember 2001 und im Mai 2002 beim Bundesminister der
Finanzen.

09.01.03 am 16.01.03
zurückgestellt

_

29 (neu) Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. Januar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2 Abs. 1 und
Ziffer 2 b), durch Beiziehung der Protokolle der Sitzun-
gen des Arbeitskreises Steuerschätzung im Mai 2001, im
November 2001 und im Mai 2002 beim Bundesministe-
rium der Finanzen.

23.01.03 30.01.03 34

30 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2,
wird der Bundesminister der Finanzen aufgefordert, dem
Untersuchungsausschuss die Teilnehmerlisten der Sitzun-
gen des Finanzplanungsrates im Mai 2001, im November
2001 und im Mai 2002 zur Verfügung zu stellen.

09.01.03 30.01.03 35

31 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2
Abs. 1, wird der Bundesminister der Finanzen aufgefor-
dert, dem Untersuchungsausschuss die jeweils am Jahres-
ende gültigen Organisationspläne, Geschäftsverteilungs-
pläne und Aktenpläne der Jahre von 1993 bis 22. Sep-
tember 2002 zur Verfügung zu stellen.

09.01.03 16.01.03 27

32 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2
Abs. 1, wird das Bundeskanzleramt aufgefordert, dem
Untersuchungsausschuss die jeweils am Jahresende gülti-
gen Organisationspläne, Geschäftsverteilungspläne und
Aktenpläne der Jahre von 1993 bis 22. September 2002
zur Verfügung zu stellen.

09.01.03 16.01.03 28

33 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2
Abs. 1, wird das Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit aufgefordert, dem Untersuchungsausschuss die je-
weils am Jahresende gültigen Organisationspläne, Ge-
schäftsverteilungspläne und Aktenpläne der Jahre von
1993 bis 22. September 2002 des früheren BMA zur Ver-

09.01.03 16.01.03 29

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-
fügung zu stellen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 233 – Drucksache 15/2100

34 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2
Abs. 1, wird das Bundesministerium für Gesundheit und
soziale Sicherung aufgefordert, dem Untersuchungsaus-
schuss die jeweils am Jahresende gültigen Organisations-
pläne, Geschäftsverteilungspläne und Aktenpläne der
Jahre von 1993 bis 22. September 2002 des BMG zur
Verfügung zu stellen.

09.01.03 16.01.03 30

35 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 2
a, wird der Bundesminister der Finanzen aufgefordert,
dem Untersuchungsausschuss die Teilnehmerlisten der
Sitzungen des Arbeitskreises Steuerschätzung im Mai
2001, im November 2001 und im Mai 2002 zur Verfü-
gung zu stellen.

09.01.03 30.01.03 36

36 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 8. Januar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag (BT-Drs. 15/256), wird beantragt, dass der
Untersuchungsausschuss eine Anhörung von fünf exter-
nen unabhängigen Wirtschafts-, Finanz-, Renten- und
Krankenversicherungsexperten durchführt.

09.01.03 16.01.03 31

37 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. Januar 2003:
Die zurückgestellten Anträge A-Drs. 30 und 35 sind un-
verändert zu beschließen.

23.01.03 30.01.03 -

38 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. Januar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256) zu der Frage, ob die Äußerungen des
Bundesministers der Finanzen vor dem Deutschen Bun-
destag in der Zeit zwischen Mai 2002 und dem 22. Sep-
tember 2002 zu den voraussichtlichen Steuereinnahmen
im Jahr 2002 im Widerspruch standen zu den Erkenntnis-
sen des Arbeitskreises Steuerschätzung durch Verneh-
mung von Dr. Peter Lämmel, Deutsche Bundesbank, oder
Dr. Alfred Boss, Institut für Weltwirtschaft.

23.01.03 30.01.03 37

39 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. Januar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256) zu der Frage, ob die Äußerung des Bun-
desministers der Finanzen vor dem Deutschen Bundestag
in der Zeit zwischen Mai 2002 und dem 22. September
2002 im Widerspruch standen zu den dem Finanzpla-
nungsrat vorliegenden Prognosen der Experten und Insti-
tutionen durch Zeugenvernehmung des Mitglieds des
Direktoriums der Deutschen Bundesbank,

23.01.03 30.01.03 38

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-
Prof. Dr. Hermann Remsperger, Frankfurt a. M.

Drucksache 15/2100 – 234 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

40 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. Januar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256) zu der Frage, wie die Staatspraxis bei
der Vorausschätzung der öffentlichen Finanzen seit 1990
gewesen ist, durch Anhörung von Ministerialdirektor
Harald Engelmann, Leiter der Grundsatzabteilung des
Bundesministeriums der Finanzen.

23.01.03 30.01.03 39

41 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. Januar 2003:
Zu dem Antrag auf A-Drs. 21 – Anhörung des Leiters des
für die Steuerschätzung zuständigen Referats beim Bun-
desministerium der Finanzen zur Erläuterung der dem
Untersuchungsausschuss zu diesem Thema übergebenen
Akten – wird der zum Jahresende 2002 ausgeschiedene
Referatsleiter, Dr. Dieter Schoof, benannt.

23.01.03 30.01.03 s. BB 15-20

42 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 30. Januar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zur Situation
des Bundeshaushaltes sowie der Einhaltung der Stabili-
tätskriterien des EG-Vertrages und des europäischen Sta-
bilitäts- und Wachstumspaktes, durch Zeugenvernehmung
des Staatssekretärs Dr. Manfred Overhaus, Bundesminis-
terium der Finanzen.

31.01.03 30.01.03 40

43 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 3. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Zeu-
genvernehmung von Ministerialrat Dr. Hanke, Bundes-
ministerium der Finanzen.

03.02.03 -

43 (neu) Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 6. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium der Finanzen bis
zum 22. September 2002 vorlagen u. a. über die Entwick-
lung der Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haus-
haltsjahr 2002 und wie mit diesen Erkenntnissen im Ver-
antwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung von Ministerialrat
Dr. Hanke, Bundesministerium der Finanzen.

06.02.03 07.02.03
(im Umlauf-
verfahren)

41

44 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 3. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Zeu-
genvernehmung von Ministerialrat Dr. Kastrop, Bundes-
ministerium der Finanzen.

03.02.03 -

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 235 – Drucksache 15/2100

44 (neu) Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 6. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium der Finanzen bis
zum 22. September 2002 vorlagen u. a. über die Entwick-
lung der Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haus-
haltsjahr 2002 und wie mit diesen Erkenntnissen im Ver-
antwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung von Ministerialrat Dr.
Kastrop, Bundesministerium der Finanzen.

06.02.03 07.02.03
(im Umlauf-
verfahren)

42

45 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 3. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Zeu-
genvernehmung des Staatssekretärs Dr. Manfred
Overhaus, Bundesministerium der Finanzen.

03.02.03 -

45 (neu) Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 6. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium der Finanzen bis
zum 22. September 2002 vorlagen u. a. über die Entwick-
lung der Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haus-
haltsjahr 2002 und wie mit diesen Erkenntnissen im Ver-
antwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung des Staatssekretärs
Dr. Manfred Overhaus, Bundesministerium der Finanzen.

06.02.03 07.02.03
(im Umlauf-
verfahren)

43

46 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 4. Februar 2003:
Der Antrag auf A-Drs. 15-45 soll für erledigt erklärt wer-
den, soweit er sich mit dem BB 15-40 deckt. Im Übrigen
wird er als unzulässig abgelehnt.

05.02.03 siehe
ADrs. 45 (neu)

-

47 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 4. Februar 2003:
Zu den Anträgen der Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion
auf den A-Drs. 43 – Vernehmung von MR Dr. Hanke –
und A-Drs. 44 – Vernehmung von MR Dr. Kastrop: Die
Anträge auf A-Drs. 43 (neu) und 44 (neu) werden in der
Fassung beschlossen und im Übrigen als unzulässig abge-
lehnt.

05.02.03 Siehe
A-Drs. 43
(neu)

A-Drs. 44
(neu)

-

48 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 10. Februar 2003:
Es wird beantragt, folgende Unterlagen von „VS-Vertrau-
lich“ auf „offen“ herabzustufen:
Tgb.-Nr. 1-UA-15/03, MAT A 11, Anl. 01, Bl. 41 bis 61.

11.02.03 13.02.03 -

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 236 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

49 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium der Finanzen bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haushalts-
jahr 2002, einschließlich der Erforderlichkeit eines mögli-
chen Nachtragshaushaltes, über die Entwicklung des ge-
samtstaatlichen Defizits im Hinblick auf die Einhaltung
der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages und des europä-
ischen Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 2002 und
wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeugenver-
nehmung von Ministerialrat Peter Mießen, Bundesminis-
terium der Finanzen.

12.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

50 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium der Finanzen bis
zum 22. September 2002 vorlagen, über die Entwicklung
der Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haushalts-
jahr 2002, einschließlich der Erforderlichkeit eines mögli-
chen Nachtragshaushalts, über die Entwicklung des ge-
samtstaatlichen Defizits im Hinblick auf die Einhaltung
der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages und des europäi-
schen Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 2002 und
wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeugenver-
nehmung von Regierungsrat Hans-Jörg Schäper, Bundes-
ministerium der Finanzen.

12.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

51 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium der Finanzen bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haushalts-
jahr 2002, über die Entwicklung des gesamtstaatlichen
Defizits im Hinblick auf die Einhaltung der Stabilitätskri-
terien des EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts-
und Wachstumspakts im Jahr 2002 durch Zeugenverneh-
mung von Ministerialdirektor Harald Engelmann, Bun-
desministerium der Finanzen

12.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

52 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Einhal-
tung des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch den Bund
vor der Bundestagswahl am 22. September 2002, durch
Anhörung von Ulrich Jochheim, Generaldirektion
ECOFIN als Auskunftsperson.

12.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 237 – Drucksache 15/2100

53 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium der Finanzen bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haushalts-
jahr 2002, einschließlich der Erforderlichkeit eines mögli-
chen Nachtragshaushaltes, über die Entwicklung des ge-
samtstaatlichen Defizits im Hinblick auf die Einhaltung
der Stabilitätskriterien des EG-Vertrages und des europäi-
schen Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 2002 und
durch Zeugenvernehmung von Regierungsdirektor Mi-
chael Schlautmann, Bundesministerium der Finanzen

12.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

54 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 11. Februar 2003:
Zur Vorbereitung der Beweisaufnahme zum Untersu-
chungsauftrag soll eine Anhörung von fünf externen un-
abhängigen Krankenversicherungsexperten durchgeführt
werden.

13.02.03 20.02.03 44

55 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs 15/256) enthaltenen Fragestellung insbesondere
zu Ziffer 1, gemessen an der auch in dem Verhalten von
Landesregierungen, die nach Art. 109 Abs. 2 des Grund-
gesetzes für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und
nach §§ 49 ff. des Haushaltsgrundsätzegesetzes in Verbin-
dung mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft für den öffentlichen Gesamt-
haushalt mit dem Bund gemeinsam Verantwortung tragen,
zum Ausdruck kommenden Staatspraxis – wird Beweis
erhoben durch Zeugenvernehmung des Staatsministers
der Finanzen des Landes Hessen, Herrn Karlheinz
Weimar.

13.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

56 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256) enthaltenen Fragestellung insbesondere
zu Ziffer 1, gemessen an der auch in dem Verhalten von
Landesregierungen, die nach Art. 109 Abs. 2 des Grund-
gesetzes für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und
nach §§ 49 ff. des Haushaltsgrundsätzegesetzes in Verbin-
dung mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft für den öffentlichen Gesamt-
haushalt mit dem Bund gemeinsam Verantwortung tragen,
zum Ausdruck kommenden Staatspraxis – wird Beweis
erhoben durch Zeugenvernehmung des Senators für
Finanzen der Freien Hansestadt Bremen, Herrn Bürger-
meister Hartmut Perschau.

13.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 238 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

57 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256) enthaltenen Fragestellung insbesondere
zu Ziffer 1, gemessen an der auch in dem Verhalten von
Landesregierungen, die nach Art. 109 Abs. 2 des Grund-
gesetzes für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und
nach §§ 49 ff. des Haushaltsgrundsätzegesetzes in Verbin-
dung mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft für den öffentlichen Gesamt-
haushalt mit dem Bund gemeinsam Verantwortung tragen,
zum Ausdruck kommenden Staatspraxis – wird Beweis
erhoben durch Zeugenvernehmung des Staatsministers
der Finanzen des Landes Bayern, Herrn Prof. Dr. Kurt
Faltlhauser.

13.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

58 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256) enthaltenen Fragestellung insbesondere
zu Ziffer 1, gemessen an der auch in dem Verhalten von
Landesregierungen, die nach Art. 109 Abs. 2 des Grund-
gesetzes für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und
nach §§ 49 ff. des Haushaltsgrundsätzegesetzes in Verbin-
dung mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft für den öffentlichen Gesamt-
haushalt mit dem Bund gemeinsam Verantwortung tragen,
zum Ausdruck kommenden Staatspraxis – wird Beweis
erhoben durch Zeugenvernehmung von Ministerialdirek-
tor Gerd Ehlers, Leiter der Abteilung II im Bundesminis-
terium der Finanzen.

13.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

59 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 12. Februar 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256) enthaltenen Fragestellung insbesondere
zu Ziffer 1, gemessen an der auch in dem Verhalten von
Landesregierungen, die nach Art. 109 Abs. 2 des Grund-
gesetzes für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und
nach §§ 49 ff. des Haushaltsgrundsätzegesetzes in Verbin-
dung mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft für den öffentlichen Gesamt-
haushalt mit dem Bund gemeinsam Verantwortung tragen,
zum Ausdruck kommenden Staatspraxis – wird Beweis
erhoben durch Zeugenvernehmung von Ministerialdiri-
gent Werner Gatzer, Leiter Leitungsstab beim Bundes-
ministerium der Finanzen.

13.02.03 am 20.02.03
zurückgestellt

60 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Februar 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Zeu-
genvernehmung der Bundesministerin für Gesundheit und
Soziale Sicherung, Ulla Schmidt.

21.02.03 13.03.03 45

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 239 – Drucksache 15/2100

61 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 5. März 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Gesundheit bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung und
wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeugenver-
nehmung des Staatssekretärs Dr. Klaus Theo Schröder,
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Siche-
rung.

06.03.03 13.03.03 46

62 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 5. März 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Gesundheit bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung und
wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeugenver-
nehmung von Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsit-
zender des AOK-Bundesverbandes.

06.03.03 13.03.03 47

63 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 5. März 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Gesundheit bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung und
wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeugenver-
nehmung von Roland Sing, Vorsitzender des Vorstandes
der AOK Baden-Württemberg.

06.03.03 am 13.03.03
zurückgestellt

64 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 5. März 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Gesundheit bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung und
wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeugenver-
nehmung von Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Schwartz, ehe-
maliger Vorsitzender des Sachverständigenrates für die
konzertierte Aktion im Gesundheitswesen

06.03.03 13.03.03 48

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 240 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

65 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 5. März 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Gesundheit bis
zum 22. September 2002 vorlagen über die Entwicklung
der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung und
wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich
der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeugenver-
nehmung von Prof. Dr. Norbert Klusen, Vorstandsvorsit-
zender der Techniker Krankenkasse Hamburg.

06.03.03 am 13.03.03
zurückgestellt

66 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 10. März 2003:
Für die Bewertung der in dem Untersuchungsauftrag
(BT-Drs 15/256) enthaltenen Fragestellung, ob und in
welchem Umfange Mitglieder der Bundesregierung, ins-
besondere die Bundesministerin Ulla Schmidt, im Jahr
2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der
Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen vor der
Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder un-
vollständig informiert haben, wird Beweis erhoben über
die Fragen,
1. Welche Rolle spielen Wirtschaftsforschungsinstitute,

Sachverständigenräte und Beiräte sowie internatio-
nale Institutionen für die Planung und Schätzungen
der Bundesregierung hinsichtlich der Finanzen der
gesetzlichen Krankenversicherung und inwiefern
greift die Bundesregierung auf Planungsdaten und
Erhebungen der Länder zurück?

2. Trifft es zu, dass die Einnahmen der gesetzlichen
Krankenkassen in bedeutendem Maße von der ge-
samtwirtschaftlichen Entwicklung abhängen, insbe-
sondere von der Entwicklung des Bruttoinlands-
produktes?

3. Trifft es zu, dass die Weihnachtsgeldzahlungen im
Dezember eines jeden Jahres einen erheblichen An-
teil der jährlichen Einnahmen der gesetzlichen Kran-
kenkassen ausmachen und deswegen der Tarif- bzw.
Lohnentwicklung und dem Beschäftigungsstand am
Ende eines jeden Jahres besonderes Gewicht für den
Ausgleich der Haushalte der Krankenkassen zu-
kommt?

4. Konnte aus den Eckwerten des gemeinsamen Schät-
zerkreises von BVA und GK-Spitzenverbänden vom
Juni 2002 geschlossen werden, dass in der gesetzli-
chen Krankenversicherung im Jahr 2002 von einem
insgesamt ausgeglichenen Haushalt auszugehen war?
Wäre nach dem Erkenntnisstand August 2002 hierfür
ein Beitragssicherungsgesetz erforderlich gewesen?

5. Inwiefern sind die Ausgaben der gesetzlichen Kran-
kenversicherung abhängig vom Verhalten der Ärzte
in Bezug auf Verschreibung von Arzneimitteln?

11.03.03 13.03.03 49

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 241 – Drucksache 15/2100

noch 66 6. Gab es ein Versprechen der Ärzte im Jahre 2002,
Ausgaben bei Arzneimitteln um 4,6 % zu senken?

7. Wie war der Anstieg der Kosten der Krankenhausbe-
handlung zur Jahresmitte 2002 zu prognostizieren?

8. Welche Einsparpotentiale für die GKV wurden im
Sommer des Jahres 2002 prognostiziert?

9. Welche Rolle spielten hierbei das Arzneimittelausga-
benbegrenzungsgesetz bzw. das Arzneimittelbudget-
ablösungsgesetz?

10. Welche Bedeutung kommt der Selbstverwaltung der
Kassen für ihre Finanzlage zu?

11. Trifft es zu, dass die gesetzliche Krankenversiche-
rung im Jahr 1992 ein Defizit von 9,4 Mrd. DM, im
Jahr 1995 ein Defizit von 7,2 Mrd. DM und im Jahr
1996 ein Defizit von 7,0 Mrd. DM aufwies, obwohl
das Zuzahlungsvolumen der Patientinnen und Patien-
ten für Arzneimittel von 1,2 Mrd. DM im Jahre 1991
auf 5,4 Mrd. DM im Jahre 1998 angestiegen war?

12. Hat sich die Bundesregierung im Sommer 2002 hin-
sichtlich ihrer Informationspolitik entsprechend der
Staatspraxis bei der Planung der Finanzen der gesetz-
lichen Krankenversicherung seit 1990 verhalten?

durch Vernehmung des ehemaligen Leiters der Abteilung
II des damaligen Bundesministeriums für Gesundheit,
Dr. Edwin Smigielski, als sachverständigen Zeugen.

67 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 10. März 2003:
Für die Bewertung der in dem Untersuchungsauftrag
(BT-Drs 15/256) enthaltenen Fragestellung, ob und in
welchem Umfange Mitglieder der Bundesregierung, ins-
besondere die Bundesministerin Ulla Schmidt, im Jahr
2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der
Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen vor der
Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder un-
vollständig informiert haben, wird Beweis erhoben über
die Fragen,
1. Welche Rolle spielen Wirtschaftsforschungsinstitute,

Sachverständigenräte und Beiräte sowie internatio-
nale Institutionen für die Planung und Schätzungen
der Bundesregierung hinsichtlich der Finanzen der
gesetzlichen Krankenversicherung und inwiefern
greift die Bundesregierung auf Planungsdaten und
Erhebungen der Länder zurück?

2. Trifft es zu, dass die Einnahmen der gesetzlichen
Krankenkassen in bedeutendem Maße von der ge-
samtwirtschaftlichen Entwicklung abhängen, insbe-
sondere von der Entwicklung des Bruttoinlands-
produktes?

11.03.03 13.03.03 50

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 242 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

noch 67 3. Trifft es zu, dass die Weihnachtsgeldzahlungen im
Dezember eines jeden Jahres einen erheblichen An-
teil der jährlichen Einnahmen der gesetzlichen Kran-
kenkassen ausmachen und deswegen der Tarif- bzw.
Lohnentwicklung und dem Beschäftigungsstand am
Ende eines jeden Jahres besonderes Gewicht für den
Ausgleich der Haushalte der Krankenkassen zu-
kommt?

4. Konnte aus den Eckwerten des gemeinsamen Schät-
zerkreises von BVA und GK-Spitzenverbänden vom
Juni 2002 geschlossen werden, dass in der gesetzli-
chen Krankenversicherung im Jahr 2002 von einem
insgesamt ausgeglichenen Haushalt auszugehen war?
Wäre nach dem Erkenntnisstand August 2002 hierfür
ein Beitragssicherungsgesetz erforderlich gewesen?

5. Inwiefern sind die Ausgaben der gesetzlichen Kran-
kenversicherung abhängig vom Verhalten der Ärzte
in Bezug auf Verschreibung von Arzneimitteln?

6. Gab es ein Versprechen der Ärzte im Jahre 2002,
Ausgaben bei Arzneimitteln um 4,6 % zu senken?

7. Wie war der Anstieg der Kosten der Krankenhausbe-
handlung zur Jahresmitte 2002 zu prognostizieren?

8. Welche Einsparpotentiale für die GKV wurden im
Sommer des Jahres 2002 prognostiziert?

9. Welche Rolle spielten hierbei das Arzneimittelausga-
benbegrenzungsgesetz bzw. das Arzneimittelbudget-
ablösungsgesetz?

10. Welche Bedeutung kommt der Selbstverwaltung der
Kassen für ihre Finanzlage zu?

11. Trifft es zu, dass die gesetzliche Krankenversiche-
rung im Jahr 1992 ein Defizit von 9,4 Mrd. DM, im
Jahr 1995 ein Defizit von 7,2 Mrd. DM und im Jahr
1996 ein Defizit von 7,0 Mrd. DM aufwies, obwohl
das Zuzahlungsvolumen der Patientinnen und Patien-
ten für Arzneimittel von 1,2 Mrd. DM im Jahre 1991
auf 5,4 Mrd. DM im Jahre 1998 angestiegen war?

12. Hat sich die Bundesregierung im Sommer 2002 hin-
sichtlich ihrer Informationspolitik entsprechend der
Staatspraxis bei der Planung der Finanzen der gesetz-
lichen Krankenversicherung seit 1990 verhalten?

durch Vernehmung des Vorstandsvorsitzenden des Arbei-
ter-Ersatzkassen-Verbandes e.V., Herbert Rebscher, als
sachverständigen Zeugen.

68 Antrag der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuss
vom 19. März 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Dr. 15/256) durch Beiziehung der Akten
und sonstigen Vorgänge, die den gegenseitigen Informa-
tionsaustausch zwischen dem früheren Bundesministe-
rium für Gesundheit und dem Bundesversicherungsamt
im Zeitraum von Januar 2002 bis zum Ende der 14. WP

19.03.03 s. MAT B 1

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-
zur Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen betreffen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 243 – Drucksache 15/2100

69 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 2. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse der Bundesversicherungsanstalt für Ange-
stellte bis zum 22. September 2002 vorlagen über die
Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenver-
sicherung und wie mit diesen Erkenntnissen im Verant-
wortungsbereich der Bundesregierung verfahren wurde,
durch Zeugenvernehmung von Dr. Herbert Rische,
Präsident der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte,
Berlin.

02.04.03 10.04.03 51

70 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 2. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung bis zum 22. September 2002 vorlagen über
die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Renten-
versicherung und wie mit diesen Erkenntnissen im Ver-
antwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung von Ministerialrat
Wolfgang Rombach, Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung.

02.04.03 10.04.03 53

71 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 2. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung bis zum 22. September 2002 vorlagen über
die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Renten-
versicherung und wie mit diesen Erkenntnissen im
Verantwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung von Dr. Klaus
Achenbach, Staatssekretär beim Bundesministerium
für Arbeit und Sozialordnung der 14. WP.

02.04.03 10.04.03 54

72 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 2. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Verband Deutscher Rentenversiche-
rungsträger (VDR) bis zum 22. September 2002 vorlagen
über die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen
Rentenversicherung und wie mit diesen Erkenntnissen im
Verantwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung von Prof. Dr. Franz
Ruland, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher
Rentenversicherungsträger.

02.04.03 10.04.03 55

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 244 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

73 Antrag der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuss
vom 2. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Frage, ob
und in welchem Umfang Mitglieder der Bundesregierung
im Jahr 2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich
der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung vor
der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder
unvollständig informiert haben, ob und ggf. wer dieses
wie und mit wessen Hilfe insbesondere auch im Verant-
wortungsbereich der Bundesregierung getan und ob und
ggf. welche Vereinbarungen es dazu gegeben hat, durch
Zeugenvernehmung von Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup,
Vorsitzender des Sozialbeirats.

02.04.03 10.04.03 56

74 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 28. März 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag (BT-Drs
15/256) enthaltenen Fragestellung, ob und in welchem
Umfange Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere
der damalige Bundesminister Walter Riester im Jahr 2002
Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der Finanzsitu-
ation der gesetzlichen Rentenversicherung vor der Bun-
destagswahl am 22. September 2002 falsch oder unvoll-
ständig informiert haben, wird Beweis erhoben durch die
Fragen:
1. Welche Rolle spielen Wirtschaftsforschungsinstitute,

Sachverständigenräte und Beiräte sowie internatio-
nale Institutionen für die Planung und Schätzungen
der Bundesregierung hinsichtlich der Finanzen der
gesetzlichen Rentenversicherung und inwiefern greift
die Bundesregierung auf Planungsdaten und Erhe-
bungen der Länder zurück?

2. Trifft es zu, dass die Einnahmen der gesetzlichen
Rentenversicherung in bedeutendem Maße von der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängt, insbe-
sondere von der Entwicklung der Bruttolohn- und
Gehaltssumme?

3. Trifft es zu, dass die Weihnachtsgeldzahlungen im
Dezember eines jeden Jahres einen erheblichen An-
teil der jährlichen Einnahmen der gesetzlichen Ren-
tenversicherung ausmachen und deswegen der Tarif-
bzw. Lohnentwicklung und dem Beschäftigungsstand
am Ende eines jeden Jahres besonderes Gewicht für
den Ausgleich der Haushalte der Rentenversicherung
zukommt?

4. Durfte im September 2002 damit gerechnet werden,
dass die Bruttolohn- und Gehaltssumme in der zwei-
ten Jahreshälfte steigen würde? Trifft es zu, dass die
Einnahmen der Rentenversicherung im Juli 2002 um
1,8 % gestiegen sind, nachdem sie in der ersten Jah-
reshälfte lediglich um 0,3 % angestiegen waren?

02.04.03 10.04.03 57

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 245 – Drucksache 15/2100

noch 74 5. Worauf gründete der Verband Deutscher Rentenversi-
cherungsträger seine Prognose aus dem August 2002,
der Rentenbeitragssatz würde im Jahr 2003 auf
19,7 % steigen? Hatte der VDR andere Zahlen als die
Bundesregierung, das Deutsche Institut für Wirt-
schaftsforschung und der Sachverständigenrat, die je-
weils von einem Ansteigen auf 19,3 % bis 19,4 %
ausgingen?

6. Wie hätte sich eine – wie von der CDU/CSU im
Wahlkampf vorgeschlagene – Streichung der nächs-
ten Stufe der Ökosteuer auf den Rentenbeitragssatz
2003 ausgewirkt?

7. Wie hätte sich eine – wie von dem Bundesminister
a.D. Horst Seehofer im August 2002 vorgeschlagene
– nachträgliche Kompensation für die im Jahr 2000
ausgebliebene Rentenanpassung auf den Beitragssatz
ausgewirkt, insbesondere im Hinblick auf das Ver-
sprechen von CDU/CSU, die Sozialversicherungsbei-
träge auf unter 40 % zu senken?

8. Hat sich die Bundesregierung im Sommer 2002 hin-
sichtlich ihrer Informationspolitik entsprechend der
Staatspraxis bei der Planung der Finanzen der gesetz-
lichen Rentenversicherung seit 1990 verhalten?

durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen
Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup, Vorsitzender der Kommis-
sion für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozia-
len Sicherungssysteme.

75 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 28. März 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs 15/256) enthaltenen Fragestellung, ob und in
welchem Umfange Mitglieder der Bundesregierung, ins-
besondere der damalige Bundesminister Walter Riester im
Jahr 2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der
Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung vor
der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder
unvollständig informiert haben, wird Beweis erhoben
durch die Fragen:
1. Welche Rolle spielen Wirtschaftsforschungsinstitute,

Sachverständigenräte und Beiräte sowie internatio-
nale Institutionen für die Planung und Schätzungen
der Bundesregierung hinsichtlich der Finanzen der
gesetzlichen Rentenversicherung und inwiefern greift
die Bundesregierung auf Planungsdaten und Erhe-
bungen der Länder zurück?

2. Trifft es zu, dass die Einnahmen der gesetzlichen
Rentenversicherung in bedeutendem Maße von der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängt, insbe-
sondere von der Entwicklung des Bruttolohn- und
Gehaltssumme?

02.03.03 10.04.03 58

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 246 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

noch 75 3. Trifft es zu, dass die Weihnachtsgeldzahlungen im
Dezember eines jeden Jahres einen erheblichen An-
teil der jährlichen Einnahmen der gesetzlichen Ren-
tenversicherung ausmachen und deswegen der Tarif-
bzw. Lohnentwicklung und dem Beschäftigungsstand
am Ende eines jeden Jahres besonderes Gewicht für
den Ausgleich der Haushalte der Rentenversicherung
zukommt?

4. Durfte im September 2002 damit gerechnet werden,
dass die Bruttolohn- und Gehaltssumme in der zwei-
ten Jahreshälfte steigen würde?

5. Trifft es zu, dass die Einnahmen der Rentenversiche-
rung im Juli 2002 um 1,8 % gestiegen sind, nachdem
sie in der ersten Jahreshälfte lediglich um 0,3 % an-
gestiegen waren?

6. Ging das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
trotz einer schwachen Entwicklung der Arbeitsent-
gelte im ersten Halbjahr 2002 noch Mitte Juli 2002
davon aus, dass im Jahr 2003 ein Rentenbeitragssatz
von 19,3 gehalten werden könnte?

7. Trifft es zu, dass eine – wie von der CDU/CSU im
Wahlkampf vorgeschlagene – Streichung der seit dem
1.1.2003 wirksamen Erhöhung der Ökosteuer zu ei-
ner Anhebung des Rentenbeitragssatzes für das Jahr
2003 um 0,2 bis 0,3 % geführt hätte?

8. Wie hätte sich eine – wie von dem Bundesminister
a. D. Horst Seehofer im August 2002 vorgeschlagene
– nachträgliche Kompensation für die im Jahr 2000
ausgebliebene Rentenanpassung auf den Beitragssatz
ausgewirkt, insbesondere im Hinblick auf das Ver-
sprechen von CDU/CSU, die Sozialversicherungsbei-
träge auf unter 40 % zu senken?

9. Hat sich die Bundesregierung im Sommer 2002 hin-
sichtlich ihrer Informationspolitik entsprechend der
Staatspraxis bei der Planung der Finanzen der gesetz-
lichen Rentenversicherung seit 1990 verhalten?

durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen PD Dr.
habil. Gustav Adolf Horn, Leiter der Konjunkturabteilung
des DIW Berlin.

76 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 31. März 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs 15/256) enthaltenen Fragestellung, ob und in
welchem Umfange Mitglieder der Bundesregierung, ins-
besondere der damalige Bundesminister Walter Riester im
Jahr 2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der
Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung vor
der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder
unvollständig informiert haben, wird Beweis erhoben
durch die Fragen:

02.04.03 10.04.03 52

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 247 – Drucksache 15/2100

noch 76 1. Welche Rolle spielen Wirtschaftsforschungsinstitute,
Sachverständigenräte und Beiräte sowie internatio-
nale Institutionen für die Planung und Schätzungen
der Bundesregierung hinsichtlich der Finanzen der
gesetzlichen Rentenversicherung und inwiefern greift
die Bundesregierung auf Planungsdaten und Erhe-
bungen der Länder zurück?

2. Trifft es zu, dass die Einnahmen der gesetzlichen
Rentenversicherung in bedeutendem Maße von der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängt, insbe-
sondere von der Entwicklung des Bruttolohn- und
Gehaltssumme?

3. Trifft es zu, dass die Weihnachtsgeldzahlungen im
Dezember eines jeden Jahres einen erheblichen An-
teil der jährlichen Einnahmen der gesetzlichen Ren-
tenversicherung ausmachen und deswegen der Tarif-
bzw. Lohnentwicklung und dem Beschäftigungsstand
am Ende eines jeden Jahres besonderes Gewicht für
den Ausgleich der Haushalte der Rentenversicherung
zukommt?

4. Durfte im September 2002 damit gerechnet werden,
dass die Bruttolohn- und Gehaltssumme in der zwei-
ten Jahreshälfte steigen würde? Trifft es zu, dass die
Einnahmen der Rentenversicherung im Juli 2002 um
1,8 % gestiegen sind, nachdem sie in der ersten Jah-
reshälfte lediglich um 0,3 % angestiegen waren?

5. Worauf gründete der Verband Deutscher Rentenversi-
cherungsträger seine Prognose aus dem August 2002,
der Rentenbeitragssatz würde im Jahr 2003 auf
19,7 % steigen? Hatte der VDR andere Zahlen als die
Bundesregierung, das Deutsche Institut für Wirt-
schaftsforschung und der Sachverständigenrat, die je-
weils von einem Ansteigen auf 19,3 % bis 19,4 %
ausgingen?

6. Trifft es zu, dass Mitte Oktober 2002 noch nicht ge-
wusst werden konnte, wie hoch der Beitragssatz für
das Jahr 2003 tatsächlich sein würde?

7. Trifft es zu, dass der Beitragssatz für das Jahr 2003
erst im November 2002 festgesetzt werden musste?

8. Trifft es zu, dass eine – wie von der CDU/CSU im
Wahlkampf vorgeschlagene Streichung der seit dem
1.1.2003 wirksamen Erhöhung der Ökosteuer zu ei-
ner Anhebung des Rentenbeitragssatzes für das Jahr
2003 um 0,2 bis 0,3 % geführt hätte?

9. Wie hätte sich eine – wie von dem Bundesminister
a. D. Horst Seehofer im August 2002 vorgeschla-
gene – nachträgliche Kompensation für die im Jahr
2000 ausgebliebene Rentenanpassung auf den Bei-
tragssatz ausgewirkt, insbesondere im Hinblick auf
das Versprechen von CDU/CSU, die Sozialversiche-
rungsbeiträge auf unter 40 % zu senken?

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 248 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

noch 76 10. Hat sich die Bundesregierung im Sommer 2002 hin-
sichtlich ihrer Informationspolitik entsprechend der
Staatspraxis bei der Planung der Finanzen der gesetz-
lichen Rentenversicherung seit 1990 verhalten?

durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen
Dr. Herbert Rische, Präsident der Bundesversicherungs-
anstalt für Angestellte, Berlin.

77 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 2. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung bis zum 22. September 2002 vorlagen über
die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Renten-
versicherung und wie mit diesen Erkenntnissen im Ver-
antwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung von Rudolf Anzinger,
Staatssekretär beim Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung in der 14. WP.

03.04.03 10.04.03 59

78 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 2. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung bis zum 22. September 2002 vorlagen über
die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Renten-
versicherung und wie mit diesen Erkenntnissen im Ver-
antwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, durch Zeugenvernehmung von Ministerialrat
Dabringhausen, Referatsleiter I b 1 im Bundesministe-
rium für Arbeit und Sozialordnung in der 14. WP.

03.04.03 10.04.03 60

79 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 2. April 2003:
Für die Bewertung der im Untersuchungsauftrag
(BT-Drs 15/256) enthaltenen Fragestellung, ob und in
welchem Umfange Mitglieder der Bundesregierung, ins-
besondere der damalige Bundesminister Walter Riester im
Jahr 2002 Bundestag und Öffentlichkeit hinsichtlich der
Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung vor
der Bundestagswahl am 22. September 2002 falsch oder
unvollständig informiert haben, wird Beweis erhoben
durch die Fragen:
1. Welche Rolle spielen Wirtschaftsforschungsinstitute,

Sachverständigenräte und Beiräte sowie internatio-
nale Institutionen für die Planung und Schätzungen
der Bundesregierung hinsichtlich der Finanzen der
gesetzlichen Rentenversicherung und inwiefern greift
die Bundesregierung auf Planungsdaten und Erhe-
bungen der Länder zurück?

03.04.03 10.04.03 61

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 249 – Drucksache 15/2100

noch 79 2. Trifft es zu, dass die Einnahmen der gesetzlichen
Rentenversicherung in bedeutendem Maße von der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängt, insbe-
sondere von der Entwicklung des Bruttolohn- und
Gehaltssumme?

3. Trifft es zu, dass die Weihnachtsgeldzahlungen im
Dezember eines jeden Jahres einen erheblichen An-
teil der jährlichen Einnahmen der gesetzlichen Ren-
tenversicherung ausmachen und deswegen der Tarif-
bzw. Lohnentwicklung und dem Beschäftigungsstand
am Ende eines jeden Jahres besonderes Gewicht für
den Ausgleich der Haushalte der Rentenversicherung
zukommt?

4. Durfte im September 2002 damit gerechnet werden,
dass die Bruttolohn- und Gehaltssumme in der zwei-
ten Jahreshälfte steigen würde? Trifft es zu, dass die
Einnahmen der Rentenversicherung im Juli 2002 um
1,8 % gestiegen sind, nachdem sie in der ersten Jah-
reshälfte lediglich um 0,3 % angestiegen waren?

5. Worauf gründete der Verband Deutscher Rentenversi-
cherungsträger seine Prognose aus dem August 2002,
der Rentenbeitragssatz würde im Jahr 2003 auf
19,7 % steigen? Hatte der VDR andere Zahlen als die
Bundesregierung, das Deutsche Institut für Wirt-
schaftsforschung und der Sachverständigenrat, die je-
weils von einem Ansteigen auf 19,3 % bis 19,4 %
ausgingen?

6. Wie hätte sich eine – wie von der CDU/CSU im
Wahlkampf vorgeschlagene – Streichung der nächs-
ten Stufe der Ökosteuer auf den Rentenbeitragssatz
2003 ausgewirkt?

7. Wie hätte sich eine – wie von dem Bundesminister
a.D. Horst Seehofer im August 2002 vorgeschlagene
– nachträgliche Kompensation für die im Jahr 2000
ausgebliebene Rentenanpassung auf den Beitragssatz
ausgewirkt, insbesondere im Hinblick auf das Ver-
sprechen von CDU/CSU, die Sozialversicherungsbei-
träge auf unter 40 % zu senken?

8. Hat sich die Bundesregierung im Sommer 2002
hinsichtlich ihrer Informationspolitik entsprechend
der Staatspraxis bei der Planung der Finanzen
der gesetzlichen Rentenversicherung seit 1990 ver-
halten?

durch Vernehmung des Zeugen Ministerialdirektor Achim
Wittrock, Leiter der Abteilung P im Bundesministerium
für Gesundheit und Soziale Sicherung.

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 250 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

80 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256) durch Beiziehung aller Ak-
ten, sonstigen Unterlagen, so auch der Vermerke über
Besprechungen im Leitungsbereich (Leitungsbespre-
chungen, Abteilungsleiterbesprechungen etc.) insbeson-
dere zum sog. Vorschaltgesetz (Beitragssicherungsge-
setz vom 23. Dezember 2003) und jeweils eines vom
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Siche-
rung oder, falls nicht möglich, eines vom Bundesamt
für Sicherheit in der Informationstechnik anzufertigen-
den Ausdrucks der in Datenverarbeitungssystemen im
Bundesministerium der Gesundheit in der 14. Wahl-
periode gespeicherten Vorgänge, die Aufschluss da-
rüber geben, welche Erkenntnisse dem Bundesministe-
rium der Gesundheit von Anfang 2002 bis zum Ende
der Wahlperiode vorlagen über die finanzielle Lage der
gesetzlichen Krankenversicherung und wie mit diesen
Erkenntnissen im Verantwortungsbereich der Bundes-
regierung verfahren wurde, beim Bundesministerium
für Gesundheit und Soziale Sicherung, soweit diese
Vorgänge nicht bereits dem Untersuchungsausschuss
übersandt worden sind.

23.04.03

80 (neu) Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 22. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256) durch Beiziehung aller Ak-
ten, sonstigen Unterlagen, so auch der Vermerke über
Besprechungen im Leitungsbereich (Leitungsbespre-
chungen, Abteilungsleiterbesprechungen etc.) insbeson-
dere zum sog. Vorschaltgesetz (Beitragssatzsicherungs-
gesetz vom 23. Dezember 2002) und jeweils eines vom
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Siche-
rung oder, falls nicht möglich, eines vom Bundesamt
für Sicherheit in der Informationstechnik anzufertigen-
den Ausdrucks der in Datenverarbeitungssystemen im
Bundesministerium der Gesundheit in der 14. Wahl-
periode gespeicherten Vorgänge, die Aufschluss da-
rüber geben, welche Erkenntnisse dem Bundesministe-
rium der Gesundheit von Anfang 2002 bis zum Ende
der 14. Wahlperiode vorlagen über die finanzielle Lage
der gesetzlichen Krankenversicherung und wie mit die-
sen Erkenntnissen im Verantwortungsbereich der Bun-
desregierung verfahren wurde, beim Bundesministe-
rium für Gesundheit und Soziale Sicherung, soweit
diese Vorgänge nicht bereits dem Untersuchungsaus-
schuss übersandt worden sind.

29.04.03 08.05.03 62

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 251 – Drucksache 15/2100

81 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 28. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256) durch Beiziehung aller Akten,
sonstigen Unterlagen sowie jeweils eines vom Bundes-
kanzleramt oder, falls nicht möglich, eines vom Bundes-
amt für Sicherheit in der Informationstechnik anzuferti-
genden Ausdrucks der in Datenverarbeitungssystemen im
Bundeskanzleramt gespeicherten Vorgänge, die Auf-
schluss darüber geben, welche Erkenntnisse dem Bundes-
kanzleramt von Anfang 2002 bis zum Ende der 14. Wahl-
periode vorlagen über
– die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des

Bundes im Haushaltsjahr 2002, einschließlich der Er-
forderlichkeit eines möglichen Nachtragshaushaltes.

– die Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits im
Hinblick auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien des
EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakts im Jahr 2002,

– das voraussichtliche Wachstum des Bruttoinland-
produkts im Jahr 2002 sowie

– die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen
Kranken- und Rentenversicherung

und wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbe-
reich der Bundesregierung verfahren wurde, beim Bun-
deskanzleramt, soweit diese Vorgänge nicht bereits dem
Untersuchungsausschuss übersandt worden sind.

29.04.03 08.05.03 63

82 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 28. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Finanz-
lage der gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Januar
2002 bis zum Ende der 14. Wahlperiode durch Zeugen-
vernehmung von Rüdiger Hensgen, Referatsleiter des Re-
ferats 221 im Bundesministerium für Gesundheit in der
14. WP.

29.04.03 08.05.03 64

83 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 28. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Finanz-
lage der gesetzlichen Krankenversicherung im ersten
Halbjahr 2002 und den Perspektiven für deren Finanzent-
wicklung im Jahr 2002 durch Zeugenvernehmung von
Dr. Edwin Smigielski, Leiter der Abteilung 2 im Bundes-
ministerium für Gesundheit in der 14. WP.

29.04.03 08.05.03 65

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 252 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

84 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 28. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Finanz-
lage der gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Januar
2002 bis zum Ende der 14. Wahlperiode durch Zeugen-
vernehmung von Dr. Joachim Müller, Referatsleiter des
Referates 228 im Bundesministerium für Gesundheit in
der 14. WP.

29.04.03 08.05.03 66

85 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 30. April 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Finanz-
lage der gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Januar
2002 bis zum Ende der 14. WP durch Zeugenvernehmung
von Wilhelm Walzik, Referatsleiter des Referates 012 im
Bundesministerium für Gesundheit in der 14. WP.

30.04.03 08.05.03 67

86 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 7. Mai 2003:
Es wird Beweis zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Zeu-
genvernehmung von Oswald Metzger, haushaltspoliti-
scher Sprecher der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN in der 14. WP des Deutschen Bundes-
tages.

07.05.03 22.05.03 69

87 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 7. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag
(BT-Drs. 15/256), insbesondere zu Ziffer 1, durch Zeu-
genvernehmung von Staatssekretär Dr. Frank-Walter
Steinmeier, Chef des Bundeskanzleramtes.

07.05.03 22.05.03 70

88 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 7. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Frage,
welche Erkenntnisse dem Bundeskanzleramt bis zum
22. September 2002 vorlagen über
– die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des

Bundes im Haushaltsjahr 2002, einschließlich der Er-
forderlichkeit eines möglichen Nachtragshaushalts,

– die Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits im
Hinblick auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien des
EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes im Jahre 2002 und

– das voraussichtliche Wachstum des Bruttoinlands-
produkts im Jahre 2002

und wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbe-
reich der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeu-
genvernehmung von Ministerialdirektor Dr. Bernd
Pfaffenbach, Bundeskanzleramt.

07.05.03 22.05.03 71

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 253 – Drucksache 15/2100

89 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 7. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Frage,
welche Erkenntnisse dem Bundeskanzleramt bis zum
22. September 2002 vorlagen über
– die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des

Bundes im Haushaltsjahr 2002, einschließlich der Er-
forderlichkeit eines möglichen Nachtragshaushalts,

– die Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits im
Hinblick auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien des
EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes im Jahre 2002,

– das voraussichtliche Wachstum des Bruttoinlands-
produkts im Jahre 2002

und wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbe-
reich der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeu-
genvernehmung von Ministerialdirigent Horst Claßen,
Bundeskanzleramt.

07.05.03 22.05.03 72

90 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 7. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Frage,
welche Erkenntnisse dem Bundeskanzleramt bis zum
22. September 2002 vorlagen über
– die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des

Bundes im Haushaltsjahr 2002, einschließlich der Er-
forderlichkeit eines möglichen Nachtragshaushalts,

– die Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits im
Hinblick auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien des
EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes im Jahre 2002,

– das voraussichtliche Wachstum des Bruttoinlandspro-
dukts im Jahre 2002

und wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbe-
reich der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeu-
genvernehmung von Regierungsdirektor Dietmar Klein,
Bundeskanzleramt.

07.05.03 22.05.03 73

91 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 7. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Frage,
welche Erkenntnisse dem Bundeskanzleramt bis zum
22. September 2002 vorlagen über
– die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des

Bundes im Haushaltsjahr 2002, einschließlich der Er-
forderlichkeit eines möglichen Nachtragshaushalts,

– die Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits im
Hinblick auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien des
EG-Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und

07.05.03 22.05.03 74

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-
Wachstumspaktes im Jahre 2002,

Drucksache 15/2100 – 254 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

noch 91 – das voraussichtliche Wachstum des Bruttoinlandspro-
dukts im Jahre 2002 sowie

– die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen
Kranken- und Rentenversicherung

und wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbe-
reich der Bundesregierung verfahren wurde, durch Zeu-
genvernehmung von Staatssekretär a. D. Uwe-Karsten
Heye, Sprecher der Bundesregierung und Chef des
Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung in
der 14. WP.

92 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 13. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere zu der Finanz-
lage der gesetzlichen Rentenversicherung ab 1. Januar
2002 bis zum 22. September 2002 durch Zeugenverneh-
mung von Klaus Vater, Pressesprecher und Leiter der Un-
terabteilung LP „Presse und Öffentlichkeitsarbeit“ im
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in der
14. WP.

13.05.03 21.05.03 68

93 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 13. Mai 2003:
Der Beschluss des Untersuchungsausschusses, die Ver-
nehmung des Zeugen Ministerialrat Walter Rombach, Re-
feratsleiter im Bundesministerium für Arbeit und Sozial-
ordnung in der 14. Wahlperiode, für den 22. Mai 2003 zu
terminieren, wird aufgehoben; es wird statt seiner der
Zeuge Klaus Vater, Sprecher des Bundesministeriums für
Arbeit und Sozialordnung in der 14. Wahlperiode, für den
22. Mai 2003 zur Vernehmung als Zeuge geladen.

13.05.03 21.05.03 –

94 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256) durch Beiziehung der Vorer-
mittlungsakten der Staatsanwaltschaft Berlin betreffend
die Strafanzeigen gegen die Bundesregierung wegen an-
geblichen Wahlbetrugs bei der Bundestagswahl 2002 so-
weit sie mit unwahren Aussagen der im Untersuchungs-
auftrag Genannten hinsichtlich der Situation des
Bundeshaushalts, der Finanzlage der gesetzlichen Kran-
ken- und Rentenversicherung sowie der Einhaltung der
Stabilitätskriterien des EG-Vertrages und des Europäi-
schen Stabilitäts- und Wachstumspaktes durch den Bund
vor der Bundestagswahl am 22. September 2002 begrün-
det wurden, bei der Staatsanwaltschaft Berlin.

21.05.03 27.05.03
(im Umlauf-
verfahren)

75

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 255 – Drucksache 15/2100

95 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 20. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256) durch Beiziehung aller Akten
und der in diesem Zusammenhang entstandenen sonstigen
Unterlagen betreffend die gegen die Gültigkeit der Wah-
len zum 15. Deutschen Bundestag vom 22. September
2002 beim Deutschen Bundestag eingelegten Einsprüche,
soweit sie mit unwahren Aussagen der im Untersuchungs-
auftrag Genannten hinsichtlich der Situation des Bundes-
haushaltes, der Finanzlage der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherung sowie der Einhaltung der Stabilitäts-
kriterien des EG-Vertrages und des Europäischen Stabili-
täts- und Wachstumspaktes durch den Bund begründet
wurden, beim Wahlprüfungsausschuss des Deutschen
Bundestages.

21.05.03 02.06.03 78

96 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 23. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), insbesondere darüber, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung von Anfang 2002 bis zum 22. September
2002 vorlagen über die Entwicklung der Finanzlage der
gesetzlichen Rentenversicherung und wie mit diesen Er-
kenntnissen im Verantwortungsbereich der Bundesregie-
rung verfahren wurde durch Zeugenvernehmung von
Ministerialrat Claus Hofmann, Bundesministerium für
Arbeit und Sozialordnung in der 14. WP.

23.05.03 27.05.03
(im Umlauf-
verfahren)

76

97 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 23. Mai 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256) durch Beiziehung aller Akten
und sonstigen Unterlagen, insbesondere des Refe-
rats I A 3 und der Vermerke über Besprechungen im Lei-
tungsbereich (Leitungsbesprechungen, Abteilungsleiter-
besprchungen etc), die Aufschluss darüber geben, welche
Erkenntnisse dem Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung von Anfang 2002 bis zum 22. September
2002 vorlagen über die Finanzlage der gesetzlichen Ren-
tenversicherung und wie mit diesen Erkenntnissen im
Verantwortungsbereich der Bundesregierung verfahren
wurde, beim Bundesministerium für Gesundheit und
Soziale Sicherung, soweit diese Vorgänge nicht bereits
dem Untersuchungsausschuss übersandt worden sind.
Sollten die vorbezeichneten Vorgänge oder Teile davon
im Ministerium nur in papierloser Form vorhanden sein,
geht der Untersuchungsausschuss davon aus, dass das
Ministerium die Vorgänge in Papierform durch Ausdruck
der entsprechenden Vorgänge vervollständigt, ggf. mit
Hilfe des Bundesamtes für Sicherheit in der Informa-
tionstechnik oder anderer geeigneter Einrichtungen bzw.
Maßnahmen.

23.05.03 27.05.03
(im Umlauf-
verfahren)

77

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 256 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

98 Antrag der Koalitionsfraktionen im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 23. Mai 2003:
Für die Bewertung der in dem Untersuchungsauftrag ent-
haltenen Fragestellung, ob und in welchem Umfange Mit-
glieder der Bundesregierung, insbesondere der damalige
Bundesminister Walter Riester, im Jahr 2002 Bundestag
und Öffentlichkeit hinsichtlich der Finanzsituation der ge-
setzlichen Rentenversicherung vor der Bundestagswahl
am 22. September 2002 falsch oder unvollständig infor-
miert haben, wird Beweis erhoben über die Frage:
– In welchem Umfang wurden im Jahr 2002 Tarifver-

träge abgeschlossen, die zu Tariferhöhungen führten?
durch Beiziehung des Berichts des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Arbeit „Tarifvertragliche Arbeitsbedin-
gungen im Jahre 2002“ (Tarifbericht 2002).

27.05.03 02.06.03 79

99 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 30. Mai 2003:
Die Bundesregierung wird gebeten, folgende mit Schrei-
ben des Chefs des Bundeskanzleramtes vom 10. Februar
und vom 28. Februar 2003 übersandten Unterlagen von
„VS-Vertraulich“ auf „offen“ herabzustufen:
1. Tgb.-Nr. 1. UA-15-04/03, MAT A 17, Bl. 183, 184
2. Tgb.-Nr. 1. UA-15-09/03, Anl. 01 (MAT A 21), Bl. 1,

2, 7 bis 28, 29 bis 33, 34 bis 36, Anl. 02 (MAT A 22),
Bl. 000000, 4 bis 6, 7, 8, 9 bis 12, 16, 17.

30.05.03 05.06.03 -

100 Antrag der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuss
vom 4. Juni 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256), welche Erkenntnisse dem
Bundeskanzleramt bis zum Ende der 14. Wahlperiode
vorlagen über
– die Entwicklung der finanziellen Lage der gesetzli-

chen Krankenversicherung
– die Entwicklung der finanziellen Lage der gesetzli-

chen Rentenversicherung
– die Entstehung des sog. Vorschaltgesetzes (Beitrags-

satzsicherungsgesetz) vom 23. Dezember 2002)
und wie mit diesen Erkenntnissen im Verantwortungsbe-
reich der Bundesregierung verfahren wurde durch Ver-
nehmung von Staatssekretär Heinrich Tiemann, Leiter der
Abt. 3 im Bundeskanzleramt in der 14. WP.

05.06.03 05.06.03 80

101 Antrag der FDP-Fraktion im 1. Untersuchungsausschuss
vom 4. Juni 2003:
Der Chef des Bundeskanzleramtes wird gebeten, folgende
mit Schreiben vom 10. Februar 2003 übersandten Unter-
lagen von „VS-Vertraulich“ auf „offen“ herabzustufen:
MAT A 17, Bl. 148-153, 172-173, 289-292 (Anlagen 1
und 2 zu 1. UA-15-04/03 VS-Vertr.)

05.06.03 05.06.03 -

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 257 – Drucksache 15/2100

102 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 25. Juni 2003:
Es wird Beweis erhoben zu Ziffer 1 des Untersuchungs-
auftrages (BT-Drs. 15/256) durch Beiziehung des Proto-
kolls der Bundespressekonferenz, in deren Verlauf der
Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye lt. Frankfurter
Rundschau vom 5. Februar 2002 sich zu den Gründen für
den „blauen Brief“, d.h. der Empfehlung der EU-Kom-
mission, Deutschland wegen seines hohen Haushalts-
defizits zu verwarnen, geäußert hat,
des Protokolls der Bundespressekonferenz, in deren Ver-
lauf der Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye lt. Süd-
deutsche Zeitung vom 25. Juli 2002 Forderungen nach
Steuererhöhungen mit der Begründung zurückgewiesen
hat, dies „wäre kontraproduktiv angesichts der sich lang-
sam verbessernden Wirtschaftslage“ und
des Protokolls der Bundespressekonferenz, in deren Ver-
lauf der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung,
Bela Anda, lt. Frankfurter Rundschau vom 16. August
2002 sich zu der Frage der Einhaltung der Sparziele des
europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes durch die
Bundesregierung geäußert hat, bei der Bundespressekon-
ferenz.

25.06.03 26.06.03 81

103 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 25. Juni 2003:
Die Bundesregierung wird gebeten, folgende mit Schrei-
ben des Chefs des Bundeskanzleramtes vom 10. Februar
und vom 28. Februar 2003 übersandten Unterlagen von
„VS-Vertraulich“ auf „offen“ herabzustufen:
Tgb.-Nr. 1. UA-15-04/03, Mat A 17, Bl. 225-228

25.06.03 26.06.03 –

104 Antrag der CDU/CSU-Fraktion im 1. Untersuchungsaus-
schuss vom 25. Juni 2003:
Die Bundesregierung wird gebeten, folgende mit Schrei-
ben des Chefs des Bundeskanzleramtes vom 10. Februar
und vom 28. Februar 2003 übersandten Unterlagen von
„VS-Vertraulich“ bzw. „VS-NfD“ auf „offen“ herabzu-
stufen:
Tgb.-Nr. 1. UA-15-04/03, Mat A 17:
Anl. 01: Bl. 66ff, Bl. 82 ff, 88 ff, Bl 148 ff, Bl. 152 ff,
Bl. 172 ff, Bl. 180, Bl. 197 ff, Bl. 203 ff, Bl. 283 ff,
Bl. 289 f, 291 f (VS-V); Anl. 02: Bl. 193 f (VS-NfD)

25.06.03 26.06.03 –

A-Drs. Nr.
15- Art, Datum und Inhalt Verteilt am

beschlossen/
behandelt

Beweis-
beschluss

am BB 15-

Drucksache 15/2100 – 258 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 263 – Drucksache 15/2100

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-1

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 271 – Drucksache 15/2100

III. Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen Materialien (A-Materialien)

MAT
A Nr.

Zu BB
15-Nr. Absender/Inhalt Eingang am

verteilt am/
bzw. zum

Abruf bereit
Bemerkungen

Umfang
(Seiten/Ordner)

1 10, 28 Bundeskanzleramt;
Organisationspläne, Geschäftsverteilungspläne,
Aktenplan

24.01.03 27.01.03 1 Ordner

2 11 BMF;
Organisationspläne, Geschäftsverteilungspläne

24.01.03 28.01.03 1 Ordner

3 27 BMF; Organisationspläne 24.01.03 28./29.01.03 10 Ordner
4 13, 30 BMGS;

Organisationspläne, Geschäftsverteilungspläne,
Aktenpläne des früheren BMG

27.01.03 28.01.03 21 Ordner

5 12, 29 BMGS;
Organisationspläne, Geschäftsverteilungspläne,
Aktenpläne des früheren BMG

27.01.03 29.01.03

6 2 BMF;
„100-Punkte-Liste“

29.01.03 31.01.03 3 Ordner

7 26 Haushaltsausschuss des Deutschen Bundesta-
ges;
Änderungsanträge der CDU/CSU-Fraktion an-
lässl. der Beratungen zum Bundeshaushalt 2002

31.01.03 03.02.03 1 Ordner

8 34, 36 BMF;
Protokolle Arbeitskreis Steuerschätzung

03.02.03 04./05.02.03 1 Ordner

9 25, 33 BMF;
Protokolle Sitzungen des Finanzplanungsrates

03.02.03 06.02.03 1 Ordner

10 23 BMF;
Finanzberichte

03.02.03 06.02.03 3 Ordner

11
(VS-V)
11

(offen)

8 BMF;
Unterlagen Ref. I A 4, Ordner 1 a

Unterlagen Ref. I A 4, Ordner 1

05.02.03 05.02.03 1 Ordner

1 Ordner
12

(VS-V)

12
(offen)

9 BMF;
Unterlagen Ref. II A 1 (Ordner 1 a),
Unterlagen Ref. II A 2 (Ordner 21 und 22)
Unterlagen Ref. II A 1, Ordner 1-8
Unterlagen Ref. II A 2, Ordner 1-20

05.02.03 05.02.03 3 Ordner

20 Ordner

13
(VS-V)
13

(offen)

16 BMF; Unterlagen Ref. E B 2 (Ordner 1 a)

Unterlagen Ref. E B 2, Ordner 1

05.02.03 05.02.03 1 Ordner

1 Ordner

Drucksache 15/2100 – 272 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

14
(VS-V)
14

(1. Teil-
liefe-
rung)

– offen –
14

(2. Teil-
liefe-
rung)

– offen –
14

(VS-V)

14
(Schluss-
liefe-
rung)

17

17

17

17

17

BMF;
Unterlagen Ref. I A 4 (Ordner 1 a)
Unterlagen Ref. I A 4, Ordner 1

Unterlagen Ref. I A 1, Ordner 1
Unterlagen Ref. II A 5, Ordner1-9, 11-21
Unterlagen Ref. II C 1, Ordner 1-8
Unterlagen Ref. II C 2, Ordner 1-27

Unterlagen Ref. I A 1, Ordner 1 a;
Unterlagen Ref. II A 5, Ordner 2 a, 10, 19 a, 22,
26-29, 31-33
BMF;
Unterlagen Ref. I A 6, Ordner 1
Unterlagen Ref. I B 5, I A 8 (I B 5 alt), Ordner 1

05.02.03

05.02.03

06.02.03

07.02.03

07.02.03

05.02.03

10.02.03

10./11./
12.02.03

10.02.03

11./12.02.03

1 Ordner

1 Ordner

60 Ordner

12 Ordner

2 Ordner

15 25 BMF;
Unterlagen Ref. I A 4, Ordner 1
Unterlagen Ref. I B 5, I A 8 (I B 5 alt), Ordner 1

07.02.03 10.02.03 2 Ordner

16
(offen)
16

(VS-V)

3 BMF;
Fehlanzeige zu sog. „Non-Paper“

07.02.03

10.02.03

07.02.03

10.02.03

1 Schreiben

1 Hefter

17
(VS-V)
und

VS-NfD

5 Bundeskanzleramt;
Unterlagen Ref. 413
(Entstuft auf „offen“:
Blatt 148 bis 151, Blatt 152 u. 153, Blatt 289
u. 290;
Blatt 225 u. 226;
Blatt 227 u. 228;
Blatt 88 bis 90

12.02.03 12.02.03

02.07.03
02.07.03
30.06.03
02.07.03

2 Ordner

18 15 BMGS;
Unterlagen von Ref. 221 (Ordner 1);
Unterlagen von Ref. P 22 – 228 alt im BMG -,
(Ordner 2-4);
VS-NFD eingestufte Unterlagen von Ref. P 22
(Ordner 2 b – 4 b)

26.02.03 26.02.03 7 Ordner

19 21 BMGS;
Unterlagen von Ref. P 22 (228 alt im BMG)
(Ordner 5 – 9)
VS-NFD eingestufte Unterlagen von Ref. P 22
(Ordner 5 b – 9 b)
Sozialberichte 1983, 1997, 2001 (Ordner 10)

26.02.03 26.02.03 11 Ordner

20 24 BMGS; 26.02.03 26.02.03 1 Ordner

MAT
A Nr.

Zu BB
15-Nr. Absender/Inhalt Eingang am

verteilt am/
bzw. zum

Abruf bereit
Bemerkungen

Umfang
(Seiten/Ordner)
Übersichten zu den Bereichen Gesundheits- und
Rentenpolitik (Ordner 11)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 273 – Drucksache 15/2100

21
(VS-V
und

VS-NfD/
offen)

6 Bundeskanzleramt;
Unterlagen Ref. 311
gesetzliche Rentenversicherung
(Entstuft auf „offen“:
Blatt 7 bis 28,
Blatt 29, 30 bis 33,
Blatt 34,
Blatt 35 bis 36)

04.03.03 05.03.03

02.07.03
23.05.03
02.07.03
23.05.03

1 Ordner

22
(VS-V
und

VS-NfD/
offen)

7 Bundeskanzleramt;
Unterlagen Ref. 312
gesetzliche Krankenversicherung
(Entstuft auf „offen“:
Blatt 9,
Blatt 7 bis 8, Blatt 10 bis 12, Blatt 16 und 17)

04.03.03 05.03.03

23.05.03
02.07.03

1 Ordner

23 14 BMGS;
Unterlagen von Ref. 422 (Ordner 12) und
Ref. P 21 (Ordner 13)

13.03.03 14.03.03 2 Ordner

24 22 BMGS;
Unterlagen von Ref. P 21;
Gutachten zur finanziellen Entwicklung der ge-
setzlichen Rentenversicherung (Aktenordner 17)

13.03.03
17.03.03

14.03.03
18.03.03

3 Ordner
1 Ordner

25

Fortsetz-
ung

32 BMWA;
Unterlagen von Ref. ZD 1 (zuständig für den
Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit) (Z b 2
BMA alt);
Unterlagen Referat II B 1/II b 1 BMA

13.03.03

22.05.03

14.03.03

26.05.03

1 Ordner

3 Ordner

26 62 BMGS;
Sämtliche Akten und sonstigen Unterlagen des
früheren BMG betreffend BB-62 (Aktenordner
Nr. 18)

16.05.03 16.05.03 1 Ordner

27
(VS-V)

63 Bundeskanzleramt;
Unterlagen der Referate 122 und (ehemals) 422

26.05.03 27.05.03 1 Ordner

28 77 BMGS;
– Unterlagen der Abt. I und III sowie des Lei-

tungsbereichs des früheren BMA
(Ordner 19);

– Unterlagen des Haushaltsreferates Z b 1 des
früheren BMA (Ordner 20)

27.05.03 28.05. und
30.05.03

2 Ordner

29 79 BMWA;
Tarifvertragliche Arbeitsbedingungen im Jahr
2002

03.06.03 03.06.03 141 Seiten

30 78 Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung des Deutschen Bundestages;
Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl zum
15. Deutschen Bundestag am 22. September
2002 (A-Drs. 15-W-4) und
Weitere Wahleinsprüche zum Thema „Vorwurf

16.06.03 17.06.03 2 Hefter mit ins-
ges. 145 Seiten

MAT
A Nr.

Zu BB
15-Nr. Absender/Inhalt Eingang am

verteilt am/
bzw. zum

Abruf bereit
Bemerkungen

Umfang
(Seiten/Ordner)
des Wahlbetrugs“ – Ergänzung –
(AD-rs. 15-W-8)

Drucksache 15/2100 – 274 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

IV. Verzeichnis der Materialien, die dem Untersuchungsausschuss ohne Beiziehungsbeschluss
zur Verfügung gestellt wurden (B-Materialien)

V. Verzeichnis der Materialien, die Bezug zum Untersuchungsauftrag haben, aber nicht die
zu untersuchenden Vorgänge dokumentieren (C-Materialien)

31 75 Die Senatorin für Justiz, Berlin;
Unterlagen zu den angeforderten Vorermitt-
lungsakten der Staatsanwaltschaft Berlin betref-
fend die Strafanzeigen gegen die Bundesregie-
rung wegen angeblichen Wahlbetrugs bei der
Bundestagswahl 2002

19.06.03 19.06.03 1 Hefter mit inges.
10 Seiten

32 81 Bundespressekonferenz;
Protokolle der Regierungs-Pressekonferenzen
vom 06.02.02; 11.02.02; 08.02.02 und 02.09.02.

03.07.03 04.07.03 20 Seiten

MAT B Nr. Inhalt Eingang am Umfang
1 Bundesversicherungsamt: Rundschreiben an die bundesunmittel-

baren Krankenversicherungsträger zur Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung vom 22. August 2002

20.03.03 4 Seiten

2 Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung: Monatli-
che ABDA-Meldungen des Jahres 2002 zur Entwicklung der GKV-
Arzneimittelumsätze
(5 Anlagen)

07.05.03 1 Hefter mit
65 Seiten

3 Bundesversicherungsanstalt für Angestellte: Vertrauliche Vorlage der
Geschäftsführung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte an
die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses des Vorstands
vom 17. Juli 2002 (VS-NfD)

03.06.03 14 Seiten

MAT C Nr. Thema/Inhalt verteilt am
1 „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ Registraturrichtlinie für das Bearbeiten und

Verwalten von Schriftgut in Bundesministerien; Hrsg.: Bundesministerium des Innern,
Berlin

09.05.03

MAT
A Nr.

Zu BB
15-Nr. Absender/Inhalt Eingang am

verteilt am/
bzw. zum

Abruf bereit
Bemerkungen

Umfang
(Seiten/Ordner)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 275 – Drucksache 15/2100

VI. Verzeichnis der Zeugen, Sachverständigen und Anhörpersonen
1. Zeugen

Name A-Drs. Nr. 15-
BB 15-
Nr.

beschlossen
am

Vernehmung
am

Protokoll
Nr.

Vernehmung ab-
geschlossen am

Achenbach, Klaus, Dr. 71 54 10. April 2003 22. Mai 2003 20 3. Juli 2003

Ahrens, Hans Jürgen, Dr. 62 47 13. März 2003 3. April 2003 12 3. Juli 2003

Anzinger, Rudolf 77 59 10. April 2003 22. Mai 2003 20 3. Juli 2003

Boss, Alfred, Dr. 38 37 30. Januar 2003 keine Einvernahme

Claßen, Horst 89 72 22. Mai 2003 5. Juni 2003 25 3. Juli 2003

Dabringhausen, Jürgen 78 60 10. April 2003 8. Mai 2003 17 3. Juli 2003

Eichel, Hans 1 1 (neu) 16. Januar 2003 20. Februar 2003 8 3. Juli 2003

Engelmann, Harald 40 39 30. Januar 2003 keine Einvernahme

Hanke, Bernd, Dr. 43
(neu)

41 7. Februar 2003 13. Februar 2003 7 3. Juli 2003

Hensgen, Rüdiger 82 64 8. Mai 2003 2. Juni 2003 23 3. Juli 2003

Heye, Uwe-Karsten 91 74 22. Mai 2003 23. Juni 2003 28 11. August 2003

Hofmann, Claus 96 76 Umlaufverfahren
vom 27. Mai 2003

2. Juni 2003 23 3. Juli 2003

Horn, Gustav Adolf,
PD Dr. habil.

75 58 10. April 2003 8. Mai 2003 17 3. Juli 2003

Kastrop, Christian, Dr. 44
(neu)

42 7. Februar 2003 13. Februar 2003 7 3. Juli 2003

Klein, Dietmar 90 73 22. Mai 2003 5. Juni 2003 25 3. Juli 2003

Lämmel, Peter 38 37 30. Januar 2003 keine Einvernahme

Metzger, Oswald 86 69 22. Mai 2003 23. Juni 2003 28 11. August 2003

Müller, Joachim, Dr. 84 66 8. Mai 2003 2. Juni 2003 23 3. Juli 2003

Overhaus, Manfred, Dr. 42
45

(neu)
40
43

30. Januar 2003
7. Februar 2003

13. Februar 2003 7 3. Juli 2003

Drucksache 15/2100 – 276 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Pfaffenbach, Bernd Dr. 88 71 22. Mai 2003 5. Juni 2003 25 3. Juli 2003

Rebscher, Herbert 67 50 13. März 2003 3. April 2003 12 3. Juli 2003

Remsperger, Hermann, Prof.
Dr.

39 38 30. Januar 2003 13. Februar 2003 7 3. Juli 2003

Rische, Herbert, Dr. 69
76

51
52

10. April 2003 8. Mai 2003 17 3. Juli 2003

Rombach, Wolfgang 70 53 10. April 2003 keine Einvernahme

Ruland, Franz, Prof. Dr. 72 55 10. April 2003 2. Juni 2003 23 3. Juli 2003

Rürup, Bert, Prof. Dr. Dr.
h.c.

73
74

56
57

10. April 2003 8. Mai 2003 17 3. Juli 2003

Schmidt, Ulla 60 45 13. März 2003 10. April 2003 14 3. Juli 2003

Schröder, Gerhard 5 4
4 (neu)

16. Januar 2003
26. Juni 2003

3. Juli 2003 31 11. August 2003

Schröder, Klaus Theo, Dr. 61 46 13. März 2003 3. April 2003 12 3. Juli 2003

Schwartz, Friedrich
Wilhelm, Prof. Dr.

64 48 13. März 2003 9. April 2003 13 3. Juli 2003

Smigielski, Edwin, Dr. 66
83

49
65

13. März 2003
8. Mai 2003

21. Mai 2003/
2. Juni 2003

19
23

3. Juli 2003

Steinmeier, Frank-Walter,
Dr.

87 70 22. Mai 2003 26. Juni 2003 30 11. August 2003

Tiemann, Heinrich 100 80 5. Juni 2003 17. Juni 2003 27 3. Juli 2003

Vater, Klaus 92 68 21. Mai 2003 22. Mai 2003 20 3. Juli 2003

Walzik, Wilhelm 85 67 8. Mai 2003 2. Juni 2003 23 3. Juli 2003

Wittrock, Achim 79 61 10. April 2003 22. Mai 2003 20 3. Juli 2003

Name A-Drs. Nr. 15-
BB 15-
Nr.

beschlossen
am

Vernehmung
am

Protokoll
Nr.

Vernehmung ab-
geschlossen am

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 277 – Drucksache 15/2100

2. Sachverständige

3. Anhörpersonen

Name A-Drs.Nr. 15-
BB 15-
Nr.

beschlossen
am

Anhörung
am

Protokoll
Nr.

Vernehmung ab-
geschlossen am

Dicke, Hugo, Dr. 36 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5 3. Juli 2003

Heilemann, Ullrich, Prof.
Dr.

36 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5 3. Juli 2003

Horn, Gustav Adolf, PD Dr.
habil.

36 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5 3. Juli 2003

Kromphardt, Jürgen, Prof.
Dr.

36 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5 3. Juli 2003

Scheide, Joachim, Prof. Dr. 36 31 16. Januar 2003 30. Januar 2003 5 3. Juli 2003

Name A-Drs.Nr. 15-
BB 15-
Nr.

beschlossen
am

Anhörung
am

Protokoll
Nr.

Vernehmung ab-
geschlossen am

Schoof, Dieter, Dr. 21 20 16. Januar 2003 13. Februar 2003 7 3. Juli 2003

Drucksache 15/2100 – 278 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

VII. Verzeichnis der Sitzungen

Nr. Datum Art der Sitzung Gegenstand Dauer(in Minuten)1
Protokoll-
umfang
(Seiten

insgesamt)
1 20.12.02 öffentlich Konstituierung 20 10
2 20.12.02 nichtöffentlich Beratungssitzung 15 7
3 16.01.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 109 64
4 30.01.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 139 36
5 30.01.03 öffentlich

öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich

S: Dr. Hugo Dicke,
S: Prof. Dr. Ullrich Heilemann,
S: PD Dr. Gustav Adolf Horn
S: Prof. Dr. Joachim Scheide
S: Prof. Dr. Jürgen Kromphardt

205 67

6 13.02.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 56 15
7 13.02.03 öffentlich

nichtöffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
nichtöffentlich

Z: Dr. Manfred Overhaus
Z: Dr. Manfred Overhaus
Z: Prof. Dr. Hermann Remsperger
Z: Dr. Christian Kastrop
A: Dr. Dieter Schoof
Z: Dr. Bernd Hanke
Z: Dr. Bernd Hanke

666 137

8 20.02.03 öffentlich
nichtöffentlich

Z: BM Hans Eichel
Z: BM Hans Eichel

285 64

9 20.02.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 92 11
10 13.03.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 38 11
11 20.03.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 38 11
12 03.04.03 öffentlich

öffentlich
öffentlich

Z: Herbert Rebscher
Z: Dr. Klaus Theo Schröder
Z: Dr. Hans Jürgen Ahrens

446 103

13 09.04.03 öffentlich Z: Prof. Dr. Friedrich Wilhelm
Schwartz,

35 25

14 10.04.03 öffentlich
nichtöffentlich

Z: BM Ulla Schmidt
Beratungssitzung

243
6

58
6

15 10.04.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 20 26
16 08.05.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 60 21
17 08.05.03 öffentlich

öffentlich
öffentlich
öffentlich

Z: PD Dr. habil. Gustav Adolf Horn
Z: Jürgen Dabringhausen
Z: Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup
Z: Dr. Herbert Rische

420 89

18 21.05.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 5 7
19 21.05.03 öffentlich

nichtöffentlich
Z: Dr. Edwin Smigielski
Z: Dr. Edwin Smigielski

229 50

20 22.05.03 öffentlich
öffentlich
öffentlich

Z: Rudolf Anzinger
Z: Achim Wittrock
Z: Dr. Klaus Achenbach

429 90
21 22.05.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 19 16

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 279 – Drucksache 15/2100

22 02.06.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 26 12
23 02.06.03 öffentlich

öffentlich
öffentlich
nichtöffentlich2)
öffentlich
öffentlich

Z: Dr. Joachim Müller
Z: Wilhelm Walzik
Z: Rüdiger Hensgen
Z: Dr. Edwin Smigielski
Z: Prof. Dr. Franz Ruland
Z: Claus Hofmann

419 72

24 05.06.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 22 10
25 05.06.03 öffentlich

nichtöffentlich
öffentlich
nichtöffentlich
öffentlich
nichtöffentlich

Z: Dietmar Klein
Z: Dietmar Klein
Z: Horst Claßen
Z: Horst Claßen
Z: Dr. Bernd Pfaffenbach
Z: Dr. Bernd Pfaffenbach

300 49

26 05.06.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 15 8
27 17.06.03 öffentlich

nichtöffentlich
Z: Heinrich Tiemann
Z: Heinrich Tiemann

180 36

28 23.06.03 öffentlich
nichtöffentlich
öffentlich
nichtöffentlich

Z: Uwe-Karsten Heye
Z: Uwe-Karsten Heye
Z: Oswald Metzger
Z: Oswald Metzger

240 57

29 26.06.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 70 16
30 26.06.03 öffentlich

nichtöffentlich
Z: Dr. Frank Walter Steinmeier
Z: Dr. Frank Walter Steinmeier

157 39

31 03.07.03 öffentlich Z: BK Gerhard Schröder 192 50
32 03.07.03 nichtöffentlich Beratungssitzung 10 10

1) insgesamt (öffentliche und nichtöffentliche Vernehmungsteile)
2) Die Vernehmung wurde unter Schwärzung einzelner Textpassagen auf öffentlich herabgestuft.

Nr. Datum Art der Sitzung Gegenstand Dauer(in Minuten)1
Protokoll-
umfang
(Seiten

insgesamt)

Drucksache 15/2100 – 280 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

C. Anlagen
I. Dokumentübersicht

Nummer Inhalt
1 Ergebnisse der Steuerschätzung vom 12./13. November 2002, Auszug aus dem Monatsbericht 12.2002

des Bundesministeriums der Finanzen
2 „Eichels schwarze Löcher – Notstand nach der Steuerschätzung“, ZDF-Magazin „Frontal 21“ vom

12. November 2002
3 Seit wann wusste Rot-Grün von der Pleite?, Leipziger Volkszeitung vom 15. November 2002, S. 2
4 Alles begann mit Oswald Metzgers Geständnis, DIE WELT vom 19. November 2002
5 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages – Fachbereich III –,

WF III - 161/03, Gutachten vom 2. Juli 2003
6 Entwicklung der BIP und der Defizitprognosen im Jahr 2002
7 Übersicht über die gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen vom 19. Februar 2003
8 Übersicht über die Entwicklung des Bundeshaushalts 2002 (1. Halbjahr), Ref. II A 2 (BMF) vom

18. Februar 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 1
9 Übersicht über die Entwicklung des Bundeshaushalts 2002 (1. Halbjahr), Ref. II A 2 (BMF) vom

12. März 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 11
10 Vorlage Ref. II C 1 (BMF) vom 12. April 2002, MAT A 14, Ordner 2, S. 12 ff.
11 Vorlage Ref. I A 6 (BMF) vom 15. April 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 49 ff.
12 Vermerk Ref. I A 6 (BMF) vom 3. Juni 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 291 ff.
13 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) vom 30. April 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 22 ff.
14 Vorlage Ref. II C 1 (BMF) vom 8. Mai 2002, MAT A 14, Ordner 2, S. 26 ff.
15 Vorlage Ref. I A 6 (BMF) vom 15. Mai 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 39 ff.
16 Vermerk Ref. I A 6 (BMF) vom 17. Mai 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 96 ff.
17 Pressemitteilungen des BMF und von BM Eichel zum Ergebnis der Steuerschätzung vom 16. Mai

2002, MAT A 12, Ordner 9, S. 1 ff.
18 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) nebst Anlagen vom 21. Mai 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 80 ff.
19 Vermerk Ref. II A 2 (BMF) vom 22. Mai 2002, MAT A 12, Ordner 2, S. 3 ff.
20 Vorlage Ref. II C 1 (BMF) vom 11. Juni 2002, MAT A 14, Ordner 2, S. 50 ff.
21 Vorlage Ref. I A 6 (BMF) vom 20. Juni 2002, MAT A 14 Ordner 1 S. 30 ff.
22 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) vom 25. Juni 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 119 ff.
23 Vorlage Ref. II C 1 (BMF) vom 12. Juli 2002, MAT A 14, Ordner 2, S. 73 ff.
24 Vorlage Ref. I A 6 (BMF) vom 10. Juli 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 19 ff.

Die Dokumente können auf der beigefügten CD-ROM
eingesehen werden.
25 Vorlage Ref. I A 6 (BMF) vom 17. Juli 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 179 ff.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 281 – Drucksache 15/2100

26 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) vom 17. Juli 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 178 ff.
27 Auszug aus dem Monatsbericht des BMF vom Juli 2002
28 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) vom 5. August 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 165 ff.
29 Vorlage Ref. II C 1 (BMF) vom 12. August 2002, MAT A 14, Ordner 2, S. 95 ff.
30 Vorlage Ref. I A 6 (BMF) nebst Anlagen vom 12. August 2002, MAT A 14, Ordner 1, S.10 ff.
31 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) vom 21. August 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 285 ff.
32 Vorlage Ref. I A 1 (BMF) vom 7. August 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 139 ff.
33 Schreiben BMF vom 19. August 2002, MAT A 12, Ref. II A 2, Ordner 3, S. 151 ff.
34 Vermerk Ref. II C 1 (BMF) nebst Anlagen vom 6. September 2002, MAT A 12, Ordner 2, S.102 ff.
35 Vorlage Ref. I A 6 (BMF) nebst Anlagen vom 12. September 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 1 ff.
36 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) vom 18. September 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 333 ff.
37 Vorlage Abt. 4 (BK) vom 21. August 2002, MAT A 17, S. 88 ff.
38 Vorlage Ref. II C 1 (BMF) vom 11. Oktober 2002, MAT A 14, Ordner 2, S.117 ff.
39 Vorlage Ref. II A 2 (BMF) vom 15. Oktober 2002, MAT A 12, Ordner 11, S. 352 ff.
40 „Nicht Null, sondern nahe bei Null“, Der Spiegel vom 18. Februar 2002
41 Telefax (BMF) vom 13. Februar 2002, MAT A 17, S. 225 ff.
42 Telefax (BMF) vom 13. Februar 2002, MAT A 17, S. 227 ff.
43 Vorlage Ref. I A 4 (BMF) vom 25. April 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 170 ff.
44 Vorlage Ref. I A 4 (BMF) vom 18. April 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 138 ff.
45 Vorlage Ref. I A 4 (BMF) vom 16. Mai 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 185 f.
46 Vorlage Ref. I A 4 (BMF) vom 31. Mai 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 189 ff.
47 Vorlage Ref. I A 4 (BMF) vom 15. Juli 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 226 f.
48 Vorlagenentwurf Ref. I A 4 (BMF) vom Juli 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 228 f.
49 Vorlage Ref. I A 4 (BMF) vom 6. August 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 237 ff.
50 E-Mail vom 13. August 2002, MAT A 14, Ordner I, Ref. I A 4, S. 233
51 Vermerk Ref. I A 4 (BMF) vom 3. September 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 280 ff.
52 Sprechzettel für die 114. Sitzung des Haushaltsausschusses am 12. September 2002,

MAT A 14, Ordner 1, Ref. I A 1, S. 172 ff.
53 „Debatte über ein Phantom“, Süddeutsche Zeitung vom 12. September 2002
54 „Metzger erwartet blauen Brief aus Brüssel“, Kieler Nachrichten vom 12. September 2002
55 Vermerk Ref. 431 (BK) vom 15. August 2002, MAT A 17, S. 289 f.

Nummer Inhalt
56 Vorlage Abt. 4 (BK) vom 3. September 2002, MAT A 17, S. 152 f.

Drucksache 15/2100 – 282 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

57 Rahmenvorgaben gem. § 84 Abs. 7 SGB V für das Jahr 2002 für die Inhalte der Arzneimittel-
vereinbarungen nach § 84 Abs. 1 SGB V vom 31. Januar 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 42 ff.

58 Schreiben Dr. Schröder (BMG) vom 1. März 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 105 ff.
59 Vorlage Ref. 228 (BMG) vom 4. März 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 202 ff.- Auszug -
60 Pressemitteilung des BMG vom 7. März 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 225 ff.
61 Schreiben der AOK Sachsen vom 7. März 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 233 f.
62 dpa-Meldung vom 9. März 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 238
63 Vorlage Ref. 228 (BMG) vom 20. März 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 258 ff.
64 Vorlage Ref. 228 (BMG) vom 12. März 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 244 ff.
65 Schreiben KBV vom 18. März 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 140 ff.
66 Vermerk Ref. 225 (BMG) vom 9. April 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 148 ff.
67 Schreiben Sozialminister BW vom 15. April 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 290 ff.
68 Schreiben BM Schmidt vom 5. Mai 2002, MAT A 18, Ordner 2 a, S. 303 ff.
69 Vorlage Abt. 2 (BMG) vom 25. April 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 203 ff.
70 Schreiben des Vorsitzenden BKK vom 17. April 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 162 ff.
71 Gemeinsame Presseerklärung der Arbeitsgemeinschaft der GKV-Spitzenverbände vom 7. Mai 2002
72 Pressemitteilung der KBV vom 10. Mai 2002
73 Sitzungsvorlage Ref. 228 vom 8. Mai 2002, MAT A 18, Ordner 3 a, S. 1 ff. ohne Anlagen
74 Vorlage Ref. 225 (BMG) vom 16. Mai 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 237 ff.
75 Vorlage Ref. 225 (BMG) vom 5. Juni 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 255 ff.
76 Vorlage Ref. 225 (BMG) vom 21. Juni 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 266 ff.
77 Vorlage Ref. 228 (BMG) vom Juni 2002, MAT A 18, Ordner 3 a, S. 54 ff.
78 Pressemitteilung des BMG vom 5. Juni 2002, MAT A 18, Ordner 3 a, S. 139 ff.
79 Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft der GKV-Spitzenverbände vom 5. Juni 2002,

MAT A 26, Ordner 18, S. 265
80 Leitungsvorlage Ref. 228 (BMG) vom 7. Juni 2002, MAT A 18, Ordner 3 a, S. 170 ff.
81 Sprechzettel für BM Schmidt für die Sitzung des BT-Gesundheitsausschusses am 12. Juni 2002, MAT

A 18, Ordner 3 a, S. 26 ff.
82 Leitungsvorlage Ref. 228 (BMG) vom 9. Juli 2002, MAT A 18, Ordner 3 a, S. 374 ff. ohne Anlagen
83 Leitungsvorlage Ref. 225 (BMG) vom 11. Juli 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 276 ff.
84 Leitungsvorlage Ref. 225 (BMG) vom 18. Juli 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 281 ff.
85 Leitungsvorlage Ref. 228 (BMG) vom 15. Juli 2002, MAT A 18, Ordner 3 a, S. 391 ff.

Nummer Inhalt
86 Schreiben BVA vom 16. August 2002, MAT A 18, Ordner 4 a, S. 79 ff.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 283 – Drucksache 15/2100

87 Entwurf einer Antwort der BReg auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU o. D., MATA 18, Ordner 4 a,
S. 102 ff.

88 Rundschreiben der BVA vom 28. August 2002, MAT B 1
89 Schreiben der AOK Baden-Württemberg vom 5. August 2002, MAT A 18, Ordner 1, S. 84 ff.
90 Vermerk Ref. 221 (BMG) vom 28. August 2002, MAT A 18, Ordner 1, S. 93 ff.
91 Leitungsvorlage Ref. 228 (BMG) vom 12. August 2002, MAT A 18, Ordner 4 a, S. 168 ff.
92 Vermerk Ref. 228 (BMG) vom 21. August 2002, MAT A 18, Ordner 4 a, S. 194 ff.
93 Pressemitteilung des VdAK vom 22. August 2002
94 Schreiben BMG vom 27. August 2002, MAT A 26, S. 331 ff.
95 Leitungsvorlage Ref. 228 (BMG) vom 30. August 2002, MAT A 18, Ordner 4 a, S. 218 ff.
96 Schreiben Dr. Schröder (BMG) vom 30. August 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 420 ff., ohne Anlagen
97 Vorlage Ref. 312 (BK) vom 4. Juni 2002, MAT A 22, S. 7 f.
98 Vorlage Ref. 312 (BK) und Presseartikel vom 23. August 2002, MAT A 22. S. 9 ff.
99 Vorlage Abt. 3 (BK) vom 30. August 2002, MAT A 22, S. 16 f.
100 Pressemitteilung (BMG) vom 2. September 2002, MAT A 18, Ordner 4 a, S. 306 ff.
101 Pressemitteilung KBV vom 3. September 2002
102 Sachstandsvermerk Ref. 228 vom 5. September 2002, MAT A 18, Ordner 4 a, S. 340 ff.
103 Kurzprotokoll der Sitzung des Gesundheitsausschusses vom 12. September 2002,

MAT A 18, Ordner 4 a, S. 361 ff.
104 Pressemitteilung vom 13. September 2002, MAT A 18, Ordner 1, S. 424
105 Frankfurter Rundschau vom 1. Oktober 2002
106 Schreiben Ref. 221 nebst Anlagen vom 25. September 2002, MAT A 26, Ordner 18, S. 430 ff.
107 Schreiben AOK Bundesverband vom 25. September 2002, MAT B 2 Anlage 3

– ohne Anlagen –
108 Schreiben Vors. BKK Bundesverband vom 27. September 2002, MAT B 2, Anlage 3
109 Vermerk BMA (alt), Referat I b 1, vom 15. Februar 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 1 f.
110 Schreiben BMA (alt), Referat I b 1, vom 12. März 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 69 f.
111 Vorentwurf einer Vorlage der Abt. I, BMA (alt), vom 22. April 2002, MAT A 23, Ordner 12, S. 9 ff.
112 Entwurf einer Vorlage der Abt. I, BMA (alt), vom 22. April 2002, MAT A 23, Ordner 13,

S. 71 ff.
113 Vermerk Referat I b 1, BMA (alt), vom 6. Mai 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 75 f.
114 Entwurf einer Leitungsvorlage des Referats I b 1, BMA (alt), vom 11. Juni 2002, MAT A 23, Ordner

13, S. 146 f.

Nummer Inhalt

Drucksache 15/2100 – 284 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

115 Vermerk Abt. I, BMA (alt), vom 19. Juni 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 149 ff.
116 Vermerk UAbt. I a, BMA (alt), vom 18. Juni 2002, MAT A 28, Ordner 19, S. 343 ff.
117 Vermerk Abt. III, BMA, vom 21. Juni 2002, MAT A 28, Ordner 19, S. 357 ff.
118 Leitungsvorlage, BMA, Abt. I, vom 27. Juni 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 167
119 Vorlageentwurf, BMA, Referat I b 1, vom 27. Juni 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 158 ff.
120 Vorlageentwurf, BMA, Referat I b 1, vom 27. Juni 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 161 ff.
121 E-Mail BMA Wittrock-Abt. I, vom 28. Juni 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 164
122 DIE WELT vom 21. Juni 2002
123 Entwurf eines Schreibens von Dr. Achenbach vom 2. Juli 2002, MAT A 21, Anlage 01, S. 3 ff.
124 Schreiben BMA, StS Dr. Klaus Achenbach, vom 2. Juli 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 235
125 Schreiben BMA Minister, Referat I a 3, vom Juli 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 242
126 Schreiben – Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung –

Der Vors. –, vom 10. Juli 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 246
127 Schreiben DIW Berlin, vom 12. Juli 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 247
128 Vorbemerkung BMA (alt), Referat I b 1, vom 11. Juli 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 249
129 Rundschreiben des VDR vom 19. Juli 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 258 f. – Auszug –
130 Neue Osnabrücker Zeitung vom 24. August 2002
131 Frankfurter Rundschau/Süddeutsche Zeitung vom 26. August 2002
132 DIE WELT vom 27. August 2002
133 Schreiben CSU-Landesgruppe der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages vom

30. August 2002, MAT A 23, Ordner 13, S. 332
134 Schreiben BMA (alt), Bundesminister Walter Riester vom 4. September 2002, MAT A 23, Ordner 13,

S. 344 ff.
135 Schreiben Ref. I A 4 BMF vom 5. Februar 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 71 f.
136 Schreiben Ref. I A 4 BMF vom 3. September 2002, MAT A 14, Ordner 1, S. 277 f.
137 Plenarprotokoll 14/252 des Deutschen Bundestages vom 12. September 2002, Auszug aus Rede BM

Hans Eichel
138 Schreiben des Wahlprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages an den 1. UA vom 11. Juni 2003

nebst drei Wahleinsprüchen als Anlagen

139 Schreiben der Justizsenatorin von Berlin, Karin Schubert, an den 1. UA vom 16. Juni 2003 nebst
Anlagen

140 Projektion des Referates II A 1 im BMF betreffend Entwicklung des Bundeshaushalts 2002 vom
31. Mai 2002

Nummer Inhalt

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 285 – Drucksache 15/2100

141 Projektion des Referates II A 1 im BMF betreffend Entwicklung des Bundeshaushalts 2002 vom
26. Juli 2002

142 Projektion des Referates II A 1 im BMF betreffend Entwicklung des Bundeshaushalts 2002 vom
23. August 2002

143 Projektion des Referates II A 1 im BMF betreffend Entwicklung des Bundeshaushalts 2002 vom
14. Oktober 2002

144 Pressemitteilung des BMF vom 29. August 2003
145 Schriftwechsel zwischen Dr. Achenbach, BMA (alt), Dr. Rische und Prof. Dr. Ruland vom

3. Juli 2002
146 Schreiben des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger an die Verbandsmitglieder vom

19. Juli 2002 nebst Anlagen
147 Vermerk des Referates I a 3, BMA (alt) vom 9. Juli 2002
148 Vermerk des Referates I a 3, BMA (alt) vom 12. August 2002
149 Vermerk des Referates I a 3, BMA (alt) vom 5. September 2002
150 Ministervorlage des Referates I a 3, BMA (alt) vom 22. August 2002
151 Schreiben BMA (alt), BM Walter Riester, vom 4. September 2002, Kopie an das Bundeskanzleramt;

Argumentationsbeitrag des BMA zum Thema Rentenversicherung

152 BT-Drs. 14/9945
153 Plenarprotokoll 14/252 des Deutschen Bundestages vom 12. September 2002, Auszug aus Rede BM

Ulla Schmidt
154 Schreiben des Deutschen Apothekerverbandes e. V. vom 28. Mai 2002 nebst Anlage

155 Ministervorlage des Referates 228 im BMG vom 20. Juni 2002
156 Ergebnisse der Beratungen des GKV-Schätzerkreises zur GKV-Finanzentwicklung vom

4. und 5. September 2002
157 Schreiben der Prüfgruppe RD Dortans im BMG an den Unterabteilungsleiter 22 im BMG

vom 18. September 2002
158 Pressebericht „kzvb-express“ 8/2003
159 Vorlage des Referates 413 im Bundeskanzleramt an Staatssekretär Dr. Steinmeier vom 22. August

2002
160 SPD-Wahlkampfplakat vom Juni 2002 (FR vom 18. Juni 2002)
161 Auszüge aus dem Protokoll der öffentl. Sitzung des 1. UA vom 17. Juni 2003

162 Auszüge aus dem Protokoll der öffentl. Sitzung des 1. UA vom 26. Juni 2003

163 Schreiben des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Steinmeier, an den 1. UA vom 10. Februar
2003

Nummer Inhalt

Drucksache 15/2100 – 286 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

164 Schreiben des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Steinmeier, an den 1. UA vom 28. Februar
2003

165 Schreiben des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Dr. Steinmeier, an den 1. UA vom 22. Mai 2003

166 Auszüge aus dem Protokoll der öffentl. Sitzung des 1. UA vom 23. Juni 2003

167 Schreiben der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag an den 1. UA vom 6. Februar 2003

168 Beweisbeschluss 15-1 (neu) vom 16. Januar 2003 in der Ausfertigung vom 5. Februar 2003

169 Auszüge aus dem Protokoll der öffentl. Sitzung des 1. UA vom 3. Juli 2003

170 Schreiben des BMF (Vollständigkeitserklärung) an den 1. UA vom 26. Juni 2003

171 Schriftwechsel zwischen dem Vorsitzenden und dem Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion

Nummer Inhalt
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344
Inhaltsübersicht
Erster Teil Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens
A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungsausschusses
B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens

Zweiter Teil Feststellungen zum Sachverhalt
A. Entwicklung der Wachstums- und Wirtschaftsprognosen sowie die Konjunkturentwicklung im Jahr 2002
B. Die Situation des Bundeshaushalts im Jahr 2002
C. Die Einhaltung der Stabilitätskriterien des EG-Vertrags und des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts
D. Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2002
E. Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2002
F. Der Vorwurf der vereinbarten falschen bzw. unvollständigen Information des Bundestages und der Öffentlichkeit

Dritter Teil Bewertung
A. Ergebnis
B. Vorbemerkungen
C. Zu den Vorwürfen im Einzelnen

Vierter Teil Sondervoten
A. Sondervotum der CDU/CSU im 1. Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode („Lügenausschuss“)
B. Sondervotum der FDP-Bundestagsfraktion
C. Erwiderung der SPD-Fraktion auf das Sondervotum der CDU/CSU-Fraktion zum Abschlussbericht des 1. Untersuchungsausschusses der 15. Wahlperiode

Fünfter Teil
Anlagen auf CD

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